Skriptum FISCHKRANKHEITEN Elisabeth Licek/Oliver Hochwartner WORAN ERKENNT MAN KRANKE FISCHE? • • • • Änderungen im Verhalten und der Körperhaltung schlechter Ernährungszustand Beurteilung der Atmung äußerlich erkennbare Veränderungen Körperhaltung und Verhalten normal: waagrecht und zielgerichtet Lebensraum nutzend prompte Reaktion auf Futter Verhaltensänderungen: Apathie, Teilnahmslosigkeit, Absondern vom Schwarm, Randstehen Stehen an Zulauf/Wasseroberfläche Bewegungsänderungen: Taumeln, Drehen, „Blitzen“, Schießen, Scheuern Lageänderungen: Seiten-/Rückenlage , Liegen am Boden, Kopfstehen Ernährungszustand Beurteilung von Rückenmuskulatur , Verhältnis Kopf/Körper , Augen Atmung Frequenz und Tiefe: Kiemendeckelbewegung verlangsamt/schwach: Erschöpfung beschleunigt/pumpend: Sauerstoffmangel →Notatmung Erstickungsstellung Äußerlich erkennbare Veränderungen Körperform Kopf/Augen/Maul Haut/Flossen After Umweltbedingte und ernährungsbedingte Erkrankungen der Fische Einfluss der Umwelt • Ammoniakvergiftung Ammoniak wirkt bei akuter Exposition neurotoxisch, bei chronischer Einwirkung entstehen Kiemenschäden bis zur Kiemennekrose. Ist der pH-Wert des Wassers höher als im Blut wird die Ausscheidung von Ammoniak verhindert und es kommt zur Autointoxikation. Ursachen: Überangebot an eiweißreichem Futter; hohe Fischdichten, organische Belastung des Wassers • Respiratorische Alkalose übermäßiges Abatmen von Kohlendioxid CO2 durch Hyperventilation und Anstieg des Blut-pHWert über den Normalwert (> 7,8) • Respiratorische Azidose bei Überschuss von Kohlendioxid im Wasser kommt es durch Einschränkung der Abatmung von CO2 zur Übersäuerung des Blutes (pH-Wert < 7,8) und zu Atemnot. • Säurekrankheit ausgelöst durch zu niedrigen pH-Wert des Wassers; artspezifisch unterschiedlich kritische Werte (Salm. < 4,8; Cyp. < 5,5) Symptome: Fische springen, hängen an der Wasseroberfläche, Liegen am Boden wechselt mit Umherschießen, Haut und Kiemen sind stark verschleimt, Kiemen braun verfärbt bzw. mit braunem Belag, Kiemennekrosen. • Laugenkrankheit ausgelöst durch zu hohen pH-Wert des Wassers; artspezifisch unterschiedliche Grenzwerte (Salm. > 8,8; Cyp. > 10,0) Symptome: Haut- und Flossenschäden, Kiemenschäden. • Gasblasenkrankheit ausgelöst durch eine Gesamt-Gasübersättigung des Wassers. Bei zu raschem Druckabfall nach Aufenthalt in einem Milieu mit hohem Gasdruck wird der im Blut und Gewebe gelöste Stickstoff in Bläschenform frei und führt zu Gasembolien und Gewebeschäden. Salmoniden empfindlicher als Cypriniden; Jungfische empfindlicher als Adulti. Zur Gasübersättigungen führen u.a. gasübersättigte Quellen oder Grundwässer, rasche Erwärmung des Wassers, Umsetzen von Fischen nach Transporten in höher temperierte Teiche ohne entsprechende Anpassungszeit; hohe Photosyntheseaktivität bei gleichzeitiger Erwärmung des Teichwassers Symptome: auffälligstes Symptome sind Gasbläschen unter der Haut (v.a. im Bereich der Kiemendeckel), im Flossengewebe, in den Augen, im Gaumenbereich, im Bauchfell, in den Blutgefäßen; Exophthalmus, meist einseitig, mitunter Augenverlust; Schwimmblasentympanie Therapie und Prophylaxe: beheben der verursachenden Faktoren • Sauerstoffmangel: absoluter Mangel: der Gehalt von im Wasser gelösten Sauerstoff ist für Fische zu gering. Der Sauerstoffbedarf ist artspezifisch unterschiedlich: der untere einschränkende Bereich beginnt für Karpfen bei < 4,9 mg/l, der für Salmoniden bei < 6,9 mg/l. Sofortmaßnahmen: Zulauf verstärken, Belüften, nach Möglichkeit Besatz ausdünnen, Ursachen erkennen und beseitigen. relativer Mangel: Behinderung der Sauerstoffaufnahme durch Funktionsstörungen der Kiemen Einfluss der Ernährung • Energiemangelsyndrom der Karpfen durch Fütterungsfehler verursachter Energiemangel; tritt bevorzugt im Frühjahr auf Symptome: Gleichgewichtsstörungen, Apathie, Stehen in Bodennähe, Glotzaugen, Ascites; erhöhte Anfälligkeit für Stress und Krankheiten; ein Gesamtkörper-Fettgehalt <1% führt zum Tod der Fische. Prophylaxe: optimale Versorgung mit Fetten und essentiellen Fettsäuren im Herbst und Frühjahr sowie bei Mangel an Naturnahrung auch im Sommer. • Hypervitaminose Überdosierung von Vitaminen; v.a. fettlösliche Vitamine (A, D, E, K); bei Fischen von untergeordneter Bedeutung. • Hypovitaminose leichte Form des Vitaminmangels (hochgradige Form: Avitaminose); Symptome durch Zufuhr des fehlenden Vitamins meist reversibel. I.d.R. unspezifische Symptome wie z.B. Wachstumsdepression, Skelettdeformationen, Blutarmut • Lipoide Leberdegeneration entsteht durch durch Ablagerung von Fett in den Leberzellen, v.a. bei Salmoniden auftretend Symptome: Leberverfärbung von ockerfarben über gelb bis weiß; die Ränder des Organs sind stumpf. Therapie: Reduktion der verabreichten Menge bzw. des Fettgehaltes des Futters; eine Heilung ist nur im Anfangsstadium dieser Krankheit möglich. • Nephrokalzinose Kalkablagerungen im hinteren Abschnitt der Rumpfniere v.a. bei Regenbogenforellen in Intensivhaltung; multifaktorielles Syndrom Symptome: weiße, harte Knötchen in der Niere; Appetitlosikeit, Glotzaugen, Anämie, Ascites; verursacht meist nur geringe Verluste. Maßnahmen: Verbesserung der Haltungsbedingungen. SYSTEMATIK FISCHPATHOGENER BAKTERIEN Auswahl ________________________________________________________________________________ Gattung Art ________________________________________________________________________________ Cytophagaceae Flavobacterium F. psychrophila F. columnare Pseudomonadaceae Pseudomonas Ps. fluorescens Ps. anguilliseptica Ps. spp. Enterobacteriaceae Edwardsiella E. tarda E. ictaluri Vibrionaceae Yersinia Y. ruckeri Vibrio V. anguillarum V. salmonicida V. spp. Aeromonas A. hydrophila A. sobria A. salmonicida Pasteurellaceae Pasteurella P. piscicida Mycobacteriaceae Mycobacterium M. fortuitum M. marinum Nocardiaceae Nocardia N. asteroides Streptococcaceae Streptococcus Str. faecalis Str. spp. Bacillaceae Clostridium Cl. botulinum Micrococcaceae Renibacterium R. salmoninarum ERYTHRODERMATITIS (Geschwürkrankheit, Fleckenseuche) ERREGER Aeromonas hydrophila, A. sobria, (A. salmonicida ?); Pseudomonas spp. WIRTE Karpfen verursachen auch bei anderen Fischarten (z.B. Schleie, Hecht, pflanzenfressende Cypriniden) Krankheiten: sog. Fleckenseuchen SYMPTOME Blutungen oder diffuse Rötung der Haut; oberflächliche bis tiefreichende Geschwüre; häufig sekundäre Verpilzung VERLAUF subakut bis chronisch ÜBERTRAGUNG fakultativ pathogene ubiquitäre Wasserbakterien die meist im Sinne einer Sekundärinfektion den Fisch schädigen INFEKTIONSQUELLE erkrankte Fische, hohe Keimdichte des Wassers, infizierte Futterfische DIAGNOSE Isolierung in der Kultur und biochemische Identifizierung; Erstellen eines Antibiogrammes PROPHYLAXE Expositionsprophylaxe Dispositionsprophylaxe Schutzimpfung THERAPIE FAM KIEMENNEKROSE (Kiemenfäule) ERREGER Branchiomyces sp. SYMPTOME starke Verschleimung der Kiemen; Kiemennekrose (“fleckige” Kiemen) DIAGNOSE bakterioskopische Untersuchung (zum Ausschluss einer Besiedlung mit Myxobakterien) und parasitologische Untersuchung (zum Ausschluss einer Parasitose) Wasseruntersuchung: pH-Wert/Ammoniumgehalt PROPHYLAXE Vermeiden überhöhter pH-Werte und Ammonium-Anreicherung durch Fütterung bzw. teichwirtschaftlicher Maßnahmen THERAPIE Bekämpfung der begünstigenden Faktoren ”M Y X O B A K T E R I O S E N” SATTELKRANKHEIT, KALTWASSERKRANKHEIT, KIEMENSCHWELLUNG ERREGER Flavobacterium columnare; F. psychrophila WIRTE verschiedene Salmonidenarten SYMPTOME Haut/Flossen: Kiemen: VERLAUF Hauttrübung, helle Pünktchen, flächenförmige z.T. nicht entzündliche Hautablösungen, Flossenhautzerreißungen, Einschmelzung der Flossen (bei Kaltwasserkrankheit beginnen die Gewebszerstörungen meist am Schwanzstiel) Kiementrübung, Verschleimung, Kiemenschwellung: „dicker Kopf“ akut bis chronisch ÜBERTRAGUNG ubiquitäre Wasserbakterien: Faktorenkrankheit INFEKTIONSQUELLE erkrankte Fische, hohe Keimdichte des Wassers, eiweißhältige Rückstände in den Fischbecken DIAGNOSE Abstrichfärbung mit Methylenblau; kulturelle Isolierung /PCR PROPHYLAXE Expositionsprophylaxe Dispositionsprophylaxe THERAPIE Chemotherapie in Form von Bädern oder FAM RAINBOW TROUT FRY SYNDROME (RTFS) ERREGER Flavobacterium psychrophila WIRTE bevorzugt Regenbogenforellen Brütlinge von 0,2 g bis 8 g KG SYMPTOME taumelnde Schwimmbewegung, Dunkelfärbung, Auftreibung des Abdomens, Glotzaugen, aus dem After hängen weiße Kotfäden Anämie der Kiemen, u.U. Schwellung und Blutungen VERLAUF akut ÜBERTRAGUNG ubiquitäre Wasserbakterien: Faktorenkrankheit INFEKTIONSQUELLE kontaminierte Eier, erkrankte Fische, hohe Keimdichte des Wassers, eiweißhältige und Kalk-Rückstände in den Fischbecken DIAGNOSE Abstrichfärbung mit Methylenblau; kulturelle Isolierung /PCR PROPHYLAXE Expositionsprophylaxe Dispositionspropylaxe THERAPIE FAM FURUNKULOSE ERREGER Aeromonas salmonicida spp. WIRTE verschiedene Salmonidenarten, v.a. Bachforellen und Saiblinge SYMPTOME Trägheit; Dunkelfärbung; Blutungen in der Haut und an den Flossenbasen; abszeßartige Hautgeschwüre; Blutungen in den Kiemen, der Muskulatur und den Innenorganen; Darmentzündung (Symptome von der Verlaufsform abhängig!); bei Brütlingen kann Furunkulose symptomlos verlaufen VERLAUF akut bis chronisch (Auftreten begünstigt durch hohe Wassertemperaturen und Sauerstoffmangel) ÜBERTRAGUNG horizontal; über das Wasser INFEKTIONSQUELLE erkrankte bzw. keimtragende Fische DIAGNOSE Isolierung in der Kultur und biochemische Identifizierung; Erstellen eines Antibiogrammes PROPHYLAXE Expositions-/Dispositionsprophylaxe Schutzimpfung THERAPIE FAM Enteric redmouth disease ROTMAULKRANKHEIT ERREGER Yersinia ruckeri WIRTE verschiedene Salmonidenarten (in Österreich vor allem Regenbogenforellen) SYMPTOME Trägheit; Dunkelfärbung; Rötungen im Kopfbereich (vor allem Maul); an den Flossenbasen; Darmentzündung; Blutungen vor allem im Enddarm VERLAUF überwiegend akut ÜBERTRAGUNG horizontal; über das Wasser INFEKTIONSQUELLE kranke bzw. symptomfreie, keimtragende Fische DIAGNOSE Isolierung in der Kultur und biochemische Identifizierung; Erstellen eines Antibiogrammes PROPHYLAXE Expositions-/Dispositionsprophylaxe; Schutzimpfung THERAPIE FAM BAKTERIELLE NIERENKRANKHEIT (BKD) ERREGER Renibacterium salmoninarum (gram-positiv) WIRTE verschiedene Salmonidenarten SYMPTOME Linsentrübung, Verlust eines oder beider Augen, Dunkelfärbung, Beulen- bzw. Geschwürbildung allgemeine Anämie, Schwellung der parenchymatösen Organe, Graufärbung/Granulombildung in der Niere, Ausbildung von Pseudomembranen VERLAUF vorwiegend chronisch ÜBERTRAGUNG horizontal von Fisch zu Fisch vertikal über Eier infizierter Fische DIAGNOSE Gramfärbung; kulturelle Isolierung schwierig und langwierig PROPHYLAXE Expositionsprophylaxe THERAPIE Chemotherapie nicht erfolgreich Bei Knochenfischen vorkommende Viren Hauptcharakteristika Virusfamilie ds-DNS, behüllt Herpesviridae ds-DNS, unbehüllt Iridoviridae Adenoviridae es-RNS, unbehüllt Caliciviridae es-RNS, behüllt Rhabdoviridae Orthomyxoviridae Retroviridae ds-RNS, unbehüllt Birnaviridae Reoviridae FRÜHJAHRSVIRÄMIE DER KARPFEN - SVC _____________________________________________________________________ ERREGER SVC-Virus (Rhabdovirus vom Vesiculotyp) WIRTE verschiedene Cyprinidenarten (Karpfen, Karauschen, Goldfisch, Schleie, Graskarpfen, Silberkarpfen); Wels alle Altersklassen SYMPTOME Glotzaugen; Haut- und Flossenblutungen; allgemeine Ödemisierung; petechiale Blutung in Muskulatur und Schwimmblasenwand VERLAUF überwiegend akut vor allem im Frühjahr bei Temperaturen < 15 °C ÜBERTRAGUNG horizontal über das Wasser und Parasiten (Karpfenlaus, Fischegel) als Vektoren INKUBATIONSZEIT > 7 Tage INFEKTIONSQUELLE Ausscheider (klinisch erkrankte oder latent infizierte Fische) DIAGNOSE Virusnachweis: Isolierung (Zellkultur) Identifizierung (ELISA); PCR PROPHYLAXE Expositions-/Dispositionsprophylaxe THERAPIE keine KOIHERPESVIRUS-INFEKTION (KHV-I) ERREGER Cyprines Herpes Virus -3 (CyHV-3) WIRTE Koi (Buntkarpfen), Karpfen KLINIK starke Schleimbildung von Haut und Kiemen; „raue Haut“; Kiemenschwellung und –nekrosen VERLAUF akut; Mortalität 80-100% ÜBERTRAGUNG horizontal - über das Wasser INFEKTIONSQUELLE erkrankte Fische; Carrier DIAGNOSE PCR PROPHYLAXE Expositionsprophylaxe/Dispositionsprophylaxe THERAPIE keine SVC Symptomatik KHV Symptomatik INFEKTIÖSE PANKREASNEKROSE - IPN ____________________________________________________________________ ERREGER IPN-Virus (Aquabirnavirus) WIRTE verschiedene Salmonidenarten (Regenbogenforelle, Bachforelle, Bachsaibling, Atlantischer Lachs, Pazifische Lachse) Jungfische (Brütlinge / Setzlinge) SYMPTOME Dunkelfärbung; Glotzaugen; Blutungen in der Haut und in den Flossen; Auftreibung der Leibeshöhle VERLAUF akut bis subakut kritische Temperatur ∼ 10 °C ÜBERTRAGUNG horizontal und vertikal INKUBATIONSZEIT 5 bis 10 Tage INFEKTIONSQUELLE Ausscheider (vor allem adulte Viruscarrier aber auch latent infizierte Nicht-Salmoniden); aquatische Wirbellose, die ein ständiges Virusreservoir darstellen DIAGNOSE Isolierung (Zellkultur) und Identifizierung (ELISA); PCR PROPHYLAXE Expositionsprophylaxe: Eidesinfektion nicht ausreichend Dispositionsprophylaxe THERAPIE keine VHS (Virale Hämorrhagische Septikämie) ERREGER VHS-Virus (Rhabdoviridae) WIRTE Regenbogenforelle, div. Pazif. Lachse, „Forelle“ (S.trutta), Äsche, Coregonen, Hecht; div. Meeresfische SYMPTOME äußerlich: Lethargie; Freßunlust; Dunkelfärbung; Glotzaugen; Blutungen in der Haut und an den Flossenansätzen; blasse Kiemen VERLAUF akute, chronische und nervöse Verlaufsform bei Temperaturen < 4 °C und > 14 °C latente Infektion möglich ÜBERTRAGUNG horizontal von Fisch zu Fisch über das Wasser, über Geräte und Personal Vorsicht vor sog. durchseuchten Fischen INKUBATIONSZEIT INFEKTIONSQUELLE DIAGNOSE PROPHYLAXE THERAPIE temperaturabhängig: bei 8 °C 4 bis 7 Tage erkrankte Fische und Ausscheider (nach überstandener VHS, nach inapparenter oder bei latenter Infektion) Virusnachweis im Labor Expositionsprophylaxe (allgemeine Hygienemaßnahmen und laufende Desinfektion; Desinfektion zugekaufter Eier mit Jodophoren) keine Für den Menschen ist VHS ungefährlich. IHN (Infektiöse Hämatopoetische Nekrose) ERREGER IHN-Virus (Rhabdoviridae) WIRTE Regenbogenforelle, Atlant. Lachs, Pazifische Lachse SYMPTOME äußerlich: Lethargie bzw. Hyperaktivität; Freßunlust; Dunkelfärbung; Glotzaugen; Petechien in der Haut; Kiemenblässe VERLAUF überwiegend akut bei Temperaturen < 10 °C chronische, bei Temperaturen > 15 °C latente Infektionen möglich ÜBERTRAGUNG INKUBATIONSZEIT INFEKTIONSQUELLE DIAGNOSE PROPHYLAXE THERAPIE horizontal von Fisch zu Fisch über das Wasser; über Geräte und Personal Vorsicht vor latent infizierten Fischen, die keine Symptome zeigen > 7 Tage erkrankte Fische sowie Ausscheider (periodisch nach überstandener IHN, nach inapparenter oder bei latenter Infektion) Virusnachweis im Labor Expositionsprophylaxe (allgemeine Hygienemaßnahmen und laufende Desinfektion; Desinfektion zugekaufter Eier mit Jodophoren keine Für den Menschen ist IHN ungefährlich. Symptome bei VHS/IHN/IPN ISA (Infektiöse Anämie der Salmoniden) ERREGER ISA-Virus (Orthomyxoviridae) WIRTE Atlantischer Lachs, Forelle (Salmo trutta), Regenbogenforelle SYMPTOME Atlantischer Lachs - äußerlich: Lethargie; „Senkrechtsteher“; Hautblutungen; Schuppenödeme; Glotzaugen; Blutungen im Auge; blasse Kiemen andere empfängliche Fischarten – nach erfolgter Infektion kommt es zu keiner Krankheit VERLAUF beim Atlant. Lachs kann die Krankheit akut verlaufen ÜBERTRAGUNG horizontal von Fisch zu Fisch über das Wasser, über Geräte und Personal INKUBATIONSZEIT INFEKTIONSQUELLE DIAGNOSE PROPHYLAXE THERAPIE 1 Woche bis 6 Monate, langsame Weiterverbreitung der Infektion erkrankte Fische und Ausscheider (nach überstandener ISA, nach inapparenter oder bei latenter Infektion) Virusnachweis im Labor Expositionsprophylaxe (allgemeine Hygienemaßnahmen und laufende Desinfektion; Desinfektion zugekaufter Eier mit Jodophoren) keine Für den Menschen ist ISA ungefährlich. „PILZE“ ALS KRANKHEITSERREGER Befall mit SAPROLEGNIA-Arten Diese externe Mykose ist bereits mit freiem Auge zu erkennen, da sich der Pilzbefall, vor allem wenn die Fische im Wasser schwimmen, als wattebauschähnlicher Belag zu erkennen gibt. Nimmt man die Fische aus dem Wasser, fällt der weiße Flaum meist zu einem grauen Belag zusammen. Vor allem der sog. Wasserschimmel, wie die Saprolegnia-Arten vom Laien bezeichnet werden, ruft die beschriebenen Erscheinungen hervor. Eine ausschließliche Bekämpfung des Pilzes ist nicht zielführend, da dieser meist als sekundär gewertet werden muss. Ursachen für WasserschimmelBefall können mechanische Verletzungen der Schleimschicht der Fische, z.B. durch Manipulieren mit trockenen Händen, Herausfangen oder Transport sein, aber auch Parasiten- und Bakterienbefall zieht oft eine Verpilzung nach sich. Hier muss vor allem die Primärursache beseitigt werden. PROTOZOEN ALS KRANKHEITSERREGER Neben freilebenden Protozoen gibt es solche, die als Kommensalen den Fisch als Anheftungssubstrat oder für den Transport benützen oder als pathogene Parasiten auf den Fisch angewiesen sind. Viele dieser sowohl ekto- als auch endoparasitisch lebenden Arten entfalten ihre Schadwirkung erst im Gefolge vorbestehender Krankheiten oder bei Belastung durch ungünstige Umweltfaktoren und werden dann als Schwächeparasiten bezeichnet. Fast alle Einzeller lassen sich mittels ungefärbter Abstrich- oder Quetschpräparate mikroskopisch gut nachweisen. „FLAGELLATEN“ Ichthyobodo necator (kleiner bohnenförmiger Hauttrüber): Stamm: Sarcomastigophora Dieser Parasit ist besser bekannt unter seiner früheren Bezeichnung „Costia“. Er ist ein kleiner Hautparasit, ca. 10 bis 20 µ, der auch auf den Kiemen zu finden ist und zwei Geißeln besitzt. Die am Fisch haftenden Parasiten sind von tropfenförmiger Gestalt. Sie entsenden Fortsätze in die Fischzellen und entnehmen dort ihre Nahrung. Die Fortpflanzung erfolgt durch Zweiteilung, wobei Tiere kurz vor der Teilung vier Geißeln aufweisen. Symptome: stark befallene Fische erscheinen bläulich-weiß (Hauttrübung); sekundär kann es zu Verpilzungen kommen. CILIOPHORA Trichodina sp. gehört zu den Wimpertierchen und befällt Haut und Kiemen, Trichodina ist ein klassischer Schwächeparasit. Seine Größe beträgt ~ 50 µ und die Vermehrung erfolgt durch Zweiteilung. Einzelne Exemplare, die immer wieder auf Fischen anzutreffen sind, sind ungefährlich. Bei starkem Befall muss die Ursache für das Überhandnehmen von Trichodina gefunden und beseitigt werden. Symptome: Haut- und Kiementrübung; Atemnot Diagnose: mikroskopische Untersuchung von Haut- und Kiemenabstrichen Chilodonella sp. (großer herzförmiger Hauttrüber) Auch dieses Wimpertierchen ist ein ausgesprochener Schwächeparasit und ruft die bei Trichodina beschriebenen Symptome hervor. Chilodonella ist 50 bis 60 µ lang und besitzt auf der Unterseite links und rechts je ein Wimpernfeld aus mehreren Cilienreihen. Vermehrung durch Zweiteilung. Im Kalt- und Warmwasseraquarium kommen verschiedene Arten vor. Unter ungünstigen Lebensbedingungen kann Chilodonella Cysten bilden und so längere Zeit ohne Fisch überleben. Symptome: siehe Trichodina sp. Diagnose: mikroskopische Untersuchung von Haut- und Kiemenabstrichen Ichthyophthirius multifiliis ist der Erreger der sog. Grieskörnchenkrankheit. Darunter ist der Befall von Haut und Kiemen mit Ichthyophthirius multifiliis zu verstehen. Adulte sind mit bis zu 1 mm für Einzeller sehr groß. Neben seiner Größe erleichtert die typisch gebogene Gestalt des Zellkerns die systematische Zuordnung. Ichthyophthirius weist eine komplizierte Entwicklung über ein Boden- und Schwärmstadium auf. Die reifen Parasiten (Trophonten) sitzen an der Basis der Oberhaut und sind durch die darüberliegenden Hautzellschichten gut geschützt. Um sich zu vermehren, bohren sie sich durch die Haut nach außen und bilden am Grunde des Gewässers Zysten, in denen durch Vielfachteilung bis zu 1000 Schwärmer (Theronten) entstehen. Diese sind so wie der Trophont bewimpert, jedoch birnenförmig und suchen aktiv einen Wirt auf, den sie innerhalb von 55 Stunden finden müssen und bohren sich wieder in die Oberhaut ein, um zu Trophonten heranzuwachsen. I. multifiliis ernährt sich von Gewebe und Körperflüssigkeiten. Die Dauer des Entwicklungszyklus ist temperaturabhängig, wobei höhere Temperaturen eine raschere Reifung der Adulten gewährleisten. Da diese Parasiten nicht der Epidermis aufsitzen und sich weiters Zysten oder Schwärmer im Teich befinden, ist die Bekämpfung nicht ganz einfach. aus Mehlhorn/Schmahl: Gesndheit für Zierfische (1992) Symptome: kleine weiße Pünktchen am Körper, bei Befall der Kiemen auch Atemnot Diagnose: Nachweis der Trophonten (Adulte I.) und Theronten (Schwärmer) bei mikroskopischer Betrachtung von Haut- und Kiemenabstrichen. COCCIDIA Goussia carpelli (Enteritiskokzidiose) und G. subepithelialis (Knötchenkokzidiose). Vor allem G. carpelli kommt bei Karpfenbrut häufig vor. Symptome: Darmentzündung, Durchfall, Abmagerung Diagnose: mikroskopische Untersuchung eines Darmabstriches MYXOZOA Die Drehkrankheit der Salmoniden, hervorgerufen durch Myxobolus cerebralis, spielt vor allem in Naturteichen eine Rolle. Die Sporen des Erregers überleben lange im Teichschlamm und machen in Schlammröhrenwürmern eine ungeschlechtliche und geschlechtliche Vermehrung durch, die mit einer Sporenbildung endet. Diese Sporen gelangen wieder ins Wasser und dringen in die Haut der Fischbrütlinge ein. Sie gelangen ins Nervengewebe und in die Knorpelzellen von Schädel und Wirbelsäule. Empfänglich ist Forellenbrut bis zu einer Länge von 7 cm. Symptome: unkoordinierte Bewegungen („Schwanzjagen“); als Spätfolgen Mopsköpfigkeit, Verkürzung der Kiemendeckel, Verbiegungen der Wirbelsäule und partielle Schwarzfärbung. METAZOEN ALS KRANKHEITSERREGER Nicht nur Einzellern kommen als Fischparasiten Bedeutung zu, auch Vielzeller wie Saugwürmer, Bandwürmer, Kratzer, Fadenwürmer, Egel und fischparasitäre Krebse, wie z.B. die Karpfenlaus (Argulus), der Kiemenkrebs (Ergasilus) und der Ankerwurm (Lernea) spielen als Fischparasiten eine Rolle. MONOGENEA Gyrodactylus sp. Dactylogyrus sp. Gyrodactylus sp. Hautwürmer, die durch den Besitz eines Saugnapfes am Vorderende und eines Haftapparates aus Zentral- und Randhaken ausgezeichnet sind. Sie besitzen ein zweizipfeliges Vorderende und leben ektoparasitisch auf Haut und Kiemen. Gyrodactylus-Arten werden bis zu 1 mm lang und sind lebendgebärende Zwitter. Auch sie zählen bei den Fischen zu den Schwächeparasiten. Symptome: Hauttrübung, vermehrte Schleimbildung, kleinfleckige Blutungen, durch Atemnot abgespreizte Kiemendeckel und Luftschnappen Diagnose: mikroskopische Betrachtung von Haut- und Kiemenabstrichen, bei Fischen in schlechtem Erhaltungszustand ist oft nur mehr der Hakenapparat bzw. die zwei großen Zentralhaken erkennbar Dactylogyrus sp. Dieser Kiemenwurm besitzt ein vierzipfeliges Vorderende und vier schwarze Augenpunkte. Dactylogyrus legt Eier, aus denen eine freischwimmende Flimmerlarve (Oncomiracidium) schlüpft. TREMATODA entwickeln sich über Zwischenwirte. Erster Zwischenwirt ist eine Wasserschnecke; die aus der Wasserschnecke freiwerdenden Gabelschwanzcercarien befallen den Fisch, wo die Metacercarien z.B. Wurmstar oder Schwarzfleckenkrankheit verursachen können. Diese Metacercarien können sich nur in einem geeigneten Endwirt (Wasservogel) fertig entwickeln. Bei manchen Trematoden ist der Fisch Endwirt; sie parasitieren im Darm oder im Blut (Blutwurmkrankheit). CESTODA Nelkenkopfbandwürmer sind unsegmentierte Darmparasiten mit einer eigentümlichen Kopfform („Gewürznelke“). Zwischenwirt sind Schlammröhrenwürmer. Der Fisch ist Endwirt. Bothriocephalus sp., ein gegliederter Bandwurm mit herzförmigem Vorderende, wurde durch ostasiatische pflanzenfressende Fische eingeschleppt. Zwischenwirt sind Kleinkrebse. Der Fisch ist Endwirt. Bei manchen Bandwürmern existieren zwei Zwischenwirte: beim Hechtbandwurm ist der Zyklus Kleinkrebs → Fisch → Hecht als Endwirt. Beim Riemenwurm z.B ist der Fisch zweiter Zwischenwirt und der Endwirt ein Wasservogel. ACANTHOCEPHALA Das Kennzeichen der Kratzwürmer ist der hakenbesetzte Rüssel. Alle bei Fischen vorkommende Kratzer entwickeln sich über Zwischenwirte, wie z.B. Flohkrebse oder Wasserasseln. Der Fisch ist Endwirt, wobei in der Entwicklung auch sog. Stapelwirte aufscheinen können. Kratzer leben im Darm und schädigen durch Nahrungsentzug; gelegentlich ist auch eine Perforation der Darmwand möglich. NEMATODA spielen bei unseren Nutzfischen eine geringe Rolle. Bekannt ist Philometroides lusii in den Schuppentaschen von Fischen und die Schwimmblasenwürmen Cystidicola farionis und Anguillicola crassus. Auch bei diesen Parasiten spielen Kleinkrebse als Zwischenwirte eine Rolle. HIRUDINEA Zu den Egeln zählt der Fischegel, Piscicola geometra. Mit je einem Saugnapf am Vorder- und Hinterende. Fischegel ernähren sich von Blut und können dabei Krankheitserreger von Fisch zu Fisch übertragen. Die Eier werden in Kokons im Wasser abgelegt; die daraus schlüpfenden Egel befallen bevorzugt Jungfische. Die Saugstellen sind oft Ursache für sekundären Pilz- oder Bakterienbefall. Diagnose: mit freiem Auge erkennbar CRUSTACEA Der Kiemenkrebs, Ergasilus sieboldii, befällt die Kiemen verschiedener Fischarten und hält sich dort mit Klammerhaken fest. Parasitisch lebt jedoch nur das Weibchen. Aus den Eiern entwickeln sich freischwimmende Larvenstadien, die Nauplien. Symptome: Anämie der Kiemen, Atemnot Diagnose: mit bloßem Auge oder mit der Lupe erkennbar Auch beim Ankerwurm, Lernea sp., ist nur das Weibchen parasitisch. Die stabförmigen Krebse besitzen vier Kopfhörner, mit denen sie sich in der Muskulatur verankern und wie Grashalme unter den Schuppen vorragen. Die Entwicklung vollzieht sich über mehrere Larvenstadien. Symptome: punktförmige Blutungen nach Abfall der Krebse; sekundär Geschwürsbildung und Verpilzung Diagnose: mit bloßem Auge erkennbar Die Karpfenlaus, Argulus foliaceus, sind Blutsauger, die sich mit zwei Saugnäpfen am Fisch anheften. Ihre Eier legen sie an Wasserpflanzen und Steinen ab; die Entwicklung beinhaltet mehrere Larvenstadien, die auch bereits Fische befallen können. Wie der Fischegel kann die Karpfenlaus durch Stechen und Blutsaugen Krankheitserreger von Fisch zu Fisch übertragen. Die Stichwunden sind Eintrittsstelle für Bakterien. Diagnose: mit bloßem Auge oder mit der Lupe erkennbar: da sie durchscheinend sind, erkennt man sie vor allem an den dunklen Augenpunkten oder wenn sie sich bewegen. Myxobolus cerebralis Ichthyobodo (Costia) necator Trichodina spp. Chilodonella cyprini Ichthyophthirius multifiliis Gyrodactylus spp. Dactylogyrus spp. Entwicklungszyklus eines Saugwurmes Beispiel: Sanguinicola sp. Caryophyllaeus spp. Bothriocephalus acheilognathi Entwicklungszyklus eines Bandwurmes Beispiel: Hechtbandwurm (Triaenophorus sp.) Metechinorhynchus truttae Entwicklungszyklus eines Kratzers (Acanthocephala) Metechinorhynchus sp. Neoechinorhynchus sp. Piscicola geometra Pomphorhynchus sp. Argulus foliaceus Ergasilus sieboldi Lernaea spp. Mittel und Verfahren für die Durchführung der Desinfektion in der Aquakultur I. Allgemeines und Definitionen Reinigung: möglichst vollständige Beseitigung von organischem Material wie Schmutz, Kot, Blut, Schleim und Fett aus den Haltungseinheiten und von allen Gegenständen und Geräten, die mit Fischen Kontakt hatten, damit die nachfolgende Desinfektion ohne Wirkungsverlust (z.B. durch Eiweißfehler) durchgeführt werden kann. Desinfektion: Maßnahme zur gezielten Eliminierung unerwünschter Mikroorganismen mit dem Zweck, ihre Übertragung zu verhindern. Die Desinfektion hat sich auf Haltungseinrichtungen, Gegenstände, Geräte und Bekleidung zu erstrecken, die mit infektiösem Agens in Berührung gekommen sind. laufende Desinfektion: umfasst die kontinuierlich durchzuführende Desinfektion der Geräte, Behälter und Stiefel, sowie das Auflegen von Desinfektionsmatten an den Ein- und Ausgängen der Fischzuchtanlage. Ein Desinfektionsverfahren umfasst immer Reinigung und Desinfektion, jeweils mit abschließendem Spülgang. II. Reinigung Die Reinigung wird zweckmäßigerweise mit heißem Wasser, meist unter Zusatz von Reinigungsmitteln (z.B. 3 kg Soda (Na2CO3) oder 3 kg Schmierseife auf 100 l Wasser), mittels Bürsten, Besen, Hochdruckreiniger oder Dampfstrahler durchgeführt. Mit besonderer Sorgfalt sind Ecken, Fugen, Spalten, Risse und Löcher zu reinigen. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ist der Reinigungslösung je nach Kältegrad Auftausalz (Kochsalz) beizumischen, um ein Gefrieren auf den zu reinigenden Flächen zu verhindern. Die Reinigung ist abgeschlossen wenn sich im ablaufenden Spülwasser keine Schmutzteilchen mehr befinden. Danach müssen die Oberflächen gründlich abtrocknen. Personen haben die Hände intensiv zu waschen, Kleidung und Schuhwerk sind gründlich zu reinigen und anschließend zu desinfizieren. III. Desinfektion Grundsätzlich ist zwischen physikalischen und chemischen Verfahren zu unterscheiden. 1. physikalische Verfahren 1.1 Austrocknung Austrocknung und UV-Licht-Einwirkung können bei Behältern, Geräten und Haltungseinheiten aus Beton, Metall oder Kunststoff angewendet werden. Bei Naturteichen sollte der Boden 3 Monate bei Temperaturen > 18 °C trocken liegen. 1.2 Thermische Verfahren Hitzeeinwirkung ist eine effektive Desinfektionsmöglichkeit bei Fischviren. Feuchte Hitze ist wirksamer als trockene Hitze. Wichtig ist, dass die für die Abtötung notwendige Temperatur tatsächlich die Mikroorganismen erreicht. Bei feuchter Hitze von 60 °C sind alle Krankheitserreger der Fische nach 30 Minuten abgetötet. Durch Dampfstrahlgeräte wird eine desinfizierende Wirkung nicht erreicht, da sich die Dampftemperatur am Objekt sehr schnell der Umgebungstemperatur anpasst. 2. Chemische Verfahren Die chemische Desinfektion bedient sich einer Vielzahl chemischer Verbindungen und Substanzen, um unerwünschte Mikroorganismen zu vernichten. Ihre Wirksamkeit ist abhängig von der Art des verwendeten Desinfektionsmittels, von der Genauigkeit der Durchführung der Desinfektionsarbeit und von der Beachtung einiger die Desinfektionswirkung beeinflussender Faktoren. 2.1 Zu beachtende Faktoren 2.1.1 Einwirkzeit Für jedes Desinfektionsmittel ist eine Mindesteinwirkzeit, die zur Desinfektionserfolges unbedingt eingehalten werden muss, vorgeschrieben. Erreichung des 2.1.2 Temperatur und Kältefehler Bei hohen Temperaturen läuft der Desinfektionsprozess in der Regel schneller ab als bei niedrigen Temperaturen. Allgemein gilt, dass bei 10 °C doppelt so lange Einwirkzeiten notwendig sind als bei 20 °C, wobei das unterschiedliche Temperaturenverhalten der verschiedenen Wirkstoffe im Einzelfall berücksichtigt werden muss. Ausschlaggebend ist immer die Temperatur der Desinfektionsmittellösung während des Kontaktes mit dem zu desinfizierenden Material. Bei Temperaturen unter 15 °C ist insbesondere bei Desinfektionsmitteln auf Basis von Aldehyden der so genannte Kältefehler zu beachten: eine vollständige Wirksamkeit ist nicht mehr gegeben. Ist eine Desinfektion bei Temperaturen um oder unter dem Gefrierpunkt durchzuführen, sind nur die für diesen Anwendungsbereich geeigneten Produkte zu verwenden. 2.1.3 Konzentration und Eiweißfehler Es bestehen bestimmte Beziehungen zwischen Einwirkungszeit, Temperatur und Anwendungskonzentration eines Desinfektionsmittels, d.h., die für eine Keimabtötung notwendige Konzentration kann bei vielen Desinfektionsmitteln mittels höherer Temperatur bzw. durch eine länger dauernde Einwirkzeit variiert werden. Vermieden werden muss jedoch eine absolut zu niedrige Einsatzkonzentration, da es dadurch zu einer begrenzten Wirkung (Mikrobiostase) kommt und nicht zur geforderten Mikrobiozidie. Die diesbezüglichen Informationen der Hersteller sind unbedingt einzuhalten. Wesentlichen Einfluss auf die Konzentration nimmt der so genannte Eiweißfehler: nach unvollständiger Reinigung befinden sich immer noch Reste von Blut, Kot, Schleim etc. auf den zu desinfizierenden Oberflächen, die eine schützende Hülle um Keime bilden und an denen sich das Desinfektionsmittel verbraucht. Die Desinfektion wird in ihrer Wirkung erheblich gehemmt bzw. gänzlich wirkungslos, sodass in der Praxis die Konzentration erhöht oder zu einem anderen Wirkstoff übergegangen werden muss. 2.1.4 pH-Wert und Materialverträglichkeit Jedes Desinfektionsmittel hat entsprechend seiner chemischen Zusammensetzung einen bestimmten pH-Bereich, in welchem es seine optimale Wirksamkeit entfaltet. Durch extreme pH-WertVerschiebungen in den sauren oder alkalischen Bereich kann eine Desinfektionswirkung oft schneller erreicht werden, da das Wachstum und/oder die Stabilität von Mikroorganismen vom pHBereich stark beeinflusst werden. Neben der Korrosionswirkung, die durch extreme pH-WertVerschiebungen in den sauren oder alkalischen Bereich auf Materialien entstehen können, ist bei Fischviren auf deren Säuren- bzw. Laugenempfindlichkeit zu achten. 2.2 Chemische Desinfektionsmittel 2.2.1 Branntkalk (CaO) wirkt gegen Krankheitserreger in der Fischzucht durch Erhöhung des pH-Wertes in den alkalischen Bereich (>12) und durch die Hitzeentwicklung beim Löschvorgang, wenn er auf den feuchten Teichboden und die Dämme aufgebracht wird. Zur Desinfizierung nach Virusinfektionen werden 10 t/ha (= 1 kg/m²) benötigt. Empfohlene Einwirkungszeit von 2 bis 3 Wochen. Nach dem Bespannen des Teiches und vor dem Einsetzen der Fische ist der pH-Wert zu kontrollieren (<8,5). Branntkalk ist das Mittel der Wahl in ablassbaren Naturteichen. Um auch die Wände oder Dämme zu desinfizieren, kann es notwendig sein, die Haltungseinheiten zu bespannen. 1 kg Branntkalk pro m³ (= 1000l), der pH-Wert muss für 3 Tage >12 sein (Nachdosieren). Die Dosierung ist vom Säurebindungsvermögen des Wassers abhängig: bei niedrigem SBV reichen geringere Branntkalkmengen um den nötigen pH-Wert von 12 zu erhalten. Dies ist durch Messen des pH-Wertes zu überprüfen. 2.2.2 Natronlauge (NaOH) ist ein preisgünstiges Desinfektionsmittel mit korrodierenden Eigenschaften (besonders Zink und Aluminium). Ätznatron ist gut geeignet zur Desinfektion von widerstandsfähigen Oberflächen mit Rissen. Es besitzt keinen Kältefehler. Zur Desinfektion von Geräten, Behältern und Stiefeln wird eine Lösung aus 20 g Ätznatron auf 1 l Wasser hergestellt. Es wird auch als Mischung angewandt, die aus 100 g Ätznatron, 10 g Teepol® (flüssiger Spezialreiniger in wässriger Zubereitung) und 500 g Löschkalk besteht. Diese wird in 10 l Wasser gelöst, wovon 1 l/10 m2 für 48 Stunden einwirken muss. 2.2.3 Formalin zur Desinfektion von Becken, Rinnen, Betonteichen, Behältern, Geräten und Stiefel als 5 %-ige Lösung. Basierend auf 37 %-igem Formalin: 5 Teile Formalin zu 32 Teilen Wasser; Einwirkungsdauer 2 Stunden. Pro m2 sind 0,3 l Gebrauchslösung auszubringen. Achtung – starken Kältefehler beachten. Unter 8 °C bildet sich fischgiftiges Paraformaldehyd, das zudem keine wirksame Desinfektion bewirkt. 2.2.4 Organische Säuren zur Desinfektion von Becken, Rinnen, Betonteichen, Fahrzeugen, Behältern, Geräten und Stiefeln. Organische Säuren korrodieren Metalle. In der Teichwirtschaft gut bewährt haben sich Ameisensäure (Kältefehler bei Temperaturen < 10 °C) und Zitronensäure. Zur Desinfektion muss unbedingt ein pH-Wert < 2,5 aufrechterhalten werden. Im Handel sind Kombinationspräparate aus verschiedenen organischen Säuren, Alkohol und Tensiden (z.B. VennoVet® 1 super) mit stark reduziertem Kältefehler und geringen Korrosionseigenschaften erhältlich. 2.2.5 Peressigsäure (CH3 – COOH) eignet sich für die Desinfektion von Becken, Rinnen, Betonteichen, Wasser, Fahrzeugen, Behältern, Geräten und Stiefeln. Umweltfreundlich. Konzentrationen von 0,5 bis 2 %, Einwirkdauer mindestens 1 Stunde. Bei Temperaturen < 8 °C Konzentration und/oder Einwirkungszeit erhöhen. Auch Peressigsäure wirkt korrosiv. Vorsicht bei Gebrauch und Lagerung. Im Handel befindliche Präparate sind Mischungen aus Peressigsäure, Essigsäure und Wasserstoffperoxid (z.B. Wofasteril® E400). In Kombination mit einer Pufferlösung (z.B. Alcapur®) nicht korrosiv. Eiweißfehler, kaum Kältefehler. 2.2.6 Natriumperkarbonat (2-Na2 CO3 3-H2O) Oberflächendesinfektion, Becken, Rinnen, Wasser, Netze und Stiefel. Sehr umwelt- und benützerfreundlich. Eiweißfehler, kaum Kältefehler. Im Handel befindlich ist z.B. Peridox ®. 2.2.7 anorganische Persulfate sind stark oxidierend; im Markt befindliche Produkte (z.B. Virkon-S® Aquatic) sind auch oberflächenaktiv und wirken viruzid, bakterizid und fungizid. Wirkungsverlust der Lösung wird durch Farbumschlag angezeigt. Umwelt- und benützerfreundlich. Für alle Oberflächen geeignet. Kaum Kältefehler. 2.2.8 Quaternäre Ammoniumverbindungen (QAVs) eignen sich für die Desinfektion von Becken, Rinnen, Betonteichen, Wasser, Fahrzeugen, Behältern, Geräten und Stiefeln. QAVs sind pH-neutral und nicht korrodierend. Eiweißfehler, kein Kältefehler. Der Wirkstoff der im Handel befindlichen Präparate ist meist Benzalkoniumchlorid (z.B. Actomar® B100). 2.2.9 Jodophore sind gering korrosiv für verzinktes Eisen, Kupfer oder Messing. Gummi und Plastik verfärben sich braun und können spröde werden. Kaum Eiweißfehler, kaum Kältefehler. In Form von schäumenden (z.B Actomar® CIP) oder nicht schäumenden (z.B. Actomar® K30) Kombinationsprodukten erhältlich. Beide werden zur Entkeimung von Brutanlagen, Becken, Behältern und Geräten verwendet. Actomar® K30 wird auch zur Desinfektion der Eier der Salmoniden eingesetzt. Jod ist hochtoxisch für aquatische Tiere. Es empfiehlt sich daher vor der Entsorgung jodhältiger Abwässer diese mit Natriumthiosulfat zu neutralisieren: pro g Jod 0,78 g Thiosulfat. 3. Praktische Durchführung der Desinfektion Der Wert einer Desinfektion ist nicht nur von der Auswahl und Anwendung eines geeigneten Produktes, sondern vor allem von der Gründlichkeit der Durchführung aller Desinfektionsmaßnahmen abhängig. Einer Desinfektion hat immer eine gründliche Reinigung vorauszugeben. Diese hat den Zweck, Schmutz und organisches Material zu entfernen. Ebenso müssen Tiere oder Futtermittel (nicht infektiös) aus dem Desinfektionsbereich entfernt werden. Eine auf einzelne Bereiche beschränkte Desinfektion hat wenig Sinn. Elektroeinrichtungen müssen geschützt werden. Die Gebrauchslösung des Desinfektionsmittels kann aufgegossen oder mit Bürsten aufgetragen werden. Einfacher ist das Versprühen mit sogenannten Garten- oder Obstbaumspritzen mit Druckbehälter und Pumpen bzw. mit motorisch betriebenen Sprühgeräten unter Verwendung von Desinfektions- oder Flachstrahldüsen. Das Desinfektionsmittel ist in Gebrauchskonzentration auf die abgetrockneten Flächen aufzubringen. Nach Ablauf der nötigen Einwirkungszeit sind anhaftende Desinfektionsmittelresten sorgfältig abzuspülen und Gebäude oder Räume gründlich zu lüften. Bei der Durchführung der Desinfektion sollte stets Schutzbekleidung (Kopfbedeckung, Mantel, Gummistiefel und -handschuhe) getragen werden. Bei einigen Desinfektionsmitteln ist das Tragen von Atemschutzmasken mit dem jeweils wirksamen Filtereinsatz erforderlich. Nicht verwendete Gebrauchslösungen von Desinfektionsmitteln können mit Wasser verdünnt (1:100) oder neutralisiert (siehe Jod) entsorgt werden. Einsendung von Fischen Ideal: Möglich: 3 – 5 lebende Fische mit deutlichen Krankheitssymptomen in wassergefüllten bzw. O2/H2Ogefüllten Behältnissen (z.B. starkwandigen Plastiksäcken) „frisch tote“ (getötete) Fische mit deutlichen Krankheitssymptomen einzeln in Alufolie verpackt und unter Zusatz von Kühlbeuteln (-akkus) in Styroporbehältern versenden Achtung: optimale Versandtemperatur < 8°C, jedoch nicht gefroren Ungeeignet: Fische, die tot aus dem Gewässer geborgen wurden Ausnahme: plötzliches, alle Fische eines Bestandes betreffendes Fischsterben tiefgefrorene Fische (Fragestellung !) bzw. eröffnete Fische Einsenden von Wasserproben - Teich Wieviel: • von jeder Entnahmestelle 2 l Wasser Wie: • gründlich gereinigte, mit dem Probenwasser ausgespülte Flaschen luftblasenfrei befüllen • Flaschen kennzeichnen: Entnahmeort, Datum, Uhrzeit, Temperatur • unmittelbar nach Entnahme zur Untersuchungsstelle bringen bzw. kurzfristig im Kühlschrank (~ 4°C) zwischenlagern • Die Probe darf weder Schlamm noch Wasserpflanzen oder Fische enthalten ! Wann: • Zeitpunkt der Probenahme frühmorgens, je nach Fragestellung zusätzlich in den Abendstunden Wo: • bei Teicheinlauf und –auslauf; wenn diese nicht vorhanden genügt eine Wasserprobe (ev. eine zweite aus „tieferen“ Wasserschichten)