Kritischer Punkt

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Modul
Chemische Thermodynamik:
Kritischer Punkt
M. Broszio, F. Noll, Oktober 2007, Korrekturen September 2008
Lernziele
Ziel dieses Versuches die nähere Betrachtung des kritischen Punktes eines Stoffes und seiner
Dampfdruckkurve, wobei die Beschreibung eines Gases durch die VAN DER WAALS-Gleichung erläutert wird.
Stichwörter zur Vorbereitung
Phasendiagramm, Dampfdruckkurve, freie Enthalpie, ideales Gasgesetz, CLAPEYRONsche
Gleichung, CLAUSIUS-CLAPEYRONsche Gleichung, VAN DER WAALS-Gleichung, MAXWELLKonstruktion, Regel von CAILLETET-MATTHIAS, kritische Opaleszenz, GIBBSsche Phasenregel.
1. Theoretischer Teil
1.1 Zustandsfunktionen
Bei einer Phasenumwandlung wie dem Übergang flüssig-gasförmig ändern sich stets mehrere
thermodynamische Größen. Die dem System zugeführte Wärme qrev kann in Arbeit W oder
Änderung der inneren Energie U resultieren.
δqrev = dU − δW
(1.1)
Erfolgt der Phasenübergang isobar (d.h. ohne eine Änderung des äußeren Drucks), wie es in
offenen Systemen der Fall ist, so handelt es sich bei der vom System geleisteten Arbeit um
Druck-Volumen-Arbeit
(1.2)
δW = − p ⋅ dV
Mit (1.1) ergibt sich aus (1.2)
δq rev = dU + p ⋅ dV
(1.3)
Die nach (1.3) gegebene, reversibel ausgetauschte Wärmemenge hängt nur von Zustandsgrößen ab und wird als Enthalpie H bezeichnet:
dH = dU + p ⋅ dV
(1.4)
Diese Äquivalenz von Wärmemenge und Enthalpie gilt bei isobarer und reversibler Prozessführung:
1
(∂H )P = δqrev
(1.5)
Für die reversibel ausgetauschten Wärme gilt nach CLAUSIUS
dS =
δqrev
T
(1.6)
Aus (1.3) und (1.6) folgt für die Entropie
T ⋅ dS = dU + p ⋅ dV
(1.7)
Nun kann nach GIBBS und HELMHOLTZ eine weitere Größe eingeführt werden – die freie
Enthalpie. Für sie gilt:
dG = dH − T ⋅ dS ≤ 0
(1.8)
Die freie Enthalpie muss kleiner oder gleich Null sein.
Da die bei einem Phasenübergang vom System aufgenommene oder abgegebene Wärmemenge der Umgebung entzogen oder zugeführt worden sein muss, steht einer Zunahme der
Entropie im System immer eine Abnahme der Entropie der Umgebung entgegen oder umgekehrt. Bei reversibler Prozessführung ist die Änderung der Gesamtentropie daher gleich null:
dS System + dSUmgebung = 0
(1.9)
Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik kann die Entropie in System und Umgebung niemals abnehmen. Daher kann (1.9) für irreversible Prozesse verallgemeinert werden
zu
(1.10)
dS System + dSUmgebung ≥ 0
Die Entropie der Umgebung muss analog zu (1.6) gegeben sein über
δqUmgebung
T
= dSUmgebung
(1.11)
Diese Umformung basiert auf der Näherung, dass die Umgebung ein sehr großer Thermostat
ist, und daher Wärmeübertragungen praktisch reversibel sind, auch wenn dies nicht für das
System gilt.
Es müssen außerdem die zwischen System und Umgebung ausgetauschten Wärmemengen
den gleichen Betrag und umgekehrte Vorzeichen haben, so dass gelten muss
δqUmgebung = −δqSystem
(1.12)
Wird (1.12) in (1.11) eingesetzt, und der so gewonnen Ausdruck wiederum in (1.10), so ergibt
sich
2
dS system −
δqSystem
T
≥0
Durch Multiplikation mit T ergibt sich
T ⋅ dS System − δq System ≥ 0
(1.13)
(1.14)
Mit (1.5) folgt
T ⋅ dS System − dH ≥ 0
(1.15)
dH − T ⋅ dS System ≤ 0
(1.16)
(1.16) ist aber gerade der Ausdruck für die freie Enthalpie des Systems. Nur wenn dG kleiner
als Null ist, kann mit dem spontanen Ablaufen eines Prozesses oder einer Reaktion gerechnet
werden: Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik muss die Energie eines Systems
konstant bleiben.
Wird der in (1.3) auftauchenden Ausdruck für W aufgeteilt in
δW = − p ⋅ dV + δWsonst
(1.17)
wobei δWsonst die neben der Druck-Volumen-Arbeit geleistete Arbeit bezeichnet, so ergibt
sich
dU + p ⋅ dV = δqrev + δWsonst
(1.18)
Mit (1.4), (1.6) und (1.8) folgt
dH − T ⋅ dS = dG = δWsonst
(1.19)
Bei konstantem Druck und reversibler Prozessführung kann das System neben der DruckVolumen-Arbeit nur noch diejenige Arbeit leisten, welche der Änderung der GIBBS-Energie
entspricht.
1.2 Kritischer Punkt
Betrachtet man die Dampfdruckkurve einer Reinsubstanz (Abb. 1), so fällt auf,
dass sie bei einer bestimmten Temperatur
abbricht. Oberhalb dieser Temperatur ist
es nicht möglich, durch Druck ein Gas zu
verflüssigen! Die entsprechende Temperatur wird daher als kritische Temperatur
bezeichnet.
Die Beschäftigung mit Gasen unter
Druck etablierte die physikalische Chemie schon früh in der „modernen Chemie“. So entdeckten die Physiker ROBERT
BOYLE und EDME MARIOTTE 1662 und
Abb. 1: Phasendiagramm mit Dampfdruckkurve
(schematisch) nach [1].
3
1672 unabhängig voneinander, dass das Produkt aus Volumen V und Druck p eines Gases
konstant ist, sofern die Temperatur nicht verändert wird:
p·V=const.
(2.1)
Gesetz von BOYLE-MARIOTTE
Bei Untersuchungen zur Temperaturabhängigkeit des Gasvolumens fanden JAQUES CHARLES
1787 und JOSEPH GAY-LUSSAC 1802 heraus, dass das Gasvolumen bei konstantem Druck und
konstanter Stoffmenge proportional zur Temperatur ist:
V = k ⋅T
(2.2)
Gesetz von CHARLES bzw. erstes Gesetz von GAY-LUSSAC
Weiter fand GAY-GUILLAUME AMONTONS, dass der Druck eines Gases bei konstantem Volumen und konstanter Stoffmenge ebenfalls proportional zur Temperatur ist:
p = k2 ⋅ T
(2.3)
Gesetz von AMONTONS bzw. zweites Gesetz von GAY-LUSSAC
Durch Kombination dieser drei Zusammenhänge ergibt sich, dass das Produkt aus Volumen
und Druck eines Gases bei konstanter Stoffmenge (z.B. dem Molvolumen Vm) zur Temperatur
proportional ist:
p ⋅ Vm = k3 ⋅ T
(2.4)
Da das Volumen eines Gases gleich dem Produkt aus molaren Volumen Vm und Stoffmenge n
ist, folgt mit
V = n ⋅ Vm
(2.5)
aus (2.4) das ideale Gasgesetz:
p ⋅V = n ⋅ R ⋅ T
(2.6)
Hierbei wird der Proportionalitätsfaktor R (anstelle des k3 in (2.4)) als allgemeine Gaskonstante bezeichnet und besitzt den Wert 8,314 J/(mol·K).
Das ideale Gasgesetz beschreibt Gase bei Raumdruck und nicht zu niedrigen Temperaturen
bereits gut. Jedoch zeigen sich im Experiment schnell einige Abweichungen, die durch das
ideale Gasgesetz nicht beschrieben werden können.
Diese Abweichungen liegen darin begründet, dass bei einem idealen Gas stillschweigend von
drei Annahmen ausgegangen wird, welche nur in gewissem Rahmen mit den Bedingungen im
betrachteten System übereinstimmen.
Es wird davon ausgegangen, dass
1.
2.
ein Gas aus Atomen oder Molekülen besteht, welche sich in ständiger, zufälliger Bewegung befinden,
die Größe der Moleküle im Vergleich zum von ihnen zurückgelegten Weg
vernachlässigbar ist und
4
3.
die Moleküle nur durch elastische Stöße interagieren.
Diese Annahmen spielen bei vielen physikalischen Überlegungen eine Rolle, wobei die gute
Übereinstimmung mit dem Experiment diese Annahmen hier als gerechtfertig scheinen lässt.
Besonders die Punkte 2 und 3 sind hierbei Ansatzpunkte, an denen die Theorie weiter verbessert werden kann. Das Phänomen, dass Gase ab einer bestimmten Temperatur kondensieren,
ist darauf zurückzuführen, dass sie entgegen Punkt 3 konstruktive Wechselwirkungen ausbilden. Befinden sich viele Teilchen in einem kleinen Volumen (Gas bei hohem Druck), so ist
auch Punkt 2 nicht mehr zutreffend.
Da die ideale Gasgleichung jedoch das reale Verhalten von Gasen gut beschreibt, kann der
Ansatz aus (3.6) zu einer besseren Beschreibung realer Gase beibehalten werden. Hierbei
wird jedoch angenommen, dass einem Mol Gasteilchen tatsächlich ein Volumen zur Verfügung steht, welches sich als Differenz aus dem Volumen Vm und dem Eigenvolumen aller
Gasteilchen Vm,e (oft auch als gasspezifischer Parameter b angegeben) ergibt:
Vm → (Vm − Vm ,e )
(2.7)
Zwischen den Gasmolekülen wirken attraktive und repulsive Kräfte. Ein Ansatz zur Beschreibung dieses Phänomens ist das LENNARD-JONES-Potential (vgl. Versuch 3: „Viskosität
von Gasen“), bei welchem angenommen wird, dass die attraktiven Kräfte mit r-6, die repulsiven Kräfte mit r-12 eingehen (r Teilchenabstand). Für größere Teilchenabstände, wie sie in der
Gasphase vorliegen, dominieren daher die attraktiven Wechselwirkungen. Somit ist die Eigenbewegung der Teilchen gegenüber einem idealen Gas vermindert. Ein reales Gas übt daher
auf die Gefäßwand einen geringeren Druck aus als ein ideales Gas. Dies wird durch Addition
eines empirisch ermittelten Anteils Pe korrigiert, welcher als Binnendruck bezeichnet wird:
P → ( P − Pe )
(2.8)
Da der Druck, den ein Gas auf eine Wand ausübt, jedoch von der Anzahl der Stöße pro Zeitintervall und somit von der Eigenbewegung der Teilchen abhängt, ist Pe wiederum proportional zum Quadrat der Teilchenzahldichte n/V bzw. umgekehrt proportional dem Quadrat des
molaren Volumens 1/Vm (vgl. (2.5)), da die Anzahl der Teilchen, welche pro Zeiteinheit auf
die Gefäßwand treffen proportional zur Teilchenzahldichte sind, die attraktiven Wechselwirkungen aber ebenfalls der Anzahl von Nachbaratomen und damit ebenfalls zur Teilchenzahldichte proportional sind. Für Pe ergibt sich somit folgender Ausdruck, wobei a ein gasspezifischer Parameter ist
a
(2.9)
Pe = 2
Vm
Somit ergibt sich mit (3.7) und (3.9) aus (3.6), dass
⎛
a ⎞
⎜ p + 2 ⎟ (Vm − Vm,e ) = R ⋅ T
Vm ⎠
⎝
(2.10)
5
Diese Beziehung wird nach JOHANNES VAN DER WAALS als VAN DER WAALS-Gleichung bezeichnet. Messungen zeigen, dass die VAN DER WAALS-Gleichung reale Gase bei hohen Temperaturen gut beschreibt.
Abb. 2: a) Skizzierter Verlauf der exp. Isothermen für CO2 und b) Verlauf nach der VAN DER WAALSGleichung.
Werden Daten für pV-Diagramme gemessen, so fällt auf, dass die Beschreibung von Messwerten unterhalb einer bestimmten Temperatur keine sinnvollen Ergebnisse mehr liefert. Der
Verlauf der tatsächlichen Messwerte kann leicht verstanden werden: Wird das Gas komprimiert (V sinkt), so steigt der Druck p an. Oberhalb der sog. kritischen Temperatur (304 K für
CO2) kann ein Gas nicht durch Druck verflüssigt werden, so dass sich der erwartete Verlauf
~1/V einer Hyperbel ergibt. Unterhalb der kritischen Temperatur beginnt das Gas bei Kompression bei einem gewissen Druck (abhängig von der Temperatur) flüssig zu werden. Wird
das Volumen weiter verringert, geht weiteres Gas in die flüssige Phase über – der Druck
bleibt konstant. Erst, wenn alles Gas verflüssig ist, steigt der Druck bei Kompression wieder
an – da Flüssigkeiten wenig kompressibel sind, ist dp/dV groß!
Die Werte im pV-Diagramm, die zur gleichen Temperatur gehören, bilden eine „Isotherme“
(griech. gleiche Temperatur).
Abb. 3: MAXWELL-Konstruktion
und Koexistenzbereich.
Da die VAN DER WAALS-Gleichung von einer Gleichverteilung der Moleküle ausgeht, liefert sie für jene Bereiche, in
denen zwei Phasen vorliegen, unsinnige Ergebnisse (positive Steigung zwischen den zwei Extremwerten). Aufgrund
ihres Verlaufs werden diese Bereiche des Plots der VAN DER
WAALS-Gleichung als VAN DER WAALS-Schleifen bezeichnet werden. Sie sind zwischen den beiden Extremwerten
physikalisch sinnlos, da hierbei bei Volumenverkleinerung
mit einem Sinken des Druckes zu Rechnen wäre, was den
Beobachtungen widerspricht. (Anm.: Die Bereiche aus den
Ein-Phasen-Gebieten bis zu den Extremwerten der VANDER-WAALS-Kurven sind hingegen unter bestimmten Bedingungen erreichbar (vgl. unterkühlte Schmelze bzw. Siedeverzug).)
6
Da in den Bereichen der VAN DER WAALS-Schleifen gemäß der VAN DER WAALS-Gleichung
infolge der Kompression bzw. Expansion Druck-Volumen-Arbeit zu leisten wäre, können mit
dem Wissen um die Nicht- Existenz dieser Bereiche die Ergebnisse weiter verbessert werden.
Da keine Arbeit geleistet wird, muss das Integral über diesen Bereich gegenüber den begrenzenden Punkten Null sein. Da weiter keine Änderung des Druckes in diesem Bereich zu erwarten ist, ist also eine waagerechten Geraden zu finden, die so in den Bereich der Schleifen
gelegt werden kann, dass die Flächen über und unter der Waagerechten gleich groß sind. Dieses Vorgehen wird MAXWELL-Konstruktion genannt und führt zu Isothermen, welche gut
die experimentell ermittelten Isothermen beschreiben.
Der Bereich der Schleifen, der durch waagerechte Geraden ersetzt wurde, gibt den Bereich
der Existenz von flüssiger und gasförmiger Phase an und wird Koexistenzbereich genannt.
Durch Messung von Isothermen und anschließender Anpassen von (2.10) mit a und Vm,e als
Fitparameter können diese ermittelt werden.
Da (2.10) jedoch analytisch leicht behandelbar ist, können diese Werte auch auf andere Weise
erhalten werden. In Bereichen, in denen der Druck nicht weiter ansteigt, ist die Steigung Null:
⎛ ∂p ⎞
− R ⋅ Tk
2⋅a
+ 3 =0
⎜
⎟ =
⎝ ∂Vm ⎠Tk (Vm − Vm ,e )² Vm ,k
(2.11)
Bei der Isotherme, welche an der oberen Spitze des Koexistenzbereichs von Abb. 3 liegt, ist
dies nur in genau einem Punkt der Fall, welcher mathematisch dem Sattelpunkt der Funktion
entspricht. Diese Isotherme, welche bei der kritischen Temperatur aufgenommen wurde, wird
daher auch als kritische Isotherme bezeichnet. Die zugehörigen Druck- und Volumenwerte
dieses Punktes werden als kritischer Druck pk und kritisches Volumen Vk bezeichnet. Alle
Hyperbeln bei höhere Temperatur besitzen keine Stelle, an welcher (2.11) erfüllt ist, sämtliche
Hyperbeln nach (2.10) bei geringeren Temperaturen besitzen zwei lokale Extrema, für die
dies erfüllt wäre.
Für die kritische Isotherme gilt – da hier ein Wendepunkt vorliegt – weiter, dass auch die
zweite Ableitung Null sein muss.
⎛ ∂2 p ⎞
2 ⋅ R ⋅ Tk
6⋅a
+ 4 =0
⎜ 2⎟ =
⎝ ∂Vm ⎠Tk (Vm ,k − Vm ,e )³ Vm ,k
(2.12)
Ein Gleichungssystem mit zwei Gleichungen und zwei Variablen (2.11 und 2.12 bzw. a und
Vm,e) ist lösbar. Es ergibt sich:
9
(2.13)
a = ⋅ R ⋅ Tk ⋅ Vm ,k = 3 p k ⋅Vm2, k
8
und
1
(2.14)
Vm ,e = ⋅ Vm ,k
3
7
Bei der Messung der kritischen Isotherme sind noch weitere Beobachtungen von Interesse:
Wird in einem geschlossenen System die Temperatur erhöht, so treten vermehrt Moleküle in
die Gasphase über. Hierdurch nimmt die Dichte der Gasphase immer weiter zu, während jene
der flüssigen Phase abnimmt. Am kritischen Punkt ist die Dichte von flüssiger und gasförmiger Phase gleich (Regel von CAILLETET-MATTHIAS). Zudem nimmt die Verdampfungswärme bei Annäherung an den kritischen Punkt bis auf Null ab. Hierdurch ergibt sich das
Phänomen der kritischen Opaleszenz, wobei beständig ein Phasenwechsel von Teilen des
Systems vollzogen wird, was durch starke Schlierenbildung sichtbar wird. Bei Temperaturen
oberhalb des kritischen Punktes existiert nur noch eine Phase, welche als superkritisches Fluid
bezeichnet wird.
2. Messaufbau
Abb. 4: Messapparatur im Überblick.
Ein
dickwandiges
Glasrohr ist in einem
Thermostaten untergebracht (links). Über
eine angeschlossene
Druckleitung
kann
durch Drehen einer
Spindel (rechts) das
Volumen im Inneren
des Glasrohrs verringert werden, indem
durch die Druckerhöhung der QuecksilberMeniskus (s. auch
Abb. 5: Detailaufnahme der
Abb. 4) verschoben
Messapparatur.
wird. Der Druck im
System ist gleich dem Druck, der auf das Quecksilber ausgeübt wird und kann am Drucksystem abgelesen werden.
Hinter dem Glasrohr ist eine Skala angebracht, mit der die Höhen der einzelnen Phasen abgemessen werden können.
Durch Vorgabe der Temperatur des Thermostaten kann die gewünschte Temperatur eingestellt werden. Die Umwälzgeschwindigkeit sollte nicht zu groß gewählt werden, da sonst auftretende Verwirbelungen das Ablesen der Skala erschweren.
3. Aufgabenstellung
1. Bestimmung der Diethylethermenge
Vor Beginn der Heizphase bestimme man das Flüssigkeitsvolumen des Diethylethers in der
Kapillare (ID = 2,7 mm) und daraus Mges.
8
2. Bestimmung der Dampfdruckkurve
Für Diethylether bestimme man die Dampfdruckkurve. Man arbeite dazu im Temperaturbereich von 50-100°C in Intervallen von 5°C und (in Kombination mit Aufgabe 2.3) von 100190°C in 10°C Intervallen.
3. Bestimmung der Koexistenzkurve
Die Koexistenzkurve stellt die Begrenzung des Zwei-Phasen-Bereichs im pV-Diagramm dar
(vgl. Abb. 6).
a)
b)
Die Flüssigkeitsvolumina werden dadurch bestimmt, dass bei der eingestellten
Temperatur die Gasphase gerade eben durch Volumenverkleinerung mit Hilfe der
Spindel zum Verschwinden gebracht wird.
Dann wird bei konstanter Temperatur das Volumen vergrößert, bis sich der
Quecksilbermeniskus noch etwa 1 cm oberhalb des Kapillarenendes befindet. Die sich
bildenden Volumina von Dampf und Flüssigkeit werden bestimmt. Es gilt für die in
der Kapillare befindliche Menge an Diethylether Mges:
aus a)
M ges = ρ flüssig ⋅ V flüssig
aus b)
M ges = ρ flüssig ⋅ V flüssig + ρ gas ⋅ V gas
Abb. 6: Isothermen im pV-Diagramm von Isopentan im kritischen Bereich. Leicht grau: Zweiphasengebiet, grau: Flüssigkeit, weiß: Gasphase.
Mit diesem Verfahren wird die Koexistenzkurve bis etwa 190°C bestimmt. Während der Bestimmung können durch Ablesen des Druckes auch die Werte der Dampfdruckkurve ermittelt
werden.
4. Messung von 4 Isothermen
2 unterhalb der kritischen Temperatur
1 kritische Isotherme (Nachschlagen der kritischen Temperatur in der Literatur)
1 oberhalb der kritischen Temperatur
5. Anwendung der Regel von CAILLETET-MATTHIAS
Am kritischen Punkt sind die Dichten von flüssiger- und gasförmiger nicht mehr unterscheidbar. Unter Verwendung der Messergebnisse aus 2.2 und einer graphischen Darstellung analog
Abb. 6 ist der kritische Punkt bestimmbar.
9
Abb. 7: Bestimmung des kritischen
Punktes aus Dichtemessungen der Flüssigkeit ρ(l) und des Dampfes ρ(g) nach
CAILLETET und MATTHIAS am Beispiel
Wasserstoff.
[E.
MATHIAS,
C.A.
CROMMELIN and H. KAMERLINGHONNES, Comm. Phys. Lab. Leiden, No
154b (1921).] Die so bestimmte kritische
Temperatur und Dichte stimmen sehr gut
mit der Beobachtung des Meniskus [D.
WHITE, A.S. FRIEDMAN, H.L. JOHNSTON,
J. Am. Chem. Soc. 72, 3565 (1950).] überein.
6. Aus den Daten Graphen berechne man die kritischen Größen (p, V, T, ρ) sowie die Konstanten a und Vm,e.
7. Fehlerbetrachtung
Man überlege sich die Fehlerquellen des Versuchs unter Berücksichtigung der Messgenauigkeit.
4. Ausführung
Der Aufbau der Messanordnung ist noch einmal in Abb. 8
und 9 dargestellt. Eine am oberen Ende zu geschmolzene,
dickwandige Glaskapillare (Innendurchmesser 2,7 mm, Außendurchmesser 9 mm, Länge
40 cm) wird über ein biegsames Edelstahlrohr mit einer
Hochdruckapparatur verbun- Abb. 8: Gesamtaufbau der Hochdruckapparatur. 1: Kapillare; 2, 3, 4:
den, die mit Quecksilber gefüllt Hochdruckventile (Fa. Dunze, Hochdrucktechnik, Kronberg/Ts.; Fa.
HIP High Pressure Eq. Über Fa. Dunze); 5: Druckzylinder; 6, 7:
ist. Der obere Teil der KapilTeflonventile.
lare steht in einem Temperierbad, das mit Siliconöl gefüllt
ist und das über eine elektrische Heizung bis auf 250°C geheizt werden kann.
Zur Herstellung des Drucks bis etwa 50 bar wird ein Kolben in einen Druckzylinder hineingedrückt (Abb. 10). Der Druck wird mit einem Präzisionszeigermanometer (Fa. Heise, über
Fa. Nova Hochdruck GmbH, Kronberg/Ts.) gemessen.
10
Abb. 9: Zeichnung der Zelle zur Beobachtung des Meniskus
und zur Messung des Volumens des Ethers bei verschiedenen
Temperaturen. Die Kapillare ist durch eine Metallverschraubung, die mit einem Zweikomponentenkleber ausgegossen
wird, mit dem Hochdruckrohr verbunden.
Das Volumen des Ethers ist durch die
Höhe
des
Quecksilbermeniskus
gegeben, wenn der Innendurchmesser
der Kapillare bekannt ist. Zur
Ausnahme der p/V-Diagramme wird
eine feste Temperatur eingestellt, ein
bestimmter Druck vorgegeben und
das Volumen V des Diethylethers abgelesen. Zur Bestimmung der kritischen Daten stellt man stellt man ein
bestimmtes Volumen ein und regelt
den Druck so nach, dass bei Steigerung der Temperatur das Volumen
erhalten bleibt; man bestimmt den
Druck, bei dem der Meniskus zwischen Dampf und Flüssigkeit gerade
verschwindet. Als Schutzmaßnahme
werden alle Beobachtungen hinter
einer dicken Plexiglasscheibe ausgeführt.
5. Literatur
[1] P.W. Atkins: Physical Chemistry, Eigth Edition, Oxford University Press 2006
[2] Skript zum Versuch „Kritischer Punkt“ (Diplom), Marburg 2007
[3] G. Kortüm, H. Lachmann: Einführung in die chemische Thermodynamik. Verlag Chemie,
Weinheim, 1981.
[4] P. Schuster: Zwischenmolekulare Kräfte – Ein Beispiel für das Zusammenwirken von
Theorie und Experiment. Angew. Chem. 93, 532 (1981).
[5] P.Y. Feng, M. Melzer: An Undergraduate Apparatus for Determining Second Virial Coefficients. J. Chem. Educ. 49, 375 (1972).
11
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