Wellenoptik 1. Interferenz

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KAPITEL F
Wellenoptik
1. Interferenz
a) Einleitung
Werden zwei sinusförmige Wellen überlagert, so gibt es Stellen im Raum, an denen sie sich
auslöschen. Dies ist der Fall, wenn der Phasenunterschied ein ungeradzahliges Vielfaches von
π beträgt. ϕ = (2n + 1)π . Man sagt, der Gangunterschied ist (2n + 1)λ/2 . An Stellen, bei denen
der Phasenunterschied ϕ = 2nπ ist, verstärken sich beide Wellen. Die Phasendifferenz ϕ ist
proportional zum Unterschied der durchlaufenden Wege, dem sogenannten Gangunterschied
g. Im allgemeinen Fall, bei dem die Strahlen Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes
durchlaufen, ist g = l1n1 - l2n2. Da bei einem Gangunterschied λ die Phasendifferenz 2 π ist,
gilt für den Zusammenhang von ϕ und g:
ϕ g
=
2π λ
Eine Überlagerung von endlich vielen Wellen nennt man Interferenz, n die Ordnung der Interferenz. Benötigt man zur Beschreibung der Überlagerung unendlich viele Wellen, z.B. alle
Elementarwellen in einer Blendenöffnung, so spricht man von Beugung.
Um eine Intensitätsverteilung einer Interferenz- oder Beugungsfigur zu berechnen, geht man
auf die Zeigerdarstellung von Schwingungen zurück.
Abb. 111: Zeigerdarstellung einer Schwingung
In komplexer Schreibweise stellt man eine Schwingung dar als
∼
∼
∼
∼
E=E 0 e iωt = E 0 e iϕ e iωt = E 0 e i(ωt+ϕ)
Dies ist nach dem Satz von Euler:
∼
∼
E = E 0 [cos (ωt + ϕ) + i sin (ωt + ϕ)]
Von der komplexen Darstellung kommt man also zur Schwingung, indem man den Realteil
bildet. Der Betrag der komplexen Amplitude ist die Amplitude der Schwingung, das Argument ist die Anfangsphase, d.h. die Phase zur Zeit t=0. Die Überlagerung zweier Wellen gleicher Frequenz kann man daher durch die Addition der zugehörigen komplexen Amplituden
darstellen. Grafisch wird sie durch die Addition der entsprechenden Zeiger veranschaulicht.
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Zeiger werden dabei wie Vektoren addiert. Die Winkel zwischen den Richtungen der Zeiger
geben die Phasendifferenzen an, die Längen die Amplituden.
b) Überlagerung von zwei Wellen
Wir möchten die Interferenzfigur berechnen, die zwei punktförmige (im Zweidimensionalen
linienförmige) Quellen, die harmonische Wellen gleicher Phase aussenden, auf einem weit
Abb. 112: Interferenz am Doppelspalt
entferten Schirm erzeugen.
Eine Realisierungsmöglichkeit zeigt obige Abbildung. Zwei parallele Spalte werden von einer
Lichtquelle bestrahlt. Die Linse sammelt parallele Strahlen auf dem Schirm. D.h. von den
Spalten ausgehende parallele Strahlen interferieren. Für gerade hindurch gehendes Licht
(α=0) sind die Wege beider Strahlen gleich lang. Die Wellen überlagern sich konstruktiv. Für
zwei parallele Strahlen, die um einen Winkel α geneigt sind, unterscheiden sich die Wege.
Nach dem Satz von Malus sind die Wege von der Lichtquelle gerechnet bis zu einer Wellenfront gleich. Der Gangunterschied ist also nach Abb. 112
g = a sinα
und der erzeugte Phasenunterschied
ϕ g
= , ϕ = 2π a sin α
λ
2π λ
Für g = n · λ mit n = 0, 1, 2, ... interferieren die Strahlen konstruktiv, für g = (2n+1)λ/2 de-
Abb. 113: Zeigeraddition von Schwingungen
struktiv. Die Intensitätsverteilung ergibt sich aus dem Zeigerdiagramm von Abb. 113
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E res = 2E cos ϕ/2 = 2E cos  πa sin α 
λ
Die Intensität I ∼ E 2
I = I 0 cos 2  πa sin α
λ
Abb. 114: Intensitätsverteilung bei
Interferenz zweier punktförmiger
Lichtquellen
I0 ist die Intensität bei α = 0. Der Intensitätsverlauf ist also für kleine α eine cos2-Funktion.
Die Abhängigkeit von der Ortskoordinate x auf dem Schirm erhält man aus der in Abb. 114
abzulesenden Beziehung x = α · f.
Dunkelheit liegt vor, wenn g in Abb. 112 gleich λ/2 ist.
πa sin α = π , d.h. sin α = λ/2
d
d
a
λ
2
Der Abstand der Streifen wird also um so größer je kleiner der Abstand der Quellen und je
größer die Wellenlänge ist. Damit überhaupt Streifen erzeugt werden, muß allerdings nach
obiger Konstruktion die Wellenlänge kleiner als der Spaltabstand sein.
c) Kohärenz
Natürliches Licht ist nicht sinusförmig, da aufgrund des Emissionsmechanismus die Phase
fluktuiert. Überlagert man nacheinander jeweils zwei Wellen, wobei die Phase von mal zu
mal statistisch verändert wird, so verschwindet im Zeitmittel der cosϕ -Term aus dem
Kosinussatz.
E 2res = E 21 + E 22 + 2E 1 E 2 cos ϕ
Für 2 Wellen gleicher Intensität erhält man
Abb. 115: Überlagerung von n Wellen mit statistischer
Phase
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⟨E 2res ⟩ = 2E 2 , I res = 2I
Bei mehreren Quellen addieren sich also die Intensitäten. Bei der Überlagerung von N Wellen
mit zufälliger Phase ergibt sich in der komplexen Ebene das Bild des "random walk", den et-
Abb. 116: Kohärenz
wa ein Betrunkener gehen würde, wenn er nach jedem Schritt der Weite S seine Richtung unvorsehbar ändert. Er entfernt sich von seinem Ausgangspunkt um L2 = NS2, d.h. L = N Bei
einer festen Phase ϕ = 0 ergäbe sich statt dessen Eres = E1+E2, Eres2 = 4E2, Ires = N2I.
Der Energiesatz bleibt dadurch gewahrt, daß die Energie im Raum nicht gleichmäßig verteilt
ist. Wellen verhalten sich bei der Überlagerung also sehr unterschiedlich, je nachdem, ob man
konstante Phasendifferenzen angeben kann oder nicht. Wir sagen, eine Welle ist kohärent,
wenn man für bestimmte Zeit- und Ortsdifferenzen Phasendifferenzen angeben kann. Sinus-
Abb. 117: Formale Definition der Kohärenzlänge
förmige unendlich ausgedehnte Wellen sind kohärent. Das natürliche Licht ist nur für ein begrenztes Raum-Zeitintervall kohärent, z.B. wenn die Lichtquelle eine geringe Ausdehnung
hat und ihr Licht in großer Entfernung beobachtet wird. Laser haben eine wesentlich bessere
Kohärenz.
Einen quantitativen Ausdruck für die Güte der Kohärenz liefert die Autokorrelationsfunktion
∫ f(x)f(x − ξ)dx
F(ξ) =
∫ f 2 (x)dx
d) Klassische Interferenzversuche
Abb. 118: Interferenzversuch von Th. Young
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Abb. 119: Das Fresnelsche Biprisma
Historisch waren Interferenzversuche von Bedeutung, da sie den uralten Streit über die Natur
des Lichtes zugunsten von Wellen zu entscheiden schienen Die ersten Interferenzversuche
wurden mit natürlichem Licht gemacht. Wegen der schlechten räumlichen und zeitlichen Kohärenz muß von einer möglichst punktförmigen Quelle ausgegangen werden, deren Licht aufgespalten wird, so daß es von zwei virtuellen Quellen herzukommen scheint.
Abb. 120: Der Fresnelsche Doppelspiegel
Die klassischen Anordnungen sind der Doppelspaltversuch nach Young, (Th. Young
1773 -1829).das Biprisma nach Fresnel, der Doppelspiegel nach Fresnel und die Interferenz
an dünnen Schichten wie man sie bei Ölflimen auf Wasseroberflächen beobachten kann.
Abb.121: Interferenz an einer dünnen Schicht
Bei dünnen Schichten wird die Interferenz des Lichtes, das an der Ober- und Unterseite des
Filmes reflektiert wird, ausgenutzt (Abb. 121). Die Formeln werden besonders einfach, wenn
man als Variable neben der Wellenlänge des benutzten Lichtes λ und der optischen Weglänge
der Schicht n · d den Neigungswinkel der Strahlen in der Schicht α einführt. Dieser Läßt sich
dann leicht mit Hilfe des Snelliusschen Brechungsgesetzes auf den Einfallswinkel zurückführen. Der Gangunterschied zwischen Strahl (1) Punkt B und (2) Punkt C in Abb. 121 ist
g12 = nd cos α, der gesamte Gangunterschied zwischen Strahl (1) und (3) g13 = 2 nd cosα.
Die Intensität der Interferenzfigur ist daher von α, d, λ abhängig. Entsprechend gibt es Interferenzstreifen gleicher Neigung oder gleicher Dicke. Bei weißem Licht werden bestimmte
Wellenlängen verstärkt, andere abgeschwächt. Es entsteht eine farbige Interferenzerscheinung. Interferenzstreifen gleicher Dicke sind z.B. die Newtonschen Ringe, die auftreten,
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Abb. 122: Warum beobachtet man Interferenzringe?
wenn eine gewölbte Fläche eines durchsichtigen Materials, z.B. eine Linse mit einer ebenen
Fläche einer Glasplatte einen Luftspalt bildet. Man kann sie z.B. verwenden, um die Güte sol-
Abb. 123: Das Michelson Interferometer
cher Flächen zu überprüfen. Streifen gleicher Neigung beobachtet man durch Beleuchten einer dünnen Platte, z.B. aus Glimmer, mit einer punktförmigen Lichtquelle.
Da Auslöschung bzw. Verstärkung bei einem bestimmten Einfallswinkel auftreten und die
Anordnung symmetrisch um das Lot der Lichtquelle auf die Schicht ist, beobachtet man Kreise. Weit außerhalb des Zentrums entsteht ein System paralleler Streifen.
Abb. 124: Das Mach-Zehnder Interferometer
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Abb. 125: Das Fabry Pérot Interferometer
e) Interferometer
Die Interferenz an planparallelen Platten nutzt man in Interferometern zu Meßzwecken aus. In
vielen Fällen geht es um die Bestimmung des Brechungsindexes n in einer Probe über den optischen Weg ng (g = Gangunterschied). Da n-1 in Gasen der Teilchenzahl proportional ist,
lassen sich Teilchendichten bestimmen, bei Kenntnis des Druckes p = n* · kT Temperaturen,
z.B. in Flammen (n*: Teilchen pro Volumen). Um dies bequem durchführen zu können, spal-
Abb. 126: Vielstrahlinterferenz an N Spalten
tet man den Strahl mit einem Strahlteiler, z.B. einer teilverspiegelten Platte in zwei Strahlen
auf wie beim Michelsoninterferometer (Abb. 123) und beim Mach-Zehnder Interferometer
(Abb. 124)
Das Michelsoninterferometer ist berühmt, da hiermit Michelson versucht hat, die Relativgeschwindigkeit des Lichtes gegen den damals vermuteten Äther zu messen. Der negative Aus-
Abb. 127: Zeigerdiagramm für vier Wellen
gang des Experimentes hat Anstoß zur Entwicklung der speziellen Relativitätstheorie gegeben. Da kleinste Verrückungen sich als Streifenverschiebungen bemerkbar machen, muß der
Aufbau mechanisch und thermisch sehr stabil sein. Die Empfindlichkeit wird durch steile
Flanken in der Intensitätsverteilung erhöht, die man durch Interferenz vieler Strahlen erzeugt.
Bei Verändern der benutzten Wellenlänge verändert sich die Lage der Streifen. Man kann ein
Interferometer daher als Frequenzanalysator, d.h. Spektrometer benutzen. Die einfachste Anordnung ist eine an beiden Flächen teilverspiegelte Platte mit außerordentlich ebenen Oberflächen, ein sogenanntes Fabry Pérot Interferometer oder Etalon (Charles Fabry 1867 - 1945,
Jean Baptiste Pérot 1863 - 1925)
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f) Vielstrahlinterferenz
Wir betrachten die Interferenz von N Wellen gleicher Amplitude und gleicher gegenseitiger
Phasendifferenz ϕ wie sie etwa von einer Anordnung von N sehr schmalen Spalten mit gegenseitigem Abstand a, die mit parallelem Licht bestrahlt werden, realisiert werden kann.
Abb. 128: Intensitätsverteilung bei Interferenz von 4 Strahlen mit gleicher gegenseitiger Phasendifferenz
Die Phasendifferenz ergibt sich nach Abb. 126 zu
ϕ a sin α
=
, ϕ = 2πa sin α
λ
λ
2π
Das Zeigerdiagramm zeigt Abb. 127, dabei ist R eine Hilfsgröße, Die Figur ist bezüglich des
Mittelpunktes M symmetrisch in dem Sinne, daß jeder Sektor aus dem vorhergehenden durch
Drehung um ϕ hervorgeht.
E = R sin ϕ/2
Die Feldstärke bei konstruktiver Überlagerung aller N Strahlen ist
E 0 = NE = 2NR sin ϕ/2
Die resultierende Feldstärke erhält man aus dem rechtwinkligen Dreieck MAB
E res = 2R sin Nϕ/2
und die Intensitätsverteilung durch Dividieren und Quadrieren:
2
 E res  =  sin (Nϕ/2) 


 E0 
 N sin ϕ/2 
2
80
Abb. 128 zeigt die Intensitätsverteilung in der Interferenzfigur für 4 Strahlen. Die Zeigerdia-
Abb. 129: Fraunhofer- und Fresnelbeugung
gramme zu ausgezeichneten Phasenverschiebungen sind angedeutet. Die Intensitätsverteilung
ergibt 0, wenn Zähler 0 und Nenner ≠ 0 ist. Dies ist für Nϕ/2 = πk und ϕ/2 ≠ πk / der Fall, wobei k und k' ganze Zahlen sind. Für Zähler und Nenner Null geht der Grenzwert gegen 1. Dies
Abb. 130: Fraunhoferbeugung am Spalt
ergibt die Hauptmaxima bei ϕ = 0 und ϕ = 2π . Je mehr Strahlen interferieren, desto mehr
Nullstellen liegen zwischen ϕ = 0 und ϕ = 2π , d.h. umso schmaler werden die Hauptmaxima.
Daß die Empfindlichkeit, mit der I auf eine Änderung der gegenseitigen Phasendifferenz reagiert mit N wächst, erkennt man am besten am Zeigerdiagramm: Bei der Addition vieler Zeiger mit gegenseitiger Phasenverschiebung ϕ ändert sich die Länge des resultierenden Zeigers
viel stärker bei einer Anregung von ϕ als bei der Addition von 2 Zeigern. Da bei den Nebenmaxima der Zähler etwa 1 ist, geht ihre Höhe mit 1/N2, d.h. die Nebenmaxima werden mit zunehmender Anzahl der interferierenden Strahle kleiner.
Man verwendet Anordnungen mit vielen parallelen Spalten als sogenannte Beugungsgitter
zur Spektroskopie.
2. Fraunhoferbeugung (Joseph Fraunhofer 1787 - 1826)
a) Einleitung
Beugung ist die Abweichung von geradlinigen Strahlen hinter Hindernissen wie Blenden.
Mathematisch bestimmt man sie, indem man die Blende in Flächenelemente ∆ A unterteilt
und den Flächenelementen Lichtquellen zuordnet, die im allgemeinen unterschiedliche Phasenlagen und Amplituden am Ort ihrer Überlagerung aufweisen. Die Intensitätsverteilung ergibt sich nach dem Grenzübergang ∆A→ 0 . Am einfachsten ist die Beugung im parallelen
Licht zu behandeln (Abb. 129). Man nennt sie Fraunhoferbeugung. Befindet sich Lichtquelle
oder Schirm oder beides im Endlichen, spricht man von Fresnelbeugung.
b) Fraunhoferbeugung am Spalt
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Da es sich um Fraunhoferbeugung handeln soll, interferieren alle Strahlen, die den Spalt in
Abb. 131: Intensitätsfunktion für Beugung am Spalt
gleicher Richtung verlassen. Durch Unterteilen des Spaltes in N Streifen gleicher Breite erhält
man wie bei der N-Strahl Interferenz als Zeigerdiagramm einen Polygonenzug. Im Grenzübergang ∆A → 0 wird aus dem Polygonenzug ein Kreisbogen. Die Neigung zwischen den
Tangenten am Anfang und Ende des Kreisbogens ist durch den Phasenunterschied zwischen
den Randstrahlen gegeben.
g = b sin α
Abb. 132: Anschauliche Herleitung der ersten dunkelen
Zone
ϕ g
=
2π λ
ϕ = b2π sin α
λ
Der gleiche Winkel tritt an der Spitze des Sektors auf, daher erhält man für die resultierende
Feldstärke
E r = 2R sin ϕ/2
E 0 = Rϕ
2
 sin ϕ/2 
Ir  Er 
=
=

 ϕ/2 
I0  E0 
2
In Abhängigkeit von α ergibt sich eine Kurve wie in Abb. 131 (sinc-Funktion).
Abb. 133: Geeignetes Flächenelement bei einer Kreisblende
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Die erste Dunkelheit liegt bei
α = αd
πb sin α = π
d
λ
sin αd = λ
b
Anschaulich kommt man zu diesem Ergebnis, indem man die Teilspalte in 2 Gruppen anordnet und jedem Spalt aus der Gruppe (1) einen zweiten aus der Gruppe (2) zuordnet, der eine
halbe Spaltbreite entfernt ist. Dann interferieren die beiden Mitglieder eines Paars destruktiv,
wenn der Phasenunterschied ihrer Erregung auf dem Schirm π ist.
c) Kreisblende
Bei einer Kreisblende bildet man wegen der Symmetrie am besten ringförmige Elementarflächen. Da diese unterschiedliche Größe haben, kommt man mit der für Spalte verwendeten
Konstruktion nicht weiter. Man bildet die Summe
∼
E= Σ e iϕ ∆A ,
die zu einem Integral führt, das durch die Besselfunktion erster Ordnung J 1 (ϕ/2) dargestellt
werden kann.
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