Methode und Ergebnisse der laparoskopischen

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Aus der Chirurgischen Klinik
des St. Josef Hospital - Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
Direktor: Prof. Dr. med. V. Zumtobel
Methode und Ergebnisse der laparoskopischen Feinnadelkatheterjejunostomie
zur enteralen Ernährung
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Jutta Koch
aus Castrop-Rauxel
2003
Dekan:
Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent:
PD Dr. med. M. Senkal
Korreferent: Prof. Dr. med. Holbach
Tag der mündlichen Prüfung: 27.01.2004
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung ......................................................................................... 1
1.1
Künstliche Ernährung ........................................................................... 1
1.2
Enterale Ernährung ............................................................................... 2
1.2.1
Entwicklung der enteralen Ernährung .................................................. 2
1.2.2
Enterale Zugänge ................................................................................. 5
1.2.2.1 Perkutane endoskopische Zugänge ...................................................... 6
1.2.2.2 Enterale Zugänge mit Hilfe von bildgebenden Verfahren ................... 7
1.2.2.3 Laparoskopische Zugänge .................................................................... 7
1.2.2.4 Konventionell chirurgische Zugänge .................................................... 8
1.3
Klinische Ernährung onkologischer Patienten ...................................... 11
1.4
Entwicklung der Laparoskopie .............................................................. 13
2.
Zielsetzung ......................................................................................... 14
3.
Material und Methode ................................................................... 15
3.1
Datenerhebung und Auswertung ............................................................ 15
3.1.1
Studiendesign ......................................................................................... 15
3.1.2
Patientendaten ........................................................................................ 15
3.2
Operationsmethode ................................................................................ 17
3.3
Applikation der enteralen Ernährung .................................................... 27
3.4
Statistik .................................................................................................. 29
4.
Ergebnisse ......................................................................................... 30
4.1
Beobachtungszeitraum .......................................................................... 30
4.2
Patientencharakteristika ........................................................................ 31
4.3
Lokalisation und Dignität der Erkrankung ........................................... 34
4.4
Indikationen .......................................................................................... 38
4.5
Ergebnisse des chirurgischen Verfahrens ............................................. 39
4.6
Enterales Ernährungsverfahren ............................................................. 41
4.7
Entlassung und Nutzungsdauer der FKJ ................................................ 44
5.
Diskussion .......................................................................................... 46
6.
Zusammenfassung .......................................................................... 56
7.
Literatur ............................................................................................. 58
Abkürzungsverzeichnis
ASA
American Society of Anaesthesiologists
BMI
Body Mass Index
bzw.
beziehungsweise
ca.
cirka
d
Tag
DGE
Deutschen Gesellschaft für Ernährung
FKG
Feinnadelkathetergastrostomie
FKJ
Feinnadelkatheterjejunostomie
GIT
Gastrointestinaltrakt
kcal
Kilokalorien
kg
Kilogramm
KG
Körpergewicht
m
Meter
n
Anzahl
PEJ
perkutane endoskopische Jejunostomie
PEG
perkutane endoskopische Gastrostomie
R- u. C
Radiotherapie und Chemotherapie
z.B.
zum Beispiel
z. T.
zum Teil
z. Zt.
zur Zeit
1
1. Einleitung
Während man sich lange Zeit gegen eine enterale Ernährung entschieden hat, wurde
die enterale Applikation mit zunehmendem Verständnis der Rolle des Gastrointestinums in Krankheitsphasen mehr und mehr akzeptiert. Das Indikationsspektrum für die
enterale Ernährung wurde erweitert, so dass bei funktionsfähigem Darm und gegebener Indikation zur künstlichen Ernährung immer der enteralen Substratapplikation der
Vorzug gegeben werden sollte („if the gut works, use it - or lose it“). Zunehmend werden auch krankheitsspezifische Nährlösungen entwickelt und eingesetzt, die mit speziellen Substraten angereichert werden und dadurch auf den Krankheitsverlauf Einfluss nehmen sollen.
1.1 Künstliche Ernährung
Die Geschichte der künstlichen Ernährung von Patienten, die nicht essen können bzw.
dürfen, oder deren Allgemeinzustand bei konsumierenden Erkrankungen gebessert
werden sollte, lässt sich bis ins Altertum zurückverfolgen. Um eine Malnutrition bei
Patienten zu verhindern oder zu therapieren, stehen zwei Verfahren der künstlichen
Ernährung zur Verfügung. Erstens die enterale Ernährung, die einen funktionsfähigen
Gastrointestinaltrakt (GIT) voraussetzt und zweitens die parenterale Ernährung, die
Nährstoffe unter Umgehung des Verdauungstraktes direkt in die venöse Blutbahn leitet. Sie ist bei fehlender oder gestörter digestiver und resorbtiver Funktion des GIT
indiziert. Beide Verfahren werden heute häufig ergänzend eingesetzt. Das erste
niedergeschriebene Experiment einer gezielten parenteralen Ernährung führte Sir
Christopher Wren 1656 durch. Er injizierte einem Hund eine Weinmixtur intravenös
(21). Den Durchbruch der parenteralen Ernährung brachte die Entwicklung des
zentralvenösen Katheters durch Dudrick und Mitarbeiter, wodurch die Infusion von
hyperosmolaren Lösungen möglich wurde (14). Die Ursprünge der enteralen Ernähung
liegen in der Verabreichung von rektalen Nährstoffklistieren, die ihren klinischen Wert
bis ins letzte Jahrhundert behielten. Ein Wendepunkt in der Geschichte der enteralen
Ernährung brachte die Anwendung der nasoduodenalen Ernährungssonde durch Max
Einhorn 1910, der damit den Grundstein für die moderne enterale Ernährung legte
(18).
2
In den letzten Jahren haben sich die Vorteile einer enteralen im Vergleich zur parenteralen Ernährung besonders in der Langzeittherapie bestätigt (27, 31, 37,63). Bei funktionsfähigem GIT und der Indikation zur künstlichen Ernährung sollten die enteralen
Methoden bevorzugt werden. Die Nutzung des physiologischen Stoffwechselweges
aktiviert die immunologischen, hormonellen und bakteriologischen Eigenschaften der
Darmmukosa. Schwerwiegende Komplikationen, wie Stoffwechselentgleisungen treten selten auf (64, 68). Mit den heutigen bilanzierten und definierten Diäten ist eine
vollständige bedarfsdeckende Ernährung möglich. Auf Grund der geringen Komplikationsrate eignet sich die enterale Ernährung auch für die ambulante Versorgung von
Patienten. Sie stellt das effektivere, risikoärmere und kostengünstigere Verfahren der
künstlichen Ernährung dar (37, 63, 67).
1.2 Enterale Ernährung
1.2.1 Entwicklung der enteralen Ernährung
Die Geschichte der enteralen Ernährung zur Behandlung von Patienten, die nicht essen
können, lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Berichte über unterschiedliche
Methoden, wie das Verabreichen der Nährlösungen mittels Kanülen, Injektionsspritzen
oder Nährstoffklistiere sind historisch belegbar. Die Einführung der flexiblen Gummisonden aus Kautschuk brachte in der Mitte des 19. Jahrhunderts einen erheblichen medizinischen Fortschritt (35). Die erste nasoduodenale Sondenernährung wurde von
Einhorn 1910 durchgeführt. Andresen legte 1918 die erste nasojejunale Nährsonde bei
einem Patienten mit einer Gastrojejunostomie (56). Diese Verfahren erlangten immer
mehr an Bedeutung und wurden bis heute weiterentwickelt. Die nasoenteralen Ernährungssonden sind in der Akutmedizin und zur kurzzeitigen enteralen Ernährung die z.
Zt. üblichen Methoden (3).
In der Langzeittherapie hat sich die Technik der Enterostomie durchgesetzt. Ende des
19. Jahrhunderts legte Witzel operativ eine Ernährungsfistel zum Magen, die
„Witzelfistel“. Eisenberg modifizierte sie kurze Zeit später zur Jejunumfistel. 1951
wurde durch Usher der Polyäthylenkatheter eingeführt (56). Nur 3 Jahre später
entwickelte Mc Donald die Nadelkatheterjejunostomie (35, 56). 1973 stellte Delaney
die verbesserte Anlage des Feinnadelkatheters durch einen submukösen Tunnel vor
3
(13, 35). Heute wird als Standardverfahren bei abdominalchirurgischen Eingriffen mit
langfristiger Nahrungskarenz oder unzueichender Nahrungsaufnahme eine Feinnadelkatheterjejunostomie zur intrajejunalen Sondenernährung gelegt (62). Zu Beginn der
80er Jahre wurde die Technik der perkutanen Gastrostomie und Jejunostomie als
schnelles, wenig invasives und sicheres Verfahren entwickelt (3, 20). Diese Methode
bildet heute das Standardverfahren bei nicht operativen Patienten zur Legung eines
enteralen Zuganges. Eine Erweiterung der erprobten Verfahren bieten die laparoskopischen Techniken. Patienten, bei denen eine längerfristige enterale Ernährung indiziert
ist, aber kein perkutanes endoskopisches Verfahren durchgeführt werden kann, profitieren von diesen minimal invasiven Methoden.
Parallel zur Entwicklung der Applikationstechniken hat sich die Zusammensetzung
und die Herstellung der Nährlösungen zur enteralen Ernährung verbessert. Bis zum
Beginn des 20. Jahrhunderts wurden selbsthergestellte Nährstoffmixturen verwandt.
Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Diäten entwickelt, die ein vollständiges Nährstoffangebot inklusive des Mineral- und Vitaminbedarfs beinhalteten (56). Die Grundlage
zur Entwicklung der heute industriell hergestellten Diäten gab die in den 60er Jahren
entwickelte „Astronautenkost“ (23, 68). Sie bestand aus kleinsten, vorverdauten Nahrungsbestandteilen wie Aminosäuren, Di- oder Oligopeptide, Poly-, Oligo- und Disaccharide, mittelkettige Triglyzeride, Vitamine und Spurenelemente. Dabei handelt es
sich um fettarme und kohlenhydratreiche Nährlösungen. Sinnvoll wurden sie bei Verdauungsstörungen, z.B. beim Kurzdarmsyndrom eingesetzt. Nachteilig war der
schlechte, bittere Geschmack, den die freien Aminosäuren verursachten. Aufgrund
ihrer hohen Osmolarität verursachten sie häufig Unverträglichkeitsreaktionen. Klinisch
äußerte sich dieses in Diarrhöen. Mitte der 70er Jahre wurde die Pulvernahrung erfunden. Freie Aminosäuren wurden durch kurzkettige Peptide ersetzt und verbesserten
dadurch den Geschmack. Die Zubereitung blieb aufwendig und wurde häufig fehlerhaft durchgeführt. Dieses verursachte Unverträglichkeitsreaktionen und Verklumpung
der Nahrung mit nachfolgender Sondenverstopfung.
Ende der 70er Jahre wurde die gebrauchsfertige flüssige Sondenkost entwickelt. Es
handelte sich um nährstoffdefinierte hochmolekulare Diäten, die einer normalen
Mischkost entsprachen und einen funktionstüchtigen Gastrointestinaltrakt voraussetz-
4
ten. Diese Nährlösungen werden heute nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hergestellt und zur enteralen Ernährung verabreicht.
Tabelle 1: Nahrungszusammensetzung nach DGE (39)
Kohlenhydrate
55%
Eiweiß
10-15%
Fett
30-35%
Flüssigkeitsbedarf: 35 ml/kg Körpergewicht und Tag
Sie enthalten Kohlenhydrate in Oligo- und Polysacchariden, intakte Proteine und langbis mittelkettige Fette. Sie sind kostengünstiger und verträglicher als chemisch definierte Diäten. Die nährstoffdefinierten Nährlösungen werden in norm- und hochkalorische Diäten unterteilt. Entsprechend der vorliegenden Grundleiden werden krankheitsadaptierte Diäten mit veränderten Nährstoffrelationen hergestellt. Beispielsweise gibt
es eiweißmodifizierte Diäten bei Leber- und Niereninsuffizienz, kohlenhydratmodifizierte Diäten bei Diabetes mellitus oder Laktosemalabsorption und Spezialdiäten zur
Stärkung des Immunsystems bei konsumierenden Erkrankungen und schweren Verletzungen. Allen Diäten werden Mineralien, Vitamine und Spurenelemente entsprechend
der Diätverordnung zugefügt. Die Nährlösungen werden in unterschiedlichen Verpackungen und in verschiedenen Geschmacksrichtungen als Trinknahrung oder neutral
als Sondenkost angeboten. Die standardisierte homogenisierte und sterilisierte Herstellung erleichtert die Anwendung im klinischen Alltag (23, 52, 62).
5
Enterale Nährlösungen
Intakte Funktion des GIT
Gestörte Funktion des GIT
- gute Verdauung
- intakte Resorption
- gestörte Verdauung
- intakte Resorption
nährstoff-definierte Diäten
chemisch-definierte Diäten
Stoffwechsel
Abb. 1: Indikationen der nährstoff- oder chemisch-definierten Diäten
1.2.2 Enterale Zugänge
Die Sondensysteme lassen sich auf Grund der Zugangswege in zwei Gruppen, die
transnasalen und perkutanen Sonden, unterteilen. Die Platzierung der Sonde kann
gastral, duodenal oder jejunal erfolgen. Die Entscheidung über den geeigneten Zugang
und die Platzierung wird durch die voraussichtliche Dauer der enteralen Ernährung und
durch das Aspirationsrisiko bestimmt. In der Akutmedizin oder für eine Dauer von bis
zu vier Wochen sind transnasale Sonden geeignet (3, 62). Sie sind einfach und schnell
zu legen. Für eine längerfristige Ernährungstherapie sind sie nicht geeignet. Druckulzera der Schleimhaut lassen sich besonders bei Verwendung herkömmlicher PVCSonden nicht immer vermeiden. Die häufigste Komplikation ist die Dislokation. Die
transnasalen Sonden werden von den Patienten schlecht toleriert, da sie beim Sprechen
stören und für die Umwelt sichtbar sind.
Ist eine längerfristige Ernährungstherapie geplant, so wird gewöhnlich eine Enterostomie bevorzugt. Es stehen unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zur Verfügung. Die
Platzierung der Ernährungssonden kann endoskopisch, radiologisch, sonographisch,
per Laparotomie oder Laparoskopie erfolgen. Die perkutanen endoskopisch gelegten
Zugänge haben sich bei nicht operativen Patienten als Standardverfahren zur länger-
6
fristigen enteralen Ernährung etabliert. Diese interventionell-endoskopischen Zugänge
haben gegenüber den chirurgisch gelegten Ernährungssonden eine geringere Patientenbelastung und sind kostengünstiger bei insgesamt geringerer Komplikationsrate. Wenn
perkutane Verfahren kontraindiziert oder nicht durchführbar sind, stehen konventionell
chirurgische oder laparoskopische Verfahren zur Verfügung. Die minimal invasiven
Methoden stellen eine gute Alternative zu den üblichen chirurgischen Techniken dar.
Sie sind weniger patientenbelastend und kostengünstiger.
Abb. 2: Wege der enteralen Ernährung (modifiziert nach 3)
1.2.2.1. Perkutane endoskopische Zugänge
Die endoskopische perkutane Gastrostomie stellt das heute übliche Standardverfahren
der enteralen Ernährung bei Patienten mit funktionsfähigem Dünndarm dar. Es ist
durch eine hohe Erfolgsquote, tolerable Morbidität, niedrige Letalität und geringe Kosten gekennzeichnet. Das Verfahren wird in lokaler Anästhesie schnell und einfach
durchgeführt. Die Anlage kann mit der Fadendurchzugsmethode (Pull-Technik), in
Seldinger-Technik (Push-Technik) oder als Direktpunktion (Introducer-Methode) er-
7
folgen. Vor Anlage einer PEG sollten lokale Kontraindikationen, wie aktives Ulcus
ventriculi, erosive Gastritis oder eine Tumorinfiltration durch eine Gastroskopie ausgeschlossen werden. Die Fadendurchzugsmethode ist die technisch einfachste, sicherste
und am häufigsten durchgeführte Methode. Mittels Diaphanoskopie per Endoskop wird
der luftinsufflierte Magen mit einer Kanüle punktiert. Ein Faden wird eingebracht und
mit Endoskop aus dem Mund des Patienten ausgeführt. Die Sonde wird am Faden befestigt. Beide werden bis vor die Bauchdecke zurückgezogen. Durch die Verankerungsplatte verbleibt ein Teil des Katheters im Magen und sichert ihn gegen eine Dislokation ab. Die Seldinger Technik ähnelt der Fadendurchzugsmethode. Jedoch wird
die Sonde auf den unter Zug stehenden Faden aufgefädelt und kontinuierlich nach
gastral vorgeschoben bis zum Austritt vor der Bauchwand und Adaptation der inneren
Halteplatte. Die endoskopisch kontrollierte Direktpunktion hat sich nicht durchgesetzt,
da sie mit einer höheren Komplikationsrate einhergeht.
Bei der endoskopischen perkutanen Jejunostomie wird ein Katheter durch die liegende
PEG in den Magen eingebracht und hinter dem Treitz-Band platziert. Eine jejunale
Ernährungsapplikation ist bei Aspirationsgefahr, gastroösophagialem Reflux und Motilitätsstörungen des Magens indiziert.
1.2.2.2 Enterale Zugänge mit Hilfe von bildgebenden Verfahren
Bei fehlendem endoskopischen Zugang oder fehlender Operabilität werden in einigen
Fällen auch computertomographisch oder sonographisch gesteuerte perkutane
Gastrostomien platziert (35, 60). Eine direkte Punktion des Jejunums ohne Endoskopie ist aufgrund des dünnen Lumens und der Beweglichkeit nicht möglich.
1.2.2.3 Laparoskopische Zugänge
Für die Patienten, bei denen kein endoskopischer Zugang existiert, bieten die laparoskopischen Verfahren die Möglichkeit zur Legung einer enteralen Ernährungssonde.
Aufgrund der guten Erfahrungen mit der offenen chirurgischen Gastrostomie und FKJ
wurde versucht, diese Art des enteralen Zuganges auch minimal-invasiv zu verwirklichen.
8
Mittels der laparoskopischen Operationstechnik werden zunehmend Gastrostomien
angelegt. Nach Anlage des Pneumoperitoneums und Einbringen der Trocare wird die
geeignete Insertionsstelle des Magens an der vorderen Bauchwand, z.B. mit T-Haltern
oder Nähten fixiert. Ein (Ballon-) Katheter wird in den Magen eingebracht. Die Erfahrungen, die in zunehmendem Maße mit der laparoskopischen Gastrostomie gewonnen
wurden, konnten bei der Entwicklung einer Operationstechnik zur Anlage einer laparoskopischen FKJ genutzt werden. Bei den unterschiedlichen Fixierungen traten Komplikationen auf, wie das Ausreißen der T-Halter oder Drucknekrosen durch den Ballonkatheter. Daraufhin wurde eine Methode entwickelt, die der offen-chirurgischen
Operationstechnik ähnelt. Weder spezielle Halterungen noch Materialien sind nötig.
Nur das intrakorporale Knoten muss beherrscht werden. Insbesondere Patienten mit
Veränderungen im oberen GIT profitieren von dieser Methode. Die laparoskopische
FKJ wird auch im Rahmen eines Tumorstaging platziert. Sie sichert onkologischen
Patienten während einer palliativen oder neoadjuvanten Behandlung die Ernährung
(19). Die FKJ bietet einen sicheren Zugang, der über Monate belassen werden kann
und wenig belastend für den Patienten ist. Die laparoskopischen Verfahren haben sich
in den meisten Kliniken noch nicht etabliert.
1.2.2.4 Konventionell chirurgische Zugänge
Die operativen Verfahren sind durch die neuen Entwicklungen weitestgehend ersetzt
worden, so dass die Indikation für eine chirurgische Gastrostomie selten geworden ist.
Sie wird heute nur noch angelegt, wenn keine andere Zugangsmöglichkeit existiert.
Die Gastrostomie nach Stamm gilt als das einfachste und am häufigsten durchgeführte
Verfahren (11). Über eine Minilaparotomie wird eine Ballonkatheter-Gastrostomie
angelegt. Bei der Witzeltechnik wird zusätzlich noch ein vier bis sechs Zentimeter langer seromuskulärer Tunnel um die Eintrittstelle des Katheters an der Magenwand geschaffen. Hierdurch soll das Risiko des Refluxes von Mageninhalt minimiert werden.
Nachteilig ist der erschwerte Katheterwechsel durch diese Technik. Die Gastrostomie
nach Janeway ist für eine permanente gastrale Ernährung geeignet. Mittels Schlauchbildung aus der Vorderwand des Magenkorpus, der dann durch die Bauchwand nach
außen geleitet wird, entsteht eine permanente Magenfistel. Zur Nahrungsapplikation
wird ein Katheter in das permanente Stoma eingebracht.
9
Wenn im Rahmen eines Eingriffes im GIT eine längere Nahrungskarenz zu erwarten
ist, wird eine operative Anlage einer Jejunostomie als Zusatzmaßnahme durchgeführt.
Bei Operationen im oberen GIT, bei polytraumatisierten Patienten und bei postoperativer geplanter onkologischer Therapie ist eine FKJ indiziert. Sie ermöglicht eine frühzeitige postoperative Ernährung und sichert diese während einer adjuvanten Chemooder Radiotherapie. Mit einer Kanüle wird der Katheter in das Darmlumen der ersten
verfügbaren Jejunumschlinge eingebracht. Die vorgelegte Tabaksbeutelnaht wird um
die Punktionsstelle des Katheters geknüpft. Spannungsfrei sollte der Darm an der anterolateralen Bauchwand zu liegen kommen (3, 62). Alternativ kann die FKJ auch im
Sinne einer Witzel-Jejunostomie angelegt werden. Diese Technik ist jedoch aufwändig
und nur in sehr seltenen Fällen indiziert (48, 49).
Die konventionell chirurgischen Zugänge sind lagestabil und für eine längerfristige
enterale Ernährung geeignet. Nachteilig ist die invasive, aufwändige und teure Operationsmethode.
10
Funktionsfähiger Gastrointestinaltrakt
parenterale
Ernährung
nein
ja
enterale
Ernährung
Dauer > 4 Wochen
ja
nein
Enterostomie
nasoenterale Sonde
Aspirationsgefahr/
Aspirationsgefahr
ja
nein
Abdominaler Eingriff
Jejunale
Applikation
ja
Jejunale
Applikation
•
•
•
PEJ
FKJ intraoperativ
FKJ laparoskopisch
Gastrale
Applikation
nein
Gastrale
Applikation
•
•
•
•
•
Duodenalsonde
Jejunalsonde
PEG
operative Gastrostomie
sonographische/ CT gesteuerte Gastrostomie
Abb. 3: Entscheidungshilfe für die Wahl einer Ernährungssonde
Magensonde
11
1.3 Klinische Ernährung onkologischer Patienten
Onkologische Erkrankungen führen bei Patienten häufig zum Gewichtsverlust. Besonders im fortgeschrittenen Krankheitsstadium leiden Tumorpatienten unter einer Mangelernährung (Kachexie). Diese Situation kann eine aggressive onkologische Therapie
erschweren oder unmöglich machen. Patienten mit mechanischen Behinderungen im
oberen GIT, z. B. durch Tumore des Mundes, der Speiseröhre oder des Magens sind
besonders gefährdet, eine Mangelernährung zu erleiden. Der Tumor versorgt sich mit
Nährstoffen unabhängig von der Nahrungszufuhr und entzieht dem Organismus lebenswichtige Energiequellen. Organfunktionen und Lebensqualität sind beeinträchtigt.
Ein verändertes Geschmacks- und Geruchsempfinden, Appetitlosigkeit, Schwäche und
Schmerzen kommen erschwerend hinzu. Während einer Strahlen- und Zytostatikatherapie leiden die Patienten häufig unter Übelkeit, Erbrechen, Diarrhöen und Mukositis.
Einige Tumore sowie der Wirtsorganismus bilden selbst Faktoren, die den Stoffwechsel verändern. Dabei kommt es zum Abbau der Muskelsubstanz und zur gesteigerten
Gluconeogenese aus Aminosäuren und Laktat, sowie gesteigerten Lipolyse und zur
verminderten Liponeogenese und zur Glucoseintoleranz.
Die pathophysiologischen Mechanismen der Kachexie sind unklar, so dass eine kausale Therapie noch nicht möglich ist. Die Entstehung der Kachexie wird im Zusammenhang mit der Erhöhung einiger Mediatoren gesehen, wie das C-reaktive Protein (acute
phase response) und die proinflammatorischen Zytokinen (Tumor-Nekrose-Faktor,
Interleukin-1 und -6) (7). Die induzierten Zytokine führen möglicherweise zu einem
vermehrten Abbau der Proteine mit Verlust von Funktions- und Strukturproteinen.
Im Tierexperiment wurde gezeigt, dass durch eine Blockade des Tumor-NekroseFaktors das Fortschreiten der Kachexie gehemmt werden konnte (26). Die Verabreichung von Eicosapentaensäure (EPA), eine antithrombotisch mehrfach ungesättigte
Fettsäure in Fischöl, vermindert vermutlich die Kachexie bei Tumorpatienten (6). Die
verstärkte Bildung von EPA-Derivaten scheint die Produktion der proinflammatorischen Zytokinen (TNF alpha, IL 1 und 6) zu hemmen und damit eine antiinflammatorische Wirkung zu haben. Hierdurch wird der Stoffwechsel von Tumorpatienten positiv beeinflusst.
12
Welche Rolle die einzelnen Mediatoren im Zusammenhang mit der Entstehung der
Kachexie spielen ist noch unklar. Bis jetzt kann die Tumorkachexie noch nicht durch
eine Kalorienzufuhr oder durch Pharmazeutika verhindert werden. Insgesamt führt der
Mangel an essentiellen Nährstoffen zur Beeinträchtigung des Stoffwechsels und damit
zur Entwicklung einer geschwächten Immunabwehr. Diese wiederum erhöht die Morbidität und Komplikationsrate, verursacht Fieber sowie eine gestörte Wundheilung und
vermindert die Therapietoleranz (4, 10, 35). Ca. 80% der Patienten geraten im Laufe
ihrer Erkrankung in einen Mangelzustand. In ca. 20% der Fälle wird die Kachexie für
den Tod der Tumorpatienten verantwortlich gemacht (43, 65).
Grundlage für die Diagnose einer Mangelernährung ist die Ernährungs- und Gewichtsanamnese. Zur Objektivierung des Ernährungszustand können anthropometrische Daten verwendet werden. Der Body Mass Index (BMI) gibt das Gewicht entsprechend
dem Körperbau an. Dieser ist als Körpergewicht in kg/(Körpergröße in m2) definiert.
Der Normalbereich für den BMI bei Frauen liegt bei 23 kg/m2 und für Männer bei 24
kg/m2.
Tabelle 2: Body Mass Index
großer Mangelzustand:
BMI < 16 kg/m2
mäßiger Mangelzustand:
BMI 16 - 16,9 kg/m2
milder Mangelzustand:
BMI 17 – 18,4 kg/m2
Normalbereich:
BMI 18,5 – 24,9 kg/m2
Übergewicht:
BMI 25 – 29,9 kg/m2
Fettleibigkeit:
BMI 30 – 39,9 kg/m2
krankhafte Fettleibigkeit:
BMI > 40 kg/m2
13
1.4 Entwicklung der Laparoskopie
Berichte über die Laparoskopie finden sich seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Der
erste Schritt zur Entwicklung eines Endoskops gelang von Nitze 1879. Er kombinierte
ein Zystoskop mit einer Glühlampe. 1901 verwandte Kelling ein Leiterzystoskop zur
Betrachtung der Bauchhöhle. Jakobaeus führte die Gedanken von Kelling fort und verbesserte das Instrumentarium. Er stellte das Verfahren der Laparoskopie vor. 1921
erfand von Goetze eine Nadel zur Anlage eines Pneumoperitoneums. Die erste Beschreibung eines operativen Eingriffs stammt aus dem Jahre 1933. Er wurde von Fervers durchgeführt. 1938 stellte Verres ein Instrument zur Brust- und Bauchpunktion
vor. Die Verres-Nadel ist heute das gebräuchlichste Instrument zur Anlage eines
Pneumoperitoneums. Erst Mitte der 60er Jahre zeigte sich, dass durch die Einführung
des Kaltlichtes und des kontrollierten CO2 -Pneumoperitoneums die gynäkologische
Laparoskopie zu einem brauchbaren Verfahren herangereift war. Der Einsatz der Glasfibertechnik (Hirschowitz 1958), die Weiterentwicklung der Optik (Hopkins 1976),
das elektronisch gesteuerte Pneumoperitoneum (1980 nach Semm), die Möglichkeit
zur Endokoagulation und der Einsatz spezieller Techniken, wie Endonaht und RoederSchlinge, erweiterten das Spektrum der gynäkologischen laparoskopischen Eingriffe.
Die Entwicklungen auf diesem Gebiet wurde von den meisten Chirurgen nicht beachtet. So war es der Gynäkologe Semm, der 1982 die erste laparoskopische Appendektomie durchführte. Erst die Ausweitung der laparoskopischen Techniken auf die Entfernung der Gallenblase durch Mouret 1987 weckte das Interesse der Chirurgen (24,
50). Die Vorteile waren ein besseres kosmetisches Ergebnis, postoperativ litten die
Patienten unter geringeren Schmerzen und der Krankenhausaufenthalt verkürzte sich.
Die Patienten wurden schneller gesund und konnten früher in ihr Berufsleben zurückkehren. Innerhalb kürzester Zeit etablierte sich das Verfahren des laparoskopischen
Operierens in den Kliniken. Zu Beginn der 90er Jahre wurde diese minimal-invasive
Methode zur Anlage von Enterostomien genutzt. Die erste laparoskopische Gastrostomie wurde von Edelmann 1991 publiziert. Die ersten laparoskopischen FKJ entstanden
in enger Anlehnung an die Erfahrungen und Techniken der laparoskopischen
Gastrostomie.
14
2. Zielsetzung
In der Langzeit-Ernährungstherapie ist nach heutigen Erkenntnissen die enterale Ernährung der parenteralen Ernährungsform vorzuziehen. Bedeutsam für eine adäquate
Nahrungszufuhr ist der Zugang zum Darm. Die endoskopisch perkutanen Punktionstechniken stellen heute die Standardeingriffe dar. Wenn diese Punktionszugänge nicht
möglich sind, können minimal invasive, laparoskopische Zugänge gelegt werden.
Das Ziel dieser retrospektiven Untersuchung ist es, eine modifizierte Technik der Platzierung einer Katheterjejunostomie mit folgenden Gesichtpunkten zu untersuchen:
•
Beschreibung der Technikmodifikation im Vergleich mit anderen Techniken der
Katheterjejunostomie
•
Postoperative Ergebnisse nach dem Eingriff
•
Durchführung der enteralen Ernährung über die laparoskopische Katheterjejunostomie
15
3. Material und Methode
3.1. Datenerhebung und Auswertung
3.1.1 Studiendesign
In der chirurgischen Klinik St. Josef Hospital der Ruhr-Universität Bochum wurden
seit 1996 laparoskopische FKJ gelegt. Von 1996 bis 2001 sind 35 dieser Operationen
durchgeführt worden. Anhand der retrospektiven Betrachtung der Patienten, die eine
laparoskopische FKJ erhalten haben, wurde diese enterale Ernährungsmöglichkeit untersucht. Die Daten wurden mit Hilfe eines schematisierten Untersuchungsbogens erfasst. Dieser setzte sich aus Daten des Patienten, Daten über den operativen Eingriff
und Daten über die enterale Ernährung zusammen.
3.1.2 Patientendaten
Die Patienten, die sich einer laparoskopischen FKJ unterzogen haben, wurden nach
Abschluss der Behandlung untersucht. Bei diesen Patienten war eine längere enterale
Ernährung indiziert. Eine Endoskopie zur Anlage einer perkutanen Gastrostomie oder
Jejunostomie konnte auf Grund ihrer Erkrankung nicht durchgeführt werden.
Der Untersuchungsbogen enthielt die persönlichen Daten des Patienten, wie Name,
Alter und Geschlecht. Zur Beschreibung des präoperativen Zustandes wurden Anamnese, Allgemeinzustand, Ernährungszustand, Grunderkrankung, Körpergröße, Gewicht
und Laborwerte erfasst. Die präoperativen laborchemischen Untersuchungen umfassten die Standardparameter zur Beurteilung der Operabilität. Mittels des Body Mass
Indexes (BMI) wurde das Gewicht entsprechend dem Körperbau angegeben. Die geplanten adjuvanten, palliativen oder neoadjuvanten Therapien, die im Zusammenhang
mit der Anlage einer laparoskopischen FKJ stehen, wurden erfasst.
Die Operationsdaten beinhalteten Indikation, Operationsdauer, -datum und -material,
zusätzliche intraoperative Maßnahmen, intra- und postoperative Komplikationen, Narkoserisiko, -verfahren und -komplikationen, radiologische Lagekontrolle des Kathe-
16
ters, Benutzungsdauer des Katheters und Dauer des stationären Aufenthaltes. Zusätzliche Maßnahmen während der Operation wie eine diagnostische Laparoskopie zum
Tumorstaging wurden in den Angaben zur Operationszeit berücksichtigt. Die intraoperativen Komplikationen beinhalteten Organverletzungen, Blutung und den Wechsel
zur Laparotomie. Als postoperative Schwierigkeiten wurden Blutung, Infektion und
Fehlplatzierung des Katheters erfasst. Um das Narkoserisiko einzuschätzen, wurden
die Patienten mit Hilfe des Schemas der American Society of Anaesthesiologists
(ASA) eingestuft. Das Schema teilt Patienten in 5 Risikogruppen ein.
Tabelle 3: ASA-Schema
I
Gesunder Patient
II
Patient mit leichter systemischer Erkrankung
III
Patient mit schwererer systemischer Erkrankung
IV
Patient mit schwererer systemischer Erkrankung, die eine ständige Bedrohung des
Lebens darstellt
V
Patient, der im Sterben liegt
Die Länge des Aufenthaltes in der chirurgischen Abteilung wurde in Tagen erfasst
und durch Aufnahme- und Entlassungs- bzw. Verlegungsdatum bestimmt.
Daten zur enteralen Ernährung beinhalteten die Art der verabreichten Sondennahrung,
Sondenkomplikationen und Zeichen der Verträglichkeit der enteralen Ernährung. Die
Daten des Ernährungsaufbaus erfassten Ernährungsbeginn und -ende, das infundierte
Volumen in ml pro Stunde und Tag sowie die Steigerungsintervalle des Kostaufbaus.
Es wurden mechanische, infektiöse und ernährungsbedingte Komplikationen berücksichtigt. Zu den mechanischen Schwierigkeiten zählten die Sondendislokation und –
verstopfung. Die infektiösen Komplikationen beinhalteten Infektionen der Einstichstelle, bakterielle Kontamination, Peritonitis durch Perforation und die Bauchdeckenphlegmone. Weitere Komplikationen wie Pneumatosis intestinalis, mechanischer Ileus,
Volvulus und Dünndarmnekrose wurden berücksichtigt. Zeichen der Unverträglichkeit
enteraler Ernährungstherapie waren Übelkeit, Flatulenz, Meteorismus, Diarrhö (häufige Stuhlentleerung > 3x/d, verminderte oder flüssige Stuhlkonsistenz und vermehrte
Stuhlmenge) und Obstipation (< 3 Stuhlentleerungen pro Woche mit Schwierigkeiten
der Stuhlentleerung).
17
3.2 Operationsmethode
Die Aufklärung zur Operation musste nicht nur über die laparoskopische FKJ, sondern
auch über eine eventuell durchzuführende Laparotomie erfolgen. Die Bauchdecke
wurde enthaart und gereinigt. Die Nabelgrube erhielt für die paraumbilikale Einführung des Optiktrokars eine besondere Desinfektion. Für die Anlage einer laparoskopischen FKJ benötigt man ein reguläres Laparoskopieinstrumentarium. Speziell werden
benötigt:
•
12 mm, 10 mm und 5 mm Trokar
•
Schere
•
atraumatische Fasszange
•
Nadelhalter
•
Nahtmaterial 3-0 resorbierbar
•
Jejunostomiekatheter Stärke 9 French (Abb. 4)
Abb. 4: Katheterset für eine Jejunostomie
Die laparoskopische FKJ wurde unter einer Allgemeinnarkose mit Intubation, Muskelrelaxation und kontrollierter Beatmung durchgeführt. Die Narkose wurde durch eine
Kombination mehrerer Narkotika hervorgerufen. Zur Prämedikation wurden entweder
18
Benzodiazepine oder Neuroleptika verabreicht. Zur Einleitung der Narkose wurden als
Hypnotikum Barbiturate (Trapanal®) oder Propofol (Disoprivan®) eingesetzt. Als
nicht depolarisierendes Muskelrelaxanz wurde Cis-Atracurium (Nimbex®) verwendet.
Die Opioide (Sulfenta® und Ultiva®) wurden zur Analgesie genutzt. Die Inhalationsanästhetika Sevofluran (Sevorane®), Isofluran (Forene®) und Desfluran (Suprane®)
kamen zum Einsatz.
Die optimale Sicht für den Operateur bestimmte die Position des Operationsteams und
die Anordnung der Instrumente. Der Patient lag mit ausgelagerten Armen in Rückenlage auf dem Operationstisch (Abb.5).
Abb. 5: Lagerung eines mangelernährten Patienten auf dem Operationstisch
Da es sich um eine Operation im linken Oberbauch handelte, standen der Operateur
und der Assistent rechts vom Patienten und schauten über das Operationsgebiet auf
den Monitor. Dieser stand in Höhe der linken Schulter des Patienten. Die Operationsschwester platzierte sich mit dem Instrumententisch auf der linken Seite (Abb. 6). Der
CO2-Insufflator wurde in Blickrichtung am linken Fußende aufgestellt. Der BFBipolar-Koagulator und die Spül-Absaug-Vorrichtung wurden hinter dem Operateur
platziert.
19
Assistent
Operateur
Anästhesist
OPSchwester
Monitor
Abb. 6: Anordnung der Operateure und Lagerung des Patienten im Operationssaal
Nachdem das Operationsfeld abgedeckt, die Bauchdecke und speziell die Nabelgrube
desinfiziert war, erfolgte die Hautinzision semizirkulär unterhalb des Nabels. Über
eine Minilaparotomie nach Hassan wurde der erste Trokar (12 mm) eingeführt und ein
Pneumoperitoneum geschaffen. Bei Erwachsenen sollte der Druck während der Gasinsufflation (CO2) zwischen 10 und 15 mmHg liegen. Bis zum Erreichen des Druckes
wurden zwischenzeitlich die Videokamera, das Lichtkabel und die Optik installiert.
Die Optik (0° oder 30°) wurde eingeführt und durch einen 360° Rundblick der Situs
inspiziert. Die sichtbaren Organe und die Operabilität konnten beurteilt werden. Während einer Operation im linken Oberbauch war eine Anti-Trendelenburg-Lagerung mit
Exposition der linken Körperhälfte durch Seitwärtsneigung des Tisches zur kontralateralen Seite um 10° bis 20° sinnvoll. Die Lokalisation der zwei Arbeitszugänge richtete
sich nach dem äußeren Sitz der FKJ an der Bauchdecke. Das Einbringen der Trokare
erfolgte unter Sichtkontrolle. Mittels Diaphanoskopie wurde eine gefäßfreie Stelle üblicherweise im Mittelbauch ca. eine handbreit links vom Nabel gesucht und dort ein
Trokar (10 mm) platziert. Dieser Arbeitszugang erlaubte eine intrakorporale Naht mit
3-0 resorbierbarem Nahtmaterial. Der zweite Arbeitszugang (5 mm) wurde im rechten
Oberbauch zwischen Xiphoid und Nabel gelegt, wodurch das Einbringen einer atraumatischen Fasszange ermöglicht wurde (Abb. 7).
20
Abb. 7: Platzierung der Trokare nach Anlage eines Pneumoperitoneums mit CO2-Gas
Nach Identifikation des Treitz'schen Bandes wurde ca. 20 cm distal eine geeignete
Jejunumschlinge zur vorderen Bauchwand gebracht. In dieser Zeit wurde von außen
mit einem Finger an der Stelle, an der Jejunostomiekatheter platziert werden sollte,
gegen die Bauchwand gedrückt, um eine mögliche Spannung der Jejunumschlinge zu
entdecken. Nun wurde die identifizierte Jejunumschlinge mit zwei Einzelknopfnähten
(resorbierbarer Faden der Fadenstärke 3-0) an der vorderen Bauchwand in Höhe der
vorgesehenen Punktionsstelle fixiert (Abb. 8).
Abb. 8: Fixierung der erstverfügbaren Jejunumschlinge an der Bauchwand mit zwei
Einzelknopfnähten
21
Ein üblicher Jejunostomiekatheter, der in der offenen Bauchchirurgie eingesetzt wird,
wurde verwendet. Es handelte sich dabei um Katheter der Stärke 9 French, die von
verschiedenen Herstellern angeboten werden. Gebraucht wurde der Feinnadelkatheter
der Firma Fresenius-Kabi (Freka®-FKJ, Fresenius Kabi GmbH, Bad Homburg).
Merkmale des Freka®-FKJ der Firma Fresenius Kabi sind:
•
Länge 75 cm
•
Durchmesser außen 2,9 mm, innen 1,9
•
French 9
•
Polyurethansonde mit Röntgenkontraststreifen, endständiger Öffnung und positivem Luer-Lock Schraubsteck-Ansatz,
•
spezielle Halteplatte mit Klemmverschluss zur Fixierung auf der Bauchdecke,
•
Zahlenmarkierung,
•
zwei Splitkanülen (10,5 cm und 13 cm) mit stumpfen Mandrin in der längeren
Splitkanüle.
Zunächst wurde mit einer dünnen Kanüle die Bauchwand an der Stelle, an der die FKJ
platziert werden sollte, punktiert. Damit wurde die Punktionsrichtung und korrekte
Lage in bezug zur Jejunumschlinge festgelegt (Abb.9).
Abb. 9: Probepunktion mit einer kleinen Kanüle
22
Mit einer Splitkanüle (Introducer) wurde das Jejunum transkutan an der Fixierungsstelle punktiert (Abb. 10).
Abb. 10: Punktion des Jejunums mit Introducer-Nadel
Dabei wurde zur Stabilisation und Vermeidung von Darmverletzungen die Jejunumwand mit einer stumpfen Zange gegengehalten. Der Katheter wurde unter Sichtkontrolle in das Jejunum 20 bis 30 cm vorgeschoben und nach Entfernung der IntroducerNadel (Abb. 11) eine Tabaksbeutelnaht um die Eintrittstelle des Katheters in den
Dünndarm gelegt (Abb. 12).
23
Abb. 11: Jejunal platzierte FNKJ nach dem Entfernen der Introducer-Nadel
Abb. 12: Anlage einer Tabaksbeutelnaht um die Eintrittstelle des Katheters in den
Dünndarm
24
Zwei bis drei weitere Einzelknopfnähte um die Punktionsstelle an der vorderen
Bauchwand wurden noch zur Fixierung der Jejunumschlinge angelegt (Abb. 13).
Abb. 13: Abschließende Fixierung des Dünndarmes mit der vorderen Bauchwand zur
Abdichtung der Kathetereintrittstelle gegenüber dem Bauchraum
Danach war der Katheter nicht mehr zu sehen und so gegen Dislokation geschützt.
Die Kathetereintrittstelle in das Jejunum war so auch von der übrigen Bauchhöhle abgeschottet. Mittels 10 bis 20 ml Kochsalzlösung wurde die Durchgängigkeit des Katheters geprüft. Der Jejunalkatheter wurde von außen mit einer Halteplatte auf Hautniveau mit nicht-resorbierbarem Nahtmaterial fixiert. Zum Abschluss der Operation
wurde der Situs inspiziert und auf Bluttrockenheit untersucht. Die Extraktion der Trokarhülsen erfolgte unter Sicht. Das Pneumoperitoneum wurde abgelassen. Perioperativ
wurde ein Antibiotikum verabreicht. Die Faszie wurde bei Inzisionen von mehr als 10
mm durch eine Naht verschlossen. Ein steriler Verband schützte die Hautnaht.
Zur Dokumentation der korrekten intraluminalen Lage des Katheters erfolgte postoperativ eine Röntgen-Durchleuchtungsuntersuchung mit Applikation von Kontrastmittel
über den Jejunostomiekatheter (Abb. 14).
25
Abb. 14: Kontrastmitteldarstellung der FKJ mit Dokumentation der intraluminalen
Lage
Nach 12 bis 24 Stunden begann die Ernährungstherapie mit der kontinuierlichen Zufuhr über eine Pumpe. Ein Ernährungsstufenschema gewährleistete eine gute Verträglichkeit der enteralen Ernährung. Bis zum Abschluss der Wundheilung wurde täglich,
später wöchentlich die Eintrittsstelle gereinigt.
Zuerst wurden die Nähte an der Bauchdecke gelöst und anschließend der Katheter herausgezogen. Die Wundfläche wurde mit einem Verband versorgt. Eine 12-stündige
Nahrungskarenz wurde eingehalten. Nach Auflösen der intraabdominellen Fäden war
die Darmwand mit der Bauchwand verklebt bzw. verwachsen (Abb. 15).
26
Abb. 15: Verwachsung des Jejunums mit der vorderen Bauchwand nach Resorption
des Nahtmaterials
Als absolute Kontraindikationen für die laparoskopische Anlage einer FKJ wurden
Obstruktionen aboralwärts der Punktionsstelle, Darmischämie sowie diffuse Peritonitis
oder allgemeine Operationskontraindikationen angesehen. Der Jejunostomiekatheter
konnte nur dann gelegt werden, wenn intraoperativ das proximale Jejunum sicher identifiziert wurde (Treitz`sches Ligament). Relative Kontraindikationen bestanden bei nur
kurzfristiger Nahrungskarenz, einer lokalen Peritonitis sowie bei präfinalen Patienten
und bei einem bestehenden Kurzdarmsyndrom (kürzer 30 cm).
27
3.3 Applikation der enteralen Ernährung
Nur nährstoffdefinierte Diäten, die den gesamten Bedarf an Nährstoffen, Elektrolyten,
Spurenelementen und Vitaminen enthalten, wurden verabreicht. Die Therapie wurde
mit einer einschleichenden Dosierung begonnen. Die jejunale Applikation erfolgte
pumpengesteuert und kontinuierlich über 24 Stunden pro Tag. Mit einer Flussrate von
20 ml/h wurde begonnen. Bei guter Verträglichkeit betrugen die Steigerungsintervalle
pro Tag 20 ml/h. Nach ca. vier Tagen war das Zielvolumen von 80 ml/h, was einem
Tagesvolumen von ca. 1920 ml entsprach, erreicht. Ein Volumen von ca. 2 Litern
deckte den Tagesbedarf eines Erwachsenen an Nährstoffen. Die Kalorienzufuhr war
abhängig von der Sondenkost. Im Durchschnitt erhielt ein Erwachsener eine Energiezufuhr zwischen 1800 und 3000 kcal pro Tage (DGE). Der zusätzliche Flüssigkeitsund Elektrolytbedarf wurde parenteral ergänzt und ein Gesamtvolumen von 2,5 Litern
nicht überschritten.
Die fehlende Flüssigkeit wird zu
Beginn parenteral ergänzt. Ein Gesamtvolumen von 2,5 Litern in 24 h
sollte nicht überschritten werden.
ml/h 100
80
60
40
Ψ
20
Weiterführung der bedarfsdeckenden Ernährung
0
1
2
3
4
5
Postoperative Tage
Abb. 16: Enteraler Kostaufbau
Nicht alle Patienten, die eine FKJ erhielten, mussten vollständig enteral ernährt werden. In diesen Fällen wurde die orale Nahrungsaufnahme ab dem 4. postoperativen
Tag gefördert und die fehlende Restenergiezufuhr enteral über die FKJ appliziert.
Aufgrund der besseren Verträglichkeit wurden in der untersuchten Patientengruppe nur
industriell hergestellte bilanzierte hochmolekulare nährstoffdefinierte Diäten als Fla-
28
schenkost verabreicht. Die Auswahl der patientenbezogenen Nährlösung richtete sich
nach Alter, Ernährungszustand und nach den Grund- und Begleiterkrankungen. Bei
normaler Stoffwechsellage waren Standarddiäten ohne und mit Ballaststoffen indiziert.
Bei Erkrankungen mit hohem Energiebedarf oder bei schon bestehender Kachexie
wurden hochkalorische Diäten verabreicht. Für Diabetiker standen spezielle Diäten zur
Verfügung, die für eine diabetische Stoffwechsellage geeignet waren. Besondere Nährlösungen (Immunonutrition) wurden kritisch kranken Intensivpatienten appliziert.
Tabelle 4: Applizierte Nährlösungen
Nutrodrip®
Fresubin®
Indikation
normale
Stoffwechsella-
Fresubin®
plus
normale
Fresenius
Energan plus
Sonde®
für hohen
Nutridrip
diabetes®
diabetische
Stoffwechsella- Energiebedarf Stoffwechsella-
ge
ge
Protein
16%
15%
Fett
30%
-anteilig MCT
- anteilig 18%
30%
Impact®
Immunsystem
unterstützend
ge
15%
15%
22%
35%
31%
25%
MCT-reich
- anteilig 13%
- anteilig 21%
MCT
MCT
MCT
Kohlenhydrate
54%
55%
55%
54%
53%
Besonder-
ballaststoff-
Ballaststoffe
Ballaststoffe
75% Stärke
Arginin, Ω-
heiten
frei
0,015g/ml
0,02g/ml
25% Fructose
3FS,
RNSNukleotide
Brennwert
1
1
1,5
in kcal/ ml
Osmolarität in
0,92
1
1 BE/100ml
250-350
250
320
340-410
500
Norvatis
Fresenius AG
Fresenius AG
Norvatis
Norvatis
mOsmol/l
Firma
Fresenius AG
29
Die Ernährung mittels der laparoskopischen FKJ wurde pumpengesteuert und kontinuierlich appliziert.
Es kamen 2 Pumpautomaten zum Einsatz:
•
Fresenius Sondomat® plus:
eine kontinuierliche Förderungsleistung von 1-300 ml/h, Alarmsystem, Akku- und
Netzbetrieb, Gesamtmengenvorgabe, automatische Vorfülltaste, Speicherung von
Förderrate und Fördervolumen, Anzeige und Folientastatur zur leichten Bedienung,
Flaschensystem Sondomat® für Kronkorkenflaschen von 200 cm Länge: Belüftungsventil, Tropfenkammer, Rollenklemme, integriertes Silikon-Pumpsegment,
spezielles T-Stück für Luer-Spritzen und negativer Luer-lock-Anschluss mit Adapter für Steckverbindungen.
•
Compat®-Handy Norvatis Nutrition GmbH:
Überleitgerät (Infusionsbesteck) für Ernährungspumpe Compat® universal Set für
Glasflaschen, Alarmsystem, Akku- und Netzbetrieb, Förderrate 1–999 ml/h, Speicherfunktion der Daten, Gewicht 900 g, Luftsensor, Anzeigenfeld und Dauerapplikation möglich
Um eine Verstopfung der Sonde zu verhindern, wurde bei jeder Nahrungsunterbrechung regelmäßig mit Tee oder NaCl-Lösung gespült. Die regelmäßige Säuberung der
Einstichstelle und ein Verbandswechsel minimierten die Infektionsgefahr.
3.4 Statistik
Durch die retrospektive Datenerhebung konnte kein Einfluss auf die Befunderhebung
und Auswertung genommen werden. Es wurde eine deskriptive Statistik mit Mittelwert und Prozentrechnung angewendet.
30
4. Ergebnisse
Im Folgenden werden die Ergebnisse der retrospektiven Betrachtung der laparoskopischen Feinnadelkatheterjejunostomien in der chirurgischen Klinik der RuhrUniversität Bochum im Zeitraum Oktober 1996 bis November 2001 dargestellt.
4.1 Beobachtungszeitraum
Im Zeitraum von Oktober 1996 bis November 2001 wurden 35 laparoskopische FKJ
gelegt. Die überwiegende Anzahl der Operationen wurden in den Jahren 1998 bis 2001
durchgeführt. Die nachstehende Grafik umfasst den Zeitraum von 1996 bis 2001.
12
31,4%
Anzahl der Patienten
(n=35)
10
25,7%
8
20%
6
11,4%
4
5,7%
5,7%
1996
1997
2
0
1998
1999
Jahr
Abb. 17: Beobachtungszeitraum von 1996-2001 (n = 35)
2000
2001
31
4.2 Patientencharakteristika
Von den 35 Patienten, die eine laparoskopische FKJ-Anlage erhielten, waren 25 männlich (71,4%) und 10 weiblich (28,6%).
30
25
7 1 ,4 %
Anzahl der Patienten
20
15
2 8 ,6 %
10
5
0
m ä n n lic h
w e ib lic h
G e s c h le c h t
Abb. 18: Geschlechtsverteilung (n = 35)
32
Das Alter der Patienten lag zwischen 33 und 83 Jahren. Das Durchschnittsalter der
Patienten betrug 61,3 Jahre. Patienten mit einem Alter von 61 bis 70 Jahren bildeten
mit 31,4% den höchsten Anteil. Die 41 bis 50 und 51 bis 60 Jährigen bildeten einen
Anteil von jeweils 22,9%. Die Altersgruppe von 71 bis 80 Jahre war mit 14,3% vertreten. Die kleinsten Gruppen bildeten die 31 bis 40 Jährigen und die über 80-jährigen
mit nur 2,9 bzw. 5,7%. Die Grafik zeigt, dass 91,4% des Patientenkollektivs zwischen
dem 4.und 8. Lebensjahrzehnt liegt.
12
Anzahl der Patienten
10
31,4%
8
22,9%
22,9%
6
4
14,3%
2
5,7%
0
2,9%
31- 40 J.
41-50 J.
51-60 J.
61-70 J.
Alter in Jahren
Abb. 19: Altersverteilung der Patienten (n = 35)
71-80 J.
81-90 J.
33
25,7% der Patienten befanden sich in einem guten Allgemeinzustand, von denen 5,7%
weiblichen und 20% männlichen Geschlechtes waren. Insgesamt 57,1%, anteilig
37,1% männlich und 20% weiblich, bildeten die Gruppe der Patienten mit einem reduzierten Allgemeinzustand. Sechs Patienten (17,1%) waren mit schlechtem Allgemeinzustand erfasst. Dies betraf eine Frau (2,9%) und fünf Männer (14,3%).
Tabelle 5: Allgemeinzustand der 35 Patienten
Schlecht
Reduziert
Gut
Weiblich
1
7
2
Männlich
5
13
7
gesamt
6
20
9
Prozentual
17,1%
57,1%
25,7%
Der Ernährungszustand wurde mit Hilfe des Body Mass Indexes (BMI) dargestellt.
Der durchschnittliche BMI lag bei 21,8 kg/m2. 51,4% der Patienten zeigten einen normalen Ernährungszustand. 22,9% der Patienten waren untergewichtig. Davon wiesen
vier Patienten (11,4%) einen milden und jeweils zwei Patienten einen mäßigen (5,7%)
bzw. schweren (5,7%) Mangelzustand auf. In der Gruppe der Übergewichtigen befanden sich 6 Patienten (17,1%). Eine Fettleibigkeit zeigte sich bei einem Patienten
(2,9%). Kein Patient war krankhaft fett. Bei zwei Patienten (5,7%) fehlten die Angaben der Körpermaße.
Tabelle 6: Ernährungszustand der Patienten (n = 35)
Zustand
BMI
Anzahl
Anteil in Prozent
Schwerer Mangelzustand
<16
2
5,7%
Mäßiger Mangelzustand
16-16,9 kg/m2
2
5,7%
Milder Mangelzustand
17-18,4 kg/m2
4
11,4%
Normalbereich
18,5-24,9 kg/m2
18
51,4%
Übergewicht
25-29,9 kg/m2
6
17,1%
Fettleibigkeit
30-39,9 kg/m2
1
2,9%
Krankhafte Fettleibigkeit
>40 kg/m2
0
0
2
5,7%
Keine Angaben
34
4.3 Lokalisation und Dignität der Erkrankung
Alle Patienten litten an einer Erkrankung im oberen GIT. Bei 18 Patienten (51,4%)
lagen die Probleme im Ösophagusbereich. Erkrankungen des Rachens und Magens
zeigten jeweils 8 Patienten (22,9%). Nur ein Patient, anteilig 2,9%, litt an einer Erkrankung des Pankreas.
20
51,4%
18
16
Anzahl der Patienten
14
12
10
22,9%
22,9%
8
6
4
2,9%
2
0
Rachenbereich
Ösophagus
Magen
Lokalisation
Abb. 20: Lokalisation der Erkrankung (n = 35)
Pankreas
35
Die meisten Patienten, anteilig 88,6%, litten an einer malignen Erkrankung. Nur bei
11,4% der Patienten fand sich eine benigne Erkrankung.
benigne
11,4%
maligne
88,6%
Abb. 21: Verhältnis der benignen und malignen Grunderkrankungen (n = 35)
Von den 31 Patienten mit malignen Erkrankungen litten 16 Patienten an einer Erkrankung im Ösophagus-, 8 Patienten im Rachen- , 6 Patienten im Magen- und 1Patient im
Pankreasbereich. Innerhalb dieser Gruppe befanden sich Patienten mit Tumorerkrankungen in einem fortgeschrittenen Stadium. Bei 11 Patienten lag ein Rezidiv vor. 20
Tumorpatienten wiesen ein inoperables Stadium ihrer Erkrankung auf. In 6 Fällen
stand die Anlage der FKJ im Zusammenhang mit einer neoadjuvanten Therapie. Diese
Patienten litten alle an einem Ösophaguskarzinom. Nur bei einem Patienten konnte mit
einer neoadjuvanten Therapie ein operabler Zustand hergestellt werden. Bei 17 Patienten wurde nach Anlage der FKJ eine palliative Radio- und bzw. oder Chemotherapie
durchgeführt. Acht Patienten erhielten eine FKJ ausschließlich zur Sicherung der Ernährung.
36
19,3%
25,8%
neoadjuvante R- u. C
palliative R- u. C
Ernährungssicherung als Palliation
54,8%
Abb. 22: Art der onkologischen Therapie in Prozent (n = 31)
Tabelle 7: Art der Therapie (n = 31)
Onkologische Therapie
Anzahl der Patienten
Neoadjuvante Radio- und Chemotherapie
6
Palliative Radio- und Chemotherapie
17
Allein zur Ernährungssicherung
8
Bei 12 Patienten wurde mit Hilfe der Laparoskopie ein Tumorstaging durchgeführt.
Der Verdacht einer Peritonealkarzinose bestätigte sich in 3 Fällen. Während einer Laparoskopie wurden einige Proben zur Diagnostik entnommen. 9 Patienten zeigten keine Metastasierung. Die Inspektion des Bauchraumes wurde bei 6 Patienten zur Planung der neoadjuvanten Therapie genutzt.
Unter den benignen Erkrankungen (11,4%) fanden sich neurologische Dysfunktionen
des Magens und Ösophagusrupturen. Ein Patient mit Morbus Parkinson sowie ein Patient mit Zustand nach Mediainfarkt litten unter Magenentleerungsstörungen. Ösophagusrupturen wurden durch eine postoperative Komplikation nach Kardiomyotomie und
durch ein Boerhaave-Syndrom verursacht.
37
Tabelle 8: Grunderkrankungen der Patienten (n = 35)
Grunderkrankungen
Anteil in Prozent
Anzahl der Patienten
Maligne Erkrankung
88,6%
31
Ösophagus
45,7%
16
Rachen
22,9%
8
Magen
17,1%
6
Pankreas
2,9%
1
11,4%
4
Ösophagusruptur
5,7%
2
Z. n. Kardiomyotomie
2,9%
1
Z. n. Boerhaave-Syndrom
2,9%
1
Magenentleerungsstörung bei
5,7%
2
M. Parkinson
2,9%
1
Z. n. Mediainfarkt
2,9%
1
Benigne Erkrankung
38
4.4 Indikationen
Grund zur Anlage einer laparoskopischen FKJ gaben überwiegend Stenosen im oberen
GIT bedingt durch Tumorwachstum. Bei 21 Patienten (60%) war stenosebedingt die
Nahrungsaufnahme nicht mehr oder nur teilweise möglich. Vier Patienten (11,4%)
litten unter einer Dysphagie. Bei zweien dieser Patienten lag eine Funktionsstörung des
Schluckaktes vor, die eine Nahrungsaufnahme unmöglich machte. Mit Hilfe der FKJ
wurde die Nahrungsaufnahme bei 3 Patienten (8,6%) nach Verletzungen im Ösophagusbereich unter Umgehung des betroffenen Gebietes gesichert (2 mal Ruptur, 1 mal
Perforation Lymphom im Ösophagusbereich). Neurologische Magenentleerungsstörungen bei Morbus Parkinson und bei Zustand nach Mediainfarkt waren zweimal der
Grund (5,7%) für eine Operation. Eine Malnutrition fand sich bei zwei Patienten
(5,7%) mit Z. n. Gastrektomie. Bei zwei Patienten (5,7%) wurde die FKJ-Anlage nach
akzidenteller Entfernung erneuert. Zur Sicherung der Ernährung während einer Strahlentherapie wurde einmal (2,9%) eine FKJ gelegt.
Tabelle 9: Indikationen (n = 35)
Indikation
Anzahl der Patienten
In Prozent
Stenose
21
60%
Dysphagie
4
11%
Umgehung des oberen GIT
3
8,6%
Neurologische Dysfunktion
2
5,7%
Malnutrition bei Z. n. Op im oberen GIT
2
5,7%
Sicherung der Ernährung während einer neoadju-
1
2,9%
2
5,7%
vanten Therapie
Erneuerung der FKJ nach akzidenteller Entfernung
39
4.5 Ergebnisse des chirurgischen Verfahrens
Die Operationszeit bei den 35 laparoskopisch gelegten FKJ schwankte zwischen 25
und 120 Minuten. Im Durchschnitt betrugt sie 62,7 Minuten. Während der Operation
wurde bei 12 Patienten die Möglichkeit einer Inspektion des Bauchraumes genutzt um
ein Tumorstaging durchzuführen. Bei einem Patienten wurden Probebiopsien zur histologischen Abklärung entnommen. Bei zwei Patienten fehlten Angaben zur
Operationszeit.
Es traten keine operationsspezifischen Komplikationen wie Organverletzungen oder
verstärkte Blutungen auf. Alle geplanten laparoskopischen FKJ konnten durchgeführt
werden. Ein Wechsel zur Laparotomie war in keinem Fall nötig. Die postoperative
Phase blieb komplikationslos. Nachblutungen oder Infektionen wurden nicht beobachtet. Die Katheteranlage war bei allen Patienten gut platziert.
Bei allen Patienten wurde eine radiologische Lagekontrolle des Katheters durchgeführt. In allen Fällen lag der Katheter nach der Operation korrekt und musste nicht
verändert werden.
40
Alle Patienten erhielten eine Allgemeinnarkose. Ein Patient aspirierte bei der Intubation. Während der bronchoskopischen Lavage ließ sich eine ösophago-tracheale Fistel
nachweisen. Ansonsten traten keine Narkosezwischenfälle auf.
Jeweils 48,6% der Patienten fanden sich in der Gruppe III und IV des ASA-Schemas.
In der Gruppe III litten sie an einer schweren systemischen Erkrankung und in der
Gruppe IV an einer systemischen Erkrankung, die eine ständige Bedrohung des Lebens
darstellte. Ein Patient war der Gruppe II zuzuordnen. Bei ihm lag eine leichte systemische Erkrankung vor.
18
4 8 ,6 %
4 8 ,6 %
16
Anzahl der Patienten
14
12
10
8
6
4
2
2 ,9 %
0
II
III
IV
G ru p p e n k la s s ifik a tio n
Abb. 23: Einschätzung des Narkoserisikos nach ASA-Schema (n = 35)
41
4.6 Enterales Ernährungsverfahren
Bei 74,3% der Patienten (n = 26) begann die enterale Ernährung am 1. postoperativen
Tag . Bei einem Patient (2,9%) wurde abends am Tag der Operation die Ernährungstherapie gestartet. Am 2. bis 4. postoperativen Tag begannen drei Patienten (8,6%) die
enterale Ernährung. Bei 5 Patienten (14,3%) war der Anfang der enteralen Ernährung
nicht genau dokumentiert.
30
74,3%
25
Anzahl der Patienten
20
15
10
14,3%
5
8,6%
2,9%
0
0. abends
1.
2. - 4.
postoperativer Tag
Abb. 24: Beginn der postoperativen enteralen Ernährung (n = 35)
k. A.
42
Alle Patienten erhielten hochmolekulare nährstoffdefinierte Diäten. Standarddiäten
wurden 17 Patienten entweder von der Firma Fresenius oder Novartis verabreicht. Bei
einem Patient wurde eine Sondennahrung verordnet, die speziell auf eine gestörte Glucosetoleranz zugeschnitten war. Sieben Patienten erhielten ballaststoffreiche Nahrung.
Fünf Patienten mit erhöhtem Energiebedarf wurde eine hochkalorische Sondenkost
verordnet. Ein Patient erhielt eine Ernährung zur Unterstützung des Immunsystems.
Bei 4 Patienten konnten keine genauen Angaben über die verabreichte Sondennahrung
ermittelt werden.
Tabelle 10: Art der verabreichten Sondennahrung (n = 35)
Art der Sondennahrung
Anteil in Prozent
Anzahl der Patienten
Fresubin®
31,4%
11
Nutrodrip® Standard
17,1%
6
Fresubin® plus
20%
7
Fresubin® Energan plus Sonde
14,3%
5
Nutrodrip® diabetes
2,9%
1
Impact®
2,9%
1
Keine Angaben
11,7%
4
Die Applikation erfolgte bei allen Patienten kontinuierlich und pumpengesteuert. Einige Patienten konnten während der Therapie oral Nahrung aufnehmen. Um den Nährstofftagesbedarf abzudecken, wurden die fehlenden Kalorien mittels Sondenkost ergänzt. Bei ausreichender oraler Nährstoffzufuhr wurde die Infusionstherapie unterbrochen.
Schwere Komplikationen wie Bauchdeckenphlegmone, Peritonitis, bakterielle Kontamination, Pneumatosis intestinales, mechanischer Ileus, Volvulus, Dünndarmnekrose
oder Perforation der Sonde traten nicht auf. Bei 7 Patienten, entsprechend einem Anteil
von 20%, zeigten sich leichtere Komplikationen. Diese setzten sich aus der Infektion
der Einstichstelle (n = 3) - anteilig 8,6% -, der Sondenverstopfung (n = 3) - anteilig
8,6% - und der akzidentiellen Entfernung der Sonde (n = 1) - anteilig 2,9% -, zusammen.
43
Ein Patient erlitt die Infektion der Einstichstelle während des Krankenhausaufenthaltes
23 Tage nach der Operation. Durch Wundversorgung kam es zur Ausheilung. Bei
einem Patienten verstopfte die Sonde während des Klinikaufenthaltes. Nach Lagekorrektur konnte die FKJ wieder benutzt werden. Weder Diarrhöen, Bauchkrämpfe oder
Obstipation wurden bei den untersuchten Fällen dokumentiert.
Die Infektion der Einstichstelle trat bei 2 Patienten in der häuslichen Umgebung auf.
Bei einem dieser Patienten führte dies zur Entfernung der Sonde nach 29 Tagen und
damit zum Abbruch der Therapie. Ein anderer Patient zeigte die Infektion nach 39 Tagen, die durch antiseptische Verbände ausheilte. Die FKJ wurde problemlos weiter
benutzt. Bei 2 Patienten trat das Verstopfen der Sonde nach 3 bzw. 5 Monaten auf.
Mittels Lagekorrektur und Durchspülen der Sonden wurden diese Probleme behoben.
Bei einem Patienten kam es zur akzidentiellen Entfernung der Sonde. Hier war eine
Neuanlage der FKJ nötig.
Bei 5 Patienten (14,3%) traten die Komplikationen während der häuslichen Pflege auf.
In einem Fall wurde die Therapie abgebrochen. 2 Patienten (5,7%) zeigten die Komplikationen während der stationären Behandlung.
Tabelle 11: Sondenkomplikationen (n = 35)
Sondenkomplikationen
Anzahl der Patienten
Anteil in Prozent
Infektion der Eintrittsstelle
3
8,6%
Verstopfung der Sonde
3
8,6%
Akzidentielle Entfernung
1
2,9%
Gesamt
7
20%
Konservative Therapie
5
14,3%
Katheterneuanlage
1
2,9%
Abbruch der Therapie
1
2,9%
44
4.7 Entlassung und Benutzungsdauer der FKJ
Die Benutzungsdauer der einzelnen FKJ-Anlagen lag zwischen 14 und über 271 Tagen. Im Mittel betrug die Liegezeit 92 Tage. Ein Patient starb an seiner Grunderkrankung 14 Tage nach der Operation. Drei weitere Patienten erlagen nach 44, 48 und 76
Tagen ihrer Grunderkrankung. Hierdurch wurde die Nutzungsdauer bestimmt. Ein Patient war nach 54 Tagen wieder in der Lage normale Nahrung aufzunehmen. Bei einem
Patienten kam es zur akzidentellen Entfernung der FKJ nach 30 Tagen. Ein Patient
entwickelte eine Infektion der Einstichstelle, die zur Sondenentfernung nach 29 Tagen
führte. Ein Patient entfernte sich selbst die FKJ-Anlage nach 153 Tagen, da er wieder
selbständig Nahrung zu sich nehmen konnte. Bei einem Patienten wurde die FKJ nach
106 Tagen während einer Tumoroperation nach neoadjuvanter Radio- und Chemotherapie entfernt. Bei den übrigen 26 Fällen konnte die Benutzungsdauer nicht bestimmt
werden. Diese Patienten wurden nach Anlage der FKJ entweder verlegt oder entlassen.
Keiner dieser Patienten hat sich wegen einer Komplikation z. B. zur Revision wieder
vorgestellt. Es gab bei guter Verträglichkeit der jejunalen Ernährung keinen limitierenden Zeitfaktor für diese Art der enteralen Ernährung.
60% der Patienten (n = 21) wurden mit der FKJ-Anlage nach Hause entlassen. 40%
der Patienten (14) wurden nicht mit der FKJ-Anlage entlassen. Ein Patient (2,9%)
konnte wieder Nahrung zu sich nehmen. Die Sonde wurde entfernt. Ein Patient (2,9%)
verstarb während des Krankenhausaufenthaltes an seinem Grundleiden. 10 Patienten
(28,6%) wurden innerhalb des Krankenhauses auf eine andere Station verlegt. Bei 2
Patienten (5,7%) konnten keine Angaben zur Entlassung gefunden werden.
45
1
1
2
10
V e r le g u n g
E n t la s s u n g m it S o n d e
E n t la s s u n g o h n e S o n d e
V e rs to rb e n w ä h r e n d d e s
A u f e n t h a lt e s
k. A .
21
Abb. 25: Anteil der Entlassungen/Verlegungen mit oder ohne FKJ (n = 35)
Die Länge des postoperativen stationären Aufenthaltes in der Abteilung schwankte
zwischen 0 und 36 postoperativen Tagen. Diese Spannbreite ergab sich durch die Therapie der Grunderkrankungen. Die langen Aufenthalte wurden durch die Behandlung
von Intensivpatienten verursacht. Bei einigen Patienten mit stark reduziertem Allgemeinzustand wurde der Nahrungsaufbau beobachtet. Bei einem Patienten wurde während des Krankenhausaufenthaltes ein Port implantiert. Ein Patient konnte erst nach
der Therapie einer Pneumonie operiert werden. 60% der Patienten wurden innerhalb
der ersten drei postoperativen Tage entlassen. Patienten, bei denen ausschließlich eine
FKJ gelegt wurde, konnten am 1. postoperativen Tag entlassen werden.
Tabelle 12: Länge des stationären Aufenthaltes in Tage nach der Operation
postoperativer Tag
Anteil in Prozent
Anzahl der Patienten
0. - 3.
60%
21
4. - 9.
22,9%
8
10. - 40.
11,4%
4
k.A.
5,7%
2
46
5. Diskussion
Die Nahrungsaufnahme ist eine physiologische Grundfunktion des Körpers, die viele
Patienten vornehmlich kritisch Kranke, nicht mehr erfüllen können. Diese Patienten
haben das Recht auf eine angemessene Ernährung, auch wenn sie aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sind, diese Grundfunktion selbst auszuüben. Dies gilt
für Patienten, die mangelernährt sind oder sein werden und die auf oralem Weg nicht
ausreichend Nahrung zu sich nehmen können, um ihren Ernährungszustand zu halten
(1).
Wann immer möglich, sollte die enterale Ernährung gegenüber der parenteralen Ernährung bevorzugt werden. Durch die Nahrungsaufnahme werden Regulations- und Sekretionsvorgänge stimuliert und die Motilität des Darms gefördert. Die Darmmukosa
wird über die Nährstoffe im Darmlumen versorgt. Eine Mukosaatrophie wird verhindert und eine bakterielle Translokation mit ihren Folgen vermieden. Gastrointestinale
Blutungskomplikationen treten seltener auf.
Der gezielte Einsatz von nasoenteralen Sonden, Gastrostomien und Jejunostomien ermöglicht eine risikoarme und kostengünstige Nahrungsmittelapplikation. Metabolische
Komplikationen sind bei den industriell gefertigten Nährlösungen seltener geworden.
Durch laktosearme Sondennahrung und den Einsatz von mittelkettigen Triglyceriden
treten Unverträglichkeitsreaktionen seltener auf (27). Die unterschiedlichen bilanzierten Diäten ermöglichen eine bedarfsorientierte Ernährung. Zusätzlich ist sie kostengünstiger (37, 63). Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wird die enterale Ernährung einfach und komfortabel zu Hause durchgeführt. Aufgrund der technischen und
materiellen Entwicklungen der Sonden und Applikationsmöglichkeiten findet sie eine
hohe Akzeptanz bei den Patienten.
Die perkutanen Zugänge als perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) (51) oder
als perkutane endoskopische Jejunostomie (PEJ) (50) haben sich in den letzten Jahren
für die Langzeiternährung von Patienten bewährt (36). Zur Anlage wird keine Narkose
benötigt. Der Eingriff ist risikoarm und kostengünstig. Akute Komplikationen wie Perforation, schwere intraabdominale Blutung oder Peritonitis machen eine chirurgische
47
Intervention in weniger als 0,5% der Fälle notwendig. Auch über einen langen Zeitraum wird die enterale Ernährung über eine PEG gut vertragen (38). Neben diesen
Zugängen gilt bei abdominalchirurgischen Eingriffen mit längerfristiger Nahrungskarenz oder unzureichender Nahrungsaufnahme die intraoperative Plazierung sogenannter Katheterjejunostomien als Standardverfahren zur intrajejunalen Sondenernährung
(30, 56, 66). In einigen Fällen sind die perkutanen endoskopischen Standardverfahren
nicht durchführbar. In dieser Situation können offen chirurgische oder laparoskopische
Techniken zum Legen eines enteralen Zuganges angewandt werden. Die konventionellen Verfahren benötigen eine Minilaparotomie zur Anlage einer FKJ im Sinne einer
Witzel-Jejunostomie. Sie sind lagestabil und für eine längerfristige enterale Ernährung
geeignet. Durch das invasive Operieren entsteht eine größere Wundfläche und der Patient benötigt eine längere Rekonvaleszenzzeit. Eine Inspektion des Bauchraumes ist
nicht möglich (48, 49). Außerdem verbleibt häufig an der Stelle des seromuskulären
Tunnels eine funktionelle Stenose nach Entfernen des Katheters. Um dem Patienten
eine Laparotomie zur Stomaanlage zu ersparen, wurden laparoskopische Techniken,
wie FKG, FKJ entwickelt (45, 61). Einen weiteren Vorteil bietet die Inspektion des
Bauchraumes. Ein intraabdominaler Befund kann erhoben werden. Der Katheter wird
unter Sicht platziert.
Die Idee zur Anlage einer laparoskopischen FKJ entstand im klinischen Alltag. Bei
einigen Patienten war eine enterale Ernährung indiziert und die perkutanen Standardverfahren nicht durchführbar. Eine laparoskopische Gastrostomie war nicht sinnvoll,
da die Patienten unter Erkrankungen litten, die mit einer Funktionsstörung des Magens
einhergingen. Es wurde eine Möglichkeit gesucht, eine enterale Ernährung unter Umgehung des oberen GIT zu verwirklichen. Beim Großteil der untersuchten Patienten
(88,6%) war aufgrund der malignen Grunderkrankung, die durch eine Stenosierung
oder einer Dysphagie symptomatisch wurde, eine laparoskopische FKJ indiziert. Sie
ermöglichte diesen Patienten eine enterale Nahrungsaufnahme. Seltener gaben benignen (11,4%) Erkrankungen Anlass zur Durchführung der vorgestellten Methode.
Hierzu zählten die iatrogene oder spontane Ösophagusruptur und neurologische Funktionsstörungen des Magens. Auch Verletzungen oder der Zustand nach Operationen in
diesem Bereich indizierten die Anlage einer Jejunostomie. Insgesamt erhielten mehr
Männer (71,4%) als Frauen (28,6%) eine laparoskopische FKJ. Dies erklärt sich durch
die Art der malignen Grunderkrankungen, an denen mehr Männer als Frauen leiden.
48
Andere Autoren, die laparoskopische FKJ durchführten, berichten über Patienten mit
ähnlichen Grunderkrankungen (2, 17, 22, 25, 33, 35, 41, 45, 46, 53, 55, 58). Auch hier
litten die Patienten zum größten Teil an malignen Erkrankungen im oberen GIT, die
eine laparoskopische Jejunostomie indizierten. Eine zweite Gruppe bildeten Patienten
mit neurologischen Funktionsstörungen im Magenbereich bedingt durch Hirninfarkt,
Hirnverletzungen, Morbus Parkinson oder Tetraplegie.
Indikationen der laparoskopischen FKJ
•
Stenosierende Tumore im oberen GIT
•
Verletzungen im oberen GIT
•
Voroperationen im oberen GIT
•
Funktionsstörungen im oberen GIT
•
Vor neoadjuvanter Therapie
•
Mangelernährung
•
Tumorstaging während der Anlage einer laparoskopischen FKJ
Es wurden bisher mehrere Techniken zur laparoskopischen Anlage einer Jejunostomie
beschrieben. Sie wiesen allerdings häufig technische Probleme auf (2, 15, 22, 25). Daher wurde eine neue modifizierte Technik entwickelt und im klinischen Alltag eingesetzt. Das hier beschriebene, modifizierte Verfahren demonstriert, dass eine vorherige
Fixierung des Darms eine sichere Punktion des Jejunums ermöglicht. Um einer Dislokation vorzubeugen, wurde der Katheter mit einer zusätzlichen Tabaksbeutelnaht befestigt. Spezielle Fixierungshilfen und Instrumente wurden nicht benötigt. Das herkömmliche Jejunostomie-Set reichte aus.
Die in der Literatur dargestellten Methoden unterscheiden sich in der Reihenfolge der
Punktion des Jejunums. Einige punktierten zunächst das Jejunum und fixierten es dann
an der Bauchwand (2, 19, 22, 25, 40, 55). Manche Autoren verlegten das Jejunum vor
der Punktion aus der Bauchhöhle heraus (22, 41, 47, 53) oder fixierten erst das Jejunum an der vorderen Bauchwand und punktierten es dann (58).
Zur Fixierung des Jejunums an der Bauchwand existieren unterschiedliche, teilweise
aufwendige Techniken. Einige Operateure benötigten spezielle Haltevorrichtungen (2),
49
die das Verfahren unnötig verkomplizieren und verteuern. Duh und Mitarbeiter (15)
benutzten ankerförmige Vorrichtungen, sog. T-Fastener, mit denen die Jejunumschlinge an der vorderen Bauchwand angeheftet wurde. Vier dieser T-Fastener wurden in
zusammen gefalteter Form über eine spezielle Nadel im Jejunum platziert. Im Lumen
entfaltete sich das wie ein "T" geformte Ende, so dass das Jejunum zur vorderen
Bauchwand vorsichtig angehoben werden konnte. Das T-Ende war mit einem NylonFaden in der Mitte versehen. Das äußere Ende bestand aus einem Baumwolltampon
und verschiedenen Nylon-Unterlegscheiben und Dämpfern, um eine Dislokation zu
verhindern und Drucknekrosen zu vermeiden. Anschließend wurde der Jejunostomiekatheter über ein Punktionsbesteck in das Jejunum eingebracht und die T-Fastener von
außen an der Bauchwand mit entsprechender Spannung fixiert, um das Jejunum bis zur
vorderen Bauchdecke zu ziehen. Die Schwierigkeit dieser Technik bestand darin, den
ersten T-Fastener korrekt zu platzieren, wobei entgegen der vorgestellten Technik ein
intrakorporales Nähen oder Knoten nicht notwendig ist. Allerdings kann es zum Ausreißen der T-Anker kommen und die Jejunalwand verletzt werden, so dass diese Technik nur von erfahrenen Operateuren angewandt werden sollte (15, 46).
Einige Autoren favorisieren eine Befestigung des Jejunums durch eine spezielle Technik mit Mucosanähten (2, 55), die um den Jejunostomiekatheter herum angebracht
werden. Rosser inzidierte die Haut ca. 4 cm an der vorgesehenen Austrittsstelle des
Katheters und legte die Faszie frei. Vier Nähte wurden am Jejunum im Quadrat angebracht. Diese Nähte wurden aus der Bauchhöhle herausgezogen. Durch das Festknoten
auf der Faszie wurde die Jejunumschlinge an die Bauchwand gezogen. Die Knoten
lagen subkutan, wodurch Hautinfektionen verringert werden sollen. Der Katheter wurde nun durch die Mitte der Fixierung in den Darm eingebracht. Die Lage wurde mittels
Kontrastmitteldarstellung überprüft. Albrink ging in umgekehrter Reihenfolge vor (2).
Er durchstach die vordere Bauchwand, die Darmserosa und dann wieder die Bauchwand mit Nadel und Faden. Zwei weitere Nähte wurden in dieser Weise angebracht.
Nun konnte die Jejunumschlinge zur vorderen Bauchwand heraufgezogen und mittels
der drei Nähte fixiert werden. Dann wurde der Katheter eingebracht und an der Haut
befestigt. Abschließend wurde eine Kontrastmitteldarstellung durchgeführt, um die
richtige Platzierung zu dokumentieren.
50
Gui und Gedaly verwandten einen Ballonkatheter (22, 25), um ihn vor einer Dislokation zu sichern. Nachteilig hierbei war die Gefahr von Dünndarmobstruktionen und
Drucknekrosen der Darmwand (9).
Für das Legen einer laparoskopischen FKJ wurde in der vorliegenden Arbeit von den
Operateuren im Durchschnitt 62,7 Minuten benötigt. In der vergleichenden Literatur
(17, 19, 33, 42, 58) benötigten die Operateure eine z. T. deutlich längere mittlere Operationszeit. Hier wurden Durchschnittszeiten zwischen 63 min und 119 min gemessen.
Gedaly (22) führte seine Operationen in einer kürzeren mittleren Operationszeit von
44,38 min durch. Dies scheint durch das Verlegen des Jejunums aus der Bauchhöhle
heraus bedingt zu sein. Er punktierte und fixierte das Jejunum unter direkter Sicht. Um
das Verletzungsrisiko des Darms beim Herausziehen so gering wie möglich zu halten,
benutzte er einen 18 mm Trokar. Nachteilig für den Patienten ist der größere Zugang,
der mit einer längeren Rekonvaleszenz einhergeht.
Als Narkoseform ist die endotracheale Intubation mit kontrollierter Beatmung die Methode der Wahl. Sie ermöglicht eine bessere kardiorespiratorische Kontrolle, eine einfache Aufrechterhaltung eines adäquaten pCO2 unter kontrollierter Beatmung, ein geringeres Aspirationsrisiko und die Möglichkeit der kompletten Muskelrelaxation. Periduale und spinale Anästhesien sind bei laparoskopischen Eingriffen möglich. Diese
Verfahren sind jedoch keine gute Alternative und sollten nur in Ausnahmefällen
durchgeführt werden (8). In der Literatur findet sich eine Studie (16), die einen Vergleich zwischen lokaler Anästhesie mit intravenöser Sedierung und generalisierter
Narkose bei laparoskopisch durchgeführten Gastrostomien und Jejunostomien untersucht. Hierbei konnten weder Unterschiede im Erfolg der Prozedur, der Komplikationen noch der Kosten festgestellt werden. Die Auswahl der Narkoseform sollten Operateur und Anästhesist gemeinsam treffen. Die vorgestellten Fälle haben eine Laparoskopie unter Intubationsnarkose erhalten. Ist ein Patient jedoch nicht für diese Narkoseform geeignet, kann die Operation auch in einer Spinal- oder Regionalanästhesie
durchgeführt werden.
Bei einem Großteil (77,2%) der untersuchten Patienten wurde mit der jejunalen pumpengesteuerten Ernährung am 1. Postoperativen Tag begonnen. Über eine Adaptionsphase wurde die volle enterale Ernähung in der Regel am 4. Postoperativen Tag mit
51
der Gabe von 80 ml/Std. (2000kcal/Tag) erreicht. Zwischenzeitlich wurden Flüssigkeitsdefizite nach Bedarf parenteral ausgeglichen. Die Phase des Ernährungsaufbaus
gestaltete sich patientenabhängig unterschiedlich. Der stufenweise Ernährungsaufbau
hat sich bewährt. Sondenkomplikationen fanden sich bei 20% der Patienten. Bei einem
Patienten zwangen diese zum Abbruch der Therapie.
Der überwiegende Anteil der Autoren berichten über einen postoperativen Ernährungsaufbau nach 24h (17, 19, 22, 33, 45, 58). Gui (25) startete die Ernährung nach
48h. Albrink und Ramesh begannen direkt nach der Operation (2, 53). Morris (40)
und Ellis (19) beschrieben einen stufenweisen Aufbau der Ernährung, ähnlich der vorgestellten Art. Hotokezaka (33) berichtet über eine postoperative Komplikationsrate
von 25%, die Unverträglichkeitsreaktionen wie Sondenkomplikationen beinhaltet. Sie
konnten konservativ behandelt werden. Diese Rate entspricht ungefähr der im untersuchten Patientengut. Duh, Hotokezaka und Nguyen berichten über Sondenverstopfungen und ungewollte Entfernungen der Sonde (17, 33, 45). Dieses betraf in unserer
Studie einzelne Fälle und führte nicht zum Abbruch der Therapie. Sondenkomplikationen wurden nicht bei allen Autoren dokumentiert. Somit geht die genaue Komplikationsrate, die während der Ernährungstherapie auftrat, nicht eindeutig aus den Studien
hervor. Einige Zahlen fanden sich in den Untersuchungen der konventionell gelegten
Katheterjejunostomien. Hier lag die Gesamtkomplikationsrate bei 1 bis 1,5 % (43, 59)
und eine Mortalität bei 0,14% (32). Häufigere Komplikationen waren die Katheterokklusion und das akzidentelle vorzeitige Entfernen des Jejunostomiekatheters. Seltener, aber therapiebedürftig, waren Infektionen an der Einstichstelle, enterokutane Fisteln, Pneumatosis intestinalis, Bauchwandinfektion sowie mechanischer Ileus und
Volvolus. Als Einzelfallbeschreibung findet sich in der Literatur die Dünndarmnekrose, eine schwerwiegende Komplikation, die mit der FKJ in Verbindung gebracht wird
(34). Dieses Phänomen ist beobachtet worden bei Patienten im Schock, die jejunal
ernährt worden sind. Durch eine gute Einweisung des Personals und der Patienten
können Langzeitkomplikationen, die bei allen Verfahren der Sondenernährung auftreten, wie Sondenokklusion, ungewollte Sondenentfernung und Wundinfektion, durch
gute Sondenpflege und gewissenhaften Gebrauch reduziert werden.
Die Untersuchung hat gezeigt, dass das vorgestellte Verfahren sicher und einfach
durchzuführen ist. Es traten keine intraoperativen Komplikationen auf. Der Wechsel zu
52
einer Laparotomie war in keinem Fall nötig. Im Gegensatz dazu finden sich in der vergleichbaren Literatur intraoperative Komplikationen (17, 33, 45, 54). Einige Operateure mussten zum offenen Verfahren Wechsel. Duh wechselte in 8% , Hotokezaka in
12,5% und Nguyen in 6% zum offen Verfahren. Bei Ellis, Rosser und Sangster war
eine Laparotomie in keinem Fall nötig (19, 55, 58). Duh berichtet in seinen Ausführungen von 7 (19%) Nguyen von 2 (3%) kleineren Komplikationen (19%) die laparoskopisch behoben wurden. Darunter fanden sich Darmverletzungen und Gefäßverletzungen. Ellis, Rosser und Sangster führten ihre Operationen ohne intraoperative
Komplikation durch (19, 55, 58). Ellis punktierte unter direkter Sicht (19). Sangster
und Rosser bevorzugten die Fixierung des Jejunums vor der Punktion (55, 58) . Ein
Vergleich der intraoperativen Komplikationsraten zeigt, dass eine Fixierung des Jejunums vor der Punktion das sicherere Vorgehen ist.
53
Tabelle 13: Anzahl laparoskopischer FKJ und deren operativen Komplikationen
Autor und Jahr
Anzahl der laparoskopi- intraoperative
schen FKJ
Komplikationen
Anzahl (%)
Regan 1990
1
0
Morris 1991
3
0
Ellis 1992
17
0
Albrink1992
1
0
Sangster 1993
23
0
Duh 1993
5
0
Duh 1995
36
10 (27,8%)
Ramesh 1995
1
0
Hotokezaka 1995
32
4 (12,5%)
Kenric 1996
5
0
Gedaly 1997
9
0
Rosser 1999
38
0
Nguyen 2000
66
11(16,7%)
international surgical
35
0
272
25 (9,2%)
Week Brussels 2001
Gesamt
Die meisten Operateure überprüften postoperativ die Lage und Dichtigkeit des Katheters durch eine Röntgenkontrastaufnahme (2, 15, 40, 42, 55) . Auch in den untersuchten Fällen wurde zur Sicherheit vor der Benutzung der Ernährungssonde eine Röntgenkontrastaufnahme durchgeführt. Nguyen injizierte während der Operation Luft ins
Jejunum um die intraluminale Lage zu überprüfen (46). Andere Autoren gaben keine
Auskunft darüber, ob sie die Lage und Dichtigkeit des Katheters kontrollierten (19, 22,
33, 46, 53, 58).
Das laparoskopische Verfahren ermöglicht eine Inspektion der Bauchhöhle. Dieses
wird bei Tumorpatienten für ein Staging genutzt. Während 12 Operationen konnte ein
korrektes Staging durchgeführt werden. Biopsien wurden zur histologischen Untersuchung entnommen. Hierdurch wurde eine optimale Therapieplanung möglich. Die la-
54
paroskopische FKJ als palliative Maßnahme zur Sicherung der Ernährung während
einer Radio- und Chemotherapie war bei 17 der untersuchten Tumorpatienten indiziert.
Bei 8 Patienten lag ein fortgeschrittenes Erkrankungsstadium vor. Diese Patienten erhielten die laparoskopische FKJ allein zur Ernährungstherapie. Zur Sicherung der Ernährung während einer neoadjuvanten Radio- und Chemotherapie wurden sechs laparoskopische FKJ gelegt.
Einige Autoren führten die Laparoskopie allein für ein Tumorstaging durch. Zusätzliche Metastasen konnten nach Abschluss der bildgebenden Verfahren, wie Sonographie
oder Computertomographie, nachgewiesen werden. Während des Verfahrens wurden
bei einer Inoperabilität nötige palliative Maßnahmen durchgeführt (57). Hierdurch
wurden vermeintlich geplante kurative Operationen vermieden (5). Ähnlich der untersuchten Fälle führten Autoren bei Tumoren des oberen GIT eine Laparoskopie mit
Anlage einer FKJ im Zusammenhang mit einer neoadjuvanten Therapie durch. Hierdurch konnte ein korrektes Tumorstaging für die neoadjuvante Radio- und Chemotherapie durchgeführt werden. Zusätzlich war die Ernährung während der Behandlung
gesichert und z. T. wurden die gastrointestinalen Nebenwirkungen gemildert (19).
Ein Teil der Patienten (23%) wurde mit der Ernährungssonde in die ambulante Betreuung entlassen. In der häuslichen Pflege traten über 50% der Komplikationen auf. Bei
einem Patienten führte dies zur Entfernung der Sonde. In den anderen Fällen wurden
diese Schwierigkeiten durch eine entsprechende Behandlung behoben. Die Pflege der
FKJ beeinflusste die Effektivität der Methode. Entscheidend für den Erfolg der ambulanten Therapie ist die Schulung der Patienten und der Angehörigen sowie eine fachgerechte ambulante Weiterbetreuung (28, 54). Bei verbesserter Sondenpflege lässt sich
die Komplikationsrate vermutlich reduzieren.
Die ambulante künstliche Ernährung hat sich zu einer effizienten Therapie entwickelt.
Sie ermöglicht als wichtige Rehabilitationsmaßnahme den Wiedereinstieg in das Leben in häuslicher Umgebung. Diese Möglichkeit verbessert besonders die Lebensqualität der Tumorpatienten, die während ihrer Erkrankung unter häufigen Hospitalisationen leiden. Die enterale Ernährung ist gegenüber der parenteralen Ernährung leichter
ambulant zu verwirklichen (37). Sie führt seltener zu schwerwiegenden Komplikatio-
55
nen. Die laparoskopische FKJ bietet außerdem die zusätzliche Möglichkeit, eine enterale Ernähung zu verwirklichen.
Ein großes Problem in der Tumortherapie stellt die Tumorkachexie dar. Ein Großteil
(ca. 80%) der Tumorpatienten leidet im Laufe der Erkrankung an einer katabolen
Stoffwechsellage, die im Endstadium in einer Kachexie endet (29, 31, 43). Diese
Krankheitsentwicklung, die mit Beeinträchtigung der Organfunktion und Lebensqualität einhergeht, sollte mit einer künstlichen Ernährung behandelt werden. Unerwünschte Folgen, wie gestörte Wundheilung, Dekubitalulzera, gestörter Elektrolythaushalt,
endokrinologischer Stoffwechsel und eine gestörte Immunfunktion sollten verhindert
oder gemildert werden (12, 43). Eine Kachexie führt zu einer Erniedrigung der Therapietoleranz. Erschwerend kommt bei Patienten mit Tumoren im oberen GIT eine Passagebehinderung hinzu. In diesen Fällen ist das Risiko, an einer Mangelernährung zu
erkranken, besonders hoch. Im untersuchten Patientengut litten 89% an einer malignen
Erkrankung im oberen GIT. Stenosen, Dysphagie oder der Z. n. Operationen in diesem
Bereich erschwerten die Nahrungsaufnahme und erhöhten das Risiko einer Malnutrition. Während der palliativen oder neoadjuvanten Therapie war die Ernährung per FKJ
gesichert. Diesen Patienten bot die laparoskopische FKJ die Möglichkeit einer enteralen Ernährungstherapie. Risiken, Nutzen und der Wunsch des Patienten sollten in einer
palliativen Situation berücksichtigt werden. Eine Ernährungstherapie verlängert nicht
das Leben eines Tumorpatienten, kann aber während aggressiver Therapien unterstützend wirken. Verbesserte funktionelle Fähigkeiten führen zu einer verbesserten Lebensqualität.
Im Vergleich der unterschiedlichen Operationstechniken konnte gezeigt werden, dass
die vorgestellte Modifikation der laparoskopischen FKJ in Komplikationsrate, Durchführbarkeit und Kosten den bisher bekannten Verfahren größtenteils überlegen ist.
56
6. Zusammenfassung
Die Vorteile der enteralen Ernährung im Vergleich zur parenteralen Ernährung haben
sich in den letzten Jahren bestätigt. Patienten, die längerfristig enteral ernährt werden
sollen und bei denen die perkutanen Standardverfahren nicht anwendbar sind, bietet
die laparoskopische FKJ einen Zugang zum Darm. Insbesondere betrifft dies Patienten
mit Tumoren, Funktionsstörungen, Verletzungen oder Zustand nach Operationen im
oberen GIT. In diesen Fällen fehlt häufig die Möglichkeit zur Anlage eines adäquaten
Zuganges. Eine Laparotomie sollte vermieden werden.
Die Modifikation der Technik vereinfacht das Verfahren. Spezialinstrumente oder materialien sind nicht nötig. Die Operationszeiten waren im Vergleich zu den anderen
vorgestellten Techniken kurz. In den untersuchten Fällen gab es keine intraoperativen
Komplikationen. Ein Wechsel zur Laparotomie war in keinem Fall nötig. Beim Großteil der Patienten konnte am ersten postoperativen Tag mit der Ernährungstherapie
begonnen werden. Während der enteralen Ernährung kam es nur in einigen Fällen zu
leichtgradigen Schwierigkeiten. Bei alleiniger Durchführung einer laparoskopischen
FKJ, konnten die Patienten am Folgetag der Operation entlassen werden. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Methode schnell, praktikabel und sicher ist.
Operateure, die das intrakorporale Knoten und laparoskopische Operieren beherrschen,
können diese Technik erlernen. Bei keinem Patienten traten Unverträglichkeitserscheinungen auf, die eine enterale Ernährung unmöglich machten, so dass sich der stufenweise Ernährungsaufbau bewährt hat.
Das laparoskopische Operieren erlaubt einen Einblick in den Bauchraum. Dieses kann
bei Patienten mit einer Tumorerkrankung zum Staging genutzt werden. Eine optimale
Therapieplanung wird möglich. Vermeintlich adjuvante Operationen werden vermieden. Zusätzlich sichert diese Methode Tumorpatienten während einer palliativen oder
neoadjuvanten Radio- und Chemotherapie die Ernährung. Die laparoskopische FKJ
ermöglicht insbesondere Patienten mit malignen Erkrankungen im oberen GIT eine
enterale Ernährung.
57
Die modifizierte Technik der laparoskopischen FKJ ist sicher, minimal invasiv, schnell
durchführbar, kostengünstig und effektiv. In Komplikationsrate, Kosten und Durchführbarkeit ist sie den bisher bekannten Verfahren größtenteils überlegen. Bei bestehender Indikation zur enteralen Ernährung und fehlender Möglichkeit der Endoskopie
können Patienten mit Erkrankungen im oberen GIT von der laparoskopischen FKJ
profitieren. Eine parenterale Ernährung wird vermieden. Eine enterale Ernährung, die
komplikationsärmer, kostengünstiger und besser ambulant durchführbar ist, wird ermöglicht. Die laparoskopische FKJ erweitert das Spektrum der enteralen Ernährungsmöglichkeiten.
58
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Danksagung
Für die Anregung zu dieser Arbeit und für die wertvolle Unterstützung bei ihrer
Durchführung möchte ich Herrn PD Dr. med. M. Senkal an dieser Stelle besonders
herzlich danken.
Bei Prof. Dr. med. V. Zumtobel bedanke ich mich für die Erlaubnis zur Bearbeitung
des Themas.
Lebenslauf
Name:
Jutta Trockel geb. Koch
Geburtsdatum:
10.11.1969
Geburtsort:
Castrop-Rauxel
Adresse:
Becklemer Str. 57
44581 Castrop-Rauxel
Telefonnummer:
0 23 67 / 18 13 96 8
1976-1980
Grundschule an der Denkmalstraße in
Castrop-Rauxel
1980-1990
Adalbert-Stifter-Gymnasium in Castrop-Rauxel
1990
Erreichen der Allgemeinen Hochschulreife
1991-1994
Ausbildung zur Hebamme an den Klinken
St. Antonius in Wuppertal
Juni - Oktober 1994
Hebamme am Bamalete-Lutheren Hospital
in Ramotswa/Botswana
Oktober 1994 - September 1995
Hebamme im Knappschafts-Krankenhaus
Recklinghausen
1995-2001
Studium der Humanmedizin an der
Ruhr-Universität Bochum
September 1998
Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
September 2000
Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Oktober 2000 - Oktober 2001
Praktisches Jahr im Kantonsspital Nidwalden/
Schweiz und evangelischen Krankenhaus Herne
Oktober 2001
Ärztliche Prüfung
November 2001 – Oktober 2002
Ärztin im Praktikum im Prosper-Hospital
Recklinghausen, Abteilung Gynäkologie/
Geburtshilfe
ab November 2002
Ärztin im Praktikum im St. VincenzKrankenhaus Datteln, Abteilung
Gynäkologie/Geburtshilfe
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