Besteuerung im Bankensektor DISSERTATION der Universität St

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Besteuerung im Bankensektor
DISSERTATION
der Universität St. Gallen,
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Adrian Oberlin
von
Wangen (Schwyz)
Genehmigt auf Antrag der Herren
Prof. Dr. Christian Keuschnigg
und
Prof. Dr. Jörg Baumberger
Dissertation Nr. 3700
Adag Copy AG, Zürich 2009
Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden
Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen.
St. Gallen, den 19. Oktober 2009
Der Rektor:
Prof. Ernst Mohr, PhD
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Zielsetzungen
5
2.1
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2
Zinsertragsbesteuerung bei Anlagen aus
2.3
5
Drittländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
Der Bankensektor und die Intermediationsspanne . . . . . . . .
8
3 Überblick
11
3.1
Aufgaben von Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
3.2
Der Bankensektor in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3.3
Das Bankgeheimnis und die Verrechnungssteuer . . . . . . . . . 27
3.4
Anwendungsprobleme bei der Mehrwertsteuer . . . . . . . . . . 35
3.4.1
Optimale Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.4.2
Mehrwertbesteuerung in der Schweiz . . . . . . . . . . . 39
3.4.3
Implementation der Mehrwertbesteuerung im Intermediationsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.4.4
3.5
Die aktuelle Mehrwertsteuerreform . . . . . . . . . . . . 67
Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
4 Zinsertragsbesteuerung bei Anlagen aus
Drittländern
75
4.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4.2
Das Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4.2.1
Situation ohne Informationsaustausch: Quellenbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
4.2.2
Situation mit Informationsaustausch . . . . . . . . . . . 91
4.3
Kooperative Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
4.4
Optimaler Informationsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
4.4.1
Verhandlungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
4.4.2
Diskrete Wahl zwischen Quellenbesteuerung und vollständigem Datenaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . 104
4.5
Externe Anlagen reagieren auf Steuersätze . . . . . . . . . . . . 107
4.6
Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
5 Der Bankensektor und die Intermediationsspanne
113
5.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
5.2
Das Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
5.3
Kooperative Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
5.4
Ausgewählte Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
5.4.1
Gewinnsteuer im Bankensektor . . . . . . . . . . . . . . 134
5.4.2
E!ziente Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
5.5
5.6
5.4.3
Kompetitive Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
5.4.4
Einführung von Reservevorschriften . . . . . . . . . . . 147
Szenarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
5.5.1
Kalibrierung der Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . 150
5.5.2
Vergleich verschiedener Szenarien . . . . . . . . . . . . . 154
5.5.3
Sensitivitätsanalyse
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
6 Zusammenfassung
163
Zusammenfassung
Der Schweizer Bankensektor besitzt einen auallend hohen Stellenwert für die
inländische Volkswirtschaft. Hinter dieser Dominanz des Bankensektors stehen
enorme Kapitalien aus dem In- und Ausland, wobei neben dem Bankgeheimnis auch die tiefe Zinsspanne die Attraktivität der Schweizer Banken stützt.
Aufgrund der Finanzmarktkrise, der Verluste der Grossbanken und der Diskussionen zur Aufhebung des Bankgeheimnisses ist das Interesse am Bankensektor allgemein gestiegen. Die vorliegende Dissertation befasst sich deshalb
mit ausgewählten Aspekten der Bankenbesteuerung in der Schweiz, darunter
die Mehrwert-, die Gewinn- sowie die Verrechnungs- bzw. Quellensteuer. Unter
anderem zeigt sich, dass die Mehrwertbesteuerung auch im Zinsdierenzgeschäft anzustreben wäre, aufgrund des Wegfalls der Schattensteuereinnahmen
durch die jetzige unechte Befreiung sowie befürchtete Implementierungsprobleme aber nicht zu erwarten ist. In Bezug auf die Zinsertragsbesteuerung
zeigt sich u.a., dass Anlagen aus Drittstaaten, welche nicht in Verhandlungen
mit der EU einbezogen werden, die Verhandlungsposition der Schweiz bei der
Entscheidung zwischen Informationsaustausch und Quellenbesteuerung massgeblich beeinflussen. Je höher diese Anlagen sind, desto stärker ist der Anreiz des davon profitierenden Landes, Informationsaustausch abzulehnen und
Quellenbesteuerung zu fordern. Schliesslich wird anhand eines Modells, welches das Zinsdierenzgeschäft des Bankensektors explizit abbildet, der Einfluss verschiedener Determinanten analytisch und mittels Szenarienanalyse
auch quantitativ untersucht. Unterschiede in der Unternehmensbesteuerung,
im Wettbewerbsgrad oder in der E!zienz des Bankensektors sowie den Vorschriften zur Reservehaltung wirken sich deutlich auf die Höhe der Zinsspanne
aus und tragen zur Erklärung der tiefen Schweizer Zinsmargin bei.
1
Einleitung
Gerade in der Schweiz ist der Bankensektor immer wieder Gegenstand verschiedenster Diskussionen. Neben der breiten Debatte in Bezug auf die aktuelle Finanzmarktkrise und die Verluste vor allem der Grossbanken befindet sich
im Zentrum des nationalen und internationalen Interesses momentan auch das
sogenannte Bankgeheimnis der Schweizer Banken, das die Identität der Bankkunden gegenüber staatlichen Behörden weitgehend schützt und an dem sich
das Ausland bereits seit etlichen Jahren stört. Betrachtet man die gesamtwirtschaftlichen Zahlen, so fällt auf, dass der inländische Bankensektor einen
auallend hohen Stellenwert für die schweizerische Volkswirtschaft einnimmt
— sowohl in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt als auch in Bezug auf die Beschäftigung. Auch die durch den Finanzsektor generierten Steuereinnahmen
des Staates bestätigen dieses Bild des starken inländischen Bankensektors.
Hinter dieser Dominanz der Schweizer Banken stehen enorme Kapitalien, die
zu einem überwiegenden Teil von Ausländern in der Schweiz deponiert werden. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Zinsspanne in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr tief ist, was entsprechend zur Attraktivität des
Bankensektors beiträgt.
Angesichts der auallend hohen Relevanz des Schweizer Bankensektors im
In- und Ausland befasst sich diese Dissertation mit ausgewählten Aspekten
der Bankenbesteuerung. In mehreren Kapiteln werden verschiedene Fragestellungen und die grundlegende Literatur dazu erarbeitet. Im Vordergrund
stehen konkret zwei äusserst wichtige Elemente der Attraktivität des Schweizer Bankensektors: die tiefe Zinsspanne und das Schweizer Bankgeheimnis,
welches in direktem Zusammenhang mit Fragen zur Verrechnungssteuer sowie zur aktuellen Diskussion rund um Informationsaustausch und Quellenbe1
steuerung steht. Es wird deshalb u.a. den beiden Fragen nachgegangen, wie
das Bankgeheimnis respektive die aktuellen Verhandlungen und Diskussionen zum Informationsaustausch und zur Quellenbesteuerung durch die hohen
ausländischen Anlagen beeinflusst werden, welche bei Schweizer Banken deponiert sind und — wie sich zeigen wird — zu einem beträchtlichen Teil aus
sogenannten Drittstaaten stammen, und wie sich die von Banken gesetzte
Zinsspanne zusammensetzt bzw. welche Gründe dazu führen, dass diese in
der Schweiz so tief ist.
Zunächst wird ein umfassender Überblick präsentiert. Im Zentrum des
Interesses stehen die Aufgaben von Banken, die Eigenschaften des Schweizer Bankensektors inklusive des Bankgeheimnisses und der Verrechnungssteuer sowie die Problematik der Mehrwertbesteuerung gerade in Bezug auf das
Zinsdierenzgeschäft — jeweils verbunden mit der entsprechenden Literatur.
Im Anschluss beschäftigt sich diese Dissertation mit der Zinsertragsbesteuerung und verknüpft diese mit dem Bankgeheimnis respektive dem Informationsaustausch. Zentral herausgearbeitet wird hierbei der Einfluss von
Anlagen aus Drittstaaten, die nicht in Vereinbarungen beispielsweise zwischen
der Schweiz und der EU einbezogen werden bzw. werden können, auf die
Gestaltung der Steuersysteme, und es wird sich zeigen, ob die Haltung der
Schweiz im Rahmen der Diskussionen in Bezug auf den vom Ausland gewünschten Informationsaustausch anstelle der Quellenbesteuerung nachvollzogen werden kann.
Schliesslich stehen die Intermediationsspanne und deren Determinanten
im Vordergrund, wozu in geeigneter Weise ein Bankensektor modelliert wird.
Von besonderem Interesse ist der Einfluss verschiedener Einflussfaktoren wie
beispielsweise der Gewinnbesteuerung im Bankensektor, von Reservevorschrif2
ten oder des Wettbewerbsgrads von Banken. Der Einbezug des Bankensektors
in ein theoretisches Modell macht es zudem möglich, empirische Resultate zu
verschiedenen Determinanten der Zinsspanne auch analytisch zu belegen.
Das nachfolgende Kapitel 2 erläutert nun zunächst etwas ausführlicher die
unterschiedlichen Zielsetzungen dieser Arbeit.
3
2
Zielsetzungen
2.1
Überblick
Kapitel 3 gibt einen breiten Überblick über das Bankenwesen und die vielfältige Literatur dazu. An den Anfang gestellt wird dabei eine Diskussion der
Aufgaben und Funktionen, welche Banken üblicherweise innehaben. An erster
Stelle wird diesbezüglich meist das Intermediationsgeschäft aufgeführt, d.h.
die Vermittlung von Kapital von Kreditgebern an Kreditnehmer. Im Grunde
wäre gerade die Vermittlung von Kapital eigentlich unnötig in einer idealen
Wirtschaft. Tatsächlich wäre zu erwarten, dass Kreditgeber und -nehmer bei
einem bestimmten Zinssatz ins Geschäft kommen. Dieser läge tiefer als derjenige, den Banken als Aktivzinssatz für Kreditnehmer festlegen und höher
als derjenige, den Banken als Passivzinssatz für Kreditgeber bestimmen, da
Banken bei jedem Kredit eine gewisse Zinsspanne zur Deckung der Intermediationskosten (Arbeits- und Kapitaleinsatz) verlangen. Oenbar ist die
Vermittlung von Kapital über Finanzintermediäre mit Vorteilen verbunden.
Diese sollen gezeigt werden, so dass die Existenz von Banken gerechtfertigt
werden kann und der spätere Einbezug des Bankensektors in ein Modell nicht
an der fehlenden Motivation des Bankensektors scheitert.
Um das Bewusstsein für die Relevanz bankenbezogener Fragestellungen
— v.a. in Bezug auf die Schweiz — zu schärfen, drängt sich eine Übersicht
über den Schweizer Bankensektor auf. Die Analyse der Bankbilanzen und
Statistiken erlaubt Aussagen über wichtige Fragestellungen wie die Höhe der
in der Schweiz angelegten Kapitalien, die Abhängigkeit vom Ausland bzw. von
ausländischen Investoren, die Zusammensetzung der Bankgewinne oder die
Wichtigkeit des Bankensektors für den Staat und die gesamte Volkswirtschaft.
5
Damit im Inland ansässige Steuerpflichtige ihre Vermögen und Vermögenserträge korrekt deklarieren, erhebt der Bund bereits seit 1944 eine Verrechnungssteuer auf Kapitalerträge in Höhe von 35%. Diese Verrechnungssteuer steht in einem engen Zusammenhang zum sogenannten Bankgeheimnis, weshalb es sich lohnt, diese beiden Themen etwas näher zu beleuchten.
Insbesondere soll der Frage nachgegangen werden, welche Implikationen das
Bankgeheimnis mit sich bringt, wie es momentan um die Zukunft des Bankgeheimnisses steht und welche Bedeutung der Verrechnungssteuer zukommt.
Die Mehrwertsteuer stellt die wichtigste Einnahmequelle des Bundes dar
und spült höhere Steuererträge in die Staatskasse als die direkte Bundessteuer.
Basierend auf den Erkenntnissen der Optimalsteuertheorie soll die Mehrwertbesteuerung in der Schweiz mit besonderem Fokus auf den Bankensektor analysiert werden. Es stellt sich die Frage, ob Finanzdienstleistungen — und dabei
vor allem das Zinsdierenzgeschäft — grundsätzlich von einer idealen Konsumsteuer erfasst werden sollen und ob man diese überhaupt implementieren
kann, wozu sich auch in der Literatur eine breite Diskussion ergeben hat. Ein
Überblick über die aktuellen Bemühungen zur Revision des Mehrwertsteuergesetzes in der Schweiz mit besonderem Bezug zu den Finanzdienstleistungen
rundet die Behandlung der Mehrwertbesteuerung schliesslich ab.
2.2
Zinsertragsbesteuerung bei Anlagen aus
Drittländern
In den letzten Jahrzehnten sind die Faktormobilitäten stark gestiegen. Investoren weichen zunehmend der Besteuerung im Heimatland aus. Bereits 1962
stellte die EU Defizite bei der Besteuerung von Zinseinkommen fest. Seither
befinden sich zwei Instrumente im Mittelpunkt der Verhandlungen: Quellenbe6
steuerung und Informationsaustausch. Die Schweiz und mit ihr weitere EUund Nicht-EU-Staaten weigerten sich aufgrund ihres Bankgeheimnisses bis
anhin stets gegen den systematischen Austausch von Daten, woran auch der
aktuelle Druck auf das Bankgeheimnis nichts geändert hat.
Seit dem 1.1.2005 erheben diverse Länder eine mit den Jahren stufenweise
ansteigende Quellensteuer, wobei die daraus anfallenden Erträge den jeweiligen Wohnsitzstaaten zu drei Vierteln zurückerstattet werden. Es fällt auf,
dass es sich bei diesen Staaten um Länder handelt, die eher klein sind und vergleichsweise über hohe Anlagen verfügen, die zu einem beträchtlichen Teil aus
anderen Staaten bzw. Nicht-EU-Staaten stammen. Gerade in Bezug auf die
Schweiz können die Dominanz des Bankensektors und die dahinter stehenden
hohen Anlagen aus dem Ausland klar festgestellt werden.
Während der Einfluss der Grösse eines Landes auf die Verhandlungen über
die Besteuerung der Zinseinkommen bereits nachgewiesen werden konnte, arbeitet dieser Teil der Dissertation den Einfluss von externen Anlagen aus
Drittstaaten heraus. Akzeptiert man Kapital- und Steuerflucht als reales Phänomen, so stellt sich die Frage, wie das Bankgeheimnis bzw. die Haltung eines
Landes im Rahmen von Verhandlungen und Diskussionen zum Informationsaustausch und zur Quellenbesteuerung durch die hohen Anlagen aus Drittstaaten ausserhalb der EU beeinflusst werden, die definitionsgemäss nicht direkt in Abkommen innerhalb der EU bzw. zwischen der EU und einem anderen
Land miteinbezogen werden können. Konkret ist von besonderem Interesse,
ob und unter welchen Umständen die Schweiz sich für Quellenbesteuerung
oder für Informationsaustausch entscheidet bzw. entscheiden sollte.
7
Um dies aufzuzeigen, wird in Kapitel 4 ein Zwei-Länder-Modell benutzt
und weiterentwickelt, das hauptsächlich auf den Überlegungen von Keen/Ligthart (2006a, 2005) und Huizinga/Nielsen (2003) basiert. Das Modell umfasst
zwei gleich grosse Länder, deren Haushalte ihre Kapitalien entweder im Inland oder von der inländischen Besteuerung flüchtend im Ausland anlegen
können. Ihre Anlageentscheidung hängt dabei u.a. von der Distanz zur Grenze
bzw. von den Transaktionskosten ab. Beide Leviathan-Staaten möchten mittels Zinsertragssteuer auf inländisches und ausländisches Kapital ihre Steuereinnahmen maximieren. Bekanntlich bestehen im Bereich der Zinsertragsbesteuerung zwei Regime-Möglichkeiten, nämlich die Quellenbesteuerung, also
die Situation ohne Informationsaustausch, und der eigentliche Austausch von
Informationen. Es ist grundsätzlich auch denkbar, dass der Informationsaustausch nur teilweise geschieht bzw. dass es eine gewisse Wahrscheinlichkeit
bezüglich des Anteils der ausgetauschten Informationen gibt, was erstmals
berücksichtigt und entsprechend im Modell implementiert wird. Darauf basierend soll untersucht werden, welchen Einfluss die Höhe der externen Anlagen
auf den gewünschten Grad an Informationsaustausch besitzt und welche Verhandlungsergebnisse bei Existenz von Kapitalien aus Drittstaaten zu erwarten
sind. Es wird sich schliesslich zeigen, ob die während den Diskussionen und
Verhandlungen bezüglich der Zinseinkommensbesteuerung vertretene Haltung
der Schweiz grundsätzlich nachvollzogen werden kann oder nicht.
2.3
Der Bankensektor und die Intermediationsspanne
Für die Vermittlung von Kapital verlangen Finanzintermediäre eine gewisse
Zinsspanne zwischen Aktiv- und Passivzinssatz. Diese Zinsspanne beeinflusst
den Ertrag der Ersparnisse und der Investitionen. Insofern ist davon aus8
zugehen, dass die Art und Weise der Kapitalallokation bzw. die E!zienz im
Bankenwesen einen signifikanten Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung eines
Landes besitzt, und es liegt nahe, den Zinsspread als Indikator für die E!zienz
eines Bankensektors bzw. eines Landes zu betrachten. Es ist jedoch auch davon auszugehen, dass die Höhe der Zinsspanne von weiteren Einflussfaktoren
abhängt.
Mit der Frage, wie die Höhe der Intermediationsspanne zustande kommt
und wovon sie abhängt bzw. wie sie auf Änderungen verschiedener Grössen
reagiert, haben sich zahlreiche Studien befasst, jedoch praktisch ausschliesslich auf empirischer Ebene. Trotz zahlreicher Bankenmodelle, die sich hauptsächlich mit Risiko-, Liquiditäts- und Informationsaspekten befassen, wurde
bisher keine explizite Modellierung der Zinsspanne entwickelt, anhand derer
der Einfluss der in den empirischen Studien identifizierten Einflussfaktoren
auch theoretisch fundiert werden können.
Um den Einfluss verschiedener Determinanten auf die Zinsspanne zu untersuchen und um die im internationalen Vergleich sehr tiefe Zinsspanne der
Schweiz erklären zu können, soll in Kapitel 5 eine geeignete Implementierung
des Intermediationsgeschäfts in ein theoretisches Modell erfolgen mit expliziter Berücksichtigung einer endogenen Zinsspanne. Basierend darauf können
die Auswirkungen ausgewählter Einflussfaktoren wie die Gewinnbesteuerung
im Bankensektor, der Wettbewerbsgrad bei Banken sowie — besonders aktuell — Reserverestriktionen auf die Zinsspanne und die gesamte Volkswirtschaft
untersucht werden. Die Kalibrierung des Modells anhand realer Zahlen ermöglicht die Betrachtung und ungefähre Quantifizierung verschiedener Szenarien,
wobei eine kurze Sensitivitätsanalyse die Robustheit des Modells prüfen soll.
Es wird sich schliesslich zeigen, ob die Modellierung des Bankensektors die
9
analytische Grundlage für die empirischen Resultate liefern und inwiefern v.a.
die tiefe Zinsspanne der Schweiz begründet und mit dem Schweizer Finanzplatz in Verbindung gebracht werden kann.
10
3
Überblick
3.1
Aufgaben von Banken
Der Begri der Bank lässt sich passend anhand des schweizerischen Rechts definieren. Als Banken im Sinne des Gesetzes gelten „Unternehmen, die hauptsächlich im Finanzbereich tätig sind und insbesondere: a. gewerbsmässig Publikumseinlagen entgegennehmen oder sich öentlich dafür empfehlen, um
damit (...) eine unbestimmte Zahl von Personen oder Unternehmen (...) auf
irgendwelche Art zu finanzieren, oder b. sich in erheblichem Umfang bei mehreren (...) Banken refinanzieren, um damit (...) Personen oder Unternehmen
(...) zu finanzieren.”1 Der Finanzierung mittels Krediten und der Entgegennahme von Einlagen kommt oenbar ein besonderes Gewicht zu.2 Gemäss
Homan/Poddar/Whalley (1987) folgen erst an zweiter Stelle weitere Geschäfte wie der Handel mit Devisen, die Ausgabe von Checks, Tresorie und
andere Finanzdienstleistungen.3
Im Grunde wäre gerade die Vermittlung von Kapital eigentlich unnötig
in einer idealen (Arrow-Debreu-)Welt mit perfekten Märkten, in denen alle
Wirtschaftssubjekte u.a. stets vollkommen informiert und rational sind und
1 Art.
2a BankV.
u.a. Huizinga (2004), S. 555. Eine ebenfalls passende Formulierung findet sich
2 Siehe
bei Mintz (2003), S. 3: „The basic role of financial intermediation is to provide an e!cient
mechanism to match lenders with borrowers of funds. Those who consume less than their
available resources wish to invest in assets (...). Those who have consumption expenditures
in excess of resources wish to borrow funds (...).” Für einen umfassenden Überblick siehe
Hellwig (2000), S. 4 .
3 Gerade in den letzten Jahren ist der Stellenwert des Zinsdierenzgeschäfts nicht nur in
der Schweiz stark gesunken, siehe dazu Allen/Santomero (2001) sowie die Ausführungen in
Kapitel 3.2.
11
in denen keine externen Eekte und keine öentlichen Güter existieren. Tatsächlich wäre in diesem Fall zu erwarten, dass Kreditgeber und Kreditnehmer
bei einem bestimmten Zinssatz ins Geschäft kommen, der tiefer ist als derjenige, den Banken als Aktivzinssatz für Kreditnehmer festlegen, und höher
als derjenige, den Banken als Passivzinssatz für Kreditgeber bestimmen, da
Banken bei jedem Kredit eine gewisse Zinsspanne zur Deckung der Intermediationskosten (Arbeits- und Kapitaleinsatz) verlangen. Was rechtfertigt also
die Existenz von Banken bzw. was bieten Banken den am Kreditgeschäft Beteiligten?4
In der Realität existieren Transaktionskosten, und Wirtschaftssubjekte
sind nicht perfekt informiert. Finanzintermediäre sind deshalb grundsätzlich
in der Lage, das Risiko über verschiedene Anlagen hinweg gesamtheitlich zu
reduzieren, indem sie breit gefächert in unterschiedliche Anlageformen investieren. Für den Anleger besteht dadurch nur noch ein marginales Risiko,
seine Einlage zu verlieren. Neben der Risikodiversifikation sind Banken — im
Gegensatz zum einzelnen Investor — in der Lage, die Bonität und weitere
(Risiko-)Faktoren der jeweiligen Schuldner laufend zu überprüfen, was das
Informationsproblem weitgehend behebt.5 Zudem ermöglicht die Intermediation durch Banken die Einsparung von Transaktionskosten, indem die Bank
die Suche nach geeigneten Anlagemöglichkeiten und Schuldnern übernimmt.
Dasselbe gilt für Kreditnehmer, denen die Suche nach anlagewilligen Gläubigern abgenommen wird. Die Bank beseitigt das Risiko des Kreditnehmers,
dass Gläubiger gesprochene Kredite nicht verlängern und der Schuldner dadurch unter Druck gerät.6 Es ist davon auszugehen, dass ohne Bankenvermitt4 Siehe
5 Siehe
dazu auch Fama (1985) sowie James (1987).
dazu bsp. Diamond (1984), der die notwendige Existenz von Banken aus einem
Modell mit asymmetrischer Information herleitet.
6 Vgl. Baltensperger (1980), S. 2.
12
lung sowohl Anleger als auch Kreditnehmer keine gegenüberstehende Partei
fänden, die gerade dieselbe Summe benötigt bzw. anlegen will. Selbst die Aufteilung auf verschiedene Schuldner bzw. Anleger erforderte einen stetigen und
hohen Beobachtungsaufwand.7
Daneben gibt es in der Literatur noch einige weitere Argumente, welche
den Bankensektor motivieren. Klein (1971) beispielsweise weist auf eine gesamtwirtschaftlich sehr wichtige Aufgabe der Banken hin, nämlich ihre Funktion als Administratoren des Zahlungssystems. Mintz (2003) unterscheidet verschiedene Aufgabenbereiche, darunter das Zahlungssystem (Bargeld, Checks,
Devisen usw.), Risikomanagement (Diversifikation durch Portfolios) und die
Verringerung von Informationskosten (Problem der adversen Selektion).
Banken erbringen unbestrittenermassen eine Fülle an Dienstleistungen
und haben wichtige gesamtwirtschaftliche Funktionen inne. Sie sind in vielen Märkten mit fast unzähligen Produkten tätig, wobei sich die ausgeführten
Tätigkeiten stark voneinander unterscheiden können. Den meisten Banken gemeinsam ist aber ihre wohl wichtigste und klassischste Aufgabe, nämlich das
Zinsdierenz- bzw. Intermediationsgeschäft, also die Vermittlung von Kapital
von Anlagewilligen an Kreditsuchende. Das folgende Kapitel beschäftigt sich
u.a. mit der Bedeutung dieses Zinsdierenzgeschäfts sowie mit den weiteren
Charakteristiken des Bankensektors in der Schweiz.
7 Siehe
hierzu Ramakrishnan/Thakor (1984), S. 416 und 421, die auch ausführen, dass
Finanzintermediäre wichtig sind, um Ausfallwahrscheinlichkeiten und Bewertungen durchzuführen. Explizit betont wird, dass zentralisierte Informationsbeschaung stets günstiger
ist, als wenn dies jeder Akteur selber tun würde.
13
3.2
Der Bankensektor in der Schweiz
In der Schweiz findet man eine grosse Vielfalt in der Ausgestaltung des Bankensektors. Neben den Kantonalbanken in den einzelnen Kantonen und den
Grossbanken gibt es regional tätige Sparkassen und Regionalbanken, die Raieisenbanken sowie im Folgenden unter übrige Banken zusammengefasste Handels-, Börsen-, Kleinkredit-, ausländische und andere Banken.8 Im Weiteren
unterscheidet man Filialen ausländischer Banken und Privatbankiers. In der
Schweiz gilt das Universalbankprinzip; Banken sind dazu berechtigt, aber
nicht verpflichtet, sämtliche Bankgeschäfte zu tätigen. Dies gilt vor allem für
Gross-, Kantonal-, Regional-, Raieisen- und Handelsbanken.9
in Mio. Fr.
1.00 Kantonalbanken
2.00 Grossbanken
3.00 Regionalbanken und
Sparkassen
4.00 Raiffeisenbanken
5.00 Übrige Banken
5.11 Handelsbanken
5.12 Börsenbanken
5.13 Kleinkreditbanken
5.14 Andere Banken
5.20 Ausländisch
beherrschte Banken
7.00 Filialen ausländischer
Banken
8.00 Privatbankiers
1995
2000
2007
261'527 303'385 356'580
730'587 1'340'310 2'341'136
72'264
49'868
186'490
54'111
29'784
4'980
1'541
75'808
77'142
290'968
55'199
70'830
.
3'204
88'311
123'076
487'838
47'214
144'645
.
7'177
96'074
161'734
288'802
15'566
7'126
18'843
18'424
34'444
29'513
Alle Banken 1'323'427 2'124'880 3'457'897
Quelle: SNB (2008a), S. A2.
Tab. 3-1: Bilanzsumme
8 Unter
„Andere Banken” fallen sämtliche sonst nicht in die weiteren Gruppen einteilba-
ren Banken, siehe SNB (2008a), S. 20 .
9 Hirszowicz (1996), S. 33; Meier/Marthinsen (1996), S. 56.
14
Wie Tab. 3-1 zeigt, besitzen Kantonalbanken und Grossbanken im Jahr
2007 mit 78% den grössten Anteil an der addierten Bilanzsumme aller Banken,
wobei die Grossbanken mit 67% absolut dominierend sind und ihren Anteil
seit 1995 steigern konnten.10
Tab. 3-2 zeigt eine detaillierte Aufspaltung der Aktiven der Bilanzen für
das Jahr 2007. In der ersten Spalte sind auch die Anzahl Institute pro Bankengruppe aufgelistet. Bei den beiden Grossbanken handelt es sich um die UBS
AG und die Credit Suisse Group AG. Die rechtlich eigentlich selbständigen
Raieisenbanken werden in den Statistiken als eine Einheit betrachtet. Eine
genauere Betrachtung der Aktiven zeigt, dass sich die Struktur der einzelnen
Bankengruppen zum Teil stark unterscheidet. Während bei Kantonal- und
Raieisenbanken, Regionalbanken und Sparkassen hauptsächlich das Hypothekargeschäft im Vordergrund steht (Anteile von 62%, 76% bzw. 79%), fallen
bei Grossbanken Forderungen gegenüber Banken (33%) und Handelsbestände
(20%) stärker ins Gewicht. Der Anteil des Hypothekargeschäfts beträgt hier
nur knapp 10%. Insgesamt bestimmen die Forderungen gegenüber Banken und
Kunden sowie die Hypotheken 70% der Bilanzsumme aller Banken. Über die
Hälfte der Bilanzsumme lässt sich alleine auf Hypotheken und Forderungen
gegenüber Banken und Kunden von Kantonal- und Grossbanken zurückführen. Die Bilanzsumme aller Banken betrug 2007 knapp 3.5 Billionen Franken
und überstieg das nominale BIP der Schweiz etwa um das Siebenfache.11
1 0 Es
handelt sich hierbei um die aktuellsten o!ziellen Daten, wobei bekanntlich die mo-
mentane Finanzmarktkrise im Bankensektor zu einigen Veränderungen in den Statistiken
der Folgejahre führen wird.
1 1 Das nominale BIP der Schweiz lag 2007 provisorisch etwa bei 508 Mia. Fr., siehe SNB
(2008b), S. 112 f.
15
in Mio. Fr.; Angaben für das Jahr 2007
Flüssige
M ittel
Forderungen aus
Geldmarktpa pieren
24
2
4'139
12'557
3'899
69'444
42'497
780'652
40'943
515'500
222'095
237'304
76
1
183
1'413
1'203
6'283
207
10
43'014
4'311
12'340
143'847
6'279
7'228
140'093
67'622
94'299
60'021
30
14
1'365
1'943
86
607
14'626
15'305
8'355
5'872
776
215
330
28'901
117'267
1'013'577
724'271
682'332
Anzahl Institute
1.00 Kantonalbanken
2.00 Grossbanken
3.00 Regionalbanken und
Sparkassen
4.00 Raiffeisenbanken
5.00 Übrige Banken
7.00 Filialen ausländischer
Banken
8.00 Privatbankiers
Alle Banken
Handelsbestände in
Wertschriften u. FinanzEdelmetallen
anlagen
1.00 Kantonalbanken
2.00 Grossbanken
Beteiligungen
Forderungen
gegenüber
Banken
Sachanlagen
3'272
8'688
Forderungen
gegenüber
Kunden
Weitere
Aktiven
10'969
196'259
Hypothekarforderungen
Bilanzsumme
13'590
471'287
13'841
9'915
1'335
39'530
356'580
2'341'136
Sparkassen
92
4'047
121
894
325
85'311
4.00 Raiffeisenbanken
690
2'204
406
1'791
2'905
123'076
18'605
42'305
3'594
6'472
23'604
487'838
3.00 Regionalbanken und
5.00 Übrige Banken
7.00 Filialen ausländischer
Banken
7'745
392
0
34
1'065
34'444
8.00 Privatbankiers
1'106
1'675
219
649
1'922
29'513
513'115
74'379
45'209
21'799
237'047
3'457'897
Alle Banken
Quelle: SNB (2008a), S. A12 ff.
Tab. 3-2: Aktiven
Betrachtet man die Forderungen und Einlagen inländischer Kunden in
Tab. 3-3, so lässt sich wiederum erkennen, dass Kantonal- und Grossbanken
den grössten Teil auf sich vereinen. Beide Bankengruppen weisen ungefähr
denselben Anteil von einem Drittel auf. Bei den Wertschriften in Tab. 3-4
zeigt sich ein etwas anderes Bild. Die Grossbanken besitzen eine überragende
Position im Bereich ausländischer Obligationen. Die bei Grossbanken gehaltenen ausländischen Obligationen entsprechen über 46% des gesamten wertmässigen Wertschriftenbestandes. 81% des Wertschriftenbestandes befinden
16
sich bei den Grossbanken. Diese scheinen somit das Vermögensverwaltungsgeschäft zu dominieren.12 Nur im Inland vertretene Banken, wie beispielsweise
die Kantonal- oder Regionalbanken, müssen oftmals sogar ihre internationalen
Geschäfte über Grossbanken tätigen.
in Mio. Fr.; Angaben für das Jahr 2007
Forderungen
1.00 Kantonalbanken
256'252
2.00 Grossbanken
278'833
3.00 Regionalbanken und
Sparkassen
73'547
4.00 Raiffeisenbanken
101'473
5.00 Übrige Banken
76'140
7.00 Filialen ausländischer
Banken
3'065
8.00 Privatbankiers
1'217
Alle Banken
in %
32.4%
35.3%
Einlagen
245'801
233'711
in %
33.9%
32.3%
9.3%
12.8%
9.6%
70'444
99'366
68'482
9.7%
13.7%
9.5%
0.4%
0.2%
1'270
5'483
0.2%
0.8%
790'529
724'556
Quelle: SNB (2008a), S. A40 f.
Tab. 3-3: Forderungen gegenueber und Einlagen von inlaendischen Kunden
Tab. 3-5 splittet die Aktivposten der Bilanz nach Währungen auf. Der
Schweizer Franken und der US-Dollar halten sich mit je etwa 34% die Waage.
Der Vergleich zu früheren Werten zeigt klar, dass die Bedeutung des USDollars zulasten des Schweizer Frankens zugenommen hat.13 Hauptsächlich
bei den Forderungen ist der US-Dollar relevant. Bei den Hypothekarforderungen erkennt man das bereits erwartete Bild: Mit fast 98% ist der Schweizer
Markt der wichtigste bei Hypothekargeschäften.
1 2 Siehe
dazu auch Blattner/Gratzl/Kaufmann (1996), S. 33 f., die festhalten, dass der
geschätzte Anteil der Schweizer Banken am grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft mit Privatkunden international gesehen etwa 35% beträgt.
1 3 Siehe SNB (2008a), S. A94.
17
in Mio. Fr.; Angaben für das Jahr 2007
Obligationen
Anteilscheine
Gesamter
u. Pfandbriefe Aktien Obligationen Aktien
von
WertschriftenSchweiz
Schweiz
Ausland
Ausland Anlagefonds
bestand
1.00 Kantonalbanken
11'183
4'307
9'240
856
1'229
26'816
2.00 Grossbanken
2'939
18'613
256'677 150'143
17'929
446'302
3.00 Regionalbanken und
Sparkassen
2'987
145
848
15
81
4'077
4.00 Raiffeisenbanken
2'268
34
419
4
.
2'725
5.00 Übrige Banken
5'255
10'303
39'593
2'972
2'407
60'531
7.00 Filialen ausländischer
Banken
547
4'379
3'209
.
.
8'135
8.00 Privatbankiers
.
.
.
.
.
2'417
Alle Banken
.
.
.
.
.
551'003
Quelle: SNB (2008a), S. A46 ff.
Tab. 3-4: Wertschriften
in Mio. Fr.; Angaben für das Jahr 2007; alle Banken
CHF
USD
Flüssige Mittel
19'019
166
Forderungen aus Geldmarktpapieren
7'466
23'726
Forderungen gegenüber Banken
115'238 494'285
Forderungen gegenüber Kunden
158'940 381'501
Hypothekarforderungen
668'150
2'774
Wertschriften und Edelmetalle
94'678 182'262
Beteiligungen
39'905
2'467
Sachanlagen
20'547
690
Weitere Aktiven
56'090
96'937
Bilanzsumme 1'180'033 1'184'808
EUR
Weitere
Total
2'053
7'663
28'901
29'132
56'943 117'267
202'635 201'419 1'013'577
92'892
90'938 724'271
5'713
5'695 682'332
140'589 169'965 587'494
798
2'039
45'209
40
522
21'799
37'554
46'466 237'047
511'406
581'650 3'457'897
Quelle: SNB (2008a), S. A94 ff.
Tab. 3-5: Aktiven nach Waehrungen
Tab. 3-6 zeigt die Wichtigkeit des Auslands für die inländischen Banken.
Bei den Treuhandgeschäften spielt das Inland oensichtlich nur eine marginale
Rolle. Anhand der Erfolgsrechnung in Tab. 3-7 lässt sich die Gewinnerzielung
der Banken ermitteln. Die meisten Einnahmen stammten im Jahr 2007 aus
dem Zinsdierenzgeschäft und dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft
(59.7 Mia. Fr.), wobei auch hier die Grossbanken alleine 27.2 Mia. Fr. bzw.
18
45% beisteuerten. Insgesamt machen diese beiden Sparten 84% sämtlicher
Einkünfte aus. Personal- und Sachaufwand stellen die grössten Ausgabenposten dar, wobei die Personalkosten etwa 70% der Gesamtkosten betragen.
Über alle Banken hinweg gesehen, wurden 2007 etwa 14% des Bruttogewinns dem Staat abgeliefert, wobei hier die Anteile streuen. Während Kantonalbanken nur Steuerausgaben in Höhe von etwa 7% des Bruttogewinns
aufweisen, beträgt dieser Anteil bei Grossbanken 11.2%.14 Bei Privatbankiers
sind es sogar über 29%. Der Jahresgewinn entspricht insgesamt 23% der Bruttoeinnahmen (Zinsen-, Kommissions-, Dienstleistungs-, Handelsgeschäft und
übriger ordentlicher Erfolg).
in Mio. Fr.; Angaben für das Jahr 2007; alle Banken
USD
Treuhandguthaben CHF
Inland
1'836
998
Ausland
32'092 225'907
Total
EUR
Weitere
427
222
158'369
63'095
Total
3'483
479'463
33'928
226'905
158'796
63'165
482'945
21'208
12'720
21'528
205'378
29'768
129'027
8'924
54'392
81'428
401'517
33'928
226'905
158'796
33'626
482'945
Treuhandverpflichtungen
Inland
Ausland
Total
Quelle: SNB (2008a), S. A129 ff.
Tab. 3-6: Treuhandgeschaefte
1 4 Kantonalbanken
sind hauptsächlich im unbesteuerten Hypothekargeschäft aktiv, wäh-
rend Privatbankiers, Grossbanken und übrige Banken andere Aufgaben, beispielsweise die
Vermögensverwaltung, wahrnehmen. Diese Tätigkeiten werden mit Gebühren und Provisionen abgegolten, welche der MwSt unterstehen. U.a. auch deshalb liefern Grossbanken und
Privatbankiers im Vergleich zu Kantonalbanken dem Fiskus relativ hohe Steuerbeträge ab.
19
in tausend Fr.; Angaben für das Jahr 2007 und für 1996-2007
Zinsaufwand
1.00
2.00
3.00
4.00
5.00
7.00
8.00
Kantonalbanken
Grossba nken
Regionalbanken und
Sparkassen
Raiffeisenbanken
Übrige Banken
Filialen ausländischer
Banken
Privatbankiers
4.00
5.00
7.00
8.00
Kommissionsaufwand
Erfolg Kommissions- u.
DL-Geschäft
Erfolg
Handelsgeschäft
Übriger
ordentlicher
Erfolg
5'704'036
98'976'233
5'069'863
8'340'512
237'863
3'853'690
1'996'735
18'927'333
703'842
1'684'729
426'220
3'592'757
1'222'969
1'790'014
12'670'262
1'376'283
1'881'383
5'863'069
37'540
107'805
2'024'545
328'783
243'390
12'230'643
83'644
111'807
2'437'462
54'282
60'450
1'213'590
933'842
259'235
171'437
245'799
48'633
470'372
671'740
2'363'131
255'390
348'299
26'099
39'243
Alle Banken
121'556'590
22'948'345
6'780'449
36'761'754
5'625'173
5'412'642
Alle Banken, M ittelwert 1996-2007
58'404'363
21'191'963
3'274'909
25'109'495
8'451'779
4'986'648
Sachaufwand
Bruttogewinn
Steuern
Personalaufwand
1.00
2.00
3.00
Erfolg
Zinsengeschäft
Kantonalbanken
Grossba nken
Regionalbanken und
Sparkassen
Raiffeisenbanken
Übrige Banken
Filialen ausländischer
Banken
Privatbankiers
Sonstige
Posten
Jahresgewinn
2'453'370
18'629'802
1'466'435
6'989'933
4'276'854
6'925'596
291'527
779'946
1'358'530
7'549'448
2'626'797
-1'403'798
508'210
880'246
7'973'579
419'472
452'280
4'170'097
915'312
964'504
9'601'084
159'727
138'014
1'616'697
249'334
125'162
1'518'055
506'251
701'328
6'466'332
348'714
1'476'269
248'833
511'641
527'118
1'008'563
93'022
296'189
42
248'404
434'054
463'970
Alle Banken
32'270'190
14'258'690
24'219'033
3'375'122
11'048'979
9'794'932
Alle Banken, M ittelwert 1996-2007
22'864'869
12'168'715
24'706'301
2'923'245
8'558'215
13'224'841
Quellen: SNB (2008a), S. A148 ff.; www.snb.ch.
Tab. 3-7: Erfolgsrechnung
Bekanntlich war bereits das Jahr 2007 für den Bankensektor relativ turbulent, wobei sich die Dynamik im Folgejahr noch verstärkte. Vergleicht man
die Zahlen aus dem Jahr 2007 mit den Vorjahren, so fallen die massiven Abschreibungen und Wertberichtigungen v.a. bei den beiden Grossbanken auf.
Die aktuellen Zahlen sind deshalb wenig repräsentativ. Gemäss SNB (2008a)
betrugen die Abschreibungen und Wertberichtigungen 2007 insgesamt 15.4
Mia. Fr., während in den Jahren 2004, 2005 und 2006 nur knapp 5 Mia.
20
Fr. abgeschrieben und berichtigt werden mussten.15 Dies wirkt sich dementsprechend auf den Gewinn und die abgelieferten Steuern aus. Anstelle eines
Jahresgewinns von 24.6 Mia. Fr. im Jahre 2005 bzw. 20.1 Mia. Fr. im Jahre
2006 konnte der Bankensektor 2007 nur Gewinne in Höhe von 9.8 Mia. Fr.
erzielen. Der Staat seinerseits nahm in den Jahren 2005 und 2006 ca. 5 Mia.
Fr. Steuern aus dem Bankensektor direkt ein, also etwa 1.7 Mia. Fr. mehr
als 2007. Die unterste Zeile in Tab. 3-7 gibt den Mittelwert 1996-2007 für die
einzelnen Sparten an. Der durchschnittliche Gewinn aller Banken liegt um ca.
3.5 Mia. Fr. höher als derjenige von 2007, wobei der Bruttogewinn in etwa
gleich hoch ist. Den im Vergleich zum Durchschnitt höheren Erträgen aus
dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft steht vor allem ein höherer
Personalaufwand gegenüber.
Betrachtet man die Gewinnentwicklung des Bankensektors (Bankengruppen 1 bis 5) in Abb. 3-1, so fallen vor allem die zunächst fast kontinuierliche
Entwicklung bis 1995 und die danach folgenden starken jährlichen Schwankungen auf. Der Vergleich der Fünfjahres-Durchschnitte zeigt, dass sich die
Nettogewinne von 1980 bis 1990 mehr als verdoppelt und von 1990 bis 2000
mehr als verdreifacht haben. Der Durchschnitt der Jahre 2003 bis 2007 liegt
um das 3.6-Fache höher als derjenige der Jahre 1988 bis 1992, während das
reale BIP in dieser Zeit nur etwa um 40% zunahm.16
1 5 SNB
1 6 Vgl.
(2008a), S. A148 .
Bundesamt für Statistik (2007), S. 111 .
21
30'000
25'000
20'000
15'000
10'000
5'000
0
1978 1981 1984 1987 1990 1993 1996 1999 2002 2005
Quelle: SNB (2008a).
Abb. 3-1: Bankengewinne 1978-2007 in Mio. Fr.
Das klassische Geschäftsfeld des Finanzsektors, das Zinsdierenzgeschäft,
hat im Jahr 2007 über alle Banken hinweg einen Erfolg von knapp 23 Mia.
Fr. generiert. Mit dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft verdienten
die Banken 36.7 Mia. Fr. Der Vergleich zum langfristigen Mittelwert in Tab.
3-7 zeigt, dass gerade das Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft über
dem Durchschnittswert der letzten Jahre liegt, während das Zinsdierenzgeschäft etwa dem Mittelwert entspricht. Abb. 3-2 zeigt das Verhältnis des
Zinsdierenzgeschäfts zum Kommissionsgeschäft von 1980 bis 2006. Oenbar stand in den 80-er Jahren vor allem das Zinsdierenzgeschäft im Vordergrund. Im Laufe der Jahre nahm der Anteil des Kommissionsgeschäfts jedoch
gewaltig zu. Abb. 3-2 illustriert eindrücklich die Entwicklung des Finanzsektors weg vom traditionellen Zinsdierenzgeschäft hin zum kundenorientierten
Dienstleistungs- und Kommissionsgeschäft.
22
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1980
1982
1984
1986
1988
1990
1992
1994
1996
1998
Anteil Zinsgeschäft
Quelle: Seco (2008).
2000
2002
2004
2006
Anteil Kommissionsgeschä ft
Abb. 3-2: Anteile Zins- und Kommissionsgeschaeft
Abb. 3-3 zeigt den Anteil der Wertschöpfung des Finanzsektors (Kreditund Versicherungsgewerbe) am BIP im internationalen Vergleich. Der Finanzsektor in der Schweiz hat — gemessen an Durchschnittswerten von 2000 bis
2005 — einen zwei bis drei Mal höheren Anteil am BIP als in den meisten
anderen Ländern. Nur gerade Luxemburg vermag die Schweiz zu übertreen.
Selbst in Japan ist der Anteil der im Finanzsektor erzielten Wertschöpfung
am BIP weniger als halb so hoch wie in der Schweiz. Gemäss Seco (2006a)
ist auch die Feststellung interessant, dass dieser Anteil in vielen europäischen
Ländern praktisch identisch ist und bei rund 4% liegt.
23
20%
15%
10%
5%
0%
Luxemburg
Schweiz
Japan
Niederlande Österreich
Italien
Frankreich Deutschland Finnland
Quelle: Seco (2006a).
Abb. 3-3: Anteil der Wertschoepfung des Finanzsektors am BIP
In Abb. 3-4 werden die Anteile des Kredit- und Versicherungsgewerbes an
der gesamten Beschäftigung im internationalen Vergleich anhand von Durchschnittswerten 2000-2005 wiedergegeben. Auch hier zeigt sich, dass die Schweiz
eine Sonderposition einnimmt: Etwa 6% aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind im Finanzsektor beschäftigt, während die Anteile in anderen Ländern nur ungefähr die Hälfte betragen, und dies ohne Berücksichtigung der
indirekten Beschäftigungswirkungen auf die übrigen Sektoren. Gemäss Seco
(2006a) verbergen sich hinter diesen Daten weitreichende Entwicklungen der
letzten beiden Jahrzehnte. Während der Beitrag des Finanzsektors am BIP
anfangs der 90-er Jahre noch etwa 7% ausmachte, erreichte er 2005 bereits
knapp 14%. Der Anteil des Finanzsektors an der gesamten Beschäftigung ist
in dieser Zeit aber stabil geblieben, woraus gefolgert werden kann, dass in
diesem Sektor umfangreiche Produktivitätssteigerungen erzielt wurden.
24
7%
6%
5%
4%
3%
2%
1%
0%
Schweiz
Niederlande Österreich Frankreich
Italien
Norwegen
Spanien
Quelle: Seco (2006a).
Abb. 3-4: Anteil des Finanzsektors an der Beschaeftigung
Tab. 3-8 gibt einige weitere wichtige Kennzahlen des Schweizer Finanzsektors wieder. Etwa ein Drittel des Aussenhandelsüberschusses wird durch den
Finanzsektor generiert. Auch der Anteil an der gesamten Börsenkapitalisierung und der Anteil an den im internationalen Vergleich sonst schon sehr hohen Direktinvestitionen im Ausland liegt etwa bei einem Drittel. Wie bereits in
Tab. 3-7 ersichtlich wurde, profitiert auch der Staat von starken Banken. Gemäss EFD (2009e, 2008) betragen die Einkommen- und Unternehmenssteuern
des Finanzsektors im Durchschnitt etwa 10 bis 13% des gesamten Steueraufkommens aller Staatsebenen, wobei steuerpflichtige Gewinnausschüttungen
sowie Erträge aus der Verrechnungssteuer noch nicht berücksichtigt sind. Inklusive den Erträgen aus der Verrechnungssteuer dürfte der Anteil am Steueraufkommen gegen 20% betragen.17 Die letzte Zeile zeigt das durchschnittliche
1 7 2008
betrugen die Nettoeinnahmen aus der Verrechnungssteuer knapp 6.5 Mia. Fr., 2007
25
jährliche Wachstum des Finanzsektors zwischen 1991 und 2006 in Höhe von
3%, während das Wachstum in den übrigen Sektoren nur etwa 1% pro Jahr
betrug. Dies hat, wie vorhin bereits erwähnt, zur Folge, dass in den letzten
beiden Jahrzehnten der Anteil der Wertschöpfung des Finanzsektors an der
gesamten Wertschöpfung substanziell zugenommen hat. Die oftmals diskutierte Wachstumsschwäche der Schweiz in den letzten Jahren mag zwar auf
einen Teil der Wirtschaft zutreen — der Schweizer Finanzsektor konnte aber
mühelos mit der Dynamik im Ausland mithalten.
Anteil des Finanzsektors
- am Aussenhandelsüberschuss 2001 und 2004:
37.3%, 28.8%
- an der Börsenkapitalisierung 2001 und 2004:
35.3%, 31.1%
- an den Direktinvestitionen 2001 und 2003:
37.9%, 33.0%
- am gesamten Steueraufkommen 2000 und 2002:
Durchschnittliches Wachstum des Finanzsektors:
13.0%, 8.6%
3%
Quellen: EFD (2008a); Seco (2006a).
Tab. 3-8: Weitere wichtige Kennzahlen des Finanzsektors
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die verschiedenen Statistiken
den hohen Stellenwert, aber auch das Klumpenrisiko des Schweizer Finanzsektors für die gesamte Volkswirtschaft deutlich zeigen. Bei den Banken sind
es vor allem die UBS AG und die Credit Suisse Group AG, welche hinsichtlich der Bilanzsumme bzw. der Wertschriftenbestände das Vermögensverwaltungsgeschäft dominieren. Insgesamt ist deshalb eher von einem konzentrierten Bankensektor auszugehen. Bei den anderen Banken steht hauptsächlich
das inländische Hypothekargeschäft im Vordergrund. Die Bilanzsumme aller
Banken beträgt rund das Siebenfache des Schweizer Bruttoinlandsprodukts.
etwa 4.2 Mia. Fr., siehe EFV (2009a), S. 21 und die folgenden Ausführungen in Kapitel 3.3.
26
Die insgesamt hohen Wertschriftenbestände widerspiegeln oensichtlich die
bedeutende Rolle des Schweizer Finanzsektors in der internationalen Vermögensverwaltung. Über die Jahre hinweg hat der Anteil der Erträge aus dem
klassischen Zinsdierenzgeschäft jedoch fortlaufend abgenommen. Die dominante Stellung des Schweizer Finanzsektors wird durch weitere Statistiken
wie beispielsweise die Anteile an der Beschäftigung, am Steueraufkommen
oder an der gesamten Wertschöpfung unterstrichen. Die Abhängigkeit vom
Finanzplatz Schweiz hat aber auch ihre Schattenseiten. Die aktuelle Finanzmarktkrise wirkt sich nicht nur auf die Gewinne im Finanzsektor negativ aus,
sondern auch auf das Steueraufkommen und den Rest der Wirtschaft. Oensichtlich ist der Finanzsektor für die Schweiz von grosser Wichtigkeit. Eng
mit diesem Finanzsektor verbunden sind das sogenannte Bankgeheimnis der
Schweiz sowie die Verrechnungssteuer, weshalb sich das folgende Kapitel nun
eingehend mit diesen beiden Themen befasst.
3.3
Das Bankgeheimnis und die Verrechnungssteuer
Der Schutz der Privatsphäre, der auch das Bankgeheimnis umfasst, ist in der
Schweiz tief im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger verankert.18 Das
heutige Bankgeheimnis — in der Schweiz auch oftmals Bankkundengeheimnis
genannt — ist in erster Linie eine strafrechtlich sanktionierte Schweigepflicht
der im Bankgeschäft tätigen Personen und hat seinen Ursprung im Gesetz
über die Banken und Sparkassen (BankG) vom 8.11.1934, das in Art. 47 Abs.
1, 2 und 4 festhält: „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
wird bestraft, wer vorsätzlich: a. ein Geheimnis oenbart, das ihm in seiner
Eigenschaft als Organ, Angestellter, Beauftragter oder Liquidator einer Bank,
1 8 EFD
(2009b).
27
als Organ oder Angestellter einer Prüfgesellschaft anvertraut worden ist oder
das er in dieser Eigenschaft wahrgenommen hat; b. zu einer solchen Verletzung
des Berufsgeheimnisses zu verleiten sucht (Abs. 1). Wer fahrlässig handelt,
wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft (Abs. 2). Die Verletzung des
Berufsgeheimnisses ist auch nach Beendigung des amtlichen oder dienstlichen
Verhältnisses oder der Berufsausübung strafbar (Abs. 4).”
Das Bankgeheimnis stellt eine Konkretisierung des verfassungsrechtlichen
Persönlichkeitsschutzes in Art. 13 der Bundesverfassung dar,19 und auch das
Zivilgesetzbuch hält als privatrechtliche Grundlage den Schutz der Persönlichkeit in Art. 27 . ZGB fest. Ein Verstoss gegen das Bankgeheimnis ist in der
Schweiz ein O!zialdelikt und wird strafrechtlich geahndet.
Der Geheimnispflicht unterstehen alle Mitarbeiter und Organe einer Bank,
solange der Kunde sie nicht daraus entlässt. Die Geheimnispflicht bleibt auch
nach der Auflösung der Geschäftsverbindung und nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses unbeschränkt bestehen. Bei fahrlässigem Verstoss gegen das Bankgeheimnis ist zur Zeit mit einer Busse von bis zu 250’000 Fr. zu
rechnen; maximal ist sogar eine Geldstrafe von bis zu 1’080’000 Fr. möglich,
wobei die unterschiedlichen Strafandrohungen gerade kürzlich im Rahmen des
Finanzmarktaufsichtsgesetzes verschärft wurden.20
Interessieren sich ausländische Justizbehörden für Kundendaten bei Schweizer Banken, so können sie die Informationen mittels internationaler Rechtshilfe zu erlangen versuchen. Wenn der Vorwurf lautet, dass Kapitalien auf
Schweizer Bankkonten krimineller Herkunft sind, dann wird die Rechtshilfe in
1 9 Art.
13 Abs. 1 BV: „Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Famili-
enlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs”. Art. 13 Abs. 2
BV: „Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.”
2 0 Siehe Art. 47 BankG i.V.m. Art. 34 StGB. Vergleiche allgemein auch EFD (2009a).
28
der Regel gewährt (bsp. bei Diebstahl oder Geldwäscherei). Art. 3 des Rechtshilfegesetzes (IRSG) regelt die nicht rechtshilfefähigen Delikte. Beispielsweise darf keine Rechtshilfe gewährt werden bei politischen oder militärischen
Delikten. Auch bei Fiskaldelikten ist keine Rechtshilfe möglich, weshalb die
Rechtshilfe auf Verfahren beschränkt ist, die sich auf Steuerbetrug beziehen.
Zudem dürfen Informationen, die durch Rechtshilfe erlangt wurden, durch den
erlangenden Staat nicht für Veranlagungszwecke verwendet werden.21
Der Kern des steuerlichen Bankgeheimnisses in der Schweiz ist diese Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug sowie der Grundsatz der beidseitigen Strafbarkeit. Gemäss dem sogenannten Neapel-Prinzip
gehört es zu den Grundsätzen der schweizerischen Steuerpolitik, dem ausländischen Fiskus nicht mehr Informationen zu geben als dem Schweizer Fiskus.
Während bei Steuerbetrug (die Verwendung gefälschter Urkunden) die Behörden gegen den Willen des Steuerzahlers Zugang zu Bankinformationen
erhalten, ist dies bei blosser Steuerhinterziehung (Nichtdeklaration) nicht der
Fall.22 In den verschiedenen Verhandlungsdossiers und auch bei den aktuellen
Diskussionen bezüglich des Bankgeheimnisses beharrte die Schweiz gegenüber
dem Ausland auf dem Grundsatz der beidseitigen Strafbarkeit. Das bedeutet,
dass zur Vollziehung von Zwangsmassnahmen (bsp. zur Aufhebung des Bankgeheimnisses) in der Rechtshilfe ein Delikt sowohl im anderen Land als auch
in der Schweiz strafbar sein muss. Während Steuerbetrug in der Schweiz eben
ein solches Delikt darstellt, ist Steuerhinterziehung nicht rechtshilfefähig in
Bezug auf das Ausland.23 Aus diesem Grunde waren in den insgesamt über
2 1 EFD
2 2 Vgl.
(2009a).
EFD (2009a). Wer in der Schweiz Steuern hinterzieht, wird vom Steueramt gebüsst,
hat aber keine sonstigen Sanktionen zu befürchten. Nur Steuerbetrug hat auch strafrechtliche Sanktionen zur Folge.
2 3 Siehe bsp. EFD (2009c).
29
70 Doppelbesteuerungsabkommen mit ausländischen Staaten bisher auch keine sogenannten „grossen Amtshilfen” bei Verdacht auf Steuerhinterziehung
vorgesehen.24
Anlässlich des Verfahrens gegen die UBS AG in den USA und des gestiegenen internationalen Drucks in Bezug auf den Informationsaustausch hat
der Bundesrat am 25.2.2009 bekannt gegeben, dass die Weiterentwicklung des
Schweizer Bankgeheimnisses vertieft diskutiert werden soll, wozu eine Expertengruppe und ein Bundesratsausschuss eingesetzt wurden.25 Konkret möchte
die Schweiz die Zusammenarbeit mit anderen Staaten dahingehend ausbauen,
dass sie den OECD-Standard bei der Amtshilfe in Steuersachen nach Artikel
26 des Musterabkommens mit der OECD vorbehaltlos übernimmt, wobei sich
die Amtshilfe auf konkrete und begründete Einzelfälle auf Anfrage beschränken soll.26 Künftig wird also der Informationsaustausch auch bei Steuerhinterziehung grundsätzlich möglich sein; der automatische Informationsaustausch
wird aber weiterhin explizit verweigert.27 Der Bundesrat hat am 8.4.2009
ebenfalls entschieden, dass das erste Doppelbesteuerungsabkommen mit den
neuen Amtshilfebestimmungen dem fakultativen Referendum unterstellt werden soll, wobei dieser Entscheid wie bis anhin dem Parlament obliegt.28 Das
erste neue Doppelbesteuerungsabkommen sollte voraussichtlich mit den USA
ausgehandelt werden, jedoch gab das Eidgenössische Finanzdepartement am
26.5.2009 bekannt, dass das erste nach Art. 26 des OECD-Musterabkommens
revidierte Doppelbesteuerungsabkommen mit Dänemark paraphiert worden
sei.29
2 4 EFD
(2009b).
EFD (2009a,j).
2 6 EFD (2009i).
2 7 EFD (2009h).
2 8 EFD (2009f).
2 9 EFD (2009g,k).
2 5 Vgl.
30
Eng mit dem Bankgeheimnis verbunden ist die schweizerische Verrechnungssteuer. Das Bankgeheimnis setzt die Steuerehrlichkeit grundsätzlich einer gewissen Belastung aus, da von den Steuerpflichtigen mit der Selbstdeklaration eine aktive Handlung verlangt und das Vergessen dieser Handlung
nur geringfügig bestraft wird. Der Bund erhebt deshalb bereits seit 1944 eine
Verrechnungssteuer in Höhe von 35%, um im Inland ansässige Steuerpflichtige dazu zu veranlassen, ihre Vermögen und Vermögenserträge korrekt zu
deklarieren.30
Die Verrechnungssteuer ist eine an der Quelle erhobene Steuer auf den
Ertrag beweglichen Kapitalvermögens (Obligationen, Spareinlagen, Aktien
usw.), auf Lotteriegewinne und auf Versicherungsleistungen zur Sicherung der
Steueransprüche.31 Wer die Zinserträge in der Steuererklärung auührt, erhält die Verrechnungssteuern zurückerstattet, welche die Bank automatisch
vom Bruttozinsertrag abzieht. Wer auf die Deklaration verzichtet, dem entgehen 35% der Bruttozinserträge. Die Verrechnungssteuer ist also ein direkter
Ausfluss des Bankgeheimnisses, indem sie dafür sorgt, dass der Fiskus auch
dann steuerlich auf das von der Verrechnungssteuer erfasste Kapitaleinkommen zugreifen kann, wenn dieses nicht deklariert wird.
Im Rahmen des Zinsbesteuerungsabkommens mit der EU, das am 1.7.2005
in Kraft trat, hat sich die Schweiz dazu bereit erklärt, zunächst einen Steuerrückbehalt von 15%, ab dem 1.7.2008 von 20% und schliesslich ab dem
1.7.2011 einen Rückbehalt von 35% auf Zinseinkünfte von EU-Bürgern ein3 0 Gerade
bei hohen Einkommensteuersätzen kann es sich unter Umständen für den Steu-
erpflichtigen aber dennoch lohnen, Zinseinkommen nicht zu deklarieren, siehe auch Gärtner
(2006).
3 1 Siehe Art. 1 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer (VStG) sowie EFV
(2009b), S. 230.
31
zuführen. Der Ertrag des Steuerrückbehalts fällt zu 75% an die EU bzw. ihre
Mitgliedstaaten, die restlichen 25% behält die Schweiz als Gegenleistung für
ihre Aufwendungen. Die ausländischen Zinsempfänger können freiwillig zwischen dem Steuerrückbehalt oder der Meldung an ihre Steuerbehörden wählen,
wobei 2007 etwa 63’000 freiwillige Meldungen getätigt wurden.32
Die Banken überweisen die einbehaltenen Verrechnungssteuern vollumfänglich dem Bund. Betrachtet man die Fiskaleinnahmen des Bundes in Tab.
3-9 oder in Abb. 3-5, so zeigt sich deutlich der Stellenwert der Einnahmen aus
der Verrechnungssteuer.
in Mio. Fr.
Fiskaleinnahmen
davon Direkte Bundessteuer
*)
davon Mehrwertsteuer
davon Verrechnungssteuer
1990
28'815
6'710
2000
46'492
10'685
2008
58'752
17'513
9'871
4'044
16'594
6'202
20'512
6'460
*)
Vor 1995 Warenumsatzsteuer
Quellen: EFV (2009a), S. 33; Bundesamt für Statistik (2007), S. 409.
Tab. 3-9: Fiskaleinnahmen des Bundes
Nach der Mehrwertsteuer (MwSt) und der direkten Bundessteuer stellen
die Erträge aus der Verrechnungssteuer die wichtigste Einnahmequelle des
Bundes dar. Neben den Einkommen- und Unternehmenssteuern des Finanzsektors fliessen zusätzlich hohe Erträge durch die Besteuerung von oensichtlich nicht deklarierten Zinseinkünften in die Staatskasse. Geht man — ganz
grob geschätzt — von einem Bruttozins bzw. einer Bruttodividende von 3%
aus, so stehen hinter den 6.46 Mia. Fr. Verrechnungssteuereinnahmen im Jahr
2008 etwa 18.45 Mia. Fr. nicht deklarierte Zinseinkünfte (6.46 Mia. Fr. / 0.35)
und etwa 615 Mia. Fr. nicht deklarierte Anlagen (18.45 Mia. Fr. / 0.03). Wäh3 2 Vergleiche
dazu EFD (2009d).
32
rend diese Kapitalien zwar nicht deklariert, aber dennoch versteuert werden
(und zwar zu einem hohen Satz von meistens 35%), sei an dieser Stelle ebenfalls erwähnt, dass zahlreiche Kapitalerträge nicht oder nicht vollständig von
der Verrechnungssteuer erfasst werden. Beispielsweise sind bei den verzinslichen Wertpapieren nur diejenigen der Verrechnungssteuer unterworfen, welche
von in der Schweiz wohnhaften Emittenten herausgegeben wurden. Emissionen ausländischer Emittenten, welche beträchtlich sind, können dagegen von
In- und Ausländern quellensteuerfrei gehandelt werden.33 Zudem wird eine
Reihe von Kapitaleinkommen nicht von der EU-Richtlinie tangiert.34
Der Bruttoertrag aus dem Steuerrückbehalt auf Zinserträge von Steuerpflichtigen aus der EU belief sich 2007 auf 653.2 Mio. Fr., d.h. 489.9 Mio.
Fr. wurden an die EU-Mitgliedstaaten überwiesen und 163.3 Mio. Fr. blieben
der Schweiz für ihre Aufwendungen.35 Die Einnahmen in Bezug auf das Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU sind somit im Vergleich zu den totalen
Einnahmen aus der Verrechnungssteuer eher vernachlässigbar.
Betrachtet man die Zusammensetzung der Eingänge aus der Verrechnungssteuer, so zeigt sich, dass von den 29.98 Mia. Fr., welche die Banken dem Bund
im Jahr 2008 ablieferten, 19.71 Mia. Fr. auf Aktiendividenden, 3.53 Mia. Fr.
auf Zinszahlungen aus Obligationen und 3.1 Mia. Fr. auf Eingänge aus Kundenguthaben zurückzuführen sind. Dividendenzahlungen auf Aktienbestände
stellen somit klar den grössten Anteil.36
3 3 Siehe
Rehm (2003); Schweizerische Nationalbank (2008b).
dazu Deutsche Bank (2005) sowie allgemein Huizinga/Nicodème (2004).
3 5 EFD (2009d).
3 6 EFV (2009b), S. 230; EFV (2009c), S. 12.
3 4 Siehe
33
Mehrwertsteuer
10.1%
8.2%
Direkte Bundessteuer
4.7%
3.4%
6.1%
8.0%
27.4%
Verrechnungssteuer
Mineralölsteuer
Stempelabgaben
Tabaksteuer
32.1%
Übrige Fiskaleinnahmen
Nichtfiskalische
Einnahmen
Quelle: EFV (2009c).
Abb. 3-5: Struktur der Einnahmen des Bundes 2008
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Bankgeheimnis in
der Schweiz eine lange Tradition besitzt und tief verwurzelt ist. Der Schutz
der Privatsphäre und der Persönlichkeit entspricht einem elementaren, verfassungsrechtlich und gesetzlich geschützten Recht jedes Einzelnen. In der
Schweiz wird unterschieden zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug.
Während bei Steuerbetrug das Bankgeheimnis aufgehoben werden kann, ist
dies bei blosser Steuerhinterziehung, also bei der Nichtdeklaration von Kapitalien, nicht der Fall. Bei Rechtshilfegesuchen aus dem Ausland verlangt
die Schweiz die beidseitige Strafbarkeit. Dies hat zur Folge, dass zur Vollziehung von Zwangsmassnahmen (bsp. zur Aufhebung des Bankgeheimnisses) in
der Rechtshilfe ein Delikt sowohl im anderen Land als auch in der Schweiz
strafbar sein muss, weshalb blosse Steuerhinterziehung nicht rechtshilfefähig
ist. Angesichts des aktuellen internationalen Drucks hat sich der Bundesrat
nun aber dazu bereit erklärt, bei konkreten und begründeten Einzelfällen auf
Anfrage auch bei Steuerhinterziehung Amtshilfe zu leisten, wobei das erste
34
neue Doppelbesteuerungsabkommen voraussichtlich dem fakultativen Referendum unterstehen wird. Direkter Ausfluss des Bankgeheimnisses ist die in
der Schweiz vom Bund erhobene Verrechnungssteuer, die dem Fiskus auch
bei Nichtdeklaration von Vermögenswerten 35% der Kapitalerträge der von
der Verrechnungssteuer erfassten Kapitalien beschat. Auch gegenüber der
EU wurde ein Quellensteuersystem inklusive teilweiser Rückerstattung implementiert; die Erträge daraus sind für die Schweiz aber eher sekundärer Natur.
Insgesamt stellen die Einnahmen aus der Verrechnungssteuer die drittwichtigste Einnahmequelle des Bundes dar, wobei hinter diesen Einnahmen hohe
undeklarierte Kapitalwerte zu vermuten sind. Mit der starken Verankerung
und Akzeptanz des Bankgeheimnisses in der Schweiz geht somit auch die
Akzeptanz über die freie und strafrechtlich unsanktionierte Wahl zwischen
Deklaration und Nichtdeklaration von Kapitalwerten einher. Insgesamt sind
sowohl das Bankgeheimnis als auch die damit verbundene Verrechnungssteuer
wichtige Eckpfeiler des Schweizer Bankensektors und der Schweizer Volkswirtschaft.
3.4
Anwendungsprobleme bei der Mehrwertsteuer
Die bisherigen Ausführungen zeigten in mehrerer Hinsicht die Bedeutung des
Schweizer Finanzplatzes. Gerade bei den durch den Bankensektor generierten
Steuereinnahmen wurde auch das Klumpenrisiko für den Staat und die gesamte Volkswirtschaft ersichtlich. Neben der Gewinnbesteuerung fliessen aber
auch hohe Einnahmen durch die MwSt in die Staatskassen. Es ist diese MwSt,
gerade in Bezug auf den Finanzsektor, welche in den letzten Jahren sowohl
in der Theorie als auch in der Praxis zu einer breiten Diskussion führte. Aus
diesem Grunde befasst sich dieses Kapitel etwas näher mit der Besteuerung
35
des Mehrwerts v.a. in Bezug auf den Bankensektor. An den Anfang gestellt
wird ein kurzer Abriss über die optimale Besteuerung und das Ideal der MwSt.
Anschliessend soll in Kapitel 3.4.2 das aktuelle MwSt-System in der Schweiz
betrachtet und ins Verhältnis zur idealen Besteuerung gesetzt werden. Von
speziellem Interesse ist die Behandlung von Bankdienstleistungen — v.a. des
Zinsdierenzgeschäfts — durch die MwSt, weshalb sich Kapitel 3.4.3 mit der
Frage befasst, ob Finanzdienstleistungen überhaupt durch die MwSt erfasst
werden sollen bzw. erfasst werden können. Ein Überblick über die aktuelle
Revision des MwSt-Gesetzes rundet schliesslich die gewonnenen Erkenntnisse
ab.
3.4.1
Optimale Besteuerung
Basierend auf der Optimalsteuertheorie können Steuern aufgrund ihrer E!zienzwirkungen, d.h. der mit ihnen verbundenen Zusatzlast für die Volkswirtschaft, beurteilt werden.37 Jede Steuer, die zu Steueraufkommen führt, zieht
einen Einkommenseekt mit sich. Dieser Einkommenseekt widerspiegelt den
mit der Steuer bezweckten Kaufkraftstransfer vom Bürger zum Staat und
stellt deshalb keine Verzerrung dar. Problematisch sind die Substitutionseffekte, welche praktisch mit jeder Steuer verbunden sind, die Marktergebnisse
verzerren und zu einer Zusatzlast der Besteuerung führen. Die Zusatzlast ist
umso höher, je stärker und besser die Individuen der Besteuerung ausweichen
können. Ein Steuersystem, in dem nur Einkommenseekte auftreten, wird deshalb als erstbestes bzw. Firstbest-Steuersystem bezeichnet.38 Dazu gehören
3 7 Die
Optimalsteuertheorie befasst sich mit der wohlfahrtstheoretischen Fundierung der
Besteuerung. Siehe zur optimalen Einkommens- und Güterbesteuerung auch Keuschnigg
(2005), Kapitel VI und VII.
3 8 Siehe zu dieser Thematik allgemein Daepp/Schaltegger (2004).
36
die nach individueller Leistungsfähigkeit persönlich dierenzierte Pauschalsteuer, welche ans Einkommen anknüpft, sowie die den Konsum erfassende
allgemeine Verbrauchssteuer, d.h. eine Steuer auf den Wert aller physischen
Konsumgüter und -prozesse inklusive Freizeit. In beiden Erstbest-Systemen
wird der Zielkonflikt zwischen E!zienz und Gerechtigkeit ausgeschaltet, so
dass jede beliebige Verteilung ohne Zusatzlast möglich ist und Umverteilung
die Pareto-Optimalität nicht beeinträchtigt.
In der Realität scheitert die Implementierung eines Firstbest-Steuersystems
an der Nichtbeobachtbarkeit der Verbräuche bzw. der Anfangsausstattungen
und Leistungsfähigkeiten. Es ist dieses grundsätzliche Informationsproblem,
das maximal die Realisation eines zweitbesten Steuersystems zulässt. In einem
Secondbest-System beschränkt man sich auf die Besteuerung beobachtbarer
Transaktionen wie die Erzielung von Einkommen oder den Kauf von Gütern.
Secondbest sind somit eine allgemeine Konsumsteuer auf alle Konsumtransaktionen oder eine allgemeine Einkommensteuer auf alle Wertschöpfungen der
Produktionsfaktoren. Die Harmonie zwischen E!zienz und Gerechtigkeit fällt
dahin, da die Besteuerung nun zu Ausweich- bzw. Substitutionseekten führt.
Basierend auf dem Produktionse!zienztheorem von Diamond/Mirrlees
(1971) dürfen in jedem zweitbesten Steuersystem nur Konsumentenentscheidungen verzerrt werden, jedoch keine Produzentenentscheidungen. Dahinter
stehen die Erkenntnisse der Steuerinzidenzlehre, wonach auch Produzentensteuern letztendlich immer von Faktorinhabern und Konsumenten getragen
werden.39
3 9 Der
Verzicht auf Steuern, welche die Produzentenentscheidungen beeinflussen, bedeu-
tet die Einhaltung mehrerer Neutralitätspostulate wie die Investitions- (Rangfolgen- und
Vorzeichenneutralität), die Finanzierungs- (Kapitalstruktur- und Gewinnverwendungsneutralität) sowie die Rechtsformneutralität, siehe Daepp/Schaltegger (2004), S. 2 f.
37
Ausnahmen für das Produktionse!zienztheorem bestehen bei Markt- oder
Staatsversagen. Die klassische Körperschaftssteuer wäre unter einem Zweitbest-System nicht zulässig, da diese den buchhalterischen Gewinn (und nicht
den ökonomischen Gewinn unter Berücksichtigung der Opportunitäts-Eigenkapitalkosten) besteuert. Ebenfalls wäre bsp. die Privilegierung des Wohneigentums grundsätzlich nicht zulässig, könnte aber über die Internalisierung
positiver externer Eekte aus dem Wohneigentum gerechtfertigt werden.
Aus der Theorie der zweitbesten Besteuerung folgen das Einkommen und
der Konsum als primäre Steuerbasen. In den meisten Ländern werden wie
in der Schweiz sowohl das Einkommen (über die Einkommensteuer) als auch
der Konsum (über die MwSt) steuerlich erfasst. Wie bereits Tab. 3-9 zeigte, stellte in der Schweiz die MwSt mit über 20 Mia. Fr. im Jahre 2008 die
wichtigste Finanzquelle des Bundes dar. Die Einnahmen aus der Besteuerung
des Mehrwerts besitzen mit 35% der Fiskaleinnahmen und 32% aller ordentlichen Einnahmen gemäss Abb. 3-5 den grössten Stellenwert und übersteigen
diejenigen aus der direkten Bundessteuer.
Daneben bestehen — wie bsp. auch Abb. 3-5 für den Bund zeigt — zahlreiche
weitere Steuerarten wie die Vermögenssteuer, weitere indirekte Verbrauchssteuern (beispielsweise auf Bier, Tabak und Mineralöl), Motorfahrzeugsteuern
usw., die sowohl auf Einkommens- als auch auf Konsumbestandteile zugreifen. Oensichtlich ist man in der Realität weit von den Anforderungen an eine
zweitbeste Besteuerung entfernt.
Davon ausgehend, dass diese Steuerarten aufrechterhalten bleiben, stellt
sich in Bezug auf die MwSt die Frage, wie diese im idealen Fall ausgestaltet
sein sollte, um wenigstens innerhalb der Konsumbesteuerung ein möglichst
e!zientes System (und somit die Einhaltung einer allenfalls dritt- oder viert38
besten Besteuerung) zu gewährleisten.
Eine ideale MwSt erfüllt fünf Kriterien:40 Sie ist als Netto-Allphasensteuer41 konzipiert, ist vom Konsumtyp, wird nach dem Bestimmungslandprinzip42 erhoben, kennt keine Ausnahmen und hat einen Einheitssatz.
Die Einhaltung dieser fünf Kriterien würde die konsequente Besteuerung
des Konsums gewährleisten. Das nachfolgende Kapitel stellt nun das aktuelle
MwSt-System in der Schweiz vor und zeigt schliesslich, ob und inwieweit dieses die Erwartungen an die ideale MwSt zu erfüllen vermag. Auch Banken sind
durch die verschiedenen Besteuerungsformen stets betroen. Um zu zeigen,
wie der Finanzsektor bei einer konsumbasierten Besteuerung idealerweise besteuert werden sollte, wird der Fokus dabei insbesondere auf die Behandlung
der Bankdienstleistungen durch die MwSt gelegt.
3.4.2
Mehrwertbesteuerung in der Schweiz
Steuern auf den Umsatz von Gütern und Dienstleistungen werden in der
Finanzwissenschaft als Verbrauchssteuern bezeichnet, da Steuersubjekt und
Steuerträger aufgrund der Abwälzung der Steuerlast auf die Verbraucher zumeist nicht identisch sind. Bei der Besteuerung ist jeder wirtschaftliche Vorgang relevant, wobei für den einzelnen Akteur gemäss Netto-Allphasenprinzip
4 0 Vergleiche
4 1 Gemäss
dazu bsp. ESTV (2005), S. 44 .
Prinzip der Allphasensteuer wird jede Transaktion im Wirtschaftsverkehr, d.h.
jeder Kauf und Verkauf, besteuert. Man spricht von Netto-Allphasensteuer, wenn man die
Vorsteuern abziehen kann, so dass nur der Mehrwert einer Transaktion und insgesamt gerade
der Gesamtwert besteuert wird.
4 2 Gemäss Bestimmungslandprinzip trägt der Letztverbraucher in dem Staat, in dem der
Endverbrauch der Lieferung oder der Leistung erfolgt, die Umsatzsteuer. Exporte bleiben
folglich steuerfrei, siehe dazu Keuschnigg (2005), S. 328 .
39
nur der von ihm hinzugefügte Mehrwert der Umsatzsteuer unterliegt.43 Die
Brutto-Allphasensteuer, bei der bei jedem wirtschaftlichen Vorgang der gesamte Wert versteuert und deshalb die Steuerlast kumuliert wird, sei hier
nicht näher betrachtet, da sie selten angewandt wird und (wie zuvor erwähnt)
nicht den Anforderungen an eine e!ziente Besteuerung entspricht. Bei der
Netto-Allphasensteuer — also der MwSt im eigentlichen Sinne — wird zwar die
Steuer auf den ganzen Umsatz bezogen, die von der vorherigen Stufe überwälzte Steuer kann jedoch als Vorsteuer von der Steuerzahllast abgezogen
werden. Steuerobjekt ist somit eigentlich der Umsatz und nicht der Mehrwert
an sich.
Mit der MwSt soll der Verbrauch besteuert werden. Zwar sind diejenigen
Unternehmen steuerpflichtig, welche im Produktionsprozess Mehrwert schaffen, doch kommt ihnen im Prinzip nur die Funktion zu, die Steuer anstelle des
Staates von den Steuerträgern, nämlich den Endkonsumenten, einzuziehen.
In sämtlichen Ländern der EU sowie in zahlreichen weiteren Staaten wird
die MwSt mit Vorsteuerabzug erhoben.44 Die Schweiz folgte 1995 mit der
Umstellung der Einphasensteuer45 zur heutigen Mehrwertbesteuerung.
Beispiel: Unternehmung A verkauft Güter im Wert von 1’000 an Unternehmung B und hat keine Inputkosten. Unternehmung B verarbei4 3 Vergleiche
hierzu sowie allgemein zur rechtlichen Auseinandersetzung mit der MwSt
Höhn/Waldburger (2001), S. 606 . sowie die entsprechenden Literaturverweise. Nicht näher
eingegangen wird auf die sogenannten Saldo-Steuersätze.
4 4 Alle EU-Mitgliedstaaten müssen die 6. MwSt-Richtlinie einhalten. Diese schreibt in
Art. 17 . den Vorsteuerabzug vor.
4 5 Die Einphasensteuer wurde früher Warenumsatzsteuer (Wust) genannt und zumeist nur
bei der Lieferung vom Grossisten an Nichtgrossisten, d.h. innerhalb einer Stufe, erhoben.
Zudem unterlagen Dienstleistungen nicht der Umsatzbesteuerung.
40
tet die Güter (Vorleistungen) von Unternehmung A weiter und verkauft schliesslich die Güter an Endkonsumenten. Ohne Mehrwertbesteuerung beträgt der Endverkaufspreis 2’000 und die Einkaufskosten
von B 1’000. Mit einer MwSt von 7.6% bezahlen die Endkonsumenten
2’152 und Unternehmung B 1’076. Unternehmung A liefert dann die
MwSt-Einnahmen von 76, Unternehmung B (bei erlaubtem Vorsteuerabzug) ebenfalls 152 - 76 = 76 an den Staat ab. Die Steuereinnahmen
in Höhe von 76 + 76 = 152 entsprechen der Besteuerung des insgesamt
geschaenen Mehrwerts von 7.6% · 2’000.
In Art. 17 des schweizerischen MwSt-Gesetzes wird festgelegt, dass bei Umsätzen, die im Gesetz von der MwSt ausgenommen sind, kein Vorsteuerabzug
zulässig ist. Sofern es die Marktbedingungen erlauben, ist davon auszugehen,
dass Unternehmen die bezahlten Vorsteuern trotzdem (verdeckt und intransparent) in den Verkaufspreis einberechnen, weshalb schliesslich eine Belastung
der Endkonsumenten durch die MwSt resultiert, obwohl die Umsätze an sich
von der Steuer befreit sind. Man spricht dabei auch von der sogenannten
unechten Steuerbefreiung, der taxe occulte oder der Schattensteuer.46
Art. 18 des MwSt-Gesetzes listet diese von der Steuer ausgenommenen
Umsätze auf. Neben Aktivitäten im Postverkehr, Gesundheitswesen, Sozialwesen, in der Kultur oder in der Ausbildung sind auch die meisten Bankentätigkeiten ausgenommen. Namentlich zu erwähnen sind die Gewährung,
Vermittlung und Verwaltung von Krediten und Verbindlichkeiten, Umsätze
im Einlagen- und Kontokorrentgeschäft, Checks, die Vermittlung von Zahlungsmitteln und Wertpapieren sowie die Verwaltung von Anlagefonds.47 Der
4 6 Siehe
4 7 Art.
bsp. SwissVAT (2003), S. 12.
18 Zi. 19 MwSt-Gesetz.
41
Umsatzsteuer unterliegen somit lediglich das Vermögensverwaltungsgeschäft
(Verwaltung von Wertpapieren, Abschluss von Treuhandanlagen, aber auch
Liegenschaftsverwaltung), das Inkassogeschäft (Einziehen von Forderungen im
Auftrag des Gläubigers), die Tresorie und die Numismatik.48
Beispiel: Wenn Unternehmung B unecht von der MwSt befreit ist, bezahlt es für die Vorleistungen, welche es von Unternehmung A bezieht,
1’076. Beim gleichen Verkaufspreis wie zuvor beträgt der Gewinn von B
nur noch 2’000 - 1’076 = 924 anstatt wie zuvor 1’000. Möchte B denselben Gewinn realisieren, beträgt der (nicht MwSt-pflichtige) Endverkaufspreis 2’076. Der Staat streicht Steuereinnahmen in Höhe von 76 ein,
obwohl die Umsätze von der MwSt befreit sind. Oenbar ist der Endverkaufspreis bei voller Mehrwertbesteuerung am höchsten (hier 2’152)
und bei echter Befreiung (bzw. gänzlich ohne MwSt-System) am tiefsten
(hier 2’000). Die unechte Befreiung liegt dazwischen, sofern Vorleistungen existieren.
Es gilt zu beachten, dass die Umsätze aus Vermögensverwaltungsgeschäft,
Inkassogeschäft und Numismatik nur dann steuerbar sind, wenn sie sich auf
Tätigkeiten der Bank für Schweizer Kunden beziehen. Bei Transaktionen mit
im Ausland wohnhaften Personen handelt es sich nicht um im Inland geleistete Dienstleistungen, sondern um Dienstleistungsexporte, welche gemäss Bestimmungslandprinzip allgemein nicht durch die Mehrwertbesteuerung erfasst
werden sollten. Umsätze, welche im bzw. für das Ausland erbracht werden,
sind deshalb generell von der MwSt ausgenommen.49
4 8 Für
einen internationalen Überblick über die besteuerten und unbesteuerten Bankge-
schäfte siehe OECD (1998).
4 9 Siehe Art. 14 Abs. 3 lit. c und h i.V.m. Art. 5 lit. b sowie Art. 19 MwSt-Gesetz.
42
Auch in der EU ist bei Banken der Vorsteuerabzug nicht zulässig.50 Dies
führt zu einer unterschiedlichen Behandlung von Banken innerhalb der Europäischen Union. Während beispielsweise der MwSt-Satz in Dänemark und
Schweden 25% beträgt, müssen Banken in Grossbritannien nur 17.5% MwSt
auf ihre Vorleistungen bezahlen, siehe Tab. 3-10.51 Im Vergleich zu den USA
steht auch die EU grundsätzlich schlechter da, wenn es um in der EU wohnhafte Kunden geht, da Banken in den USA keine MwSt auf ihre Vorleistungen
bezahlen.52
Normalsatz in %
20.0
21.0
25.0
22.0
19.6
19.0
21.0
20.0
15.0
19.0
25.0
25.0
7.6
17.5
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Irland
Italien
Luxemburg
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Grossbritannien
Quelle: IBFD (2008).
Tab. 3-10: Mehrwertsteuersaetze 2008
Der Vorsteuerabzug wird in der Schweiz bei diesen ausgenommenen Umsätzen auch bei Exporten nicht gewährt. In der EU jedoch dürfen Banken und
Versicherungen bei Dienstleistungsexporten einen Vorsteuerabzug geltend machen.53 Im Gegensatz zur Schweiz praktiziert die EU bei diesen Umsätzen somit eine echte Befreiung. Die Verweigerung des Abzugs bei Exporten versetzt
5 0 Huizinga
(2004), S. 560; Huizinga (2002), S. 499.
(2004), S. 560.
5 2 Huizinga (2002), S. 509.
5 3 Siehe Art. 17 Abs. 3 lit. c MwSt-Richtlinie; Poddar (2003).
5 1 Huizinga
43
Schweizer Banken und Versicherungen grundsätzlich in einen Wettbewerbsnachteil.54
Die unechte Steuerbefreiung verdient eine etwas nähere Betrachtung. Auf
den ersten Blick macht es den Anschein, als wäre der oben erwähnte tiefere
Verkaufspreis gegenüber der vollen Mehrwertbesteuerung doch noch ein Vorteil. Dies mag auf jeden Fall für private Abnehmer von Gütern und Dienstleistungen gelten, die keine Weiterverarbeitung verfolgen und die Güter konsumieren. Für Unternehmen jedoch, welche diese als Inputs für den weiteren
Produktionsprozess verwenden, ist es dadurch nicht möglich, eine Vorsteuer
geltend zu machen, da die Umsätze der Banken von der Umsatzsteuer befreit sind und keine explizite MwSt verrechnet wird. Daraus lässt sich leicht
schliessen, dass die weiterverarbeitende Wirtschaft es vorzieht, c.p. diese Güter und Dienstleistungen von MwSt-pflichtigen Banken und Versicherungen
zu erwerben, da die voll MwSt-pflichtigen Vorleistungen zwar brutto teurer,
dank Abzug der Vorsteuern jedoch billiger sind.55
In Art. 19 des MwSt-Gesetzes werden Umsätze aufgezählt, die von der
Umsatzsteuer befreit sind und bei welchen zugleich ein Vorsteuerabzug zulässig ist — darunter auch Exporte von Gütern und Dienstleistungen ins Ausland.
Man spricht dabei von einer echten Steuerbefreiung, da für Konsumenten keine höheren Endpreise durch die MwSt entstehen. Wie oben anhand der beiden
Beispiele gezeigt wurde, lässt sich zusammenfassen, dass die Endverkaufspreise bei echter Steuerbefreiung am tiefsten und bei voller Mehrwertbesteuerung
am höchsten sind. Die unechte Steuerbefreiung liegt dazwischen.
5 4 Im
Vergleich mit europäischen Staaten ist der Normalsatz der MwSt in der Schweiz
gemäss Tab. 3-10 jedoch sehr tief, weshalb der Nachteil bei Exporten mindestens teilweise
aufgehoben wird.
5 5 Siehe auch EFD (2008b), S. 7042.
44
Dem Vorsteuerabzug kommt eine zentrale Bedeutung zu. Er wird nur denjenigen Abnehmern gewährt, welche MwSt-pflichtig sind und über die Steuer
abrechnen, sofern die eingebrachten Leistungen, auf welche sich die Vorsteuer bezieht, für Umsätze verwendet werden, die steuerbar oder echt von der
Steuer befreit sind. Prinzipiell darf der Vorsteuerabzug nur bei geschäftlichen Einkäufen angewandt werden. Privaten und für private Ausgaben ist er
grundsätzlich nicht erlaubt.
Art. 36 des MwSt-Gesetzes regelt die Steuersätze. Das Schweizer MwStSystem kennt drei Steuersätze, nämlich einen ermässigten Satz von 2.4% für
Güter des täglichen Bedarfs, einen Sondersatz von 3.6% für Beherbergungsleistungen und einen Normalsatz von 7.6% auf alle übrigen besteuerten Güter.
Der Grund für die Verbilligung von Gütern des Grundbedarfs liegt in der
bewusst angestrebten sozialen Ausgleichswirkung der MwSt, da man bei der
Implementierung davon ausging, dass niedrige Einkommensschichten einen
höheren Anteil ihres Einkommens für diese Güter ausgeben als Haushalte mit
mittleren und hohen Einkommen.56 Tab. 3-10 zeigt, dass der Normalsatz der
Schweiz im Vergleich zu den anderen europäischen Staaten am tiefsten ist.
Somit kann eine Zwischenbilanz gezogen werden. Im Vergleich zu den vorhin präsentierten Erwartungen an eine ideale MwSt zeigen sich schwerwiegende Mängel in der Ausgestaltung des aktuellen schweizerischen MwSt-Systems.
Zwar ist dieses vollumfänglich als Netto-Allphasensteuer konzipiert, entspricht
grundsätzlich dem Konsumtyp und setzt das Bestimmungslandprinzip um, die
Existenz unterschiedlicher Steuersätze und die zahlreichen Ausnahmebestim5 6 Es
sei aber auf die SwissVAT-Studie verwiesen, die gerade zeigt, dass diese soziale
Ausgleichswirkung nicht erreicht wird, da höhere Einkommensklassen entsprechend mehr
für ausgenommene Güter wie Ausbildung, Kultur, Hotelleistungen usw. ausgeben, siehe
SwissVAT (2003), S. 8 f.
45
mungen führen jedoch zu einer nur unvollständigen Erfassung des Konsums
sowie zu einer Belastung von Zwischenprodukten und Investitionen durch
die MwSt. Zudem werden ausgewählte Branchen im Vergleich zu anderen
einseitig bevorteilt. Das Produktionse!zienztheorem von Diamond/Mirrlees
(1971), wonach nur Konsumentenentscheidungen verzerrt werden sollten, jedoch keine Produzentenentscheidungen, wird durch die unechte Befreiung
schwerwiegend verletzt. Die zahlreichen Steuerausnahmen höhlen die innere
Logik der MwSt aus. Berechnungen des Eidgenössischen Finanzdepartements
zeigen denn auch, dass die verzerrenden Auswirkungen gravierend sind: Die
MwSt belastet nur zu etwa 58% den Konsum, knapp 24% bleiben auf Investitionen hängen, knapp 18% auf Zwischenprodukten.57
Abb. 3-6: Auswirkungen der taxe occulte
5 7 EFD
(2005).
46
Abb. 3-6 illustriert das Problem der taxe occulte graphisch.58 Banken
beziehen Vorleistungen, auf welche sie MwSt entrichten, wodurch der Staat
Schattensteueraufkommen generiert. Durch die Verweigerung des Vorsteuerabzugs verlangen Banken gegenüber Privat- und Geschäftskunden im In- und
Ausland einen zu hohen Preis für ihre Dienstleistungen. Inländische Geschäftskunden überwälzen die taxe occulte sowohl bei Produkten, die der MwSt
unterstehen, als auch bei MwSt-befreiten Gütern (bsp. Spitalleistungen und
Exporten) auf private Abnehmer im In- und Ausland.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das heutige MwSt-System der
Schweiz vom Ideal der Mehrwertbesteuerung weit entfernt ist. Vor allem die
zahlreichen Ausnahmebestimmungen führen dazu, dass eine hohe Belastung
auf Investitionen und Zwischenprodukten liegen bleibt. Auch Banken sind in
Bezug auf das Zinsdierenzgeschäft unecht von der MwSt befreit und können keine Vorsteuern auf Vorleistungen abziehen. Es stellt sich deshalb die
grundsätzliche Frage, ob die Einführung der Mehrwertbesteuerung im Zinsdierenzgeschäft überhaupt Sinn macht und ob die Implementierung in der
Realität auch möglich ist. Kapitel 3.4.3 geht diesen beiden Fragen nach und
beschäftigt sich mit der Einführung der Mehrwertbesteuerung im Intermediationsgeschäft.
3.4.3
Implementation der Mehrwertbesteuerung im Intermediationsgeschäft
Es wurde gezeigt, dass Banken eine Vielzahl von Tätigkeiten ausüben, wozu sie dieselben Inputs wie andere Unternehmen benötigen, nämlich Arbeit
und Kapital. Um die eigenen Kosten zu decken, verlangen Banken entweder
5 8 Die
Abbildung ist EFD (2007), S. 7042 entnommen.
47
gewisse Gebühren59 oder eine Zinsspanne. Keine Probleme in Bezug auf die
Mehrwertbesteuerung bestehen für diejenigen Dienstleistungen, für welche eine fixe und explizite Gebühr verlangt wird.60 Diese können somit ausgeblendet
werden. Schwierigkeiten treten erst auf, falls die Bank bei der Verleihung von
Geldern einen Zinsgewinn erwirtschaftet, der sich in tieferen Passiv- und höheren Aktivzinssätzen niederschlägt. Zunächst soll deshalb die Frage geklärt
werden, ob dieser Zinsgewinn in einem optimalen MwSt-System überhaupt
besteuert werden soll oder ob darauf zu verzichten ist.61
Soll das Intermediationsgeschäft der MwSt unterliegen?
In der Literatur bestehen zu dieser Fragestellung unterschiedliche Ansichten. Whalley (1991) und Chia/Whalley (1999) argumentieren, dass Finanzdienstleistungen kein direkter Bestandteil der Nutzenfunktion der Konsumenten und deshalb nicht zu besteuern seien.62 Eine Besteuerung verursache in
diesem Falle eine Verzerrung der relativen Preise, die schliesslich zu einer ine!zienten Allokation der Güter führe. Allfällige Steuern auf Finanzdienstleistungen erhöhten die relativen Preise, und die Nachfrage nach Finanzdienst5 9 Bsp.
Tresorie, Zahlungsverkehr, Inkasso, Wertpapierankauf und -verkauf gegen Provi-
sion, Numismatik, Verwaltung von Depots.
6 0 Vgl. beispielsweise Poddar/English (1997), S. 90 f.
6 1 Eng mit dieser Frage verbunden ist auch die allgemeine und internationale Problematik
der Evaluierung der Wertschöpfung von Banken, beispielsweise in Bezug auf die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, siehe für die Schweiz bsp. Seco (2006b), S. 5.
6 2 Auch Grubert/Mackie (2000), S. 25 folgen der gleichen Argumentationslinie und gelangen zum selben Schluss. Beispielsweise erzeuge die Beratung bei Investitionen keinen Konsumentennutzen. Jedoch räumen sie ein, dass zumindest die Unterscheidung von Konsum und
Nichtkonsum in der Realität problematisch sein könnte. Whalley (1991) tritt jedoch nicht
für volle Steuerbefreiung, sondern für eine tiefere Besteuerung von Finanzdienstleistungen
ein. Dem widersprechen Grubert/Mackie (2000), S. 38, explizit.
48
leistungen wäre suboptimal. Anders: Wirtschaftssubjekte, die Finanzdienstleistungen benutzen, wollen hauptsächlich Anlagen tätigen, um einen maximalen, ihrer individuellen Risikoneigung angepassten Kapitalgewinn zu erwirtschaften. Unter dem Regime einer Konsumbesteuerung sollten Kapitalerträge
nicht besteuert werden, da ein Sparer durch die Investition in Anlagen heute
zu versteuernden Konsum in die Zukunft verschiebt, um dafür Erträge für
weiteren zukünftigen Konsum zu erhalten. Würde man nun die Kapitalgewinne besteuern, so handelte es sich aufgrund der nochmaligen Besteuerung
beim Endkonsum um eine Doppelbesteuerung des zukünftigen Konsums. Dieser wäre stärker besteuert als der heutige Konsum, was zu einer suboptimalen
Allokation führte. Da diese Kapitalgewinne nicht der Konsumsteuer unterliegen dürfen, sollten auch Finanzdienstleistungen von der Steuer ausgenommen
sein. Gefordert wird, dass diese Dienstleistungen gänzlich unbesteuert bleiben, d.h. keine Mehrwertbesteuerung der Verkäufe und möglicher Abzug von
Vorsteuern auf Vorleistungen, so dass Banken letztendlich keiner Mehrwertbesteuerung unterworfen wären.
Jack (2000) kommt zur Erkenntnis, dass der Mehrwert bei Bankgeschäften
mit Endkonsumenten nicht besteuert werden sollte, wenn er proportional ist
zum nominalen Wert der zugrunde liegenden Anlage oder der zugrunde liegenden Transaktion. Ist der Mehrwert jedoch proportional zum realen Wert,
so sollte er Gegenstand der Mehrwertbesteuerung sein. Nur mit einem solchen
Steuersystem könne eine Verzerrung der Preise verhindert werden. Die Diskussionen in der (weiter unten aufgeführten) Literatur, die sich hauptsächlich
mit den Problemen in der Durchführung der Besteuerung bei Zinsspannen
beschäftigen, hätten sich somit erübrigt, da genau diese Zinsspannen, welche
die Bank bei Kreditgeschäften einnimmt, gemäss Jack nicht mehr besteuert
werden dürfen. Auch andere Varianten der Konsumbesteuerung beurteilt Jack
49
nach demselben Muster.63
Grubert/Mackie (2000) plädieren für Steuerbefreiung bei Dienstleistungen
für Investitionen, Krediten und Versicherungen, da diese u.a. die Kosten für
die Verteilung des Konsums über die Zeit darstellen. Sie erläutern, dass nur
solche Dienstleistungen besteuert werden sollten, deren Enderzeugnis keiner
Besteuerung unterliegt. Da bei den oben erwähnten Sparten der Endkonsum
stets besteuert werde, müsse der darin geschaene Mehrwert steuerfrei bleiben. Allgemein sind sie der Ansicht, dass nur Endkonsumgüter der MwSt
unterliegen sollten, um keine Verzerrungen zu verursachen. Sie argumentieren, dass Finanzdienstleistungen nur Zwischenprodukte sind, keinen direkten
Nutzen stiften, und sie somit unbesteuert bleiben müssen.
Auf der anderen Seite findet sich die Ansicht, dass Finanzdienstleistungen
ein Gebrauchsgut wie jedes andere seien, das es zu besteuern gälte. Poddar/English (1997) fordern eine volle Besteuerung des Mehrwerts, um Verzerrungen zu vermindern und eine möglichst breite Steuerbasis zu erreichen.
Einig ist man sich darin, dass das Kapital an sich, welches vom Anleger über
die Bank zum Schuldner fliesst, ein Finanztransfer ist und deshalb nicht der
Besteuerung unterliegen darf.64 Was die Besteuerung des Mehrwerts betrit,
wird an die ökonomische E!zienz angeknüpft und argumentiert, dass der
relative Preis der Dienstleistungen ohne Besteuerung im Vergleich zu besteuerten Gütern und Dienstleistungen zu tief sei und somit dazu führe, dass ein
zu grosser Einkommensanteil für unbesteuerte Dienstleistungen aufgewendet
werde.
6 3 Auf
die von Jack (2000) getroene Unterscheidung von fixen und quasi-fixen Gebühren
soll hier nicht eingegangen werden.
6 4 Vgl. Homan/Poddar/Whalley (1987), S. 547 f.; Poddar/English (1997), S. 91 sowie
die folgenden Ausführungen zur Aufsplittung eines Finanztransfers.
50
Es ist relativ einfach zu zeigen, dass die Ansicht nicht korrekt sein kann,
nur Güter zu besteuern, die direkte Bestandteile der Nutzenfunktion sind. Es
gibt einige Güter, welche besteuert werden, obwohl sie nicht direkt in der
Nutzenfunktion erscheinen. Boadway/Keen (2002) erwähnen beispielsweise
Tiernahrung oder Besteck, das dazu dient, ein Tier glücklich zu machen oder
Nahrung e!zient in den Mund zu bekommen. Niemand würde verlangen, dass
der Kauf von Tiernahrung oder Besteck von der MwSt ausgenommen werden
sollte. Dasselbe gilt auch für Finanzdienstleistungen, die nicht direkt einen
Nutzen stiften, aber indirekt, indem der Wert der Anlagen erhöht, das Risiko
gestreut oder ein gewisser Ablauf vereinfacht wird. Dies anerkennt auch Jack
(2000): „(...) the observation that financial services do not provide direct consumption benefits, while useful, is not su!cient to yield the prescription of
exemption (...)”.65
Mintz (2003) führt zwei Gründe auf, welche die Argumente der Gegner
der Mehrwertbesteuerung entkräften sollen. Erstens verlangen Banken Gebühren und Zinsspannen, um den Aufwand zu entschädigen, der benötigt
wird, um Transaktionen und weitere Bankgeschäfte zu erleichtern. Benötigt
ein Bankkunde solche Transaktionen oder Finanzdienstleistungen, um Güter
zu kaufen, so leitet er durch die Einsparung an Zeit und Mühe Konsum her.66
Zweitens borgen sich Kreditnehmer Kredite, um Autos oder Häuser zu kaufen. Würde der Kreditnehmer anstelle eines Kredits einen Leasingvertrag für
das Auto abschliessen, so wären die Zahlungen an das Leasingunternehmen
MwSt-pflichtig, da die Zahlungen Kosten wie Verwaltung, Büroaufwand, Versand usw. beinhalten. Wären sämtliche Finanzdienstleistungen unbesteuert,
fehlte ein wichtiger Kostenanteil zur Produktion eines Gutes bei der Besteue6 5 Jack
(2000), S. 842.
(2003), S. 19. Siehe hierzu auch Auerbach/Gordon (2002).
6 6 Mintz
51
rungsgrundlage. Dies hätte zur Folge, dass Unternehmen ihre Belastung durch
die MwSt reduzieren bzw. umgehen könnten, indem sie den Produktionsprozess so gestalten, dass Finanzdienstleistungen einen möglichst grossen Anteil
einnehmen.
Schmidt (1999) begründet, dass es für den Funktionsmechanismus keine Rolle spielt, ob Finanzdienstleistungen im eigentlichen Sinne konsumiert
werden. Massgeblich sei einzig die positive Wertschöpfung, beispielsweise dadurch, dass die Kreditaufnahme einen früheren Konsum gestattet oder eine
Verlagerung von Konsum in die Zukunft für Anleger Vorteile bringt.
In einem stark beachteten Artikel zeigen Auerbach/Gordon (2002) schliesslich, dass die Mehrwertbesteuerung einer proportionalen Besteuerung der Arbeitseinkommen und der existierenden Anlagen entspricht, falls auch Finanzdienstleistungen der MwSt unterliegen. Sie argumentieren, dass alle in den
Produktionsprozess einwirkenden Faktoren besteuert werden sollten, wie dies
auch in anderen Sektoren der Fall ist. Zudem sei zu berücksichtigen, dass
in der Produktion von Finanzdienstleistungen reale Inputs benutzt werden,
weshalb der Mehrwert proportional zum realen Wert sei. Damit entkräften
sie direkt die Argumente von Grubert/Mackie (2000), Jack (2000) und auch
Chia/Whalley (1999).67
Aus diesen Ausführungen kann somit gefolgert werden, dass sich grundsätzlich die Ansicht durchgesetzt hat, dass Finanzintermediation idealerweise
der gleichen Mehrwertbesteuerung wie der Rest der Wirtschaft unterliegen
sollte. Tatsächlich sind die Argumente der Befürworter überzeugender. Die
Inanspruchnahme von Bankdienstleistungen stellt Konsum dar, den es zu be6 7 Jedoch
stimmen die Autoren mit Jack (2000) und Chia/Whalley (1999) darin überein,
dass man nur reale Ressourcen der MwSt unterwerfen sollte.
52
steuern gilt. Bankkunden verfolgen — wie dies auch in Kapitel 3.1 gezeigt wurde — im Intermediationsgeschäft stets eine bestimmte Zielsetzung, sei es bei
der Anlage von Geldern oder der Beschaung von Kapital. Beide Geschäfte
wären auch direkt und zu einem vorteilhafteren Zinssatz ohne Bankenintermediation möglich. Die Inanspruchnahme der Bankenintermediation bringt
oenbar einen entsprechenden Mehrwert, beispielsweise durch die Risikodiversifikation oder die Linderung des Informationsproblems. Diesen Mehrwert
nun nicht zu besteuern, würde in einem sonst vollständigen MwSt-System zu
Verzerrungen und Ine!zienzen führen.
Kann das Intermediationsgeschäft von der MwSt erfasst werden?
Wird wie vorliegend die Besteuerung des Zinsdierenzgeschäfts durch die
MwSt bejaht, so stellt sich in der Folge die Frage, ob es in der Realität überhaupt möglich ist, Finanzdienstleistungen steuerlich korrekt zu erfassen. Obwohl die MwSt beispielsweise bereits etwa 40 Jahre in Frankreich und 25
Jahre in den meisten anderen europäischen Ländern angewandt wird, blieb
das Problem der Besteuerung des Mehrwerts bei Banken bis heute ungelöst.
Unproblematisch sind, wie oben ausgeführt, Dienstleistungen, für die eine fixe
und explizite Gebühr verlangt wird. Schwierigkeiten treten erst bei allfälligen
Zinsgewinnen auf, die sich in tieferen Passiv- und höheren Aktivzinssätzen niederschlagen. Um den Mehrwert aus dem Zinsdierenzgeschäft zu berechnen,
braucht es zwingend explizite Preise. Das grundsätzliche Problem ist erstens
die Berechnung des Mehrwerts und zweitens die Aufteilung des Mehrwerts
auf Kreditnehmer und Kreditgeber sowie schliesslich drittens das Herunterbrechen auf die individuelle Ebene. Die Identifikation der eigentlichen Steuerbasis, also des expliziten Preises einer einzelnen Transaktion für Kreditnehmer
53
und Kreditgeber, ist insgesamt die grösste Schwierigkeit.68 Hauptsächlich fehlt
es an der für Steuersysteme nötigen Sicherheit bei der Feststellung dieser individuellen Steuerbasis.69 Bestünde die Wirtschaft nur aus MwSt-pflichtigen
Unternehmen, wäre die Besteuerung des Mehrwerts kein Problem. Der Staat
würde Steuern auf die Aktivzinsen erheben, während Banken die Steuern auf
Passivzinsen abziehen könnten. Da jedoch auch Private (und Ausländer) zu
den Endabnehmern zählen, versagt dieses Prinzip.70
Homan/Poddar/Whalley (1987) unterscheiden zwei Tätigkeitsfelder, deren Vermischung zum Hauptproblem führt. Zunächst beinhalten die Kapitaltransfers zwei Komponenten, nämlich das Kapital an sich, das vom Gläubiger zum Schuldner fliesst, sowie die Bezahlung der Zinsen vom Schuldner
an den Gläubiger zum wahren Zinssatz.71 Dann aber beinhalten diese Kapitaltransfers auch die Kosten für die Finanzdienstleistung an sich.72 Während das Kapital sowie die Zinszahlungen zum wahren Zinssatz unbesteuert
bleiben sollten, wären die Kosten für Finanzdienstleistungen MwSt-pflichtig.
Das Problem besteht in der Koppelung dieser beiden Komponenten bei jedem Transfer. Anleger erhalten Passivzinsen, die geringer sind als der wahre
Zinssatz, da ihnen implizit Kosten der Bankintermediation auferlegt werden.
Analog sind Kreditnehmer mit höheren Aktivzinssätzen konfrontiert. Um eine
Steuer auf Finanzdienstleistungen korrekt zu implementieren, müssten die beiden Ströme getrennt werden. Ähnlich, aber etwas dierenzierter unterscheiden
Poddar/English (1997) die Finanzströme in die ursprüngliche Einlage des An6 8 Siehe
hierzu beispielsweise Jack (2000), S. 841; Poddar/English (1997), S. 89.
(1997), S. 92.
7 0 Homan/Poddar/Whalley (1987), S. 548.
7 1 Der wahre Zinssatz entspricht demjenigen Zinssatz, bei dem sich Kreditnehmer und
6 9 Poddar/English
-geber ohne Bankenintermediation treen würden. Wie sich zeigen wird, dient dieser wahre
Zinssatz dazu, den Mehrwert auf die beiden Parteien aufzuteilen.
7 2 Siehe Homan/Poddar/Whalley (1987), S. 548.
54
legers, Zinszahlungen, Risikoprämien und die Kompensation für Kosten der
Bank für Dienstleistungen inklusive Gewinn.73 Die ursprüngliche Einlage des
Anlegers ist ein nicht steuerbarer Transfer und repräsentiert den Kapitalwert
einer Transaktion. Zinszahlungen sind diejenige Komponente der Zahlungsströme, welche die nicht steuerbare Preisrelation zwischen Zukunfts- und Gegenwartskonsum abbildet. Die Risikoprämie ist ebenfalls nicht steuerbar, da
diese ein Entgelt des Intermediärs für das mit der Transaktion verbundene
Risiko darstellt. Die Abgeltung für die Finanzintermediation ist schliesslich
die Restgrösse der Zahlungsströme und stellt die eigentliche Wertschöpfung
der Bankintermediation dar, welche es durch die MwSt zu erfassen gilt.
In diesem Zusammenhang sei ein kurzes Beispiel zur Illustration erwähnt.74
Eine Bank nimmt zinstragende Einlagen entgegen und bezahlt dafür 3% jährlich. Diese Einlagen vergibt sie an Kreditnehmer zu einem Zinssatz von 8%.
Der Mehrwert der Bank beträgt somit 5% der Einlagen abzüglich allfällige Inputkosten wie Lohn- und Kapitalkosten, wobei die Annahme getroen wird,
dass kein Risiko bestehe. Dieser Mehrwert soll nun besteuert werden. Ist der
Kreditnehmer oder der Kreditgeber eine MwSt-pflichtige Unternehmung, so
stellt sich die Frage, wieviel diese jeweils als Vorleistung von der MwSt abziehen darf. Konkret geht es um den jeweiligen Anteil am gesamten Mehrwert.
An dieser Stelle wird der „wahre” Zinssatz hinzugezogen, zu welchem der
Kreditnehmer ohne Bankintermediation den Kredit erhalten und der Kreditgeber den Kredit gesprochen hätte. Angenommen, dieser Zinssatz sei gerade
5%, so fallen dem Kreditgeber zwei Prozentpunkte und dem Kreditnehmer
7 3 Poddar/English
(1997), S. 91; genau gleich Schmidt (1999), S. 222. In ESTV (2005)
wird ebenfalls — in Anlehnung an Poddar (2003) — unterschieden in Kapitalbeträge, den
reinen Zeitwert des Geldes, die Risikoprämie und die Abgeltung für die eigentliche Finanzintermediation.
7 4 Ähnlich bei Boadway/Keen (2002).
55
drei Prozentpunkte des Mehrwerts zu. Bei einer Kredithöhe von 1’000 und
einem MwSt-Satz von 7.6% müssen beide zusammen 1’000 · 0.05 · 0.076 =
3.80 an MwSt bezahlen, sofern es sich um private (d.h. End-)Konsumenten
handelt. Ist mindestens einer der beiden eine MwSt-pflichtige Unternehmung,
so wird ein Vorsteuerabzug geltend gemacht, und der Steuerertrag vermindert
sich entsprechend.
Um den Mehrwert zu berechnen, wurden in der Literatur verschiedene
Konzepte eingehend diskutiert. Im Mittelpunkt stehen dabei die Additionsund Subtraktionsmethode, die Cashflow-Besteuerung und die TCA- und Truncated Cashflow-Methode mit TCA, welche nachfolgend kurz dargestellt werden.75
Additions- und Subtraktionsmethode76
Eine Bank besitze folgende Erfolgsrechnung:
Löhne
Ausstattungskosten
Vorleistungen
Passivzinsen
Gewinn
20 Einnahmen aus Gebühren
10 Aktivzinsen
30
30
40
50
80
Tab. 3-11: Beispiel zur Additions- und Subtraktionsmethode
Die Bank habe Einlagen in Höhe von 1’000 erhalten, die sie zu 3% verzinst
(Ausgaben für Passivzinsen) und zu 8% weiterverleiht. Mit Ausstattungskosten sind Abschreibungen auf Einrichtungen, Leasing von Einrichtungen usw.
7 5 Für
einen internationalen Überblick über die verschiedenen Systeme siehe auch
Schenk/Zee (2004).
7 6 Siehe zu diesen beiden Methoden sowie zu einer etwas ausführlicheren Diskussion der
Vor- und Nachteile Mintz (2003), S. 6 f.; Homan/Poddar/Whalley (1987), S. 551 f.;
Schmidt (1999), S. 230 .
56
gemeint. Neben den Einnahmen von 80 aus dem Zinsdierenzgeschäft hat die
Bank Gebühren für andere Dienstleistungen in Höhe von 50 erwirtschaftet.
Insgesamt beträgt der Gewinn 40. Nach der Additionsmethode entspricht der
geschaene Mehrwert der Summe aus Lohnkosten und Gewinn. Nach der Subtraktionsmethode ermittelt man den Mehrwert, indem man von der Summe
der Einnahmen alle Ausgaben ausser den Löhnen subtrahiert. Beide Methoden gelangen zum selben Resultat. Im Beispiel wäre der geschaene Mehrwert
in beiden Fällen 60. Es spielt keine Rolle, ob die Vorleistungen inklusive oder
exklusive Mehrwert verstanden werden, da in beiden Fällen allfällige MwSt
auf Vorleistungen abzugsfähig wären. Beide Methoden erfassen die MwStpflichtige Basis somit korrekt. Keines der beiden Systeme ermöglicht es jedoch, den geschaenen Mehrwert auf einzelne Transaktionen herunterzubrechen. Zudem können Exporte nicht steuerfrei gehalten werden, weshalb eine
Einbindung in ein bestehendes MwSt-System nicht möglich ist.
Cashflow-Besteuerung77
Die Cashflow-Methode geht ursprünglich auf den Meade-Report (1978)
zurück, jedoch bezogen auf die Besteuerung des Unternehmensgewinns, und
hat in der Folge in der Literatur als Möglichkeit zur Erfassung der MwSt-Basis
Beachtung gefunden. Anstatt wie zuvor auf die Zinszahlungen abzustellen,
berücksichtigt die volle Cashflow-Besteuerung alle Zahlungsströme.
Poddar/English (1997) betrachten sämtliche Kapitaltransaktionen als relevant für die Besteuerung. Alle Einkünfte — seien es Einlagen, Schuldzinszahlungen oder auch Kreditrückzahlungen — werden voll besteuert; sämtliche
7 7 Siehe
bsp. Poddar (2003), S. 21 .; Boadway/Keen (2002); Schmid (1999), S. 233 .;
Poddar/English (1997), S. 98.
57
Abflüsse von Kapital, d.h. gesprochene Kredite, Abhebungen oder Passivzinsen an Anleger, sind abziehbar. Ausgenommen sind Transaktionen mit Ausländern, die weder besteuert werden noch abziehbar sind.
Ein Beispiel soll den Ablauf zeigen. Ein Anleger zahlt 1’076 auf sein Konto
ein, die jährlich mit 3% verzinst werden. Die Bank verleiht diese Einlage an
einen Kreditnehmer zu 8% pro Jahr weiter. Nach einem Jahr werden die jeweiligen Zinszahlungen fällig, der Kredit wird zurückbezahlt, und der Anleger
hebt sein Geld vom Konto ab.
Vorgang
Einlage
Kredit
Passivzins
Aktivzins
Kreditrückzahlung
Kontoschliessung
Total
Cashflow
+ 1000
- 1000
- 30
+ 80
+ 1000
- 1000
50
MwSt
+ 76
- 76
- 2.28
+ 6.08
+ 76
- 76
3.80
Tab. 3-12: Beispiel zur Cashflow-Besteuerung
Angenommen, Kreditnehmer und Kreditgeber seien private Haushalte. Bei
der Einzahlung des Geldes muss der Anleger implizit Steuern von 76 auf die
Einlage entrichten, womit die Bank eine Steuerschuld gegenüber dem Staat
von 76 aufweist. Gleichzeitig spricht die Bank einen Kredit, wobei sie auf
diesen Kredit MwSt von 76 an den Kreditnehmer zahlt. Diese kann sie als
Vorsteuer sofort abziehen, womit die Bank keine Steuerschuld mehr aufweist.
Ein Jahr später bezahlt der Kreditnehmer den Kredit zurück und leistet gerade die Zinszahlung an die Bank. Auf beides hat der Schuldner MwSt von
insgesamt 76 + 6.08 = 82.08 an die Bank zu entrichten. Diese muss auf der
anderen Seite dem Kreditgeber Steuern auf den Betrag und den Passivzins
zahlen, insgesamt 76 + 2.28 = 78.28. Diesen Betrag kann die Bank als Vorsteuer geltend machen, weshalb für sie netto eine Steuerschuld von 82.08 58
78.28 = 3.80 anfällt. Es resultiert somit derselbe Steuerertrag wie oben, falls
Kreditnehmer und Kreditgeber Endkonsumenten sind.
Nun soll der Fall betrachtet werden, in dem der Kreditnehmer eine MwStpflichtige Unternehmung ist, während der Anleger weiterhin ein privater Haushalt sein soll. Für die Bank ändert sich nichts. Sie hat weiterhin 3.80 an Steuern abzuliefern. Der anfangs gesprochene Kredit für die Unternehmung ist
bekanntlich für die Bank MwSt-pflichtig. Die Unternehmung schuldet deshalb
dem Staat den Betrag von 76. Falls keine anderen Vorleistungen vorliegen,
muss diese Steuerschuld gleich bezahlt werden. Bei der Rückzahlung des Kredits entrichtet die Unternehmung MwSt in Höhe von 82.08, die sie sofort
als Vorsteuer abziehen kann. Wurde nun die Unternehmung netto mit MwSt
belastet? Für den Kreditnehmer ist der Aktivzins der relevante Kalkulationszinsfuss. Der Vorsteuerabzug ist abgezinst vor einem Jahr genau 82.08 / 1.08
= 76 wert und entspricht somit gerade der Steuerschuld. Folglich wird die
Unternehmung netto nicht mit der Mehrwertbesteuerung belastet.
Die Situation für den Staat stellt sich wie folgt dar: Der Staat legt die
anfangs von der Unternehmung erhaltenen MwSt-Einnahmen zum wahren
Zinssatz von 5% an, was nach einem Jahr einen Betrag von 79.80 bringt. Hinzu
kommen die von der Bank abgelieferten Steuern von 3.80. Die Vorsteuer der
Unternehmung von 82.08 fliesst jedoch ab, was schliesslich Steuereinnahmen
von 79.80 + 3.80 - 82.08 = 1.52 ergibt. Die Steuereinnahmen entsprechen also
gerade dem Anteil des Haushalts an der Zinsspanne, weshalb festgehalten
werden kann, dass die Besteuerungsgrundlage, also der geschaene Mehrwert,
korrekt ermittelt und besteuert wird.78
7 8 Für
die Konstellation Unternehmen als Anleger und Haushalt als Kreditnehmer folgt
dasselbe korrekte Ergebnis, und auch im Umgang mit ausländischen Kunden erfolgt eine
korrekte Erfassung und Verteilung des geschaenen Mehrwerts.
59
Die bisherigen Erkenntnisse lassen sich formal folgendermassen ausdrücken:
Sei die Kredithöhe O, der Aktivzinssatz uD , der Passivzinssatz uS > der Steuersatz und die Dummys D und S gleich 1, falls Anleger bzw. Kreditnehmer MwSt-pflichtige Unternehmen sind, und 0, falls es sich um private Konsumenten handelt. Betrachtet werden zwei Zeitpunkte (P1 und P2),
zwischen denen ein Jahr liegt. In P1 gleichen sich die Cashflow-Ströme der
Bank gerade aus. Der Kreditnehmer schuldet D O, der Anleger erhält eine
Gutschrift in Form eines Vorsteuerabzugs in Höhe von S O. In der zweiten Periode hat die Bank Steuern in Höhe von (uD uS )O abzuliefern.
Der Kreditnehmer erhält eine Gutschrift von D (1 + uD )O, der Anleger
bezahlt S (1 + uS )O. Wenn der Staat einen Ertrag u auf die Gelder aus
der ersten Periode erwirtschaftet, so verfügt er in der zweiten Periode über
(1 + u )( D O S O) = (1 + u )(D S ) O. Die Einnahmen des Staates
betragen insgesamt
Bank P2
Gutschrift P2
z
}|
{ z
}|
{
W = (1 + u )(D S ) O + (uD uS )O D (1 + uD )O
Steuer Anleger P2
z
}|
{
+ S (1 + uS )O
= O [(1 D )uD + (D S )u (1 S )uS ]
= O [(1 D )(uD u ) + (1 S )(u uS )] =
Die Umformung zur letzten Gleichung zeigt, dass der Staat nur Steuereinnahmen erhält, wenn mindestens eine der beiden Parteien nicht MwStpflichtig ist. Falls nur der Kreditnehmer über die MwSt abrechnet, wird ausschliesslich der dem Anleger zuzurechnende Anteil u uS besteuert et vice
versa. Damit diese Form der Cashflow-Besteuerung funktioniert, braucht es
aber zwingend einen wahren Zinssatz, da die Verteilung des Mehrwerts nur
dann korrekt ist, wenn u gerade diesen wahren Zinssatz darstellt.
60
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Cashflow-Ansatz die Probleme der Additions- und Subtraktionsmethode behebt und grundsätzlich eine
nahtlose Eingliederung der Mehrwertbesteuerung von Finanzdienstleistungen
ermöglicht. Die Haushalte werden korrekt mit Steuern belastet, während sich
für MwSt-pflichtige Unternehmen die Situation darstellt, als gäbe es keine
Steuern auf Finanzdienstleistungen. Auch treten im Zusammenhang mit ausländischen Kunden keine Probleme auf, so dass inländische Banken gegenüber
der ausländischen Konkurrenz nicht mehr benachteiligt wären. Neben der Anwendung des wahren Zinssatzes gibt es jedoch eine Reihe weiterer Nachteile
der Cashflow-Besteuerung. Zunächst einmal sei auf das Problem wechselnder
Steuersätze hingewiesen. Damit die Methode funktioniert, müssen die Steuersätze bei der Erhebung der Steuer und beim Abzug von Steuern auf Vorleistungen identisch sein. Ein weiterer Einwand bezieht sich auf den erhöhten
Kapitalbedarf, der durch die Besteuerung der Kredithöhe bei der Aufnahme
für die MwSt-pflichtige Unternehmung entsteht. Unternehmen wären nämlich
unter Umständen dazu gezwungen, zur vorübergehenden Bezahlung der Steuern einen höheren Kredit aufzunehmen. Dies hätte zur Folge, dass Banken,
verursacht durch die Besteuerung, zu eigentlich ungerechtfertigten Mehreinnahmen gelangen würden, indem sie mehr Kapital vermitteln können. Auch
der administrative Aufwand v.a. für kleinere und mittlere Unternehmen sowie
für die Banken ist ein naheliegender Nachteil der Cashflow-Methode.79
7 9 Zu
diesem Resultat gelangte auch die Europäische Kommission in einem Projekt mit
sechs Banken und weiteren Beteiligten, bei dem sich zeigte, dass mit dem Cashflow-System
signifikante Kosten verbunden wären, hauptsächlich aufgrund der hohen Volumina bei
Transaktionen, siehe Huizinga (2002), S. 522 f.
61
TCA- und Truncated Cashflow-Methode mit TCA80
Um die Nachteile der Cashflow-Besteuerung auszubessern, wurden zwei
Vorschläge entworfen: die Tax Calculation Account- (TCA) und die Truncated Cashflow-Methode mit TCA. Bei der TCA-Methode werden geschuldete
Steuern oder Gutschriften bei Vorsteuern in die Zukunft verschoben und zwar
solange, bis das Kapital vom Kreditnehmer zum Anleger zurückfliesst. Dazu
wird ein separates Steuerkonto benutzt, das dazu dient, fällige Steuern und
Gutschriften zu verbuchen, ohne dass tatsächliche Beträge fliessen müssen.
Damit das System trotzdem funktioniert, sind die verschobenen Zahlungen
und Gutschriften zum wahren Zinssatz zu verzinsen. Dies hat den Vorteil,
dass der Staat nicht Anlagen suchen muss, die den wahren Zinssatz abwerfen,
sondern stattdessen die Beträge auf dem Papier verzinsen kann. Tab. 3-13
zeigt die Äquivalenz in den Ergebnissen im Vergleich zur einfachen CashflowMethode. Wiederum lässt sich der Steuerbetrag anhand des jeweiligen Mehrwerts auf Anleger und Kreditnehmer aufteilen.
Einlage
TCA-Zinsbelastung der Einlage
Passivzins
Kontoschliessung
Steuerbetrag
Cashflow
+ 1'000
- 30
- 1'000
TCA
+ 76.00
+ 3.80
- 2.28
- 76.00
+ 1.52
- 1'000
+ 80
+ 1'000
- 76.00
- 3.80
+ 6.08
+ 76.00
+ 2.28
Kredit
TCA-Zinsbelastung des Kredits
Aktivzins
Kreditrückzahlung
Steuerbetrag
Tab. 3-13: Beispiel zur TCA-Methode
Bei MwSt-pflichtigen Unternehmen zeigt sich das umgekehrte Bild. Der
kreditnehmenden Unternehmung werden anfangs 76 belastet. Hinzu kommt
8 0 Poddar/English
(1997); Merrill/Edwards (1996).
62
(nach einem Jahr) die TCA-Zinsbelastung von 3.80. Die Schuldzinszahlungen ermöglichen eine Gutschrift von 6.08, die Kreditrückzahlungen eine Gutschrift von 76. Somit resultiert ein negativer Betrag in Höhe von 2.28. Dies
ist gerade der zulässige Vorsteuerabzug und entspricht der Besteuerung des
Mehrwerts, welcher der Unternehmung zufällt. Da Steuern somit erst am Ende der Transaktion anfallen, besteht für Unternehmen kein Anreiz mehr, die
Höhe des angelegten oder ausgeliehenen Kapitals aufgrund der Besteuerung
zu ändern. Jedoch trägt der Staat nun ein höheres Risiko, da die Steuereinnahmen nicht mehr zu Beginn der Transaktion anfallen.81 Der grosse Vorteil
der TCA-Methode liegt darin, dass nachträgliche Steuersatzänderungen unproblematisch implementiert werden können, indem man bereits verbuchte
Gutschriften und Belastungen anpasst.82
Der wahre Zinssatz besitzt bei der TCA-Methode wiederum einen hohen
Stellenwert, indem er den geschaenen Mehrwert und somit die jeweiligen
Steuerbelastungen (v.a. für die weiterverarbeitende Wirtschaft) aufteilt.83
8 1 Die
Steuerbehörde muss nicht bis zur Rückzahlung des Kredits bzw. Abhebung der
Einlage warten. Es besteht die Möglichkeit, alljährlich Steuern einzufordern. Dazu ist es
notwendig, den fiktiven Wert des Kredits bzw. der Einlage zu berechnen, was relativ einfach
ist, da dieser dem ursprünglichen Wert entspricht, siehe auch Poddar/English (1997), S. 101.
8 2 Siehe zu diesen und weiteren Vorteilen auch Merrill/Edwards (1996), S. 496.
8 3 An dieser Stelle können zur Anknüpfung des wahren an einen bereits bestehenden Zinssatz nur Ratschläge erteilt werden. Zunächst müsste man die Möglichkeit in Betracht ziehen,
mehrere Zinssätze in die Berechnung einfliessen zu lassen, um sowohl kurze als auch lange
Fristigkeiten zu berücksichtigen. Da der Geldmarkt bekanntlich die Eigenschaft besitzt, dass
die kurzfristigen Zinssätze v.a. längerfristig betrachtet relativ volatil sind, macht es Sinn,
bei langfristigen Krediten jährliche Anpassungen vorzunehmen, während bei kurzfristigen
Krediten wie bsp. dem Kontokorrentkredit tägliche Aktualisierungen des Zinssatzes angebracht sind. Merrill/Edwards (1996) kritisieren, dass bei einem wahren Zinssatz, der nicht
zwischen Aktiv- und Passivzinssatz liegt, das TCA-System ungeeignet sei. Poddar/English
(1997) jedoch entkräften dieses Argument und zeigen das Gegenteil.
63
Eine Weiterentwicklung dieses Ansatzes ist die Truncated Cashflow-Methode mit TCA, die entwickelt wurde, um den erhebungstechnischen Aufwand
v.a. für kleine und mittlere Unternehmen zu senken. Oben wurde bereits erwähnt, dass die Situation von Banken und weiterverarbeitender Wirtschaft
spiegelbildlich ist. Um den administrativen Aufwand zu erleichtern, könnte
die Bank sämtliche Cashflow-Berechnungen vornehmen, wobei in diesem Zusammenhang die Definition der zur Abwicklung berechtigten Finanzintermediäre wichtig wäre.84 Mit der von Huizinga (2002) vorgeschlagenen möglichst
breiten Definition würde garantiert, dass alle signifikanten Anbieter von Finanzdienstleistungen erfasst werden.85
In der Realität vermochten sich die genannten Vorschläge nicht durchzusetzen. Weder die Schweiz noch irgend ein anderes Land besitzt ein MwStSystem, das die Besteuerung des Zinsdierenzgeschäfts vorsieht.86 Als Kompensation für die entfallenen Steuererträge wird üblicherweise der Vorsteuerabzug verweigert. Neben den bereits erwähnten Auswirkungen gibt es dadurch
weitere Probleme.87 Beispielsweise sind in der EU Banken dazu gezwungen,
In- und Ausländer voneinander zu unterscheiden, da die Dienstleistungen für
Ausländer aufgrund des in der EU zulässigen Vorsteuerabzugs auf diese Geschäfte günstiger sind. Die Zurechnung der Vorsteuern auf Exporte erfordert
einen nicht zu unterschätzenden administrativen Aufwand. Huizinga (2002)
erwähnt, dass deshalb mit Inputkrediten relativ grosszügig umgegangen werde
und die Steuereinnahmen aus dem Bankensektor eher gering seien.88 Schliesslich nähere sich die Realität deshalb ein wenig einem System an, in dem Ban8 4 Zur
Definition von Finanzintermediären siehe auch OECD (1998), S. 5.
(2002), S. 512.
8 6 EFD (2008b), S. 7045.
8 7 Siehe dazu auch Mintz (2003), S. 2 und 20.
8 8 Huizinga (2002), S. 522.
8 5 Huizinga
64
ken gänzlich unbesteuert blieben. Das von den Steuerbehörden verfolgte Ziel,
trotz der Steuerbefreiung Einnahmen zu generieren, werde somit tendenziell
verfehlt. Gewisse verzerrende Anreizwirkungen bleiben jedoch, sei es die Auslagerung von Dienstleistungen an Tochterunternehmen oder die Suche nach
internen Lösungen, um den Vorsteuerabzug zu erhalten oder keine Vorsteuern
zahlen zu müssen.89
Die Schlussfolgerung aus diesen Überlegungen wäre eine konsequente Besteuerung des von den Banken geschaenen Mehrwerts und zwar zu den gleichen Bedingungen wie der Rest der Wirtschaft. Dieser Wechsel von der heutigen zu einer korrekten und vollständigen Mehrwertbesteuerung garantiert jedoch nicht zwingend einen Anstieg der Steuereinnahmen. Dies ist ein wichtiger
Punkt. Bei einer vollständigen Mehrwertbesteuerung wäre nämlich nur noch
der Konsum der Endkonsumenten steuerbar, während das aktuelle System
wenigstens die eingebrachten Inputs versteuert. Huizinga (2002) andererseits
sieht in der Umstellung einen Anstieg der Einnahmen aus der Besteuerung
der Finanzdienstleistungen, wobei er kurzfristig tiefere Bankgewinne und somit den Widerstand der Banken prognostiziert. Ob das Steueraufkommen
steigt oder sinkt, ist in der Realität aber wesentlich davon abhängig, wie
hoch die bisherigen Einnahmen durch die unechte Befreiung sind und wie
hoch der Anteil des Auslands und der Anteil der steuerpflichtigen Unternehmen ist, da in beiden Fällen keine MwSt-Erträge generiert werden.90 Da in
der Schweiz sowohl ausländische Dienstleistungsempfänger als auch steuerpflichtige Schweizer Unternehmen die taxe occulte zahlen, ist zudem damit
zu rechnen, dass die Implementierung eines vollständigen MwSt-System den
8 9 Poddar
(2003), S. 352 .
Unternehmen wären zum Vorsteuerabzug berechtigt, und das Ausland
9 0 Steuerpflichtige
ist — dem Bestimmungslandprinzip folgend — generell von der MwSt befreit.
65
inländischen Konsum, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, stärker
belasten würde.
Zwischenbilanz
Die bisherigen Überlegungen haben gezeigt, dass Bankdienstleistungen
und v.a. das Zinsdierenzgeschäft in einem idealen MwSt-System besteuert werden sollten, um eine korrekte und umfassende Konsumbesteuerung
zu ermöglichen. Die Inanspruchnahme von Bankdienstleistungen stellt Konsum dar, da diese für die Kunden mit einem Mehrwert verbunden sind, den
sie bei einer direkten Transaktion ohne Banken nicht hätten (Risikodiversifikation, Linderung des Informationsproblems usw.). Diesen Mehrwert nicht
zu besteuern, würde in einem sonst vollständigen MwSt-System zu Verzerrungen und Wohlfahrtsverlusten führen. Geht es um die konkrete Erfassung
des im Intermediationsgeschäft geschaenen Mehrwerts, so versprechen v.a.
die TCA- und die Truncated Cashflow-Methode mit TCA die meisten Vorteile. Dennoch hat bisher kein Land eine korrekte Besteuerung des Mehrwerts
aus dem Intermediationsgeschäft implementiert. Während bei einer korrekten
und vollständigen Erfassung des Intermediationsgeschäfts nur noch Umsätze
an Private im Inland steuerbar wären, führt die unechte Befreiung wenigstens
zu Schattensteuereinnahmen durch die versteckte Besteuerung des Auslands
und der inländischen steuerpflichtigen Unternehmen. Das folgende Kapitel
gibt einen Überblick über die aktuelle MwSt-Reform in der Schweiz, welche
sich ebenfalls mit dieser Problematik auseinandersetzt.
66
3.4.4
Die aktuelle Mehrwertsteuerreform
Der allgemeine Überblick über die MwSt in der Schweiz in Kapitel 3.4.2 zeigte, dass die momentane Besteuerung des Mehrwerts kompliziert, verzerrend
und stark vom Ideal der MwSt abweichend ist. Am häufigsten werden die unterschiedlichen Steuersätze und die vielen Ausnahmebestände kritisiert, welche durch die Verweigerung des Vorsteuerabzugs zu Schattensteuereinnahmen
führen.91
Bereits im Bericht „10 Jahre Mehrwertsteuer” von Anfang 2005 hat der
Bundesrat Vereinfachungen und Steuerentlastungen innerhalb des heutigen
MwSt-Systems vorgeschlagen.92 Gleichzeitig zu verschiedenen Praxis- und
Verordnungsänderungen wurden Arbeiten zur Revision des MwSt-Gesetzes
eingeleitet. Als Beauftragter für die MwSt-Reform schloss Peter Spori im Mai
2006 seinen Schlussbericht93 ab, welcher der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) als Grundlage für die Ausarbeitung der Vorlage zur MwStReform diente, die anfangs 2007 in die Vernehmlassung gegeben wurde. Mitte 2008 verabschiedete der Bundesrat eine Botschaft zur Vereinfachung der
MwSt mit zwei voneinander unabhängigen Teilen. Teil A beinhaltet ein vollständig überarbeitetes MwSt-Gesetz mit einer einfacheren Systematik und
inhaltlichen Revisionen in über 50 Punkten. Teil B befasst sich mit der Einführung eines Einheitssteuersatzes von 6.1% und der Abschaung der meisten
Steuerausnahmen. Mitte Oktober 2008 trat die nationalrätliche Kommission
für Wirtschaft und Abgaben einstimmig auf Teil A der Botschaft ein. Dabei wurde beschlossen, Teil B erst dann zu behandeln, wenn beide Räte die
Beratungen über Teil A abgeschlossen haben werden. Da die entsprechende
9 1 Siehe
auch EFD (2008b), S. 6904.
ESTV (2005).
9 3 EFD (2006b).
9 2 Siehe
67
Kommission des Ständerats anfangs April 2009 teilweise vom Nationalrat abweichende Entscheide bezüglich Teil A getroen hatte, steht die bereinigte
Fassung des Parlaments noch aus.94
In allen Berichten und Vorlagen wurden auch die zuvor angesprochenen
Fragen bezüglich der (korrekten) Erfassung der Bankdienstleistungen und
Bankgeschäfte behandelt. Im Bericht „10 Jahre Mehrwertsteuer” wird festgehalten, dass auch Finanzdienstleistungen grundsätzlich der MwSt unterliegen
sollten, dass aber das Problem die korrekte Erfassung der Bemessungsgrundlage der zu besteuernden Finanzdienstleistung sei.95 Ebenfalls führt der Bericht
aus, dass bisher in keinem Land Finanzdienstleistungen auf Basis einer MwSt
mit Vorsteuerabzug besteuert wurden; stattdessen habe sich international und
auch in der Schweiz die unechte Befreiung etabliert. Der Bericht kommt zum
Schluss, dass Finanzdienstleistungen stärker als bis anhin der MwSt unterstellt werden sollten, da die Verzerrungen durch den verweigerten Vorsteuerabzug an verschiedensten Orten innerhalb der Wertschöpfungskette ansetzen,
sich kumulieren und schliesslich zu hohen Verzerrungen und Schattensteuereffekten führen. Als bester und ambitioniertester Ansatz wird die Besteuerung
der Zahlungsströme im Rahmen der TCA-Cashflow-Besteuerung betrachtet,
welche jedoch nur international koordiniert implementiert werden könne. Der
Bericht hält aber ebenfalls fest, dass dies mit erheblichen Steuerausfällen verbunden wäre, da der Finanzplatz Schweiz im Bereich der Bankdienstleistungen
in beträchtlichem Ausmasse Umsätze mit Kunden im Ausland tätigt (wofür
eine echte Befreiung gewährt werden müsste).
Die Änderungsvorschläge des Schlussberichts von Peter Spori gehen allgemein wesentlich über diejenigen im Bericht „10 Jahre Mehrwertsteuer” hin9 4 Für
einen Überblick zum Ablauf in Bezug auf die Reform der MwSt siehe EFD (2008c).
ESTV (2005), S. 50 f. und 112.
9 5 Siehe
68
aus. In Bezug auf die taxe occulte wird festgehalten, dass die MwSt in der
Realität nur etwa zu zwei Dritteln eine eigentliche Output-Steuer sei, weshalb man es im Grunde mit einer Unternehmens- und nicht mit einer Konsumsteuer zu tun habe.96 Sofern es die Marktbedingungen erlauben, werden
diese Zusatzbelastungen des Unternehmenssektors verdeckt (und somit intransparent) überwälzt. Der Bericht führt ebenfalls aus, dass eine Aufhebung
bisheriger Ausnahmen nicht mit hohen Mehreinnahmen verbunden ist, da
diese nur gerade so viel betragen, als das neue Output-Steueraufkommen die
bisherige Input-Belastung übersteigt. Tatsächlich könnte eine Aufhebung bei
Branchen, welche ihre Leistungen zu einem grossen Teil im Ausland oder an
steuerpflichtige Unternehmen in der Schweiz erbringen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, sogar zu Mindereinnahmen führen, wobei explizit die
Finanzdienstleistungsbranche als Hauptbeispiel erwähnt wird.97 Ein weiterer
wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass eine Umstellung von der bisherigen
teilweisen Input- zu einer vollständigen Outputbesteuerung den inländischen
Konsum stärker belasten würde. Der Grund liegt darin, dass momentan auch
ausländische Dienstleistungsempfänger die taxe occulte tragen, während eine
reine Outputsteuer nur inländische Abnehmer beträfe, welche nicht in den
Genuss des Vorsteuerabzugs kommen.98 Schliesslich gelangt der Bericht zur
Erkenntnis, dass es die „ideale” MwSt nicht geben kann, da diese ohnehin nur
in der Theorie existiere. Eine umfassende Besteuerung des Endverbrauchs
stosse bereits technisch an ihre Grenzen, da es gerade im Bereich der Un9 6 Siehe
EFD (2006b), S. 11 sowie die Ausführungen in Kapitel 3.4.2 in Anlehnung an EFD
(2005). Konkret würde dies bedeuten, dass sich die geschätzten Schattensteuereinnahmen
aus der unechten Befreiung im Jahr 2008 auf knapp 7 Mia. Fr. belaufen hätten (1/3 · 20.5
Mia. Fr. gemäss Tab. 3-9).
9 7 EFD (2006b), S. 11.
9 8 EFD (2006b), S. 12.
69
terstellung der Bankleistungen weltweit kein umsetzbares Konzept gäbe. Die
Schattenbesteuerung sei unter diesen Umständen wenigstens als zweitbeste
Lösung zur Erzeugung von Einnahmen zu betrachten, wenn die Leistungen
an private Endkonsumenten nicht besteuert werden können.99
Auch der Bundesrat hat sich in seiner Botschaft dieser Haltung angeschlossen. Umsätze durch Finanzdienstleistungen, die im Rahmen einer Vermittlung
mit Preisen in Form einer Marge erbracht werden, betrachtet er als systembedingte Ausnahmen, die nicht aufgehoben werden können. Mit „systembedingt” meint der Bundesrat, dass diese Umsätze theoretisch zwar besteuert
werden könnten, der Aufwand aber sehr hoch und in keinem Verhältnis zum
Ertrag wäre.100 In Anlehnung an EFD (2006b) hält der Bundesrat fest, dass
momentan weniger als zehn Prozent aller Bankdienstleistungen an inländische
Endverbraucher der MwSt unterstellt sind, und dass das Aufkommen aus der
taxe occulte der Finanzbranche so gross ist, dass sich mit einer umfassenden
Unterstellung der Finanzdienstleistungen nach einem Cashflow-System kaum
Mehrerträge ergäben. Konkrete Berechnungen der ESTV rechnen mit Mehreinnahmen von 89 Mio. Fr., wobei zusätzlich ein Ausfall bei der Umsatzabgabe
zu berücksichtigen wäre.101 Die Botschaft gelangt schliesslich zur Erkenntnis,
dass der Status quo weitergeführt werden soll,
• weil die theoretischen Modelle zur umfassenden Besteuerung der Wertschöpfung von Banken mit einem Cashflow-System ausserhalb eines
MwSt-System stehen, nicht ausgereift und nirgends umgesetzt sind;
• weil hohe Steuerausfälle zu befürchten wären;
9 9 EFD
(2006b), S. 15 . Dass die Schattenbesteuerung nicht „zweitbest” im eigentlichen
Sinne sein kann, wurde in Kapitel 3.4.1 gezeigt.
1 0 0 Siehe EFD (2008b), S. 7045.
1 0 1 EFD (2008b), S. 7046.
70
• und weil das Kreditgeschäft der Banken ausserhalb des Anwendungsbereichs einer Konsumsteuer liegt, da diese Leistungen nicht zu einem
privaten Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen führen, sondern
diesen nur vorbereiten.102
Die Feststellung, wonach das Kreditgeschäft der Banken nicht von einer
Konsumsteuer erfasst werden soll, ist in Anbetracht der Ausführungen in Kapitel 3.4.3 falsch und widerspricht ebenfalls dem Bericht „10 Jahre Mehrwertsteuer”, der grundsätzlich die Besteuerung des Zinsdierenzgeschäfts fordert, um Verzerrungen zu vermeiden.103 Um die Anforderungen an ein ideales
MwSt-System zu erfüllen, ist die konsequente Erfassung des Intermediationsgeschäfts unerlässlich. Auch der Bericht Spori hält fest, dass in Anlehnung an
das Produktionse!zienztheorem keine Produzentenentscheidungen verzerrt
werden sollten, was für die echte Befreiung anstelle der unechten spräche.104
Jedoch wird ebenfalls angefügt, dass das Produktionse!zienztheorem nur gilt,
wenn alle Güter besteuert werden können. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt (was oensichtlich der Fall ist), so könne die indirekte Belastung dieser
Güter durch die Besteuerung der zu ihrer Erzeugung erforderlichen Inputs
möglicherweise eine Wohlfahrtsverbesserung ergeben.
Die befürchteten Steuerausfälle und die konkreten Berechnungen der ESTV
decken sich mit der auch in Kapitel 3.4.3 gemachten Feststellung, dass die Aufhebung der unechten Befreiung nicht zwingend mit höheren Steuereinnahmen
verbunden sein muss, da diese massgeblich von den Anteilen des Auslands
und der steuerpflichtigen Unternehmen in der Schweiz abhängen.105 Eben1 0 2 EFD
(2008b), S. 7045 f.
(2005), S. 50 f.
1 0 4 Siehe EFD (2008b), S. 7045.
1 0 5 Insofern trit im Falle der Schweiz der von Huizinga (2002) vermutete Anstieg der
1 0 3 ESTV
71
falls werden vom Bundesrat die theoretischen Modelle angesprochen, welche
die vollständige Erfassung der Wertschöpfung von Banken ermöglichen sollen.
Es ist korrekt, dass diese Modelle bisher in keinem Land umgesetzt wurden.
In Analogie zu Kapitel 3.4.3 hält jedoch auch der Bericht „10 Jahre Mehrwertsteuer” fest, dass die TCA-Methode grundsätzlich der geeignetste Ansatz,
eine internationale Koordination zur Implementierung jedoch unerlässlich wäre.106 Insofern kann dem Bundesrat in diesem Punkt nur teilweise zugestimmt
werden.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die ideale Besteuerung des Konsums
auch die Erfassung der Bankdienstleistungen und v.a. des Intermediationsgeschäfts durch die MwSt erfordert. Obwohl Methoden entwickelt wurden,
welche zur korrekten Erfassung der von Banken generierten Wertschöpfung in
Frage kommen, hat bis anhin kein Land in Bezug auf die Bankdienstleistungen
eine korrekte Mehrwertbesteuerung implementiert. In der Schweiz beschäftigt
man sich momentan zwar gerade mit einer Revision der MwSt, es ist jedoch
nicht davon auszugehen, dass sich im Bereich der Besteuerung des Intermediationsgeschäfts etwas ändern wird. Der Grund dafür liegt hauptsächlich in
den zu befürchtenden Steuerausfällen durch den Wegfall der Schattensteuereinnahmen und in Implementierungsproblemen.
3.5
Fazit
Die Inanspruchnahme von Finanzdienstleistungen ist für Bankkunden mit
zahlreichen Vorteilen verbunden. Finanzintermediäre sind in der Lage, Risiko
Steuereinnahmen durch die korrekte Erfassung der Bankdienstleistungen nicht zu. Ebenfalls
wird in der Schweiz das von ihm genannte Ziel der Steuerbehörden, trotz der (unechten)
Steuerbefreiung Einnahmen zu generieren, oenbar nicht verfehlt.
1 0 6 ESTV (2005), S. 51.
72
über verschiedene Anlagen hinweg zu diversifizieren, die Bonität von Schuldnern laufend zu überprüfen und damit das Informationsproblem grösstenteils zu beheben. Die Intermediation über Banken erspart zudem Transaktionskosten, indem diese die Suche nach geeigneten Anlagemöglichkeiten und
Schuldnern übernehmen. Insgesamt betrachtet erbringen Banken eine Fülle an
Dienstleistungen, ihre wichtigste Aufgabe ist jedoch — auch volkswirtschaftlich
betrachtet — das Zinsdierenz- bzw. Intermediationsgeschäft. Ein Blick in die
Schweizer Bankenlandschaft zeigt aber, dass der Stellenwert des klassischen
Zinsdierenzgeschäfts in den letzten 25 Jahren kontinuierlich zulasten des
Kommissions- und Dienstleistungsgeschäfts abgenommen hat. In Bezug auf
die Bilanzsumme und die Wertschriftenbestände sind es v.a. die Grossbanken,
welche das Vermögensverwaltungsgeschäft dominieren. Die insgesamt sehr hohen Wertschriftenbestände aus dem In- und v.a. auch aus dem Ausland widerspiegeln den oensichtlich herausragenden internationalen Stellenwert des
Schweizer Bankensektors. Auch im Inland besitzt dieser in Bezug auf den Anteil der Beschäftigung, der Wertschöpfung und der durch den Bankensektor
generierten Steuereinnahmen eine dominante Position und stellt deshalb ein
nicht zu unterschätzendes Klumpenrisiko dar. Ein Grund für die Beliebtheit
des Schweizer Bankenplatzes dürfte das schweizerische Bankgeheimnis sein.
Da die Schweiz zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug unterscheidet
und auf dem Prinzip der beidseitigen Strafbarkeit besteht, war die blosse Steuerhinterziehung bis anhin im internationalen Kontext nicht rechtshilfefähig.
Damit der Schweizer Fiskus auch bei Nichtdeklaration von Kapitalerträgen
von Inländern Steuereinnahmen generiert, erhebt er eine Verrechnungssteuer auf Zinsen, Dividenden usw. Die daraus resultierenden Steuereinnahmen
sind beträchtlich und widerspiegeln hohe undeklarierte Anlagen. Neben diesen Einnahmen partizipiert der Staat auch über die Mehrwertbesteuerung
73
am Bankensektor. Zwar dürfte eine optimale MwSt die Produzenten nicht
belasten, die Realität zeigt jedoch, dass das bestehende MwSt-System der
meisten Länder und auch der Schweiz u.a. durch zahlreiche Ausnahmebestimmungen dazu führt, dass auch auf Investitionen und Zwischenprodukten
eine hohe Belastung liegen bleibt. Obwohl Bankdienstleistungen und speziell das Intermediationsgeschäft durch eine ideale MwSt erfasst werden sollten
und grundsätzlich gangbare Ansätze bestehen würden, hat dies bisher kein
Land umgesetzt. Auch in der Schweiz sieht die aktuelle Revision der MwSt
keine Änderungen im Bereich der Besteuerung des Intermediationsgeschäfts
vor.
Die bisherigen Ausführungen haben eindrücklich die Relevanz des Schweizer Bankgeheimnisses gezeigt, das oenbar einen gewichtigen Grund für die
Beliebtheit des Schweizer Finanzplatzes darstellt. Gerade in den letzten Jahren geriet die Schweiz bei den Verhandlungen zur Zinsertragsbesteuerung wegen des Bankgeheimnisses immer wieder unter starken internationalen politischen Druck. Das folgende Kapitel befasst sich deshalb eingehender mit der
spannenden Thematik rund um Informationsaustausch, Bankgeheimnis und
Zinsertragsbesteuerung mit Bezug auf sogenannte Drittstaatenanlagen.
74
4
Zinsertragsbesteuerung bei Anlagen aus
Drittländern
4.1
Einleitung
Aufgrund der Globalisierung der Wirtschaft sind die Faktormobilitäten in
den letzten Jahrzehnten stark gestiegen. Arbeit und vor allem Kapital suchen sich jeweils die besten Beschäftigungs- und Anlagealternativen. Während es für Unternehmen seit Längerem selbstverständlich ist, Kapitalbedarf
und -anlagen global zu planen, ist dies auch für Privatpersonen vermehrt zum
Standard geworden. Diese Entwicklung wird auch zukünftig anhalten, bedenkt
man beispielsweise die fortschreitende Standardisierung von Finanzprodukten
oder die Möglichkeiten des Internets, Wertpapiere und Derivate rund um die
Uhr weltweit zu handeln.
Da Kapitalerträge gemäss Wohnsitzprinzip besteuert werden, ermöglicht
die Zunahme der Kapitalmobilität den Investoren, der Besteuerung im Heimatland zunehmend auszuweichen.107 Kapitalflucht schränkt die nationalen
Besteuerungsmöglichkeiten empfindlich ein. Besonders in Hochsteuerländern
haben die Anleger einen starken Anreiz, Vermögenserträge im Ausland an1 0 7 Ein
wichtiges Ziel der Besteuerung internationaler Kapitalerträge ist die Vermeidung
der Doppelbesteuerung, indem sich die Länder auf eine einheitliche Anwendung eines Besteuerungsprinzips einigen, siehe Keuschnigg (2005), S. 303 . Es kann dabei grundsätzlich
unterschieden werden zwischen dem Wohnsitzprinzip und dem Quellenlandprinzip der Zinsertragsbesteuerung. Gemäss Wohnsitzprinzip erhebt jeder Staat einen einheitlichen Steuersatz auf das weltweite Kapitaleinkommen seiner Bürger und verzichtet auf die Besteuerung
der Zinserträge der Ausländer im Inland. Gemäss Quellenlandprinzip besteuern die Staaten die im Inland anfallenden Zinserträge der In- und Ausländer zum gleichen Satz und
verzichten auf die Besteuerung der im Ausland erzielten Kapitalerträge der Inländer.
75
fallen zu lassen, um diese der inländischen Besteuerung zu entziehen. Bereits
im Jahre 1962 stellte der sogenannte Neumark-Bericht Defizite bei der Besteuerung von Zinseinkommen fest.108 Um der latenten Steuerhinterziehung
entgegenzuwirken, schlug der Bericht die gemeinschaftsweite Einführung einer
einheitlichen anrechenbaren Quellensteuer sowie eines Informationsdienstes
zur wirksamen Steuerkontrolle vor. Basierend auf dem Grundproblem, dass
den inländischen Steuerbehörden in den meisten Fällen keine Informationen
über die ausländischen Kapitalerträge der Inländer zur Verfügung stehen, sind
es diese beiden Instrumente, welche die Diskussion um Beseitigung von Steuerflucht seither prägen.
Im Zuge der Verhandlungen innerhalb Europas stellte sich heraus, dass
vor allem die Schweiz zwar dazu bereit ist, eine Quellensteuer auf ausländische Anlagen zu erheben, eine Abschaung des in der Schweizer Verfassung
verankerten Bankgeheimnisses durch (teilweisen) Austausch von Daten über
die Konten- und Anlageninhaber kam jedoch für die Schweiz bis vor Kurzem nicht in Frage.109 Auch Österreich, Belgien und Luxemburg stimmten im
Schlepptau der Schweiz dem Informationsaustausch nicht zu, den die übrigen
EU-Staaten untereinander automatisch vollziehen. Diese drei Länder erheben deshalb seit dem 1.1.2005 eine mit den Jahren stufenweise ansteigende
Quellensteuer (15% bis 2008, 20% von 2008 bis 2011 und 35% ab 2011). Die
daraus anfallenden Erträge werden den jeweiligen Wohnsitzstaaten zu 75%
zurückerstattet.110
1 0 8 Kommission
der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (1962).
dazu und ebenfalls zu den folgenden Ausführungen Kapitel 3.3.
1 1 0 Siehe EFD (2009d) sowie EU (2003); einen guten Überblick bietet auch Deutsche Bank
1 0 9 Siehe
(2005).
76
In der Schweiz erhebt der Bund bereits seit 1944 eine Verrechnungssteuer
auf Kapitalerträge in Höhe von 35%, um im Inland ansässige Steuerpflichtige dazu zu veranlassen, ihre Vermögen und Vermögenserträge korrekt zu
deklarieren. Im Verlaufe der Verhandlungen mit der EU stimmte die Schweiz
unter massivem Druck einer Quellenbesteuerung mit derselben zeitlichen Staffelung wie in Österreich, Belgien und Luxemburg auf sämtliche Zinserträge
zu. Wie die anderen quellenbesteuernden Staaten behält auch die Schweiz nur
einen Viertel der Erträge aus nicht deklarierten Kapitaleinkommen für sich
und überweist den Rest ohne Nennung von Daten und Angaben an die betreenden EU-Länder. Zudem stimmte die Schweiz zu, auf Anfrage Amtshilfe
bei Steuerbetrug (Verwendung gefälschter Urkunden), nicht aber bei blosser
Steuerhinterziehung (Nichtdeklaration) zu leisten.111
Im Zuge dieser Bemühungen, die Möglichkeiten der Steuerflucht aus der
EU einzuengen, fällt vor allem auf, dass hauptsächlich eher kleine Staaten
wie die Schweiz, Liechtenstein oder Luxemburg die Quellenbesteuerung ohne konkrete Nennung von Steuerdaten dem Informationsaustausch vorziehen.
Darüber hinaus handelt es sich fast ausnahmslos um Staaten, in denen der
Bankensektor einen im internationalen Vergleich hohen Anteil am BIP generiert und über hohe Einlagen verfügt, welche bei einem Informationsmodell
in andere Staaten auszuweichen drohten.112 Ende 2007 verwalteten die Ban1 1 1 Die
Schweiz beharrte in den verschiedenen Verhandlungsdossiers und auch bei den
aktuellen Diskussionen bezüglich des Bankgeheimnisses auf dem Grundsatz der beidseitigen
Strafbarkeit, siehe Kapitel 3.3. Auch mit zahlreichen weiteren Staaten hat die Schweiz
entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, die momentan noch Gültigkeit
haben und den Grundsatz der beidseitigen Strafbarkeit garantieren, darunter auch mit den
USA, vergleiche EFD (2009a, 2003a,b).
1 1 2 Für einen Überblick über den europäischen Bankensektor siehe Huizinga (2004) sowie
Kapitel 3.2.
77
ken in der Schweiz 2’163 Mia. Fr. an inländischen Wertschriftenbeständen
und 3’072 Mia. Fr. an ausländischen Wertschriftenbeständen.113 Obwohl diese Daten nicht nach Herkunftsländern getrennt vorliegen, kann der Anteil der
EU anhand anderer Statistiken auf etwa 60% geschätzt werden; wenn man
die quellenbesteuernden Länder Österreich, Belgien und Luxemburg abzieht,
beträgt der Anteil der EU noch etwa 40%.114
Neben dem guten Ruf und dem Know-How der Schweizer Banken sowie der
tiefen Zinsmargin ist das Bankgeheimnis wohl einer der Hauptgründe zur Erklärung dieser hohen ausländischen Wertschriftenbestände. Zudem lässt sich
feststellen, dass die Verrechnungssteuer die Kapitalerträge nicht vollständig
erfasst, während sich Informationsaustausch wohl auf sämtliche Wertschriftenbestände auswirken würde. Dies ist ein wichtiger Punkt. Beispielsweise sind
bei den verzinslichen Wertpapieren nur diejenigen der Verrechnungssteuer unterworfen, welche von in der Schweiz wohnhaften Emittenten herausgegeben
wurden. Emissionen ausländischer Emittenten, welche einen Anteil von knapp
75% ausmachen, können dagegen von In- und Ausländern quellensteuerfrei
gehandelt werden.115 Es ist daher grundsätzlich zu vermuten, dass ein Zugeständnis der Schweiz, mit anderen Staaten Informationen über die Person des
Investors auszutauschen, die Höhe sämtlicher Anlagen langfristig beträchtlich
senken könnte, zumal sich dieser Informationsaustausch auf alle Anlagemög1 1 3 SNB
(2008b), S. 42.
(2006) und eigene Berechnungen.
1 1 5 Siehe Rehm (2003); Schweizerische Nationalbank (2008b). Es gilt zudem zu erwähnen,
1 1 4 IMF
dass eine Reihe von Kapitaleinkommen nicht von der EU-Richtlinie tangiert wird (Dividenden, Wertzuwächse, sogenannte „Grandfathered“-Schuldverschreibungen, Ausschüttungen
von Fonds, die weniger als 15% der Vermögenswerte in Schuldverschreibungen angelegt
haben usw.), siehe dazu Deutsche Bank (2005) sowie Kapitel 3.3 und allgemein Huizinga/Nicodème (2004).
78
lichkeiten auswirken könnte. Tatsächlich käme dieser Datenaustausch dann
wohl einer Aufhebung des Bankgeheimnisses gleich.116
Auch in der Literatur wurde diese Problematik rund um Steuerausweichung und Informationsaustausch erkannt und behandelt. In ihrer grundlegenden Arbeit beschäftigen sich Allingham/Sandmo (1972) zum ersten Mal
mit der Frage, wann es sich für einen Steuerzahler lohnt, weniger als sein
tatsächliches Einkommen zu deklarieren. Sie gehen dabei davon aus, dass bei
Nichtdeklaration gewisser Einkommen der persönliche Nutzen grösser ist, sofern die Steuerbehörde nichts bemerkt, und aufgrund von Strafen kleiner,
falls die Steuerbehörden durch Prüfung der Unterlagen den Schwindel entdecken. Grundsätzlich neu war dabei die Einsicht, dass Steuerhinterziehung
lohnenswert sein kann und von gewissen Faktoren abhängt wie Bestrafung und
Bussen, dem Einkommen oder der Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden. In
nachfolgenden Studien wurde klar, dass die Nichtdeklaration von Einkommen
ein wesentliches Problem für viele Länder darstellt. Zumeist geht man von ca.
10-20% der Einkommen aus, die nicht ordnungsgemäss deklariert werden.117
In der Folge beschäftigten sich einige Autoren mit Erweiterungen des
Grundmodells von Allingham/Sandmo (1972) und den möglichen Einflussgrössen auf die Steuerhinterziehung.118 Als eine der wichtigsten Grössen iden1 1 6 Bereits
das jetzt mit der EU vereinbarte System der Besteuerung von Zinseinkünften
erhöht gemäss EFD (2009d) das Risiko der Abwanderung von Kapitalien, weshalb man in
der Schweiz immer wieder beharrlich darauf hinweist, dass das Bankgeheimnis auch mit
der in Aussicht gestellten Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung aufrechterhalten bleibe, vgl.
Kapitel 3.3.
1 1 7 Siehe bsp. Internal Revenue Service (1996) für die USA oder Feld/Frey (2006) für
die Schweiz. In der Schweiz führte eine generelle Steueramnestie 1969 zu 1.15 Mia. Fr.
zusätzlich deklariertem Einkommen, was 6% zusätzliche Steuereinnahmen erzeugte, siehe
Pommerehne/Zweifel (1991); Feld (2003).
1 1 8 Beispielsweise wurden die Einkommen endogenisiert, indem das Arbeitsangebot mit-
79
tifizierte Clotfelter (1983) die marginalen Einkommensteuersätze, welche neben den bereits erwähnten Variablen einen signifikant positiven Eekt auf
die Höhe der nicht deklarierten Einkommen besitzen.119 Stiglitz (1985) weist
u.a. darauf hin, dass es vor allem an den in der Realität existierenden Transaktionskosten liegt, die einen vollständigen Abfluss des Kapitals ins anonyme Ausland verhindern. Tatsächlich lässt sich feststellen, dass im Vergleich
zu den bestehenden Modellen eigentlich zu viel Einkommen deklariert wird.
Die Steuerzahler sind grundsätzlich zu gesetzestreu und zu pflichtbewusst.
Alm/McClelland/Schulze (1992) sowie Sandmo (2005) liefern als Erklärungsansatz, dass die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, subjektiv zu hoch
eingeschätzt wird. Feld/Frey (2006) sind der Ansicht, dass die Steuerzahler
im Falle der Schweiz deshalb grundsätzlich ehrlicher als anderswo sind, weil
neben der freundlichen und respektvollen Behandlung durch die Steuerbehörden auch die direktdemokratische Ausgestaltung, also der föderale Staatsaufbau der Schweiz mit seiner inhärenten lokalen Steuerautonomie, eine nicht zu
unterschätzende Rolle spielt.120
Obwohl mehrere Publikationen den Einfluss von Informationsaustausch
auf die Höhe der nicht deklarierten Einkommen erwähnen,121 betrachten erstmals Bacchetta/Espinosa (1995) in ihrer grundlegenden Arbeit den Austausch
von Informationen zwischen zwei Ländern als strategische Variable. Da Steueinbezogen wurde, siehe Pencavel (1979); Cowell (1981) oder Sandmo (1981). Für einen
allgemeinen Überblick siehe Andreoni/Erard/Feinstein (1998); Slemrod/Yitzhaki (2002);
Alm (1999); Slemrod (2007).
1 1 9 Obwohl dies auch durch experimentelle Studien gestützt wird (Alm/Jackson/McKee,
1992; Baldry, 1987), postuliert Feinstein (1991) einen negativen Zusammenhang. Die Uneinigkeit über den Einfluss der Grenzsteuersätze lässt sich wohl darauf zurückführen, dass
sowohl der Steuersatz als auch das Einkommen abhängige Variablen sind.
1 2 0 Für weitere empirische Ergebnisse für die Schweiz siehe Pommerehne/Frey (1992).
1 2 1 Siehe Clotfelter (1983); Long/Swingden (1990); Andreoni/Erard/Feinstein (1998).
80
erflucht als reale Tatsache akzeptiert werden muss, geht es den Autoren um
das Verhältnis zweier Länder, welche der Kapitalflucht ausgesetzt sind. Sie
zeigen, dass ein freiwilliger Informationsfluss zwischen den Staaten zustande
kommen kann. Begründen lässt sich dies damit, dass sich zwei Eekte gegenüberstehen: Zum Einen führt Informationsaustausch dazu, dass aufgrund der
abnehmenden Kapitalflucht sowohl das Ausland als auch das Inland die Steuern erhöhen kann (strategischer Eekt). Zum Andern investieren aber auch
ausländische Anleger weniger im Inland (direkter Eekt).122
Im Zuge der in Europa auftauchenden Diskussion rund um Quellenbesteuerung und Informationsaustausch beschäftigen sich Keen/Ligthart (2006a,2005)
mit der Frage, ob die Teilung der Erträge aus der Quellenbesteuerung und aus
dem Informationsaustausch Einfluss auf die Wohlfahrt zweier Länder hat.123
Im Falle unterschiedlicher Steuersätze für In- und Ausländer (d.h. bei möglicher Unterscheidung der Herkunft der Anleger) hat der Transfer von Einnahmen aus der Quellensteuer an die Wohnsitzstaaten keinen Einfluss auf
die gewählten Steuersätze. Der Transfer verschiebt lediglich Einnahmen von
einem Land zum anderen und kommt einem Pauschaltransfer (lump sum)
gleich. Hingegen besitzt der Transfer von Einnahmen aus dem Informationsaustausch einen strategischen Eekt auf die gemeinsame Wohlfahrt. Diese
Möglichkeit wurde bisher jedoch weder von der EU noch von der OECD in
Betracht gezogen. Ebenfalls untersuchen Keen/Ligthart (2006a) den Einfluss
1 2 2 Ebenfalls
spieltheoretisch argumentieren Janeba/Peters (1999), indem sie zeigen, dass
es dem internationalen Kapital im Zwei-Länder-Fall bei Nichtkooperation erfolgreich gelingt, der Besteuerung auszuweichen.
1 2 3 Dabei werden erstmals diese beiden Alternativen — Quellenbesteuerung und Datenaustausch — einander explizit gegenübergestellt. Die Quellenbesteuerung war bereits bei der
Diskussion um Steuerhinterziehung ein Thema, siehe Yaniv (1988) und Marrelli (1984).
Jedoch bezogen sich diese auf das Lohneinkommen.
81
der relativen Grösse der beteiligten Länder und stellen fest, dass es für kleine
Länder optimal ist, die Quellensteuer zu wählen, während grosse Länder den
Informationsaustausch bevorzugen, um ihre Steuereinnahmen zu maximieren.
Können die Staaten jedoch nicht zwischen in- und ausländischen Anlagen unterscheiden, so besitzt die Grösse der Staaten keinen Einfluss, da unabhängig
davon der Informationsaustausch zur Anwendung kommt.124 Insofern gelingt
es den Autoren zu zeigen, weshalb kleine Länder tendenziell die Quellenbesteuerung dem Informationsaustausch vorziehen.125
Huizinga/Nielsen (2003) benutzen denselben Modellrahmen, um eine explizite Modellierung von Banken und Bankgewinnen einzufügen. Sie knüpfen
dabei an ihre frühere Arbeit an, in welcher ein Drei-Länder-Modell benutzt
wurde, um die Auswirkungen einer minimalen Quellensteuer in der EU zu
untersuchen.126 Während sich dabei zwei Länder innerhalb der EU befinden,
handelt es sich beim dritten Land um einen aussenstehenden Drittstaat, der
tiefe Steuern aufweist und als Steuerzufluchtsort dient.127
Die Wichtigkeit und der Einfluss der Banken zeigen sich sowohl bei Huizinga/Nielsen (2003, 2000) als auch bei Keen/Ligthart (2004). Während der
Einfluss der Grösse eines Landes auf die Entscheidung zwischen Datenaustausch und Quellenbesteuerung von Keen/Ligthart (2006a) hinlänglich aufgezeigt wurde, ist der Einfluss des Bankensektors an sich aber weiterhin unklar.
Am Beispiel der Schweiz fällt auf, dass gerade ausländische Anlagen eine auf1 2 4 Keen/Ligthart
(2005).
einen Überblick siehe Keen/Ligthart (2006b, 2004).
1 2 6 Huizinga/Nielsen (2000).
1 2 7 Auch zu den sogenannten „parasitären” Steuerparadiesen und den „tax havens” gibt
1 2 5 Für
es eine Reihe von Literatur, siehe bsp. Slemrod/Wilson (2006); Rose/Spiegel (2005); Gros
(1990) oder Dharmapala (2008), welche — in Anlehnung an Dharmapala/Hines (2006) —
neben Irland, Liechtenstein und Luxemburg auch die Schweiz als „tax haven” einstuft.
82
fallende Wichtigkeit besitzen, wobei — wie zuvor bereits erwähnt — nur ein Teil
davon aus EU-Staaten stammt.
Mit den Determinanten der internationalen Kapitalien befassten sich bereits verschiedene Autoren. Grilli (1989) stellt einen Bezug dieser Anlagen u.a.
zur Zinsbesteuerung und zum Bankgeheimnis her. Auch Alworth/Andresen
(1992) identifizieren das Bankgeheimnis und die Quellenbesteuerung als wichtige Einflussgrössen auf die Höhe der internationalen Anlagen in einem Land.
Zu denselben Ergebnissen gelangen Huizinga/Nicodème (2004), wobei auch sie
darauf hinweisen, dass beispielsweise die Quellensteuer oftmals nur einen Teil
aller internationalen Anlagen abdeckt, was den Eekt stark abschwächt.128
Akzeptiert man Kapital- bzw. Steuerflucht als reales Phänomen, so stellt
sich somit die Frage, wie das Bankgeheimnis bzw. die Haltung und die Verhandlungen eines Landes in Bezug auf die Besteuerung von Kapitalerträgen
durch Anlagen aus Drittstaaten ausserhalb der EU beeinflusst werden, welche
definitionsgemäss nicht direkt in Abkommen innerhalb der EU bzw. zwischen
der EU und einem anderen Land miteinbezogen werden können. Konkret ist
natürlich von besonderem Interesse, ob und unter welchen Bedingungen sich
die Schweiz, in der hohe solche Kapitalien angelegt sind, für Quellenbesteuerung oder für Informationsaustausch entscheidet bzw. entscheiden sollte.
Um die Auswirkungen dieser externen Anlagen aufzuzeigen, stellt das folgende Kapitel 4.2 zunächst das zugrunde liegende Modell zweier LeviathanStaaten bei Quellenbesteuerung und bei Informationsaustausch vor, wobei
beide Ansätze gerade elegant miteinander verbunden werden. Kapitel 4.3 befasst sich mit der kooperativen Lösung. Überlegungen zum optimalen Daten1 2 8 Würde
man dies nicht berücksichtigen, käme man zu einem stärkeren Zusammenhang,
siehe Brevik/Gärtner (2006).
83
austausch finden sich in Kapitel 4.4. In Kapitel 4.5 wird das Modell etwas
näher an die Wirklichkeit gebracht, indem die externen Anlagen aus Drittstaaten auch auf die Steuersätze reagieren und somit realistischer modelliert
werden. Kapitel 4.6 fasst schliesslich die verschiedenen Ergebnisse zusammen.
4.2
Das Modell
Im Mittelpunkt steht die Interaktion zwischen zwei gleich grossen Ländern,
deren Kürzel jeweils l = {K> I } ist (für Home und Foreign). Um den alleinigen Einfluss von Anlagen aus Drittländern herauszuarbeiten, sei angenommen, dass beide Länder die gleiche Grösse aufweisen und somit gleich viele
Haushalte umfassen. Jeder Haushalt verfügt genau über eine Einheit Geld, die
er entweder in K oder in I anlegen kann. Wie in Gros (1990) sollen auch hier
die Haushalte gemäss ihrer Entfernung zur Grenze indexiert werden.129 Dazu
sei angenommen, dass die Entfernung der Haushalte zur Grenze gleichverteilt
sei zwischen 0 und 1, vl = [0> 1].130
Die Anlage im jeweiligen Heimatland verursacht keine Kosten. Entscheidet
sich der Haushalt jedoch dazu, seine Kapitaleinheit im anderen Land anzulegen, so entstehen je nach Distanz Transaktionskosten vl , wobei diese offensichtlich mit wachsender Entfernung vl von der Landesgrenze ansteigen.131
1 2 9 Eine
andere — hier jedoch nicht verwendete — Möglichkeit wäre, die Bevölkerung wie in
Janeba/Peters (1999) in zwei Gruppen aufzuteilen, wobei die erste nie im Ausland investiert,
weil sie zu hohe Transaktionskosten hat, unvollständig informiert oder risikoavers ist, und
die zweite Gruppe aufgrund vollkommener Mobilität stets am günstigsten Ort ihr Kapital
anlegt.
1 3 0 Das Modell baut hauptsächlich auf den Überlegungen von Keen/Ligthart (2006a, 2005)
sowie Huizinga/Nielsen (2003) auf und entwickelt diese weiter. Vgl. auch Keuschnigg (2005),
Kapitel 12 für einen Überblick.
1 3 1 Bestünden keine Transaktionskosten, so würde sich Steuerflucht für alle Haushalte loh-
84
Wie bei Bacchetta/Espinosa (1995) sind beide Länder somit der Kapitalflucht
ausgesetzt.
In beiden Ländern gilt der internationale Weltmarktbruttozinssatz 0,
so dass die Entscheidung darüber, wo man seine Kapitaleinheit investieren
soll, nur von den Transaktionskosten und der Besteuerung abhängt. Entscheidet sich ein Haushalt für eine Anlage im Ausland, so sei angenommen, dass
dies dem inländischen Staat nicht gemeldet werde und dieser auch sonst keine
Angaben über die Anlagen der Inländer im Ausland habe. Dem Staat, in welchem die Investition anfällt, ist das Wohnsitzland der Investoren zwar stets
bekannt, von sich aus erstattet er jedoch dem anderen Land keine Meldung,
solange dies nicht gegenseitig vereinbart ist.
Sowohl K als auch I wenden denselben fixen Quellensteuersatz A 0 auf
die Anlagen der jeweiligen Inländer im Inland an. Während die Kapitalien der
I -Haushalte in K dem Steuersatz wK 0 unterliegen, werden die Haushalte
aus K, die nach I ausweichen, mit einem Satz von wI 0 besteuert.132
Wie in Huizinga/Nielsen (2003) sowie Keen/Ligthart (2006a, 2005) werden
eigennützige Regierungen unterstellt. K und I sind also Leviathan-Staaten,
welche ihr jeweiliges Steueraufkommen über wl maximieren.
nen, was oensichtlich nicht der Realität entspricht (vgl. dazu auch Stiglitz, 1985). Anstatt
die Haushalte nach ihrer Distanz zur Grenze zu ordnen, könnte man sich auch unterschiedliche Kosten der Informationsbeschaung über die Kapitalanlage im Ausland vorstellen.
Demnach verfügen gut informierte Haushalte über vergleichsweise geringe Transaktionskosten et vice versa.
1 3 2 Das vorliegende Zwei-Länder-Modell befasst sich nur mit Kapitaleinkommen und blendet Arbeitsmarkt und Arbeitseinkommen aus. Die Besteuerung der Anlagen über die Quellensteuer entspricht folglich der Besteuerung der Kapitalerträge. Eine Verrechnungssteuer
von 35% der Zinseinkommen, wie sie die Schweiz kennt, entspräche in diesem Modell bei
einem Bruttozinssatz von 5% somit einem Steuersatz von 1.75% auf den Wert der Anlage.
85
Nun wird unterstellt, dass — anlehnend an Huizinga/Nielsen (2000) — Drittländer existieren, die nicht in Verhandlungen und Abkommen zwischen den
beiden Ländern einbezogen werden können, und dass diese über Anlagen in
Höhe von D̄ 0 verfügen, die sie in K deponieren möchten.133 Wie u.a. Gril-
li (1989), Alworth/Andresen (1992) und Huizinga/Nicodème (2004) zeigen,
stehen die internationalen Kapitalien in engem Bezug zu verschiedenen Determinanten wie dem Bankgeheimnis bzw. dem Informationsaustausch und
der Quellenbesteuerung. Die tatsächlich in K angelegten Gelder D sollen deshalb abhängen vom Anteil der ausgetauschten Informationen zwischen K
und I einerseits und vom Steuersatz wK andererseits, D = i (wK > > D̄).
Erklärt sich ein Land dazu bereit, Daten und Angaben zur Person des Anlegers aufzubereiten und auszutauschen, so ist davon auszugehen, dass dies
direkt oder wenigstens indirekt einen Einfluss auf die Reputation des betreffenden Bankensektors und die Höhe der in diesem Land angelegten Kapitalien
hat. Auch wenn Drittländer naturgemäss nicht in Vereinbarungen zwischen
K und I einbezogen werden können (ansonsten würde es sich nicht um Drittländer im eigentlichen Sinne handeln) und nicht direkt vom Informationsaustausch betroen sind, so hat alleine die Tatsache, dass sämtliche Daten grundsätzlich aufbereitet und übermittelbar sind, einen negativen Einfluss auf das
Ansehen des Bankgeheimnisses, das bei alleiniger Quellenbesteuerung noch
gewahrt bliebe. Die (teilweise) Aufhebung des Bankgeheimnisses kann von
1 3 3 Um
die Auswirkungen externer Anlagen zu zeigen, soll vereinfachend davon ausgegan-
gen werden, dass nur das eine Land (hier K) davon profitiert und dass die Haushalte in
K und I im Drittstaat keine Anlagen tätigen können. In der Realität ist freilich davon
auszugehen, dass beispielsweise auch I zu einem gewissen Teil Anlagen aus Drittländern
erhält, wobei zuvor eindrücklich gezeigt wurde, dass gerade die Schweiz einen überproportional starken Bankensektor aufweist und auch verhältnismässig hohe Anlagen nicht nur
aus EU-Staaten, sondern auch aus Nicht-EU-Staaten verwaltet.
86
den betreenden Kontoinhabern aus den Drittländern unter Umständen auch
als Zeichen dafür gedeutet werden, dass die Übermittlung und Oenlegung
ihrer Daten in naher Zukunft ebenfalls möglich wäre und allenfalls tatsächlich zu erwarten ist. Erschwerend hinzu kommt, dass die Wahrscheinlichkeit,
bei Steuerhinterziehung erwischt zu werden, grundsätzlich subjektiv als zu
hoch eingeschätzt wird.134 Auch in der Realität ist mit dem Zugeständnis der
Schweiz, mit anderen Staaten Informationen über die Person des Anlegers
auszutauschen, die Erwartung bzw. die Befürchtung verknüpft, dass sich die
Höhe der getätigten Anlagen langfristig beträchtlich senken wird, zumal sich
der Informationsaustausch auf alle Anlagemöglichkeiten auswirken würde und
faktisch einer Aufhebung des Bankgeheimnisses gleich käme. Würde sich die
Schweiz auf vollständigen Informationsaustausch mit der EU einlassen, müsste sie folglich eine Abnahme der in der Schweiz deponierten ausländischen
Kapitalien in Kauf nehmen — und zwar sowohl aus EU-Staaten als auch aus
Nicht-EU-Staaten.
Im Modell wird deshalb davon ausgegangen, dass eine Abweichung von der
Quellenbesteuerung einen negativen Eekt auf die schliesslich in K angelegten
Gelder besitzt. Der Einfluss von wK auf die Höhe der Drittstaatenanlagen liegt
ebenso nahe. Je höher der Steuersatz gewählt wird, desto eher weichen die betreenden Investoren auf andere Anlagemöglichkeiten aus, welche jedoch in
Anbetracht des im Vordergrund stehenden Zwei-Länder-Modells nicht näher
spezifiziert werden. Zur Vereinfachung und zur grundsätzlichen Aufbereitung
des Modells sei zunächst aber noch angenommen, dass die Anlagen aus Drittstaaten unabhängig vom Steuersatz wK sind, D = i (> D̄). Kapitel 4.5 befasst
sich dann in einem zweiten Schritt mit dieser Erweiterung.
1 3 4 Siehe
Sandmo (2005); Alm/McClelland/Schulze (1992).
87
4.2.1
Situation ohne Informationsaustausch: Quellenbesteuerung
Die Entscheidung, ob ein Haushalt im Inland oder im Ausland anlegen soll,
hängt wie oben bereits erwähnt von den Transaktionskosten und der Besteuerung ab. Ein Haushalt aus K investiert somit im Ausland, wenn wI vK > d.h., wenn die Bruttorendite abzüglich im Ausland zu bezahlende
Steuer wI und abzüglich Transaktionskosten vK grösser ist als die Rendite nach Steuern im Inland. Analog folgt für den I -Haushalt die Bedingung
wK vI . Für einen Teil der Haushalte lohnt es sich also jeweils,
im Ausland zu investieren. Die entsprechenden Anteile sind
wI
>
wK
=
vbI =
vbK =
(4-1)
Zur Vereinfachung sei angenommen, dass zwischen den beiden Ländern kein
Austausch der Einnahmen aus der Quellenbesteuerung wl stattfinde. Die Steuereinnahmen lassen sich somit auühren als
UK = (1 vbK ) + wK vbI + wK D̄>
UI = (1 vbI ) + wI vbK =
(4-2)
Die Staatseinnahmen setzen sich jeweils zusammen aus der Besteuerung der
inländischen Haushalte, deren Anlagen im Inland verbleiben, weil sich das
Ausweichen ins Ausland nicht lohnt (erster Term), und der Quellenbesteuerung der ausländischen Haushalte im Inland (zweiter Term), wobei in K zusätzliche Einnahmen wK D̄ aus der Besteuerung der Anlagen aus Drittländern
anfallen. Da die Quellenbesteuerung keinen Informationsaustausch vorsieht
und die externen Anlagen vorerst annahmegemäss nicht auf wK reagieren, betragen die in K angelegten und somit der Steuer unterliegenden Gelder aus
Drittstaaten unvermindert D = D̄.
88
Betrachtet man (4-1) und (4-2), so werden die beiden typischen LaerEekte hinsichtlich des Steueraufkommens ersichtlich, die sich jeweils gegenüberstehen. Ein tiefer Steuersatz auf ausländische Kapitalien lockt diese zwar
an, generiert aber insgesamt aufgrund des tiefen Steuersatzes nur geringe Einnahmen, während ein hoher Steuersatz eine einzelne Kapitaleinheit zwar stark
besteuert, aber aufgrund seiner abschreckenden Wirkung zu Ausweichverhalten und somit ebenfalls zu eher geringen Steuereinnahmen führt. Eigennützige
Regierungen maximieren somit über wl ihr jeweiliges Steueraufkommen. Einsetzen von (4-1) in (4-2) und Ableiten nach wl führt zu den beiden optimalen
Steuersätzen im Nash-Gleichgewicht, welche das jeweilige Ul gerade maximieren,
+ D̄
>
2
(4-3)
wI = =
2
Falls die Anlagen aus Drittländern gerade Null betragen, sind die beiden SteuwK =
ersätze identisch, wl =
2.
Um ausländisches Kapital anzulocken, setzen in
diesem Fall beide Länder einen Steuersatz auf ausländische Anlagen, der halb
so hoch ist wie derjenige für inländische Anleger.135 Für D̄ A 0 kann Land
K einen höheren Steuersatz auf sämtliche ausländische Anlagen erheben, da
es dadurch zu zusätzlichen Steuererträgen aus den externen Anlagen gelangt.
Die Möglichkeiten für K sind jedoch beschränkt: Je höher der Steuersatz auf
ausländische Anlagen gewählt wird, desto weniger I -Anleger finden sich in K
ein.
1 3 5 Dies
deckt sich mit der Steuergesetzgebung der meisten europäischen Staaten. Eine
Statistik des Bundesministeriums der Finanzen (2005), S. 31 . zeigt, dass eine Reihe von
Staaten — wie beispielsweise Deutschland und Frankreich — ausländische Anleger gegenüber
inländischen bevorzugt behandelt.
89
Proposition (4-1): Externe Anlagen aus Drittstaaten erhöhen im davon profitierenden Land die Steuersätze auf ausländische Anlagen. Die Ungleichbehandlung von inländischen und ausländischen Anlagen wird dadurch
grundsätzlich verringert.
Aus den Gleichungen (4-1)-(4-3) folgen die ins Ausland ausweichenden
Anteile der Haushalte, vbK =
=+
UK
D̄(2 + D̄)
4
2
2
bzw. vbI =
bzw. UI
=+
D̄
2 ,
sowie die Steuereinnahmen
2
.136 Ohne externe Anlagen
2 D̄
4
würden die Steuererträge in beiden Ländern 2
4
betragen. Die höheren
Steuersätze bei D̄ A 0 in K führen dazu, dass es sich für einige I -Haushalte
nicht mehr lohnt, ins Ausland auszuweichen. Bei den Steuereinnahmen zeigt
sich, dass die externen Anlagen für beide Länder von Vorteil sind. Während K
direkt von den zusätzlichen Steuereinnahmen profitiert, sind es in I die eben
angesprochenen Haushalte, für welche es sich nicht mehr lohnt, ins Ausland
auszuweichen, und welche dadurch zu höheren Steuereinnahmen im eigenen
Land führen. Ähnlich wie in Bacchetta/Espinosa (1995) werden somit die beiden sich gegenüberstehenden Eekte ersichtlich: Externe Anlagen führen zwar
dazu, dass das Inland die Steuern erhöhen kann (strategischer Eekt), jedoch
investieren aufgrund der sinkenden Kapitalflucht auch weniger ausländische
Anleger im Inland (direkter Eekt).
Proposition (4-2): Die externen Anlagen aus Drittstaaten erhöhen im
Zwei-Länder-Modell die Steuereinnahmen beider Länder. Die grenzüberschreitenden Kapitalanlagen zwischen den beiden Ländern nehmen insgesamt ab.
1 3 6 Da
vI = [0> 1], folgt für alle D̄ D
zwingend veI = 0.
90
4.2.2
Situation mit Informationsaustausch
Es sei nun der Fall betrachtet, in dem sich K und I in gegenseitigen Verhandlungen über den Austausch von Informationen bezüglich ausländischer
Anlagen befinden. Der Anteil der eektiv ausgetauschten Angaben wird mit
notiert, wobei dieses in beiden Ländern gerade gleich hoch ist. Für = 1
werden somit sämtliche Informationen ausgetauscht und versteckte Kapitalexporte zwischen den beiden Ländern verunmöglicht. = 0 entspricht der zuvor
besprochenen Quellenbesteuerung, in der kein Informationsaustausch stattfindet. Falls 0 ? ? 1, so kommt ein anteilsmässiger Informationsaustausch zur
Anwendung, bei dem von allen im Inland investierten ausländischen Anlagen
ein zufälliger Teil dem Wohnsitzland bekanntgemacht wird. Vernachlässigt
man Übermittlungsfehler, ungenügende Informationen usw., so kann man als Wahrscheinlichkeit betrachten, mit welcher der heimische Staat von im
benachbarten Ausland investierten Geldern erfährt.
Während die bisherigen Überlegungen und Arbeiten zur Zinsertragsbesteuerung jeweils nur von den beiden „Extremvarianten” Quellenbesteuerung
und vollkommener Informationsaustausch ausgingen, wird hier erstmals explizit auch ein möglicher anteilsmässiger Datenaustausch implementiert.137 Dies
hat mehrere Gründe. Einerseits macht es durchaus Sinn, eine gewisse Wahrscheinlichkeit zu unterstellen, bei Kapitalflucht erwischt zu werden, wie dies
auch in anderen Zusammenhängen gemacht wird. Die ebenfalls stetig modellierten Haushalte machen ihre Entscheidung bezüglich des Anlageorts ihrer
Einheitsanlage dadurch u.a. vom entsprechenden Erwartungswert abhängig.
1 3 7 Im
Endeekt sehen zwar auch Huizinga/Nielsen (2003) einen anteilsmässigen Informa-
tionsaustausch vor, der aber exogen bestimmt und mit einer Busse verbunden ist und somit
keine strategische Variable darstellt.
91
Andererseits ermöglicht die stetige Modellierung die Eruierung des eigentlich
gewünschten optimalen Grads an Informationsaustausch — abhängig vor allem von der Höhe der vorliegend im Zentrum stehenden externen Anlagen.
Der Austausch von Informationen wird dadurch wie in der grundlegenden Arbeit von Bacchetta/Espinosa (1995) zu einer strategischen Variablen zweier
Staaten.
Die übermittelten Daten führen dazu, dass der Wohnsitzstaat die Dierenz wl zwischen inländischem Steuersatz und im Ausland geschuldetem
Steuersatz einfordert. Somit unterliegen die betroenen Haushalte auch in
diesem Fall nicht einer Doppelbesteuerung, sondern werden steuerlich gleich
behandelt, wie wenn sie im Inland investiert hätten.138 Dennoch ist der ins
Ausland ausgewichene Steuerzahler in diesem Falle schlechter gestellt, da er
im Vergleich zu einem im Inland verbliebenen Investor Transaktionskosten auf
sich nehmen musste.
Für einen K-Haushalt lohnt sich eine Anlage in I nur noch, wenn wI ( wI )vK . Die Belastung durch die im Ausland bezahlte Steuern
wI , den Erwartungswert der im Inland nachzuzahlenden Steuern ( wI )
und die Transaktionskosten darf somit nicht übersteigen, das bei normaler
Anlage im Inland geschuldet wäre. Da für den I -Haushalt analog argumentiert
werden kann, folgen schliesslich die Anteile der Haushalte, für welche es sich
trotz Informationsaustausch noch lohnt, ins Ausland ausweichen,
(1 )( wI )
>
(1 )( wK )
vbI =
=
vbK =
1 3 8 Zur
(4-4)
Vereinfachung soll auf die Berücksichtigung einer Strafe bei Steuerausweichung
wie beispielsweise bei Allingham/Sandmo (1972) oder Huizinga/Nielsen (2003) verzichtet
werden.
92
In Anlehnung an Keen/Ligthart (2006a) soll vorläufig auch der Austausch des
Ertrags aus der Informationsübermittlung miteinbezogen werden. Momentan
ist in der EU kein solcher Austausch vorgesehen, was bedeutet, dass beispielsweise Frankreich nichts von in Italien anfallenden Steuereinnahmen erhält,
wenn es italienische Steuerflüchtlinge meldet, die in Frankreich ihr Geld anlegen. Wenn q der Anteil der nicht transferierten Steuereinnahmen ist, kann
diese Situation mit q = 1 wiedergegeben werden. Im gegenteiligen Falle erhält das Quellenland sämtliche im Wohnsitzland durch die Meldung zusätzlich
generierten Steuereinnahmen, wobei selbstverständlich auch Varianten dazwischen möglich sind.
Die externen Anlagen D sind vorläufig weiterhin unabhängig von wK , jedoch nicht vom Informationsaustausch . Konkret sei unterstellt, dass Anlagen aus Drittländern gerade D = (1 )D̄ betragen. Der zuvor erwähnte
und von mehreren Autoren bestätigte Zusammenhang zwischen den Anlagen
und dem Bankgeheimnis resp. dem Informationsaustausch wird also in mög-
lichst einfacher Form implementiert. Bei vollständigem Informationsaustausch
= 1 verzichten Drittstaaten folglich darauf, in K ihre Anlagen zu platzieren, da sie den totalen Austausch von Informationen mit einer Aufhebung des
Bankgeheimnisses gleichsetzen, vergleiche Abb. 4-1 zur Illustration.
93
A
A
A = (1 − λ ) A
1
0
λ
Abb. 4-1: Informationsaustausch mindert externe Anlagen
Somit lassen sich nun die jeweiligen Steuereinnahmen notieren:
vK + (1 q)( wK )b
vI
UK = (1 vbK ) + wK vbI + q( wI )b
+ wK (1 )D̄>
(4-5)
UI = (1 vbI ) + wI vbK + q( wK )b
vI + (1 q)( wI )b
vK =
Der jeweils erste Term bezeichnet die Steuereinnahmen der nicht ins Ausland
Ausgewichenen, der zweite diejenigen von ausländischen Steuerflüchtlingen
(ohne Drittstaaten). Im dritten Term widerspiegeln sich die Einnahmen aus
der Besteuerung heimischer Haushalte, die ins Ausland ausgewichen sind und
aufgrund des Informationsaustausches erwischt werden. Das jeweilige Land
behält von diesen Einnahmen einen Anteil q und überweist dem anderen
Land den anderen Teil. Der vierte Term zeigt gerade diese Steuereinnahmen,
welche das Quellenland bei Informationsübermittlung vom Wohnsitzland als
Transfer erhält. Zusätzlich generiert K noch Einnahmen aus der Besteuerung
der Anlagen aus Drittländern.
94
Analog zum Fall der Quellenbesteuerung folgen auch hier aus (4-4) und
(4-5) die optimalen Steuersätze der beiden Regierungen, welche das jeweilige
Steueraufkommen im Nash-Gleichgewicht maximieren,
(1 2(1 q)) + D̄
>
2(1 (1 q))
(1 2(1 q))
wI =
=
2(1 (1 q))
wK =
(4-6)
Mit = 0 erhält man die Situation der Quellenbesteuerung, wie sie in Kapitel 4.2.1 besprochen wurde, wK =
+D̄
2
und wI =
2
wie in (4-3). Das hier
entwickelte und erweiterte Modell mit möglichem teilweisem Informationsaustausch zweier Länder beinhaltet somit gerade auch dasjenige der Quellenbesteuerung ohne Informationsaustausch und verbindet elegant die beiden
Ansätze.
Anhand von (4-6) lässt sich feststellen, dass die Wahl des Informationsaustausches einen Einfluss auf die optimalen Steuersätze besitzt, sofern q ? 1. Die
Anlagen aus Drittstaaten fliessen wie zuvor ebenfalls in den optimalen Steuersatz in Land K ein. Anhand der ersten Ableitung
Cw
I
C
(1q)
= 2(1(1q))
2 0
wird ersichtlich, dass ein höherer Informationsaustausch generell zu tieferen
Steuersätzen in I führt. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass steigender
Datenaustausch die Anteile der Haushalte, welche ins Ausland ausweichen,
stetig verringert. Um für Investoren aus K trotzdem einigermassen attraktiv
zu bleiben, muss die entsprechende Steuerbelastung in I fallen, vergleiche
dazu den zweiten und den vierten Term in (4-5). Dies gilt ansatzweise auch
für Land K, wenn in diesem nur bescheidene Drittstaatenanlagen investiert
werden. Sobald jedoch D̄ genügend gross ist, überwiegen die zusätzlichen Einnahmen aus der Besteuerung der externen Anlagen. Land K besitzt dann
keinen Anreiz mehr, für Investoren aus I attraktiv zu sein. Aus der ersten
Ableitung
Cw
K
C
=
(1q)( D̄ )
2(1(1q))2
erhält man die kritische Grenze D̄ =
95
,
ab
welcher zusätzlicher Datenaustausch einen durchwegs positiven Einfluss auf
den Steuersatz hat.
Proposition (4-3): Falls die Einnahmen aus der Informationsübermittlung geteilt werden, beeinflusst der Grad des Informationsaustauschs die optimalen Steuersätze. Während steigender Informationsaustausch in I stets
zu sinkenden Steuersätzen auf ausländische Anlagen führt, hängt im Land K
der Eekt von der Höhe der externen Anlagen ab. Für kleine Werte von D̄
überwiegt auch in K der Anreizeekt des Steuersatzes auf die Anlagen des
angrenzenden Landes. Sobald D̄ jedoch eine kritische Schwelle erreicht, bei
der sich bei steigenden Steuersätzen die Mehreinnahmen aus der Besteuerung
der externen Anlagen und die Mindereinnahmen aus der Besteuerung der I Anlagen ausgleichen, kippt der Eekt, und K erhöht auch bei steigendem
Informationsaustausch die Steuern.
Die bisherigen Überlegungen haben die Auswirkungen der externen Anlagen und des Informationsaustausches auf die optimalen Steuersätze beleuchtet. Jedoch müssen sich die beiden Länder in ihren Verhandlungen nicht primär auf die Steuersätze einigen, sondern auf den gegenseitigen Informationsaustausch. Die Auswahl des optimalen Datenaustauschs ist Gegenstand des
Kapitels 4.4. Zuvor soll jedoch kurz die kooperative Situation aufgezeigt werden, damit diese mit den bisherigen Ergebnissen verglichen werden kann.
4.3
Kooperative Lösung
Bei vollständiger Kooperation der beiden Staaten würden diese die Summe
der Steuereinnahmen maximieren. Zur Vereinfachung sei von nun an angenommen, dass die Steuereinnahmen aus der Informationsübermittlung nicht
96
ausgetauscht werden, d.h. q = 1. Gleichung (4-5) lässt sich somit schreiben
als
UK = (1 vbK ) + wK vbI + ( wI )b
vK + wK (1 )D̄>
UI = (1 vbI ) + wI vbK + ( wK )b
vI =
(4-7)
Aus (4-7) folgen
UK + UI = 2 (1 )(b
vI ( wK ) + vbK ( wI ) wK D̄)
(4-8)
und schliesslich mit (4-4) die beiden optimalen Steuersätze, welche diese Summe maximieren,
wK = +
wI = =
D̄
>
2(1 )
(4-9)
Im gemeinsamen Optimum wählt I gerade einen Steuersatz auf ausländische
Anlagen, der demjenigen auf inländischen entspricht. K setzt entsprechend
sogar einen um
D̄
2(1)
höheren Satz, wobei aufgrund von (4-9) die Einschrän-
kung ? 1 getroen werden muss. Je höher der Informationsaustausch ist,
desto höher ist auch der Steuersatz in K, wobei für D̄ = 0 selbstverständlich
beide Steuersätze gerade betragen würden. Aus (4-4) wird ersichtlich, dass
bei diesen hohen Sätzen kein Ausweichen von inländischen Haushalten ins
Ausland mehr stattfindet, vbl = 0. Basierend auf (4-7) und (4-9) lassen sich
die Steuererträge somit schreiben als
UK = + (1 ) D̄ +
D̄2
2 >
(4-10)
UI = >
UK + UI = 2 + (1 ) D̄ +
D̄2
2 =
Die Summe der Steuererträge ist folglich für = 0 maximal, sofern D̄ A 0.
Informationsaustausch verringert insgesamt betrachtet die Höhe der externen
Anlagen, weshalb darauf verzichtet wird. I profitiert ohne Pauschaltransfers
97
nicht von den externen Anlagen und ist gleich gestellt wie bei vollständigem
Informationsaustausch, der gemäss (4-4) ebenfalls die grenzüberschreitenden
Anlagen vollständig verhindern würde.
In Kapitel 4.2.1 wurden in (4-3) die Steuersätze berechnet, welche die
beiden Länder ohne Kooperation wählen, um die eigenen Steuereinnahmen zu
maximieren. Für beide Staaten besteht im vorliegenden Fall somit ein Anreiz,
von den Steuersätzen der gemeinsamen Optimierung abzuweichen. Wenn sich
K — ausgehend von = 0 — an den in (4-10) vereinbarten Steuersatz hält,
kann I mit wI =
2
die Steuereinnahmen von auf +
2
4
erhöhen, indem
es durch den geringeren Steuersatz für Anleger aus K attraktiver wird. Da in
K weiterhin hohe Sätze angewandt werden, verbleiben alle I -Haushalte im
Inland, vbI = 0. Auch K könnte, sofern I sich an die Abmachung hält, mit
dem tieferen Satz wK =
+D̄
2
2
)
die Steuererträge auf + (D̄+
erhöhen. Diese
4
Überlegungen zeigen, dass die kooperative Lösung bei der Existenz externer
Anlagen ohne Sanktionsmöglichkeiten instabil ist. Beide Länder haben einen
Anreiz, von den ursprünglich vereinbarten Steuersätzen abzuweichen, weshalb
schliesslich das Nash-Gleichgewicht in (4-3) resultiert.
Ohne externe Anlagen würde das Steueraufkommen beider Länder Ul =
betragen. Bei Quellenbesteuerung, = 0, bestünden für beide Staaten
Abweichungsanreize, um Kapitalien aus dem anderen Land anzulocken. Bei
einer bindenden Verpflichtung zu vollständigem Informationsaustausch, die
vbl = 0 garantiert, wäre die kooperative Lösung jedoch stabil.
Proposition (4-4): Externe Anlagen verändern die kooperative Optimierung beider Staaten. Während für D̄ = 0 der vollkommene Informationsaustausch optimal ist und die Abweichung zum Nash-Gleichgewicht hin verhindert
wird, resultiert für D̄ A 0 die Quellenbesteuerung. Ohne Sanktionsmöglichkei98
ten ist diese Lösung instabil, und jeder Staat hat Anreize, von den gemeinsam
vereinbarten hohen Steuersätzen auf ausländisches Kapital abzuweichen.
4.4
Optimaler Informationsaustausch
Die Endogenisierung des Informationsaustauschs ermöglicht die Berechnung
des eigentlich optimalen Grads an Datenübermittlung für beide Länder. Durch
Einsetzen von (4-4) und (4-3) in (4-7) erhält man die Steuereinnahmen der
beiden Länder in Abhängigkeit vom Informationsaustausch ,139
(1 ) D̄(2 + D̄) (1 )2 2
>
4
(1 ) D̄((1 )2 + D̄) (1 )2 2
=
UI = +
4
UK = +
(4-11)
Sofern beide Länder die Steuereinnahmen maximieren möchten, leiten Sie aus
(4-11) den jeweils optimalen Anteil ausgetauschter Informationen ab,
CUl
C
= 0.
Land K gelangt durch Optimierung seiner Steuereinnahmen zu
K = 1 D̄(2 + D̄)
=
2 2
(4-12)
Wenn K den optimalen Grad an Datenaustausch durchsetzen kann, so fol
gen aus (4-12) und (4-11) im Optimum Steuereinnahmen in Höhe von UK
=
+
D̄2 (2 +D̄)2
.
16 2
Aus (4-12) lässt sich folgern, dass K den vollständigen In-
formationsaustausch nur dann bevorzugt, wenn es über keine Anlagen aus
Drittländern verfügt. Sobald D̄ A 0 ist, möchte K einen teilweisen oder — für
D̄ s
( 31)
— sogar gar keinen Austausch von Daten.
Proposition (4-5): Sobald ein Land über Anlagen aus Drittstaaten verfügt, ist es für dieses optimal, höchstens einen teilweisen Informationsaus1 3 9 Durch
die Substituierung von veK und veI kann unter Umständen die Einschränkung
vl = [0> 1] verloren gehen. Dies gilt es bei späteren Überlegungen zu beachten.
99
tausch bei Verhandlungen durchzusetzen. Übersteigen die Anlagen eine kritische Grenze bzw. ein bestimmtes Verhältnis zur Summe der Anlagen der
Inländer, so zieht der davon profitierende Staat die Quellenbesteuerung ohne Austausch von Daten dem Informationsaustausch vor — und zwar nicht,
um Anleger aus dem anderen Land anzuziehen, sondern um für Drittstaaten
weiterhin attraktiv zu bleiben.
Bereits bei kleinen Werten für D̄ bevorzugt K den teilweisen Informationsaustausch anstelle des vollständigen. Die Übermittlung sämtlicher Daten
führt dazu, dass die Drittstaaten keine Anlagen in K tätigen und dass daraus
deshalb auch keine Steuererträge anfallen. Durch eine geringfügige Anpassung
des Informationsaustausches gegen unten können bereits Steuererträge generiert werden, welche die Mindereinnahmen übersteigen, die durch die angestiegene Abwanderung der inländischen Haushalte entstehen. Für D̄ s
( 31)
,
wenn also die Drittstaatenanlagen im Vergleich zur Summe der Anlagen der
K-Haushalte genügend hoch sind, lohnt es sich für K, ganz auf Informationsaustausch zu verzichten, da die Steuereinnahmen durch die externen Anlagen
nun vollständig überwiegen. Abb. 4-2 veranschaulicht die Situation beispielhaft für Land K.
Für den Fall D̄ = 0 bietet sich der vollständige Datenaustausch = 1
als optimale Lösung an. Sobald 0 ? D̄ ?
s
( 31)
,
wird K eine teilweise
Informationsübermittlung wie in (4-12) anstreben, um die Steuereinnahmen
zu maximieren. Erreichen die externen Anlagen jedoch eine gewisse Höhe,
D̄ s
( 31)
,
so kommt für K nur noch die Quellenbesteuerung = 0 in
Frage.
100
RH
A≥
( 3 − 1)τ
δ
τ
0< A<
( 3 − 1)τ
δ
A=0
1
λH*
λ
Abb. 4-2: Optimierung der Steuereinnahmen
Land I erhält zwar keine Anlagen von Drittstaaten, dessen Entscheidung
über den optimalen Informationsaustausch wird indirekt über den Steuersatz
wK (und somit auch über vbI ) jedoch trotzdem von diesen Anlagen beeinflusst,
wie die aus (4-11) gewonnene Optimalitätsbedingung (4-13) zeigt:
I = 1 2 D̄2
=
2( D̄ )2
(4-13)
Wenn I dieses optimale I durchsetzen kann, so folgen aus (4-13) und (411) im Optimum Steuereinnahmen in Höhe von UI = +
3 D̄4
.
16( D̄)2
Auch
I möchte alle Daten über die Konteninhaber austauschen, wenn D̄ = 0 ist.
Insofern ist in diesem Fall eine Einigung möglich. Für D̄ A 0 bevorzugt jedoch
auch I einen teilweisen oder gar keinen Austausch der Daten.
Proposition (4-6): Auch der nicht direkt von den externen Anlagen profitierende Staat weicht im symmetrischen Zwei-Länder-Fall für D̄ A 0 vom
vollständigen Informationsaustausch ab, um seine Steuereinnahmen zu maximieren.
101
Bekanntlich findet für D̄ = 0 und somit = 1 keine Steuerflucht mehr
statt. Falls nun bereits geringe Beträge aus Drittstaaten ins Land K fliessen, reagiert dieses gemäss (4-3) mit einer Erhöhung der Steuer auf alle aus
dem Ausland stammenden Anlagen, was dazu führt, dass K für Investoren
aus I tendenziell unattraktiver wird. Der Anteil der Steuerflüchtlinge vbI
in (4-4) sinkt, wodurch die Steuereinnahmen UI in (4-7) steigen. Dies wird
auch schnell aus der umgeformten Gleichung in (4-11) ersichtlich: Die Steuereinnahmen beider Länder reagieren positiv auf zusätzliche externe Anlagen,
CUK
C D̄
=
(1)( + D̄)
2
0 bzw.
CUI
C D̄
fekt im Anlageland K stärker ist,
(4-3) und (4-4) für D̄ (1)( (1)+ D̄)
0,
2
CUK
CUI
C D̄ . Tatsächlich
C D̄
=
wobei der Effindet gemäss
bereits keine Steuerflucht aus I mehr statt, da
dann vbI = 0 ist. Da die Steuerflucht aus I bei Existenz von Drittlandan-
lagen somit abnimmt, kann es sich die Regierung erlauben, einen geringeren
Informationsaustausch einzugehen, um für Anleger aus K attraktiver zu werden. Es ist deshalb zu vermuten, dass für hohe D̄ das Land I die Quellenbesteuerung bevorzugen sollte, da man dadurch die maximale Attraktivität
für ausländische Anleger erreicht und die Steuerflucht aus dem eigenen Land
sowieso nicht mehr lohnenswert ist aufgrund der hohen Steuern in K. Tatsächlich erhält man aus (4-13) als kritischen Wert, ab welchem auch I keinen
Datenaustausch mehr vornehmen möchte, D̄ 4.4.1
s
(2 2)
.
Verhandlungsergebnisse
Während I die Quellenbesteuerung also für D̄ kritische Grenze für K erst bei D̄ s
( 31)
.
s
(2 2)
bevorzugt, liegt die
Ab diesem Wert werden sich die
beiden Staaten somit auf Quellenbesteuerung einigen können.
102
Proposition (4-7): Sind die externen Anlagen genügend hoch, so einigen
sich beide Länder auf Quellenbesteuerung. Liegt die Höhe der Drittstaatenanlagen jedoch darunter, so kann eine Einigung auf teilweise Datenübermittlung,
die für beide Länder gerade optimal ist, jedoch nur für einen bestimmten Wert
von D̄ erzielt werden. In allen anderen Fällen (mit Ausnahme von D̄ = 0)
gibt es im Optimum keinen gemeinsamen teilweisen Informationsaustausch
0 ? ? 1.
λH* , λF*
1
λH*
λ
*
F
0
( 2 − 2 )τ
(
)
3 −1 τ
A
δ
δ
Abb. 4-3: in Abhaengigkeit von D̄
Abb. 4-3 veranschaulicht den Verlauf von K und I gemäss (4-12) und
(4-13) in Abhängigkeit der externen Anlagen. Dabei wird ersichtlich, dass zwischen dem gemeinsamen Optimum = 1 für D̄ = 0 und = 0 für D̄ s
( 31)
nur bei einem bestimmten D̄-Wert ein teilweiser Datenaustausch möglich ist,
der beiden Ländern gerade optimal erscheint. Durch Gleichsetzen von (4-12)
³ ³
³ s ´´´
und (4-13) erhält man den Wert D̄ = s43 · cos 13 + arccos 3 8 3
r
0=23347·4
s
.140
3
1 4 0 Die
beiden weiteren Lösungen D̄2 =
4
I
3
· cos
103
1
3
I arccos 3 3 8 3
und D̄3 = 3 I4 ·
3
4.4.2
Diskrete Wahl zwischen Quellenbesteuerung und vollständigem Datenaustausch
Hätte K nur die diskrete Wahl zwischen = 1 und = 0, würde man
also keinen teilweisen Datenaustausch zulassen oder durchsetzen können, so
wägt K die beiden Alternativen gegeneinander ab. Bei Quellenbesteuerung
2
D̄)
betragen die Steuereinnahmen von K bekanntlich + D̄(2 +
, für = 1
4
erhält man , da es weder externe Anlagen noch Steuerflucht ins Ausland mehr
gibt und somit sämtliche inländischen Haushalte mit ihren Einheitsanlagen
zum Satz besteuert werden. Die Quellenbesteuerung führt konkret dann zu
höheren Steuereinnahmen, wenn D̄ A
s
( 21)
.
Die durchgehend gezeichnete
Kurve in Abb. 4-2 muss somit nicht zwingend unterhalb der -Linie an der
vertikalen Achse beginnen. Der eingezeichnete Fall bezieht sich auf ein 0 ?
D̄ ?
s
( 21)
.
Für D̄ A
s
( 21)
müsste sie die Achse bei einem Wert oberhalb
von verlassen.
Analog folgen für I die Steuereinnahmen für beide Extremvarianten, +
2 D̄ 2
4
und . Die Quellenbesteuerung wird bei diskreter Wahl bevorzugt,
wenn D̄ 2 .
Der Schwellenwert für I liegt leicht über demjenigen von K;
insofern einigen sich beide Länder diskussionslos auf Quellenbesteuerung für
D̄ 2 .
Abb. 4-4 veranschaulicht dies.
I cos 13 3 arccos 3 3 8 3
führen zu einem negativen Informationsaustausch oder zu
einem negativen Wert für die externen Anlagen.
104
λH* , λF*
1
λF*
λ
*
H
0
(
)
τ
2 −1 τ
δ
2δ
A
Abb. 4-4: Verhandlungsergebnis ohne Transfer
Für
s
( 21)
? D̄ ?
2
kann das Verhandlungsergebnis im diskreten
Fall nicht auf den ersten Blick bestimmt werden. Es stellt sich zunächst
die Frage, um wieviel höher die Steuereinnahmen UK sind für = 0 im
Vergleich zu = 1. Durch entsprechendes Einsetzen in (4-11) erhält man
UK |=0 UK |=1 =
UK |=0 =
2 2 D̄
.
4
2 D̄2 +2 D̄ 2
.
4
Umgekehrt folgt für das Land I UI |=1 Kann nun I beispielsweise Land K für seinen Verlust ent-
schädigen, der durch Beibehaltung von Informationsaustausch über die Grenze von D̄ =
s
( 21)
hinaus entsteht? Als kritische Grenze, bei welcher eine
lump-sum Entschädigung von I an K gerade noch möglich wäre, erhält man
mittels
2 2 D̄
4
2
D̄2 +2 D̄ 2
4
=
2 2 2 D̄2 4 D̄
4
= 0 den Wert D̄ =
s
( 62)
,
der zwischen den beiden vorhin berechneten Grenzen liegt, siehe Abb. 4-5.
Für höhere Werte von D̄ profitiert K stärker von der Quellenbesteuerung, so
dass dieses das benachteiligte I mit einem Pauschaltransfer auf seine Seite
ziehen kann.
105
λ*
1
0
(
)
6 −2 τ
A
δ
Abb. 4-5: Verhandlungsergebnis mit Transfer
Proposition (4-8): Besteht ausschliesslich eine diskrete Wahl zwischen
(vollständigem) Informationsaustausch und Quellenbesteuerung, so ist eine
Einigung der beiden Länder auf eine der beiden Varianten mit, meistens aber
ohne Pauschaltransfers grundsätzlich immer möglich, unabhängig von der Höhe der externen Anlagen.
Diese Erkenntnis stimmt mit der Aussage von Bacchetta/Espinosa (1995)
überein, wonach ein freiwilliger Informationsaustausch zustande kommen kann.
Der Grund liegt in den beiden bereits angesprochenen Eekten, die sich gegenüberstehen. Zum Einen führt Informationsaustausch dazu, dass aufgrund
der abnehmenden Kapitalflucht grundsätzlich höhere Steuern erhoben werden
können (strategischer Eekt). Zum Andern investieren dadurch aber ausländische Anleger weniger im Inland (direkter Eekt), was insbesondere auch die
Höhe der Anlagen aus Drittstaaten tangiert.
106
4.5
Externe Anlagen reagieren auf Steuersätze
Die bisher getroene Annahme der Unabhängigkeit der externen Anlagen vom
Steuersatz hält der Realität nicht stand. Es ist unvorstellbar, dass Drittstaaten
auch bei einer Besteuerung von 100% nur aufgrund der Quellenbesteuerung
und anderer begünstigender Faktoren wie Kundenzufriedenheit oder KnowHow immer noch sämtliche Anlagen in ein Land investieren. Deshalb soll nun
angenommen werden, dass die eektiv in K vorhandenen Drittstaatenanlagen
auch von der Höhe des Steuersatzes wK abhängen, wobei der Zusammenhang
der Einfachheit halber gerade linear sein soll. Die in K investierten Gelder aus
Drittländern betragen somit D = (1wK )(1)D̄. Die geringfügige Anpassung
in (4-7) führt zu
vK + wK (1 wK )(1 )D̄>
UK = (1 vbK ) + wK vbI + ( wI )b
UI = (1 vbI ) + wI vbK + ( wK )b
vI
(4-14)
und somit zu den optimalen Steuersätzen
+ D̄
>
2(1 + D̄)
wI = =
2
wK =
(4-15)
Der Eekt der externen Anlagen auf wK ist nicht mehr so stark wie ohne die
Berücksichtigung des Einflusses der Steuersätze, aber immer noch durchwegs
positiv,
CwK
C D̄
=
(1 )
2(1+ D̄)2
A 0, d.h. Land K kann zwar immer noch etwas höhere
Steuersätze als I wählen, die negative Wirkung auf D veranlasst K jedoch
dazu, dies nur noch in begrenztem Masse zu tun. Wiederum lassen sich die
Steuererträge in Abhängigkeit des Informationsaustausches schreiben als
UK = +
UI = +
(1) D̄( (2(2) )+ D̄)(1)2 2
>
4(1+D̄)
(1)D̄((23 ) + D̄(12 )2 )(1)2 ( 2 +2 D̄(2 1))
=
4(1+D̄)
107
(4-16)
Um die Steuererträge zu maximieren, wählt K den Informationsaustausch
K = 1 D̄(2 2 + D̄)
.
2(1 + D̄) 2
(4-17)
Im Vergleich zu (4-12) ist dieser stets höher oder (für D̄ = 0) gerade gleich
hoch. Für D̄ A 0 besteht weiterhin der Anreiz, vom vollständigen Informationsaustausch abzuweichen. Könnte K diesen Anteil an Datenaustausch
durchsetzen, so erhielte man maximale Steuereinnahmen in Höhe von +
D̄2 ((2 ) + D̄)2
,
16 2 (1+D̄)2
die kleiner sind als im vorherigen Fall. Die Quellenbesteue-
rung bevorzugt K, wenn D̄ s s
(3 2+ 3· 44 +3 2 )
2
s s
(3 2+ 3· 44 +3 2 )
.
2
Aufgrund von
s
( 31)
lässt sich feststellen, dass die kritische Schwelle für D̄,
ab der Land K die Quellenbesteuerung durchsetzen möchte, höher liegt als
zuvor.
Analog folgt aus (4-16) der optimale Datenaustausch
I = 1 2 D̄2 (1 )2
2( D̄ (1 + 2 D̄))2
(4-18)
3 D̄4 (1 )4
2
2
16(1+D̄)
s
s ( D̄(12 ))
(2+ 2(4+ 2) )
.
(16 +7 2 )
für I , der zu maximalen Steuereinnahmen von +
führt. I wünscht sich Quellenbesteuerung für D̄ Bei diskreter Wahl entscheidet sich K für die Quellenbesteuerung, wenn
D̄ s
( 22 + 2 + 1)
,
und I , wenn D̄ (23 ) .
In beiden Fällen liegen die
kritischen Grenzen (für ? 2@3) höher als zuvor. Eine Einigung wie zuvor ist
analog möglich.
Proposition (4-9): Die Annahme, dass externe Anlagen auch auf die
Steuersätze reagieren, führt zu keinen von den bisherigen Ergebnissen abweichenden Resultaten. Der Spielraum von K wird tendenziell aber eingeschränkt, weshalb die Steuersätze dieses Landes etwas tiefer sind als zuvor.
Informationsaustausch seitens K wird beliebter.
108
4.6
Fazit
Die Ausgangslage der hier behandelten Thematik ist denkbar einfach: Zwei
gleich grosse Länder müssen sich über die Zinsertragsbesteuerung einigen, wobei sowohl Quellenbesteuerung als auch Informationsaustausch zur Auswahl
stehen. Dass die relative Grösse der Staaten einen Einfluss auf diese Entscheidung hat, zeigten bereits Keen/Ligthart (2006). Ebenfalls folgt aus ihren
Überlegungen, dass der vollständige Informationsaustausch optimal ist, um
Steuerflucht ins Ausland zu vermeiden und die jeweiligen Steuereinnahmen
zu maximieren, falls die beiden Länder gleich gross und identisch sind.
Im Vordergrund des hier entwickelten Modells steht nun der Bankensektor
eines Landes, der über höhere Anlagen aus dem Ausland verfügt und somit
einen höheren relativen Stellenwert einnimmt. Wenn eines der beiden Länder
über externe Anlagen aus Drittstaaten verfügt, so zeigt sich, dass diese Anlagen tatsächlich einen massgeblichen Einfluss auf das Verhandlungsergebnis
bezüglich Zinsertragsbesteuerung besitzen.
Unabhängig von der Systemwahl erhöhen externe Anlagen im davon profitierenden Land die Steuersätze auf ausländische Anlagen, was die grundsätzliche Ungleichbehandlung zwischen inländischen und ausländischen Anlagen
verkleinert. Als Folge daraus nehmen die grenzüberschreitenden Kapitalflüsse zwischen den beiden Ländern ab. In Form von höheren Steuereinnahmen
profitieren schliesslich beide Länder von den externen Anlagen.
Lässt man teilweisen Informationsaustausch zu, so stellt sich heraus, dass
beide Länder einen teilweisen Datenaustausch dem vollständigen vorziehen,
wenn ein Land über eher tiefe Werte für die Drittstaatenanlagen verfügt.
Je höher dieser externe Betrag ist, desto tiefer liegt der optimale Anteil an
109
übermittelten Daten. Ab einer kritischen Grenze für die externen Anlagen ist
schliesslich auch der teilweise Austausch nicht mehr interessant, und beide
Staaten präferieren die Quellenbesteuerung.
Falls nur die diskrete Wahl zwischen Quellensteuer und vollständigem Datenaustausch besteht, so zeigt sich, dass mit, meistens aber ohne Pauschaltransfers stets eine Übereinkunft der beiden Länder möglich ist. Wiederum
gilt: Wenn die externen Anlagen relativ gering sind, so resultiert Informationsaustausch, weil die zusätzlichen Steuererträge aus der Vermeidung inländischer Steuerflucht den Verlust an Steuersubstrat durch die ausländischen
Anlagen übersteigen. Sobald die Drittstaaten jedoch relativ hohe Anlagen tätigen, lässt sich der Wegfall dieser Anlagen, verursacht durch die Aufhebung
des Bankgeheimnisses, nicht mehr kompensieren, und die optimale Entscheidung fällt zugunsten der vollständigen Informationsverweigerung aus.
Auch anhand der gemeinsamen Kooperationslösung wird ersichtlich, dass
externe Anlagen einen massgeblichen Einfluss besitzen. Während ohne diese
Kapitalien der vollständige Datenaustausch optimal und die Kooperationslösung stabil ist, führt die Existenz bereits geringster Drittstaatenanlagen dazu,
dass Quellenbesteuerung resultiert, wodurch die Kooperationslösung instabil
wird.
Zusammenfassend lässt sich deshalb festhalten, dass die Auswirkungen von
Drittstaatenanlagen auf die Verhandlungen und die Systemwahl zur Zinsertragsbesteuerung beachtlich sind. Unabhängig von der Grösse eines Landes
hat dieses einen starken Anreiz, das Bankgeheimnis zu verteidigen und sich für
die Quellenbesteuerung einzusetzen, falls in diesem Land hohe Drittstaatenanlagen angelegt sind. Betrachtet man das Verhältnis zwischen der Schweiz und
der EU, so lässt sich feststellen, dass es nicht zwingend die von EU-Bürgern
110
getätigten Anlagen sind, welche der Schweiz einen starken Anreiz geben, das
Bankgeheimnis und die Quellenbesteuerung zu wahren, sondern die hohen
Anlagen aus Nicht-EU-Staaten, wobei im symmetrischen Fall beide — wenn
auch ungleich — davon profitieren und sich einigen könnten. Diese Symmetrie
existiert jedoch nicht. Eine kooperative Lösung mit beidseitigen Vorteilen ist
deshalb nicht möglich, und die Haltung der Schweiz während den Verhandlungen bezüglich der Zinseinkommensbesteuerung kann nachvollzogen werden.
Basierend auf dem in diesem Kapitel verwendeten Grundmodell beschäftigt sich Kapitel 5 nun näher mit der bisher ausgeblendeten Zinsspanne, welche
in der Schweiz tief ist und nebst dem Bankgeheimnis einen weiteren wichtigen Bestandteil der internationalen Attraktivität des Schweizer Bankensektors
darstellt.
111
112
5
Der Bankensektor und die Intermediationsspanne
5.1
Einleitung
Zur Deckung der eigenen Kosten, der Risikoprämie und für Gewinnzwecke erheben Finanzintermediäre bekanntlich eine Zinsspanne zwischen Aktiv- und
Passivzinssatz. Eine mögliche Definition dieser Zinsspanne findet sich in Demirgüç-Kunt/Laeven/Levine (2003): „Net interest margin equals interest income minus interest expense divided by interest-bearing assets”.141 Durch
das Intermediationsgeschäft zeigen sich Banken zu einem grossen Teil für die
Allokation des Kapitals in der Wirtschaft verantwortlich. Die von Finanzintermediären gesetzte Zinsspanne beeinflusst über die Zinssätze den Ertrag der
Ersparnisse und der Investitionen. Es ist insofern anzunehmen, dass die Art
und Weise der Allokation bzw. die E!zienz im Bankenwesen einen signifikanten Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung eines Landes besitzt, und es
liegt nahe, die Dierenz von Aktiv- und Passivzinssatz, also den Zinsspread,
als Indikator für die E!zienz eines Bankensektors respektive eines Landes zu
interpretieren.142 Es ist jedoch auch davon auszugehen, dass die Höhe der
Zinsspanne von weiteren Einflussfaktoren abhängt.
Mit der Frage, wie die Höhe der Zinsspanne überhaupt zustande kommt
und wovon sie abhängt bzw. wie sie auf Änderungen verschiedener Grössen
1 4 1 Demirgüç-Kunt/Laeven/Levine
(2003), S. 7; siehe dazu auch Blattner/Gratzl/Kauf-
mann (1996), S. 277 f. Es sind jedoch auch andere Definitionen denkbar, vgl. Bernanke
(1983); Brock/Rojas-Suarez (2000); Brock/Franken (2002).
1 4 2 Für einen Überblick dazu siehe Levine (1997) und Pagano (1993) sowie ergänzend
Jayaratne/Strahan (1996); Rajan/Zingales (1998); Beck/Levine/Loayza (2000).
113
wie Marktkonzentration, Besteuerung oder Reservevorschriften reagiert, haben sich zahlreiche Autoren befasst, jedoch praktisch ausschliesslich auf empirischer Ebene. Umstritten ist der Einfluss der Marktkonzentration im Bankensektor auf die Intermediationsspanne. Am verbreitetsten ist die Argumentation, wonach eine hohe Konzentration ein Hinweis für ine!ziente Strukturen
sei.143 Genau gegensätzlich betrachten jedoch einige Autoren konzentrierte
Marktverhältnisse als Indiz für e!zient arbeitende Banken, die durch ihre
überdurchschnittliche E!zienz über die Jahre hinweg zu höheren Marktanteilen gelangten.144 Andere wiederum führen den mangelnden Wettbewerb
unter Banken auf den Wunsch vieler Staaten zurück, über einen mächtigen
und international stark auftretenden Bankensektor zu verfügen.145
Oensichtlich können in Bezug auf den Einfluss monopolähnlicher Strukturen auf die Zinsspanne keine klaren Aussagen gemacht werden. Daneben existiert jedoch eine Reihe weiterer Einflussfaktoren. Demirgüç-Kunt/Huizinga
(1999) zeigen überzeugend, dass Unterschiede in Zinsspannen u.a. mit unterschiedlicher Besteuerung zusammenhängen. Auch Caminal (2002) sieht u.a.
niedrige Besteuerung als Ursache für tendenziell tiefe Zinsspannen. DemirgüçKunt/Huizinga (1999) stellen fest, dass die Unternehmenssteuerbelastung mindestens teilweise auf die Bankkunden überwälzt wird. Nicht zu unterschätzen
1 4 3 Siehe
beispielsweise Berger/Hannan (1998, 1989); Hannan/Berger (1991); Neu-
mark/Sharpe (1992). Vergleiche zur Diskussion um die verschiedenen Ansichten auch
Demirgüç-Kunt/Laeven/Levine (2003).
1 4 4 Siehe bsp. Demsetz (1973) oder Peltzman (1977). Auch Graddy/Kyle (1979) und Smirlock (1985) kommen zum Schluss, dass Zinsspannen bei konzentrierten Marktverhältnissen
kleiner sind. Auf der anderen Seite erhalten andere Autoren wie bsp. Keeley/Zimmerman
(1985) diesbezüglich gemischte Ergebnisse, siehe ergänzend auch Goldberg/Rai (1996) oder
Lloyd-Williams/Moyneux/Thornton (1994). Ein weiterer Grund für eine hohe Konzentration im Bankensektor kann auch die Existenz eines natürlichen Monopols sein (Skaleneekte).
1 4 5 Siehe bsp. Engerman/Sokolo (1997) und Acemoglu/Johnson/Robinson (2001).
114
sind zudem die Auswirkungen von Reservevorschriften, welche oftmals als eigentliche Besteuerungsform verstanden werden. Banken sind durch Reserverestriktionen gezwungen, Einlagen zu verzinsen, die sie nicht als Kredite bzw.
Darlehen an potenzielle Schuldner weiterverleihen dürfen. Insofern entgehen
Finanzintermediären die entsprechenden Zinseinnahmen, während auf der anderen Seite die Einlagen trotzdem zum Passivzinssatz den Gläubigern verzinst
werden müssen. Caminal (1997) erläutert, dass in vielen Ländern die Reservevorschriften die wichtigste Steuer im Bankensektor sei. Bereits Fama (1985,
1980) sowie James (1987) untersuchten den Einfluss von Reservevorschriften
auf Bankeinlagen und gelangten zum Schluss, dass sich diese Restriktionen
auf die Zinssätze auswirken.
Ein weiterer Einflussfaktor dürften Restriktionen bezüglich des Markteintritts sein. Länder wie Deutschland, die Schweiz oder die USA verfügen typischerweise über geringe Marktzutrittsbarrieren im Bankensektor, sofern die
notwendigen Auflagen (welche grundsätzlich ebenfalls Marktzutrittsbarrieren
im eigentlichen Sinne sind) eingehalten werden. In Staaten wie Bangladesch,
Kenia oder Thailand ist es jedoch praktisch unmöglich, in den Bankensektor einzusteigen.146 Gemäss Demirgüç-Kunt/Laeven/Levine (2003) spielt es
jedoch keine Rolle, ob Banken von Inländern oder von Ausländern gehalten
werden.147 Hingegen ist zu vermuten, dass Bankensysteme eher ine!zient und
gegen aussen abgeschottet sind, je höher der Anteil des sich in staatlichem
Besitz befindlichen Anteils ist.148 Auch Barth/Caprio/Levine (2004, 2001a,b)
argumentieren, dass Bestimmungen zur Einschränkung der Bankaktivitäten
einen erheblichen Einfluss auf die E!zienz von Banken haben können, indem
1 4 6 Demirgüç-Kunt/Laeven/Levine
(2003), S. 13.
allgemein Levine (2003) zum Einfluss ausländischer Banken.
1 4 8 Vgl. La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer (2002).
1 4 7 Siehe
115
der Wettbewerb und die Economies of Scope reduziert werden.
Ein Grossteil der Literatur erachtet eine hohe institutionelle Qualität eines Landes als wichtigen Faktor für hohe Wettbewerbsintensität und tiefe
Zinsspannen.149 Auf der anderen Seite halten Bianco/Jappelli/Pagano (2001)
diesen Eekt für unklar. Während zwar beispielsweise bessere Eigentumsrechte oder eine höhere Gerichtsbarkeit die Durchsetzbarkeit von Bankdarlehen
verbessern und somit die Kosten der Finanzintermediation verringern, kann
dadurch auch der Kreditmarkt für eher schlechte Schuldner geönet werden,
was die Zinsmargin wieder steigen lässt.
Demirgüç-Kunt/Huizinga (1999) weisen darauf hin, dass ausländische Banken in Entwicklungsländern höhere Margins und höhere Profite haben als
einheimische Banken, während in Industriestaaten gerade das Gegenteil der
Fall ist. Banken in Osteuropa (beispielsweise in Ungarn oder Russland) sowie
teilweise in Lateinamerika (Argentinien, Brasilien, Peru) und Afrika (Nigeria,
Sambia) legen grossen Wert auf gebührenbasierte Geschäfte. Unter anderem
lässt sich ebenfalls erwähnen, dass die Nettogewinne von Banken, gemessen in
Prozenten der gesamten Anlagen, in Entwicklungsländern tendenziell höher
sind als in Industriestaaten. Wenn ausländische Banken in Entwicklungsländern höhere Margins, in Industriestaaten aber tiefere Margins setzen, so kann
dies gemäss Demirgüç-Kunt/Huizinga (1999) unter Umständen dadurch erklärt werden, dass ausländische Banken einerseits technische Vorteile in Entwicklungsländern geniessen, andererseits aber allgemein Informationsdefizite
im Vergleich zu inländischen Banken haben.150 Die Feststellung, dass aus1 4 9 Vgl.
beispielsweise Acemoglu/Johnson/Robinson (2001); Easterly/Levine (2003); En-
german/Sokolo (1997).
1 5 0 Siehe Claessens/Demirgüç-Kunt/Huizinga (2001) für eine ausführlichere Betrachtung
der Unterschiede von in- und ausländischen Banken bezüglich der Zinsspanne. Die Autoren
116
ländische Banken weniger Steuern bezahlen als inländische, kann womöglich
mit Unterschieden in der Besteuerung sowie mit der Möglichkeit der internationalen Verschiebung von Gewinnen erklärt werden. Bei ausländischen Banken wird ebenfalls ein relativ geringer Teil der Zinsspanne auf Provisionen
bei Kreditausfällen verteilt, was mit der Ansicht konsistent ist, wonach sich
ausländische Finanzintermediäre eher wenig mit dem Privatkundengeschäft
befassen. Einige Autoren wie Levine (1996) und Walter/Gray (1983) betonen
die Vorteile, welche der Eintritt ausländischer Banken für das Inland bringen kann (bessere Allokation der Ressourcen, höhere E!zienz usw.). Levine
(1996) ist zudem der Ansicht, dass ausländische Banken unter Umständen die
Qualität und Verfügbarkeit von Finanzdienstleistungen durch stärkeren Wettbewerb verbessern, moderneres Wissen, Fähigkeiten und Technologie bringen
und den Zugang eines Landes zu internationalem Kapital fördern können.
Ein weiterer Einflussfaktor ist die Inflation. Demirgüç-Kunt/Laeven/Levine (2003) zeigen, dass die Inflation die Intermediationsspanne erhöht. Boyd/
Levine/Smith (2001) argumentieren, dass Länder mit hoher Inflation ein unterentwickeltes Finanzsystem und einen ebensolchen Bankensektor aufweisen.
Der Bankensektor wurde nicht nur in der empirischen Literatur eingehend
behandelt. In seiner grundlegenden Arbeit „A Theory of the Banking Firm”
entwickelt Klein (1971) ein Bankenmodell. Unter anderem hält er fest, dass jedes Bankenmodell aufgrund der Komplexität relativ abstrakt sein müsse, dass
Banken hauptsächlich Einlagen von Wirtschaftssubjekten entgegennehmen,
die Überschüsse erzielen, und diese an solche weiterverleihen, welche Defizite
schreiben, dass Banken die Administratoren der Zahlungen eines Landes sind
und deshalb den Preis festlegen, der nötig ist, um diesen Service zu erbrinbefassen sich ausserdem mit der Frage, wie Zinsspannen und inländische Banken durch den
Markteintritt ausländischer Banken beeinflusst werden.
117
gen, und dass deshalb eine ökonomische Bankentheorie den Prozess erklären
müsse, der zur Festlegung dieses Preises führe. Insgesamt stellt Kleins Modell stark auf die Verknüpfung mit dem Einlagen- und Kreditmarkt ab, wobei
die Produktion der Bankdienstleistungen von den Inputfaktoren Arbeit und
Kapital abhängt und konkret eine Cobb-Douglas-Produktionsfunktion unterstellt wird. Monti (1972) entwickelte das Modell geringfügig weiter, und Miller
(1975) fügte später Reservevorschriften in Kleins Modell ein.
Basierend auf der allmählich wachsenden Erkenntnis, dass Banken eine
Vielzahl von Aufgaben wahrnehmen, wie dies auch in Kapitel 3.1 gezeigt
wurde, haben sich in der Folge unterschiedliche Ansätze der Bankenmodellierung ergeben. Baltensperger (1980) und Santomero (1984) stellen einen nach
den verschiedenen Aspekten des Bankensektors geordneten Überblick über
verschiedene Ansätze der Bankenmodellierung dar.151 Ein erster Modelltyp
beschäftigt sich schwergewichtig mit Risiko- und Informationsüberlegungen
und betrachtet Banken als Unternehmen, die unteilbare und risikobehaftete
Anlagen transformieren in solche mit geringer Höhe und tiefem bzw. keinem
Risiko. Dabei wird oftmals die Annahme getroen, dass Banken als monopolistische Preissetzer im Anlagen und Kreditmarkt tätig sein können, wobei
gemäss Baltensperger (1980) das von Klein (1971) und in der Folge von Monti
(1972) entwickelte Modell zusammenbreche, wenn es sich bei der Bank nicht
um einen Monopolisten, sondern um einen im Wettbewerb agierenden Preisnehmer handle. Ein zweiter Modelltyp modelliert explizit Unternehmen und
Investoren. Diamond (1984) zeigt beispielsweise in einem Modell mit asymmetrischer Information, dass Banken ihre Schuldner e!zienter überwachen
und dadurch zu tieferen Kosten als Einzelne ein Anlagenportfolio bereitstel1 5 1 Siehe
auch Bhattacharya/Thakor (1993); Eichberger/Harper (1997), S. 221 f. sowie
allgemein Freixas/Rochet (1997).
118
len können, was allgemein als „delegated monitoring” bezeichnet wird. Ein
dritter Modelltyp bezieht sich auf Liquiditätsaspekte von Bankeinlagen. Diamond/Dybvig (1983) befassen sich mit einem Bankenmodell mit illiquiden
Anlagen und einem unsicheren zeitlichen Anfall von Konsum- bzw. Liquiditätswünschen. Bankeinlagen werden dabei typischerweise als Versicherungsinstrumente gegenüber Unsicherheiten des Konsums betrachtet.152
Einige erwähnenswerte Überlegungen zur Modellierung von Banken macht
Caminal (2002). Die Höhe der Anlagen ist exogen gewählt, auf Risikodiversifizierung wird verzichtet. Caminal behandelt unterschiedliche Marktzustände,
indem er zunächst den Fall vollständigen Wettbewerbs unterstellt, in dem
keine Gewinne bestehen, und in einem zweiten Schritt den Fall betrachtet,
in dem Banken sich in einem nichtkompetitiven Umfeld mit Marktmacht befinden. Caminal folgert, dass die Zinsspanne dann eher klein ist, wenn die
Intermediationskosten tief, die Besteuerung des Bankensektors tief und die
Monopolmacht gering sind, wobei er keine explizite Zinsspanne modelliert.
Die bestehenden Ansätze zur Modellierung von Banken und Bankensektoren sind vielfältig und verfolgen teilweise stark unterschiedliche Zielsetzungen. Im Vordergrund stehen praktisch ausschliesslich Risiko-, Liquiditäts- und
Informationsaspekte. Während sich in der empirischen Literatur eine breite Diskussion zu den Determinanten der Intermediationsspanne ergeben hat,
ist gerade die explizite und geeignete Modellierung der Intermediation bzw.
der Intermediationsspanne, an der sich die empirischen Resultate allenfalls
1 5 2 Neben
den erwähnten Risiko-, Informations-, Transformations-, Monitoring- und Liqui-
ditätsaspekten sei auch auf weitere wie die Kreditrationierung (Stiglitz/Weiss, 1981), die
Bankregulation (Dewatripont/Tirole, 1999), das Relationship Banking (Petersen/Rajan,
1995) sowie auf den zu Beginn angesprochenen Zusammenhang mit dem gesamtwirtschaftlichen Wachstum (Levine, 1997; Pagano, 1993) hingewiesen.
119
auch theoretisch fundieren liessen, bisher nicht erfolgt. Zwar sehen Huizinga/Nielsen (2003), basierend auf dem in Kapitel 4 verwendeten Grundmodell,
die explizite Modellierung eines Bankensektors inklusive Berücksichtigung einer Zinsspanne vor, die Zinsspanne wird aber weder separat betrachtet noch
endogenisiert, da der Fokus wie in Kapitel 4 auf Fragen zur Quellenbesteuerung und zum Informationsaustausch liegt.
Österreich
Deutschland
Japan
Grossbritannien
USA
Schweiz
Zinsspanne
2.16
2.66
2.07
2.98
4.34
1.75
Bankkonzentration
0.44
0.32
0.27
0.47
0.20
0.77
Daten für Zinsspannen und Marktanteile gemäss Durchschnitt der
Jahre 1995-1999. Daten für Bankkonzentration stammen aus dem Jahre 1999.
Quelle: Demirgüç-Kunt/Laeven/Levine (2003), S. 34 ff.
Tab. 5-1: Zinsspanne und Bankkonzentration im internationalen Vergleich
Tab. 5-1 zeigt einen internationalen Vergleich der Zinsspannen und Marktkonzentrationen im Bankensektor. Oenbar trit die in Kapitel 3.2 gemachte
Schlussfolgerung zu, wonach in der Schweiz aufgrund der Dominanz der beiden Grossbanken von einem eher konzentrierten Bankensektor auszugehen sei.
Diese Konzentration des Schweizer Bankensektors, welche international einen
Spitzenwert erreicht, ist gemäss Tab. 5-1 gepaart mit der insgesamt tiefsten
Zinsspanne im Ländervergleich. Um den Einfluss verschiedener Determinanten auf die Zinsspanne zu untersuchen, soll nachfolgend eine geeignete Implementierung des Intermediationsgeschäfts mit expliziter Berücksichtigung einer endogenen Zinsspanne in ein theoretisches Modell erfolgen. Da der Fokus
auf der bisher in der Literatur ausgeblendeten Zinsspanne und dem Interme120
diationsgeschäft liegt, können die oben erwähnten Risiko-, Informations- und
Liquiditätsüberlegungen grundsätzlich ausgeblendet werden. Als Basis für die
Modellierung bietet sich deshalb das in Kapitel 4 verwendete Zwei-LänderModell an. Damit können zahlreiche interessante Fragestellungen verfolgt werden. Zum Einen ist zu vermuten, dass der hohe Stellenwert des Schweizer
Bankensektors auch mit der tiefen Zinsspanne zusammenhängt, was ein geeignetes Modell abbilden können sollte. Zum Andern stellt sich allgemein die
Frage, welche Gründe für die tiefe Zinsspanne des Schweizer Bankensektors
aufgeführt werden können und wie sich die in der empirischen Literatur besprochenen Determinanten auf die Zinsspanne auswirken.
Zu diesem Zwecke führt Kapitel 5.2 zunächst den Bankensektor und die
Zinsspanne ins bekannte Zwei-Länder-Modell aus Kapitel 4 ein. Nach der Betrachtung der kooperativen Lösung in Kapitel 5.3 werden in Kapitel 5.4 verschiedene ausgewählte Einflussfaktoren betrachtet, darunter die Auswirkungen von Gewinnsteuern und — besonders aktuell — von Reserverestriktionen
sowie der Einfluss der Marktkonzentration auf die Intermediationsspanne und
die gesamte Volkswirtschaft. Kapitel 5.5 kalibriert das Modell anhand realer
Zahlen, um die konkreten Auswirkungen verschiedener Szenarien zu quantifizieren, wobei sich eine kurze Sensitivitätsanalyse mit der Robustheit der
Modellierung beschäftigt. Ein kurzes Fazit rundet schliesslich die Erkenntnisse
ab.
5.2
Das Modell
Das in Kapitel 4.2 präsentierte Modell dient als Grundlage für die Implementierung der Zinsspanne und des Bankensektors. Die beiden gleich grossen
Länder, welche dieselbe Anzahl Haushalte aufweisen, seien wiederum mit den
121
Kürzeln l = {K> I } wiedergegeben. Jeder Haushalt verfügt genau über eine Einheit Geld, die er in einem der beiden Länder anlegen kann, wobei die
Haushalte wieder wie in Gros (1990) gemäss ihrer Entfernung zur Grenze
indexiert seien. Die Entfernung zur Grenze ist gleichverteilt zwischen 0 und
1, d.h. vl = [0> 1]. Während die Anlage von Geldern im eigenen Land keine
(Transaktions-)Kosten verursacht, entstehen solche bei einer Investition im
Ausland. Die Kosten vl steigen proportional mit der Entfernung vl zur Landesgrenze an. Ausländische Anlagen werden dem Heimatstaat des Anlegers
nicht gemeldet. Der von ausländischen Anlegern profitierende Staat kennt das
Wohnsitzland sämtlicher Investoren und kann ausländisches und inländisches
Kapital unterscheiden bzw. separat besteuern.
Der Steuersatz A 0 wird sowohl von K als auch von I auf die Erträge der Anlagen der Inländer im Inland angewandt, während Ausländer mit
dem Quellensteuersatz wl 0 belastet werden. Bei beiden Ländern handelt es
sich um Leviathan-Staaten, die über wl ihr jeweiliges Steueraufkommen maxi-
mieren und sich die Kapitalflucht zunutze machen wollen. Arbeitseinkommen
werden zur Vereinfachung weiterhin ausgeblendet.
Die bisher benutzte Bruttorendite auf alle Anlagen wird nun aufgeteilt
in den Weltmarktzinssatz l und die Zinsmargin fl des jeweiligen Landes,
= l fl . Da nicht Liquiditäts- und Risikoüberlegungen im Vordergrund
stehen, sondern die Zinsspanne, kann auf eine explizite Modellierung eines
Anlage- und Kreditmarkts verzichtet werden. Haushalte in K und I verfügen
über eine Einheitsanlage, die sie über Banken entweder im In- oder im Ausland anlegen können. Die Anlage dieser Kapitalien ist mit Intermediationskosten fl verbunden, welche der jeweilige Bankensektor von seinen Anlegern
122
verlangt.153 In Anlehnung an Klein (1971) sind Banken somit die Administratoren des Zahlungssystems eines Landes und legen den Preis fest, der nötig
ist, um diesen Service zu erbringen.
Ob ein Haushalt im Inland oder im Ausland investiert, hängt von den
Kosten der Anlage und der Besteuerung ab. Ein K-Haushalt investiert im
Ausland, wenn l fI wI vK l fK , d.h., wenn die Nettorendite im
Inland (Zinssatz abzüglich inländische Margin und abzüglich Steuern) kleiner
ist als im Ausland (Zinssatz abzüglich ausländische Margin, Quellensteuern
und Kosten der Kapitalflucht). Analog entscheidet sich ein I -Haushalt nur
dann, in K sein Kapital anzulegen, wenn l fK wK vI l fI . Für
einen Teil der Haushalte lohnt sich die Kapitalflucht oensichtlich,
wI + fK fI
>
wK + fI fK
=
vbI =
vbK =
(5-1)
Beide Leviathan-Staaten sind somit um die Maximierung ihrer Steuereinnahmen
UK = (1 vbK ) + wK vbI >
(5-2)
UI = (1 vbI ) + wI vbK
bemüht. Die beiden Steueraufkommen setzen sich jeweils zusammen aus der
Besteuerung der inländischen Haushalte, deren Anlagen im Inland verbleiben
(erster Term), und den Einnahmen aus der Quellenbesteuerung der ausländischen Haushalte im Inland (zweiter Term). Mit (5-1) und
1 5 3 Die
CUl
Cwl
= 0 folgen
Annahme eines Weltmarktzinssatzes l hat zur Folge, dass Anleger die Interme-
diationskosten vollständig tragen. In der Realität ist davon auszugehen, dass sich Anleger
und Schuldner die Zinsspanne teilen, so dass der „wahre” Zinssatz weder dem Aktiv- noch
dem Passivzinssatz entspricht, sondern — in Abhängigkeit von den jeweiligen Elastizitäten
der Kreditnachfrage und des Kreditangebots — irgendwo zwischen diesen beiden zu liegen
kommt.
123
schliesslich die optimalen Steuersätze für beide Länder,
+ fI fK
>
2
+
f
f
K
I
wI =
>
2
wK =
(5-3)
und die ins Ausland ausweichenden Haushalte betragen gemäss (5-1) und (53)
+ fK fI
>
2
(5-4)
f
+
f
I
K
vbI =
=
2
Aus Gleichung (5-4) lässt sich schliessen, dass der Anteil der ins Ausland
vbK =
ausweichenden Haushalte steigt, wenn Banken im Inland höhere Zinsmargins
verlangen als das Ausland und umgekehrt. Gleichung (5-3) zeigt in umgekehrter Weise, dass das Inland gerade dann höhere Steuern auf die Anlagen von
Ausländern verlangen kann, wenn die inländischen Bankdienstleistungen günstiger sind als diejenigen im Ausland et vice versa. Besteht in einem Land also
aus irgendwelchen Gründen ein Standortvorteil aufgrund günstigerer Bankdienstleistungen, hat dieses einen grösseren Spielraum in der Festsetzung des
Steuersatzes auf ausländisches Kapital.
Proposition (5-1): Ist es dem Bankensektor eines Landes möglich, die
Intermediation von Anlagen günstiger anzubieten bzw. eine kleinere Zinsspanne zu verlangen als Banken anderer Länder, so verfügt der entsprechende Staat
nach oben über einen grösseren Gestaltungsfreiraum bei der Festsetzung des
Quellensteuersatzes auf ausländisches Kapital.
Oensichtlich besitzen landesspezifische Bankeigenheiten einen relativ hohen Einfluss auf die Allokation der Einlagen zwischen K und I . Je günstiger
der inländische Bankensektor seine Dienstleistungen, also die Entgegennahme
124
und Weiterverleihung von Einlagen, anbieten kann, desto attraktiver ist dieser
für ausländische Anleger.
Nun soll der Bankensektor etwas näher betrachtet werden. Ohne Belastung
durch die später implementierte Gewinnbesteuerung können die Gewinne der
Banken dargestellt werden als
EK = (1 vbK + vbI )(fK )>
EI = (1 vbI + vbK )(fI )=
(5-5)
repräsentiere die internen (Grenz-)Kosten der Banken, eine Einheit Kapital
entgegenzunehmen und auf dem Weltmarkt anzulegen, und lässt sich folglich
interpretieren als Inputkosten der Kapitalvermittlung.154 Banken nehmen sowohl die im Inland verbleibenden Anlagen als auch die vom Ausland ins Inland
fliessenden Kapitalien entgegen, legen diese zum Weltmarktzinssatz l an und
verlangen für diese Intermediation bei den Haushalten den Zinsspread fl .155
Die Dierenz aus Zinsspread und internen Kosten, multipliziert mit den totalen Anlagen, ergibt somit den Gewinn El des jeweiligen Bankensektors.
Analog zu den Staaten sind auch Banken um die Maximierung ihrer Gewinne
bemüht, wobei gerade ein monopolistischer Bankensektor unterstellt wird.156
Setzt man (5-4) in (5-5) ein, so erhält man beispielsweise für K den Bankge1 5 4 Auf
die Berücksichtigung von Fixkosten wird verzichtet. In einem ersten Schritt sollen
die Inputkosten in beiden Ländern gleich und unveränderlich sein. Es wird sich zeigen, dass
die Berücksichtigung unterschiedlicher Inputkosten zweier Länder in Kapitel 5.4.2 sowie die
Szenarienanalyse interessante Schlussfolgerungen zulassen.
1 5 5 Hinter dieser Aussage steht die Tatsache, dass die Höhe der gesamten Anlagen beider Länder insgesamt fix ist, und damit verbunden die implizite Annahme, dass Banken
sämtliche Anlagen zur Weitervermittlung entgegennehmen, welche ihnen angeboten werden,
wobei sie ihre eigene Attraktivität über den Preis fl der Intermediation steuern können.
Siehe dazu auch Caminal (2002) oder Baltensperger (1980).
1 5 6 Vgl. Caminal (2002); Baltensperger (1980). Auch Abb. 5-1 und die Ausführungen in
Kapitel 3.2 zeigten, dass besonders in der Schweiz von einer eher monopolistischen Struktur
125
K
winn EK = (1 + fI f
)(fK ).157 Die Erhöhung der Zinsmargin fK steigert
zwar den Gewinn fK pro Kapitaleinheit (Einkommenseekt), verringert
K
aber die insgesamt in K angelegten Kapitalien 1+ fI f
(Substitutionseekt).
Abb. 5-1 illustriert dieses Maximierungsproblem für Land K.
Die Maximierung in (5-5),
CEl
Cfl
= 0, unter Berücksichtigung von (5-4),
führt schliesslich zu den beiden in Abb. 5-2 abgebildeten Reaktionsfunktionen fK =
fI ++
2
und fI =
fK ++
,
2
welche die jeweils optimale Reaktion
des einen Zinsspreads auf die Höhe des andern zeigen. Der Schnittpunkt beider Reaktionsfunktionen widerspiegelt in bekannter Weise das stabile NashGleichgewicht
fl = + =
(5-6)
Um seinen Gewinn zu maximieren, wählt der Bankensektor eine Zinsspanne,
die um über den Grenzkosten liegt. Die Bankengewinne betragen nun
konkret in beiden Ländern
El = =
(5-7)
Oenbar profitiert der Bankensektor direkt von den für private Haushalte
bestehenden Transaktionskosten. Je höher diese sind, desto weniger Haushalte
weichen ins Ausland aus und desto grösser sind die Bankgewinne.
auszugehen ist. Die Monopolstellung bezieht sich vorliegend aufgrund des fixen Weltmarktzinssatzes jedoch nur auf das Kreditangebot.
1 5 7 Die Abfolge des Modells ist somit zweistufig. Zunächst werden die optimalen Quellensteuersätze der beiden Staaten in Abhängigkeit der Zinsspannen bestimmt, und in der Folge
setzen die beiden Bankensektoren ihre Intermediationsspannen fest.
126
BH
0
µ
δ +µ
cH
Abb. 5-1: Maximierung monopolistischer Bankgewinne
Da die Zinsmargins beider Bankensektoren identisch sind, erhält man aus
(5-4) den Anteil der jeweils ausweichenden Haushaltsanlagen
vbl =
>
2
(5-8)
2
(5-9)
aus (5-3) die optimalen Steuersätze
wl =
und aus (5-2), (5-8) und (5-9) die maximalen Steuereinnahmen
Ul = 2
=
4
(5-10)
Um für ausländische Anleger attraktiv zu sein, wählen beide Länder einen
Steuersatz auf ausländisches Kapital, der bedeutend unter demjenigen für
einheimische Anlagen liegt.
127
cH
cF (c H )
cH ( cF )
δ +µ
δ +µ
2
δ +µ
δ+µ
cF
2
Abb. 5-2: Reaktionsfunktionen im Bankensektor
Während in Kapitel 4 Überlegungen zur Quellenbesteuerung und zum Informationsaustausch anhand der Maximierung der jeweiligen Steuereinnahmen im Vordergrund standen, soll die Betrachtungsweise nun auf die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt ausgeweitet werden. Durch den expliziten Einbezug
des Bankensektors können dessen Gewinne berechnet werden, welche neben
den Staatseinnahmen einen weiteren Teil zur gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt beisteuern. Hinzu kommt die Wohlfahrt der Haushalte, die sich aus
verschiedenen Komponenten zusammensetzt:
b
v2K
>
2
b
v2I
vI =
KI = l ( + fI )(1 vbI ) (wK + fK )b
2
KK = l ( + fK )(1 vbK ) (wI + fI )b
vK (5-11)
In Abwesenheit von Arbeitseinkommen und Arbeitsmärkten besteht die Wohlfahrt der Haushalte ausschliesslich aus den Kapitaleinkommen l abzüglich
Intermediations- und Transaktionskosten. Der zweite Term in (5-11) wider128
spiegelt die Anlagekosten der im Inland verbliebenen Haushalte 1b
vl , die sich
zusammensetzen aus der Besteuerung und der Zinsmargin. Der dritte Term
zeigt umgekehrt die Anlagekosten der ins Ausland ausweichenden Haushalte,
welche der Quellensteuer wl unterliegen. Der letzte Term gibt die Summe der
v
e
Rl
Transaktionskosten der ins Ausland ausweichenden Haushalte wieder, vl
0
gvl =
e
v2l
2 ,
vergleiche Abb. 5-3.
δ si
0
sˆi
1
si
Abb. 5-3: Transaktionskosten der Haushalte
Der Bankensektor benutzt bekanntlich Inputfaktoren zur „Produktion”
bzw. zur Gewährleistung der Kapitalvermittlung. Obwohl in der Realität Kosten der Intermediation bestehen, könnte das Modell grundsätzlich auch auf
die Berücksichtigung von verzichten. Es wird sich aber zeigen, dass v.a.
die nachfolgende Betrachtung unterschiedlicher Inputkosten zweier Länder in
Kapitel 5.4.2 sowie die entsprechende Szenarienanalyse in Kapitel 5.5 interessante Erkenntnisse zulässt, die ohne diese Inputkosten nicht möglich wären.
Betrachtet man die bankinternen Kosten der Intermediation als solche In129
puts bzw. als Vorleistungen158 , so dürfen die Inputkosten des Bankensektors
nicht negativ in die Berechnungen zur gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt einfliessen, da diesen Kosten auch entsprechende Einnahmen des Vorleistungssektors gegenüberstehen. Um das Ganze nicht unnötig zu erschweren, wird
nachfolgend deshalb davon ausgegangen, dass die Inputs in einem sogenannten Vorleistungssektor aus dem eigenen Land beschat werden, der seinerseits
keine Vorleistungen bezieht. Den Inputkosten stehen dann gemäss (5-5) die
entsprechenden Einnahmen YK = (1 vbK + vbI ) bzw. YI = (1 vbI + vbK )
aus dem Inputsektor gegenüber, welche ebenfalls in die Wohlfahrtsanalyse
einfliessen.
Zusammengefasst setzt sich die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt eines Landes somit wie folgt zusammen:
Zl = Ul + El + Kl + Yl =
(5-12)
Aus (5-6), (5-8), (5-9) und (5-11) folgt die Wohlfahrt der Haushalte,
Kl = l +
2
>
8
(5-13)
und schliesslich mit (5-7), (5-10), (5-13) sowie den Erträgen Yl = des
Vorleistungssektors die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt
Zl = l 2
=
8
(5-14)
Würde man gemäss Steuerinzidenzlehre159 davon ausgehen, dass Bankgewinne, Staatseinnahmen und Erträge aus dem Vorleistungssektor letzten Endes
immer nur den privaten Haushalten zukommen, so kann die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt in (5-14) als Resultat dieser Steuerinzidenzlehre interpretiert
1 5 8 Büromaterial,
Gebäudekosten usw., siehe die Ausführungen zu den Vorleistungen in
Kapitel 3.4.
1 5 9 Vgl. auch die Ausführungen in Kapitel 3.4.1.
130
werden. Die Haushaltswohlfahrt in (5-13) zeigt denn auch deutlich, dass den
Bankgewinnen El = , den Einnahmen Yl = des Vorleistungssektors sowie
dem Steueraufkommen in (5-10) entsprechende Kosten der Haushalte gegenüberstehen. Schliesslich sind es ausschliesslich die durch die Besteuerung verursachten Kosten der Kapitalflucht ins Ausland,
e
v2l
2
=
2
8
gemäss (5-8) und
(5-11), welche die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt mindern. Die Monopolstellung des Bankensektors verringert über hohe Intermediationskosten zwar die
direkte Haushaltswohlfahrt in (5-11) bzw. (5-13), auf die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt vermag sie sich jedoch nicht auszuwirken.
5.3
Kooperative Lösung
Setzen sich die Regierungen beider Staaten zusammen, um die gemeinsamen
Steuereinnahmen UK + UI zu maximieren, so folgen aus UK + UI = (2 vbK vbI ) + wK vbI + wI vbK gemäss (5-2) unter Berücksichtigung von (5-1) die
optimalen Steuersätze
fI fK
>
2
(5-15)
f
f
K
I
wI = +
>
2
welche im Vergleich zu denjenigen in (5-3) in beiden Ländern höher liegen
wK = +
und bei identischen Zinsspreads gerade doppelt so hoch sind, wl = . Die ins
Ausland ausweichenden Anteile betragen folglich
fK fI
>
2
fI fK
vbI =
=
2
vbK =
(5-16)
Bei gleichen Zinsmargins, fK = fI , weichen keine Haushalte mehr ins Ausland
aus, vbl = 0, weil die Steuersätze in beiden Ländern gerade so hoch gesetzt
sind, dass sich Kapitalflucht nicht mehr lohnt.
131
Nunmehr lassen sich auch die Gewinne der Finanzintermediäre berechnen.
Aus (5-5) und (5-16) erhält man wie zuvor die beiden Reaktionsfunktionen
fK =
fl
fI ++
2
und fI =
fK ++
2
sowie schliesslich die Optimalitätsbedingung
= + in (5-6). Es findet somit — wie aufgrund der Symmetrie des Modells
vermutet — keine Kapitalflucht ins Ausland mehr statt, so dass der jeweilige
Bankensektor sämtliche Anlagen der Inländer entgegennimmt und wie zuvor
in (5-7) Bankgewinne in Höhe von El = erwirtschaftet.
Während ohne Absprache der beiden Länder die Steuereinnahmen nach
2
Gleichung (5-10) nur Ul = 4 betragen würden, ermöglicht die koordinier-
te Besteuerung gemäss (5-2) nun höhere Steuereinnahmen, Ul = . Berücksichtigt man ebenfalls die unveränderten Erträge aus dem Vorleistungssektor,
Yl = , sowie die Wohlfahrt der Haushalte, Kl = l gemäss (511), welche im Vergleich zu (5-13) um
2
8
tiefer als zuvor ist, erhält man die
maximale gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt
Zl = l=
(5-17)
Die Steuer auf ausländische Anlagen ist doppelt so hoch wie zuvor und hat
den Charakter einer „Abwehrsteuer”, indem sie Steuerflucht gerade unrentabel macht und vollständig verhindert. Die Besteuerung ausländischer Anlagen
zum Steuersatz wl = führt darüber hinaus dazu, dass sämtliche Kapitalien
in gleicher Weise und mit demselben Steuersatz belastet werden, was die steuerliche Bevorzugung ausländischer Anlagen und die analoge Diskriminierung
inländischer Kapitalien aufhebt. Der Bankensektor ist davon nicht betroen
und setzt dieselben Zinsspreads wie ohne Koordination der beiden Staaten.
Die Wohlfahrt der Haushalte sinkt zugunsten des Staates, da die zuvor v.a.
für Haushalte mit tiefen Transaktionskosten lukrative Besteuerung von Kapitalien im Ausland dahinfällt.
132
Wie üblich handelt es sich bei dieser kooperativen Lösung mit abschreckend
hohen Steuersätzen um kein stabiles Gleichgewicht. Ohne bindende Restriktionen, welche beide Länder dazu zwingen würden, sich an die vereinbarten Steuersätze wl = zu halten, besteht für beide Länder ein starker Anreiz, den eigenen Quellensteuersatz zu senken, um ausländisches Kapital anzuwerben. Hält sich K an den vereinbarten Steuersatz wK = , so setzt
I aufgrund der Maximierung seiner Steuereinnahmen in (5-2) gemäss (53) den Steuersatz wI =
vbK =
+fK fI
2
+fK fI
2
. Während dadurch in Land K der Anteil
der Haushalte ins steuergünstigere Ausland ausweicht, be-
K
trägt dieser Anteil in I nur noch gerade vbI = fI f
. Damit lassen sich mit
¡ 2 3fK +3fI ¢
(5-5) auch die Bankgewinne berechnen, EK =
(fK ) sowie
2
¡ 2+ 3fI +3fK ¢
EI =
(fI ), welche in I erwartungsgemäss höher sind, da
2
in diesem Land aufgrund der niedrigeren Besteuerung mehr Kapitalien angeCEl
Cfl = 0
2+ +3fK +3
6
2 +3fI +3
6
legt werden. Aus
folgen die Reaktionsfunktionen fK =
sowie fI =
und schliesslich die Optimalwerte fK = +
6
9
bzw. fI = + 6+
9 . Die ungleiche Behandlung ausländischer Kapitalien in K
und I führt somit dazu, dass Bankdienstleistungen in K günstiger angeboten
werden (müssen) als in I , fK ? fI . Der Bankensektor in K wirkt der Kapitalflucht mit einer tieferen Zinsmargin entgegen. Umgekehrt können es sich
Banken in I aufgrund des Steuervorteils erlauben, höhere Zinsspreads zu ver
langen. Die Bankgewinne betragen EK
=
Anteile ausweichender Haushalte vbK =
( 6)2
54
7
18
und EI =
bzw. vbI =
4
18 .
( +6)2
54
und die
Die günstigeren
Bankdienstleistungen in K machen es für einen geringen Teil der I -Haushalte
somit noch rentabel, trotz der höheren Besteuerung ins Ausland auszuweichen.
Der Steuersatz in I reagiert auf die höheren Kosten der Kapitalvermittlung
im eigenen Land und beträgt nur noch wI =
7
18 .
Schliesslich lassen sich die
Steuereinnahmen der beiden Länder gemäss (5-2) berechnen, UK
=
133
2
6
und UI = 23 2
324 .
Sowohl die Gewinne der Banken wie auch die Steuer-
einnahmen sind in I höher. Dasselbe gilt auch für die gesamtwirtschaftliche
Wohlfahrt, ZI = l +
ZI ZK
=
11
3
+
2
9
6
+
+
9
29 2
648
2
36
im Vergleich zu ZK
= l
6
9
47 2
648 ,
A 0.
Es ist zu erwarten, dass K auf die tieferen Steuern in I reagiert und gemäss
(5-3) versucht, die eigenen Steuereinnahmen zu maximieren. Nach Abschluss
aller Anpassungsvorgänge werden sich die beiden Staaten im langfristigen
Nash-Gleichgewicht mit tieferen Quellensteuersätzen, geringeren Steuereinnahmen und insgesamt tieferer Wohlfahrt einfinden, wie dies Abb. 5-2 illustriert.
5.4
Ausgewählte Erweiterungen
Das eben entwickelte Modell soll nun um vier ausgewählte Einflussfaktoren
ergänzt werden. Zunächst stehen die Auswirkungen der Einführung einer Gewinnsteuer im Bankensektor auf die Zinsintermediation und die gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrten im Vordergrund. In der Folge werden E!zienzunterschiede in den Bankensektoren zweier Länder sowie die Auswirkungen unterschiedlicher Wettbewerbsgrade bei Banken betrachtet. Den Abschluss bildet
die Implementierung von Reserverestriktionen, mit welcher in der Realität
und besonders angesichts der aktuellen Finanzmarktkrise oftmals eine höhere
institutionelle Sicherheit angestrebt wird.
5.4.1
Gewinnsteuer im Bankensektor
Sowohl die Banken in Land K als auch diejenigen in I erwirtschaften Gewinne, wie Gleichung (5-7) zeigt. Wenn beide Staaten mit einer Unternehmensge134
winnsteuer 0 E 1 auf die Gewinne im Bankensektor zugreifen möchten,
lassen sich die Steuereinnahmen — basierend auf (5-2) und (5-5) — schreiben
als
UK = (1 vbK ) + wK vbI + E (1 vbK + vbI )(fK )>
UI = (1 vbI ) + wI vbK + E (1 vbI + vbK )(fI )>
(5-18)
wobei der letzte Term die Besteuerung der Bankgewinne wiedergibt. Der Gewinnsteuersatz E sei in beiden Staaten derselbe und exogen. Die Maximierung der Steuereinnahmen über die Steuersätze auf ausländische Kapitalien,
CUl
Cwl
= 0, führt unter Berücksichtigung von (5-1) zu den optimalen Quellen-
steuersätzen
fI fK E (fK )
+
>
2
2
(5-19)
f
f
(f
)
K
I
E I
wI = +
=
2
2
Anhand von Gleichung (5-19) wird ersichtlich, dass sich die Gewinnsteuer
wK =
auf die optimalen Steuersätze auf Erträge ausländischer Kapitalien auswirkt,
indem sie diese tendenziell verringert. Die ins Ausland ausweichenden Anteile
der Haushalte betragen
+ fK fI + E (fI )
>
2
+ fI fK + E (fK )
vbI =
2
vbK =
(5-20)
und sind höher als ohne Gewinnbesteuerung.
Der Bankensektor wird neu mit einer Gewinnsteuer belastet, weshalb (55) geringfügig angepasst werden muss, um die Bankgewinne nach Steuern
korrekt wiederzugeben:
EK = (1 E )(1 vbK + vbI )(fK )>
EI = (1 E )(1 vbI + vbK )(fI )=
(5-21)
Aus (5-20) und (5-21) lassen sich wiederum die beiden Reaktionsfunktionen
fK =
fI +
2
+
2 E
und fI =
fK +
2
+
135
2 E
und schliesslich die optimalen
Zinsspreads
fl = +
2
2 E
(5-22)
berechnen. Ohne Gewinnbesteuerung, E = 0, wären (5-22) und (5-6) identisch. Die Einführung der Gewinnsteuer im Bankensektor veranlasst Banken
dazu, höhere Intermediationsspannen zu verlangen,
Cf
l
C E
=
2
(2 E )2
A 0.
Die Bankengewinne betragen nun
El =
2(1 E )
=
2 E
(5-23)
Der Einfluss der Gewinnbesteuerung auf die Gewinne der Banken ist negativ,
CEl
C E
2
= (2
2 ? 0, d.h. die Besteuerung der Gewinne schmälert die
E)
Nettogewinne (nach Steuern) trotz der Reaktion der Banken mittels höherer
Zinsmargen.
Nun lassen sich auch die übrigen Grössen berechnen. Der Anteil der ins
Ausland ausweichenden Haushalte beträgt
vbl =
E
>
+
2 2 E
(5-24)
und die Steuersätze lassen sich schreiben als
wl =
Aus (5-24) folgt
Ce
v
l
C E
=
2
(2 E )2
E
=
2 2 E
(5-25)
A 0. Die Gewinnbesteuerung führt also dazu,
dass der Anteil ins Ausland ausweichender Haushalte ansteigt.
Proposition (5-2): Die Einführung bzw. Erhöhung der Gewinnsteuer veranlasst den Bankensektor dazu, höhere Zinsspreads zu verlangen. Der Einfluss
der Gewinnsteuer auf die Bankengewinne bleibt jedoch trotz dieser Anpassung
negativ. Die Steuerbelastung wird somit mindestens teilweise auf die Bankkunden überwälzt. Durch die tieferen Quellensteuersätze steigt der Anteil der ins
136
Ausland ausweichenden Anlagen. Gewinnbesteuerung im Bankensektor fördert
folglich die Kapitalflucht.
Der Grund für die Kapitalflucht liegt in den tieferen Steuersätzen wl auf
Kapitalien aus dem Ausland,
Cw
l
C E
2
= (2
2 ? 0. Da der Staat an den GeE)
winnen der Banken partizipiert, hat er ein Interesse daran, die inländischen
Bankgewinne zu sichern. Indem der Staat ausländische Anleger steuerlich begünstigt, kann er diese Anlagen aus dem Ausland abwerben.
Proposition (5-3): Sobald ein Staat mittels Unternehmenssteuer auf die
Gewinne im Bankensektor zugreift, hat er ein Interesse daran, eben diese Bankengewinne zu sichern. Je höher der Gewinnsteuersatz ist, desto tiefer muss
der Staat den Steuersatz auf ausländisches Kapital setzen, um für ausländische Anleger attraktiv zu bleiben.
Betrachtet man das Steueraufkommen
Ul = +
((4 3 E ) (2 E )) E
2
>
(2 E )2
4
(5-26)
so erkennt man die beiden sich gegenüberstehenden Auswirkungen der Gewinnsteuer. Einerseits generiert sie direkt zusätzliche Einnahmen durch die
Besteuerung der Bankgewinne, andererseits fördert die Gewinnsteuer die Kapitalflucht und senkt die Steuern auf ausländisches Kapital, was die Steuereinnahmen verringert. Die Gewinnbesteuerung eignet sich grundsätzlich dazu,
die Steuereinnahmen eines Landes zu erhöhen. Gerade geringe Sätze vermögen
im Vergleich zur Situation steuerbefreiter Gewinne die Staatseinnahmen zu
steigern, so dass der Einkommenseekt zunächst noch den Substitutionseekt
dominiert, siehe Abb. 5-4.160 Die volkswirtschaftlichen Kosten der Besteue
1 6 0 Aus CUl
C E
= 0 folgt WE =
2(23 )
43
(für
2
$ bzw. WE D 0) und UlW | = .
137
E
rung liegen in den starken Ausweichreaktionen des Kapitals und den erhöhten
Kosten der Bankintermediation.
Ri
δ
0
1
2(2δ − τ )
4δ − τ
τB
Abb. 5-4: Einkommens- und Substitutionseekt der Gewinnsteuer
Mit (5-23), (5-26), der Haushaltswohlfahrt ((5-22), (5-24) und (5-25) in (511)) sowie Yl = erhält man schliesslich die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt
Zl = l ( (2 E ) + E ) E
2
>
2
2(2 E )
8
(5-27)
aus der ersichtlich wird, dass der Eekt der Gewinnbesteuerung im Bankensektor für 0 E 1 strikt negativ für die gesamte Wohlfahrt beider Staaten
ist,
CZl
C E
=
2 E (2 E )
(2 E )3
? 0. Die Gewinnbesteuerung ist ine!zient und
entspricht angesichts der Besteuerung der Kapitalgewinne einer eigentlichen
Doppelbesteuerung. Die tiefere gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt und die teilweise Abwälzung der Gewinnsteuerbelastung auf die Bankkunden stimmen
138
mit den eingangs angesprochenen Erkenntnissen der empirischen Literatur
überein.161
5.4.2
E!ziente Banken
Die bisherigen Ausführungen haben sich mit einer Situation beschäftigt, in
welcher sowohl der Bankensektor in K als auch derjenige in I die gleichen
Grenzkosten der Intermediation aufweisen. Der Einfluss der Grenzkosten
blieb dabei auf die Intermediationsspanne fl beschränkt, welche Änderungen in den zugrunde liegenden Grenzkosten von Banken direkt übernimmt
(beispielsweise fl = +
2
2 E
bzw.
Cf
l
C
= 1 gemäss (5-22)), weshalb diese
Kosten nicht in die Berechnung der Bankengewinne sowie der übrigen Grössen einfliessen. Unabhängig von der Existenz des Bankgeheimnisses wird der
Standortvorteil der Schweiz gelegentlich aber auch damit erklärt, die Schweiz
verfüge über einen überdurchschnittlich e!zienten Bankensektor, der ausländische Anleger anziehe und diese dazu bewege, ihre Anlagen in der Schweiz
bzw. bei Schweizer Banken zu tätigen. In Kapitel 3.2 konnte gerade für die
Schweiz gezeigt werden, dass Produktivität und E!zienz im Bankensektor in
den letzten Jahren stark und überproportional zugenommen haben.
Es sei deshalb angenommen, Land K verfüge über einen Bankensektor,
der zu geringeren Grenzkosten Kapitalien vermitteln kann als Banken in I ,
d.h. K ? I . Auf die zuvor betrachtete Gewinnbesteuerung wird verzichtet.
Die Maximierung der Steuereinnahmen erfolgt wie in Kapitel 5.2; (5-2)-(5-4)
geben die entsprechenden Gleichungen wieder. (5-5) lässt sich nun geringfügig
1 6 1 Demirgüç-Kunt/Huizinga
(1999); Caminal (2002).
139
angepasst schreiben als
EK = (1 vbK + vbI )(fK K )>
EI = (1 vbI + vbK )(fI I )=
(5-28)
Die Maximierung dieser Gewinne führt zu den beiden Reaktionsfunktionen
fK =
fI ++K
2
bzw. fI =
spreads
fK ++I
2
und schliesslich zu den optimalen Zins-
I + 2K
>
3
(5-29)
+ 2I
fI = + K
=
3
und fI in (5-29) zeigt klar, dass für K ? I auch
fK = +
Der Vergleich von fK
fK ? fI gilt, d.h. die tieferen Intermediationskosten des K-Bankensektors
übertragen sich auch in tiefere Zinsspannen. Oenbar ist es für Banken in K
optimal, auch die Bankkunden an den tieferen Kosten teilhaben zu lassen, um
die Attraktivität gegenüber dem Ausland zu erhöhen.
Erwartungsgemäss unterscheiden sich auch die jeweiligen Gewinne der
Banken:
(I K + 3)2
>
9
(5-30)
2
( I + 3)
=
EI = K
9
folgt gemäss (5-30) EK A EI , d.h. die günstigere Intermedia
EK
=
Für K ? I
tion von Kapital wirkt sich auch positiv auf den Nettogewinn der Banken in
K aus.
Proposition (5-4): Weist der Bankensektor eines Landes Kostenvorteile in der Produktion von Bankdienstleistungen auf, so gibt er diese in Form
tieferer Zinsspannen an die Anleger weiter, wodurch sich die Attraktivität gegenüber dem Ausland erhöht.
140
Die Anteile der Haushalte, die ihre Anlagen im Ausland tätigen, lassen
sich nun notieren als
I
+ K
>
2
6
(5-31)
I
K
vbI =
+
=
2
6
Falls K tiefere Intermediationskosten aufweist, folgt aus (5-31), dass wenivbK =
ger Haushalte als in I ins Ausland ausweichen, vbK ? vbI . Ein Anstieg der
Grenzkosten der Intermediation im eigenen Land erhöht die Ausweichreaktio-
nen der eigenen Haushalte, während umgekehrt ein Anstieg der Grenzkosten
im anderen Land zu geringerem Ausweichverhalten im eigenen Land führt,
Ce
v
K
CK
=
1
6
A 0>
Ce
v
K
CI
1
= 6
? 0 und analog für Land I . Die in K deponierten
Anlagen sind nun höher, 1 vbK + vbI = 1 +
I K
.
3
Die Steuersätze betragen
K
+ I
>
2
6
(5-32)
I
wI = + K
>
2
6
und die Steuereinnahmen der beiden Länder lassen sich schreiben als
wK =
(I K )(12 + I K ) 2
>
36
4
(5-33)
(K I )(12 + K I ) 2
=
UI = +
36
4
Der Vergleich der beiden Steuererträge zeigt, dass das Land K höhere Steuer
UK
=+
einnahmen generieren kann. Konkret lässt sich im vorliegenden Fall für I A
K gemäss (5-33) UK
UI
=
2 (I K )
3
A 0 berechnen. Dasselbe lässt
sich in gewohnter Weise auch für die Wohlfahrt der Haushalte, KK
KI =
³
´
(I K )(2 )
I K
,
die
Einnahmen
des
Vorleistungssektors,
Y
=
1
+
·
K
6
3
³
´
K respektive YI = 1 I 3 K I , und schliesslich die gesamte Wohlfahrt
(I K )(11I + 13K + 24 + 18 ) 2
>
72
8
( K )(13I + 11K + 24 + 18 ) 2
ZI = l I
=
72
8
ZK
=l+
141
(5-34)
zeigen, ZK
ZI =
(I K )(2I +2K +4+3 )
.
6
E!zienzvorteile wirken sich
somit auf alle Bereiche der Volkswirtschaft positiv aus und tragen zweifelsohne
zu Unterschieden in der Wertschöpfung verschiedener Länder bei.
Proposition (5-5): Von e!zienten inländischen Banken profitiert die
gesamte inländische Volkswirtschaft.
5.4.3
Kompetitive Banken
Die einleitenden Ausführungen in Kapitel 5.1 zeigten, dass der Einfluss und die
Auswirkungen der Marktkonzentration im Bankensektor umstritten sind, jedoch ein hoher Wettbewerbsgrad üblicherweise als e!zienter betrachtet wird.
Bisher wurden ausschliesslich Bankensektoren betrachtet, welche die Zinsspanne fl monopolistisch wählen, weshalb nun zunächst von einem kompetitiven Bankensektor in beiden Staaten und in der Folge von unterschiedlichen
Wettbewerbsgraden ausgegangen werden soll, um den Einfluss der Marktmacht im Bankensektor zu eruieren.
Wenn Banken ihr Intermediationsgeschäft zur Nullgewinnbedingung
El = 0
(5-35)
anbieten, so entspricht die Zinsmargin gemäss (5-5) gerade den Grenzkosten
der Kapitalvermittlung,
(5-36)
fl = =
Die übliche Maximierung der Steuereinnahmen durch den Staat führt zu den
gleichen Quellensteuersätzen wie bei Marktmacht im Bankensektor, wl =
2
2
wie in (5-9), und zum unveränderten Steueraufkommen Ul = 4 . Berück2
sichtigt man ebenfalls die Wohlfahrt der Haushalte, Kl = l + 8 , sowie
142
die Wertschöpfung Yl = im Vorleistungssektor, so resultiert die gleiche gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt wie in (5-14), Zl = l 2 162
8 .
Ausgehend von einem konstanten und vom (Netto-)Zinssatz unabhängigen
Kapitalangebot, vermag sich die tiefere Zinsspanne durch einen kompetitiveren Bankensektor also nicht auf die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt auszuwirken. Dieses Resultat war bereits bei der Betrachtung der Zusammensetzung
der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt Zl = Ul + El + Kl + Yl in (5-12) zu vermuten, da den Gewinnen im Bankensektor Kosten der Haushalte in gleicher
Höhe gegenüberstanden.163
Von Interesse ist deshalb nun die Frage, wie sich unterschiedliche Marktkonzentrationen auswirken. Es sei 1d der Anteil des Markups , auf welchen
der Bankensektor in K aus kompetitiven Gründen verzichtet, 0 d 1. d
kann somit als Herfindahl-Index betrachtet werden, der bei vollkommenem
Wettbewerb (Preis entspricht den Grenzkosten, fK = ) 0 beträgt und im
vollständigen Monopolmarkt 1.164 Die beiden Zinsspannen lassen sich schreiben als
fK = d + >
(5-37)
fI = + >
wenn man zunächst einmal unterstellt, dass der Bankensektor in I (aufgrund
1 6 2 Im
Gegensatz zum Modell von Klein (1971), welches gemäss Baltensperger (1980) zu-
sammenbricht, wenn es sich bei der Bank nicht um einen Monopolisten handelt, ist die
Annahme eines wettbewerblichen Bankensektors vorliegend unproblematisch.
1 6 3 Anders präsentierten sich die Ergebnisse, wenn das Kapitalangebot bzw. die Höhe der
zu vermittelnden Haushaltsanlagen in der langen Frist nicht exogen mittels der bisher unterstellten Einheitsanlage von Haushalten modelliert würde, sondern endogen in Abhängigkeit
des Zinssatzes oder der Zinsspanne.
1 6 4 In einem reinen Monopolmarkt beträgt der Lerner-Index somit allgemein p =
d
,
d+
konkret 0 im vollkommenen Wettbewerb und
143
+
im Monopolfall.
s3JN
s
=
der eigentlich dahinter stehenden Reaktionsfunktion) nicht auf den allenfalls
kompetitiveren Sektor in K reagiert und fI = + aufrechterhält.
In Abhängigkeit von d lassen sich die Steuersätze
(1 d)
+
>
2
2
(d
1)
wI = +
2
2
wK =
(5-38)
notieren. Je kompetitiver die Banken in K sind, desto höher kann Land K den
Quellensteuersatz auf ausländisches Kapital wählen bzw. desto tiefer muss die
Regierung in I den Steuersatz wI setzen. Der Grund dafür liegt in der höheren
Attraktivität der Anlage von Kapitalien in K durch die tiefere Zinsmargin und
die daraus resultierende Kapitalflucht nach K,
(d 1) + >
2
(1
d)
+
>
vbI =
2
vbK =
(5-39)
welche zu erheblich höheren Anlagen in K führt, 1 vbK + vbI = 2 d. Um-
gekehrt würde im Extremfall d $ 0 die Existenz der Banken in I in Frage
gestellt. Aus diesem Grunde hängen auch die Bankgewinne stark vom Wettbewerbsgrad ab,
EK
= (2 d)d>
EI = d=
(5-40)
Die Steuereinnahmen betragen
(1 d)2 2
UK
= (2 d) +
>
4 2
4
2
(1 d) =
UI = d +
4
4
(5-41)
Der Wettbewerbsgrad beeinflusst das Steueraufkommen in doppelter Weise.
Einerseits wirkt sich ein kompetitiverer inländischer Bankensektor positiv auf
die Steuereinnahmen durch die Besteuerung der Inländer in K aus, da diese
144
vermehrt im eigenen Land Anlagen tätigen, andererseits profitiert der Staat
durch die (höhere) Besteuerung der angewachsenen Kapitalien aus dem Ausland. In I präsentiert sich die Situation anders, da sich die Kapitalflucht
negativ auf die Einnahmen des Staats auswirkt. Je höher der Grad des Wettbewerbs in K ist, desto stärker unterscheiden sich die Steuereinnahmen der
beiden Länder, UK
UI
= 2(1 d) .
Die gesamte Wohlfahrt setzt sich bekanntlich zusammen aus den Steuereinnahmen des Staats, den Bankgewinnen, den Erträgen des Vorleistungssektors, YK = (2 d) respektive YI = d, und der Wohlfahrt der Haushalte
gemäss (5-37)-(5-39) in (5-11), KK
=l+
KI = l +
(72d+d2 )(6+2d)
8
+
2
8 .
(110d+d2 )(102d)
8
+
2
8
bzw.
Die Wohlfahrt der Haushalte in K
KI = 12 (1 d)(2 ).
ist höher, wenn K kompetitivere Banken hat, KK
Insgesamt betragen die Wohlfahrten der beiden Staaten somit
(3 + 2d 5d2 ) + (1 d)6
2
>
8
8 2
(5-42)
(5 + 2d + 3d2 ) (1 d)6
=
ZI = l (1 d) +
8
8
Ein kompetitiverer Bankensektor in K führt zu einer höheren gesamtwirt
ZK
= l + (1 d) +
ZI = 12 (1 d)(4 +
schaftlichen Wohlfahrt im Vergleich zu Land I , ZK
2(1 + d) + 3 ), und im Vergleich zur Situation ohne Wettbewerbsvorteil, bei-
spielsweise bei vollständigem Wettbewerb ZK
|d=0 ZK
|d=1 = + 38 + 34 .
Aus der Summe der beiden Wohlfahrten, ZK
+ ZI = 2l (1d)2 4
2
4 ,
lässt sich folgern, dass insgesamt die Wohlfahrt über beide Staaten hinweg
negativ von der unterschiedlichen Wettbewerbsintensität abhängt, d.h. die
Wohlfahrtsgewinne in K durch den kompetitiveren Bankensektor vermögen
die Wohlfahrtsverluste in I nicht auszugleichen, CZK
Cd
CZI
Cd
für d 1.
Proposition (5-6): Ein Land profitiert von einem eigenen kompetitiveren
Bankensektor. Die Wohlfahrt steigt in allen Bereichen beträchtlich an.
145
Es ist davon auszugehen, dass die Banken in I auf den Wettbewerbsvorteil in K reagieren. Unter Berücksichtigung der in Kapitel 5.2 berechneten
Reaktionsfunktion fI (fK ) =
fK ++
2
fI =
erhält man mit fK = d + (1 + d)
+ =
2
(5-43)
Um wettbewerbsfähig zu bleiben und um die eigenen Bankgewinne zu maximieren, passt sich auch der ausländische Bankensektor wenigstens teilweise
an die tiefere Margin in K an. Erwartungsgemäss sind die Unterschiede nicht
mehr ganz so frappant wie zuvor; die Steuersätze auf ausländisches Kapital
sind wK =
(1d)+2
4
(d1)+2
, und
4
(d1)+2
vbK =
4
bzw. wI =
weichender Haushalte beträgt
der Anteil ins Ausland ausrespektive vbI =
(1d)+2
.
4
Sowohl wl als auch vbl sind in beiden Ländern höher als zuvor, da im Vergleich
die Attraktivität von K durch die Anpassung der I -Banken geringer ist. Die
Bankgewinne EK
= 12 (3 d)d und EI = 14 (1 + d)2 zeigen, dass — ganz im
Gegensatz zu vorhin — die Existenz der Banken in I nun nicht mehr gefährdet
ist.
Schliesslich lässt sich wiederum die gesamte Wohlfahrt berechnen:
(1 d) (3 + 10d 13d2 ) + (1 d)12
2
+
>
2
32
82
(1 d) (5 6d + 11d2 ) (1 d)12
+
=
ZI = l 2
32
8
ZK
=l+
(5-44)
ZI =
Der Unterschied der beiden Wohlfahrtsmasse ist nun geringer, ZK
1
4 (1 d)(4 + (1 + 3d) + 3 ),
und auch die übrigen Vergleiche fallen etwas ge-
dämpfter aus. An den grundsätzlichen Schlussfolgerungen ändert sich jedoch
nichts: Unterschiedliche Wettbewerbsgrade im Bankensektor wirken sich sowohl auf die Zinsmargin als auch auf die gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrten
aus. Das vorliegende Bankenmodell widerspiegelt somit die in Kapitel 5.1 präsentierte vorherrschende Meinung, wonach eine hohe Marktkonzentration auf
146
ine!ziente Strukturen hinweise. Die Ergebnisse sind ebenfalls konsistent mit
der Schlussfolgerung von Smith (1998), wonach ein höherer Wettbewerbsgrad
im Bankensektor die Einkommen erhöht.165
5.4.4
Einführung von Reservevorschriften
Die aktuelle Krise auf den Finanzmärkten hat die Forderungen nach einer stärkeren Regulierung der Finanzmärkte verstärkt. Oftmals wird die Einführung
bzw. Verstärkung der Reservevorschriften von Finanzintermediären gefordert.
Reserverestriktionen wurden auch in der Literatur eingehend behandelt. Bereits früh mit dieser Thematik beschäftigte sich Miller (1975), der Reservevorschriften ins Modell von Klein (1971) einfügte. Fama (1985, 1980) und
James (1987) untersuchten in der Folge den Einfluss von Reservevorschriften
auf Bankeinlagen und gelangten zum Schluss, dass sich diese Restriktionen
auf die Zinssätze auswirken. Caminal (1997) erläutert, dass in vielen Ländern
Reservevorschriften die wichtigste Steuer für Finanzintermediäre seien. Die
Auswirkungen von Reserverestriktionen sind tatsächlich nicht zu unterschätzen. Banken werden durch diese gezwungen, Einlagen zu verzinsen, die sie
nicht als Kredite weiterverleihen dürfen, weshalb sich intuitiv folgern lässt,
dass die Zinsspannen bei Reservevorschriften tendenziell höher liegen.
Angenommen, die Banken beider Länder seien gesetzlich dazu verpflichtet,
einen Anteil y der Anlagen als Reserve zurückzuhalten.166 Für den Bankensek1 6 5 Nicht
abgebildet werden freilich allfällige Nachteile des Wettbewerbs, wie bsp. der stete
Wettbewerbsdruck, der Anreize setzt, ständig neue Anlagemöglichkeiten und Finanzierungsformen zu entwickeln, was zwar mit Innovation, aber auch mit Risiko verbunden ist.
1 6 6 In der Realität können Liquiditätsrestriktionen (Aktivseite der Bankbilanz) von Eigenkapitalvorschriften (Passivseite) unterschieden werden. Wenn im Modell verlangt wird,
dass Banken einen fixen prozentualen Anteil y der gesamten bei ihnen getätigten Anlagen
147
tor in K stellt sich dann die Situation wie folgt dar: Die Einlagen 1 vbK + vbI
der Haushalte werden entgegengenommen, wofür die Banken den Haushalten
(1 vbK + vbI )(l fK ) an Zins bezahlen. Für die Entgegennahme und Vermitt-
lung (bzw. Reservehaltung) dieser Anlagen fallen den Banken Kosten in Höhe
von (1 vbK + vbI ) an. Einnahmen generieren die Banken durch die Anla-
ge auf den Weltmärkten zum Weltmarktzinssatz, jedoch wird nur ein Anteil
1 y weiterverliehen, weshalb die Einnahmen schliesslich (1 y)(1 vbK + vbI )l
betragen. Die Bankengewinne lassen sich somit schreiben als
EK = (1 vbK + vbI )(fK yl)>
(5-45)
EI = (1 vbI + vbK )(fI yl)>
wobei (1 vbK + vbI )yl bzw. (1 vbI + vbK )yl die Kosten der Reservehaltung
widerspiegeln, also diejenigen Kosten, welche durch die Verzinsung von nicht
weiterverliehenen Kapitalien resultieren.
In gewohnter Weise folgen mit (5-4) und (5-45) die beiden Reaktionsfunktionen für die Zinsspannen, fK =
fI +++yl
2
sowie fI =
fK +++yl
,
2
und
schliesslich die optimale Zinsmargin
fl = + + yl.
(5-46)
Wie zuvor erwartet wurde, erhöhen sich die Zinsspreads. Die Banken halten
sich schadlos; die Gewinne betragen gemäss (5-45) unverändert El = , d.h.
die Finanzintermediäre wälzen den Ausfall der Einnahmen durch die Reservevorschriften vollständig auf die Bankkunden ab, wodurch sich die Wohlfahrt
der Haushalte um yl verringert, Kl = (1 y)l +
2
8 ,
während
die Wohlfahrten des Staats und des Vorleistungssektors unverändert bleiben.
zurückbehalten, dann wäre dies im Übrigen grundsätzlich identisch mit der Annahme, dass
ein Teil der Anlagen durch Eigenverschleiss im Intermediationsgeschäft verschwindet.
148
Somit sinkt auch die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt um denselben Betrag,
Zl = (1 y)l 2
=
8
(5-47)
Proposition (5-7): Eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte mittels
Reservevorschriften erhöht die Kosten der Kapitalvermittlung durch Finanzintermediäre und somit die Intermediationsspanne, was c.p. zu einer geringeren
Wohlfahrt der privaten Haushalte und schliesslich der gesamten Volkswirtschaft führt.
Ebenfalls kurz erwähnt seien die Auswirkungen, wenn beispielsweise nur
Land K Reservevorschriften einführt, d.h. EK = (1 vbK + vbI )(fK yl)
und EI = (1 vbI + vbK )(fI ). Die Zinsspannen betragen dann fK =
(yl3)2
9
und EI =
, die Steuersätze auf ausländisches Kapital wK =
3 yl
6
und wI =
und die Anteile der ausweichenden Haushalte vbK =
3 +yl
6
und vbK =
+ +
2
(yl+3)
9
3 +yl
6
3 yl
6 .
2yl
3
und fI = + +
yl
3,
die Bankgewinne EK
=
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Land I in allen
relevanten Grössen bessergestellt ist: EI EK
=
YI YK =
(4+10+3 )yl
.
6
2yl
3 ,
KI KK
=
(2 )yl
6
4yl
3 ,
UI
UK
=
2 yl
3 ,
und letztlich auch ZI ZK
=
Proposition (5-8): Gelten in einem Land restriktivere Reservevorschriften als in einem anderen Land, so ist dieses sowohl in Bezug auf die Zinsmarge
als auch auf die Steuereinnahmen bzw. Wohlfahrt des Staats, der Haushalte
und der gesamten Volkswirtschaft im Nachteil.
Das vorliegende Bankenmodell bildet die oben angesprochenen Auswirkungen von Reservevorschriften zutreend ab. Nicht abgebildet werden jedoch die
149
positiven Auswirkungen, welche üblicherweise von solchen Restriktionen erwartet werden, bsp. die Reduzierung von Systemrisiken oder die Vermeidung
von Illiquidität bei einem sogenannten „bank run”, also einem Ansturm auf
die Bank zwecks Abhebung der angelegten Gelder.
5.5
Szenarien
Um die verschiedenen Auswirkungen der bisher betrachteten Einflussfaktoren
auf den Bankensektor auch quantitativ vergleichen zu können, soll nun das
Grundmodell anhand realer Werte kalibriert werden, um danach verschiedene
Szenarien zu betrachten. Da es sich um ein Zwei-Länder-Modell mit teilweise
— grundsätzlich jeder Modellierung inhärenten — starken Restriktionen handelt, sind die Ergebnisse nur bedingt aussagekräftig, geben aber trotzdem
wenigstens annäherungsweise die Grössenordnungen der Auswirkungen verschiedener Szenarien wieder.
5.5.1
Kalibrierung der Ausgangslage
Das Zwei-Länder-Modell soll anhand schweizerischer Werte kalibriert werden.167 Ende 2004 betrug der Stand der Bevölkerung in der Schweiz 7.41 Mio.,
der durchschnittliche Haushalt umfasste 2.264 Personen.168 Daraus lässt sich
folgern, dass 2004 etwa 3.27 Mio. Haushalte existierten.
Analysiert man die in Kapitel 3.2 aufgeführten Zahlen zum schweizerischen
Bankensektor, so zeigt sich, dass der durchschnittliche Zinsaufwand der Jahre
1 6 7 Als
Konterpart für die Schweiz könnte bsp. Österreich betrachtet werden, das sowohl
in Bezug auf die Grösse als auch die weiteren volkswirtschaftlichen Werte in einem symmetrischen Zwei-Länder-Modell am ehesten mit der Schweiz vergleichbar ist.
1 6 8 Bundesamt für Statistik (2007), S. 23 .
150
1996-2007 total 58.4 Mia. Fr. betrug, siehe Tab. 3-7. Bekanntlich verwalten
Schweizer Finanzintermediäre aber auch sehr hohe ausländische Vermögensbestände. Ausgehend von einem durchschnittlichen (Libor-)Zinssatz von 3%,169
entspräche ein Zinsaufwand von 58.4 Mia. Fr. einem unrealistisch hohen Vermögen pro inländischem Haushalt. Für das Jahr 2007 wären die Werte noch
extremer. Um das Modell sinnvoll zu kalibrieren, müssen die ausländischen
Vermögen deshalb ausgeblendet werden. Welcher Anteil des Zinsdierenzgeschäfts tatsächlich nur auf Inländer zurückgeführt werden kann, ist jedoch relativ schwierig festzustellen. Einen guten Anhaltspunkt liefert SNB (2008a),
wonach Ende 2007 etwa 310.7 Mia. Fr. von inländischen Kunden in Spar- und
Anlageform auf Schweizer Franken lautend in der Schweiz angelegt waren.170
Dies würde einem realistischen Vermögen von etwa 95’000 Fr. pro Haushalt
entsprechen, das in verzinslicher Form angelegt ist.
Grob geschätzt folgen aus Tab. 5-1 Zinsspannen in der Schweiz (und in
Österreich) von ungefähr 2%, fl = 0=02. Der Weltmarktzinssatz beträgt somit
5%, l = 0=03 + 0=02 = 0=05. Betrachtet man die Aufwandseite in Tab. 3-7,
so lässt sich der langjährige Anteil der Personal- und Sachkosten am Bruttoertrag mit etwa 58% berechnen.171 Bei einer Intermediationsspanne von
fl = 0=02 folgen somit Kosten von = 0=58 · 0=02 = 0=0116, d.h. pro Einheit
Kapital, die von Banken entgegengenommen wird, fallen Kosten für Personal
und Sachgüter in Höhe von = 0=0116 an.172 Davon ausgehend, dass in der
Ausgangslage die Optimalitätsbedingung fl = + gemäss (5-6) eingehalten
1 6 9 Statistisches
Jahrbuch der Schweiz (2007), S. 265.
(2008a), A205 .
1 7 1 (Personalaufwand 22.86 Mia. Fr. + Sachaufwand 12.17 Mia. Fr.) / Gesamtertrag 59.74
1 7 0 SNB
Mia. Fr. Welcher Anteil des Aufwands dem Intermediationsgeschäft und welcher dem
Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft zugerechnet werden muss, ist aus den Statistiken
nicht eruierbar.
1 7 2 Dies sind die in Kapitel 5.2 erläuterten „Vorleistungskosten”. In der Realität besteht
151
wird, müssen die Ausweichkosten folglich = 0=0084 betragen.
Noch ausstehend sind die Werte für die Steuersätze. Es ist realistisch, von
einem durchschnittlichen Steuersatz auf das Einkommen natürlicher Personen von etwa 10% auszugehen.173 Ein Kapital von 100 Fr., das zu 3% verzinst
wird, wirft einen Ertrag von 3 Fr. ab, der zum Einkommensteuersatz von
10% versteuert werden muss. Ohne Vermögenssteuer würde der Nettosteuersatz auf den Kapitalwert somit 0.3% betragen.174 Die Vermögenssteuer ist
bekanntlich eine Substanzsteuer und wird in der Schweiz nur von den Kantonen erhoben. Diese wenden unterschiedliche Sätze von etwa 0.2 bis 3 Promille an, welche schliesslich mit dem jeweiligen Gemeindesteuerfuss (ca. 100%
e.E bis 400% e.E.) multipliziert werden. Insgesamt ist wohl ein Vermögenssteuersatz von etwa 0.7% realistisch. Somit folgt insgesamt eine Belastung
inländischer Haushaltsanlagen in Höhe von = 0=003 + 0=007 = 0=01. Der
Steuersatz auf ausländische Anlagen beträgt in der Ausgangssituation gemäss
(5-9) wl =
2
= 0=005. Wie in Kapitel 4.1 erläutert wurde, verlangt auch
Österreich analog zur Schweiz eine stufenweise ansteigende Quellensteuer auf
ausländische Kapitalanlagen, welche von 2008 bis 2011 20% und ab 2011 35%
beträgt. Wird ein Vermögen von 100 Fr., das im Ausland angelegt ist, nicht
deklariert, so beträgt der relevante Steuersatz bei einem Nettozinssatz von 3%
und einem Quellensteuersatz von momentan 20% gerade
100·0=03·0=2
100
= 0=006
und entspricht fast der im Grundmodell postulierten Optimalbedingung. Mit
(5-8) lässt sich nun der Anteil der Haushalte berechnen, für die sich die Kaein grosser Teil dieser Kosten aus Personalausgaben. Da der Arbeitsmarkt im Modell nicht
explizit berücksichtigt wird, werden die Personalkosten der Einfachheit halber dem Sachaufwand zugerechnet.
1 7 3 Vergleiche OECD (2008), S. 93 .
1 7 4 0.1 x 3 Fr. / 100 Fr.
152
pitalflucht lohnt, vbl =
2
= 0=5952.175
Da das Grundmodell eine Einheitsanlage unterstellt und die Haushalte auf
1 normiert, müssen die vorliegend berechneten Werte um den Faktor 950 000 ·
30 2700 000 = 310=7 Mia. korrigiert werden. Tab. 5-2 fasst die Kalibrierung des
Grundmodells anhand der Gleichungen (5-1)-(5-14) übersichtlich zusammen:
Anzahl Haushalte:
Vermögen/Haushalt:
3'270'000
95'000
in Mia. Fr.
δ = 0.0084
sˆ*i = 0.5952
Ri* =
0.0070
2.1823
µ = 0.0116
ti* = 0.005
Bi* =
0.0084
2.6099
i = 0.05
τ = 0.01
*
i
H =
0.0215
6.6764
ci = 0.02
*
i
*
i
V =
0.0116
3.6041
W =
0.0485
15.0726
Tab. 5-2: Kalibrierung des Grundmodells
Abb. 5-5 veranschaulicht die Aufteilung des Zinsgewinns von 5% bzw.
die Aufteilung der gesamten Kapitaleinkommen von 0=05 · 310=7 = 15=535. Mit
knapp 43% geht der grösste Teil an die Haushalte. Der Staat nimmt etwa 14%
der Kapitalerträge über die Besteuerung ein. Die Bankgewinne machen knapp
17% aus, und an den Vorleistungssektor gehen 23%. Der Wohlfahrtsverlust
(DWL) beträgt im Vergleich zu einer koordinierten Besteuerung mit = wl
wie in Kapitel 5.3 rund 3%.
1 7 5 In
Kapitel 4.1 wurde ausgeführt, dass Steuerzahler im Vergleich zu den bestehenden
theoretischen Modellen in der Realität allgemein zu gesetzestreu und pflichtbewusst sind.
Auch dieses Modell bzw. diese Kalibrierung führt zu einem eher hohen Wert für den Anteil
der Haushalte, für die sich die anonyme Anlage im Ausland lohnt.
153
2.98%
14.05%
23.20%
16.80%
R
B
H
V
42.98%
DWL
Abb. 5-5: Aufteilung der Kapitalgewinne in der Ausgangssituation
5.5.2
Vergleich verschiedener Szenarien
In Szenario 1 steht zunächst die Frage im Vordergrund, wie sich ein Gewinnsteuersatz in beiden Bankensektoren in Höhe von E = 20% auf die Volkswirtschaft auswirkt. Die Gewinnsteuer erhöht gemäss (5-22) die Zinsmargin,
vorliegend um etwa 4.7%, siehe Tab. 5-3. Der Finanzsektor wälzt also die höhere Belastung durch die Gewinnsteuer zu einem Teil auf die Bankkunden ab,
indem er höhere Preise für die Intermediation verlangt. Die Besteuerung der
Bankgewinne schmälert deren Nettogewinne nach Steuern trotz höherer Zinsspannen um über 11%. Auallend ist die starke Zunahme der Kapitalflucht
in beiden Ländern um über 18%. Der Grund für die Kapitalflucht liegt in den
um fast 19% tieferen Steuersätzen auf ausländische Anlagen. Da der Staat
an den Gewinnen der Banken stark partizipiert, hat er ein Interesse daran,
die inländischen Bankgewinne zu sichern, weshalb er ausländische Anlagen
154
stärker begünstigt. Erwartungsgemäss reagiert das Steueraufkommen positiv
auf die Gewinnbesteuerung (+9.3%). Die höhere Zinsspanne verringert das
Kapitaleinkommen der Haushalte, weshalb deren Wohlfahrt um 1.5% sinkt.
Insgesamt verringert sich die Wohlfahrt um 1.25%, was etwa 0.2 Mia. entspricht. Die Gewinnsteuer erhöht den Anteil des Wohlfahrtsverlusts auf neu
4.2%, was einer Zunahme von über 40% entspricht.
Szenario 2 unterstellt nun, dass das Inland über einen Standortvorteil mit
e!zienteren Banken verfüge, welche zu geringeren Grenzkosten die Intermediation von Kapital vornehmen können, K ? I . Während also im Ausland
weiterhin I = = 0=0116 gilt, soll dieser Wert im Inland um 10% tiefer
liegen, K = 0=01044. Der E!zienzvorteil des Inlands wirkt sich positiv auf
die Zinsspannen beider Länder aus, jedoch in unterschiedlichem Masse: Im
Inland sinkt die Margin um knapp 4%, im Ausland verringert sie sich nur um
knapp 2%, vergleiche Tab. 5-3. Die tiefere Zinsspanne im Inland wirkt anziehend auf ausländische Kapitalien. Während die Kapitalflucht im Ausland
um knapp 4% zunimmt, sinkt diese im Inland um denselben Wert. Dies wirkt
sich auch auf die Bankgewinne aus. Höhere Anlagen im Inland erhöhen die
Bankgewinne trotz tieferer Zinsmarge (+9.4%), wobei im Ausland gerade das
Gegenteil zutrit (-9%). Sowohl der inländische Staat als auch die Haushalte partizipieren am Erfolg der Banken; die Steuereinnahmen liegen um 6.6%
höher (während im Ausland das Steueraufkommen um 6.5% sinkt), und die
Wohlfahrt der Haushalte steigt um über 3%. Die tiefere Margin fK wirkt sich
über die Kapitalflucht und die ebenfalls tiefere Margin fI ebenfalls positiv auf
die Wohlfahrt der Haushalte im Ausland aus (+2.3%), was aber die Abnahme
der ausländischen Wohlfahrt nicht zu verhindern mag. Insgesamt nimmt die
Wohlfahrt im Inland um 2.5% zu, während sich der Anteil des Wohlfahrtsverlusts im Ausland von 3% auf knapp 5.5% relativ stark erhöht.
155
Tab. 5-1 listet sowohl die Zinsspanne als auch die Marktkonzentration im
Bankensektor im internationalen Vergleich auf. Sie zeigt, dass beispielsweise zwischen Österreich und der Schweiz ein erheblicher Unterschied in Bezug
auf die Kompetitivität im Finanzsektor besteht. Während in der Schweiz eine
sehr hohe Konzentration festzustellen ist (Herfindahl-Index 0.77), bewegt sich
Österreich im Mittelfeld (0.44). Es stellt sich deshalb in Szenario 3 die Frage, wie sich ein Vorteil im Wettbewerbsgrad des Bankensektors c.p. auswirkt.
Davon ausgehend, dass der ausländische Bankensektor einen Herfindahl-Index
von 0.8 aufweise, während inländische Banken weiterhin monopolistisch agieren, d.h. einen Indexwert von 1 besitzen, erhält man die in Tab. 5-3 aufgeführten Resultate. Zwar fallen in beiden Ländern die Zinsspannen, die Reaktion
im Ausland ist mit 8.4% jedoch doppelt so stark. Die geringere Monopolmacht
im Ausland wirkt sich erwartungsgemäss negativ auf die Bankgewinne aus, die
um 12% sinken. Noch gravierender sind die Auswirkungen aber auf den inländischen Bankensektor, dessen Gewinne sogar um 19% schrumpfen. Der Grund
dafür liegt einerseits in der tieferen Intermediationsspanne, andererseits steigt
die Attraktivität des Auslands, weshalb der Anteil der ausweichenden Haushalte um über 8% ansteigt, während dieser Anteil im Ausland sinkt. Insgesamt
findet deshalb eine Verschiebung von Kapital ins Ausland statt, was auch der
inländische Fiskus über geringere Steuereinnahmen (-13.9%) zu spüren bekommt. Durch den Kapitalzufluss und den höheren optimalen Steuersatz auf
grenzüberschreitendes Kapital steigt das Steueraufkommen im Ausland um
14.5%. Auch die Haushalte profitieren von den tieferen Margins, wobei der
Eekt im Inland aufgrund des höheren Steuersatzes auf nicht deklarierte Anlagen kleiner ist. Da nun Banken im Inland weniger Kapital entgegennehmen
und vermitteln müssen, sinkt auch die Wohlfahrt des Vorleistungssektors. Insgesamt steigt die gesamte Wohlfahrt in der ausländischen Volkswirtschaft um
156
5.4%, während diejenige im Inland sinkt. Der Anteil des Wohlfahrtsverlust an
den gesamten inländischen Kapitalgewinnen steigt von ursprünglich 3% auf
über 8%. Unterschiede in Bezug auf den Wettbewerbsgrad im Bankensektor
besitzen oenbar einen nicht zu unterschätzenden quantitativen Einfluss auf
die Wohlfahrt eines Landes.
Basis
c*H =
c*F =
sˆ*H =
sˆ*F =
tH* =
tF* =
Szen. 1:
τ B = 0.2
0.02
+4.67%
0.5952
+18.67%
-18.67%
0.005
Szen. 2:
µH < µF
Szen. 3:
a = 0.8
-3.87%
-4.20%
-1.93%
-8.40%
-3.87%
+8.40%
+3.87%
-8.40%
+3.87%
-8.40%
-3.87%
+8.40%
Szen. 4:
v = 0.1
25.00%
0.00%
0.00%
in Mia.
RH* =
R*F =
BH* =
B *F =
H H* =
*
F
H =
VH* =
VF* =
WH* =
WF* =
DWL Inland
DWL Ausland
0.007
2.1823
+9.28%
0.0084
2.6099
-11.11%
0.0215
6.6764
-1.52%
0.0116
3.6041
0.00%
0.0485
15.0726
-1.25%
2.98%
4.19%
+6.62%
-13.94%
-6.49%
+14.54%
+9.42%
-19.00%
-8.99%
-12.00%
+3.07%
+5.12%
+2.35%
+6.70%
-5.86%
-10.00%
-4.60%
+10.00%
+2.55%
-5.43%
-2.56%
+5.39%
0.50%
8.25%
5.46%
-
0.00%
0.00%
-23.27%
0.00%
-10.31%
12.98%
Tab. 5-3: Ergebnisse der Szenarien
Das letzte Szenario führt Reservevorschriften in Höhe von 10% der totalen
Assets ein, y = 0=1. Die Zinsspanne erhöht sich um insgesamt 25%. Der Finanzsektor überwälzt die höheren Kosten der Reservehaltung vollständig auf
157
die Anleger, weshalb die Bankgewinne konstant bleiben. Mit Ausnahme der
Haushaltswohlfahrt, welche durch die höheren Intermediationskosten um über
23% sinkt, ändern sich die übrigen Werte nicht. Insgesamt schrumpft die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt um über 10%, und der Anteil des Deadweight
Loss am Kapitalgewinn wächst um zehn Prozentpunkte auf knapp 13%. Die
Kosten der Reservehaltung betragen jeweils 1.55 Mia. (yl · 310=7). Die Aussage von Caminal (1997), wonach Reservevorschriften in vielen Ländern die
wichtigste Steuer sei, scheint sich somit auch quantitativ zu bestätigen. Bereits
eine geringe Reservehaltung hat massive Wohlfahrtseinbussen zur Folge, wenn
diese Reservehaltung nicht mit anderen, hier nicht einbezogenen Vorteilen wie
bsp. der Verhinderung von Krisen oder bank runs verbunden ist.
5.5.3
Sensitivitätsanalyse
Bekanntlich liegt der Vorteil von rechenbaren Gleichgewichtsmodellen in den
quantitativ berechenbaren Auswirkungen verschiedener (Politik-)Szenarien,
anstatt diese nur in analytischer Form zu präsentieren. Naturgemäss sind
diese quantitativen Ergebnisse jedoch sensitiv, unabhängig davon, ob die zugrunde gelegten Parameter geschätzt oder kalibriert sind. Aus diesem Grunde
soll nachfolgend eine kurze Sensitivitätsanalyse anhand von Szenario 3 gemacht werden. Szenario 3 eignet sich gerade deshalb, weil es alle relevanten
Mechanismen enthält und entsprechende Wohlfahrtswirkungen generiert.
Tab. 5-4 fasst die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse zusammen. Die erste
Spalte „Basis” gibt die Ausgangssituation von Szenario 3 wieder. Die Werte
für Ul > El > Kl > Yl und Zl sind zum Skalierungsfaktor in Milliarden aufgerechnet. In der zweiten Spalte sind die neu berechneten Werte für einen
um 10% höher liegenden Steuersatz auf inländische Kapitalien aufgeführt,
158
= 0=011. Die Steuereinnahmen sind aufgrund des höheren Steuersatzes erwartungsgemäss höher, während die Bankgewinne unverändert bleiben. Die
höhere Steuerbelastung geht zulasten der privaten Haushalte, deren Wohlfahrt
geringer ist. Insgesamt ändern sich die Ergebnisse in Bezug auf die gesamte
Wohlfahrt jedoch nur marginal, obwohl die Erhöhung des Steuersatzes um
10% eher hoch gewählt wurde.
τ=
δ =
µ=
i=
Basis
τ ×1.1
µ ×1.1
0.01
0.011
0.01
0.01
0.0084
0.0084
0.00724
0.0084
0.0116
0.0116
0.01276
0.0116
i = 0.06
0.05
0.05
0.05
0.06
cH* =
0.0192
0.0192
0.0193
0.0192
cF* =
0.0183
0.0183
0.0186
0.0183
R =
1.8781
1.9635
1.7290
1.8781
R *F =
2.4995
2.6471
2.3505
2.4995
B*H =
2.1140
2.1140
1.8220
2.1140
*
F
B =
2.2967
2.2967
1.9795
2.2967
H H* =
7.0183
6.8124
7.0558
10.1253
H *F =
7.1239
6.9025
7.1254
10.2309
*
H
V =
3.2437
3.2437
3.5681
3.2437
*
F
*
H
V =
3.9645
3.9645
4.3610
3.9645
W =
14.2541
14.1337
14.1751
17.3611
WF* =
15.8847
15.8108
15.8164
18.9917
*
H
Tab. 5-4: Sensitivitaetsanalyse zu Szenario 3
Die dritte Spalte erhöht bei einer gegebenen Zinsspanne von 2% den Anteil
der Kosten um 10%. Auch diese Parameterveränderung wirkt sich insgesamt nur geringfügig auf die Ergebnisse aus. Die Verringerung der Zinsspanne fällt etwas kleiner aus, die Steueraufkommen sind aufgrund der tieferen
Bankgewinne ebenfalls geringer, was aber durch die gestiegene Wohlfahrt im
159
Haushalts- und im Vorleistungssektor kompensiert wird, so dass die gesamte
Wohlfahrt nur minim kleiner ist als in der Referenzversion „Basis”.
In der letzten Spalte ist schliesslich der Weltmarktzins um einen Prozentpunkt erhöht worden, was sich aber nur auf die Wohlfahrt der Haushalte
und dadurch auf die gesamte Wohlfahrt auswirkt. Da es sich um ein Modell handelt, in dem nur Kapitaleinkommen existieren, wirkt sich der höhere
Weltmarktzins stark auf diese beiden Sektoren aus. Die übrigen Sektoren sind
nicht betroen, da die Banken unverändert eine Zinsmargin von 2% verlangen.
Insgesamt zeigt diese kurze Sensitivitätsanalyse, dass die Ergebnisse relativ
robust gegenüber Änderungen der Parameter sind.
5.6
Fazit
Das hier entwickelte Bankenmodell erlaubt Aussagen über verschiedene, v.a.
von der empirischen Literatur identifizierte Determinanten der Zinsspanne,
und erklärt den Prozess, der zur Festlegung des Intermediationspreises führt.
Ausgehend von einem monopolistisch agierenden Bankensektor zeigt sich, dass
dieser über tiefe Intermediationskosten versucht, sowohl für das Inland als
auch für das Ausland attraktiv zu sein. Die Einführung bzw. Erhöhung der
Steuer auf Bankgewinne führt zu höheren Zinsspannen und einem Anstieg
der Kapitalflucht. Banken wälzen die Gewinnsteuer zwar teilweise über die
Zinsmargin auf die Anleger ab, ein Teil bleibt jedoch dennoch bei ihnen hängen. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen der empirischen Literatur, wonach Unterschiede in Zinsspannen mit unterschiedlicher Besteuerung zusammenhängen und die Unternehmenssteuerbelastung mindestens teilweise auf
Bankkunden überwälzt wird. Sobald der Staat mittels einer Gewinnsteuer
auf die Gewinne des Bankensektors zugreift, besitzt er zudem ein Interesse
160
daran, eben diese Bankgewinne zu sichern, weshalb er einen Anreiz hat, die
Steuersätze auf ausländische Kapitalien zu senken. Insgesamt verringert die
Gewinnbesteuerung die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt.
Der Standortvorteil der Schweiz wird oftmals damit erklärt, die Schweiz
verfüge über einen überdurchschnittlich e!zienten Finanzplatz, der ausländische Anleger anziehe und diese dazu bewege, ihre Anlagen bei Schweizer Banken zu tätigen. Auch Kapitel 3.2 illustrierte, dass Produktivität und E!zienz
im Schweizer Bankensektor stark und überproportional zugenommen haben.
Es zeigt sich, dass der Bankensektor allfällige Kostenvorteile in der Intermediation von Kapitalien tatsächlich in Form tieferer Zinsspannen weitergibt
und dadurch die Attraktivität gegenüber dem Ausland steigert. E!zienzvorteile wirken sich positiv auf alle Bereiche der Volkswirtschaft aus und tragen
oensichtlich zu Unterschieden in der Wertschöpfung verschiedener Länder
bei.
In Bezug auf den Wettbewerbsgrad im Bankensektor schliessen sich die
Ergebnisse ebenfalls an die verbreitete Meinung in der empirischen Literatur
an, wonach eine hohe Marktkonzentration grundsätzlich ein Zeichen für Ine!zienz sei. Ohne Berücksichtigung allfälliger Nachteile durch die Verschärfung des Wettbewerbs im Bankensektor setzen kompetitive Banken tiefere
Zinsspannen und erhöhen dadurch die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt des
betreenden Landes, weshalb der Staat ein Interesse daran hat, über kompetitive bzw. kompetitivere Banken als das Ausland zu verfügen.
Auch Reservevorschriften wirken sich auf die Zinsspanne aus, indem Kapitalien nicht weiterverliehen werden dürfen, auf welche Banken Passivzinsen
zahlen müssen. Eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte ist deshalb c.p.
mit einer geringeren Wohlfahrt sowohl für die Haushalte wie auch die gesamte
161
Volkswirtschaft verbunden.
Die Kalibrierung des Modells anhand realer Schweizer Werte erlaubt Aussagen über die quantitativen Auswirkungen verschiedener Szenarien. Es zeigt
sich, dass Reserverestriktionen die weitreichendsten Eekte generieren. Bereits eine geringe Reservehaltung hat grosse Wohlfahrtseinbussen zur Folge,
wenn damit nicht Vorteile wie bsp. die Verhinderung von bank runs verbunden
sind. Neben den Reserverestriktionen verursachen aber auch Unterschiede im
Wettbewerbsgrad der Bankensektoren und Unterschiede in der E!zienz der
Intermediationstätigkeit beachtliche quantitative Auswirkungen und Unterschiede in den Zinsspannen, wobei das Modell gemäss Sensitivitätsanalyse
relativ robust ist gegenüber Parameteränderungen.
Insgesamt konnte das hier entwickelte Bankenmodell erfolgreich auf einige interessante Fragestellungen angewendet werden. Die tiefe Zinsspanne
der Schweiz steht in einem direkten Zusammenhang mit der Attraktivität
des Schweizer Finanzplatzes, wobei verschiedene Determinanten auf die Zinsspanne einwirken. Eine tiefe Besteuerung der Bankgewinne, tiefe Reservevorschriften und E!zienzvorteile begünstigen eine tiefe Intermediationsspanne,
was sich mit den empirischen Erkenntnissen deckt. In Bezug auf die Schweiz
überwiegen die begünstigenden Eekte oenbar die negative Wirkung des eher
als monopolistisch einzustufenden Bankensektors.
162
6
Zusammenfassung
Die vorliegende Dissertation hat sich mit verschiedenen Aspekten des Schweizer Bankensektors und der Besteuerung von Banken befasst. Als wichtigste
Aufgabe von Banken konnte das klassische Intermediationsgeschäft identifiziert werden, also die Vermittlung von Kapital von Anlagewilligen an Kreditsuchende. Insgesamt zeichnet sich der Schweizer Bankensektor für hohe Anteile an gesamtwirtschaftlichen Werten wie der Wertschöpfung, der Beschäftigung oder dem Steueraufkommen verantwortlich, was sowohl die dominante
Stellung des Schweizer Finanzsektors als auch deren Klumpenrisiko für die
Volkswirtschaft widerspiegelt.
Die drei wichtigsten Steuern im Bankensektor sind die Verrechnungs- bzw.
Quellensteuer, die Mehrwert- und die Gewinnsteuer. Insgesamt stellt die Verrechnungssteuer die drittwichtigste Einnahmequelle des Bundes dar und generiert auch bei Nichtdeklaration von Vermögenswerten Steuererträge. Sie steht
somit in direktem Zusammenhang mit dem Schweizer Bankgeheimnis, das auf
der Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug sowie auf
der beidseitigen Strafbarkeit basiert, welche die Schweiz bei internationaler
Rechtshilfe verlangt. Angesichts des aktuellen Drucks hat sich die Schweiz
zwar dazu bereit erklärt, auch bei Steuerhinterziehung Rechtshilfe zu leisten,
die Auskunft beschränkt sich aber auf konkrete und begründete Einzelfälle
auf Anfrage, so dass der automatische Informationsaustausch weiterhin kategorisch abgelehnt wird.
Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass ein Eingeständnis der Schweiz zu
automatischem Informationsaustausch gegenüber der EU mit gravierenden
Nachteilen verbunden wäre. Ein wesentlicher Grund liegt nicht in den von EUBürgern in der Schweiz getätigten Anlagen, sondern in den hohen Kapitalien
163
aus Drittstaaten, welche nicht direkt in Abkommen zwischen der EU und
der Schweiz einbezogen werden können. Je höher diese externen Anlagen sind
(und die Schweiz verfügt über beträchtliche Anlagen aus Drittstaaten), desto
stärker ist der Anreiz des davon profitierenden Landes, Informationsaustausch
abzulehnen und stattdessen Quellenbesteuerung zu fordern.
Da Banken nur die Aufgabe zukommt, die einbehaltenen Verrechnungssteuern dem Fiskus abzuliefern, sind sie von dieser nicht direkt tangiert. Neben
der Gewinnsteuer ist es vor allem die Mehrwertbesteuerung, welche Banken
belastet. Eine ideale Konsumsteuer müsste auch den von Banken im Intermediationsgeschäft geschaenen Mehrwert erfassen. Zwar bestehen Ansätze, wie
die Mehrwertsteuer auf das Zinsdierenzgeschäft angewendet werden könnte, in der Realität beschränken sich die meisten Staaten — darunter auch die
Schweiz — jedoch auf die unechte Befreiung, welche zu Ine!zienzen und Verzerrungen führt. Der Vorteil der unechten Befreiung liegt in den Einnahmen
durch die taxe occulte. Während bei einer korrekten und vollständigen Erfassung des Intermediationsgeschäfts nur noch Umsätze an Private im Inland
steuerbar wären, führt die unechte Befreiung wenigstens zu Schattensteuereinnahmen durch die versteckte Besteuerung des Auslands und der inländischen Unternehmen. Dass auch die aktuelle Reform der Mehrwertsteuer in
der Schweiz keine korrekte Besteuerung im Bankensektor einführen will, ist
ebenfalls auf diesen Umstand sowie auf befürchtete Implementierungsprobleme zurückzuführen.
Neben dem Bankgeheimnis stellt die tiefe Zinsspanne der Schweiz einen
weiteren Grund für die Attraktivität des Schweizer Finanzplatzes dar. In dieser Dissertation wurde erstmals in geeigneter Weise ein Bankensektor mit
einer expliziten und endogenen Zinsspanne modelliert, um die Auswirkungen
164
verschiedener Determinanten herauszuarbeiten und die empirischen Resultate
auch in einem theoretischen Modell zu fundieren. Unterschiede in der Unternehmensbesteuerung, in der E!zienz, mit welcher die Kapitalintermediation
getätigt werden kann, im Wettbewerbsgrad des Bankensektors oder in den
Vorschriften zur Reservehaltung wirken sich deutlich auf die Höhe der Zinsspanne aus, und es ist davon auszugehen, dass auch die tiefe Zinsspanne der
Schweiz in direktem Zusammenhang mit diesen Determinanten steht.
Abschliessend lässt sich festhalten, dass die Attraktivität des Schweizer Finanzplatzes sowie die gesamte volkswirtschaftliche Entwicklung massgeblich
verknüpft sind mit dem Bankgeheimnis, das durch die Verweigerung des Informationsaustauschs gesichert wird. Hinzu kommen die tiefe Intermediationsspanne bzw. die tiefen Intermediationskosten, welche die vorteilhaften bzw.
im internationalen Vergleich vorteilhafteren institutionellen Bedingungen in
der Schweiz widerspiegeln. Der heutige Wohlstand der Schweiz basiert insgesamt zu einem wesentlichen Teil auf der Stärke des Schweizer Finanzplatzes
und seiner internationalen Bedeutung.
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Curriculum Vitae
Ausbildung
2005-2010 Doktorat der Wirtschaftswissenschaften, Universität St. Gallen
2000-2005 Studium der Wirtschaftswissenschaften, Universität St. Gallen
1996-2000 Matura Typus E, Kantonsschule Pfä!kon-Nuolen
Praktische Tätigkeiten
seit 2003
Wissenschaftlicher Assistent und Dozent für VWL und
Finanzwissenschaften, IFF-HSG, Universität St. Gallen
2009
ad interim Heimleiter Seniorenzentrum Brunnenhof Wangen SZ
seit 2008
Gemeindepräsident Wangen SZ und Kantonsrat
2006-2008 Gemeinderat Wangen SZ
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