Erkrankungen der Welpen Grundlagenseminar 13.02.2016 ■ Oberstes Zuchtziel ist die Erhaltung der Lebensfähigkeit einer Rasse ■ Der Kynologe Hauck (1930) propagierte, dass eine Hündin aus der Zucht zu nehmen ist, die nicht normal werfen kann. Auch in der Rassehundezucht gilt „Lügen haben kurze Beine“. Verschwiegene Fehler rächen sich spätestens in der 2. und 3. Generation. Das zeigt sich besonders bei Wehenschwächen, Hasenscharten und Spaltrachen, Weißen, Knickruten. Diese Fehler treten dann überproportional auf, obwohl sie bei der eingegangenen Verpaarung nicht zu erwarten waren. ■ ■ Verpflichtung = hohe Verantwortung des Züchters gegenüber der Rasse ■ Mann soll, wenn man eine Rasse fördern will, immer mit offenen Karten spielen Leo Helbig 1958 Entwicklung des Lebens/Befruchtung Chromosomen ■ ■ ■ ■ ■ Mensch 46 Schimpanse 48 Hund 78 Haushuhn 78 Chromosomen sind die Träger des ges. Erbgut im Zellkern 4. und 5. Tag nach Befruchtung 16. und 19. Tag nach der Befruchtung Um den 30. Tag sind beim Hund alle wichtigen Organsysteme angelegt. Hundeembryo 23. Tag Menschenembryo Entwicklung des Lebens 28. und 45. Tag nach der Befruchtung 55. Tag nach der Befruchtung Mit Ausnahme der Niere entwickeln sich die Organe aus dem Material verschiedener Keimblätter, d. h. das gleiche Gewebe kann sich aus verschiedenen Keimblättern entwickeln Keimblätter ■ ■ ■ ■ ■ Nach der Einnistung der befruchteten Eier entwickeln sich aus der Zelldifferenzierung die 3 Keimblätter. Ektoderm (Neurahlrohr = Vorläufer von Gehirn und Rückenmark) Endoderm (Verdauungsorgane, Harn-Geschlechtsorgane, Atmung) und Mesoderm (Urwirbel). Aus den Keimblättern entwickeln sich die Organanlagen. Am 20. Tag entsteht der Cförmige Schwanzknospenembryo mit Augenbläschen, Kiemenbögen und Herzwulst Missbildungen, Aborte, Haltungsanomalien ■ Abort aller Welpen 56. Trächtigkeitstag ■ Anencephalie und Hydrops ■ Haltungsanomalie des Kopfes Erbfehler und Gendefekte ■ ■ ■ ■ Ca. 450 Erbfehler bekannt Viele gestorbene Welpen werden nicht zu weiteren Untersuchungen gebracht Welpen mit schwerwiegenden Erbfehlern sind nicht lebensfähig Jedes Gen und Organsystem kann mit genetischer Mutation behaftet sein, häufig von später erworbenen Erkrankungen nicht zu unterscheiden. Häufigste Erbfehler beim Hund ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Skeletterkrankungen (Hüfte, Schulter, Ellenbogen, Patellaluxation) Atemwege, Herz-Kreislauf (Tracheomalazie, Herzerkrankungen) Hauterkrankungen (Allergien) Hämatologische (Blutgerinnung) Augenerkrankungen (PRA, Katarakt) Endokrine (Diabetes, Schilddrüse) Neurologisch (Hydrocephalus, Epilepsie) Fortpflanzung (Kryptorchismus) Uronephrologisch (Nieren, Blase) Hydrocephalus/Wasserkopf Angeborene Herzerkrankungen ■ ■ ■ ■ Frequenz des neugeborenen Welpen ca. 200 Schläge/Min. Keine oder geringe Symptomatik in den ersten Lebenswochen Verödung des Ductus arteriosus im Alter von 2 Wochen abgeschlossen ASD, embryonale Fehlbildung, Symptome meist nach der 8. Woche Jede Missbildung kann nur in einer bestimmten Entwicklungsperiode ausgelöst werden! Spaltmissbildungen beim Boxer Hemmungsmissbildungen entstehen durch unvollständige Trennung oder Vereinigung von Anlagen Exkurs in die Humanmedizin 1500 Kinder werden jährlich mit Spaltmissbildungen geboren. Generelles Risiko bei 3%. Häufigste Missbildung ist die Gaumenspalte mit 80 %. 15% in Familien mit Vorbelastung (auch über Generationen zurück). Spina bifida ist eine Neuralrohrfehlbildung und entsteht zwischen dem 22. und 28. Tag nach der Befruchtung Ursachen Exogene Ursachen ■ Strahlen (Röntgen/Gamma) ■ Medikamente ■ Hormone ■ Futtermittel ■ Infektionskrankheiten ■ Giftpflanzen, Vergiftungen ■ Mangel an lebenswichtigen Stoffen, Vitaminmangel; Spurenelemente ■ Sauerstoffmangel Genetisch bedingt ■Chromosomenanomalien (Trisomien z.B. Chrom. 18 Brachygnathie = Verkürzung von Kiefer- und Nasenknochen, Chrom. 17 Zwergwuchs, Translokationen, Monosomie) ■Mutationen ■Mosaike (XYY beim Hengst oder Bullen) ■Autosomal rezessiv oder dominante Erbgänge ■Fruchtschädigende Stoffe können Chromosomenanomalien bewirken! Angeborene Missbildungen können durch Umwelt und genetische Faktoren ausgelöst werden. In den meisten Fällen sind die verursachenden Faktoren nicht eindeutig zu bestimmen. Die Auswirkungen sind in der Embryonalperiode, dem Stadium der intensiven Differenzierung, schwerwiegender als in der nachfolgenden Fetalperiode. Angeborene Gaumenspalte ist eine abnorme Verbindung zwischen der Mundhöhle und den Nasenhöhlen im Bereich des harten und weichen Gaumens ■ ■ Sie entsteht, wenn die Gaumenplatten während der fetalen Entwicklung nicht zusammenwachsen. Die kritische Phase liegt bei Hunden zwischen dem 25. und 28 Tag der Trächtigkeit Betroffene Tiere sind nach der Geburt nicht in der Lage effektiv an der Zitze zu saugen, evtl. läuft die Milch aus der Nase des Welpen wieder heraus, sie sterben meist innerhalb 2-3 Tagen. Operation pro oder kontra Tierschutz??? OP-Alter 8 -12 Wochen, damit der Gaumen wächst und sich leichter verschließen lässt, dann ist auch das Gewebe etwas stabiler und die Nähte halten besser. Operationen, die vor der 16. Woche durchgeführt werden, können das Wachstum der Kiefer behindern. Es sind mehrere Eingriffe in Folge nötig, bevor die gesamte Gaumenspalte endgültig verschlossen ist!!! Operationstechniken Komplikationen ■ ■ ■ ■ ■ ■ Deformierung der Kiefer- und Gesichtsknochen durch Wachstum Nahtdehiszens und nachfolgende unvollständige Heilung 3-5 Tage nach Eingriff (starke Spannung auf der Naht – Blutzufuhr eingeschränkt) Lokale Eiterherde durch ständiges Belecken mit der Zunge Infektion Aspirationspneumonie, Fehllage der Magensonde (714 Tage um die Heilung zu fördern) Chronischer Schnupfen nach erfolgreicher Operation Operation von Gaumenspalten sind chirurgisch machbar - aber sind sie züchterisch vertretbar? Einflüsse auf die Entwicklung des Wesens ?! ■ ■ ■ ■ Isolation, mehrere Wochen in steriler Klinikumgebung Natürliche Bedürfnisse (saugen, Mutterwärme, belecken zum Harn- oder Kotabsatz) fehlen. Zurückbleiben in der körperlichen Entwicklung Angst vor Manipulationen im Maulbereich Das bedeutet für den Welpen: ■ ■ ■ ■ ■ Legen einer Magensonde direkt nach Geburt zur Ernährung Aufenthalt über Wochen in der Tierklinik ohne Mutter und Geschwister Mehrfache Operationen mit Vollnarkose, Hunger Antibiotikagabe Schmerzen Und wofür???? § 5 d Zuchtordnung des BK ■ ■ Lebensschwache, oder missgebildete Welpen müssen spätestens am 7. Lebenstag von einem Tierarzt oder einer fachkundigen Person schmerzlos getötet werden. Werden Welpen mit Hasenscharten oder Spaltrachen aufgezogen, erhalten diese Zuchtverbot! Symptome kranker Welpen ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Saugunlust Apathie Wimmern Ruderbewegungen Durchfall oder Austrocknung hohe Atemfrequenz Muskelkrämpfe, verminderte Reflexe Fieber oder Untertemperatur Körpertemperatur beim Welpen ■ ■ ■ ■ Geburt bis 7. Tag: 34,4 – 37,2 2. Lebenswoche: 35,0 – 37,8 3. – 4. Woche: 36,1 – 37,8 Nach 4. Woche: 38,3 – 38,8 Welpenerkrankungen nicht infektiös ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Atemdepression Hypothermie Hypoglykämie Geburtstraumen Toxisches Milchsyndrom Ernährungsstörungen Hämorrhagisches Syndrom Neugeborenen Gelbsucht Missbildungen Missbildungen ■ ■ ■ ■ ■ ■ Durch Infektionen ca. 48% (Viren, Bakterien) Sie können erblich bedingt sein (Spaltmissbildungen) Rassebedingt (Wasserkopf) Umwelteinflüsse (Gifte), Medikamente (in der Trächtigkeit) Physikalische Faktoren (Röntgenstrahlen). Atemdepression ■ ■ ■ ■ ■ ■ Frühgeborene unter 57 Tagen, unzureichende Lungenreifung Nach Geburtsstörungen (Fruchtwasseraspiration) Vorzeitige Lösung der Nachgeburt (häufige Oxytocingaben!) 1. Atemzug wird im Geburtsweg ausgelöst Reanimation Kritische Phase bis 36 Stunden nach Geburt Hypothermie-Hypoglykämie-Syndrom ■ ■ ■ ■ ■ Bei zu geringer Energieversorgung fällt die Körpertemperatur ab. Feuchte zugige Umgebung Mastitis oder zu wenig Milch der Hündin viele Welpen, Verdrängung von den Zitzen Komplikation bei anderen Erkrankungen Hypothermie ist immer ein Risiko für Infektionen! ■ ■ ■ ■ ■ Herpesviren vermehren sich bei einer Körpertemperatur unter 37 Grad massiv. Kühle Welpen werden von der Mutter aussortiert Bei „kalten“ Welpen ist Saugund Schluckreflex nicht mehr auslösbar Nicht zu schnell aufwärmen! 5% Glukoselösung s.c., intraabdominal, oral Untertemperatur (Hypothermie) ■ ■ ■ ■ Warmes Wurfzimmer Zugluft vermeiden Nach erfolgreichem aufwärmen der Welpen beobachten, Rückfall in den nächsten 48 Stunden Kontrolle der Milch (Menge, Qualität) Darminfarkt, Darmverschluss ■ ■ Beginn der Symptome 24 Stunden nach Geburt. Wimmern, aufgeblähter Bauch, kurze Zustandsverbesserung durch legen einer Magensonde. Welpenerkrankungen infektiös ■ Bakterielle Infektionen (Durchfälle, Hundebrucellose, Sepsis) ■ Virusinfektionen (Herpes, Staupe, Pavovirus, Rotavirus) Infektionswege ■ ■ ■ Intrauterin: Neospora (Rinderaborte), Herpes, Brucellen, Spulwurm Während der Geburt (Scheideninfektion) Nach der Geburt finden die meisten Infektionen statt (Lochialsekret, Mastitismilch, Entzündungen der Haut, Ohren und Mundhöhle. Über die Milch bei Toxoplasmen, Hakenwurm) Immunologische Abwehr der Welpen ■ ■ ■ ■ ■ 50. Trächtigkeitstag in geringem Ausmaß eigene Antikörperbildung Ab der ersten Kolostrumaufnahme maternale Antikörper – Schutz versagt, wenn Hündin kurz vor der Geburt in andere Umgebung gebracht wird (unbekannte Keimflora). Resorption der kolostralen Antikörper nimmt nach 24 Stunden nach der Geburt ab! ca. 6.-8. Woche, immunologische Lücke nur noch geringe maternale Antikörper, 12.-16. Woche nicht mehr nachweisbar. IgA der Hundemilch wird nur gering resorbiert, verbleibt im Welpendarm und kann dort Keime binden Kolostrum, die schützende „Wundermilch“ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Immunglobuline sind im Erstkolostrum am höchsten Welpen die verspätet geboren werden und an Zitzen trinken an denen andere Welpen bereits getrunken haben, erhalten weniger Kolostrum Kolostrale Antikörper werden nur während der ersten 24 Lebensstunden effektiv resorbiert Würfe sind gefährdet, die z. B. nach Kaiserschnitt verspätet der Mutter zugeführt werden Welpen die nach der Geburt von der Mutter getrennt werden (Hasenscharten) Trinkschwäche der Welpen führt zu geringerer Kolostrumaufnahme Risikofaktoren für Welpeninfektionen ■ ■ ■ ■ ■ ■ Keine, oder zu späte Kolostrumaufnahme Unzureichende Immunisierung der Mutter Geburt in fremder Keimflora Unhygienische Verhältnisse Hohe Hundedichte, erkrankte Tiere Reduktion der Abwehr durch Mangelernährung, Stress, Wunden, Unterkühlung Bakterielle Infektionen ■ ■ ■ ■ ■ Übertragung über Milch, Umgebung, Scheidensekret meist Staphylokokken, Streptokokken, E. coli Rasanter Verlauf (bei Sepsis Tod in wenigen Stunden) Hündinnen können Abwehrmechanismen entwickeln die sie auf die Welpen übertragen Resistenzentwicklung durch unkontrollierte Antibiotikagaben Bedeutsame bakterielle Infektionen Lokalinfektionen ■ ■ ■ ■ ■ Nabelentzündung Neonatale Bindehautentzündung Hautenzündungen Bronchopneumonie (auch nach Aspiration) Durchfälle (Escherichia coli ab 2. Lebenstag), dabei auch Mastdarmvorfall möglich Allgemeininfektionen ■ ■ ■ ■ Organbesiedlung mit unspezifischen Erregern Septikämie Brucelleninfektion Salmonellen Virale Infektionen ■ ■ ■ ■ Herpes Virus, Pavovirose, Staupe Infektion erwachsener Tiere Infektion durch den Mutterkuchen Infektion nach der Geburt Toxisches Milchsyndrom ■ ■ ■ ■ 3.-14 Tag, schreien, dicke Bäuche, Durchfall (die Größten erkranken zuerst) Giftige Zerfallsprodukte aus der Gebärmutter gelangen in die Milch (Rückbildungsverzögerung, Entzündung) Absetzen und Ersatzmilch Hündin immer mit behandeln! Wichtig bei erkrankten Welpen ■ ■ ■ ■ Zeitpunkt des Auftretens Zahl der betroffenen Welpen (dicke zuerst?) Erste Symptome Zustand und Verhalten der Hündin Hämorrhagisches Syndrom ■ ■ ■ ■ Blutungsneigung zwischen dem 1. und 4. Tag Blutungen aus Nase oder Mund, auch Unterhaut, Bauchraum Ursache Vitamin K – Mangel der Mutter (Fütterung überprüfen, Überlagerung, hohe Temperaturen inaktivieren Vitamin K) Angeborene Erkrankung, Gerinnungsstörung des Welpen Schwimmer-Syndrom ■ ■ ■ ■ ■ Geh- und Stehunfähigkeit Brustkorb durch permanenten Druck auf das Brustbein abgeflacht Gliemaßenfehlstellungen mit paddelnden Schwimmbewegungen Oft Missbildungen der Gelenke, Oberarm- und Oberschenkelknochen, auch Brustkorb (Trichterbrust). Ursache nicht geklärt (erblich, Umwelt, Ernährung, neurologisch, orthopädisch, Infektion während der Trächtigkeit mit Muskelerkrankung oder Erkrankung der Knochen und des Knorpels Gewichtsverlust bei Welpen ■ ■ ■ ■ Infektionen (Herpes, Nabelentzündungen, Rotaviren) Parasitenbefall Mangelhafte Milchversorgung Fehlbildungen, Missbildungen der Welpen (Gaumenspalten, fehlender Saugreflex, Herzfehler) Nicht zu unterschätzen! Wurmbefall Welpenreanimation ■ ■ ■ ■ ■ ■ Atemwege reinigen, Inspektion auf Missbildungen Rubbeln in Kopftieflage mit warmen, trockenen Tuch Nach Kaiserschnitt Narcanti, Respirottropfen Achtung beim Ausschleudern (Kopf gut fixieren) Vorsichtige Beatmung und Herzmassage Achtung! Warme Umgebung, keine Zugluft Danke