IV. Elektrizität und Magnetismus IV.4 Wechselstromkreise Physik für Mediziner 1 Ohmscher Widerstand bei Wechselstrom • Der Ohmsche Widerstand verhält sich bei Wechselstrom genauso wie bei Gleichstrom • zu jedem Zeitpunkt t gilt: U (t) R= = const I(t) d.h. das Verhältnis aus momentaner Spannung U(t) und momentaner Stromstärke I(t) ist konstant • Der Widerstand ist unabhängig von der Kreisfrequenz ω der Wechselspannung • beim Ohmschen Widerstand laufen Spannungs- und Stromzeiger in Phase im Zeigerdiagramm um. An R: U und I in Phase Physik für Mediziner 2 Auf- und Entladen eines Kondensators 1.) Aufladen: I( t) = I0 ⋅ e − t R⋅C t U( t) = U0 ⋅ (1 − e R⋅C ) − 2.) Gleichgewicht: U( t) = U0 Widerstand I( t) = 0 3.) Entladen: Physik für Mediziner unendlich t U( t) = U0 ⋅ e R⋅C t − I( t) = − I0 ⋅ e R⋅C − Auf- und Entladen eines Kondensators 3 Kondensator bei Wechselstrom • Anlegen einer Wechselspannung an einem Kondensator ist dem einem periodischen Auf- und Entladen ähnlich. • Erst muss Strom fließen, damit der Kondensator aufgeladen wird; d.h. Stromstärke eilt der Spannung um 900 (oder T/4) voraus • der kapazitive Widerstand Xc nimmt mit zunehmender Frequenz ab: U 1 Xc = 0 = I0 ω⋅C d.h. bei Gleichspannung ist Xc unendlich groß Am Kondensator eilt Strom der Spannung um δ = 900 voraus Physik für Mediziner An Kondensator C: I vor U 4 Selbstinduktion einer Spule • Wenn ein Strom I durch eine Spule fließt, so entsteht innerhalb n ⋅I der Spule ein Magnetfeld: B = μ0 ⋅ (h = Länge der Spule) h • dieses Magnetfeld verursacht einen magnetischen Fluss Φ durch die Spule: n ⋅ A ⋅I Φ = A ⋅ B(I) = μ0 ⋅ h • Wenn sich der Strom I ändert, dann ändert sich auch der magnetische Fluss ⇒ Es wird eine Spannung induziert, die der Ursache der Flussänderung entgegenwirkt: 2 dΦ d μ ⋅ n ⋅ A dI Uind = −n ⋅ = − (μ0 ⋅ n2 ⋅ A ⋅ I ) = − 0 ⋅ h dt dt h dt 2 dI ⋅ A der Spule n Uind = − L ⋅ mit Induktivität L = μ0 ⋅ dt h L = Induktivität (Selbstinduktion): Einheit [L] = 1 V·s/A =1 H (Henry) • Die induzierte Spannung erzeugt einen zusätzlichen Strom in der Spule, der beim Ein- bzw. Ausschalten der externen Spannung den Anstieg bzw. Abfall des Gesamtstroms verlangsamt (Lenzsche Regel). Physik für Mediziner 5 Selbstinduktion einer Spule • Einschalten: (Schließen von S1 und Öffnen von S2) Externe Spannung liegt sofort an. Stromfluss ist verzögert durch induzierte Gegenspannung 1.) Einschalten: I( t) = R − ⋅t U0 L ⋅ (1 − e ) R • Ausschalten: (Schließen von S2 und Öffnen von S1) Externe Spannung ist sofort weg; aber Strom fließt noch wegen induzierte Spannung 2.) Gleichgewicht:U = U0 U0 I= R Nachleuchten mit Induktivität R Physik für Mediziner nur Ohmscher Widerstand R − ⋅t U0 L 3.) Ausschalten: I( t) = ⋅e 6 Ideale Spule bei Wechelstrom • Anlegen einer Wechselspannung an eine Spule ist wieder periodischem An- und Abschalten ähnlich. • Strom hinkt der Spannung um 900, d.h. um T/4 hinterher. (R=0) • der induktive Widerstand XL nimmt mit wachsender Frequenz zu: U XL = 0 = L ⋅ ω I0 d.h. bei Gleichstrom ist XL=0 An einer Spule hinkt der Strom der Spannung um δ = 900 hinterher Physik für Mediziner An Induktivität L: U vor I 7 Wechselstromwiderstand Frequenzabhängigkeit der Wechselstromwiderstände an Ohmschem Widerstand, Induktivität und Kapazität U0 R= I0 XL = ω ⋅ L 1 XC = ω⋅C frequenzunabhängig Ohmscher Widerstand Physik für Mediziner 8 LC-Schwingkreis Schwingungen beinhalten periodische Umwandlung von Energieformen: in Mechanik: potenzielle Energie ⇔ kinetische Energie in Elektrodynamik: periodische Umwandlung elektrische ⇔ magnetische Energie 1.) Ladung Q auf Kondensator gespeichert; Spannung UC=Q/C 2.) Schließen des Schalters; Ladungsausgleich; Strom fließt; Spannung wird in Spule induziert 3.) Kondensator entladen; Spule hält Stromfluss aufrecht; Kondensator lädt sich entgegengesetzt auf. 4.) Vorgang wiederholt sich mit umgekehrter Stromrichtung ⇒ periodischer Umladevorgang: Schwingkreis Physik für Mediziner 9 Quantitative Beschreibung des LC-Schwngkreises • Kirchhoffsche Maschenregel: UC − UL = 0 UC = dI Q ; UL = −L ⋅ dt C d2Q Q dI Q L⋅ + = 0 ⇒L⋅ 2 + = 0 C dt C dt dQ dt • analog zur mechanischen Schwingungsgleichung (z.B. Federpendel) I= m⋅ d2x dt 2 +k⋅x = 0 Lösung: x( t) = x 0 ⋅ sin(ω0 ⋅ t ) mit ω 0 = k m • entsprechende Lösung für den LC-Schwingkreis: Q ( t) = Q0 ⋅ sin(ω0 ⋅ t ) mit Eigenfrequenz ω 0 = 1 L⋅C dQ I(t) = = I0 ⋅ ω0 ⋅ cos(ω0 ⋅ t ) dt Physik für Mediziner ⇒ ungedämpfte harmonische Schwingung 10 Vergleich mechanischer und elektromagnetischer Schwingungen mechanische Schwingungen |x| = xmax v=0 vmax x = xmax v=0 v = max x=0 Epot = max Ekin = 0 I, B = 0 Q, U, E = max Epot = 0 Ekin = max I, B = max Q, U, E = 0 Epot = max Ekin = 0 I, B = 0 Q, U, E = max Epot = 0 Ekin = max I, B = max Q, U, E = 0 potenzielle ↔ kinetische Energie Physik für Mediziner elektromagnetische Schwingungen elektrische ↔ magnetische Energie 11 Analogie: LC-Schwingkreis und Federschwingung m⋅ d2x dt 2 +k⋅x = 0 L⋅ d2Q dt 2 + Q =0 C Auslenkung x Ladung Q Geschwindigkeit v Strom I träge Masse m Induktivität L Federkostante k inverse Kapazität 1/C 1 potenzielle Energie: Epot = ⋅ k ⋅ x 2 2 1 kinetische Energie: Ekin = ⋅ m ⋅ v 2 2 1 Q2 elektrische Feldenergie: EC = ⋅ 2 C Physik für Mediziner magnetische Feldenergie: EL = 1 ⋅ L ⋅ I2 2 12 LCR-Reihenschwingkreis Reihenschaltung aus L, C, R mit äußerer Spannngsquelle: Uext = U0 ⋅ sin (ω ⋅ t) U Strom überall gleich: I = I0 ⋅ sin (ω ⋅ t − δ) = 0 ⋅ sin (ω ⋅ t − δ) Z Spannung und Stromstärke phasenverschoben um Winkel δ 1 ⎞ Wechselstromwiderstand: Z(ω) = R + ⎛⎜ ω ⋅ L − ⎟ ω ⋅ C ⎝ ⎠ 2 Phasenwinkel δ: tan δ = Physik für Mediziner XL − X C = R ω⋅L − R 2 1 ω⋅C 13 LCR-Reihenschwingkreis 1 ⎞ ⎛ Z(ω) = R 2 + ⎜ ω ⋅ L − ⎟ ω⋅C ⎠ ⎝ 2 • für kleine Frequenzen Wechselstromwiderstand groß (Strom klein) 1 wegen kapazitiven Widerstands: X C = ω⋅C Kreisfrequenz ω • für große Frequenzen Wechselstrom widerstand groß (Strom klein) wegen induktiven Widerstands: XL = ω ⋅ L • Strom maximal (Widerstand minimal) für 1 ; Z(ω0 ) = R (ohmisch) ω⋅C 1 Resonanzkreisfrequenz: ω o = L⋅C 1 1 ⋅ Resonanzfrequenz: f res = 2π L ⋅ C XL = X C ; ω ⋅ L = Dämpfung durch Ohmschen Widerstand R Physik für Mediziner 14 LCR-Parallelschwingkreis • für kleine Frequenzen fließt Strom durch Induktivität, da induktiver Widerstand am kleinsten: XL = ω ⋅ L • für große Frequenzen fließt Strom durch Kapazität, da kapazitiver 1 Widerstand am kleinsten: XC = ω⋅C • im Resonanzfall Widerstand maximal und rein ohmisch 1 ; Z(ω0 ) = R ω⋅C 1 Resonanzkreisfrequenz: ω o = L⋅C 1 1 ⋅ Resonanzfrequenz: f res = 2π L ⋅ C XL = X C ; ω ⋅ L = R Kreisfrequenz ω Physik für Mediziner ResonanzSchwingkreis 15 Effektivwerte von Strom und Spannung U ( t) = U0 ⋅ sin (ω ⋅ t) U I( t) = I0 ⋅ sin (ω ⋅ t − δ) = 0 ⋅ sin (ω ⋅ t − δ) Z am Ohmschen Widerstand sind Spannung und Stromstärke phasengleich: δ = 00 • Der Effektivwert Ieff des Wechselstroms I(t) ist der Wert, der über eine volle Periode gemittelt an einem Ohmschen Widerstand die mittlere Leistung wie ein Gleichstrom ergibt: 1 1 2 PAC = I( t) ⋅ U ( t) = R ⋅ I0 = ⋅ U0 ⋅ I0 2 2 2 PDC = Ieff ⋅ Ueff = R ⋅ Ieff Gleichsetzen I = 1 ⋅ I U = 1 ⋅ U eff 0; eff 0; 2 2 ergibt: An der Wechselstromsteckdose: Ueff = 230 V; Scheitelspannung: U0 = 325 V Physik für Mediziner 16 Gekoppelte Induktivitäten : Transformator • Zwei getrennte Spulen auf denselben Eisenkern gewickelt; dieselben dφ B-Feldlinien gehen durch beide Spulen; beide Spulen sehen das gleiche m dt B Primärspule L : N Windungen; 1 U1(t) N1 L1 Primär N2 L2 B U2(t) Sekundär 1 Sekundärspule L2: N2 Windungen Ständige zeitliche Flussänderung bei Wechselspannung • Wechselspannung U1(t) an Primärspule erzeugt Wechselstrom I1(t) • Wechselstrom I1(t) erzeugt ein magnetisches Wechselfeld B(t), dessen Feldlinien im ganzen Eisenkern umlaufen • oszillierender magnetischer Fluss Φ(t) induziert in Sekundärspule Sekundärspannung U2(t) gleicher Frequenz aber anderer Amplitude U1(t ) → I1(t ) → B(t ) → φ(t ) → U2 (t ) dφ dφ U N U1( t ) = − N1 m ; U 2 ( t ) = − N 2 m ⇒ 1 = 1 dt dt U2 N2 Physik für Mediziner Umsetzung von Wechselspannungen 17 Transformator mit Last • Wird ein Widerstand R an die Sekundärspule angeschlossen, so fließt dort der Strom I2; verbrauchte elektrische Leistung: P2 = I2 ⋅ U2 • Energieerhaltung verlangt, dass die an der Sekundärseite entnommene Leistung an der Primärseite hineingesteckt wird: P1 = U1 ⋅ I1 = P2 = U2 ⋅ I2 ⇒ I1 U2 N2 = = I2 U1 N1 Transformator Physik für Mediziner 18 Anwendungen des Transformators U1 N1 ; = U2 N2 I1 N2 = I2 N1 • Niederspannungstransformator: N2 < N1 Anpassung von Niederspannungsgeräten z.B. 6V oder 12 V an das Stromnetz: 230 V • Hochstromtransformator: N2 << N1 z.B. Elektroschweißen HochstromTransformator • Hochspannungstranformator: N2 >> N1 z.B. Umspannwerk HochspannungsTransformator Physik für Mediziner 19 Überlandleitung zur Energieübertragung • Zum verlustarmen Transport der elektrischen Energie vom Kraftwerk zum Verbraucher wird elektrische Energie über mehrere Spannungsebenen transportiert Hochspannungsleitung Physik für Mediziner 20 Vergleich des Energietransports mit und ohne Umspannung 2 kW Leistung vom Erzeuger: was geht zum Verbraucher ? Niederspannungslösung • maximaler Strom: P I= = 10 A U • Leistungsverlust in Leitung: PVerl. = R ⋅ I2 = 1kW • Leistung beim Verbraucher: PVerb = 1kW • Spannung beim Verbraucher: UVerb = 100 V Physik für Mediziner Umspannungslösung • maximaler Strom: UHV = 20 kV; I = P 2 kW = = 0,1A UHV 20 kV • Leistungsverlust in Leitung: PVerl. = R ⋅ IHV 2 = 0,1W • Leistung beim Verbraucher: PVerb = 1,9999 kW • Spannung beim Verbraucher: U − R ⋅ IHV PVerb. = HV = 199,99 V 100 21 Zusammenfassung • Kapazitäten, Induktivitäten und Ohmsche Widerstände verhalten sich unterschiedlich im Wechselstromkreis: - Ohmscher Widerstand: Stromstärke und Spannung sind in Phase - Kapazität: Stromstärke eilt der Spannung um eine Viertelperiode (900) voraus. Der kapazitive Widerstand nimmt mit zunehmender Frequenz ab. - Induktivität: Stromstärke hinkt der Spannung um eine Viertelperiode (900) hinterher. Der induktive Widerstand nimmt mit der Frequenz zu • elektromagnetische Schwingkreise: L, C, R können zu Schwingkreisen zusammengeschaltet werden; periodische Umwandlung: elektrische ⇔ magnetische Energie • Transformatoren sind wichtige Komponenten bei Wechselstromanwendungen: - induktive Kopplung zweier Wechselstromkreise; - Leistungsübertragung durch induktive Kopplung vom Primär- zum Sekundärstromkreis; I N U N - Umsetzung von Wechselströmen und Spannungen: 1 = 1 ; 1 = 2 U2 N2 I2 N1 Physik für Mediziner 22