Pflegemaßnahmen wirken sich auf die Ertragshöhe aus

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2/2009
Pflegemaßnahmen wirken sich auf
die Ertragshöhe aus
Barbara Raifer, Versuchszentrum Laimburg
Mangelnder Fruchtansatz war noch vor wenigen Jahrzehnten eine
verbreitete Erscheinung. Selektioniertes Pflanzgut und verbesserte
Anbaumaßnahmen führen heute durchwegs zu guten, ja zu überhöhten Erträgen. Blüte und Fruchtansatz sind somit nicht mehr so
entscheidend wie früher. Eine spätere Reduzierung der Trauben pro
Rebstock ist daher häufig erforderlich, um das Blatt-Fruchtverhältnis
wieder ins Lot zu bringen.
Reserven für den
Vegetationsbeginn
Die Energie und die Mineralstoffe
für das Blatt- und Triebwachstum im
Frühjahr werden den im Altholz und
in der Wurzel gespeicherten Reserven
entnommen. Erst mit zunehmender
Bodenerwärmung setzt neues Wurzelwachstum ein, welches die Aufnahme von Mineralstoffen aus dem Boden ermöglicht. Mit fortschreitender
Blattentwicklung werden zunehmend
mehr Assimilate gebildet. Erst kurz vor
der Blüte ist die Rebe nicht mehr auf
die Reserven aus den Speicherorganen angewiesen und kann sich nun
ausreichend mit neu aufgenommenen
und gebildeten Substanzen versorgen.
Stehen aufgrund überhöhter Erträge, länger andauernder Stressphasen
wie Trockenheit und Hitze, vorzeitigen Blattverlusts infolge von Krankheitsbefall, frühen Kälteeinbruchs im
Herbst, u.a.m. nur wenig Reserven zur
Verfügung, so findet die Anfangsentwicklung der Rebe nur zögerlich und
abgeschwächt statt. Ist dieser erste
Versorgungsengpass
überwunden,
steht mit der Blüte eine weitere Phase
mit hohem Energiebedarf bevor. Zu-
dem ist zur Blüte auch das Blatt- und
Triebwachstum meist voll im Gange.
Dieses verbraucht einen guten Teil der
neu gebildeten und aufgenommenen
Substanzen. Ein mehr oder weniger
stark ausgeprägtes Defizit in der Versorgung des sich entwickelnden Gescheins zu Blüte und Fruchtansatz ist
daher auch in unseren Breiten gegeben.
Befruchtung und
Beerenentwicklung
Für die Entwicklung zur Beere muss
mindestens eine der vier Samenanlagen befruchtet werden und sich
normal weiterentwickeln. Dies gelingt
nur in seltenen Fällen allen Blüten
eines Gescheins. Untersuchungen
am Weinbauinstitut Freiburg ergaben
(Hofmaier, Christoph, 1993), dass 11
bis 66% der Blüten eines Gescheins
abgeworfen wurden, 44 – 89% der
Blüten setzten Frucht an und entwickelten sich zur Beere. Die ersten Blüten haben dabei eine größere Chance
auf Fruchtansatz als die später aufblühenden. In den ersten Blüten setzen
die Befruchtung und das Wachstum
der Fruchtknoten früher ein. Die wach-
Die Höhe des Fruchtansatzes hängt auch
vom Nährstoffangebot zur Blütezeit ab.
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Grafik 1:
Auswirkungen auf das
Traubengewicht durch
Gipfeln und
Entblättern zu
verschiedenen
Terminen (G. =
Gipfeln, Entbl.
= Entblättern),
Chardonnay,
Hausanger
Laimburg 1997.
Grafik 2:
Auswirkungen auf das
Traubengewicht durch
Gipfeln und
Entblättern zu
verschiedenen
Terminen (G. =
Gipfeln, Entbl. =
Entblättern),
Chardonnay,
Hausanger
Laimburg 1998.
senden Fruchtknoten erzeugen Phytohormone, welche das Aneignungsvermögen der sich gerade entwickelnden
Beeren für Nährstoffe erhöhen. Den
später aufblühenden Einzelblütchen
stehen dadurch weniger Assimilate zur
Verfügung. Sie haben daher ein größeres Risiko abgestoßen zu werden.
Eine Woche nach der Befruchtung ist
die empfindliche Phase für eine Abstoßreaktion vorbei.
Wie groß der Fruchtansatz ist, hängt
also vom Ausmaß der verfügbaren
Nährstoffe ab. Dabei ist zur Blüte eine
zweifache Konkurrenz um die Assimilate und Mineralstoffe gegeben:
• zum einen beansprucht das Blattund Triebwachstum viel Energie,
• zum anderen konkurrieren auch die
einzelnen Blüten eines Gescheins um
die verfügbaren Nährstoffe.
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Einfluss des Gipfelns und
Entblätterns
Diesen Gegebenheiten entsprechend
müssten Maßnahmen, welche die
Nährstoffverfügbarkeit der Blüten verbessern, auch zu einem größeren
Fruchtansatz führen und umgekehrt.
Ob dem so ist, sollte mit einem Versuch bei der Sorte Chardonnay, im
Hausanger an der Laimburg, geprüft
werden. Die Chardonnayanlage „Hausanger“ weist starkes Wachstum auf.
Die beiden getesteten Maßnahmen
waren Gipfeln und Entblättern. Beim
Gipfeln wird das Triebwachstum für
einen kurzen Zeitraum unterbrochen,
so lange, bis ein Geiztrieb die Funktion
der Haupttriebspitze als „Wachstumsmotor“ für das Triebwachstum übernimmt. In diesem Zeitraum liefern
eine größere Anzahl Blätter ihre Assimilate zu den Blüten bzw. Trauben.
Als Folge sollte sich der Fruchtansatz,
bzw. die Beerenentwicklung verbessern. Häufig wird angenommen,
dies sei nur in klimatisch benachteiligten Lagen der Fall. In Südtirol wird
jedenfalls in vielen Jahren sehr früh,
zu „Blühende“ bis „Fruchtansatz“ das
erste Mal gegipfelt. Beim Entblättern
zur Blüte wird gerade dann, wenn ein
großer Bedarf an Assimilaten besteht,
die assimilierende Fläche verkleinert.
Entfernt werden dabei die Blätter,
welche die Blüten versorgen, nämlich
jene in der Umgebung der Gescheine.
Dadurch sollte es zu einem verminderten Fruchtansatz kommen.
Wie den Grafiken 1 und 2 entnommen werden kann, waren deutliche
Unterschiede im Traubengewicht, je
nach Gipfel- und Entblätterungstermin, zu erkennen. Diese ergaben auch
deutlich unterschiedliche Erträge: zwischen der Variante mit dem höchsten
und dem niedrigsten Ertrag ergab sich
1997 eine Differenz von 0,24 kg/m2
und im Jahre 1998 von 0,23 kg/m2,
hochgerechnet wären das 24 bzw. 23
dt pro Hektar. Und das in einer warmen und gut versorgten Anlage wie
es der Hausanger an der Laimburg
ist.
Durch frühes Gipfeln werden die Blüten besser mit Nährstoffen versorgt
und es kommt zu einem höheren
Fruchtansatz bzw. auch zu etwas
größeren Beeren. Um diesen Effekt
zu vermeiden, ist das erste Gipfeln
möglichst spät anzusetzen, wenn
Fruchtansatz und die erste intensive
Zellteilungsphase der Beeren bereits
abgeschlossen sind. Umgekehrt ist
frühes Gipfeln dort sinnvoll, wo die
Erträge häufig zu niedrig sind, z.B. bei
den Sorten Gewürztraminer und Lagrein. Gilt es den Fruchtansatz und das
Fruchtwachstum zu verbessern, so ist
beim ersten Gipfeln auf einen möglichst geringen Blattflächenverlust zu
achten.
Will man die Lockerbeerigkeit fördern,
ist zwischen der Vollblüte und dem
Blühende zu entblättern. Zu diesem
Zeitpunkt kann ein stärkeres Verrie-
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seln ausgelöst werden. Ab einer Woche nach erfolgter Befruchtung ist
bei der Rebe ohne chemischen oder
mechanischen Eingriff kein Abstoßen
der wachsenden Beere mehr möglich.
Dies bestätigen auch die Ergebnisse in
der Grafik 2: Es zeigte sich, dass Entblättern bei Schrotkorngröße bereits
dasselbe Traubengewicht ergab wie
nicht Entblättern.
Der Zeitraum, in dem der Fruchtansatz
durch Entblättern beeinflusst werden
kann, ist also eng begrenzt.
Zusammenfassung
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass allein durch den Termin
des Gipfelns und Entblätterns die Ertragshöhe deutlich beeinflusst werden
kann.
Im vorliegenden Versuch mit der Sorte Chardonnay im Hausanger an der
Laimburg ergaben sich Ertragsunterschiede von etwa 20%. Darüber
hinaus beeinflussen eine Reihe weiterer Anbaumaßnahmen die Ertragshöhe. So etwa die Anzahl belassener
Augen und Triebe beim Rebschnitt
und beim Schabigen. Weiters ist die
Düngung zu nennen, insbesondere
Stickstoffgaben wirken sich fördernd,
bei einer Überdüngung aber wieder
ertragsmindernd aus.
Auch die Bewässerungsversuche an
der Laimburg führten häufig zu deut-
lichen Ertragsunterschieden, aber nur
in wenigen Fällen zu unterschiedlichen Weinqualitäten.
Gelingt es die verschiedenen Anbaumaßnahmen gut aufeinander abzustimmen, so kann die direkte Ertragsregulierung durch Entfernen oder
Halbieren von Trauben in vielen Jahren
auf ein Minimum reduziert werden.
Bezüglich der Weinqualität ist in Junganlagen, in schwächer wachsenden
Anlagen und generell bei anhaltenden
Trocken- und Hitzestressphasen eine
frühe Ertragsbegrenzung vorteilhaft.
In wüchsigen Anlagen und bei andauernd feuchtwarmer Witterung ist zur
Optimierung der Weinqualität eine
spätere Ertragsregulierung, etwa zu
Reifebeginn, anzustreben.
Die Mengenbeschränkung ist eine Voraussetzung für Qualitätsweine.
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