HINWEISE W/Z/HPFAD 2014 H A N D O U T F Ü R T E I LC H E N P H YS I K - M A ST E R C L A SS E S C M S - DAT E N : W/Z / H - P FA D (2 014 ) Liebe Vermittler, das vorliegende Handout unterstützt die Teilnehmer von Teilchenphysik-Masterclasses bei der Messung und ermöglicht ihnen weitgehend selbstständiges Arbeiten. Teilnehmer und Lehrkräfte können das Handout mitnehmen und für die Nachbereitung der Masterclass nutzen. Idealerweise wird das Handout doppelseitig in Farbe ausgedruckt. Sie können es nach der ersten Einführung oder vor der Messung an die Teilnehmer der Masterclass verteilen. Dieses Handout ist speziell für die W/Z/H-Messung der CMS-Masterclass 2014 konzipiert und enthält - eine Einführung und nützliche Hinweise, wie die Teilnehmer die unterschiedlichen Signaturen von W- , Z- und H-Signalen erkennen können (S. 1), - eine Einführung in die online verfügbare iSpy-Software (S. 2), - die Darstellung von Teilchenspuren im Event-Display (S. 2/3), - die Aufgabenstellung für die Datenanalyse (S. 4) - sowie Informationen über Elementarteilchen und Wechselwirkungen (S. 5). Viel Spaß wünscht das Teilchenwelt-Team HINWEISE W/Z/HPFAD 2014 A N A LYS E VO N L H C - DAT E N : W/Z / H WA S W I R I M D E T E K TO R S U C H E N DER HINTERGRUND Im Teilchenbeschleuniger LHC am internationalen Forschungszentrum CERN bei Genf kollidieren Protonen mit einer Bewegungsenergie von jeweils 4 TeV. Das entspricht mehr als dem 4000-fachen ihrer Ruhemasse! Bei der Kollision entsteht eine Vielzahl neuer Teilchen. Diese können sogar eine größere Masse haben als die ursprünglichen Protonen, da bei der Kollision ein Teil von deren Bewegungsenergie in Masse umgewandelt wird. Die entstandenen Teilchen oder ihre Zerfallsprodukte werden in Detektoren nachgewiesen. So wollen Forscher beispielsweise das Higgs-Boson erzeugen oder herausfinden, woraus Dunkle Materie besteht. W- UND Z-BOSONEN W-Bosonen (W- und W+) sind massereiche, elektrisch geladene Austauschteilchen der Schwachen Wechselwirkung. Mithilfe von W-Bosonen werden wir heute den Aufbau des Protons erforschen und herausfinden, wie Teilchenphysiker nach dem Higgs-Boson suchen. W-Bosonen zerfallen nach ihrer Entstehung sehr schnell. Daher kann man sie nicht direkt im Detektor nachweisen. Stattdessen sucht man nach ihren Zerfallsprodukten. Wir beschränken uns bei der Datenanalyse auf vier Möglichkeiten: W- → e- - → µ- + v und W+ → e+ + v W+ → µ+ Z-Bosonen (Z0) sind ebenfalls Austauschteilchen der Schwachen Wechselwirkung. Im Vergleich zu W-Bosonen sind sie noch etwas schwerer und elektrisch neutral. Daher zerfallen sie in Paare von Teilchen, die zusammen ebenfalls keine elektrische Ladung besitzen. In den Daten, die du analysierst, wirst du folgende Zerfälle finden: Z0 → µ- + µ+ und Z0 → e- + e+ DAS HIGGS-BOSON Derart zerfallende Z-Bosonen sind umso interessanter, als sie, sollten zwei von ihnen im Detektor gesehen werden, mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit von einem Higgs-Boson stammen. Das Higgs-Boson (H), dessen Entdeckung am CERN im Jahr 2013 den Physikern, die es in den 1960er Jahren vorhergesagt haben, einen Nobelpreis beschert hat, ist ein äußerst schweres, selten auftretendes Teilchen. Es verleiht allen anderen Elementarteilchen ihre Ruhemasse zu verleihen, und tritt umso lieber mit den Teilchen in Wechselwirkung, je schwerer diese sind. Sowie es produziert wurde, zerfällt es sofort wieder. Vielleicht erkennst du in den Daten charakteristische Signaturen der folgenden Zerfälle: H → Z0 Z0 → 2µ + 2e H → Z0 Z0 → 4µ und H → Z0 Z0 → 4e Über einen komplizierteren Prozess ist auch der Zerfall in zwei Photonen ( ) möglich. Auch danach solltest du in den Daten Ausschau halten: H→ Die nächsten zwei Seiten geben Tipps und Informationen, wie du nach den oben erwähnten Prozessen im Detektor suchen musst. Viel Erfolg! www.teilchenwelt .d e 1 ANLEITUNG W/Z/HPFAD 2014 D I E S O F T WA R E i S PY A N L E I T U N G Z U R AU S W E R T U N G VO N T E I LC H E N S P U R E N ▸ Gehe auf http://www.i2u2.org/elab/cms/event-display/ und lade dein Datenpaket, das du im Ordner masterclass-2014 findest. ▸ Welches Datenpaket du analysieren sollst, teilt dir der/die Vermittler/in mit. DIE WICHTIGSTEN FUNKTIONEN DER SOFTWARE: ① ② ③ ④ ⑤ ● ① Datenpaket laden Datenpaket durchblättern Zoom Transverse X-Y-Ebene anzeigen (sehr nützlich!) Detektor-Elemente ein-/ausblenden ● ② ● ③ ● ④ ● ⑤ INFORMATIONEN ZUM ZERFALL VON TEILCHEN: ▸ W-Zerfälle haben fehlende transversale Energie Et (typischerweise > 20 GeV) und eine sichtbare Spur von einem Elektron oder Myon ▸ Z-Zerfälle haben wenig oder keine fehlende transversale Energie Et (< 20 GeV) und weisen zwei sichtbare Elektronen- oder Myonen-Spuren auf. ▸ Setze den Haken im linken Panel bei Missing Et (Reco). Die Richtung der fehlenden transversalen Energie wird dir durch einen gelben Pfeil angezeigt. Je länger der Pfeil, desto mehr Energie fehlt. Klicke auf den kleinen Pfeil neben dem Haken, um ganz einfach überprüfen zu können, ob es mehr oder weniger als 20 GeV sind. iSpy-Event-Display Et steht für "transversale Energie" (Energie senkrecht zur Strahlrichtung) Myon-Kammern Myon-Spuren fehlende transversale Energie (Et) Elektron-Spuren ECAL-Barrel ECAL-Energie-Depositionen HCAL-Energie-Depositionen HCAL-Outer Orientierung 2 ANLEITUNG W/Z/HPFAD 2014 D I E S O F T WA R E i S PY D A S E V E N T - D I S P L AY T E I LC H E N S P U R E N Elektronen und Positronen (Kürzel e- bzw. e+) hinterlassen eine Spur im Spurdetektor und geben ihre Energie im elektromagnetischen Kalorimeter ab. Energiereiche Quarks erzeugen Teilchenbündel (Jets) aus Hadronen. Diese hinterlassen mehrere Spuren im Spurdetektor und geben ihre Energie in beiden Kalorimetern ab. Myonen und Antimyonen (Kürzel µ- bzw. µ+) hinterlassen Signale in allen Detektorschichten; insbesondere sind sie die einzigen Teilchen, die noch in den außen gelegenen Myon-Kammern nachweisbar sind. Neutrinos und Antineutrinos (Kürzel v bzw. ¯v) können die Detektoren nicht direkt nachweisen. Doch wenn in den Detektoren viel Energie "fehlt", sind wahrscheinlich ein oder mehrere Neutrinos die Ursache dafür. Photonen hinterlassen keine Spur im Spurdetektor, sondern sind nur im elektromagnetischen Kalorimeter zu sehen, wo sie ihre Energie abgeben. Auf Grund des B-Felds haben positiv geladene Teilchen eine Krümmung im Spurdetektor im Uhrzeigersinn, negative Teilchen haben ihre Orientierung entgegen dem Uhrzeigersinn (X-Y-Ebenen-Ansicht). BEISPIELBILDER FÜR TYPISCHE SIGNATUREN: W- → e- + v Z0 → e- + e+ H → 2µ + 2e W+ → µ+ Z0 → µ- + µ+ H→ 3 ANLEITUNG W/Z/HPFAD 2014 DAS S P R E A D S H E E T * D AT E N A N A LY S E D E R KO L L I S I O N E N ANLEITUNG - ANALYSE VON 100 TEILCHENKOLLISIONEN: ▸ Untersuche bei einem Kollisionsereignis zuerst, ob es Elektron- oder Myon-artig ist: ▸ Hat das Ereignis eine oder zwei Myon-Spur(en), trage eine "1" in der "muon"-Spalte bei dem entsprechenden Event deiner Masterclass ein (vergleiche die Event-Nummer mit dem in der Software geladenen Ereignis!). ▸ Trage entsprechend eine "1" bei "electron" ein, solltest du eine oder zwei Elektron-Spur(en) finden. ▸ Entscheide dann zwischen W-, Z-, Higgs-Bosonen und sonstigem: ▸ Gibt es genug fehlende transversale Energie und eine einzige Myon- oder Elektron-Spur, hast du in dem Ereignis einen Kandidaten für ein W-Boson gefunden. Bestimme die Ladung des Myons bzw. Elektrons anhand der Krümmung seiner Bahn und trage eine "1" in die entsprechende Spalte ein. Kannst du die Ladung nicht genau bestimmen, trage die "1" in die Spalte "W cand". ▸ Findest du zwei Elektron- oder Myon-Spuren, ist es wahrscheinlich ein Z-Kandidat. Allerdings musst du noch sicherstellen, dass es nicht mehr als 20 GeV fehlende transversale Energie gibt. ▸ Einen Higgs-Kandidaten hast du gefunden, wenn du entweder zwei Elektronen und zwei Myonen aufspürst (oder vier Elektronen bzw. vier Myonen), oder zwei starke Energieablagerungen im elektromagnetischen Kalorimeter bei sonst geringer Aktivität im Detektor. Trage dann eine "1" in der Spalte "H cand" ein. ▸ Kannst du das Ereignis nicht anhand der oben genannten Möglichkeiten klassifizieren, trage eine "1" bei "zoo" ein, also "unbekannt/sonstiges". ▸ Berechne die Masse der Z- und Higgs-Kandidaten: ▸ Du hast Glück – sowie du eine "1" bei "Z cand" oder "H cand" einträgst, wird die Masse automatisch schon berechnet. Sie steht in der Spalte "mass". Runde den Wert auf die nächste ungerade Zahl und trage diese ein in "Mass ->odd". ▸ Erstelle das Massen-Histogramm: ▸ Gehe zum Excel-Tab "Massplot Builder" und trage deine Ereignisse mit einer "1" bei der jeweiligen Masse ein. Bei Ereignissen mit derselben Masse trage die "1"en übereinander ein. ▸ Wenn ihr mit den 100 Ereignissen fertig seid, stellt eure Datei auf ein Tauschverzeichnis o.ä. und gebt so eurem/r Vermittler/in euer Massen-Histogramm. Er/sie wird mit euch die gemeinsame Auswertung und Interpretation eurer Ergebnisse machen! VIEL SPASS! *Jede Gruppe lädt sich das Spreadsheet herunter unter: https://leptoquark.hep.nd.edu/~kcecire/mclib/files2014/CMSWZH2014local.xls 4 INFO MASTER CLASSES DAS STA N DA R D M O D E L L D E R T E I LC H E N P H YS I K E L E M E N TA R T E I LC H E N U N D I H R E W EC H S E LW I R KU N G E N Alle Materie besteht aus Elementarteilchen, die sich nicht weiter zerteilen lassen: ▸ Sechs Arten von Quarks … ▸ … und sechs Arten von Leptonen: Elektronen, Myonen und Tauonen (mit elektrischer Ladung), und drei Arten von Neutrinos (ohne elektrische Ladung). Stabile Materie in unserer Umgebung besteht nur aus Elektronen, Up- und Down-Quarks. Von den Teilchen der ersten Generation gibt es jeweils zwei massereichere Versionen mit gleichen Ladungen (2. und 3. Generation). Jedes Materieteilchen hat ein Antiteilchen mit gleicher Masse, aber entgegengesetzten Ladungen. Es gibt vier Wechselwirkungen, mit denen man alle Vorgänge in der Natur beschreiben kann. Sie werden durch Austauschteilchen vermittelt. Starke Wechselwirkung Elektromagnetische Wechselwirkung Schwache Wechselwirkung Betro ene MaterieTeilchen Quarks Quarks und elektrisch geladene Leptonen Alle Zugehörige Ladung starke Ladung (Farbladung) elektrische Ladung schwache Ladung Austauschteilchen Gluonen Photon W+, W -, Z 0 Wirkungen Anziehung zwischen Quarks; Zusammenhalt von Atomkernen Licht, Strom, Magnetismus, Zusammenhalt von Atomen... Betazerfall, Kernfusion... Reichweite 10-15 m (Protonendurchmesser) unbegrenzt 10-18 m (1/1000 Protonendurchmesser) Die vierte Wechselwirkung ist die Gravitation. Sie ist mit Abstand die schwächste Wechselwirkung und spielt für Elementarteilchen keine Rolle. Infos, Links, Newsletter und Forum zur Teilchenphysik: www.teilchenwelt.de Software und Datenpakete für Masterclasses: http://www.i2u2.org/elab/cms/event-display/ Infos rund um den LHC: www.weltmaschine.de 54