Unikurs in Zürich Grundlagen Akupunktur – TCM Einführung in die Traditionelle Chinesische Medizin Dr. med. Brigitte Ausfeld-Hafter, Aarau Emeritierte Dozentin der Kollegialen Instanz für Komplementärmedizin KIKOM Universität Bern www.kikom.unibe.ch Postfach 2003 • 8021 Zürich • Tel. 0844 200 200 Fax 031 332 41 12 • [email protected] • www.sacam.ch Einführung in die Traditionelle Chinesische Medizin Dr. med. Brigitte Ausfeld-Hafter Emeritierte Dozentin für Traditionelle Chinesische Medizin Kollegiale Instanz für Komplementärmedizin KIKOM Universität Bern www.kikom.unibe.ch Westliche Grundlagen Grundlagen der neurophysiologischen, neurochemischen und neuroanatomischen Erkenntnisse der Akupunkturwirkung Bis 1973 gab es Fallstudien (kasuistische Beweise) für die Wirkung der Akupunktur. Es braucht aber kontrollierte Studien, um zu wissen, ob die Akupunktur einen physiologischen und nicht nur einen Placebo-Effekt hat. B. Pomeranz hat seit den siebziger Jahren viel über die Akupunkturanalgesie geforscht und Erklärungsmodelle für die neurophysiologischen und neurochemischen Mechanismen gefunden. Es gibt auch diverse klinische Studien, die zeigen, dass die Akupunktur bei anderen Indikationen als Analgesie wirksam sein kann. Diese Indikationen umfassen neurologische, kardiovaskuläre, antiemetische, urogenitale, pulmonale und gastrointestinale Krankheiten. Mit der neuen Lasernadel-Akupunktur sind doppelblinde klinische Studien möglich geworden. Verum-Akupunktur -versus Sham-Akupunkturstudien sind in den letzten Jahren vermehrt durchgeführt worden. Sie zeigen oft, dass Sham-Akupunktur (also die Nadelung von „falschen“ Akupunkturpunkten) fast gleich wirksam wie die „richtige“ Verum-Akupunktur ist. Studien über anatomisch-physiologische Grundlagen können die Existenz der Akupunkturpunkte erklären: 1. Durch Wirkungsvergleich der Nadelung echter Punkte gegen Pseudoakupunktur an Nicht-Akupunkturpunkten. 2. Durch die Suche nach speziellen anatomischen Strukturen an Akupunkturpunkten. 3. Durch die Untersuchung der elektrophysiologischen Eigenschaften der Haut an Akupunkturpunkten. 4. Durch Untersuchung der Nervenfasern, die durch Akupunktur aktiviert werden. 5. Durch Laser-Doppler-Imaging, die die Mikrozirkulationsänderungen durch Akupunktur objektivieren. sacam, © Dr. med. Brigitte Ausfeld-Hafter, 2013 Indikationen und Grenzen der Akupunktur Die Indikationen für eine Behandlung mit TCM sind vielfältig. Es ist jedoch wichtig, dass vor jeder Behandlung eine gründliche schulmedizinische Diagnosestellung erfolgt. Nicht alle Krankheiten eignen sich für eine Akupunkturtherapie. Respirationstrakt: Akute Sinusitis, akute Rhinitis, Erkältungskrankheiten, akute Tonsillitis, Asthma bronchiale, Bronchitis Erkrankungen der Mundhöhle: Zahnschmerzen, Gingivitis, Pharyngitis Augenkrankheiten: Akute Konjunktivitis, Conjunctivitis sicca, Myopie (bei Kindern), Katarakt Gastrointestinale Erkrankungen: Ösophagus- und Kardiospasmen, Singultus, akute und chronische Gastritis, Hyperazidität des Magens, akute und chronische Kolitis, akute bakterielle Dysenterie, Obstipation, Diarrhoe, paralytischer Ileus, Ulcus ventriculi und duodeni Neurologische und orthopädische Erkrankungen: Kopfschmerzen, Migräne, Trigeminusneuralgie, Fazialisparese, Hemiparese nach Apoplexie, periphere Neuropathien, Poliomyelitisparese, Morbus Menière, neurogene Blasendysfunktion, Interkostalneuralgie, Periarthritis humeroscapularis, Epicondylitis, Ischialgie, Lumbalgie, rheumatoide Arthritis Urogenitale Erkrankungen: Miktionsstörungen, Enuresis nocturna, Menstruationsstörungen, Klimakterische Beschwerden, Geburtserleichterung, Prostatitis, Infertilität, Potenzstörungen Krankheiten im HNO-Bereich: Sinubronchiales Syndrom, Rhinitis allergica, Tinnitus, Vertigo Herz-Kreislauf-Krankheiten: Funktionelle Herzbeschwerden, Rhythmusstörungen, Hypotonie, Hypertonie, Roemheld-Syndrom Hauterkrankungen: Akuter Herpes zoster, Zosterneuralgie, Neurodermitis, Akne Funktionell-vegetative Syndrome: Schweissausbrüche, Reizbarkeit, Müdigkeit, Stimmungslabilität, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, Energiemangel Klinische Beispiele Diese werden anhand der Indikationen besprochen. Philosophische Grundlagen Chinesische Denkweise - Westliche Denkweise Ganz allgemein kann das östliche Denken als synthetisches, das westliche als analytisches Denken verstanden werden. Konfuzius „Meister aus dem Geschlecht der Kung“ lebte um 551 - 479 vor der Zeitenwende. Ihm werden 9 klassische Bücher zugeschrieben, das berühmteste ist das Buch der Wandlungen „Yi Jing“, ein Orakelbuch, das er nach alten Quellen herausgab. Sein Denken zielt auf das konkrete Leben des Menschen und die Belange der Praxis, wobei er eine konservative Moral- und Staatsphilosophie vertritt. sacam, © Dr. med. Brigitte Ausfeld-Hafter, 2013 Lao Zi, „der alte Meister“ lebte um 600 vor der Zeitenwende. Sein Buch „Dao De Jing“ handelt vom Weg und der Tugend und enthält in 81 Kapiteln metaphysische, ethische und politische Anschauungen. Das Tao ist der Grundbegriff seiner Philosophie, die unter dem Namen Taoismus eine religiöse Richtung einnimmt. Die Lehre des Lao Zi ist ein aristokratisches Gedankengefüge, dies im Gegensatz zur Lehre des Konfuzius, die altväterlich-hausbacken auf die menschliche Natur zugeschnitten ist. Das Grundmotiv des philosophischen Denkens der Chinesen ist das Streben nach Harmonie. Und dieses Bestreben führt zur Idee des Einklangs von Mensch und All (und Natur). Der einige Jahrzehnte nach der Zeitenwende in China eingeführte Buddhismus wurde der chinesischen Denkweise angepasst: es konnten sich nämlich nur diejenigen Richtungen halten, die nicht mit radikalen und extremen Ansichten verknüpft waren. (Zum Beispiel hielten die Chinesen die Entsagung ans Weltliche für unhaltbar.) Therapiemethoden der TCM Akupunktur Die Akupunktur ist das bei uns bekannteste Therapieverfahren der TCM. Akupunktur ist die gezielte therapeutische Beeinflussung der Körperfunktionen und des Qi über spezifische Punkte der Körperoberfläche. Akupunktur wirkt unter anderem über eine Anregung und Wiederherstellung der körpereigenen Regulation. Sie wird in den verschiedensten Fachgebieten in Prävention, Therapie und Rehabilitation eingesetzt. Bei der Akupunktur werden Nadeln, aus Stahl, Gold und anderen Metallen, an einem genau definierten Punkte in den Körper gestochen. Für eine Behandlung werden ungefähr 12 Nadeln gestochen und diese bleiben während zwanzig Minuten liegen. Als grobe Richtlinie einer Therapie gelten zehn Behandlungen im Wochenrhythmus. Es gibt ungefähr 360 klassische Akupunkturpunkte. Diese sind verteilt auf 12 Hauptmeridiane, welche paarweise angeordnet sind. Sie stehen mit einem inneren Organ in Verbindung und tragen jeweils dessen Namen (LungeDickdarm, Magen-Milz/Pankreas, Herz-Dünndarm, BlaseNiere, Kreislauf-3Erwärmer, Gallenblase-Leber). Die Lebensenergie Qi fliesst in einer bestimmten Reihenfolge durch die Meridiane. Innert 24 Stunden werden alle Meridiane durchlaufen, beginnend um 03 Uhr mit dem Lungenmeridian (Organuhr). Ausserdem gibt es 8 ausserordentliche Meridiane:Lenkergefäss, Konzeptionsgefäss, Gefäss der breiten Bahn, Gürtelgefäss, aufsteigendes Yin-Gefäss, aufsteigendes Yang-Gefäss, Haltegefäss des Yin und Haltegefäss des Yang. sacam, © Dr. med. Brigitte Ausfeld-Hafter, 2013 Akupressur Die Akupunkturpunkte werden durch Pressen mit den Fingerspitzen stimuliert. Moxibustion Zur Moxibustion, auch Moxa-Therapie genannt, werden getrocknete und gepresste Pflanzenteile des Beifuss (Artemisia vulgaris) verwendet, meist in Form von „Zigarren“. Das verbrannte Kraut erzeugt grosse Wärme und regt den „Blut“- und Qi-Fluss an. Schröpfen Es werden Schröpfgläser (hohle Glaskugeln) gebraucht, wobei durch Erhitzen der Luft im Glas ein Vakuum entsteht und das Glas sich an die gewünschte Körperstelle saugt. Aurikulomedizin Eine Sonderform der klassischen Körperakupunktur ist die Ohrakupunktur, welche vom französischen Arzt Paul Nogier entwickelt wurde. Die Ohroberfläche entspricht einer Reflexzone, auf der alle Organe repräsentiert werden. Die Untersuchung der Ohrreflexzonen erlaubt eine Aussage darüber, wo Schmerzen vorhanden sind. Ausserdem können sogenannte Störherde eruiert werden. Diese haben auf den ersten Blick nichts mit dem eigentlichen Krankheitsgeschehen zu tun, können sich jedoch negativ auf den Körper auswirken, zum Beispiel eitrige Zähne, chronische Sinusitis, Narben oder auch eine Quecksilberbelastung durch Amalgamfüllungen. Die Behandlung geschieht ebenfalls durch Stechen von Nadeln; es sind dies jedoch kürzere und dickere als diejenigen der klassischen Akupunktur. Es können auch Dauernadeln gesetzt werden. Arzneitherapie Die Arzneimitteltherapie ist im asiatischen Raum das am häufigsten angewandte Therapieverfahren. Es gibt ungefähr 2800 verschiedene Substanzen aus pflanzlicher (90%), aber auch mineralischer und tierischer Herkunft. Sie werden meist zur inneren Anwendung verordnet; oft als Dekokt, eine wässrige Extraktion der Arzneien. Die Arzneimitteltherapie eignet sich zur Behandlung sowohl akuter wie auch chronischer Krankheiten und kann mit der Akupunktur kombiniert werden. Diätetik und Beratung in der Lebensführung Lebensmittel werden gemäss ihrer Wirkung nach Geschmackrichtung, Temperaturverhalten, Wirktendenz und Wandlungsphasenbezug beschrieben. So werden Nahrungsmittel als milde Therapeutika, sowohl zur Prophylaxe wie auch zur Unterstützung der Akupunktur oder Arzneimitteltherapie eingesetzt. Die Behandlung mit TCM schliesst eine Beratung der Lebensführung mit ein. Diese kann ein allfälliges Fehlverhalten aufdecken und mögliche Korrekturen aufzeigen. sacam, © Dr. med. Brigitte Ausfeld-Hafter, 2013 Qi Gong, Tai Ji Quan Qi Gong und Tai Ji sind Gesundheitsübungen, welche eine Kombination aus Gymnastik, Meditation und einer speziellen Atemtechnik darstellen. Dabei wird das Qi im Körper in Fluss gehalten. Massage (Tui Na, An Mo) Die Akupunkturpunkte und Meridiane lassen sich auch durch Drücken, Kreisen, Schieben und Greifen stimulieren. sacam, © Dr. med. Brigitte Ausfeld-Hafter, 2013