"Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag

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36. Economic Conference 29. April 2013 in Zürich
"Nulltoleranz – eine Gesellschaft ohne Risiko?"
Matthias Haller
"Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer
vermag sie der Zufall zu treffen" (Dürrenmatt)
Oder: Renaissance des Versicherungsprinzips?
[email protected]
1
"Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer
vermag sie der Zufall zu treffen"
2
Punkte – aus dem Programmheft "Die Physiker"
(21.2.1962)
1.
Ich gehe nicht von einer These, sondern von einer Geschichte aus.
2.
Geht man von einer Geschichte aus, muss sie zu Ende gedacht werden.
3.
Eine Geschichte ist dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen
hat.
4.
Die schlimmstmögliche Wendung ist nicht voraussehbar. Sie tritt durch Zufall ein.
5.
Die Kunst des Dramatikers besteht darin, in einer Handlung den Zufall möglichst wirksam einzusetzen.
6.
Träger einer dramatischen Handlung sind Menschen.
7.
Der Zufall in einer dramatischen Handlung besteht darin, wann und wo wer zufällig wem begegnet.
8. Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall
zu treffen.
9.
Planmässig vorgehende Menschen wollen ein bestimmtes Ziel erreichen. Der Zufall trifft sie dann am
schlimmsten, wenn sie durch ihn das Gegenteil ihres Ziels erreichen: Das, was sie befürchteten, was
sie zu vermeiden suchten...
10. Eine solche Geschichte ist zwar grotesk, aber nicht absurd (sinnwidrig).
11. Sie ist paradox.
3
Zufall: Ja, aber ...
4
„Zufall“ – in der Abfolge von Rollen …
ausschlaggebend für Finanzschocks …
so hochgejubelt wie vernachlässigt
Tool zur stochastischen Beherrschung des Risikos
verstanden als Gegenstück zur Planbarkeit
nicht existent
Ernüchterung
Be-Sinnung
Frage nach Verantwortung
5
Nulltoleranz – eine Gesellschaft ohne Risiko?
Matthias Haller
Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer
vermag sie der Zufall zu treffen"
Oder: Renaissance des Versicherungsgedankens?
 Zufall als Voraussetzung zur Planung
 Versicherungsprinzip: Perspektivenwechsel in der Finance
 'Risikobeherrschung' vs. reale Risikoentwicklung: drei Widersprüche
 'Je planmässiger die Menschen…' – die Herausforderung
[email protected]
6
Nulltoleranz – eine Gesellschaft ohne Risiko?
Matthias Haller
Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer
vermag sie der Zufall zu treffen"
Oder: Renaissance des Versicherungsgedankens?
 Zufall als Voraussetzung zur Planung
 Versicherungsprinzip: Perspektivenwechsel in der Finance
 'Risikobeherrschung' vs. reale Risikoentwicklung: drei Widersprüche
 'Je planmässiger die Menschen…' – die Herausforderung
[email protected]
7
Phänomen "Zufall"
• Alltagssprachlich: Ereignisse, deren Ursachen nicht bekannt sind
"zufällig" - als Gegenteil von "kausal"
• Philosophisches Thema: "Schicksal" vs. "freier Wille"
"Traditionelle Gesellschaft"
Vorsehung
• präzise
Vorsehung
• "allgemeine
Verhaltensprinzipien"
"Moderne Gesellschaft"
freier Wille
• zu grosse
• Tatsächliche
Komplexität
Indeterminiert(mögl. Wissen) heit
8
Zufall – auch später im Spannungsfeld zur Vorsehung…
Albert Einstein: "Gott würfelt nicht!"
Nils Bohr (sieht nicht ein …) "warum
man Gott vorschreiben soll, was er zu
tun habe und ihm deshalb
insbesondere untersagt, Würfel zu
spielen, damit unsere
Elementarteilchen funktionieren."
P. Scheid 1996
9
Zufall – im Spannungsfeld zu “Risiko”
Zufall
Risiko
kein Fokus
positiver Fokus
(etwas wird angestrebt)
es geschieht – so oder anders…
erfolgt planlos
(schicksalshaft)
Entscheidende nehmen Einfluss
hat mit Planung zu tun
Zufall: Gegensatz zu Risiko …
oder Voraussetzung zur Planung ?
10
Risiko: Relativierung der göttlichen Ordnung um einer Chance willen
"Die 'Geburtsstunde des Risikos' fiel zusammen mit einer historischen
Epoche, in der die Welt erstmals als eine durch menschliches Handeln
veränderbare begriffen wurde, in der die Strukturen durch Handeln
bewusst zur Disposition gestellt werden konnten … um einer Chance
willen." *
*(Novotny/Evers ,Über den Umgang mit Unsicherheit. Die Entdeckung der Gestaltbarkeit
der Gesellschaft.1987 ,S.35)
11
"Gestaltbarkeit der Welt" – die jüngsten Erfahrungen …
12
Umgang mit Zufall und Risiko: die Zeitachse
Vorsehung
vs. Planung
• Protagonist Kaufmann
Risiko
• Instrument
Handel
Chance
Gefahr
Geld/Schecks
Kfm. Versicherung
Geleitschutz
14. Jh.
ab 17. Jh.
20. Jh.
1980
2000
2010
t
ff.
13
'Im Namen Gottes und des Geschäfts…'
Francesco di Marco Datini (Prato 1335-1410)
14
Umgang mit Zufall und Risiko: die Zeitachse
"Zufall"
• Protagonist Kaufmann
Spieler
• Instrument Handel
Glücksspiel
Risiko
Vorsehung
vs. Planung
(Wahrscheinlichkeitstheorie)
Chance
Gefahr
Geld/Schecks
Kfm. Versicherung
Geleitschutz
'Versicherungsprinzip'
Versicherung
14. Jh.
ab 17. Jh.
20. Jh.
1980
2000
2010
t
ff.
15
Wissenschaft vom Zufall
• Aus dem Wissen um "Zufall" Kapital schlagen:
Messen von Regelmässigkeiten
• Chevalier de Méré; Blaise Pascal (17. Jh.): Gewinnchancen beim Würfeln?
• Unsicherheit über künftige Ereignisse herabsetzen
Pragmatisches Ziel: Zukunft besser bewältigen
Erfolgsvoraussetzung der Wahrscheinlichkeitstheorie:
• Emanzipation von der Perspektive des einzelnen
• Beobachtung der Abfolge von Ereignissen
Prognose von Gesamtvorgängen mit relativ hoher
Genauigkeit ("stochastische Sicherheit")
16
Statistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
• Loslösung von Glückspiel und Würfeln
• Zählen der "Häufigkeiten in einem Kollektiv"
Ausgleich nach dem Gesetz der "grossen Zahl"
Voraussetzungen zur Prognose:
• Zufallsauswahl
Einzelfälle zum voraus unbestimmt,
keine bewusste Herbeiführung
• homogenes Kollektiv grosse Zahl von gleichartigen,
unabhängigen Vorgängen
• stabile Datenbasis
Datenmaterial von Beobachtungs- zu
Prognoseperiode stabil
'Versicherungsprinzip'
17
'Versicherungsprinzip': die erweiterte Applikation
Steuerung von Systemen dank
• Nutzung von Regelmässigkeiten der Realität
• Planbarkeit, um Vorgänge und Systeme "im Griff" zu haben
Zukunftsbeherrschung dank
zufallsgestützter (und zufallsgeschützter) Planung
Finance
Zuverlässigkeitserhöhung
Anwendungen:
Qualitätsmanagement
Versicherung
(z.B.AKWs)
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Nulltoleranz – eine Gesellschaft ohne Risiko?
Matthias Haller
Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer
vermag sie der Zufall zu treffen"
Oder: Renaissance des Versicherungsgedankens?
 Zufall als Voraussetzung zur Planung
 Versicherungsprinzip: Perspektivenwechsel in der Finance
 'Risikobeherrschung' vs. reale Risikoentwicklung: drei Widersprüche
 'Je planmässiger die Menschen…' – die Herausforderung
[email protected]
19
Risiko: die Darstellung in der Versicherung
f
O
Schäden (zunehmende Grössen)
+
20
Von "Versicherung" zu "Finance": der Perspektivenwechsel
Gefahrenorientierung
Chancenorientierung
Versicherungsprinzip
Erfassen der Gefahren;
Schadenausgleich
Optimierung Risiko/Rendite
Streuung der Ergebnisse um
einen Planwert
Schadenverteilung
Ergebnisverteilung
"Was kann passieren;
was darf passieren; was ist zu tun?"
"Welchen Finanzertrag können
wir optimal erzielen?"
Assekuranz-/Ingenieur-Perspektive
Finance-Perspektive
("Risk Management")
("Risk Management")
21
Risiko: die Darstellung in der Finance
f
1 % VaR
Standardabweichungen
./.
Erwartungswert
(z.B. Zielkapital)
+
22
Umgang mit Zufall und Risiko: die Zeitachse
Vorsehung
vs. Planung
• Protagonist Kaufmann
"Zufall"
Spieler
Beherrschung
des Risikos
"Player"
• Instrument Handel
Glücksspiel
Risiko
Financial Risk Mgt.
(Wahrscheinlichkeitstheorie)
Chance
Gefahr
Geld/Schecks
Kfm. Versicherung
Geleitschutz
("Fin. Engineering")
'Finance'
ILS /
Securitization
'Versicherungsprinzip'
Versicherung
reales Risk Mgt.
(mit Prävention etc.)
14. Jh.
ab 17. Jh.
20. Jh.
1980
2000
2010
t
ff.
23
Glorifizierung der Zufall-Tools: "Beherrschung“ des Risikos?
Bernstein Peter L., "Wider die Götter", New York 1996
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Nulltoleranz – eine Gesellschaft ohne Risiko?
Matthias Haller
Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer
vermag sie der Zufall zu treffen" (Dürrenmatt)
Oder: Renaissance des Versicherungsgedankens?
 Zufall als Voraussetzung zur Planung
 Versicherungsprinzip: Perspektivenwechsel in der Finance
 'Risikobeherrschung' vs. reale Risikoentwicklung: drei Widersprüche
 'Je planmässiger die Menschen…' – die Herausforderung
[email protected]
25
Zufall und reales Risiko: drei zentrale Widersprüche
A
Überreizung des Zufalls-Tools
(oder: wie wahrscheinlich ist sicher genug?)
B
"Diseconomies of Risk"
und die kleinstwahrscheinlichen
Grösstereignisse
C
Risiko-Asymmetrie
(Chancen/Gefahren-Falle)
Konsequenzen?
26
Zufall und reales Risiko: drei zentrale Widersprüche
A
Überreizung des Zufalls-Tools
(oder: wie wahrscheinlich ist sicher genug?)
B
"Diseconomies of Risk"
und die kleinstwahrscheinlichen
Grösstereignisse
C
Risiko-Asymmetrie
(Chancen/Gefahren-Falle)
Konsequenzen ?
27
Reale Entwicklungen …
… und die Rechtfertigung:
"Zwar betonte Konzernchef Adam Applegarth, er sei 'tief betroffen von
der Krise'. Fehler hätten er und sein Team jedoch nicht begangen.
…(Man habe) einen bis zu 40-prozentigen Rückgang der Hauspreise
einkalkuliert. Die Szenarien hätten aber das 'unwahrscheinliche
Ereignis' nicht einbezogen, dass die globalen Märkte über Nacht
einfrieren'."
(Tagblatt zu Northern Rock,17.10.07;S. 21) Entbindung von Verantwortung ?
28
Im Kreuzfeuer der Kritik: die „Beurteilungsprothesen"
• Value-at-Risk («VaR»):- Gesamtverlust, der
- innerhalb eines festgelegten Zeitraums
- mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit
- ein bestimmtes Ausmass nicht überschreitet.
(z.B. einer Bank)
(z.B. 3 Wochen)
(z.B. 99%)
Normalfall = Normalverteilung
zufallsgeschützte/-gestützte Planung
(Versicherungsprinzip)
"normal randomness"
(Mandelbrot)
Hintergrund: (Zimmermann 1999)
- Verschiebung von der Prävention zur Risiko(hin)nahme: Chancenorientierung
- Risiko als Einkommensquelle (optimales Kapital)
- rein quantitativ interpretiertes Risiko
29
'Value-at-Risk' ff.
im extremen Einzelfall:
"Absturz" rasch und radikal
(insb. soziale Prozesse; chaotische Entwicklung im
Finanzmarkt)
"wild randomness"
(Mandelbrot)
Normalfall = Normalverteilung
zufallsgeschützte/-gestützte Planung
(Versicherungsprinzip)
"normal randomness"
(Mandelbrot)
What happens,
if it happens? - VaR gibt keine Information über kritische Situation(en)
Zimmermann (1999/2001):
"VaR-Modelle lassen jenen Teil der Wahrscheinlichkeit ausser acht, der für das
Risiko-Management am relevantesten wäre".
30
What happens, if it happens? …
Taleb Nassim, "The Black Swan" 2007
32
Zufall und reales Risiko: drei zentrale Widersprüche
A
Überreizung des Zufalls-Tools
(oder: wie wahrscheinlich ist sicher genug?)
B
"Diseconomies of Risk"
und die kleinstwahrscheinlichen
Grösstereignisse
C
Risiko-Asymmetrie
(Chancen/Gefahren-Falle)
Konsequenzen?
33
"Diseconomies of Risk" – und erhöhte Verwundbarkeit
Gefahrenaspekte
Ausnahmefall
(Störfall)
Gefahrenpotenziale
(Maximum possible loss/MPL)
Wertschöpfung
Economies of scale
and scope
Chancenaspekte
Globale
Verwundbarkeit
Kernkompetenzen
Effizienzsteigerungen erhöhen die Komplexität… und die Gefahrenpotentiale
Normalfall
• Steigerung BIP
• Wohlstand
Globalisierung
34
A propos Verwundbarkeit…
35
Grösstrisiken: Ausdehnung der Relevanzkriterien
1966
Hochrechnungen von Risikopotenzialen;
Höchstschäden - Debatte

"Grösstschäden" um 1990 mit
vwl. Dimensionen
1976
Aufarbeitung von "Flixborough" (UK)

"Grösstschäden" haben Managementdimensionen (RM)
1986
Tschernobyl/Schweizerhalle/Challenger;
die "Risikogesellschaft" (Beck)


"Beherrschung" als Illusion
"Verständigung" als reale Dimension
1996
Wirtschaftliche und soziale Risiken:
Globalisierung als Konfliktstoff

Unfalldimension, Ökologie & soziale Risiken
überlagernd
2001
Absicht anstelle des Zufalls:
Gentechnologie als Optionsdisput
Terror als kriegsähnliche Dimension



Gesamtperspektive des Risikos
9/11 und politische Aspekte
Risiken aus globalem Finanzsystem
2007ff.
2010
Subprime-/Finanz-/Wirtschaftskrise;
BP – Ölkatastrophe;
Haiti

Überlagerung aller Debatten;
gesellschaftliche Verantwortung
2011

Umbrüche im arabischen Raum;
Erdbeben, Tsunami, Kernschmelze Japan
Energiewende vs. Klimaschutz
2012/13 Zuspitzung der Staatsschuldenkrise;
EU – und Euro-Krise
Integrierende Risikobewältigung
(gesellschaftlich und wirtschaftlich)
Risiko-Dialog
auf allen Ebenen
36
Zufall und reales Risiko: drei zentrale Widersprüche
A
Überreizung des Zufalls-Tools
(oder: wie wahrscheinlich ist sicher genug?)
B
"Diseconomies of Risk"
und die kleinstwahrscheinlichen
Grösstereignisse
C
Risiko-Asymmetrie
(Chancen/Gefahren-Falle)
Konsequenzen?
37
Grundvermutung: Symmetrie von Chancen und Gefahren
- Realisierung von Chancen
- Bewältigung von Störungen (Abweichung)
Chance
Gefahr
"Zur Disposition stellen
...
um einer Chance willen."
(Evers/Novotny)
"Welches ist die Chance, um derentwillen wir dieses
(konkrete) Risiko eingehen?"
38
Asymmetrisches Verhalten im «Risikozyklus» …
•
•
•
•
Risikoerkennung: Chancen priorisiert…
Risikobeurteilung: Gefahren eher verdrängt
Führungsposition: Schwarzseher vs. Heldenpotential
Führungskonsequenz: Ausserhalb Risikozyklus
P
Gefahren
--
./.
Chancen
+
"Schwarzseher"
"Heldenpotential"
asymmetrische Situation
bezügl. Gefahren
"Risiko" = Potenzial, dass wirkliches Resultat vom Zielwert abweicht
39
Zufall und reales Risiko: drei zentrale Widersprüche
A
Überreizung des Zufalls-Tools
(oder: wie wahrscheinlich ist sicher genug?)
B
"Diseconomies of Risk"
und die kleinstwahrscheinlichen
Grösstereignisse
C
Risiko-Asymmetrie
(Chancen/Gefahren-Falle)
Konsequenzen?
40
Umgang mit Zufall und Risiko: die Zeitachse
Vorsehung
vs. Planung
"Zufall"
Beherrschung
des Risikos
"Against the Gods" "The gods strike back"
• Protagonist Kaufmann
Spieler
"Player"
Financial Risk Mgt.
• Instrument Handel
("Fin. Engineering")
Glücksspiel
2007 ff.
2001 ff.
Risiko
1998 ff.
Chance
Gefahr
Geld/Schecks
Kfm. Versicherung
Geleitschutz
'Finance'
(Wahrscheinlichkeitstheorie)
ILS /
Securitization
'Versicherungsprinzip'
reales Risk Mgt.
Versicherung
(mit Prävention etc.)
14. Jh.
ab 17. Jh.
20. Jh.
1980
2000
2010
2011
t
2012
41
'The gods strike back'
42
Exkurs: Gilt dies auch für die Versicherung ?
•
Modelleuphorie/Realitätsbezug:
Basis der Versicherung: Reale, zufallsbasierte Schadenerfahrungen und –
statistiken (Leben und Schaden; Modellierungen (z.B. cat XL und cat Bonds)
basieren auf langjährigen und weiträumigen Beobachtungen und Analysen.
•
Verschuldung und 'Leverage' des Eigenkapitals:
Umgekehrter Produkt-Zyklus: Versicherung bewirkt zuerst Geldzufluss:
Investment mit Bedingung, jederzeit den (grossteils zufällig gestreuten)
Forderungen aus den Vertragsverpflichtungen nachzukommen.
(Duration der Anlagen – Duration der Verpflichtungen)
•
Anreize und Verantwortung:
Versicherer bleibt mit seinen Organen und Partnern über die gesamte Laufzeit
der Verträge in die Verpflichtung einbezogen, auch im Rahmen von
Rückversicherung und der Verbriefung von Katastrophenrisiken; Transfer von
Spitzenrisiken stets mit substantiellem Selbstbehalt ("Skin in the game").
43
44
45
2007 – 2013:
Kontinuierliche Ausweitung der Krisendimensionen
Immobilienkrise
des SubprimeMarktes USA
2007
Finanzkrise als
Liquiditäts-,
Kredit- und
Solvenzkrise
der Banken
weltweit
2008
Wirtschaftskrise
als globale
Rezession;
keynesianische
Steuerung
2009
neue Zeitrechnung:
vor Lehman und nach Lehman?
Kurze
Stabilisierung
Re-Regulierung
Staatsschuldenkrise, erste EuroKrise,
Griechenland I
2010
Ausweitung auf
PIIGS;
Griechenland II/III
Von Euro- zur
Europakrise;
Soziale Unrast;
Stabilisierung
oder Chaos?
2011
vor Euro-Rettungsfonds –
nach Euro-Rettungsfonds?
Zypern 3/13
Portugal?
Italien ?
ff . . .
2012/13 ff.
EMS
"Thesen Hummler u.a."
(vgl. insb. Wegelin Anlagekommentar Nr. 270, 'Der Fluch der Garantie', St. Gallen, 3.5.2010)
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Nulltoleranz – eine Gesellschaft ohne Risiko?
Matthias Haller
Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer
vermag sie der Zufall zu treffen"
Oder: Renaissance des Versicherungsgedankens?
 Zufall als Voraussetzung zur Planung
 Versicherungsprinzip: Perspektivenwechsel in der Finance
 'Risikobeherrschung' vs. reale Risikoentwicklung: drei Widersprüche
 'Je planmässiger die Menschen…' – die Herausforderung
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Mängel des herrschenden Risiko-Konzepts
(vor allem im Finanzsektor)
• Realität mit Finanzgrössen gleichgesetzt
• Faktor 'Zufall' nur eklektisch in die Modelle integriert
• Verhaltens- und Systemaspekte kaum integriert
• Gesellschaftliche Dimension der Risiken ausser acht gelassen
'Multi–Toleranz' statt Nulltoleranz…
48
"Planmässigkeit" - in den aktuellen Dimensionen:
- Von der Banken- zur Wirtschafts- zur Staatsschuldenkrise:
kontinuierliche Systemverschiebung
- "Banken und Staaten hängen an der Nadel": das Abhängigkeitssyndrom
- Geldschwemme und Niedrigzinspolitik:
Marktwirtschaftlicher Regelmechanismus ausser kraft
- Entschuldungs- vs. Wachstumszwang: Sozialpolitische Brisanz
- "Finanzielle Repression" rührt an Grundwerte:
Eigentums- und Ersparnisschutz gefährdet
Systemische Risiken (auf höchster Ebene) nehmen noch zu, ...
49
…, während die Aktienkurse Höchststände erklimmen
50
Mit dauerhaft hohen Schulden leben . . .
‘Finanzielle Repression‘
• Verschuldung steigt weiter an (und vernachlässigt zudem den impliziten
Part)
• Abbau der Schulden ist in aktueller Situation kaum zu bewerkstelligen
• Wachstumsstrategie kaum wirksam durchzusetzen
Darum hohe Wahrscheinlichkeit für ‘financial repression‘:
= alle Massnahmen, die zu Lasten anderer eine Reduktion
der Staatsschulden bewirken.“
(Erleichterung des Schuldendienstes von Staaten)
z.B:
Verbot der Verzinsung von Bankeinlagen (USA Reg.Q 1933/86) gen. günstige Finanzierung der
Regierungen über Sondergesetze (negativer Realzins für Anleger )
Quantitative Lockerung (QE USA oder LTRO Eurozone)
(Druck auf Zinsen)
Regulierung von Banken über Bevorzugung von Staatspapieren (Basel III: Staatspapiere mit
Risikogewichtung O)
Zwang zum Kauf von Staatsanleihen etc.
Gesamteffekt: Schädigung des Sparens und der Vermögenssicherung
51
"Zufall" – tatsächlich aus der Perspektive Dürrenmatts:
 "Das Individuelle, der konkrete Ablauf
ist ein Produkt des "Zufalls" –
ein einmalig geprägtes Geschehen."
 "Dieses Schicksal, eine einmalige Geschichte,
vollzieht sich in einer Welt der Pannen …"
 "Eine Geschichte ist dann zu Ende gedacht,
wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung
genommen hat." Diese "schlimmstmögliche
Wendung ist nicht voraussehbar.
Sie tritt durch Zufall ein."
"Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall zu treffen"
(Friedrich Dürrenmatt)
52
Statt Zufallsvermutung:
ein evolutionäres Risikoverständnis ?*
• Berücksichtigung von Ereignisketten und deren Interaktion
• Veränderung der Abhängigkeiten im Krisenfall:
zeitlich verzögert, nicht-linear, Rückkoppelung,
Einfluss qualitativer Elemente
• Lernen eher anhand von "Risk Histories":
sozialwissenschaftliche Komponente
 Rollenverhalten der entscheidenden Akteure verstehen ("Soziotope")
 Übergänge "Normalrisiko" zu "Grossrisiko" verstehen
 Methodenvielfalt und Mehrdimensionalität im RM
Und: Führt die Verpflichtung zu dieser Perspektive
zu erhöhter Verantwortlichkeit?
*) vgl. Zimmermann H., „Risikomanagement in chaotischen Zeiten - die Bedeutung sozialwissenschaftlicher
Ansätze“, in: Allenspach Marco (Hrsg.) Integriertes Risiko-Management, Band 3, Fschr. für M.H.,
St. Gallen 2001, S. 41 - 61
53
Zwischen Zufall und Anspruch:
Priorität der gesellschaftlichen Ebene
Abstufung
in Gesellschaft
Gesellschaft
(Welt-)
(einzelne)
sozial
integriertes RM
Wirtschaft
Unternehmung
Staat(en)
Branche
Grossunternehmung
Organisation
RM als
Managementinstrument
Gewerbe
Gruppe
Familie
Individuum
Person
individueller
Einbezug
Komplexität des Risikoaspekts
54
Wiedergewinnung des Zufalls? – die optimistische Variante:
Versicherungsprinzip als Leitidee...
• Dezentralisierung und "Autonomisierung":
Autonomie und Ausgleich auf unteren Ebenen
• Economies of Scale mit Disconomies of Risk abgleichen
(vermehrt Management der Bedingungsrisiken)
• (Wieder-) Begründung von "Ankersystemen"
(Ersatz für Goldstandard, Bankentrennsystem etc.)
• Gesellschaftliche neben ökonomischen Kriterien für
Entscheidungsfindung
(gleichgewichtig durch Praxis und wissenschaftliche Forschung unterstützt)
• Strikte Symmetrie von Interessen und Verantwortung
(kein Bonus ohne Malus...)
• Quantitativen Wachstumsdruck umformen
(Ausgleich zwischen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Kriterien)
Alles Illusion? –
Oder die Hoffnung, Dürrenmatt rechtzeitig zu reflektieren…
55
Je planmässiger die Menschen…
Wiedergewinnung des Zufalls
zur Überwindung der Paradoxie:
ein Balanceakt
Viel Erfolg!
M.H.
[email protected]
56
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