Schlafmohn - Fachschule für Obst-, Wein

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MOHNANBAU
Qualifizierungskurs – Kräuteranbau/Kräuterverarbeitung 2016
der Fachschule für Obst-, -Wein- und Gartenbau Laimburg
in Zusammenarbeit mit dem Versuchszentrum Laimburg
Dossier zur Vorbereitung auf die mündliche Abschlussprüfung
am 12. Mai 2016
ausgearbeitet von Ben Schneider
Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
Ben Schneider
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
Ben Schneider
Strukturformel von Morphin
„Mütterlein, Väterlein, ich bitt um a Krapfl, bin a orms Zapfl,
oder ein Löffelchen von der Füll, dann bin i wieder still!“
Aus: Der Mohn in Südtirol - Tradition, Wissen und Weitergabe
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
Ben Schneider
INHALTSVERZEICHNIS
BOTANIK
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SYSTEMATIK
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GESCHICHTE
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SORTEN
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PAPAVER SOMNIFERUM
6
RECHTSLAGE
8
SAATGUT
8
BODEN
9
KLIMA
9
FRUCHTFOLGE
10
AUSSAAT
10
UNKRAUTBEKÄMPFUNG
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DÜNGUNG
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KRANKHEITEN
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SCHÄDLINGE
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KULTURPFLEGE PRAXISBERICHT
14
ERNTE
15
LAGERUNG
16
ERTRAG
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VERWERTUNG
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INHALTSTOFF OPIUM
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OPIUMHERSTELLUNG
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LITERATURQUELLEN
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ABBILDUNGSVERZEICHNIS
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
Ben Schneider
BOTANIK
Die Pflanzenfamilie der Papaveraceae, zu Deutsch der Mohngewächse, ist eine
verhältnismäßig kleine Familie mit 3 Unterfamilien, 41 Gattungen und einigen hundert Arten.
Die meisten Mohngewächse wachsen im gemäßigten oder subtropischen Klima in Mitteloder Südeuropa sowie in Asien. Einige Arten kommen jedoch auch in Nord- oder
Südamerika, Afrika und Australien vor. Es handelt sich hauptsächlich um einjährige,
zweijährige oder staudige Gewächse, sehr selten auch um Sträucher, Halbsträucher oder
verholzende Schlinger.
Die Mohngewächse sind von einem feinen
Leitungssystem durchzogen, welches, außer bei der
Unterfamilie der Fumarioideae, einen weißen, gelben,
orangen oder farblosen, milchigen Saft enthält, welcher
zumeist viele Alkaloide aufweist. Sie entwickeln eine
Pfahlwurzel oder einen Wurzelstock. Am behaarten
oder glatten Stängel wachsen wechselständig gelappte
bis tief eingeschnittene Laubblätter ohne Nebenblätter.
Die Blätter sind bei den meisten Arten glatt, bei einigen
aber auch mehr oder weniger stark behaart.
Die radiären oder dorsiventralen, zwittrigen Blüten sind
in Kelch und Krone gegliedert. Die meisten Arten
verfügen über 4 Kronblätter, welche in der Knospe
zumeist von 2 Kelchblättern geschützt sind und beim
Öffnen der Blüte abfallen.
Es werden borstig behaarte oder kahle, selten stachelige,
harte, offene oder geschlossene Kapselfrüchte gebildet,
die viele Samenkörner enthalten. Dabei handelt es sich
um so genannte Porenkapseln, einer in nur wenigen Pflanzengattungen verbreiteten Form der
Kapselfrüchte. Diese dienen einer semachoren Verbreitung: Neigt sich der Stängel -manche
Arten unterstützen das, indem der Stängel mit einem Knick abtrocknet- durch Wind oder
Berührung, fallen die Samen aus den Poren wie aus einem Salzstreuer. Die ölhaltigen Samen
(früher Magsamen genannt) sind schwarz, braun, dunkelgrau oder weiß, klein und
nierenförmig. Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 7.
Die meisten Arten der Familie der Papaveraceae entwickeln Samenkapseln, einige wenige ein
Schote oder eine Nuss.
SYSTEMATIK
Die Erstveröffentlichung des Gattungsnamens Papaver erfolgte 1753 durch Carl von Linné
in Species Plantarum. Als Lectotypus wurde 1913 von N. L. Britton und A. „Papaver
somniferum L.“ festgelegt. Die Gattung Papaver gehört zur Tribus Papavereae in der
Unterfamilie der Papaveroideae innerhalb der Familie der Papaveraceae. Es gibt etwa 50 bis
120 Papaver-Arten.
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
Reich:
Plantae (Pflanzen)
Unterreich:
Viridiplantae (Grünpflanzen)
Tracheobionta (Gefäßpflanzen)
Überabteilung:
Spermatophyta (Samenpflanzen)
Abteilung:
Magnoliophyta (Bedecktsamer)
Klasse:
Rosopsida (Dreifurchenpollen-Zweikeimblättrige)
Unterklasse:
Ranunculidae (Hahenfussähnliche)
Ordnung:
Papaverales (Mohnartige)
Familie:
Papaveraceae (Mohngewächse)
Unterfamilie:
Papaveroideae
Gattung:
Papaver (Mohn)
Ben Schneider
GESCHICHTE
Mohn ist eine sehr alte Kulturpflanze, deren Anbau selbst in Mitteleuropa bis in die
Pfahlbauzeit nachgewiesen ist. Als Stammpflanze wird allgemein "Papaver setiferum"
angesehen, eine im Mittelmeerraum weit verbreitete Art, die auch gelegentlich kultiviert wird.
Der Anbau von Mohn ist im Alpenvorland seit der Jungsteinzeit belegt, in Südtirol seit dem
13. Jahrhundert. Die meisten Sorten sind Schließmohne: da die Menschen Samen ernten
wollten, haben sie im Laufe der langen Kulturgeschichte geschlossene Kapseln ausgelesen.
Auf Grund seiner Nährstoffe und seinem Fettgehalt war der Mohn ein wichtiges
Nahrungsmittel, der die meist kargen Speisen in den Bergen verfeinert und aufgewertet hat.
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
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Es gab in Südtirol kein größeres Fest ohne Mohnkrapfen: Taufe, Hochzeit, nach dem
Gruamat (2. Heumahd), Allerheiligen, Weihnachten und Dreikönig. Allerheiligen,
Weihnachten und Dreikönig gehören zu den Raunächten; Mohn, Milch und Honig dienten
dazu, die bösen Geister zu vertreiben. Diese mystische ‚Mischung‘ ist auch in der Fülle der
Krapfen enthalten.
SORTEN
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Wintermohn und Sommermohn sowie:
a. Schüttmohn (auch Sehender Mohn), dessen Kapsel sich bei der Reife unter der
Rosette zu kleinen Löchern öffnet.
b. Schließmohn (auch Blinder Mohn), dessen Kapsel geschlossen bleibt, sodass die
Samen nicht ausfallen können.
Die Samenfarbe ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, sie variiert von gelblich weiß über
rotbraun und allen Schattierungen von blau und grau bis zu schwarz.
Mit dem Anbau von Wintermohn im Herbst kann man die langsame Jugendentwicklung
und die geringe Konkurrenzkraft des Sommermohnes im Frühjahr umgehen. Trotz der
Gefahr des Auswinterns überwiegen die Vorteile wegen einer unproblematischeren
Unkrautbekämpfung und einem höheren Ertrag.
Weitere Vorteile von Wintermohn:
-
Ideale Saatbeetbedingungen (z.B. nach Getreide)
Sicherer Aufgang und lange Bodenbedeckung
Pflanzenschutzmaßnahmen sind besser handzuhaben (Herbst oder zeitiges Frühjahr)
Wintermohn ist trockenheitstoleranter
Gute Mähdruscheignung
Etwas frühere Ernte im Vergleich zum Frühjahrsanbau
PAPAVER SOMNIFERUM
Papaver somniferum ist einjährig. Die Pfahlwurzel treibt einen aufrechten, bis zu 150 cm
hohen, einfachen bzw. verzweigten stielrunden Stängel, der unten kahl und nur nach oben mit
einzelnen Borstenhaaren besetzt ist.
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
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Die Laubblätter sind sitzend, länglich eiförmig, die unteren
in einen kurzen Stiel hinablaufend, die oberen
stängelumfassend, am Rande gekerbt, gesägt bzw.
unregelmäßig gelappt. Die Blattunterseite ist blaugrün bereift.
Die Blüten erreichen einen Durchmesser von bis zu 10 cm.
Die vier Kronblätter sind gewöhnlich weiß mit einem violetten
Fleck am Grunde bzw. violett. Mohn gehört zu den
Selbstbefruchtern.
Aus den Blüten bilden sich Porenkapseln, die sich unterhalb
des Narbenkranzes während der Reife nicht öffnen
(Schließmohn). Die Kapselform ist sortentypisch. Die Samen
sind dick-nierenförmig von blaugrauer bis schwarzer Farbe.
Steckbrief:
Botanischer Name
Andere Namen
Ordnung
Familie
Unterfamilie
Gattung
Art
Papaver somniferum
Speisemohn, Gartenmohn, Mohn, Wirtschaftsmohn, Blaumohn
Ranunculales / Hahnenfußartige
Papaveraceae / Mohngewächse
Papaveroideae
Papaver / Mohn
Papaver somniferum / Schlafmohn
Essbare Pflanzenteile
Geschmack
Geschmack
Sättigungswert
Form der einzelnen Blüte
Blütenstand
Wuchshöhe
Blütenduft
Blattansatz am Stängel
Stängel
Unterirdische Pflanzenteile
Frucht
Blattform
Blattrand
Befruchtung
Keimfähigkeit
Vermehrung
Samen
bitter leicht
herzhaft nussig
gut
aufrecht, Perigon
aufrecht
bis 1,5 m
ohne
halbstängelumfassend / semiamplexikaul
aufrecht, rund, behaart
Pflahlwurzler
Kapsel
länglich eiförmig
gebuchtet
Fremdbefruchtung (Insekten), Selbstbefruchtung
bis 6 Jahre
Samen
Lichtanspruch
Wasserbedarf
Bevorzugte Erde
Reihenabstand
sonnig
kommt mit Durststrecken gut zurecht
leicht, leicht kalkhaltig, durchlässig
20 cm
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Saattiefe
Samenabstand
Zehrer
Lebenszyklus
Erste Ernte nach
Anbaupause
Kultivierungseigenschaft
Pflegeanforderungen
Krankheiten
Kräuterkurs 2016
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knapp mit feiner Erde bedeckt
10 cm
Mittelzehrer
einjährig
20 Wochen
1 Jahr
schneckenresistent, unkompliziert, gut lagerfähig
einfache Pflege
falscher Mehltau
Der Samen des Papaver somniferum kann als Nahrungsmittel sowie zur Ölgewinnung
verwendet werden. Alle Teile des Schlafmohns enthalten Alkaloide (z.B.: Morphin, Tebain,
Kodein u.a.), in hoher Konzentration vor allem der Milchsaft, der in einem dichten Netz von
Milchröhren die ganze Pflanze und insbesondere das Perikarp der Fruchtkapsel durchzieht.
Dieser Saft kann geerntet werden und bildet in getrockneter Form das Rauschgift Opium.
Es existieren zahlreiche Zuchtsorten, die sich unter anderem durch Gehalt und
Zusammensetzung der Alkaloide unterscheiden. Heute dient der größte Teil des Mohnanbaues
in der Welt vornehmlich der Alkaloid-Gewinnung für medizinische Zwecke.
RECHTSLAGE
Der Mohnanbau ist seit 1922 in Südtirol verboten. Kommt es zur Anzeige, wird die in den
Pflanzen enthaltene Menge an Alkaloiden ermittelt und ein entsprechend hartes Strafmaß
angesetzt. Nichtsdestotrotz hört man immer wieder, dass der Anbau teilweise „geduldet“
wird. Selbstverständlich erfolgt dies -wenn überhaupt- ohne offizielles Dokument auf volles
Risiko des Anbauers.
Situation in Deutschland:
Für den Anbau in Deutschland sind generell nur morphinarme Sorten zugelassen.
Gegenwärtig (2009) dürfen nur die polnische Sorte ‚Mieszko’ (Sommerform) und der
Wintermohn ‚XENO MORPHEX’ angebaut werden.
Für den Anbau von Wirtschaftsmohn ist es in Deutschland erforderlich, einen Antrag auf
Erteilung einer Erlaubnis nach § 3 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zum Anbau von Papaver
somniferum (Schlafmohn) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
(Bundesopiumstelle) zu stellen.
SAATGUT
Mohnsorten lassen sich in zwei Kategorien einteilen,
entsprechendes Saatgut ist vorhanden:
a.
Sorten, die zur Erzeugung von Mohnsamen ausschließlich
für die Verwendung als Lebensmittel angebaut werden.
Diese Sorten haben einen niedrigen Gehalt an
Opiumalkaloiden.
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Dossier Mohnanbau
b.
Kräuterkurs 2016
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Sorten, die für pharmazeutische Zwecke angebaut werden, deren Samen jedoch als
Nebenerzeugnis für Lebensmittel verwendet werden. Im Vergleich zu Kapsel und Stroh
haben die Mohnsamen einen relativ niedrigen Opiumalkaloidgehalt.
Es wird grundsätzlich empfohlen ein gebeiztes (inkrustiertes) Saatgut zu verwenden, um die
Pflanzen gegen Erdflöhe und andere Schädlinge bzw. Auflaufkrankheiten (Wurzelbrand) zu
schützen. Pilliertes Saatgut soll nicht überlagert werden.
BODEN
Mohn ist eine Kulturpflanze des Mittelbodens, die nur den Extremen ausweicht wie etwa
bindigen, schweren Böden, Böden mit stauender Nässe oder ganz leichten Sandböden. Auf
Wiesenumbrüchen oder Böden mit sehr grober Bodenstruktur soll nach Möglichkeit kein
Mohn gebaut werden. Ebenso wirken sich Bodenverdichtungen oder Verdichtungen bei
Ausfahrten von Feldern negativ auf die Pflanzenentwicklung aus.
Am besten geeignet sind nährstoff- und humusreiche lehmige Sande oder sandige Lehme
und fruchtbare Kalkböden. Verschlämmung zum Auflaufen auf Tonböden könnte Probleme
machen. In solchen Fällen ist im Frühjahr tief zu lockern (Grubber einsetzen u. dann
oberflächlich fein herrichten).
Hinweise zur Bodenbearbeitung:
-
Herbstfurche, Vermeidung von Bodenverdichtungen
feuchtigkeitsbewahrende Saatbettbereitung im Frühjahr
gartenmäßiges, feinkrümeliges, rückverfestigtes
Saatbett nach der Saat gegebenenfalls Walzen
KLIMA
Mohn kann als eine Pflanze betrachtet werden, die in ihren klimatischen Ansprüchen im
Übergang vom maritimen zum kontinentalen Klima günstige Anbaubedingungen findet.
Diesen Klimaverhältnissen entsprechend ist Mohn in der Jugendentwicklung relativ
unempfindlich gegen niedrige Temperaturen. Der Mohn braucht einen warmen, feuchten
Sommer; besonders in der Blüte und der Zeit der Samenausbildung stellt er hohe Ansprüche
an die Wärme. Die hohen Temperaturen wirken sich günstig auf die Ertragsleistungen und
den Ölgehalt aus.
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
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Viele Niederschläge zum Zeitpunkt vor oder zur Blüte verringern die Ertragserwartungen.
Nass-kalte Lagen sowie Gegenden mit starken Winden sind für den Mohnanbau ungeeignet.
In rauen Übergangslagen reift er schlecht aus.
Sommermohn kann problemlos bis zu einer Höhenlage von über 800 m mit Erfolg angebaut
werden.
FRUCHTFOLGE
Mohn stellt keine großen Ansprüche an die Vorfrucht. Es kommen -mit Ausnahme von
Wiesenumbruch und Dauerbrachen- alle Fruchtarten in Frage, die den Boden unkrautfrei
zurücklassen. Frühräumende Vorfrüchte wie Getreide sind von Vorteil. Raps und Rübsen
sollten jedoch als Vorfrucht bezüglich der Durchwuchsgefahr vermieden werden.
Mohn hinterlässt den Boden in gutem Garezustand und ist eine wertvolle Vorfrucht.
AUSSAAT
Mohn ist eine Langtagpflanze. Dies
soll durch die Wahl eines möglichst
frühen Aussaattermines berücksichtigt werden, damit noch eine
ausreichende vegetative Entwicklung
vor der generativen Phase ablaufen
kann. Üblich ist ein Anbau von
Sommermohn
im
März
bis
spätestens Anfang April. Wintermohn ist bis Mitte September
auszusäen, damit sich bis in den
Spätherbst eine ausreichende Blattmasse entwickeln kann.
Der Saatgutbedarf ist je nach Anbauverfahren unterschiedlich. Bei der Einzelkornsaat
werden 30 - 60 dag/ha mit einem Reihenabstand von 30-45 cm ausgebracht. Untenstehende
Abbildung zeigt die Detailaufnahme einer Einzelkornsämaschine. Die Einzelkornsaat
garantiert eine präzise Ablage und ist deshalb gerade für Feinsämereien wie Mohnsamen sehr
gut geeignet.
Bei Sommermohn ist es wichtig, ab Mitte März bis April, also so zeitig wie möglich zu
setzen. Die Aussaat sollte nicht nach dem 20. April erfolgen, da Mohn eine ausgeprägte
Langtagpflanze ist und bei Tageslängen über 12 h zur Blüte kommt.
Unabhängig von Sommer- bzw. Wintermohn gilt:
-
Geringe Spätfröste im Jungpflanzenstadium werden toleriert
Keimtemperatur: 3 °C
Saatstärke: ca. 1 - 1,5 kg/ha (TKG 0,25 - 0,75 g - Feinsämerei) ergibt 50 - 80 Pflanzen/m²
Saattiefe: 1 - 2 cm
Keimdauer: 1 - 2 Wochen
Reihenabstand: 30 cm, für maschinelle Hacke > 30 cm
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Sommermohn:
Sommermohn hat ein erhebliches Wasserbedürfnis und braucht die Winterfeuchte. Es soll
daher eine tiefe Herbstfurche oder Grubberung gefahren werden und das Feld im zeitigen
Frühjahr mit einem entsprechenden Kombinationsgerät geebnet und feinkrümelig saatfertig
gemacht werden. Pillensaatgut muss auf einen festeren Untergrund (eventuell vorher
Cambridgewalze), der eine gute Wasserversorgung gewährleistet, abgelegt und flach
angedrückt werden.
Wintermohn:
Die Aussaat von Wintermohn erfolgt in unseren Breiten meist bis ca. 10. September.
Wintermohn wurzelt sehr tief (bis 60 cm) und ist meist nach der Wintergerste druschreif.
Wintermohn soll im Herbst max. eine kleine Rosette (8 - 15 cm) bilden können, um bei
Frühjahrsfrösten die Wurzel vor dem Abreißen zu schützen. Eine frühe Herbstfurche (4 bis
6 Wochen vor dem Anbau) hilft, Auswinterungen etwas zu mildern.
Der Vorteil bei Wintermohn liegt einerseits im Nutzen der Herbstbegrünung, früheren
Abreife (Juli) und dem Nutzen der Winterfeuchte zur Blüte Ende Mai. Mehrerträge bei
Wintermohn zu gut geführten Sommermohnbeständen sind kaum festzustellen.
UNKRAUTBEKÄMPFUNG
Mohn hat eine sehr langsame Jugendentwicklung und ist deshalb sehr konkurrenzschwach
gegenüber Unkräutern. Eine gezielte Unkrautbekämpfung ist deshalb wichtig. Vorbeugend
sollten folgende Maßnahmen getroffen werden:
- Vielfältige Fruchtfolge
- Vermeidung der Zufuhr von Unkrautsamen und Wurzelteilen
- Bestmögliche Bodenbearbeitung einschließlich Stoppelbearbeitung und Blindstriegeln
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Dossier Mohnanbau
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Durchführung von "Unkrautkuren" (grobes Saatbett bereiten und wiederholt im Abstand
von 7 - 10 Tagen eggen, um auflaufende Unkräuter zu vernichten)
- Optimale Düngung
-
Aufgrund der Empfindlichkeit des Mohnes gegenüber zahlreichen herbiziden Wirkstoffen ist
der mechanischen Unkrautbekämpfung eine besondere Bedeutung beizumessen.
Chemische Unkrautbekämpfung:
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass zur chemischen Unkrautbekämpfung von Mohn
in Deutschland keine Pflanzenschutzmittel zugelassen sind. In Österreich sind die
Herbizide Centium 36 CS (0,25 l/ha im Vorauflaufverfahren bis 3 Tage nach der Saat),
Lentagran WP (2 x 1,0 kg/ha) und Callisto (1,0 l/ha) im Nachauflaufverfahren zugelassen.
Die Behandlung sollte nicht vor dem 4.-5. Blattstadium durchgeführt werden, um eine
Schädigung der Mohnpflanze zu vermeiden. Auch eine gut ausgebildete Wachsschicht ist
wichtig für eine gute Verträglichkeit der Pflanzenschutzmittel.
Mechanische Unkrautbekämpfung:
Eine Hacke ist vorteilhaft in der Pflanzenentwicklung, besonders auf schweren oder zur
Verdichtung neigenden Böden. Man kann unter Umständen die 1. Düngung mit einarbeiten.
Weiter könnte, wenn der Boden nach dem Anbau sehr stark verkrustet, bis etwa 10 Tage
nachher mit einer Cambridgewalze die Kruste gebrochen werden. Späteres Krustenbrechen
könnte die Keimlinge verletzen.
Häufig kommt bei Mohn die sogenannte Scharhacke zum Einsatz. Für dieses Gerät ist die
Anpassung an verschiedene Standort- und Bodenbedingungen gut möglich, weil es ein
vielfältiges Angebot an Arbeitswerkzeugen (Winkelmesser, Gänsefußschare, Lockerungsschare) gibt.
Wenn eine Reihenhacke erfolgen soll, ist dies meist nach dem Auflaufen (4 - 6 Wochen)
erforderlich. Ist eine Verunkrautung früher zu erwarten, kann mit Markiersaat (z.B.
Leindotter, Buchweizen oder ähnliche Samen) gearbeitet werden, um die Reihen früher zu
finden.
Neben der unkrautbekämpfenden Wirkung
hat eine mechanische Hacke auch
ertragsfördernde Nebeneffekte, wie z.B.
eine Erhöhung der Standfestigkeit durch
Häufelwirkung. Der Boden kann nach der
Hacke auch Regenwasser besser aufnehmen.
Mohn ist beim Auflaufen dunkelblau bis
schwarz, 3 bis 4 mm lange und 1 mm breite
Keimblätter und er läuft bei Nacht auf. Der
Boden soll bis zur Beschattung durch die
unteren Laubblätter der heranwachsenden
Mohnpflanze locker bleiben.
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Bei beginnendem Hochwachsen von Mohn soll mit dem Hackgerät etwas „schneller“
gefahren werden, damit allenfalls Unkrautpflanzen in der Reihe verschüttet werden. Striegeln
bei Mohn hat sich außer bei zu dichten Beständen weniger bewährt. Hackbürsten auf
lockeren Böden und Abflammgeräte sind ebenso einsetzbar.
Die Regelung der Bestandesdichte ist in den meisten Fällen nicht nötig. Grundsätzlich sollen
mindestens 50 Pflanzen auf 1 m² zu finden sein.
DÜNGUNG
Eine Düngung sollte grundsätzlich je nach Bodenbonität und Bodenuntersuchung
unterschiedlich, jedenfalls im Frühjahr erfolgen.
Mohn hat ab Blattrosette ein sehr gutes Nährstoffaneignungsvermögen für Phosphor und
Kali. Es ist daher auf einen guten Versorgungszustand der Böden zu achten. Obwohl es zu
einer Reifeverzögerung von 3 bis 5 Tagen kommen kann, ist eine ausreichende
Stickstoffdüngung empfohlen. Die Bestandsentwicklung sowie der Vorfruchtwert und der
Bodenzustand (Reststickstoff) sind bei der Düngung unbedingt mit zu berücksichtigen.
Mohn ist gegen Bormangel empfindlich und reagiert mit massiven Ertragseinbußen; daher
sind borhaltige Dünger zu bevorzugen. Auch Schwefel und Mangan sind zuträglich. Daher
wird z. B. eine Magnesiakalkung zur Kultur (vor der Saat) ganz gut vertragen.
Bei Harnstoff ist etwa die Hälfte der für Getreide üblichen Menge anzuwenden. Mit den
Blattdüngungsmaßnahmen können Fungizidmaßnahmen kombiniert werden.
Hinweis zur Düngung, je nach Bodenvorrat:
Grunddüngung:
N-Düngung:
Achtung:
bis 80 kg P2O5 pro ha bis 100 kg K2O pro ha
80 kg N/ha; 2/3 zur Saat, 1/3 im 4 bis 6-Blattstadium
Mohn hat einen hohen Borbedarf! Bei Bormangel ist eine Gabe
von100g Bor/ha angebracht.
KRANKHEITEN
Am häufigsten ist der Falsche Mehltau (Peronospora arborescens)
zu beobachten. Er tritt an den grünen Stängeln und Blättern,
hauptsächlich momentan nur bei Wintermohn, auf. Das
Schadensbild zeigt zunächst bleiche Flecken an den Blättern, an
deren Unterseite sich ein bleichweißer Pilzrasenanflug bildet.
Später verkrümmt sich der Stängel und die Blätter sind blasig
aufgetrieben. In Österreich ist eine Saatgutinkrustierung mit TMTD
98 % Satec (4,0 g/kg) zur Behandlung pilzlicher Auflaufkrankheiten
erlaubt. Teilweise kann auch ein Fungizid eingesetzt werden.
Nicht selten ist auch Helminthosporiose, hervorgerufen durch den
Pilz Helminthosporium papaveris. Bei Wurzeln von Jungpflanzen
können brandartige Veränderungen auftreten. Bei älteren,
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
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erkrankten Pflanzen vertrocknen zuweilen auch die Blütenköpfe und fallen noch vor der Blüte
ab. Wird die Kapsel befallen, sind die Samen oft durch das Pilzmycel miteinander verflochten
und haften an der Fruchtwand fest.
Werden Flächen mit Stickstoff überdüngt, können die Pflanzen im Anwachsen leichter von
Pilzen befallen werden und zusammenbrechen. Dann ist die Pflanze für die bekannte
Stängelbakteriose (ein pilzliche Erreger im Aufwachsen) besonders anfällig. Die Pflanzen
erscheinen dann nesterweise schlapp und fallen tagsüber zusammen.
SCHÄDLINGE
Mohn ist eine relativ gesunde Kulturart, wenngleich auch hier eine Reihe von Krankheiten
und tierischen Schädlingen auftreten können.
Größere Schäden im Auflaufen können durch den Erdfloh entstehen. Vor allem, wenn das
Saatgut nicht gebeizt wurde (inkrustieren). Das Schadensbild sind kleine, runde Löcher bis
siebartiger Durchlöcherung an den tieferen Blättern junger Pflanzen.
Zunehmend treten auch Blattläuse auf. Ein erster Befall zeigt sich durch den "Honigtau",
farblose, klebrige Tröpfchen an den Stängelspitzen und der Blattunterseite. Ein solcher Fall
sollte frühzeitig mit einem Insektizid behandelt werden.
Andere spezifische Schädlinge, wie der Weißfleckenrüssler, der an der Wurzel saugende
Mohnwurzelrüssler und die Mohngallmücke sind bis jetzt bei uns in den letzten Jahren
mehr oder weniger stark in Erscheinung getreten. Bei Auftreten eines Schadbildes ist es in
jedem Fall notwendig, rechtzeitig im Monat April/Mai die Pflanzenschutzmaßnahmen
anzuwenden.
KULTURPFELEGE PRAXISBERICHT
Wegen der langsamen Jugendentwicklung ist die Unkrautbekämpfung besonders wichtig.
Landwirt Kleinschroth setzt (auf
4 ha) bis drei Tage nach der Saat
das Herbizid Centium ein und
ab dem 6-Blattstadium des
Mohnes Callisto gegen Hirsen
und
zweikeimblättrige
Unkräuter. Bei Bedarf behandelt er
den Randbereich der Schläge mit
Fusilade gegen Quecken. Der
Einsatz von Fungiziden und
Insektiziden ist nach Kleinschroths
Erfahrung
nicht
notwendig.
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Dossier Mohnanbau
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Auch der Düngereinsatz hält sich in Grenzen. Der Landwirt gibt zwei Stickstoffgaben à 40
kg N/ha vor der Saat und nach Auflauf des Mohns. Auf eine mineralische Grunddüngung
verzichtet er, weil die Böden über die Rindergülle der Vorjahre ausreichend versorgt sind.
Allerdings düngt die Kultur bis zum 10-Blattstadium (20 bis 30 cm Wuchshöhe) über die
Blätter mit Bor.
ERNTE
Sobald die Kapseln dürr geworden sind und die Samen in den geschlossenen Kapseln beim
Schütteln rascheln, ist der Mohn reif. Dies ist bei Sommermohn meist Anfang/Mitte August
bis Mitte September der Fall. Wintermohn ist Ende Juni bis Anfang Juli reif.
Faustregel:
Mohn ist reif, wenn auf etwa 10 Gehschritte im beiderseitigen Armbereich maximal nur mehr
eine "Gummikapsel" (Kapsel, die nach dem Drücken nicht zusammenknackt) vorhanden ist.
Sofort nach dem Aufschneiden der Kapseln darf der Mohnsamen nicht mehr umfärben.
Obwohl sich die Blüte über einen Zeitraum von gut 2 Wochen erstreckt, bleiben die Kapseln
der Nebentriebe in der Abreife kaum hinter der Hauptkapsel zurück und liegen im
Feuchtigkeitsgehalt höchstens um 1 bis 2 % höher.
Grundsätzlich soll nicht über 9 % Feuchtigkeit geerntet werden. Geschlossener Mohn kann
in der Kapsel auch nach längerer Regenperiode (ist meist nach 1 Tag wieder trocken) bis zu
einem Wassergehalt von ca. 8 % am Feld belassen werden. Es ist keine Nachtrocknung
erforderlich.
Mohn kann im Mähdrusch geerntet werden. Allerdings ist zu beachten, dass die Samen nicht
durch falsche Mähdreschereinstellung -wie zu weiter Korbabstand, zu hohe Trommelgeschwindigkeit oder defekte Elemente wie scheuernde Schnecken- gequetscht werden und
durch das austretende Öl schnell ranzig werden. Die Druschkorbeinstellung ist so zu
wählen, dass die Kapsel gerade noch aufgeschlagen wird. Die Trommeldrehzahl ist zu
drosseln. Die Windeinstellungen müssen wegen der Feldverluste mehrmals geprüft werden.
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
Ben Schneider
Hinweise zur Mähdreschereinstellung:
1.
2.
3.
4.
Motordrehzahl des Mähdreschers reduzieren.
Dreschkorb so weit öffnen, dass die Kapseln gerade noch zerschlagen werden.
Drehzahl des Dreschkorbes reduzieren.
Reinigung (Schüttler und Winde) so einstellen, dass viele gebrochene Kapselteile im
Ernteprodukt verbleiben, um ein Quetschen der Mohnsamen bei Schnecken und Elevatoren
zu vermeiden. Diese groben Verunreinigungen lassen sich beim ersten Reinigungsvorgang
leicht entfernen.
5. Wind um ca. 50 % reduzieren.
LAGERUNG
Solange die Mohnkörner mit
trockener
Spreu
vermengt
gelagert
werden,
ist
ihre
Haltbarkeit gut. Dagegen benötigt
gut gereinigter Mohn besondere
Aufmerksamkeit. Er muss in
dünnen Schichten gelagert und
öfter
umgeschichtet
bzw.
belüftet werden. Mohn verdichtet
im Sack oder Silo sehr hoch.
Daher nur trockenes Gut lagern.
Den Mohn keinesfalls neben
weiteren ätherischen Arten oder in
duftenden Behältern lagern; er
nimmt sofort diese Düfte auf. Massive Qualitätsverluste treten ein, wenn Mohn mit
getrocknetem Unkraut oder auf feuchten, muffigen Böden gelagert wird.
ERTRAG
Nebenstehende Grafik zeigt, dass die
Kornerträge im Feldversuch bei
durchschnittlich 1.200kg/ha liegen. In
Ausnahmefällen können gar bis 1800
kg/ha geerntet werden, wobei das
Ertragsniveau im Schnitt der Jahre
sehr konstant ist. Der Stängel-Ertrag
liegt bei 1800 - 2500 kg/ha. Die
Stängel dienen aber bestenfalls als
Brennstoff, da sie als Futter oder
Einstreu ungeeignet sind.
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Dossier Mohnanbau
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Die Vermarktung erfolgt bestenfalls regional und über mehrere Kanäle. Bäckereien,
Großhändler für Bäckereibedarf, Regionaltheken des Einzelhandels sowie kleine Ölmühlen,
die das Mohnöl für die Direktvermarktung beziehen, sind gute Absatzwege.
Am Beispiel des vorher zitierten Landwirts Kleinschroth zeigt sich, dass sich der Aufwand
lohnt. Kleinschrot bewirtschaftet ca. 4ha Mohn und kann je nach Gebindegröße 3 bis 6 €/kg
erlösen. In seinem Fall entspricht dies einer durchschnittlichen Marktleistung von 4.000 bis
4.500 € pro ha.
Situation in opiumproduzierenden Ländern:
Für die Gewinnung von 1kg Opium ist es notwendig 20.000 Samenkapseln einzuritzen, dies
ist gewöhnlich ein Arbeitsaufwand von 200 bis 300 Stunden.
Während man in Burma, dem zweitgrößten Opiumproduzenten, 150 Dollar
pro Kilo zahlt, liegt der Kilopreis in
Afghanistan bei 350 bis 400 Dollar. Der
durchschnittliche Opiumertrag pro Hektar
beläuft sich auf etwa 46 Kilo.
Das würde bedeuten, dass beim Anbau
von einem Hektar alkaloidhaltigen Mohn
eine durchschnittliche Marktleistung von
etwa 11.000 € erreicht werden könnte.
VERWERTUNG
Der Bedarf an Mohnsamen für den Direktverzehr in Mehlspeisen ist vor allem in Europa
beachtlich. Nur ein geringer Teil wird zu Öl weiterverarbeitet, da hier billigere Rohstoffe mit
vergleichbarer Ölqualität zur Verfügung stehen.
Die in Deutschland zum Anbau zugelassenen morphinarmen Sorten dienen vorrangig der
Gewinnung von Backmohn und Mohnöl. Der Ölgehalt der Samen ist mit bis zu 50% sehr
hoch. Die Qualität wird durch den hohen Anteil an Linolsäure (ca. 60%) und Ölsäure (ca.
30%) bestimmt.
Als Schmiermittel ist Mohnöl nicht geeignet, da es ein trocknendes Öl ist. Diese Eigenschaft
ist allerdings eine Voraussetzung für die Herstellung von Malfarben und Lacken, wozu das
Öl der zweiten Pressung genutzt wird.
Der Pressrückstand, der sogenannte „Mohnkuchen“, der bei der Ölgewinnung enthält immer
noch 28 - 41 % Eiweiß und 5 - 18 % Restfett, er wurde und wird dem Mastfutter
untergemischt und dient(e) dem Menschen als sanftes Abführmittel.
Bevor der „Mohn“, wie man auch die Mohnsamen kurz bezeichnet, in der Küche als
Nahrungsmittel verwendet wird, muss er angequetscht werden, damit die winzigen
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
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Körnchen ihre Energie, das Öl,
hergeben. Dazu wurde der Mohn
früher
meistens
in
der
Mohnstampfe
oder
im
Mohnmörser gestampft, später
mit einer speziellen Mohnmühle
gemahlen
bzw.
gequetscht.
Heute verwendet man dazu auch
elektrische Kaffeemühlen.
Kulinarisch wir der Mohn
vielseitig
verwendet:
als
Keimling in der Rohkost, zum
Bestreuen von Brot (Mohnsemmel) und warmen Speisen, als Fülle für Kuchen,
Mohnkrapfen, Schnecken oder Strudel, als Öl zur Speisezubereitung und zur
Schönheitspflege.
Alte Gerichte mit Mohn sind in Südtirol z.B.:
-
Mohnkrapfen
Mohnstrudel
Mohnnudeln
Mohnmus
Mohnschlutzer
angeschmelzte Nudeln mit Mohn
Mohn und Honigwaser
Ofenkrapfen und
Pfingstgrungeln aus dem Sarntal
usw.
Mohn hat sozusagen den harten Bergalltag ‚versüßt‘ und war eine Delikatesse, die nur zwei
bis dreimal im Jahr genossen wurde. Dieser Brauch war jedoch abhängig vom Reichtum des
Bauern und von persönlichem Interesse allgemein.
Vielleicht schwingen -neben den energiereichen und gesunden Inhaltsstoffen des
Speisemohns- Mohnmythos und ein Morphingehalt in homöopathischer Dosis mit, wenn
ganze Landstriche meinen, ohne typische Mohnspeise kein „richtiges“ Fest gefeiert zu haben.
Heute gibt es das ganze Jahr hindurch Mohngerichte: Man muss sie nicht mehr aufwändig
selbst zu Hause backen, sondern kann sie einfach in der Konditorei oder Bäckerei kaufen.
Mohn ist ‚alltäglich‘ geworden und hat seinen Status als ‚besonders‘ und ‚selten‘ etwas
eingebüßt.
INHALTSTOFF OPIUM
Schlafmohn enthält etwa 40 verschiedene Alkaloide, als wichtigste Morphin, Codein und
Papaverin. Der Milchsaft dient zur Herstellung verschiedener Rauschmittel, wie Opium,
Morphium und auch Heroin. Alle Produkte aus dem Schlafmohn fallen unter das
Rauschmittelgesetz. Als tödliche Dosis gelten 2 - 3 g Opium, das entspricht 0,2 g Morphin.
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Dossier Mohnanbau
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Vergiftungen mit Schlafmohn treten meist durch Unkenntnis und Leichtsinn im Umgang mit
der Pflanze oder den aus ihr hergestellten Mitteln auf. Die Giftstoffe wirken auf das zentrale
Nervensystem und besonders stark auf die Atmung. Die Symptome einer Vergiftung sind
Übelkeit, Erbrechen, Rötung des Gesichts und Verengung der Pupillen. Weiterhin wird der
Patient benommen und verfällt in einen tiefen, narkoseähnlichen Schlaf. Die Herztätigkeit und
die Atmung sinken ab, wobei sich Hautpartien blau verfärben. Der Tod tritt schließlich durch
Atemlähmung ein.
Bei stetiger Aufnahme von Rauschmitteln aus Schlafmohn gerät der
Konsument in körperliche und seelische
Abhängigkeit, die schließlich völligen
geistigen und körperlichen Verfall zur
Folge haben. Eine Entwöhnung ist
äußerst schwierig und gelingt leider nur
in wenigen Fällen. Die erschreckende
Zunahme von Rauschgifttoten, insbesondere von Heroinsüchtigen zeigt
wohl unmissverständlich die Gefährlichkeit dieser Drogen.
Schlafmohn ist giftig für Pferde, Hunde und Katzen, aber vermutlich auch noch für andere
Tiere. Eine Vergiftung zeigt sich durch Erregung und Unruhe, Schwierigkeiten beim Atmen,
Krämpfe, Koliken und Durchfall.
Präparate aus Opium sind alte und auch heute noch wirkungsvolle Heilmittel. Sie wirken
schmerzstillend, beruhigend und einschläfernd. So verwendet man Arzneimittel aus Opium
bei Darmoperationen, bei Nieren- und Blasenkoliken, bei Krampfhusten und auch bei
Depressionen. Morphium setzt man bei starken Schmerzen ein. Da die Suchtanfälligkeit
hoch ist, allerdings nur im Notfall. In der Homöopathie verwendet man die Pflanze bei
Asthma, Reizhusten, Nervenschmerzen und auch bei Depressionen.
OPIUMHERSTELLUNG
Die folgende Anleitung dient nur zur Anschauung und Information. Gemäß dem hier zitierten
Autor kann keine Garantie für die Rechtsgültigkeit und Gefahrlosigkeit übernommen werden.
Benötigte Utensilien:
-
Eine beliebige Anzahl getrockneter Mohnkapseln (Papaver somniferum)
1 großer Kochtopf
1 zweites ebenso großes Gefäß
Viel Wasser und/oder Wodka, oder Isopropylalkohol/ Methanol, um die Verdunstung zu
beschleunigen und die wasserresistenten Alkaloide zu extrahieren.
1 großer Trichter
Einige Kaffeefilter
1 Standmixer oder Kaffeemühle
1 Küchensieb
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-
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1 großes Pyrexgefäß und/oder ein Kochtopf mit Teflon
1 Liter Methanol
1 Herd
Nimm eine Mohnkapsel (Papaver somniferum), entferne den Stängel und die kleine harte
Platte an der Spitze (hebe diese für Regentage auf). Dann schütte die Samen in ein Gefäß.
Jetzt kann die Kapsel mit den Händen zerdrückt und in den Kochtopf gelegt werden.
Wiederhole dies, bis alle Kapseln zerrieben sind.
Nun mahle alles im Mixer oder der Kaffeemühle so fein es geht.
Nachdem nun alles pulverisiert ist, geht es zurück in den Kochtopf. Fülle das Pulver gerade
bis zur Oberfläche der Masse mit Wasser und einer geringen Menge Alkohol auf. Ich ziehe
eine 50/50 Mischung vor, oder auch zwei Teile Alkohol zu einem Teil Wasser, weil es dann
schneller verdunstet.
Koche die Mischung für gute 30 Minuten bei gelegentlichem Umrühren. Obgleich es nicht
nötig ist, siede ich es für eine Stunde nur leicht köchelnd.
Danach gieße den Inhalt in das andere Gefäß und wasche den Kochtopf (und setzte evtl.
direkt die nächste Portion an).
Ich benutze ein Abtropfsieb und lege ein weißes Hemd oder ein Stück Baumwollstoff hinein.
Es muss sollte rundherum ca. 20 cm größer als das Sieb sein.
Setze das Sieb auf einen anderen Topf (Schale) und gieße den Sud hindurch. Lass alles
durchlaufen. Lass es entweder komplett abkühlen, oder so wie ich nur wenige Minuten. Ich
möchte nicht, dass die Flüssigkeit verdunstet, solange sie noch in dem Kapselpulver sitzt,
sofern ich es vermeiden kann.
Nimm die Seiten des Tuchs auf und hebe alles mit dem Pflanzenmaterial am Boden hoch.
Beginn es auszuwringen, um das feuchte Pulver zu verdichten. Sobald es fest wird, wirst Du
dir je nach Abkühlungsgrad die Finger verbrennen. Entweder du ignorierst dies, oder du
benutzt Handschuhe oder andere Hilfsmittel. Wenn die Masse sehr fest wird, setze ich einen
Ball in das Sieb, halte die Tuchenden mit einer Hand und gebrauche die andere, um so viel
Flüssigkeit wie möglich auszupressen. Oft nehme ich dazu auch einen kleinen Topfdeckel
oder etwas Flaches und drücke damit auf das Pflanzenmaterial so stark ich kann.
Öffne das Tuch, um Schimmelpilzbildung zu vermeiden, und lasse die Masse für einen
weiteren Tag austrocknen.
Stelle den Topf mit der braunen Suppe auf die Flamme zurück und verdampfe die Flüssigkeit,
aber vermeide ein Anbrennen. Gelegentliches Rühren und ein Ventilator helfen dabei. Fahre
damit fort bis es ein dickflüssiger Sirup ist, dickflüssiger als Honig, aber noch nicht erhärtet.
(Du kannst es auch vollständig trocknen, allerdings hast du dann aber mehr Arbeit beim
nächsten Schritt.).
Lasse es herunterkühlen bis es nur leicht warm ist, dann füge 350 ml Methanol hinzu. Du
wirst einen schnellen Farbwechsel von dunkelbraun zu weißgrau bemerken. Quirle den
Alkohol hinein, bis du die Trennung beobachtest. Du hast nun weiße feste Bestandteile und
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eine tief rote Flüssigkeit hervorgezaubert, so dunkelrot, dass sie fast schwarz aussieht. Rühre
einige Minuten weiter.
Lasse sich alles etwas setzen und gieße dann die dunkle Flüssigkeit sorgfältig in ein anderes
sauberes Gefäß oder eine Schale. Füge weitere 350 ml Methanol hinzu und verrühre es wie
zuvor. Je nach der Farbe des grauweißen Materials kannst du diese ein weiteres Mal
wiederholen.
Wenn das Methanol im Topf ist, nimm einen Kaffeefilter, falte ihn so, dass er in den Trichter
passt und gieße die Flüssigkeit hindurch in das beschichtete Gefäß
Sie wird vollständig klar, aber sehr dunkel sein.
Stelle sie nun auf die Flamme
zurück
und
aktiviere
den
Ventilator. Lasse sie nicht kochen,
sondern nur bis zum Austrocknen
sieden. Dies kann eine Weile
dauern, aber nicht zu lange, bleibe
geduldig. Wenn die nun klebrige
Substanz fast trocken ist, kratze
ich sie meist aus und gebe sie in
die Teflonpfanne. Aus der kann
ich sie, wenn sie vollkommen
trocken ist, leicht entfernen. Die
Masse erst völlig trocken wenn sie hart und fast schwarz ist. Sie bricht dann wie Glas. Du
kannst die Hitze abstellen wenn sie fast hart ist, lasse sie abkühlen und beende den
Trocknungsprozess. Es ist recht schwierig sie vom Pyrexglas abzukratzen, vom Teflon löst sie
sich allerdings problemlos.
Du hast jetzt eine sehr reine, rauchbare Droge.
Wichtige Anmerkungen:
Der einzige Sorgenpunkt ist das giftige Methanol, schon 10ml können eine Erblindung
verursachen. Deshalb musst du dich absichern, dass es sich total aus dem Extrakt verflüchtigt
hat, bevor du ihn benutzt. Eine gute Methode ist, etwa 1 Löffel Wasser zum Endprozess
hinzuzufügen und einzurühren. Das Wasser wird erst dann verdampfen, wenn alles Methanol
verflüchtigt ist.
Sobald das Endprodukt 100 %ig trocken ist, kannst du einen Tee brühen, es als Pille gegen
Schmerzen einnehmen oder was auch immer du bevorzugst. Aber sei vorsichtig, das
Opiumharz ist eine stark konzentrierte Droge mit vielen Alkaloiden. Die wirksamsten sind
Morphin und Codein. Wenn es auf andere Art als geraucht angewendet wird, muss dies
äußerst bedachtsam geschehen, bis du deine Toleranz herausgefunden hast.
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LITERATURQUELLEN
Vorliegendes Dossier enthält weitestgehend unveränderte Originalzitate aus folgenden
Quellen:
 Anbau- und Kulturanleitung Mohn, Ing. Peter Köppl, Landwirtschaftskammer
Oberösterreich, März 2010
 Anbautelegramm Wirtschaftsmohn, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, August
2009
 Anbauanleitung Winter - Blaumohn JOSEF – Herbstanbau, Michael Papadi, Dezember
2013
 Der Mohn in Mythos, Volksmedizin, Speise- und Sachkultur Tirols, Siegfried de
Rachewiltz, Andreas Rauchegger, Christiane Ganner, November 2015
 Der Mohn in Südtirol: Tradition, Wissen und Weitergabe, Elisabeth Rettenbacher, aus: Der
Mohn in Mythos, Volksmedizin, Speise- und Sachkultur Tirols, Siegfried de Rachewiltz,
Andreas Rauchegger, Christiane Ganner, November 2015
 Anbau von Mohn und Öllein als Nischenprodukte im Biolandbau, H. Waschl und W. Hein
Lehr und Forschungszentrum (LFZ) Raumberg Gumpenstein, 2013
 Mohnanbau für Mutige, top agrar, Ackerbau, Ausgabe November 2011
 Mohn - eine Ölpflanze mit regionaler Bedeutung, Dipl.-Ing. Birgit Hofbauer, Seminar im
Rahmen der Lehrveranstaltung: Ölpflanzen- Züchtung, Anbau und Verwertung,
27.11.2003
 http://www.landwirt.com/Forum/209924/Mohn-Ertraege.html, abgerufen am 07.05.2016
 http://www.botanikus.de/Botanik3/Ordnung/Schlafmohn/schlafmohn.html, abgerufen am
07.05.2016
 Blaumohn Przemko,
http://www.infofarm.de/dsd/virtual_expo/pavillon_160/sources_pavillon_160/nwr/www_i
naro_de/deutsch/kulturpf/Mohn/blaumohn.htm#Anbau, abgerufen am 07.05.2016
 Schlafmohn (Papaver somiferum) Rezept, http://psychotropicon.info/schlafmohn-papaversomiferum-rezept, abgerufen am 07.05.2016
 Amtsblatt der Europäischen Union: Empfehlungen der EU-Kommission vom 10.
September 2014 über gute Praxis zur Vermeidung und Verringerung des Vorhandenseins
von Opiumalkaloiden in Mohnsamen und Mohnerzeugnissen
 http://www.wildfind.com/pflanzen/schlafmohn, abgerufen am 06.05.2016
 http://www.provinz.bz.it/wanderausstellung/444.asp, abgerufen am 06.05.2016
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
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 http://papaver.frh.ch/papaveraceae.html, abgerufen am 07.05.2016
 https://de.wikipedia.org/wiki/Mohn, abgerufen am 07.05.2016
 https://de.wikipedia.org/wiki/Schlafmohn, abgerufen am 07.05.2016
 http://www.berliner-zeitung.de/panorama/-was-heroin--kokain-oder-crystal-meth-indeutschland-kosten-22583398, abgerufen am 07.05.2016
 http://papaver.frh.ch/taxonomie.html, abgerufen am 07.05.2016
 http://www.medicoeleggi.com/argomenti/11301.htm, abgerufen am 07.05.2016
 Telefongespräch mit Manuel Pramsohler, Sachbearbeiter am Land- und
Forstwirtschaftlichen Versuchszentrum Laimburg, am 09.05.2016
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Das Bildmaterial im vorliegenden Dossier stammt aus folgenden Quellen:
 https://de.wikipedia.org/wiki/Schlafmohn, abgerufen am 07.05.2016
 Lora’s Feast, A Masque of Flowers. Penned and Pictured by Walter CRANE,
London/Paris 1895. Sammlung Arnaldo Loner. Aus: Der Mohn in Mythos, Volksmedizin,
Speise- und Sachkultur Tirols, Siegfried de Rachewiltz, Andreas Rauchegger, Christiane
Ganner
 https://de.wikipedia.org/wiki/Morphin#/media/File:Morphin_-_Morphine.svg, abgerufen
am 07.05.2016
 http://www.wildfind.com/pflanzen/schlafmohn, abgerufen am 06.05.2016
 https://de.wikipedia.org/wiki/Mohn, abgerufen am 07.05.2016
 http://www.botanikus.de/Botanik3/Ordnung/Schlafmohn/schlafmohn.html, abgerufen am
07.05.2016
 http://www.wildfind.com/pflanzen/schlafmohn, abgerufen am 07.05.2016
 Mohn - eine Ölpflanze mit regionaler Bedeutung, Dipl.-Ing. Birgit Hofbauer, Seminar im
Rahmen der Lehrveranstaltung: Ölpflanzen- Züchtung, Anbau und Verwertung,
27.11.2003, abgerufen am 07.05.2016
 http://www.natuerlich-online.ch/magazin/artikel/opium-fuers-volk/, abgerufen am
07.05.2016
 http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/gebt-die-drogen-frei-eine-frage-desgesetzes-1886085/mohnanbau-in-afghanistan-1879644.html, abgerufen am 07.05.2016
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Dossier Mohnanbau
Kräuterkurs 2016
Ben Schneider
 http://www.mohnwirt.at/neuigkeiten/news/mohnfelder-wurdenangebaut/?tx_news_pi1[controller]=News&tx_news_pi1[action]=detail&cHash=42e4a433
fd900bba69c1ff8ec14c1924, abgerufen am 07.05.2016
 https://www.flickr.com/photos/65839219@N04/6648128921, abgerufen am 07.05.2016
 http://www.n-tv.de/thema/opium, abgerufen am 07.05.2016
 ink.springer.com/chapter/10.1007/978-3-642-74297-2_6#page-1, abgerufen am 07.05.2016
 http://www.f1online.de/de/bild-details/5438276.html, abgerufen am 07.05.2016
 https://frogs-eye-view.com/2012/05/28/das-mohnfeld/#jp-carousel-4122, abgerufen am
07.05.2016
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