Effekte von Levetiracetam auf neurotrophe Hypoxie

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Aus der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikum Erlangen
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg
(Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h.c. W. Rascher)
Effekte von Levetiracetam auf neurotrophe
Hypoxie-induzierbare Faktoren im unreifen
Gehirn der Maus unter akuter systemischer
Hypoxie
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde
der Medizinischen Fakultät
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
vorgelegt 2010
von Julia Schneider
geboren in München
Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Dekan: Herr Prof. Dr. med. Dr. h.c. J. Schüttler
1. Gutachter: Frau Prof. Dr. med. R. Trollmann
2. Gutachter: Herr Prof. Dr. med. Dr. h.c. W. Rascher
Tag der mündlichen Prüfung: 20.10.2010
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis .......................................................................................... I
Zusammenfassung ........................................................................................ 1
Hintergrund und Ziele................................................................................ 1
Methoden .................................................................................................. 1
Ergebnisse und Beobachtung ................................................................... 2
Praktische Schlussfolgerung ..................................................................... 2
Summary ........................................................................................................ 3
Background and objectives ....................................................................... 3
Methods .................................................................................................... 3
Practical conclusion .................................................................................. 4
1. Einleitung ................................................................................................... 5
1.1. Ursachen und Folgen einer perinatalen hypoxisch-ischämischen
Schädigung des Gehirns .............................................................................. 5
1.1.1. Inzidenz der perinatalen hypoxisch-ischämischen Schädigung des
Gehirns ..................................................................................................... 5
1.1.2. Ätiologie der perinatalen hypoxisch-ischämischen Schädigung des
Gehirns ..................................................................................................... 6
1.1.3. Klinische Symptome und Prognose der perinatalen hypoxischischämischen Schädigung des Gehirns .................................................... 7
1.1.4. Neuropathologische Folgen und pathophysiologische Mechanismen
der perinatalen hypoxisch-ischämischen Schädigung des Gehirns .......... 9
1.1.4.1. Neuropathologische Folgen ......................................................... 9
1.1.4.2. Pathophysiologische Mechanismen ........................................... 10
1.1.4.2.1. Exzitotoxizität von Glutamat .................................................... 11
1.1.4.2.2. Nekrose ................................................................................... 12
1.1.4.2.3. Apoptose ................................................................................. 13
1.1.5. Experimentelle neuroprotektive Therapieansätze bei der perinatalen
hypoxisch-ischämischen Schädigung des Gehirns ................................. 15
1.2. Endogene Adaptations-Mechanismen bei der perinatalen hypoxischischämischen Schädigung des Gehirns ..................................................... 17
II
1.2.1. HIF-Mechanismus ......................................................................... 17
1.2.2. Zerebrale Regulation der HIF-abhängigen vasoaktiven Faktoren
VEGF und iNOS ...................................................................................... 21
1.2.3. Zerebrale Regulation der HIF-unabhängigen Faktoren nNOS,
eNOS und Caspase-3 ............................................................................. 28
1.3. Levetiracetam ...................................................................................... 31
1.3.1. Pharmakologische Daten zu LEV.................................................. 32
1.3.2. Wirkmechanismus von LEV .......................................................... 33
1.3.3. Stand des Wissens zu neuroprotektiven Effekten von LEV im
Tierexperiment an Ratten........................................................................ 34
1.4. Aufgabenstellung und Zielsetzung ...................................................... 35
2. Material und Methoden............................................................................ 38
2.1. Aufbau und Durchführung des Tierversuchs ....................................... 38
2.2. RNA-Isolation ...................................................................................... 40
2.3. Reverse Transkription ......................................................................... 43
2.4. TaqMan Real-Time Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) ................. 44
2.5. Statistische Auswertung ...................................................................... 50
3. Ergebnisse ............................................................................................... 51
3.1. Einfluss von Hypoxie auf HIF-1-abhängige Faktoren im unreifen Gehirn
der Maus im Alter von P0 und P7 ............................................................... 51
3.1.1. Genexpression von VEGF im neonatalen Gehirn der Maus unter
Normoxie und Hypoxie an P0 und P7 ..................................................... 51
3.1.2. Genexpression von iNOS im neonatalen Gehirn der Maus unter
Normoxie und Hypoxie an P0 und P7 ..................................................... 54
3.2. Einfluss von Hypoxie auf HIF-1-unabhängige Faktoren im unreifen
Gehirn der Maus im Alter von P0 und P7 ................................................... 56
3.3. Einfluss von Levetiracetam auf HIF-1-abhängige Faktoren im unreifen
Gehirn der Maus im Alter von P0 und P7 unter Normoxie und Hypoxie ..... 62
3.3.1. Einfluss von Levetiracetam auf die mRNA-Expression von HIF-1abhängigen Faktoren im neonatalen Gehirn der Maus an P0 und P7 unter
Normoxie ................................................................................................. 62
III
3.3.2. Einfluss von Levetiracetam auf die mRNA-Expression von HIF-1abhängigen Faktoren im neonatalen Gehirn der Maus an
P0 und P7
unter Hypoxie .......................................................................................... 62
3.4. Einfluss von Levetiracetam auf HIF-1-unabhängige Faktoren im
unreifen Gehirn der Maus im Alter von P0 und P7 unter Normoxie und
Hypoxie ...................................................................................................... 67
3.4.1. Einfluss von Levetiracetam auf die mRNA-Expression von HIF-1unabhängigen Faktoren im neonatalen Gehirn der Maus an P0 und P7
unter Normoxie ....................................................................................... 67
3.4.2. Einfluss von Levetiracetam auf die mRNA-Expression von HIF-1unabhängigen Faktoren im neonatalen Gehirn der Maus an P0 und P7
unter Hypoxie .......................................................................................... 67
4. Diskussion ............................................................................................... 75
4.1. Bedeutung von Hypoxie als Ursache für perinatale ZNS-Schäden .... 75
4.2. HIF und frühe ZNS-Entwicklung .......................................................... 79
4.4. Effekte von LEV auf essentielle Entwicklungsfaktoren ........................ 87
4.3. Ausblick ............................................................................................... 91
5. Literaturverzeichnis................................................................................. 93
6. Abkürzungen .......................................................................................... 107
7. Abbildungsverzeichnis ......................................................................... 113
8. Tabellenverzeichnis............................................................................... 115
9. Veröffentlichungen ................................................................................ 116
10. Danksagung ......................................................................................... 117
1
Zusammenfassung
Hintergrund und Ziele
Die perinatale Hypoxie ist eine der häufigsten Ursachen für Hypoxischischämische Enzephalopathie (HIE). Das Ausmaß und die Prognose der
zerebralen Schädigung hängen vom Gestationsalter der Neugeborenen und
somit vom zerebralen Reifungsgrad ab. Durch eine perinatale Hypoxie werden
außerdem endogene Protektionskaskaden aktiviert, unter denen der Hypoxieinduzierbare Faktor (HIF) die größte Bedeutung hat. Als Transkriptionsfaktor
reguliert HIF die Expression einer Vielzahl von Genen. Dazu zählen der
vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor (VEGF) und die induzierbare NOSynthase (iNOS), die in die reaktive Gefäßregulation involviert sind. Ein
weiterer wichtiger Faktor der neuronalen Schädigungskaskade ist das
proapoptotische Enzym Caspase-3. Zur Therapie einer HIE stehen bislang
keine spezifischen neuroprotektiven Behandlungsoptionen zur Verfügung.
Levetiracetam (LEV) ist ein Antikonvulsivum der neueren Generation, das
tierexperimentell neuroprotektive Eigenschaften zeigte. Daten zu Effekten von
LEV auf neurotrophe und vasoaktive HIF-regulierte Faktoren unter Hypoxie im
unreifen Gehirn sind bislang in der Literatur nicht verfügbar. Ziel vorliegender
Arbeit
war
die
Charakterisierung
von
zerebralen
vasoaktiven
und
neurotrophen HIF-regulierten Mechanismen infolge akuter systemischer
Hypoxie im extrem unreifen Gehirn. Ein weiteres Ziel war die Analyse des
Einflusses von Levetiracetam auf die Hypoxie-induzierten neurotrophen und
vasoaktiven Faktoren.
Methoden
Mittels RT-PCR wurden 1) die zerebrale mRNA-Expression von den HIFabhängigen Genen VEGF und iNOS, sowie von den Hypoxie-induzierbaren,
HIF-unabhängigen Genen nNOS, eNOS und Caspase-3 unter akuter
systemischer Hypoxie (8% O2, 6h) und 2) der Einfluss von LEV (50mg/kg) auf
die Expression oben genannter Gene unter Hypoxie und Normoxie analysiert.
Die Untersuchungen wurden in zwei unterschiedlichen Entwicklungsstadien
2
(P0, P7) des unreifen Gehirns am Modell der neonatalen Maus durchgeführt.
Die statistische Auswertung der ermittelten Daten erfolgte mit der GraphPad
PRISM Version 4.0 Software.
Ergebnisse und Beobachtung
Akute Hypoxie führte zu einem signifikanten Anstieg der mRNA-Expression
von VEGF und zu einer signifikanten Reduktion der mRNA-Expression von
iNOS im Alter von P0 und P7. Im Gegensatz dazu wiesen die mittleren
mRNA-Konzentrationen von nNOS, eNOS und Caspase-3 unter Hypoxie
keine signifikante Veränderung weder im Alter von P0 noch P7 auf. Unter
Normoxie zeigte die Gabe von LEV weder zum Zeitpunkt P0 noch P7 eine
signifikante Beeinflussung der mRNA-Expression von VEGF und iNOS. Unter
Hypoxie stieg im Gehirn der LEV-behandelten Tiere zu beiden Zeitpunkten P0
und P7 die Expression der VEGF-mRNA signifikant an. Die mRNA-Expression
von iNOS zeigte nach einer LEV-Therapie unter Hypoxie eine signifikante
Reduktion ausschließlich im Alter von P7. Im Gegensatz hierzu kam es zum
Zeitpunkt P0 zu keinem signifikanten Abfall der iNOS-mRNA-Expression. Bei
den Konzentrationen von nNOS, eNOS und Caspase-3 konnten nach der
Gabe von LEV zu keinem Zeitpunkt weder unter Normoxie noch Hypoxie
signifikante Veränderungen festgestellt werden.
Praktische Schlussfolgerung
Zusammenfassend zeigte sich unter akuter Hypoxie eine signifikante
Veränderung der mRNA-Expression HIF-abhängiger Faktoren zum Zeitpunkt
P0 und P7. Dies unterstützt die These, dass HIF bei der Regulation von
zerebraler
Hypoxie
im unreifen Gehirn eine Schlüsselrolle spielt.
Desweiteren zeigte die Gabe von LEV keine wesentliche Beeinflussung der
Expression HIF-abhängiger und HIF-unabhängiger Gene. Dies legt nahe,
dass LEV weder unter Normoxie noch unter Hypoxie einen signifikanten Effekt
auf endogene Protektionsmechanismen des unreifen Gehirns aufweist. Um
einen möglichen neuroprotektiven Effekt von LEV unter Hypoxie im unreifen
Gehirn der Maus beurteilen zu können, sind weitere Studien geplant.
3
Summary
Background and objectives
Perinatal hypoxia is one of the most important causes for hypoxic ischemic
encephalopathy (HIE). The extention and the prognose of the cerebral
damage depend on the gestational age of the newborn and therefore on the
cerebral maturation. Perinatal hypoxia also activates endogeneous cascades
of protection. The keyregulator of these processes is the hypoxia-inducible
factor (HIF). As a factor of transcription HIF regulates the expression of
several genes limiting the toxic effects of hypoxia. The vascular endothelial
growth factor (VEGF) and the inducible NO-synthetase (iNOS) are parts of
these genes. Both are involved in the regulation of the vessels following
hypoxic conditions. A further role in the cascade of neuronal damage caused
by perinatal hypoxia plays the enzyme csapase-3 which initiates apoptotic
mechanisms. Actually there exists no specific neuroprotective therapy to treat
the HIE. Levetiracetam (LEV) is an antiepileptic drug of the newer generation
that showed neuroprotective attributes in experiments with animals. In the
literature are no data available of the effects of LEV on neurotrophic and
vasoactive HIF-regulated factors under hypoxic conditions in the premature
brain. The objective of the present study was to characterize cerebral
vasoactive and neurotrophic HIF-regulated mechanisms following acute
systemic hypoxia in the extreme premature brain. Another objective was to
analyse the influence of LEV on neurotrophic and vasoactive factors induced
by hypoxia.
Methods
Following expressions of genes were examined by RT-PCR: 1) the cerebral
mRNA-expression of the HIF-dependend genes VEGF and iNOS and of the
hypoxia-induced but not HIF-dependend genes nNOS, eNOS and caspase-3
under hypoxic conditions (8% O2 for 6 hours) 2) the influence of LEV on the
expression of these genes under hypoxic and normoxic conditions. The
experiments were carried out in two different development states of the
4
premature brain of the neonatal mouse at P0 and P7. The data were
statistically and graphically analysed by GraphPad PRISM version 4.0
Software.
Results and observations
Acute hypoxia led to a significant increase of the mRNA-expression of VEGF
and to a significant decrease of the mRNA-expression of iNOS at P0 and P7.
In the opposite of this there was no significant change of the mean mRNAconcentrations of nNOS, eNOS and caspase-3 under hypoxia neither at P0
nor at P7. After a treatment with LEV no significant changes of the expression
of the HIF-regulated factors VEGF and iNOS could be detected in normoxia at
P0 and P7. Under hypoxia the expression of the VEGF-mRNA increased
significantly in the brain of the LEV-treated animals at P0 and P7. The mRNAexpression of iNOS decreased significantly after a treatment with LEV in
hypoxia at P7. In contrast to this, no significant decrease of the expression of
iNOS-mRNA in hypoxia could be shown at P0. The mean concentrations of
the mRNA of nNOS, eNOS and caspase-3 were not changed significantly
after a treatment with LEV in normoxia and hypoxia neither at P0 nor at P7.
Practical conclusion
In conclusion it could be detected a significant change of the mRNAexpression of the HIF-depended factors in acute hypoxia at P0 and P7 which
is in consense with the thesis that HIF plays a keyrole in the regulation of
cerebral hypoxia in the premature brain. Furthermore, the present study
showed no obvious influence of LEV on the expression of HIF-dependend and
HIF-undependend but hypoxia-inducable genes. This implies that LEV has no
significant effect on the endogenous mechanisms of protection in the
premature brain neither in normoxia nor in hypoxia. To ensure a possible
neuroprotective effect of LEV in hypoxia in the premature brain further studies
are planed.
5
1. Einleitung
1.1. Ursachen und Folgen einer perinatalen hypoxischischämischen Schädigung des Gehirns
Die Möglichkeiten der Perinatal- und Intensivmedizin zur Verbesserung von
pharmakologischen
und
technischen
Interventionsmöglichkeiten
zur
Behandlung kritisch kranker Neugeborener entwickeln sich mit großem
Fortschritt. Wesentliche Beiträge dabei waren z.B. die Optimierung von
Beatmungsmöglichkeiten unreifer Frühgeborener, Medikamente, wie zum
Beispiel Antioxidantien, Surfactant-Ersatz oder Kortikosteroide und zukünftig
möglicherweise die Anwendung therapeutischer Hypothermie (Lin et al. 2004,
Rutherford et al., 2005). Eine besondere Herausforderung stellt vor allem die
Optimierung
der
Versorgung
von
Frühgeborenen
dar.
Trotz
der
fortschreitenden medizinischen Möglichkeiten zur optimalen Versorgung von
Früh-
und
Neugeborenen
können
während
der
Perinatalperiode
Komplikationen auftreten, die zu zerebraler Hypoxie und zu bleibenden
Schäden im neonatalen Gehirn führen. Das zerebrale Schädigungsmuster ist
dabei vom Gestationsalter und dem entsprechenden Entwicklungsstadium der
Neugeborenen
abhängig.
Sowohl
bei
Reifgeborenen,
als
auch
bei
Frühgeborenen kommt es im Gehirn zu typischen neuropathologischen
Veränderungen unterschiedlicher Form und Lokalisation (Meberg et al., 2004,
Rorke, 1992).
1.1.1. Inzidenz der perinatalen hypoxisch-ischämischen
Schädigung des Gehirns
Als neonatale Komplikation gilt die perinatale Asphyxie infolge akuter
Hypoxie/Ischämie. Es entsteht eine Situation mit gestörtem Gasaustausch,
aus dem Hypoxämie, Hypoxie, Hyperkapnie und Azidose resultieren können.
Die perinatale Asphyxie ist die häufigste Ursache einer Hypoxischischämischen Enzephalopathie (HIE), welche sich nach einem hypoxischen
Ereignis innerhalb von Stunden bis Tagen während der Reperfusionsphase
6
des Gehirns entwickelt. Insgesamt tritt die perinatale Asphyxie bei 2-3 von
1000 Lebendgeborenen auf (Meberg et al., 2004). Die Inzidenz der HIE als
Folge liegt bei 1-2 von 1000 Neugeborenen. Die Akutmortalitätsrate ist hoch
(20-25%) und bei fast der Hälfte der betroffenen Neugeborenen bleiben
chronische neurologische Schäden zurück (Carli et al., 2004, Palsdottir et al.,
2007). Bei Frühgeborenen tritt die periventrikuläre Leukomalazie mit einer
Inzidenz von ca. 5%, die intra- bzw. periventrikuläre Hirnblutung mit einer
Inzidenz von ca. 10 % auf, bei Kindern unter 1500g bis zu 50% (Hack et al.,
2000).
1.1.2. Ätiologie der perinatalen hypoxisch-ischämischen
Schädigung des Gehirns
Das
Risikoprofil
für
zerebrale
Schädigung
in
der
Perinatalperiode
unterscheidet sich bei Reif- und Frühgeborenen. Bei Reifgeborenen
dominieren
Risikofaktoren
wie
akute
Hypoxie
und
unmittelbare
Komplikationen während der Geburt. Die perinatale Hypoxie wird durch eine
akut verminderte materno-plazentare oder feto-plazentare Blutversorgung
während der Geburt ausgelöst. Verschiedene Ursachen können zugrunde
liegen.
Am
häufigsten
sind
Nabelschnurkomplikationen,
vorzeitige
Plazentalösung oder Uterusruptur, woraus eine akute perinatale Hypoxie
resultieren kann. Bei Komplikationen der plazentaren Versorgung, wie einer
vorzeitigen
Plazentalösung
oder
einer
Plazentablutung
ist
die
Sauerstoffversorgung des Kindes akut vermindert mit der Folge einer HIE
beim Neugeborenen (Palsdottir et al., 2007). In klinischen Studien wurde
beobachtet, dass eine Geburt mittels Vakuumextraktion (22%) bzw. Zange
(6%) oder eine Notfallsektio (20%) das Risiko für hypoxisch/ischämische
Komplikationen erhöhen (Meberg et al., 2004, Palsdottir et al., 2007).
Für Frühgeborene dominieren Risikofaktoren wie hypoxisch/ischämische
Ereignisse,
maternale
Infektionen,
pränatale
Infektionen,
chronische
intrauterine Hypoxie und Energiemangel (Berger et al., 1997, Jensen et al.,
1992). Postnatale Komplikationen während der Neonatalperiode wie Sepsis,
bronchopulmonale Dysplasie, systemische Hypoperfusion und zerebrale
7
Krampfanfälle sind weitere Risikofaktoren (Nelson et al., 1991, Woodward et
al., 2006), die die Sauerstoffversorgung des Gehirns gefährden und zu
neurologischen Langzeitdefiziten führen können (Rutherford et al., 2005).
1.1.3. Klinische Symptome und Prognose der perinatalen
hypoxisch-ischämischen Schädigung des Gehirns
Die HIE ist ein Krankheitsbild aufgrund zerebraler Schädigung infolge
perinataler Asphyxie. Insgesamt 20-30% der Neugeborenen mit perinataler
hypoxischer Enzephalopathie leiden unter bleibenden Folgeschäden (Carli et
al., 2004). Die Ausprägung der klinischen Symptome ist hierbei sehr variabel.
Es kann zu neurologischen Störungen wie z.B. Epilepsie, Zerebralparese,
Ataxie und senso-motorischen Behinderung in Form von hyperkinetischen
Syndromen kommen (Carli et al., 2004, Veelken, et al., 1991). Häufig treten
zudem
kognitive
Defizite,
wie
verminderte
Konzentrationsleistung,
Lernschwäche, geistige Retardierung und Verhaltensauffälligkeiten auf (Carli
et al., 2004, Woodward et al., 2006). Bei sehr kleinen Frühgeborenen
(Geburtsgewicht < 750g) zeigen sich zusätzlich vermehrt Sehstörungen bis
hin zur vollständigen Blindheit (Hack et al., 2000).
Die HIE wird klinisch-neurophysiologisch mittels Scores (z.B. nach Sarnat und
Sarnat, 1976) in drei verschiedene Schweregrade unterteilt (Tab. 1).
Tabelle 1 : Klinisch-neurophysiologischer Score nach Sarnat und Sarnat (1976) zur
Klassifikation der HIE bei perinataler Asphyxie
Leichte HIE
(Stadium I)
Mittelschwere
HIE
Schwere HIE
(Stadium III)
(Stadium II)
Bewusstseinslage Hyperexzitabilität
Lethargie
Koma
Motorik
muskuläre
schwere
Hypotonie
muskuläre
normal
Hypotonie
8
Reflexe
normal bis leicht
leicht bis
stark
abgeschwächt
mittelmäßig
abgeschwächt
abgeschwächt
bis nicht
auslösbar
Anfälle
EEG
Dauer
keine
häufig
variabel
normal
Depression,
Burst-
hypersynchrone
suppression,
Aktivität
Suppression
2-14 Tage
Tage bis
<24 Stunden
Wochen
Dabei ist gerade in der akuten Postasphyxiephase die exakte Bestimmung
des Grades der HIE schwierig, da sich die klinischen Symptome erst mit einer
Latenz von mehreren Stunden bis Tagen in voller Ausprägung entwickeln. Ein
EEG in den ersten 24 Stunden nach der Geburt bietet eine gute Möglichkeit
zur Früherkennung einer HIE (Rutherford et al., 2005). Die Ausprägung der
morphologischen Schädigung kann mittels MRT, vor allem des Diffusionsgewichteten MRT, innerhalb der ersten Woche erfasst werden (Woodward et
al., 2006).
Das Auftreten von zerebralen Krampfanfällen gilt als prognostisch ungünstiger
Faktor (Rutherford et al., 2005). In einer klinischen Studie von Pisani et al.
(2007) wurden die zerebralen Folgen eines Status epilepticus mit vereinzelten
Krampfanfällen in der Neonatalperiode verglichen. Dabei konnte gezeigt
werden, dass ein Status epilepticus vor allem bei Frühgeborenen ein hohes
Risiko für neurologische Folgeschäden aufweist.
Reifgeborene mit leichter HIE (Stadium I) haben eine fast 100%-ige
Wahrscheinlichkeit einer normalen Entwicklung. Bei mittelschwerer HIE
(Stadium II) entwickeln sich nur 52% der Kinder normal (Palsdottir et al.,
2007). Insgesamt weisen über 30% der Patienten mit mittelgradiger HIE
schwere neurologische Defizite auf, 5% der Patienten versterben innerhalb
9
des ersten Lebensjahrs (Carli et al., 2004). Reifgeborene mit schwerer HIE
(Stadium
III)
haben
ein
sehr
hohes
Risiko
(75%)
während
der
Neonatalperiode zu versterben oder schwerste motorische und kognitive
Langzeitdefizite zu erleiden (Carli et al., 2004, Palsdottir et al., 2007).
Die entwicklungsneurologische Prognose nach zerebraler Schädigung ist bei
Frühgeborenen abhängig vom Stadium der Gehirnentwicklung (Woodward et
al., 2006). Die Vaskulogenese findet in der weißen Substanz erst später als in
der grauen Substanz statt, wodurch eine inadäquate Gefäß-Autoregulation
und eine gesteigerte Fragilität der Kapillaren in der Germinalmatrix bei
Frühgeborenen bestehen (Nelson et al., 1991, Milligran, 1980). Dadurch ist
es anfälliger für schädigende hypoxische Effekte, die sich bei Frühgeborenen
typischerweise als intra- und periventrikuläre Blutungen und periventrikuläre
Leukomalazie manifestieren (Meberg et al., 2004). Leichte Blutungen (Grad III) haben eine gute Prognose folgenlos auszuheilen, wohingegen bei
schweren
Blutungen
(Grad
III-IV)
mit
irreversibler
Schädigung
der
Hirnsubstanz und schweren neurologischen Folgen bis hin zur Letalität zu
rechnen ist. Eine klinische Studie an Frühgeborenen, in der das Ausmaß der
Hirnschädigung mittels MRT erfasst wurde, zeigte eine Korrelation der
Schwere der Läsion mit der Prognose (Woodward et al., 2006). Über die
Hälfte dieser Kinder haben dauerhafte kognitive und 10-15% davon zusätzlich
schwere motorische Störungen (Hack et al., 2000). Das Risiko schwerer
Komplikationen steigt mit abnehmendem Geburtsgewicht stark an, wobei die
Situation Neugeborener mit weniger als 750g als besonders kritisch gilt (Hack
et al., 2000).
1.1.4. Neuropathologische Folgen und pathophysiologische
Mechanismen der perinatalen hypoxisch-ischämischen Schädigung des
Gehirns
1.1.4.1. Neuropathologische Folgen
Die Lokalisation und das Ausmaß der zerebralen Schädigung hängen vom
Entwicklungsstadium des Gehirns ab (Woodward et al., 2006). Im letzten
10
Trimenon ist die Bildung von Neuronen weitgehendst abgeschlossen,
wohingegen die Ausreifung von Axonen und Dentriten noch fortdauert und die
Synaptogenese gerade erst beginnt (Huttenlocher und Dabholkar, 1997).
Nach einem perinatalen Hypoxieereignis können langfristige Veränderungen
der neuronalen Migration auftreten. Diese treten im unreifen Gehirn bei
Frühgeborenen hauptsächlich in vulnerablen Regionen wie der subcorticalen
weißen Substanz, dem zerebralen Cortex, dem Striatum und dem
Hippocampus auf (Rorke, 1992). In einem Tiermodell an hypoxischen Mäusen
wiesen Neugeborene in sehr frühen Entwicklungsstadien (P3, P4, P6, P11)
ein
reduziertes
Cortexvolumen,
Verlust
der
weißen
Substanz
und
Ventrikulomegalie auf (Curristin et al., 2002). Zudem konnte gezeigt werden,
dass perinatale systemische Hypoxie vor allem in frühen Stadien der
Gehirnentwicklung langfristig zu neuronalem Zelltod und signifikanter
Verzögerung neuronaler Reifungsprozesse, wie der Ausbildung von Axonen,
Dendriten und ihrer Synapsen führt (Curristin et al., 2002). Um den
hypoxischen Schaden zu limitieren stehen dem Gehirn während der
zerebralen Entwicklung Mechanismen zur Neuroregeneration zur Verfügung.
Diese Annahme wird durch eine tierexperimentelle Arbeit an Mäusen (P6)
unter chronischer postnataler Hypoxie unterstützt, in der eine lang anhaltende,
reaktive Neurogenese vor allem im Bereich des Neocortex und in der
Periventrikularzone nachgewiesen werden konnte (Yang et al., 2006).
Bei Reifgeborenen liegen die Hypoxie/Ischämie-induzierten zerebralen
Läsionen typischerweise im Bereich der Basalganglien und des Thalamus
sowie cortical und subcortical im Bereich des sensomotorischen Cortex
(Rorke, 1992). Es liegt eine selektive Vulnerabilität der neuronalen und glialen
Strukturen in diesen Regionen zugrunde. Pathohistologisch handelt es sich
um nekrotische und apoptotische Neurodegeneration.
1.1.4.2. Pathophysiologische Mechanismen
Morphologisch zeigt sich eine hypoxische Schädigung im neonatalen Gehirn
in Form von nekrotischem oder apoptotischem Zelltod. Sowohl klinische
Arbeiten
(Hack
et
al.,
2000,
Woodward
et
al.,
2006)
als
auch
11
tierexperimentelle Studien (Curristin et al., 2002, Northington et al., 2001)
geben Hinweise darauf, dass das Ausmaß der hypoxischen ZNS-Läsion vom
Entwicklungsstadium und Typ der betroffenen Zellen, sowie den endogenen
metabolischen und hämodynamischen Kompensationsmöglichkeiten abhängt.
Tierexperimentelle Arbeiten zum Ausmaß des neuronalen Zelltodes nach
zerebraler Hypoxie (Liu et al., 2004, Northington et al., 2001) zeigen, dass der
neuronale Zelluntergang einem typischen Schädigungsmuster folgt. Zu
Beginn der hypoxischen Schädigung überwiegt, verursacht durch akute
Exzitotoxizität, der frühe Zelltod durch Nekrose. Im weiteren Verlauf steht der
verzögerte programmierte Zelltod durch Apoptose im Vordergrund. Beide
Formen können mit zeitlicher Verzögerung auch parallel auftreten (Liu et al.,
2004, Northington et al., 2001).
1.1.4.2.1. Exzitotoxizität von Glutamat
Perinatale Hypoxie/Ischämie stimuliert die neuronale Freisetzung von
exzitatorischen Faktoren. Vor allem am unreifen Gehirn spielt dabei die
Exzitotoxizität des Neurotransmitters Glutamat, der über verschiedene
Rezeptoren,
hauptsächlich
Rezeptoren
und
jedoch
über
Non-NMDA-Rezeptoren
isoxazol-Propionsäure (AMPA), Kainat)
N-Methyl-D-Aspartat
(NMDA)-
(α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-
wirkt (Patneau, 1990), eine Rolle.
Während der Gehirnentwicklung werden diese vor allem in vulnerablen
Arealen des Gehirns wie dem Striatum oder dem Hippocampus hoch
exprimiert. Unter Hypoxie wird Glutamat vermehrt aus den terminalen Axonen
freigesetzt und gleichzeitig präsynaptisch vermindert wiederaufgenommen.
Dies führt zu einer Akkumulation des Neurotransmitters im synaptischen Spalt
(Johnston, 1995). Die Überstimulation der AMPA- und NMDA-Rezeptoren und
die daraus resultierende Depolarisierung der Zellmembran verstärken die
Exzitotoxizität (Johnston, 1995) über die Erhöhung des intrazellulären
Calcium-Gehaltes, die Bildung von neurotoxischem Stickstoffmonoxid (NO)
und Peroxynitrit, sowie die Dysfunktion der Mitochondrien.
12
1.1.4.2.2. Nekrose
Unter Nekrose versteht man den am lebenden Organismus stattfindenden
Zelluntergang aufgrund akuter Schädigung der Zelle. Im Gegensatz zur
Apoptose unterliegt die Nekrose keiner transkriptionellen Kontrolle und tritt nur
unter pathologischen Bedingungen auf (Liu et al., 2004).
Kennzeichnend für die Nekrose ist die Zerstörung der Zellmembran, wodurch
eine sekundäre Inflammation hervorgerufen wird. Es werden zwei Arten der
Nekrose unterschieden: die konventionelle Zelllyse, die mit einer Schwellung
der Zelle und ihrer Organellen bis zur Destruktion einhergeht und die
Zellschrumpfung. Während die neuronale Zelllyse direkt im hypoxischischämischen Läsionsgebiet stattfindet (Northington et al., 2001), geschieht
die Zellschrumpfung eher in spezifisch vulnerablen und exzitatorischen
Hirnregionen wie z.B. dem Neocortex und dem Hippocampus (Liu et al.,
2004).
Durch Hypoxie kommt es beim nekrotischen Zelltod zur Aktivierung einer
Kette von biochemischen Mechanismen, die die zellulären Funktionen stören.
Ausgelöst
wird
auftretenden
diese
Kaskade durch einen innerhalb
ATP-Mangel
im
zerebralen
Cortex,
von Minuten
der
zu
einer
Funktionsstörung der Na+/K+-Pumpe führt (Berger und Garnier, 1999,
Blomgren et al., 2007). Folge sind eine erhöhte extrazelluläre KaliumKonzentration, ein gesteigerter Natrium-Einstrom und eine Depolarisierung
der Zellmembran. Letztere hat wiederum einen zellulären Calcium-Einstrom
aus den Mitochondrien über die neuronale Zellmembran zur Folge. Durch den
erhöhten intrazellulären Ca++-Gehalt werden sowohl die Aktivierung von
Endonukleasen,
Freisetzung
Proteasen,
von
freien
Lipasen,
Radikalen,
Phospholipasen
mitochondriale
als
auch
Dysfunktion
die
und
Ödembildung stimuliert (Berger und Garnier, 1999). Diese Faktoren können
direkt durch ihre toxische Wirkung, wie z.B. NO und freie Radikale, oder
indirekt
über
Mikrogliazellen
sekundäre
Inflammation,
z.B.
über
die
Induktion
von
mit folglicher Produktion neurotoxischer Faktoren
wie
13
exzitatorische Aminosäuren, den nekrotischen Zelltod hervorrufen (Blomgren
et al., 2007).
Die morphologischen Merkmale der Nekrose sind (Liu et al., 2004):
•
Schwellung oder Schrumpfung der betroffenen Zelle
•
Destruktion der Zellmembran
•
Freisetzung des Zytosols und der Organellen
•
Sekundäre Inflammation
1.1.4.2.3. Apoptose
Die Apoptose entspricht einem programmierten Zelltod und spielt sowohl für
viele physiologische als auch für pathophysiologische Vorgänge eine wichtige
Rolle. Sie wird transkriptionell über pro- und anti-apoptotische Gene reguliert
(Banasiak et al., 1998). Der apoptotische Vorgang wird über mehrere
unterschiedliche Mechanismen induziert. Dazu zählen Zell- bzw. DNASchädigung, Anstieg der intrazellulären Ca++-Konzentration, Mangel an
Wachstumsfaktoren sowie Einfluss bestimmter Zytokine und vieler weiterer
Faktoren,
wie
z.B.
UV-,
Gammastrahlen
und
Chemotherapeutika.
Typischerweise unterscheidet man zwischen einem intrinsischen und einem
extrinsischen System.
Der klassische intrinsische Apoptoseweg führt über eine Depolarisierung der
Zellmembran zu einer Ausschüttung von pro-apoptotischen Faktoren, wie
Cytochrom C, aus den Mitochondrien ins Zytoplasma. Dieses bindet dort an
bestimmte Proteine wie dem Apoptose-Proteasen-aktivierenden Faktor
(APAF-1)
und
bildet
so
den
Apoptosom-Komplex,
durch
den
die
Initiatorcaspase-9 und folglich mehrere Effektor-Caspasen aktiviert werden
(Kumar, 2007, Höffeler, 2004). Dadurch werden Endonukleasen induziert,
welche die genomische DNA in DNA-Oligomere fragmentieren. Zusätzlich
werden Apoptosefaktoren freigesetzt, die ohne Interaktion mit Caspasen zur
direkten Zerstörung der DNA führen. Die entstehenden Zellfragmente werden
14
innerhalb der Zellmembran durch Phagozytose eliminiert, ohne eine
sekundäre Inflammation zu verursachen.
Die Apoptose kann ebenso über den extrinsischen Weg mittels spezieller
Zelltodrezeptoren ausgelöst werden. Dabei binden spezifische Liganden wie
der Fas-Ligand an den Rezeptor, der unter anderem zur Familie der
Tumornekrosefaktoren (TNF) zählt. Demzufolge kommt es zu einer Formation
des Zelltod-induzierenden Proteinkomplexes (DISC), der die InitiatorCaspase-8 und kaskadenartig auch die Caspase-3 aktiviert (Kumar, 2007),
die proteolytisch wirkt (Liu et al., 2004). Dadurch wird das Zellgerüst direkt
zerstört, wobei die Zellmembran jedoch intakt bleibt. Zum anderen werden
inhibierende Proteine der Endonuklease inaktiviert, was zur Fragmentierung
der DNA führt.
Die morphologischen Merkmale der Apoptose sind (Liu et al., 2004):
•
Schrumpfung der betroffenen Zelle
•
Kondensation des Chromatins
•
Aggregation des Chromatins an der Zellkernperipherie
•
Aufspaltung des genetischen Materials durch Endonukleasen
•
intakte Zellmembran im Anfangsstadium
•
Bläschen-Formation (Blebbing) der Zellmembran im späteren Stadium
•
Abschnürung von membranumgrenzter Vesikel (apoptotic bodies), die
Zellmembranbestandteile und DNA-Fragmente enthalten
•
Phagozytose der Vesikel durch Makrophagen
15
Zerebrale
Ischämie
Schwellung, Lyse
DNAFragmentierung
Nekrose
Nekrose
Apoptose
Zelltod
Abbildung 1: Nekrose und Apoptose als Folge zerebraler Ischämie (Chan, 2001).
1.1.5. Experimentelle neuroprotektive Therapieansätze bei der
perinatalen hypoxisch-ischämischen Schädigung des Gehirns
Im Falle einer zerebralen Hypoxie gibt es derzeit keine wirksame spezifisch
neuroprotektive Behandlung. Neugeborene mit perinataler Hypoxie können
bislang nur mit supportiven Maßnahmen therapiert werden (Rutherford et al.,
2005). Dies umfasst den Ausgleich einer metabolischen Azidose, die
Stabilisierung
des
Wasserhaushaltes,
die
Aufrechterhaltung
einer
ausreichenden Ventilation, die Gewährleistung einer suffizienten Gehirn- und
Organperfusion und die Unterbindung von Krampfanfällen. Die Effektivität
einer Behandlung nach einem hypoxisch-ischämischen Ereignis ist zeitlich
sehr begrenzt (Rutherford et al., 2005), da die Schädigungsmechanismen
bereits nach wenigen Stunden induziert werden. Daher ist es wichtig, die
Therapie so früh wie möglich einzuleiten. Bestimmte Therapieansätze wirken
der durch ein hypoxisches Ereignis ausgelösten Kaskade entgegen, um
16
dadurch das noch vulnerable Gehirn vor den neurotoxischen Effekten zu
schützen und einer zerebralen Schädigung vorzubeugen. Dabei soll die
Zellmembran stabilisiert, die Überstimulation der Glutamatrezeptoren und der
intrazelluläre Calciumanstieg reduziert, die mitochondrialen Dysfunktion
verhindert sowie die Bildung von neurotoxischen und anderen schädigenden
Faktoren unterdrückt werden (Rees et al., 1998).
Eine Studie von Lin et al. (2004) an neonatalen Ratten (P6, P9) mit zerebraler
Ischämie beschreibt, dass zum Beispiel der Radikalfänger alpha-Phenyl-Ntert-Butyl-Nitron (PBN) diese Wirkungen aufweist und bei Gabe während
eines hypoxischen Ereignisses das Infarktvolumen reduziert und somit
neuroprotektiv wirkt.
Es zeigte sich in in vitro Studien an neuronalen Zellkulturen (Pringle et al.,
1996) und in in vivo Modellen an Ratten (Valentino et al., 1993), dass auch
Calciumkanalblocker in hohen Dosen unter Hypoxie neuroprotektive Effekte
bewirken. In neuroprotektiven Dosen weisen sie jedoch ein zu hohes
Nebenwirkungspotential auf, wie schwere systemische Hypotension (Rees et
al., 1998), so dass der klinische Einsatz nicht möglich ist.
NMDA-Antagonisten zeigten in tierexperimentellen Studien an 12-24 Monate
alten Ratten einen potentiell protektiven Effekt (Ikonomidou et al., 1999,
Ikonomidou,
et
al.,
2000).
Allerdings
schließen
die
neurotoxischen
Nebenwirkungen einen potentiell zukünftigen Einsatz in der Klinik aus.
Experimentelle Neuroprotektion durch Inhibitoren der Stickstoffmonoxid (NO)Synthasen ist umstritten. NO ist einerseits neurotoxisch, andererseits in
niedrigen Konzentrationen aber auch wichtig für die vaskuläre Adaptation
(Vasodilatation) unter Hypoxie und Hypoperfusion (van den Tweel et al.,
2005).
Eine weitere derzeit aktuelle Möglichkeit, hypoxische zerebrale Schädigung zu
begrenzen ist die therapeutische Hypothermie. Mehrere klinische Studien bei
Neonaten mit HIE (Debillon et al., 2003, Rutherford et al., 2005) lassen auf
mögliche
neuroprotektive
Effekte
sowohl
der
selektiven
Temperaturabsenkung des Kopfes als auch des gesamten Körpers schließen.
17
Dennoch muss das Anwendungsprofil in der Klinik anhand kontrollierter
Studien weiter verifiziert werden (Debillon et al., 2003, Rutherford et al.,
2005). Die Kombination von PBN und moderater Hypothermie zeigte im
Tierexperiment einen signifikanten neuroprotektiven Effekt (Hobbs et al.,
2008). Dies bietet eine weitere mögliche Behandlungsmethode bei perinataler
HIE.
Für alle genannten experimentellen Therapieansätze ist der Einsatz in der
Klinik nicht etabliert. Weitere Studien sind erforderlich, um den geeigneten
Zeitpunkt
für
eine
therapeutische
Intervention
nach
einem
hypoxisch/ischämischen Ereignis, die Dosierung sowie die Dauer der
Therapie zu optimieren.
1.2. Endogene Adaptations-Mechanismen bei der perinatalen
hypoxisch-ischämischen Schädigung des Gehirns
Durch perinatale Hypoxie des Gehirns werden nicht nur schädigende
Mechanismen, sondern auch endogene Protektionskaskaden aktiviert, die die
Sauerstoffversorgung des ZNS unterstützen. Diese Mechanismen können
unmittelbar nach einem hypoxischen Ereignis oder mit zeitlicher Verzögerung
einsetzten (Banasiak et al., 1998, Liu et al., 2004). Eine zentrale Rolle in der
Regulation der adaptiven Zellantworten ist die Aktivierung von Genen, deren
Transkription
durch
Hypoxie
stimuliert
wird.
Dazu
zählen
parakrine
Wachstumsfaktoren, sowie metabolische und vasoaktive Systeme (Greijer et
al., 2005, Warnecke et al., 2004). Die zelluläre und regionale Empfindlichkeit
gegenüber
Hypoxie
und
den
Protektionsfaktoren
altersspezifischen Entwicklungsstadium des Gehirns
hängt
dabei
vom
ab (Curristin et al.,
2002).
1.2.1. HIF-Mechanismus
Die wichtigste Rolle unter den endogenen zellulären und molekularen
Protektionsmechanismen gegenüber zerebraler Hypoxie spielt der Hypoxieinduzierbare Faktor HIF. Dieser reguliert als Transkriptionsfaktor die
Expression einer Vielzahl von vasoaktiven Genen, Wachstumsfaktoren und
18
Genen
der
Angiogenese,
Erythropoese,
Glykolyse
und
Eisenstoffwechsels, um dadurch die Sauerstoffversorgung
des
der Zelle zu
verbessern (Greijer et al., 2005). Folgend einige Beispiele HIF-regulierter
Gene:
•
Erythropoietin (EPO) (Warnecke et al., 2004)
•
Glykolytische
Aldolase-A,
Phosphofruktokinase-L,
Enolase-1,
Pyruvatkinase-M,
Lactat-Dehydrogenase-A,
Phosphoglyceratkinase-1
(Greijer et al., 2005)
•
Glucose-Transporter-1 (GLUT-1) (Zagórska und Dulak, 2004)
•
Eisen-Transportprotein Transferrin (Zagórska und Dulak, 2004)
•
Vasokonstriktorisches Endothelin-1 (Zagórska und Dulak, 2004)
•
Adrenomedullin (ADM) (Zagórska und Dulak, 2004)
•
vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor (VEGF) (Forsythe et al., 1996)
•
Induzierbare NO-Synthase (iNOS) (Semenza, 2002)
Der HIF-Komplex besteht aus einer α- und einer β-Untereinheit. HIF-1α ist von
den bekannten Isoformen der HIFα-Untereinheit am besten charakterisiert.
Bisher wurden noch zwei weitere Isoformen entdeckt, die als HIF-2α und HIF3α bezeichnet wurden und strukturell eine hohe Ähnlichkeit
mit HIF-1α
aufweisen. HIF-2α ist auch als endothelial-PAS domaine-Protein-1 (EPAS-1),
HIF-like-factor (HLF) oder HIF-related-factor (HRF) bekannt und wird
überwiegend in Endothelzellen in Herz, Lunge, Leber, Niere, Plazenta und
Tumorzellen gebildet. Es wird angenommen, dass HIF-2α eine führende Rolle
in der Angio- und Vaskulogenese spielt (Warnecke et al., 2004, Wiesener et
al., 2001). HIF-3α fungiert als hemmendes Protein der PAS-Domänen (IPAS)
und somit als Antagonist des HIF-Systems. Alle drei HIFα-Isoformen sind in
ihrer Stabilität sauerstoffabhängig und bilden unter Hypoxie einen Komplex
mit HIF-1β (Fandrey et al., 2006, Warnecke et al., 2004). Im hypoxischen
Gehirn wird HIF-1α hauptsächlich in Neuronen, Astrozyten und Ependym-
19
Zellen, HIF-2α in Glia- und kapillären Endothelzellen und HIF-3α in PurkinjeZellen des Kleinhirns produziert (Stroka et al., 2001, Wiesener et al., 2001).
HIF-1α hat ein molekulares Gewicht von 120 kD und bildet zusammen mit
HIF-1β (91-94 kD), auch als aryl-hydrocarbon-receptor-nuclear-translocator
(ARNT)
bekannt,
das
Heterodimer
HIF-1.
Die
Amino-Enden
beider
Untereinheiten bestehen aus einer basischen Helix-Loop-Helix-Struktur
(bHLH) mit Per-Arnt-Sim (PAS)-Domänen (Aminosäurensequenzen, in denen
die
Proteine
PER,
ARNT
und
SIM
vorkommen),
welche
die
Heterodimerisierung und die Bindung an die DNA regulieren (Semenza,
2004).
Das
Carboxy-Ende
Transaktivierungsdomänen
der
HIF-1α
Untereinheit
(TAD)
TAD-N
und
TAD-C
weist
zwei
mit
den
Aminosäuresequenzen 531-575 respektive 786-826 auf, die durch eine
inhibitorische Domäne (ID) getrennt werden (Abb. 2) (Charlier et al., 2002).
Sie sind für die Interaktion mit Koaktivatoren wie zum Beispiel dem CREBbinding-protein
(CBP)
und
p300
zuständig.
Die
sauerstoffabhängige
Degradationsdomäne (ODD) im Carboxy-Terminus der HIF-1α-Untereinheit
überlappt mit einer TAD und teilweise mit der ID und liegt innerhalb der
Aminosäurensequenz 401 bis 603 von HIF-1α.
Abbildung 2: Struktur von HIF-1α (Charlier et al., 2002).
HIF-1α und HIF-1β werden ubiquitär und kontinuierlich gebildet. Im Gegensatz
zu HIF-1β, ist die HIF-1α-Stabilität sauerstoffabhängig (Stroka et al., 2001).
Unter
Normoxie
wird
HIF-1α
durch
spezifische
Prolyl-Hydroxylasen
hydroxyliert, wodurch das von Hippel-Lindau (VHL)-Protein
an die ODD
binden kann (Fandrey et al., 2006, Semenza, 2004). Die Bindung des VHLProteins über seine β-Domäne an den Aminosäureabschnitt 532-585 von HIF1α bewirkt eine Ubiquitinierung von HIF-1α (Semenza, 2004). Dies hat eine
20
Aktivierung des 26S-Proteasoms zur Folge (Abb. 3), welches HIF-1α unter
Sauerstoff- und Fe++-Verbrauch degradiert (Fandrey et al., 2006). Zusätzlich
schützt eine sauerstoffabhängige Asparagin-Hydroxylierung durch den HIF-1inhibierenden Faktor (FIH-1) vor einer Interaktion mit den transkriptionellen
Koaktivatoren CBP und p300.
Unter Hypoxie ist die Hydroxylierung der HIF-1α-Untereinheit blockiert,
wodurch der Abbau durch das Ubiquitin-Proteasom-System gehemmt und
HIF-1α-Protein stabilisiert wird (Fandrey et al., 2006, Semenza, 2004).
Stabilisiertes HIF-1α transloziert in den Nukleus, dimerisiert mit der HIF-1βUntereinheit und bildet so den HIF-1-Komplex. Dieser HIF-1-Komplex bindet
mit Hilfe der Koaktivatoren CBP und p300 an hypoxia-responsive-element
(HRE)-Sequenzen in der Promotorregion spezifischer Zielgene (Abb. 3) und
setzt damit die Transkription der Zielgene in Gang (Greijer et al., 2005,
Warnecke et al., 2004).
Abbildung 3: HIF-1α als Sauerstoff-Sensor (Fandrey et al., 2006).
21
1.2.2. Zerebrale Regulation der HIF-abhängigen vasoaktiven Faktoren
VEGF und iNOS
Zu den HIF-abhängigen Zielgenen gehören unter vielen anderen der
vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor (VEGF) und die induzierbare NOSynthase (iNOS), die in die Gefäßregulation involviert sind.
Die frühe Angiogenese ist ein kontinuierlicher Prozess, der für die normale
Entwicklung des Gehirns entscheidend ist. Wichtig dabei sind vor allem die
Stabilisierung bereits existierender Gefäße
(Angiogenese), sowie
die
Gefäßneubildung (Vaskulogenese) (Neufeld et al., 1999). Während der
Gehirnentwicklung bilden sich die Gefäße erst in der grauen Substanz und
anschließend in der weißen Substanz aus. Bei zerebraler Hypoxie sind vor
allem die Hirnregionen betroffen, in denen die Vaskulogenese noch nicht
abgeschlossen ist (Nelson et al., 1991, Milligran, 1980). Als regenerativer
Prozess unter Hypoxie sind die reaktive Vaskulogenese und die gesteigerte
Gefäßpermeabilität (Schoch et al., 2002) bedeutsam, um die zerebrale
Durchblutung und Sauerstoffversorgung aufrecht zu erhalten. In dieser
Situation gilt VEGF als einer der wichtigsten Regulatoren (Kaur et al., 2006,
Neufeld et al., 1999, Ogunshola et al., 2000, Schoch et al., 2002).
VEGF ist ein Heparin-bindendes, Cystein-haltiges Homodimer mit einem
molekularen Gewicht von 45 kD. Die beiden Monomere sind über DisulfidBrücken miteinander verbunden. Das basische Glykoprotein wird sezerniert
und ist zu zweidrittel an die Zelloberfläche und extrazelluläre Matrix
gebunden. Das humane VEGF-Gen besteht aus acht Exons, die durch sieben
Introns voneinander abgegrenzt sind, und liegt auf dem Chromosom 6p21.3.
Bisher konnten 5 Isoformen differenziert werden, die sich in ihrem
Molekulargewicht und biologischen Merkmalen (z.B. der Fähigkeit, Heparin zu
binden) unterscheiden, wobei VEGF165 die vorherrschende Form im
menschlichen Organismus darstellt (Ferrara, 2004, Neufeld et al., 1999).
Unter Hypoxie bindet der HIF-Komplex an die entsprechende Promotorregion
(HRE-Sequenz) im VEGF-Gen und steigert die Transkription, wodurch VEGFmRNA und -Protein vermehrt gebildet wird (Forsythe et al., 1996). Neben der
22
Bindungsstelle
für
HIF
wurden
auf
dem
VEGF-Gen
noch
weitere
Promotordomänen für andere Hypoxie-abhängige Transkriptionsfaktoren wie
AP-1, Sp-1, NF-κB und CREB identifiziert (Pagès und Pouysségur, 2005). Die
VEGF-Produktion wird sowohl durch Hxpoxie als auch durch eine Vielzahl von
inflammatorischen Zytokinen (z.B. TNF-α, IL-1α, IL-6, IGF-1, PGE 2),
Wachstumsfaktoren (z.B. TGF-β, FGF, PDGF), Hormonen (z.B. TSH, ACTH,
Gonadotropin) und aktivierten Onkogenen induziert (Ferrara, 2004, Neufeld
et al., 1999).
Hypoxie bewirkt jedoch nicht nur eine Steigerung der VEGF mRNA
Expression, sondern auch eine erhöhte Stabilisierung. Dies geschieht durch
die Bindung bestimmter Proteine an eine Sequenz in der nicht-translatierten
Region im 3`-Terminus (UTR) der VEGF mRNA. Eines dieser Proteine wurde
als humanes Antigen R (HuR) identifiziert, welches an Adenin- und Uridinreiche mRNA-Abschnitte bindet und sie stabilisiert. Die Mehrheit dieser
Proteine ist allerdings noch unbekannt.
VEGF wirkt vor allem über zwei bestimmte Rezeptoren mit hoher Affinität: den
VEGF-Rezeptor-1 (VEGFR-1), auch bekannt als fms-like tyrosine kinaseRezeptor (Flt-1), und den VEGF-Rezeptor-2 (VEGFR-2) bzw. fetal liver
kinase-Rezeptor (Flk-1) oder kinase domaine region-Rezeptor (KDR). Beide
Rezeptoren, vor allem VEGFR-2, spielen eine Rolle in der Differenzierung und
Neuformation von Endothelzellen zu Gefäßen und werden fast ausschließlich
in diesen, aber auch in Astrozyten (VEGFR-1) gebildet (Ferrara, 2004,
Neufeld et al., 1999). VEGFR-2 reguliert zusätzlich die mikrovaskuläre
Permeabilität, Chemotaxis und anti-apoptotische Proteine und vermittelt damit
zytoprotektive Funktionen (Gerber et al., 1998, Neufeld et al., 1999). VEGFR1 und VEGFR-2 gehören der Tyrosinkinase-Rezeptoren-Familie an und sind
durch ihre zytoplasmatische zweigeteilte Tyrosinkinase-Domäne und durch
sieben Immunglobulin-ähnliche Domänen in ihrem extrazellulärem Abschnitt
gekennzeichnet (Ferrara, 2004, Neufeld et al., 1999). Sobald VEGF an seine
Rezeptordomäne (der zweiten und dritten Immunglobulin-ähnlichen Region)
bindet, dimerisieren zwei Rezeptoren (an der vierten Immunglobulin-ähnlichen
23
Stelle) und es findet eine Autophosphorylierung der Tyrosinregion des
Rezeptors statt (Ferrara, 2004, Zachary, 2003). Daraufhin werden unter
anderem bestimmte Enzyme wie die Phosphatidyl-Inositol-3-Kinase (PI3Kinase) (Gerber et al., 1998, Ogunshola et al., 2002) oder die Phospholipase
C-γ (PLC-γ) mittels Tyrosin-Phosphorylierung aktiviert. Diese Enzyme
phosphorylieren ihrerseits verschiedene intrazelluläre Proteine, die somit
aktiviert werden und die Gefäßneubildung stimulieren (Abb. 4). Die
Expression dieser Rezeptoren wird sowohl durch Hypoxie als auch durch
VEGF selbst induziert (Ferrara, 2004, Zachary, 2003).
Vaskulärer
Tonus,
Permeabilität,
Angiogenese
Migration,
Überleben
Migration
Überleben
Gen-Expression
DNA-Synthese
Abbildung 4: VEGF-Regulationspfad (Zachary, 2003).
24
Die fundamentale Bedeutung von VEGF für die Angiogenese während der
frühen Entwicklung zeigten mehrere tierexperimentelle Studien (Ferrara et al.,
1996, Carmeliet et al., 1996, Fong et al., 1995). Mäuse mit homozygoter
Deletion des VEGF- bzw. VEGFR-2-Gens/Knock-out-Mäuse verstarben in
utero bereits am 8.-10. Gestationstag (Fong et al., 1995). Mit Verlust nur eines
VEGF-Allels
wiesen
Mäuse
eine
embryonale
Letalität
am
11.-12.
Entwicklungstag auf (Ferrara et al., 1996, Carmeliet et al., 1996). Bei
Mutationen des VEGFR-1-Gens oder nach Verabreichung eines VEGF
neutralisierenden
Mortalitätsrate,
Rezeptors
zeigten
Wachstumsretardierung,
fetale
Mäuse
gestörte
eine
erhöhte
Organentwicklung,
Gefäßanomalien und gesteigerte Apoptoseaktivität in Endothelzellen von
Herz, Leber und Niere (Gerber et al., 1999).
Bei lokaler Applikation von VEGF auf periphere Nervenfasern, zeigte VEGF in
einer in vitro Arbeit an Zellkulturen neurotrophe Effekte, indem es die
Schwannzellproliferation und die Neovaskularisation förderte (Sondell et al.,
1999). Im zentralen Nervensystem wurde in einer in vivo Studie an
hypoxischen neonatalen Ratten (P1) die Neuanlage und Ausreifung zerebraler
Gefäße mittels VEGF über Astrozyten reguliert (Kaur et al., 2006). In dem
Tiermodell von Kaur et al. (2006) wurden P1-Ratten für zwei Stunden in einer
hypobaren Hypoxiekammer (Luftdruck 350mmHg, pO2 73mmHg) inkubiert
und die Gehirne nach 3 und 24 Stunden, 3, 7 und 14 Tagen untersucht. Es
zeigte sich eine aktivierte Expression der mRNA von VEGF, HIF-1, eNos,
iNOS und nNOS. Die Proteinkonzentrationen von VEGF und NO lagen in den
7 bzw. 14 Tage alten Ratten wesentlich höher als in den unreiferen Stadien.
Unter Hypoxie nimmt in Tiermodellen an Mäusen die gliale VEGF-Produktion
innerhalb von Minuten bis Stunden zu und hält während der gesamten
Reoxygenierungsphase über Tage an (Jin et al., 2000, Kaur et al., 2006). Dies
führt zu einem Anstieg der Angiogenese (Ogunshola et al., 2000) und einer
erhöhten Gefäßpermeabiltität (Schoch et al., 2002). Es konnte zudem in vivo
und in vitro gezeigt werden, dass die VEGF-Produktion unter Hypoxie auch in
Neuronen vor allem in den Regionen des Cortex und Hippocampus gesteigert
ist (Jin et al., 2000, Ogunshola et al., 2000, Ogunshola et al., 2002). Dies gilt
25
sowohl für das reife, insbesondere aber für das sich entwickelnde Gehirn,
wobei im adulten Hirn die gliale und im unreifen Gehirn die neuronale
Expression überwiegt (Kaur et al., 2006, Ogunshola et al., 2000). In einem
Tiermodell von Trollmann et al. (2008) für prä- und perinatale Hypoxie an
Mäusen konnte die Arbeitsgruppe zeigen, dass die mRNA-Expression von
VEGF insbesondere im neonatalen Gehirn gesteigert wird. Es wurden
schwangere Mäuse (P20) für 6 Stunden unter 6% O2 inkubiert und
anschließend die Plazenten und neonatalen Gehirne untersucht. Es zeigte
sich ein zerebraler und plazentarer Anstieg der Proteinkonzentration von HIF.
Ebenso konnte eine vermehrte mRNA-Konzentration in den neonatalen
Gehirnen und den Plazenten festgestellt werden.
VEGF ist nicht nur in die physiologische und protektive Vaskulo- und
Angiogenese (Kaur et al., 2006, Neufeld et al., 1999, Ogunshola et al., 2000,
Schoch et al., 2002) involviert. Es konnte auch in pathologischen Prozessen,
die mit Gefäßneubildung einhergehen, wie zum Beispiel Tumorwachstum,
rheumatoide Arthritis, Psoriasis und diabetische Retinopathie, nachgewiesen
werden (Borgström et al., 1996, Koch et al., 1994, Okamoto et al., 1997). Eine
vermehrte
VEGF-
und
VEGFR-Expression
ist
ebenso
bei malignen
hämatologischen Erkrankungen wie Leukämien und Lymphomen bedeutsam
(Ferrara, 2004).
Aufgrund
dieser
Erkenntnisse
hat
VEGF
auch
als
experimenteller
Therapieansatz einen hohen Stellenwert (Ferrara, 2004, Neufeld et al., 1999).
Zum einen fungiert VEGF möglicherweise als neuronaler Protektionsfaktor, da
tierexperimentell bei zerebraler Ischämie eine gesteigerte VEGF-Produktion
das Infarktgebiet verringert hat (Jin et al., 2000). Diese Hypothese wird durch
eine
Arbeit
von
pharmakologischer
Apoptoserate
Ogunshola
et
Inhibition
von
auffiel.
Als
al.
konträrer
(2002)
VEGF
bestärkt,
eine
in
gesteigerte
therapeutischer
Ansatz
der
nach
zerebrale
wird
die
Anwendung eines VEGF-Antikörpers bei onkologischen Erkrankungen (Yuan,
et al., 1996) und bei akutem Hirnödem (Ferrara, 2004) diskutiert.
26
In vivo Studien an Mäusen zeigten, dass unter Hypoxie die VEGF-Produktion
in Relation zu den Konzentrationen der endothelialen und induzierbaren NOSynthasen steht (Kaur et al., 2006) als Hinweis auf einen möglichen
Synergismus zwischen VEGF und NO (Kaur et al., 2006, Neufeld et al., 1999).
In einem Tiermodell bei neonatalen Ratten mit Ligatur der rechten A. carotis
und anschließender hypoxischer Exposition (8% O2) stieg unter akuter
Ischämie und während der frühen Reperfusionsphase die zerebrale NOProduktion im Gehirn mit einer Latenz von 12-48 Stunden an (GonzalezBarrios et al., 2002, van den Tweel et al., 2005). Stickstoffmonoxid (NO) als
Mediator und Effektor des Endothels relaxiert die glatte Gefäßmuskulatur,
limitiert die Proliferation dieser Zellen, inhibiert die inflammatorisch aktivierten
Endothelzellen und reduziert die Expression von Adhäsionsmolekülen für
Lympho-, Mono- und neutrophile Granulozyten (Iadecola, C., 1997, Moro et
al., 2004). Die Aggregationsneigung der Thrombozyten wird gesenkt
(Iadecola, C., 1997, Moro et al., 2004). Somit kann NO in physiologischen
Konzentrationen einen positiven Effekt auf die zerebrale Durchblutung
bewirken. In neuronalen Zellen wirkt NO auch als Neurotransmitter,
hauptsächlich über den NMDA-Rezeptor (Bolaños et al., 1999). Infolgedessen
kann angenommen werden, dass NO in die Synaptogenese involviert ist
(Bolaños et al., 1999).
Neben diesen protektiven Effekten kann NO aber auch neurotoxisch wirken.
Dies zeigten tierexperimentelle Studien an Ratten (P12) (van den Tweel et al.,
2002) bzw. neonatalen Mäusen (Iadecola et al., 1996), die durch Inhibition
von iNOS und nNOS unter systemischer Hypoxie/Ischämie (Ligatur der
rechten A. carotis mit anschließender Inkubation bei 8% O2) eine langfristige
Neuroprotektion zeigten (Iadecola et al., 1996, van den Tweel et al., 2002).
Es sind drei verschiedene NO-Synthasen (NOS) charakterisiert (Iadecola, C.,
1997): die induzierbare NOS (iNOS), welche hauptsächlich in Makrophagen,
Mikrogliazellen, Neuronen und Astrozyten produziert wird (Moro et al., 2004,
Nathan et al., 1994), die endotheliale NOS (eNOS), die überwiegend in
Endothelzellen (Nathan et al., 1994) vorkommt und die neuronale NOS
27
(nNOS), die in zentralen und peripheren Nervenzellen gebildet wird (Nathan et
al., 1994). Allen drei Formen sind das Substrat L-Arginin und die Produkte NO
und Citrullin gemein (Knowles et al., 1989).
Die NOS bestehen aus zwei identischen Monomeren, die in eine C-terminale
Reduktase-Domäne
und eine N-terminale Oxygenase-Domäne aufgeteilt
werden können und über Disulfid-Brücken bzw. Zink-Ionen miteinender
verbunden sind. Zwischen diesen beiden Regionen liegt die CalmodulinDomäne, die ausschlaggebend für die Struktur und Funktion des Enzyms ist.
Das Carboxyl-Ende enthält Bindungsstellen für Kofaktoren wie FAD, FMN und
NADPH und das Amino-Ende Bindungsstellen für L-Arginin, Häm und BH4.
Die Bindung dieser Faktoren an die NOS bewirkt eine Stabilisierung der
aktiven Dimer-Formation (Alderton et al., 2001, Nathan et al., 1994).
Insbesondere die iNOS hat eine wichtige Rolle sowohl in der unspezifischen
Immunabwehr als auch in der Pathogenese des Zelltodes nach einer
zerebralen Hypoxie (van den Tweel et al., 2002). Die iNOS-Aktivität und Produktion wird neben Hypoxie zudem auch durch inflammatorische Faktoren
wie LPS, TNF-α, IF-γ und IRF-1 stimuliert (Bolaños et al., 1999). Im
Gegensatz zur nNOS und eNOS wird iNOS HIF-1-abhängig exprimiert
(Semenza, 2002, Moro et al., 2004). Induzierbare NOS liegt stets an
Calmodulin gebunden vor (Alderton et al., 2001), daher ist ihre Aktivität
calciumunabhängig und hält über Tage an. Die hierdurch erreichbare
intrazelluläre NO-Konzentration kann zytotoxisch wirken und Zelltod und
Gewebsschädigung zur Folge haben (Bolaños et al., 1999, Iadecola, C.,
1997). Als Mechanismus der Schädigung sind die Bindung an eisenhaltige
Enzyme, DNA-Desaminierung und Induktion von Zytokinen bekannt (Iadecola,
C., 1997). Außerdem wirkt NO über die Bildung von Peroxiden zytotoxisch,
indem es toxisches Nitrotyrosin bildet und die DNA zerstört (Bolaños et al.,
1999). Zusätzlich erhöht NO intrazelluläre Cytochrom C-Konzentrationen und
aktiviert somit über die Caspase-Kaskade die zelluläre Apoptose (Cheng et
al., 2001).
28
1.2.3. Zerebrale Regulation der HIF-unabhängigen Faktoren nNOS, eNOS
und Caspase-3
Anders als die iNOS werden
endotheliale NO-Synthase (eNOS) und
neuronale NO-Synthase (nNOS) konstitutiv im Gehirn exprimiert (Nathan et
al., 1994, Knowels et al., 1989) und produzieren in Endothelzellen auch unter
Normoxie niedrige Konzentrationen von NO. Ihre Aktivität ist calciumabhängig
(Knowles
et
al.,
1989).
Durch
eine erhöhte
intrazelluläre
Calcium-
Konzentration, z.B. infolge von Hypoxie, wird die Bildung eines CalciumCalmodulin-Komplexes gefördert, der an der entsprechenden Domäne des
nNOS- bzw. eNOS-Proteins bindet und das Enzym aktiviert (Gonzalez-Barrios
et al., 2002). Diese Effekte treten innerhalb von Minuten nach einem
hypoxischen Insult auf, wobei die Aktivierung von eNOS zeitlich früher als die
der iNOS einsetzt. Daraus resultiert ein rascher Anstieg der NO-Produktion,
die sistiert, sobald der Calciumspiegel wieder abfällt (Moro et al., 2004,
Nathan et al., 1994). Neben Calmodulin wird die Aktivität von nNOS und
eNOS auch durch Phosphorylierung, NOS-inhibierendes Protein (PIN) und
Hitzeschockprotein 90 (HSP 90) reguliert (Alderton et al., 2001). Es wird
angenommen, dass neuronales NO in hohen Konzentrationen durch
Überstimulation des NMDA-Rezeptors die Glutamat-Exzitotoxizität fördert und
über die Bildung von Peroxynitrit toxisch wirkt (Bolaños et al., 1999, Iadecola,
C., 1997, Moro et al., 2004). Im Gegensatz dazu gilt der unmittelbare NOAnstieg nach zerebraler Hypoxie durch eNOS als neuroprotektiv, da durch die
resultierende Vasodilatation und Hemmung der mikrovaskulären Aggregation
bzw. Adhäsion die Perfusion des Gehirns aufrecht erhalten bleibt und dadurch
die Neuronen geschützt werden (Bolaños et al., 1999, Iadecola, C., 1997,
Moro et al., 2004).
Tierexperimentell (Gonzalez-Barrios et al., 2002, van den Tweel et al., 2005)
konnte gezeigt werden, dass die nNOS ebenso wie die iNOS in die zerebrale
Schädigung nach einem hypoxischen Ereignis involviert sind. Experimente an
fetalen Mäusegehirnen (P7) zeigten, dass auch nNOS unter Hypoxie vor
allem in vulnerablen Hirnregionen vermehrt aktiviert wird (Gonzalez-Barrios et
29
al., 2002, Muramatsu et al., 2000). Neugeborene Ratten mit perinataler
Ischämie, denen Inhibitoren der nNOS und iNOS einzeln oder kombiniert
verabreicht wurden, zeigten eine geringere Infarktgröße als nicht-behandelte
Tiere (van den Tweel et al., 2002, Iadecola et al., 1996). Gleichermaßen
wiesen hypoxische neonatale nNOS-knock-out-Mäuse eine verminderte
Schädigung der Neuronen im Cortex und Hippocampus auf (Ferriero et al.,
1996). Somit sind protektive und zytotoxische Funktionen von NO und NOSynthasen in physiologischen und pathologischen Prozessen zu bedenken.
Ob NO neurotoxisch oder neuroprotektiv wirkt, hängt vom Zelltyp (neuronal,
glial oder endothelial) und von seiner Konzentration ab, die wiederum von der
Dauer und Schwere der Hypoxie beeinflusst wird (Bolaños et al., 1999,
Iadecola, 1997).
Ein weiterer wichtiger Faktor der neuronalen Schädigung nach perinataler
Hypoxie ist das Enzym Caspase-3, ein Mediator und Initiator von
apoptotischen Mechanismen (Blomgren et al., 2007, Liu et al., 2004).
Caspase-3 gehört zur Familie der Cystein-Aspartat-spezifischen Proteasen
(Caspasen). Bislang gibt es 14 Isoformen des Enzyms. Die Caspasen liegen
in den Zellen als inaktive Proenzyme (Procaspasen) vor und werden durch
Proteolyse in eine große und kleine Untereinheit zerlegt, die durch
Dimerisierung in ihre aktive Tetramer-Form transformieren (Kumar, 2007,
Höffeler, 2004). Sie aktivieren dann wiederum weitere Procaspasen, deren
Substrate Enzyme sind, die zum kontrollierten Abbau zellulärer Strukturen wie
DNA, Proteine und Signalmoleküle führen. Aufgrund unterschiedlicher
Funktionen lässt sich die Familie der Caspasen in zwei Hauptgruppen
einteilen (Kumar, 2007, Höffeler, 2004). Zum einen in die Initiatorcaspasen, zu
denen die Isoformen Caspase-2, -8, -9, -10 gehören und die direkt in Folge
des initialen proapoptotischen Signals aktiviert werden. Zum anderen in die
Effektor-Caspasen, zu denen Caspase-3, -6, -7 zählen und die durch die
Initiator-Caspasen
aktiviert
werden.
Zusätzlich
gibt
es
noch
die
inflammatorischen Caspasen (Caspase-1, -4, -5, -11). Die Aktivität der
Initiator-Caspasen kann durch verschiedene apoptotische
Mechanismen
30
ausgelöst werden (Kumar, 2007, Höffeler, 2004). Über die Bindung
entsprechender Liganden wie z.B. Fas an spezifische Zelltodrezeptoren
kommt es zu einer Formation des Zelltod-induzierenden Proteinkomplexes
DISC. Dies führt zur Aktivierung der Initiatorcaspase-8 und kaskadenartig der
Caspase-3 sowie weiterer Schlüsselenzyme der Apoptose (Kumar, 2007).
Eine weitere Aktivierungsmöglichkeit ist eine vermehrte Cytochrom CFreisetzung aus den Mitochondrien. Daraus resultiert die Bildung des
Apoptosoms, welches die Initiatorcaspase-9 und folglich mehrere EffektorCaspasen aktiviert (Kumar, 2007, Höffeler, 2004). Die dritte Möglichkeit der
Caspasen-Aktivierung funktioniert mittels zytotoxischer Zellen, die Perforin
und Granzym B als Effektoren benutzen, wodurch bestimmte Zielzellen
permeabilisiert
werden
und
die
intrazelluläre
Caspase-3 direkt
über
entsprechende Bindungsstellen aktiviert wird. Unabhängig vom auslösenden
Mechanismus führt die Aktivierung von Effektor-Caspasen zum apoptotischen
Zelltod. Caspase-3 als Haupteffektor hat dabei ein besonders breites
Wirkungsspektrum. Sie wirkt direkt destruktiv, besitzt die Fähigkeit die
Procaspase-9 zu aktivieren, wodurch eine positive Rückkoppelung entsteht,
und beeinflusst die Teilungsrate bestimmter Immunzellen (Höffeler, 2004,
Kumar, 2007).
Die
Caspase-3
gilt
während
der
normalen
Gehirnentwicklung
als
Schlüsselenzym für die physiologische Apoptose. Anhand von Tiermodellen
konnte gezeigt werden, dass die Expression der mRNA und die Aktivierung
von Caspase-3 unter hypoxischen Bedingungen vor allem im unreifen Gehirn
ca. 6-48 Stunden nach Hypoxie ansteigt (Blomgren et al., 2007, Liu et al.,
2004). Dabei war in fast allen betroffenen Neuronen des Neocortex,
Hippocampus und Thalamus eine Zunahme der Expression und Aktivierung
von Caspase-3 nachweisbar. Dies zeigte sich ebenso in Astrozyten, nicht
jedoch in Mikrogliazellen und Oligodendrozyten (Blomgren et al., 2007, Liu et
al., 2004). Zusätzlich konnte eine Hochregulation der Caspasen-8 und -9 in
Rattengehirnen nach exzitotoxischer Schädigung nachgewiesen werden
(Villapol et al., 2007), die wiederum indirekt einen Anstieg der Caspase-3
bewirkt (Sharangpani et al., 2008, Shimizu et al. 2007).
31
Es wird angenommen, dass Caspasen neben der Induktion von Apoptose
noch
weitere
Funktionen
in
Zellproliferation,
Zellzyklus-Regulation,
Zelldifferenzierung und Genexpression haben, die vom Zelltyp und der
Umgebung abhängig sind (Shimizu et al. 2007, Villapol et al., 2007).
1.3. Levetiracetam
Zerebrale Hypoxie zählt zu den häufigsten Ursachen einer perinatal
erworbenen
Schädigung
des
Gehirns.
Spezifische
neuroprotektive
Behandlungsoptionen stehen derzeit nicht zur Verfügung (Rutherford et al.,
2005). Problematisch ist, dass zahlreiche Pharmaka, wie z.B. der NMDAAntagonist
MK-801,
die
einen
potentiell
protektiven
Effekt
in
tierexperimentellen Studien durchaus zeigten, neurotoxische Nebenwirkungen
aufwiesen, so dass deren klinischer Einsatz nicht in Frage kommen kann
(Ikonomidou, et al., 1999, Ikonomidou et al., 1999, Ikonomidou, et al., 2000).
Nach experimentellen Studien können insbesondere am unreifen, sich
entwickelnden Gehirn Pharmaka-induzierte neurotoxische Effekte deletär sein
mit langfristigen Folgen für die neuronale und gliale Reifung sowie
Myelinisierung (Bittigau et al., 2002, Jensen, F., 2006).
Obwohl die Datenlage über die neurotoxischen Risiken von Antiepileptika aus
klinischen und experimentellen Untersuchungen nicht einheitlich ist, führten
Berichte über eine Induktion der apoptotischen Neurodegeneration durch
Antiepilepitka im unreifen Rattengehirn (Bittigau et al., 2002) zu kritischen
Diskussionen über deren Einsatz in der Neonatologie. Die Experimente der
Berliner Arbeitsgruppe Bittigau et al. (2002) zeigten, dass zahlreiche, in der
Neonatologie routinemässig eingesetzte Antiepileptika wie Phenobarbital,
Diazepam, Clonazepam oder Phenytoin, in klinisch relevanten Dosen zu einer
signifikanten Erhöhung der Apoptoserate im Vorderhirn neonataler Ratten
führen. Levetiracetam (LEV) ist ein Antikonvulsivum der neueren Generation,
das tierexperimentell am Modell des Status epilepticus (Gibbs et al., 2006)
oder am Strokemodel bei der adulten Ratte (Hanon et al., 2001, Löscher et
al., 1998) neuroprotektive Eigenschaften zeigte.
32
Die Datenlage zu Effekten von LEV am unreifen Gehirn ist limitiert. Bisher gibt
es nur eine tierexperimentelle Studie an Ratten im Alter von P0-P21 unter
Normoxie, in der Manthey et al (2005) keine erhöhte Apoptoserate nach
Verabreichung von Levetiracetam am Gehirn der neontalen Ratte fanden.
Daten über die Effekte von LEV auf neurotrophe und vasoaktive Faktoren
unter Hypoxie im unreifen Gehirn stehen bislang nicht zur Verfügung.
1.3.1. Pharmakologische Daten zu LEV
Levetiracetam
(S-α-ethyl-2-oxo-1-pyrrolidin-acetamid)
(LEV)
ist
das
S-
Enantiomer von Piracetam. Das S-Enantiomer zeigt in Tiermodellen sowohl
nach oraler, intraperitonealer als auch nach intra-ventrikulärer Applikation
antiepileptische Eigenschaften, wohingegen das R-Enantiomer nur in sehr
hohen Dosen schwach wirksam ist. Der Hauptmetabolit von LEV ist so wie die
meisten seiner Metabolite primär inaktiv. Man nimmt an, dass LEV nur in
seiner unveränderten Form wirksam ist (Klitgaard, 2001, Klitgaard et al.,
2003).
Im Vergleich zu anderen Antiepileptika treten nach der Gabe von LEV selten
und nur nach hohen Dosen, die weit über der antiepileptischen Wirkdosis von
LEV liegen, Nebenwirkungen auf (Klitgaard et al., 1998). In Tiermodellen an
adulten Ratten wurden ab einer Dosis von 170mg/kg LEV nur geringe
Verhaltensauffälligkeiten in Form einer leichten reversiblen Sedierung
festgestellt
(Gower et
al., 1995, Klitgaard
et al.,
1998). In
einer
tierexperimentellen Arbeit von Löscher et al. (1993) an 11-12 Wochen alten
Ratten zeigten sich Nebeneffekte von LEV wie Muskelrelaxation ab einer
Dosis von 54mg/kg und milde Ataxie ab einer Dosis von über 500mg/kg.
Interessanterweise berichteten mehrere Arbeitsgruppen (Gower et al., 1995,
Löscher et al., 1993, Löscher et al., 1998) über eine leichte Hyperaktivität
nach einer klinisch relevanten Dosis von LEV in Tiermodellen. Insgesamt
konnte in Ratten und Mäusen eine gute Toleranz gegenüber LEV ohne
gravierende neurologische Nebeneffekte bis zu einer Dosis von 1700mg/kg
gezeigt werden (Löscher et al., 1993).
33
1.3.2. Wirkmechanismus von LEV
Der genaue Wirkmechanismus von LEV ist bislang noch unbekannt. Es wirkt
nicht über einen der Hauptmechanismen der gängigen Antiepileptika wie z.B.
über den GABAA-Rezeptor, Glutamat-Rezeptoren oder spannungsabhängige
Natrium- bzw.
Calciumkanäle (Margineanu et al., 2000, Klitgaard et al.,
2003). Es ist bekannt, dass LEV im Gehirn reversibel an einen Subtyp des
synaptischen Vesikel-Proteins 2 (SV2A) bindet (Lynch et al., 2004), welches
ubiquitär in der Plasmamembran von Neuronen vorkommt (Crowder et al.,
1999). Der daraus resultierende Effekt, die genauen Funktionen und der
molekulare Mechanismus von SV2A sind noch nicht geklärt. Es wird
angenommen, dass LEV nur unter pathophysiologischen Bedingungen an
SV2A bindet (Lynch et al., 2004). Die Tatsache, dass in Tierexperimenten
Mäuse ohne das SV2A-Gen epileptische Anfälle entwickeln (Crowder et al.,
1999), während LEV bekanntermaßen antiepileptische Effekte aufweist,
impliziert, dass LEV nicht als Antagonist an SV2A wirkt. Man vermutet, dass
SV2A elektrische Entladungen inhibiert, die im Rahmen eines epileptischen
Anfalls durch synaptische Aktivierung induziert werden (Lynch et al., 2004,
Kaminski et al., 2008). Möglicherweise verstärkt LEV durch seine Bindung an
das Protein diese Funktion von SV2A. Eine weitere Möglichkeit ist die
Interaktion von SV2A mit dem präsynaptischen Protein Synaptotagmin, das
als Calciumsensor in der Regulation von caliumabhängiger Exzitotoxizität von
synaptischen Vesikeln fungiert und durch SV2A und somit durch LEV
beeinflusst wird (Pyle et al., 2000). Es werden noch andere Effekte von LEV
diskutiert, wie zum Beispiel die partielle Hemmung von spannungsabhängigen
Calciumkanälen vom N-Typ (high voltage aktiviert) und die Reduktion der
durch Zink und β-Carbolin hervorgerufenen inhibierenden Wirkung von GABA
und Glycin (Margineanu et al., 2000). Es ist jedoch unklar, ob diese Effekte
durch SV2A oder über alternative Mechanismen reguliert werden.
34
1.3.3. Stand des Wissens zu neuroprotektiven Effekten von LEV im
Tierexperiment an Ratten
Viele herkömmliche antiepileptische Medikamente, die als Agonist an GABAARezeptoren,
als
NMDA-Rezeptor-Antagonisten
oder
über
spannungsabhängige Natrium- oder Calciumkanäle wirken, können vor allem
während der Gehirnentwicklung die apoptotische Neurodegeneration triggern
und zu Langzeitschäden führen (Bittigau et al., 2002, Kim et al., 2007,
Ikonomidou, et al., 1999). Folgen dieser Neurotoxizität sind Störungen der
Synaptogense, der Neurotransmission und der Migration und Differenzierung
neuronaler Zellen,
die hauptsächlich im noch unreifen Gehirn stattfinden
(Curristin et al., 2002). Diese Umstände limitieren den klinischen Einsatz
ohne Folgeschäden vor allem in frühen Entwicklungsstadien.
Levetiracetam (LEV), ein Antikonvulsivum der neueren Generation, zeigte in
mehreren
Tierexperimenten
an
Ratten
verschiedener
Arbeitsgruppen
neuroprotektive Eigenschaften (Manthey et al., 2005, Kim et al., 2007, Gibbs
et al., 2006, Gibbs et al., 2007, Hanon et al., 2001).
Anhand eines Tiermodells an Ratten in verschiedenen Entwicklungsstadien
(P0, P3, P7, P14 und P21), die mit einer humanen Entwicklungsphase vom
letzten Trimenon bis Ende des zweiten Lebensjahres vergleichbar sind
(Dobbing und Sands, 1979), konnte gezeigt werden, dass
LEV unter
Normoxie keine erhöhte Apoptoserate in vulnerablen Regionen des Gehirns
der neontalen Ratte induziert (Manthey et al., 2005). Selbst im unreifen Gehirn
zu den Zeitpunkten P0, P3 und P7 löste LEV in einer Dosis von 100 mg/kg
keine gesteigerte Neurotoxizität in Form neuronalen Zelltods aus, was
neuroprotektive Effekte von LEV vermuten läßt.
Dieses Ergebnis wurde durch eine Studie von Kim et al. (2007) unterstützt, in
der die potentielle Neurotoxizität von LEV selbst und in Kombination mit
anderen Antiepileptika in Rattengehirnen an P8 in höheren Dosen untersucht
wurde. Hier zeigte sich, dass LEV alleine in einer Dosis von 250-1000 mg/kg
keinen gesteigerten neuronalen Zelltod in den Regionen des Thalamus,
Striatums und Cortex induzierte. In Kombination mit herkömmlichen
35
Antiepileptika wies LEV keinen Effekt auf die durch andere Antikonvulsiva
hervorgerufene erhöhte Apoptoserate auf.
Einen weiteren neuroprotektiven Ansatz von LEV lieferten tierexperimentelle
Studien der Arbeitsgruppe Gibbs et al. (2006). Sie konnten am Modell des
Status epilepticus in adulten Ratten zeigen, dass eine Behandlung mit LEV
während eines Status epilepticus vor mitochondrialer Dysfunktion schützt.
Allerdings wurde dazu eine relativ hohe Dosis von 1000mg/kg benötigt, so
dass unklar bleibt, ob LEV über die Reduktion der Intensität des Status
epilepticus indirekt die Folgen abschwächt oder über einen eigenen
Mechanismus neuroprotektiv wirkt. Möglicherweise ist LEV in der Lage, den
aufgrund durch oxidativen Stress bedingten Abfall des zellulären Antioxidans
Glutathion zu verhindern und dadurch sekundär vor mitochondrialer
Dysfunktion und den neurotoxischen Konsequenzen zu schützen. Die Gabe
von LEV nach einem Status epilepticus zeigte hingegen keine protektive
Wirkung auf die mitochondriale Dysfunktion (Gibbs et al., 2006, Gibbs et al.,
2007).
In einer Arbeit von Hanon und Klitgaard (2001) am Strokemodell der adulten
Ratte wiesen Tiere mit fokaler zerebraler Ischämie, denen LEV verabreicht
wurde,
ein
deutlich
vermindertes
Infarktvolumen
auf,
was
ebenso
neuroprotektive Effekte von LEV vermuten lässt. Mit einer Dosis von 44 mg/kg
konnte eine Reduktion um 33% erreicht werden (Hanon et al., 2001).
1.4. Aufgabenstellung und Zielsetzung
Vorliegende Studie untersucht Hypoxie-induzierte zerebrale vasoaktive und
neurotrophe Regulationsmechanismen des extrem unreifen Gehirns unter
akuter systemischer Hypoxie. Dabei konzentriert sich die Arbeit auf die
Expression und Dynamik HIF-regulierter und HIF-unabhängiger, Hypoxieinduzierter Gene in sehr frühen Entwicklungsphasen des Gehirns bei Mäusen
(P0, P7).
Es wird untersucht, inwiefern die Expression dieser Gene im neonatalen
Gehirn der Maus durch akute systemische Hypoxie beeinflusst wird. Dabei
36
wird geprüft, ob HIF-regulierte und HIF-unabhängige Gene bereits im extrem
unreifen ZNS der Maus als Adaptationsmechanismus unter akuter Hypoxie
bedeutsam sind. Als HIF-Zielgene werden in dieser Arbeit insbesondere
VEGF und iNOS sowie als HIF-unabhängige Gene nNOS, eNOS und
Caspase-3 analysiert.
Eine weitere Fragestellung der Arbeit war, inwieweit eine Intervention mit
Levetiracetam
beeinflusst.
die Expression dieser Gene im extrem unreifen Gehirn
Hierfür
wird
die
Genexpression
mittels
TaqMan-
Polymerasekettenreaktion am Gehirn der Maus zu den Zeitpunkten P0 und P7
analysiert. Das verwendete Tiermodell entspricht nach Dobbing und Sands
(1979) (Abb. 5) im Vergleich zum humanen ZNS einem Entwicklungsstand zu
Beginn (23./24.Schwangerschaftswoche (SSW)) bzw. gegen Ende des dritten
Trimenon (32.-34.SSW).
Dieses
Modell
wurde
gewählt,
um
ein
sehr
frühes
Stadium
der
Gehirnentwicklung zu repräsentieren und die Expression vasoaktiver und
neurotropher Gene im Sinne endogener Protektionsmechanismen infolge
perinataler Hypoxie im extrem unreifen Gehirn untersuchen zu können.
Zusätzlich soll der Einfluss von LEV auf diese Gene mit dem Aspekt eines
möglichen Therapieansatzes charakterisiert werden.
37
Prozent des adulten
Körpergewichts/Zeiteinheit
Mensch
Affe
Ratte
Schaf
Hase
Schwein
Meerschwein
Definierte
Zeiteinheit
Alter
Geburt
Alter
Abbildung 5: Vergleich des „Brain growth spurt” innerhalb verschiedener Spezies
(Dobbing and Sands, 1979).
38
2. Material und Methoden
2.1. Aufbau und Durchführung des Tierversuchs
Die Tierversuche wurden vom Kantonalen Veterinäramt Zürich und von der
Regierung Mittelfranken genehmigt. Die Tierexperimente wurden von der
Arbeitsgruppen-Leiterin im Labor des Instituts für Veterinärphysiologie der
Universität Zürich nach Protokollen des Veterinäramts Zürich durchgeführt.
Alle
molekularbiologischen
Untersuchungen
erfolgten
im
molekularbiologischen Labor der Kinder- und Jugendklinik der Universität
Erlangen-Nürnberg.
Es wurden C57BL/6 Wildtyp-Mäuse (Lieferant Charles River, Rosenfeld,
Deutschland) an den postnatalen Tagen 0 (P0, n=34) und 7 (P7, n=31)
systemischer Hypoxie (8 % O2) für 6 Stunden Dauer ausgesetzt. Damit konnte
ein Modell der perinatalen Hypoxie bei der Maus, das einem humanen
Entwicklungsstadium in der 23./24. SSW (P0) und in der 32.-34. SSW (P7)
etabliert werden (Abb. 5).
Dafür wurden die jeweils spontan geborenen Tiere am ersten Lebenstag (P0)
und am siebten Lebenstag (P7) für sechs Stunden in eine Hypoxiekammer
(INVIVO2 1000, Biotrace International, U.K.) mit 8 % Sauerstoff inkubiert (P0:
n=34; P7: n=31). Um eine Anpassung der Tiere an die hypoxische Umgebung
zu gewährleisten, wurde der Sauerstoffgehalt von 21 % auf 8 % innerhalb
einer Stunde in 2 %-Schritten langsam gesenkt, bevor die Tiere für sechs
Stunden kontinuierlich unter systemischer Hypoxie inkubiert wurden. Parallel
wurden Kontrolltiere im Alter von P0 (n=30) und P7 (n=31) für sechs Stunden
in der Kammer unter Raumluft gehalten.
Levetiracetam (LEV) (Firma UCB S.A., Preclinical CNS Research, Braine
L`Álleud, Brüssel, Belgien) wurde eine Stunde vor der Inkubation in einer
Einzeldosis von 50 mg/kg (Injektionsvolumen 0,1 ml) intraperitoneal injiziert.
Dies entspricht einer antikonvulsiven Dosis beim Nager (Gower et al., 1995,
Löscher et al., 1993). Zum Vergleich erhielt eine jeweilige Kontrollgruppe eine
39
intraperitoneale Injektion mit physiologischer Kochsalzlösung (NaCl 0,9 %,
Injektionsvolumen 0,1 ml).
Von den 30 normoxischen Kontrolltieren im Alter von P0 wurden je 10 Mäusen
NaCl 0,9 % und LEV appliziert, 10 Tiere erhielten keine Intervention. Von den
insgesamt 34 hypoxischen Tieren im Alter von P0 wurden 11 mit NaCl 0,9 %
und 13 mit LEV behandelt, 10 Tiere blieben unbehandelt.
Von den 31 Kontrolltieren im Alter von P7 unter Normoxie wurde 10 Tieren
NaCl 0,9 %, 11 Tieren LEV und 10 Tieren nichts verabreicht. Entsprechend
erhielten 10 der 31 hypoxischen Tiere im Alter von P7 NaCl 0,9 %, 11 Tiere
LEV und 10 Tiere keine Intervention.
Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Gesamtanzahl der Tiere der jeweiligen
Versuchsgruppen:
Tabelle 2: Gesamtzahl der Versuchstiere
Normoxie
Hypoxie
P0
n=30
n=34
unbehandelt
n=10
n=10
NaCl 0,9 %
n=10
n=11
LEV
n=10
n=13
P7
n=31
n=31
unbehandelt
n=10
n=10
NaCl 0,9 %
n=10
n=10
LEV
n=11
n=11
40
Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Anzahl der Proben zur Bestimmung
der mRNA-Konzentration der jeweiligen Versuchsgruppen:
Tabelle 3: Gesamtzahl der Proben für die mRNA-Analysen
Normoxie
Hypoxie
P0
n=18
n=22
unbehandelt
n=6
n=6
NaCl 0,9 %
n=6
n=7
LEV
n=6
n=9
P7
n=20
n=19
unbehandelt
n=7
n=6
NaCl 0,9 %
n=6
n=6
LEV
n=7
n=7
Anschließend wurden die Mäuse mittels CO2-Inhalation und Dekapitation
schmerzfrei getötet und die Gehirne unmittelbar ohne Reoxygenierung
entnommen.
Je
4
Gehirne
pro
Gruppe
wurden
für
histologische
Untersuchungen und Western Blot-Analysen vorgesehen (Analysen sind nicht
Gegenstand der vorgelegten Arbeit). Die Gehirne wurden sofort nach
Extraktion in flüssigem Stickstoff schockgefroren und bei -80 °C bis zur
weiteren Verarbeitung gelagert.
2.2. RNA-Isolation
Die RNA-Isolation aus Gehirngewebe erfolgte nach der TRIzol-Methode. Die
Mäusehirne wurden gewogen und pro 100 mg Gewebe 1 ml TRIzol
zugegeben. Danach wurde das Gewebe in einer Gewebemühle mit 20 Hz für
zweimal 30 Sekunden homogenisiert und im Anschluss bei Raumtemperatur
für 5 Minuten inkubiert.
Den Homogenaten wurde je 1 ml TRIzol 200 µl Chloroform beigegeben. Nach
Mischen für 15 Sekunden wurden die Proben für weitere 2 Minuten bei
41
Raumtemperatur inkubiert und anschließend für 15 Minuten bei 12 000
Umdrehungen pro Minute (U/min) bei 4 °C zentrifugiert.
Für die Phasentrennung wurde der Überstand abpipettiert, pro 1 ml TRIzol
500 µl Isopropanol hinzugegeben, für 20 Minuten auf Eis (4 °C) inkubiert und
erneut für 15 Minuten bei 15 000 U/min bei 4 °C zentrifugiert.
Das Isopropanol wurde abgekippt und die überschüssigen Reste abgesaugt.
Das entstandene Pellet wurde mit 1 ml 75 %-igem Ethanol pro 1 ml Trizol
gewaschen und für 15 Minuten bei 15 000 U/min und 4 °C zentrifugiert. Das
Pellet wurde für 2-3 Minuten getrocknet und restliche Ethanolrückstände
abgesaugt.
Schließlich wurde das Pellet in 200 µl Diethylpyrocarbonat (DEPC)-Wasser
gelöst und die RNA-Konzentration mittels Absorptionsmessung im BIOPhotometer bei einer Wellenlänge von 260 nm bestimmt.
Dafür wurde zuerst als Leerwert die Extinktion von 80 µl Aqua ad iniectabilia
(Aqua a. i.) bei 230 nm, 260 nm, 280 nm und 320 nm gemessen, um das
Gerät zu kalibrieren. Von den Proben wurden je 2 µl in 78 µl DEPC verdünnt
und anschließend ebenso bei den entsprechenden Wellenlängen gemessen.
Der Extinktionswert bei 260 nm gibt den RNA-Gehalt an, der Wert bei 230 nm
zeigt die Konzentration von Salzen oder anderen organischen Substanzen.
Der Wert bei 280 nm gibt eine mögliche Kontamination mit Proteinen wieder
und der Messwert bei 320 nm weist auf eine eventuelle Verunreinigung der
Küvette hin. Der Wert bei 260 nm darf 1,0 nicht überschreiten um eine lineare
Messung der RNA-Konzentration sicher zu stellen. Die Quotienten 260/280
und 260/230 geben die Konzentration von reiner RNA oder DNA an. Diese
Werte sollten 1,9-2,1 respektive 1,6-2,0 betragen.
Um den RNA-Anteil optisch sichtbar zu machen wurde zusätzlich eine
Gelelektrophorese durchgeführt. Hierfür wurde ein Gel aus 0,5 g Agarose mit
50 ml 1x Tris-Acetat-EDTA-Puffer (TAE-Puffer) und 5 µl Ethidiumbromid
hergestellt. Währenddessen wurden 2 µl der RNA-Proben mit 1,5 µl 5x TAEBlaupuffer sowie 3 µl destilliertem Wasser (Aqua dest.) vermengt und nach
Aushärtung des Gels in die vorgesehenen Taschen pipettiert. Das Gel wurde
42
für 20-30 Minuten bei 80 V an Gleichstrom angeschlossen. Anschließend
wurde das Gelkissen unter UV-Licht fotografiert, um die RNA-Banden zu
verifizieren. Bis zum weiteren Prozedere der cDNA-Synthese wurde die
isolierte RNA bei -80°C tiefgefroren.
Tabelle 4 zeigt die für die RNA-Isolation, die photometrische Messung und die
Gelelektrophorese verwendeten Substanzen und Geräte:
Tabelle 4: Substanzen und Geräte für die RNA-Isolation, photometrische Messung und
Gelelektrophorese
Produkt/Gerät
Firma
Ort
TRIzol
Invitrogen
Carlsbad, USA
Chloroform (reinst)
Merck
Darmstadt, Germany
Isopropanol
Roth
Karlsruhe, Germany
75 % Ethanol (Ethanol absolut)
Merck
Darmstadt, Germany
DEPC (Diethylpyrocarbonat)
Sigma-Aldrich
Steinheim, Germany
Gewebemühle: Kugelmühle MM300
Retsch
Haan, Germany
Zentrifuge: Universal 30RF
Hettich
Tuttlingen, Germany
Braun
EppendorfNetheler-Hinz
GmbH
Melsungen, Germany
RNA-Isolation:
Photometrische RNA-Mengenbestimmung:
Aqua a. i. (Aqua ad iniectabilia)
Photometer: BIO Photometer
Hamburg, Germany
Gelelektrophorese (RNA):
Agarose: Seakam LEAgarose
Biozym Scientific
GmbH
Oldenburg, Germany
Ethidiumbromid
Sigma-Aldrich
Steinheim, Germany
-Tris-Base: Tris Pufferan
Roth
Karlsruhe, Germany
-Eisessig (100 % Essigsäure)
Merck
Darmstadt, Germany
-EDTA: 0,5 M Na2EDTA
Sigma-Aldrich
Steinheim, Germany
1x TAE-Puffer (Tris-Acetat-EDTA-Puffer):
Aqua dest.
43
5x TAE-Blaupuffer:
-1x TAE-Puffer (s. oben)
-Bromphenolblau (0,4 %)
Merck
Darmstadt, Germany
-Glycerin (50 %)
Merck
Darmstadt, Germany
Hercules, California,
USA
Stromgeber: POWER PAC 300
Photogerät: UV-Lampe & Kamera
Bio-Rad
PeqLab
Biotechnologie
GmbH
Erlangen, Germany
2.3. Reverse Transkription
Mittels des Enzyms Reverse Transkriptase (M-MLV RT) wurde eine der
mRNA komplementäre DNA (cDNA) synthetisiert, um diese vervielfältigen zu
können. Für die Reverse Transkription wurden kommerzielle Materialien (Tab.
5) nach Angaben des Herstellers benutzt.
Dafür wurde zuerst für jede Probe die Menge bestimmt, in der 1 µg RNA
enthalten ist. Um eine Gesamtmenge von 8 µl je Ansatz zu erhalten, wurde zu
diesen berechneten Probenanteilen entsprechend DEPC hinzu gegeben.
Zu Beginn der Reversen Transkription wurde jedem Ansatz für den
anfänglichen DNA-Verdau möglicher Rest-DNA 1 µl 10x DNase I-Puffer und
1 µl RNase-freie DNase beigefügt und für 15 Minuten bei Raumtemperatur
inkubiert.
Anschließend wurden jeweils 1 µl DNase Stop-Solution dazu pipettiert und die
Proben in einem Thermoblock für 15 Minuten auf 65 °C erhitzt.
Währenddessen wurde der Mastermix A angesetzt, der pro Ansatz aus 0,6 µl
Randomprimer (0,5 µg/µl), 0,4 µl Oligo Desoxythymidin-Primer (Oligo dtPrimer) (0,5µg/µl) als Startermolekül und 4 µl DEPC besteht. Nach der
Zugabe dieser insgesamt 5 µl wurden die Proben erneut im Thermoblock für 5
Minuten auf 70 °C erwärmt und in Folge für 1 Minute auf Eis abgekühlt. In
diesem Schritt erfolgte die Hybridisierung des Primers an die RNA-Matrize.
Im Anschluss wurden je Ansatz 10 µl des Mastermix B hinzugefügt, der sich
aus 5 µl 5x M-MLV-Puffer, 1,25 µl Desoxy-Nukleotidtriphosphat-Mix (dNTP-
44
Mix) (10 mM), 0,5 µl RNase-Inhibitor (40 U/µl), 1 µl Reverse Transkriptase (MMLV RT) (200 U/µl) und 2,25 µl DEPC zusammensetzt. Bei 37 °C wurden die
Probengemische im Wärmeschrank für 1 Stunde gelagert und hinterher für
eine Minute auf Eis gesetzt. Abschließend wurde die synthetisierte cDNA bei
-20 °C tiefgefroren.
Tabelle 5: Substanzen und Geräte für die Reverse Transkription
Produkt/Gerät
Firma
Ort
-10x DNase I-Puffer
Promega
Mannheim, Germany
-RQ1 RNase-Free DNase
Promega
Mannheim, Germany
Promega
Mannheim, Germany
-Randomprimer
Roche Diagnostics - Applied
Science
Mannheim, Germany
-Oligo dt-Primer (MWG 15T's)
MWG Biotech AG
Ebersberg, Germany
-DEPC (Diethylpyrocarbonat)
Sigma-Aldrich
Steinheim, Germany
- 5x M-MLV-Puffer
Promega
Mannheim, Germany
-RNase-Inhibitor
Promega
Mannheim, Germany
-M-MLV RT
Promega
Mannheim, Germany
-dNTPs (Mix 10 mM)
Finnzymes
Espoo, Finnland
Biometra
Göttingen, Germany
Reverse Transkription:
DNA-Verdau:
DNase Stop Solution
Mastermix A:
Mastermix B:
Wärmeblock: Trio Thermoblock
2.4. TaqMan Real-Time Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR)
Die quantitative Real-Time Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) ist durch
exponentielle Vervielfältigung eines DNA-Fragments unter dem Einfluss einer
hitzestabilen DNA-Polymerase (HotGoldStar) eine Möglichkeit, die Expression
spezifischer Gene zu untersuchen. In vorliegender Arbeit wurde für jede
45
einzelne der Proben mittels RT-PCR die Expression der Gene VEGF, iNOS,
nNOS, eNOS, Caspase-3, PBGD und β-Aktin analysiert.
Bei der Methode der RT-PCR wird sich die 5´-3´-Exonuklease-Eigenschaft der
Polymerase auf verwendete fluorogene TaqMan-Sonden (taq) (Tab. 6) zu
Nutze gemacht. Der zu amplifizierende DNA-Abschnitt wird durch die zwei
Primer-Bindungsstellen des forward (for)- und reverse (rev)- Primers (Tab. 6)
festgelegt. Innerhalb dieses Bereiches lagert sich die sequenzspezifische
Oligonukleotidsonde an, die durch zwei fluoreszente Farbstoffe charakterisiert
ist, nämlich dem Reporter-Farbstoff (6-Carboxy-Fluorescein, FAM) am 5’Ende
und
dem
Quencher-Farbstoff
(6-Carboxy-Tetramethylrhodamin,
TAMRA) am 3’-Ende. Solange die Sonde aktiv ist, überlagert die Fluoreszenz
der Quencher-Färbung am 3’-Ende aufgrund der räumlichen Nähe die
Emission der Reporterfärbung am 5´-Ende durch einen FluoreszenzEnergietransfer. Während der PCR hybridisiert die TaqMan-Sonde mit den
Primern
der
Zielsequenz.
Durch
die
5´-3´-Exonuklease-Aktivität
der
Polymerase wird im weiteren Verlauf die hybridisierte Sonde durch Hydrolyse
gespalten. Dadurch wird der Fluoreszenz-Energietransfer zwischen Quencher
und Reporter unterbunden und die Freisetzung der Reportermoleküle
gesteigert. Das fluoreszente Reporter-Signal nimmt mit fortschreitender
Spaltung der Sonde zu.
Die Änderung der Fluoreszenzen der unterschiedlichen Farbstoffe wird über
Laser von einem Spektrophotometer erfasst und mit einer speziellen Software
analysiert (Tab. 7).
Vor Beginn der PCR wurde die aus den Proben synthetisierte cDNA mit
verschiedenen
Reagenzien
eines
standardisierten
PCR-Kits
(TaqMan
Reaction Kit, Eurogentec, Köln, Germany) (Tab. 7) nach Protokoll des
Herstellers versetzt und auf eine spezielle Mikrotiter-Platte mit 96 Positionen
aufgetragen. In ein Feld wurden insgesamt 25 Mikroliter (µl) des Mixes
pipettiert, die sich aus 2,5 µl 10x Reaction-Puffer, 1 µl dNTP-Mix (5 Millimol
(mM)), je nach optimierter Konzentration des jeweiligen Gens 1,25-2,5 µl
MgCl2 (50 mM), 0,13 µl DNA-Polymerase (HotGoldStar), 0,25 µl Uracil-N-
46
Glycosylase (UNG-Enzym), entsprechende Menge an HPLC, 2,5 µl TaqManSonde (2 Mikromol (µM)), je 2,5 µl des forward- und reverse-Primers (3-9 µM)
sowie 2,5 µl cDNA einer Probe zusammensetzten (Tab. 6, Tab. 7).
Die Oligonukleotide der jeweiligen Zielregion wurden von der Primer Express
Software (Perkin-Elmer Corporation, USA.) unter der Anwendung einheitlicher
Auswahlkriterien entworfen, wodurch standardisierte Zyklusbedingungen
ermöglicht wurden.
Tabelle 6 gibt eine Übersicht über die verwendeten TaqMan-Sonden und
Primer der jeweiligen Gene.
Tabelle 6: Forward (for)- und reverse (rev)-Primer und TaqMan-Sonden (taq)
Gen
Sequenzen und Primerkonzentrationen
PBGD
taq 5’-(FAM)-TCTAGCTCCTTGGTAAACAGGCTCTTCTCTCCA-(TAMRA)-3’
for ACAAGATTCTTGATACTGCACTCTCTAAG (9µM)
rev CCTTCAGGGAGTGAACAACCA (6 µM)
ßAktin
taq 5’-(FAM)-ATCACACCCTGGTGCCTAGGGCG-(TAMRA)-3’
for ATGCTCCCCGGGCTGTAT (6 µM)
rev TCACCCACATAGGAGTCCTTCTG (6 µM)
VEGF
taq 5’-(FAM)-CCATGCCCAGTGGTCCCAGGCTG-(TAMRA)-3’
for GCACTGGACCCTGGCTTTACT (3 µM)
rev ACTTGATCACTTCATGGGACTTCTG (3 µM)
eNOS
taq 5’-(FAM)-TGAGCAGCACAAGAGCTACAAAATCCGA-(TAMRA)-3’
for GGAAATGTCAGGCCCGTACA (9 µM)
rev GGTCTGAGCAGGAGACACTGTTG (9 µM)
iNOS
taq 5’-(FAM)-CGGGCAGCCTGTGAGACCTTTGA-(TAMRA)-3’
for CAGCTGGGCTGTACAAACCTT (3 µM)
rev CATTGGAAGTGAAGCGTTTCG (3 µM)
47
nNOS
taq 5’-(FAM)-TCAACTACATCTGTAACCACGTCAAGTACGCCAC-(TAMRA)-3’
for TGCACCACAGCCCATGG (3 µM)
rev ATATAGTGATGGCCGACCTGAGG (3 µM)
Casp-
taq 5’-(FAM)-TTACTCTACAGCACCTGGTTACTATTCCTGGAGAAATTC-
3
(TAMRA)-3’
for AGATACCGGTGGAGGCTGACT (9µM)
rev GAACCACGACCCGTCCTTT (6µM)
Für jedes zu messende Gen wurde auf der Platte zusätzlich ein vorher
bestimmter Standard (Probe bekannter Konzentration) in einer seriellen
Verdünnungsreihe (1:1, 1:2, 1:4, 1:8, 1:16, 1:32, 1:64, 1:128) mitgeführt, um
eine Standardkurve zu erhalten, auf die sich die gemessenen Werte beziehen.
Als aktive Referenz zur Normalisierung der experimentellen Ergebnisse
wurden die Housekeeping-Gene Porphobilinogen-Deaminase (PBGD) und
β-Aktin koamplifiziert. Zur relativen Quantifizierung wurden dafür die MeanWerte der Zielgene auf die Mean-Werte der nicht regulierten HousekeepingGene bezogen, das bedeutet der Quotient aus den Mean-Werten der Zielgene
und Housekeeping-Gene berechnet.
Zudem wurde als Negativkontrolle pro Gen in 1-2 Positionen der Platte Aqua
dest. gegeben.
Für die PCR wurde die befüllte Mikrotiter-Platte kurz anzentrifugiert, gemäß
den Angaben der Firma in das TaqMan-Gerät gestellt und die Messung
gestartet. Jedes Feld der Mikrotiter-Platte wurde dabei während der Messung
innerhalb einer Minute achtmal gemessen.
Der eigentlichen PCR ist grundsätzlich ein Zyklus von 2 Minuten bei 50 °C
gefolgt von einem 10-minütigen Zyklus bei 95 °C vorgeschaltet, um die zum
Schutz vor Kontamination verwendete Uracil-N-Glykosylase (UNG-Enzym) zu
inaktivieren und die entstandenen Abfallmoleküle zu zerstören. Zusätzlich wird
die
zum
endgültigen
Start
der
PCR
notwendige
DNA-Polymerase
(HotGoldStar) durch die Inkubation bei 95 °C aktiviert. Nach insgesamt
48
weiteren 40 Zyklen, wobei ein Zyklus je 15 Sekunden bei 95 °C und 60
Sekunden bei 60 °C andauert, ist die PCR beendet.
Die während der RT-PCR entstandenen Signale geben die Entwicklung der
Fluoreszenz-Emission
des
Reporter-Farbstoffes wider.
Alle
erhaltenen
Messdaten beziehen sich dabei auf eine Standardkurve. Diese entsteht,
indem man die Werte der Standard-Konzentrationen (siehe oben) mit den
korrespondierenden Schwellenzykluswerten (CT-Werte) ins Verhältnis setzt.
Als Schwellenzyklus (cycle treshold, CT) bezeichnet man den Zyklus, in dem
ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird, der als die zehnfache
Standardabweichung der Hintergrundaktivität (produziert durch das Plastik der
Platte und den optischen Vorrichtungen) definiert ist und meist zwischen dem
3.-15. Zyklus detektiert wird. Der Schwellenzyklus ist proportional zur
Startkopienzahl der Ziel-DNA, ebenso wie zu der Menge des amplifizierten
PCR-Produkts.
Die so gewonnenen Daten wurden nach vollständigem Abschluss der RTPCR in einem SDS-File des TaqMan-Gerätes gespeichert und mit der
zugehörigen ABI PRISM 7700 Sequece Detection-Software quantitativ
analysiert.
Zur relativen quantitativen Analyse der Messergebnisse stehen prinzipiell
mehrere Optionen zur Verfügung. Mit einer Graphik der Rohdaten kann man
den groben Verlauf des Fluoreszenz-Signals während der PCR von einer oder
mehreren Positionen nachvollziehen. Je mehr sich die Kurven gleichen, desto
besser ist die Qualität der Analyse.
Die Multikomponenten-Darstellung zeigt die komplette spektrale Entwicklung
jeder involvierten Farbstoff-Komponente einer bestimmten Position im Verlauf
der
PCR.
Dabei
äußert
sich
ein
positives
Ergebnis
mit
einem
Intensitätsanstieg von FAM und einem Emissionsabfall von TAMRA.
Eine weitere Möglichkeit ist die Illustration eines Amplifikation-Plots, der für
jede Position 3 verschiedene Darstellungsmethoden ermöglicht. Mit dem CTDisplay wird veranschaulicht, in welchem Zyklus ein Signal erstmals
gemessen wurde, d.h. der Schwellenwert überschritten wurde. Aus dem
49
Graph der normalisierten Reporter-Werte (Rn-Wert) wird das Verhältnis des
Reporter-Signals zur Emission der passiven Referenz (Farbstoff ROX)
verschiedener Positionen über den kompletten PCR-Verlauf ersichtlich. Die
lineare und logarithmische Darstellung des ∆Rn-Diagramms zeigen die
normalisierten Reporter-Werte abzüglich des Reporter-Signals vor Beginn der
PCR unterschiedlicher Positionen während der PCR.
Der Experiment-Report fasst alle innerhalb der PCR erhobenen Daten
zusammen, liefert Informationen über den Inhalt der belegten Felder einer
Mikrotiter-Platte
und
gibt
berechnete
CT-Werte,
Resultate
der
Quantifizierungs-Analyse, Mittelwerte und Standardabweichungen an.
Für die weitere statistische Auswertung der quantitativ analysierten Daten
wurden die gewonnenen Messergebnisse gespeichert und für jedes
gemessene Gen ein Ausdruck der Standardkurve, des Amplifikation-Plots
(lineare und logarithmische Darstellung des ∆Rn-Diagramms) und des
Experiment-Reports erstellt.
Tabelle 7 enthält Informationen über die benutzten Reagenzien und Geräte für
die RT-PCR:
Tabelle 7: Substanzen und Geräte für die Durchführung der TaqMan-RT-PCR
Produkt/Gerät
Firma
Ort
Eurogentec
Köln, Germany
Uracil-N-Glycosylase UNG-Enzym
Eurogentec
Köln, Germany
HPLC
Merck
Darmstadt, Germany
Primer und TaqMan-Sonden: s. Tab. 6
MWG Biotech AG
Ebersberg, Germany
TaqMan Real-Time PCR:
TaqMan Reaction Kit:
-10x Reaction-Puffer
-50 mM MgCl2
-HotGoldStar
-5 mM dNTP-Mix
50
Mikrotiterplatte: Multi "96well" PCR Plates
PeqLab
Biotechnologie
GmbH
Zentrifuge: Rotanta 96R
Hettich Zentrifugen
TaqMan Gerät:
ABI PRISM 7700 Sequece Detection-System Applied Biosystems
Software:
ABI PRISM 7700 Sequece DetectionSoftware
Applied Biosystems
Perkin-Elmer
Primer Express Software
Corporation
Erlangen, Germany
Tuttlingen, Germany
Darmstadt, Germany
Darmstadt, Germany
Massachusetts, USA
2.5. Statistische Auswertung
Die erhobenen Daten wurden mit der GraphPad PRISM Version 4.0 Software
(GraphPad Software, San Diego, California, USA) statistisch und graphisch
ausgewertet.
Die Ergebnisse wurden aus den Quotienten der CT-Werte der Zielgene und
Housekeeping-Gene (PBGD und β-Aktin) berechnet. Sie werden als Mittelwert
(MW) ± Standardfehler des Mittelwertes (standard error of the mean, SEM)
angegeben. Der statistische Vergleich der MW±SEM erfolgte mittels
einfaktorieller Varianzanalyse (One-way Analysis of Variance, ANOVA). Zum
Vergleich wiederholter Messungen unterschiedlich behandelter Gruppen
wurde eine zweifaktorielle Varianzanalyse (Two-way ANOVA) mit BonferroniTest angewendet. Ein P-Wert unter 0,05 (p<0,05) wurde als signifikant
gewertet.
51
3. Ergebnisse
Vorliegende Studie untersuchte mittels RT-PCR 1) die zerebrale Expression
der mRNA von den HIF-1-abhängigen Genen VEGF und iNOS, sowie von
Hypoxie-induzierbaren, aber HIF-1-unabhängigen Genen nNOS, eNOS und
Caspase-3 unter akuter systemischer Hypoxie bei der neonatalen Maus im
Vergleich zu normoxischen Kontrolltieren, 2) den Einfluss von LEV auf die
Expression oben genannter Gene unter Hypoxie und Normoxie im Vergleich
zu unbehandelten bzw. mit NaCl 0,9 %-behandelten Kontrollgruppen. Die
Untersuchungen wurden in zwei unterschiedlichen Entwicklungsstadien des
unreifen Gehirns der Maus zu den Zeitpunkten P0 und P7 durchgeführt (Abb.
5).
3.1. Einfluss von Hypoxie auf HIF-1-abhängige Faktoren im
unreifen Gehirn der Maus im Alter von P0 und P7
Um den Einfluss akuter systemischer Hypoxie auf das unreife Gehirn in den
Entwicklungsstadien P0 und P7 anhand der mRNA-Expression HIF-1abhängiger Gene (VEGF und iNOS) untersuchen zu können, wurden
Versuchstiere direkt nach der Geburt (P0) und am siebten Lebenstag (P7) für
sechs Stunden in einer Hypoxiekammer bei 8% O2 inkubiert. Gleichzeitig
verblieb
zum
Vergleich
eine
Kontrollgruppe
unter
normoxischen
Versuchsbedingungen (Raumluft).
3.1.1. Genexpression von VEGF im neonatalen Gehirn der Maus
unter Normoxie und Hypoxie an P0 und P7
Im Vergleich zu den Kontrolltieren konnte ein signifikanter Anstieg der mRNAExpression von VEGF im hypoxischen Gehirn der Mäuse im Alter von P0 und
P7 festgestellt werden.
Im Alter P0 nahm die Expression um das 1,7-fache, in den P7-Gehirnen um
das 9,1-fache zu. Mit einem Signifikanzniveau von p<0,05 in der Gruppe P0
und p<0,001 in der Gruppe P7 war der Hypoxie-induzierte Anstieg im
Vergleich zu den Kontrollen signifikant.
52
Tabelle 8 zeigt den spezifischen mRNA-Gehalt von VEGF in Relation zu der
konstanten mRNA-Konzentration des Housekeeping-Gens PBGD (MW±SEM)
innerhalb der Untersuchungsgruppe. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich in
Bezug auf das zweite Housekeeping-Gen β-Aktin.
Abbildung 6 veranschaulicht graphisch die Veränderung der zerebralen
VEGF-Expression unter Hypoxie im Vergleich zu Normoxie im unreifen Gehirn
der Maus zu den Zeitpunkten P0 und P7.
Tabelle 8: Zerebrale mRNA-Expression von VEGF in Relation zu PBGD unter Normoxie
und Hypoxie an P0 und P7.
VEGF/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
0,018±0,002
0,031±0,003
p<0,05
0,096±0,032
0,873±0,070
p<0,001
P7:
Keine Intervention
53
P0
MW±
± SEM
0.035
_____________
*
VEGF/PBGD
0.030
0.025
Normoxie
Hypoxie
0.020
*
0.015
= p<0,05
0.010
0.005
0.000
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
P7
MW±
± SEM
1.00
______________
***
VEGF/PBGD
0.75
Normoxie
Hypoxie
0.50
***
= p<0,001
0.25
0.00
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
Abbildung 6: mRNA-Expression von VEGF unter Hypoxie im Vergleich zu Normoxie an
P0 und P7.
54
3.1.2. Genexpression von iNOS im neonatalen Gehirn der Maus
unter Normoxie und Hypoxie an P0 und P7
Verglichen mit den normoxischen Kontrollen führte eine systemische Hypoxie
zu einer Reduktion der mRNA-Expression von iNOS in den Gehirnen der
Tiere sowohl zum Zeitpunkt P0 als auch P7 (Tab. 9, Abb. 7).
Zum Zeitpunkt P0 sank die Expression um das 1,4-fache ab, zum Zeitpunkt
P7 um den 4,3-fachen Wert. Damit war die Veränderung der Expression der
mRNA von iNOS unter dem Einfluss von Hypoxie, ähnlich wie bei VEGF, in
den P7-Gehirnen ausgeprägter als im Alter P0.
Die verminderte zerebrale Expression der iNOS-mRNA in den hypoxischen
Gehirnen an P0 und P7 war signifikant (p<0,001), sowohl in Bezug zu PBGD
als auch zu β-Aktin (Tab. 9).
Vergleicht man den Hypoxie-induzierten Anstieg der mRNA von VEGF und
iNOS zwischen den Altersgruppen P0 und P7, zeigt sich der Trend, dass die
Expression der mRNA von VEGF und iNOS im Alter P7 ausgeprägter als an
P0 ist (Abb. 6, Abb. 7).
Tabelle 9: Zerebrale mRNA-Expression von iNOS in Relation zu PBGD unter Normoxie
und Hypoxie an P0 und P7.
iNOS/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
1,001±0,057
0,733±0,048
p<0,001
1,365±0,083
0,319±0,047
p<0,001
P7:
Keine Intervention
55
P0
MW±
± SEM
1.1
_______________
***
1.0
Normoxie
0.9
Hypoxie
iNOS/PBGD
0.8
*** = p<0,001
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
P7
MW±
± SEM
1.5
________________
***
Normoxie
iNOS/PBGD
Hypoxie
***
1.0
= p<0,001
0.5
0.0
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
Abbildung 7: mRNA-Expression von iNOS unter Hypoxie im Vergleich zu Normoxie an
P0 und P7.
56
3.2. Einfluss von Hypoxie auf HIF-1-unabhängige Faktoren im
unreifen Gehirn der Maus im Alter von P0 und P7
Als HIF-1-unabhängige, Hypoxie-induzierte Gene wurden nNOS, eNOS und
Caspase-3 analysiert. Im Gegensatz zu den HIF-1-regulierten vasoaktiven
Genen VEGF und iNOS konnte im neonatalen Gehirn der Maus weder im
Alter von P0 noch von P7 eine signifikante Veränderung der mittleren mRNAKonzentration der HIF-1-unabhängigen, Hypoxie-induzierbaren Gene nNOS
(Tab. 10, Abb. 8), eNOS (Tab. 11, Abb. 9) und Caspase-3 (Tab. 12, Abb. 10)
unter Hypoxie festgestellt werden. Im Vergleich zu den Kontrollgruppen
blieben die Werte unverändert. Diese Resultate ließen sich auf beide
Housekeeping-Gene PBGD und β-Aktin reproduzieren.
Tabelle 10: Zerebrale mRNA-Expression von nNOS in Relation zu PBGD unter
Normoxie und Hypoxie an P0 und P7.
nNOS/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
0,836±0,080
0,737±0,080
p>0,05
0,985±0,136
0,892±0,200
p>0,05
P7:
Keine Intervention
57
P0
n.s.
________________
MW±
±SEM
nNOS/PBGD
1.00
Normoxie
Hypoxie
0.75
n.s. = nicht signifikant
0.50
0.25
0.00
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
P7
MW±SEM
1.25
n.s.
________________
Normoxie
Hypoxie
n.s. = nicht signifikant
n N O S /P B G D
1.00
0.75
0.50
0.25
0.00
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
Abbildung 8: mRNA-Expression von nNOS unter Hypoxie im Vergleich zu Normoxie an
P0 und P7.
58
Tabelle 11: Zerebrale mRNA-Expression von eNOS in Relation zu PBGD unter
Normoxie und Hypoxie an P0 und P7.
eNOS/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
0,035±0,016
0,043±0,008
p>0,05
0,362±0,148
0,655±0,089
p>0,05
P7:
Keine Intervention
59
P0
MW±
±SEM
0.06
n.s.
________________
Normoxie
Hypoxie
n.s. = nicht signifikant
eNOS/PBGD
0.05
0.04
0.03
0.02
0.01
0.00
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
P7
eNOS/PBGD
MW±
±SEM
0.75
n.s.
_________________
Normoxie
Hypoxie
0.50
n.s. = nicht signifikant
0.25
0.00
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
Abbildung 9: mRNA-Expression von eNOS unter Hypoxie im Vergleich zu Normoxie an
P0 und P7.
60
Tabelle 12: Zerebrale mRNA-Expression von Caspase-3 in Relation zu PBGD unter
Normoxie und Hypoxie an P0 und P7.
Casp-3/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
1,630±0,115
1,672±0,150
p>0,05
1,746±0,141
1,582±0,077
p>0,05
P7:
Keine Intervention
61
P0
Casp-3/PBGD
MW±
± SEM
2
n.s.
________________
Normoxie
Hypoxie
n.s. = nicht signifikant
1
0
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
P7
Casp-3/PBGD
MW±
± SEM
2
n.s.
_________________
Normoxie
Hypoxie
n.s. = nicht signifikant
1
0
Normoxie
Hypoxie
unbehandelt
Abbildung 10: mRNA-Expression von Caspase-3 unter Hypoxie im Vergleich zu
Normoxie an P0 und P7.
62
3.3. Einfluss von Levetiracetam auf HIF-1-abhängige Faktoren
im unreifen Gehirn der Maus im Alter von P0 und P7 unter
Normoxie und Hypoxie
Um mögliche Effekte von LEV auf HIF-1-regulierte neurotrophe Faktoren im
unreifen Gehirn zu detektieren, wurde nach Verabreichung von 50 mg/kg LEV
die Expression der mRNA HIF-1-abhängiger Gene (VEGF und iNOS) unter
Hypoxie und Normoxie in den ZNS-Entwicklungsstadien P0 und P7
untersucht. Zum Vergleich wurden hypoxische und normoxische Kontrolltiere
mit NaCl 0,9 % behandelt oder erhielten keine Behandlung.
3.3.1. Einfluss von Levetiracetam auf die mRNA-Expression von
HIF-1-abhängigen Faktoren im neonatalen Gehirn der Maus an P0
und P7 unter Normoxie
Unter Normoxie konnte nach Verabreichung von LEV weder zum Zeitpunkt P0
noch zum Zeitpunkt P7 eine signifikante Veränderung der Expression der HIF1-regulierten Gene VEGF (Tab. 13, Abb. 11) und iNOS (Tab. 14, Abb. 12) im
Vergleich zu den unbehandelten und mit NaCl 0,9 %-behandelten
Kontrolltieren festgestellt werden.
3.3.2. Einfluss von Levetiracetam auf die mRNA-Expression von
HIF-1-abhängigen Faktoren im neonatalen Gehirn der Maus an P0
und P7 unter Hypoxie
Die Analyse der Genexpression HIF-abhängiger vasoaktiver Faktoren zeigte
unterschiedliche Effekte von LEV auf die Expression von VEGF und iNOS
unter akuter systemischer Hypoxie.
3.3.2.1. Hypoxie-induzierte mRNA-Expression von VEGF an P0 und P7 unter
dem Einfluss von Levetiracetam unter akuter systemischer Hypoxie
Die durch Hypoxie induzierte Zunahme der Expression der VEGF-mRNA
konnte ebenso in den hypoxischen LEV- und NaCl 0,9 %-behandelten Tieren
zu beiden Zeitpunkten P0 (p<0,001) und P7 (p<0,01 bzw. p<0,001)
63
beobachtet werden (Tab. 13). Dabei stieg die Expression in den Gehirnen der
hypoxischen Mäuse unter dem Einfluss von LEV 3,3-fach im Alter von P0 und
1,9-fach im Alter von P7 an. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich in Bezug zu ßAktin.
Tabelle 13: Zerebrale mRNA-Expression von VEGF in Relation zu PBGD an P0 und P7
unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter Normoxie und Hypoxie.
VEGF/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
0,018±0,002
0,031±0,003
p<0,05
NaCl 0,9%
0,017±0,001
0,042±0,003
p<0,001
LEV
0,016±0,002
0,053±0,005
p<0,001
Keine Intervention
0,096±0,032
0,873±0,070
p<0,001
NaCl 0,9%
0,286±0,034
0,771±0,043
p<0,001
LEV
0,375±0,127
0,708±0,052
p<0,01
P7:
64
P0
MW±
± SEM
0.06
_________
***
Normoxie
Hypoxie
VEGF/PBGD
0.05
0.04
________
***
* = p<0,05
*** = p<0,001
________
*
0.03
0.02
0.01
0.00
unbehandelt
NaCl 0,9%
LEV
Intervention
P7
MW±
± SEM
1.00
________
***
________
***
Normoxie
________
**
VEGF/PBGD
0.75
Hypoxie
** = p<0,01
*** = p<0,001
0.50
0.25
0.00
unbehandelt
NaCl 0,9%
LEV
Intervention
Abbildung 11: mRNA-Expression von VEGF an P0 und P7 unter dem Einfluss von
Levetiracetam (50mg/kg; i.p.) im Vergleich unter Normoxie und Hypoxie.
65
3.3.2.2. Hypoxie-induzierte mRNA-Expression von iNOS an P0 und P7 unter
dem Einfluss von Levetiracetam unter akuter systemischer Hypoxie
Bei den in Hypoxie inkubierten Tieren zum Zeitpunkt P7 konnte nach
Verabreichung von 50 mg/kg LEV eine signifikante Reduktion der zerebralen
mRNA-Expression
von
iNOS
im
Vergleich
zu
der
normoxischen
Kontrollgruppe festgestellt werden. Die Expression der mRNA von iNOS sank
um das 2,53-fache (Tab. 14).
Im Gegensatz zu diesen Resultaten wurde die herabgesetzte zerebrale
Expression der iNOS mRNA nach hypoxischer Inkubation bei den LEVbehandelten Tieren zum Zeitpunkt P0 nicht nachgewiesen. Interessanterweise
sank die Expression in den unreifen Gehirnen der LEV-behandelten Tiere im
Alter von P0 nach akuter systemischer Hypoxie nicht signifikant im Vergleich
zur normoxischen Kontrollgruppe ab (Tab. 14, Abb.12). Eine gleiche Tendenz
zeigte sich in Bezug auf das zweite Housekeeping-Gen β-Aktin.
Tabelle 14: Zerebrale mRNA-Expression von iNOS in Relation zu PBGD an P0 und P7
unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter Normoxie und Hypoxie.
iNOS/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
1,001±0,057
0,733±0,048
p<0,001
NaCl 0,9%
0,942±0,053
0,584±0,030
p<0,001
LEV
0,725±0,037
0,688±0,041
p>0,05
Keine Intervention
1,365±0,083
0,319±0,047
p<0,001
NaCl 0,9%
1,209±0,066
0,751±0,085
p<0,001
LEV
1,594±0,090
0,635±0,077
p<0,001
P7:
66
Normoxie
Hypoxie
*** = p<0,001
n.s. = nicht signifikant
P0
MW±
±SEM
1.1
_________
***
_________
***
1.0
n.s.
__________
0.9
iNOS/PBGD
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
unbehandelt
NaCl 0,9%
LEV
Intervention
P7
MW±
±SEM
1.75
_________
***
_________
***
Normoxie
Hypoxie
*** = p<0,001
_________
***
1.50
iNOS/PBGD
1.25
1.00
0.75
0.50
0.25
0.00
unbehandelt
NaCl 0,9%
LEV
Intervention
Abbildung 12: mRNA-Expression von iNOS an P0 und P7 unter dem Einfluss von
Levetiracetam (50mg/kg; i.p.) im Vergleich unter Normoxie und Hypoxie.
67
3.4.
Einfluss
von
Levetiracetam
auf
HIF-1-unabhängige
Faktoren im unreifen Gehirn der Maus im Alter von P0 und P7
unter Normoxie und Hypoxie
Um einen Effekt von LEV auf neurotrophe Faktoren unter dem Einfluss akuter
systemischer Hypoxie auf das unreife Gehirn in den Entwicklungsstadien P0
und P7 zu untersuchen, wurde nach i.p.-Verabreichung von 50 mg/kg LEV die
mRNA-Expression HIF-1-unabhängiger, Hypoxie-induzierbarer Gene (nNOS,
eNOS und Caspase-3) nach hypoxischer Inkubation (8 % O2) analysiert. Zum
Vergleich erhielt eine Kontrollgruppe 50 mg/kg LEV unter Normoxie.
Zusätzlich wurden hypoxische und normoxische Kontrolltiere mit NaCl 0,9%
behandelt oder erhielten keine Behandlung.
3.4.1. Einfluss von Levetiracetam auf die mRNA-Expression von
HIF-1-unabhängigen Faktoren im neonatalen Gehirn der Maus an
P0 und P7 unter Normoxie
Die
Expression
der
mRNA
von
den
HIF-1-unabhängigen,
Hypoxie-
induzierbaren Genen nNOS (Tab. 15, Abb. 13), eNOS (Tab. 16, Abb. 14) und
Caspase-3 (Tab. 17, Abb. 15) hat sich im Vergleich zu den Kontrollgruppen
ohne und mit NaCl 0,9 %-Behandlung nach der Verabreichung von LEV unter
Normoxie weder zum Zeitpunkt P0 noch zum Zeitpunkt P7 signifikant
geändert.
3.4.2. Einfluss von Levetiracetam auf die mRNA-Expression von
HIF-1-unabhängigen Faktoren im neonatalen Gehirn der Maus an
P0 und P7 unter Hypoxie
Auch unter dem Einfluss von Hypoxie (8 % O2) blieb die zerebrale Expression
der mRNA der HIF-1-unabhängigen, Hypoxie-induzierbaren Faktoren nNOS
(Tab. 15, Abb. 13), eNOS (Tab. 16, Abb. 14) und Caspase-3 (Tab. 17, Abb.
15) in den Gehirnen der LEV-behandelten Tiere im Vergleich zu den
Kontrollen zum Zeitpunkt P0 und P7 nahezu unverändert. Die Ergebnisse in
Bezug auf ß-Aktin sind ähnlich.
68
Tabelle 15: Zerebrale mRNA-Expression von nNOS in Relation zu PBGD an P0 und P7
unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter Normoxie und Hypoxie.
nNOS/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
0,836±0,080
0,737±0,080
p>0,05
NaCl 0,9%
0,767±0,042
0,741±0,056
p>0,05
LEV
0,698±0,038
0,975±0,068
p>0,05
Keine Intervention
0,985±0,136
0,892±0,200
p>0,05
NaCl 0,9%
0,911±0,055
1,095±0,054
p>0,05
LEV
1,114±0,040
1,256±0,053
p>0,05
P7:
69
P0
n.s.
________
n.s.
________
nNOS/PBGD
MW±
± SEM
1.1
1.0
0.9
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
Normoxie
Hypoxie
n.s. = nicht signifikant
n.s.
________
unbehandelt
NaCl 0,9%
LEV
Intervention
P7
1.5
nNOS/PBGD
n.s.
________
n.s.
________
Normoxie
Hypoxie
n.s. = nicht signifikant
n.s.
________
1.0
0.5
0.0
unbehandelt
NaCl 0,9%
LEV
Intervention
Abbildung 13: mRNA-Expression von nNOS an P0 und P7 unter dem Einfluss von
Levetiracetam (50mg/kg; i.p.) im Vergleich unter Normoxie und Hypoxie.
70
Tabelle 16: Zerebrale mRNA-Expression von eNOS in Relation zu PBGD an P0 und P7
unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter Normoxie und Hypoxie.
eNOS/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
0,035±0,016
0,043±0,008
p>0,05
NaCl 0,9%
0,074±0,019
0,040±0,006
p>0,05
LEV
0,046±0,004
0,023±0,003
p>0,05
Keine Intervention
0,362±0,148
0,655±0,089
p>0,05
NaCl 0,9%
0,764±0,061
0,819±0,084
p>0,05
LEV
0,796±0,048
0,829±0,079
p>0,05
P7:
71
P0
MW±
± SEM
0.100
Normoxie
Hypoxie
n.s.
________
n.s. = nicht signifikant
eNOS/PBGD
0.075
n.s.
________
n.s.
________
0.050
0.025
0.000
unbehandelt
NaCl 0,9%
LEV
Intervention
P7
MW±
± SEM
1.00
n.s.
________
Normoxie
Hypoxie
n.s. = nicht signifikant
n.s.
________
eNOS/PBGD
n.s.
________
0.75
0.50
0.25
0.00
unbehandelt
NaCl 0,9%
LEV
Intervention
Abbildung 14: mRNA-Expression von eNOS an P0 und P7 unter dem Einfluss von
Levetiracetam (50mg/kg; i.p.) im Vergleich unter Normoxie und Hypoxie.
72
Tabelle 17: Zerebrale mRNA-Expression von Caspase-3 in Relation zu PBGD an P0 und
P7 unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter Normoxie und Hypoxie.
Casp-3/PBGD
Normoxie
Hypoxie
Signifikanzniveau
P0:
(MW±SEM)
(MW±SEM)
(p)
Keine Intervention
1,630±0,115
1,672±0,150
p>0,05
NaCl 0,9%
1,804±0,100
1,557±0,106
p>0,05
LEV
1,702±0,102
1,737±0,118
p>0,05
Keine Intervention
1,746±0,141
1,582±0,077
p>0,05
NaCl 0,9%
2,009±0,142
2,049±0,310
p>0,05
LEV
2,117±0,157
1,888±0,173
p>0,05
P7:
73
Normoxie
Hypoxie
n.s. = nicht signifikant
P0
n.s.
________
Casp-3/PBGD
MW±
± SEM
n.s.
2.0
________
n.s.
________
1.5
1.0
0.5
0.0
unbehandelt
NaCl 0,9%
LEV
Intervention
Normoxie
Hypoxie
n.s. = nicht signifikant
P7
MW ± SEM
3
Casp-3/PBGD
n.s.
________
n.s.
________
n.s.
________
2
1
0
NaCl 0,9%
unbehandelt
LEV
Intervention
Abbildung 15: mRNA-Expression von Caspase-3 an P0 und P7 unter dem Einfluss von
Levetiracetam
(50mg(kg;
i.p.)
im
Vergleich
unter
Normoxie
und
Hypoxie.
75
4. Diskussion
4.1. Bedeutung von Hypoxie als Ursache für perinatale ZNSSchäden
Das Ausmaß einer zerebralen Schädigung als Folge einer perinatalen
Hypoxie ist vom Stadium der Gehirnentwicklung abhängig (Curristin et al.,
2002, Rees et al., 1998). Im unreifen Gehirn können nach einem perinatalen
Hypoxieereignis
langfristige
Veränderungen
der
Vaskulogenese,
Zelldifferenzierung und Migration auftreten (Curristin et al., 2002, Woodward
et al., 2006). Lokalisation und Art der Schädigung sowie die Verfügbarkeit
endogener Protektionsmechanismen unterscheiden sich bei Frühgeborenen
und Reifgeborenen (Kaur et al., 2006, Rees et al., 1998).
Bei Reifgeborenen dominiert durch perinatale Hypoxie die Entwicklung einer
hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie (HIE) (Meberg et al., 2004), einem
neurologischen
Symptomenkomplex,
der
in
unterschiedlichem
Maße
ausgeprägt und schwere Langzeitschäden zur Folge haben kann. Das
klinische Bild reicht von geringer Entwicklungsretardierung bis zu schwersten
neurologischen
Defiziten.
Anatomisch
treten
die
ZNS-Läsionen
bei
Reifgeborenen vorwiegend in der Parasagittalregion, in den Basalganglien
sowie im Thalamus auf (Rorke, 1992). Das makroskopische Bild wird durch
den sogenannten Status marmoratus bestimmt, einem weißlich marmorierten
Aussehen der Basalganglien durch fokalen neuronalen Zelluntergang mit
pathologischer Verdichtung markhaltiger Nervenfasern und Vernarbung
(Rorke, 1992).
Frühgeborene weisen in der Perinatalperiode typischerweise Komplikationen
als Folge der noch unreifen Organsysteme auf. Dabei spielen insbesondere
Schädigungen des Gehirns infolge Hypoxie und Ischämie eine Rolle.
Betroffene
Hirnareale
sind
bei
Frühgeborenen
überwiegend
die
periventrikuläre weiße Substanz (Rorke, 1992). Zerebrale Schäden äußern
sich vor allem in intra- oder periventrikulären Einblutungen, periventrikulärer
Leukomalazie und zerebralen Insulten (Meberg et al., 2004). Dem liegt eine
76
bei Frühgeborenen bestehende inadäquate Autoregulation und gesteigerte
Fragilität der Kapillaren (Nelson et al., 1991, Milligran, 1980) zugrunde. Dies
kann zur Ruptur der noch nicht voll ausgereiften und fragilen Blutgefäße und
in Folge zu zerebralen Hämorrhagien führen. Aufgrund der mangelnden
Autoregulation und unreifen Gefäßversorgung wird die weiße Hirnsubstanz im
Gebiet der Seitenventrikel nekrotisch geschädigt, was als periventrikuläre
Leukomalazie bezeichnet wird.
Außer durch Hypoxie können diese Schäden bei Frühgeborenen auch durch
andere Risikofaktoren verursacht werden. Dazu zählen erworbene ZNSLäsionen durch Hyperoxie, Medikamente, Infektionen und Traumata. Die
Prognose bezüglich Folgekomplikationen einer zerebralen Schädigung ist bei
Frühgeborenen abhängig vom Stadium der Gehirnentwicklung und dem
Schweregrad der Läsion.
Eine Studie der Berliner Arbeitsgruppe Felderhoff-Müser et al. (2004) zeigte in
einem Tierexperiment an neugeborenen Mäusen, dass ein über die
physiologische
Norm
erhöhter
Sauerstoffgehalt
die
apoptotische
Neurodegeneration verstärkt. Der Sauerstoff verursachte bei den Mäusen
oxidativen Stress, erhöhte die Expression von Neutrophinen und inaktivierte
Proteine der endogenen Protektionsmechanismen. Dabei zeigte sich, dass
das Gehirn vor allem während der Entwicklungsphase innerhalb der ersten
zwei Wochen besonders sensibel auf die Sauerstoff-Toxizität reagiert, was
beim Menschen dem letzten Trimenon einer Schwangerschaft entspricht
(Dobbing und Sands, 1979). Der schädigende Einfluss von Hyperoxie auf das
ZNS wurde auch in einer aktuellen Studie von Gerstner et al. (2008) belegt, in
der Ratten zum Zeitpunkt P3, P6 und P10 für 24 Stunden 80%-igem
Sauerstoff ausgesetzt wurden. Es zeigte sich bei diesen Tieren eine zerebrale
Schädigung in Form von neuronalem Zelluntergang. Dabei wiesen die
Gehirne in den frühen Entwicklungsstadien eindeutig größere Schäden auf,
als die im reifen ZNS-Stadium, was die erhöhte Anfälligkeit gegenüber
Risikofaktoren gerade bei Frühgeborenen widerspiegelt.
77
Zudem werden systemische inflammatorische Mechanismen als Ursache für
eine Hirnschädigung diskutiert. Ein hohes Risiko stellen Erkrankungen wie ein
mütterliches Amnioninfektionssydrom (Berger et al., 1997) dar. Ebenso sind
kindliche entzündliche Prozesse, z.B. im Rahmen einer nekrotisierenden
Enterokolitis, mit dem Risiko neurologischer Folgekomplikationen assoziiert
(Sonntag et al., 2000, Hintz et al., 2005). In einer klinischen Studie an
Frühgeborenen von Hintz et al. (2005) zeigte sich bei Kindern mit
nekrotisierender Enterokolitis im Vergleich zu gesunden Frühgeborenen ein
erhöhtes Auftreten von Sepsis in der Perinatalperiode. Zudem fiel auf, dass
vor allem sehr kleine Frühgeborene (<1000g) eine nekrotisiernde Enterokolitis
entwickelten, die einer chirurgischen Intervention bedurften. Verglichen mit
medikamentös behandelter nekrotisierende Enterocolitis zeigte sich nach
einem chirurgischen Eingriff eine erhöhte Inzidenz von periventrikulärer
Leukomalazie sowie eine generalisierte Wachstumsretardierung bei den
betroffenen Kindern (Hintz et al., 2005). Ein weiterer Anhaltspunkt für eine
inflammatorische Genese zerebraler Schädigung ist der beschriebene
Zusammenhang
zwischen
pränatal
erhöhter
Konzentration
von
inflammatorischen Zytokinen im kindlichen Blut und dem gesteigerten Risiko
für die Entwicklung einer Zerebralparese (Nelson et al., 1998). Allerdings
konnte diese These in einer weiterführenden Studie derselben Arbeitsgruppe,
in der der Zusammenhang von erhöhten Zytokinspiegeln im kindlichen Blut
und der Entwicklung einer Zerebralparese bei sehr kleinen Frühgeborenen
(<32. Schwangerschaftswoche) untersucht wurde, nicht bestätigt werden
(Nelson et al., 2003).
Als weitere Ursache für zerebrale Schädigungen kommen Schädel-HirnTraumata in Betracht. In einer Studie an Rattengehirnen während der frühen
Entwicklungsphase zeigte sich infolge eines Schädel-Hirn-Traumas sowohl
eine vermehrte exzitotoxische als auch apoptotische Neurodegeneration
(Bittigau et al., 2004). Der apoptotische Zelluntergang trat mit einer Latenzzeit
von bis zu mehreren Tagen auf und korrelierte mit dem Entwicklungsstadium
des Gehirns invers. Je unreifer das Gehirn war, desto infauster war die
neuropathologische Prognose. Dies weist darauf hin, dass das Gehirn in
78
frühen Entwicklungsstufen sehr sensitiv auf exogene Reize reagiert und im
Vergleich zum reifen Gehirn anfälliger für schädigende Mechanismen ist.
Im Gegensatz zu dem schädigenden Einfluss von schwerer Hypoxie auf das
Gehirn
zeigten
Studien
an
Tiermodellen
mit
einer
kurzzeitigen
präkonditionierenden Inkubation unter milder Hypoxie zytoprotektive Effekte
(Bergeron et al., 2000, Zhao et al., 2005). Dafür wurden von der
Arbeitsgruppe Zhao et al. (2005) schwangere Mäuse für 30 Minuten milden
hypoxischen Bedingungen (Sauerstoffgehalt 15%) ausgesetzt. Um zusätzlich
den Effekt einer hypoxischen Präkonditionierung auf eine zerebrale Ischämie
untersuchen zu können, wurde bei einem Teil der neugeborenen Mäuse 48
Stunden post partum die linke Arteria carotis ligiert. Es zeigte sich, dass die
pränatale Präkonditionierung einen positiven Einfluss auf die Mortalitätsrate
hatte. Außerdem wiesen die mit Hypoxie vorbehandelten Tiere ein geringeres
Maß an apoptotischem Zelluntergang im Bereich des Cortex und des
Hippocampus auf.
Keine Auswirkung hatte die pränatale Hypoxie auf die
zerebrale Expression von eNOS und nNOS, wohingegen die Expression von
iNOS aktiviert wurde. Bergeron et al. (2000) untersuchten am Modell der
hypoxischen Präkonditionierung die Expression von HIF-1 im neonatalen
Gehirn der Ratte. Die Tiere wurden postnatal für 3 Stunden unter Hypoxie bei
8% Sauerstoffgehalt inkubiert. Zusätzlich wurde der Einfluss von zwei HIF-1stabilisierenden Substanzen (Kobaltchlorid und Desferrioxamin) auf das
Ausmaß
der
ZNS-Läsionen
im
neonatalen
Gehirn
untersucht.
Die
Konzentration von HIF-1α stieg nach intraperitonealer Injektion dieser
Substanzen
signifikant
Präkonditionierung
mit
1-3
Stunden
nach
HIF-1-Stabilisatoren
Intervention
vor
einem
an.
Die
hypoxisch-
ischämischen Insult zeigte im Vergleich zu Kontrollen ein protektives
Potential.
Vorliegende Studie untersuchte Hypoxie-induzierbare zerebrale vasoaktive
und neurotrophe Regulationsmechanismen des unreifen Gehirns der Maus
infolge akuter systemischer Hypoxie. Dabei konzentriert sich diese Arbeit auf
Expression und Dynamik HIF-1-regulierter und HIF-1-unabhängiger, Hypoxie-
79
induzierbarer Gene in sehr frühen Entwicklungsphasen des Gehirns bei
Mäusen (P0, P7). Das dafür verwendete Tiermodell entspricht nach dem
Modell von Dobbing und Sands (1979) (Abb. 5) im Vergleich zum humanen
ZNS einem Entwicklungsstadium zu Beginn (23./24.SSW) bzw. gegen Ende
des dritten Trimenon (32.-34.SSW). Gegenstand der Studie ist, inwiefern die
Expression dieser Gene im neonatalen Gehirn der Maus durch akute
systemische Hypoxie beeinflusst wird. Insbesondere werden in dieser Arbeit
die Expression von VEGF, iNOS, nNOS, eNOS und Caspase-3 analysiert,
wobei die Genexpression mittels TaqMan-Polymerasekettenreaktion am
Gehirn der Maus zu den Zeitpunkten P0 und P7 gemessen wurde.
Weiterhin war von Interesse, inwieweit die Expression dieser Gene unter
akuter Hypoxie durch eine Behandlung mit Levetiracetam als neuroprotektiver
Ansatz im neonatalen Gehirn der Maus beeinflusst wird.
4.2. HIF und frühe ZNS-Entwicklung
Im
Falle
einer
zerebralen
Hypoxie
werden
nicht
nur
schädigende
Mechanismen, sondern auch endogene Protektionskaskaden aktiviert, die die
Sauerstoffversorgung des ZNS sicherstellen und damit Schädigungen am
Gehirn begrenzen. Dabei spielt das HIF-System eine herausragende Rolle
(Fandrey et al., 2006, Stroka et al., 2001). Als Transkriptionsfaktor induziert
HIF die Expression einer Vielzahl von reaktiven Zielgenen, die durch ihre
Effekte die erforderliche Sauerstoffversorgung gewährleisten und den
toxischen Mechanismen der Hypoxie entgegen wirken (Greijer et al., 2005,
Warnecke et al., 2004).
In zahlreichen Tiermodellen, die sich mit endogenen Protektionskaskaden
infolge zerebraler Hypoxie beschäftigten, wurde mit chronischer Hypoxie
gearbeitet (Curristin et al., 2002, Ogunshola et al., 2000). Die Arbeitsgruppe
Curristin et al. (2002) untersuchte die neuropathologischen Schäden durch
Hypoxie am Gehirn von Mäusen in verschiedenen Entwicklungsstadien. Die
Mäuse wurden postnatal unter 9,5%-iger Hypoxie gehalten und
zu den
Zeitpunkten P3, P4, P6 und P11 untersucht. Dabei zeigten sich Unterschiede
80
in der zellulären und regionalen Empfindlichkeit gegenüber Hypoxie und den
Protektionsfaktoren, abhängig vom altersspezifischen Entwicklungsstadium
des Gehirns. So setzte der HIF-1-Mechanismus im unreifen Stadium im
Vergleich zum reifen Gehirn erst zeitverzögert ein und die gestörte
Synaptogenese sowie Vaskulogenese präsentierte sich ausgeprägter. In dem
Modell von Ogunshola et al. (2000) wurden aus Mäusegehirnen zum
Zeitpunkt E15 neuronale Zellkulturen angelegt, die unter hypoxischen
Bedingungen (Sauerstoffgehalt 10%) für 6 Tage inkubiert wurden. Belegt
durch mehrere Untersuchungstechniken zeigte
sich in dieser Studie ein
signifikanter Anstieg von VEGF in den hypoxischen Neuronen verglichen mit
normoxischen Kontrollen.
Im Gegensatz dazu sind nur begrenzt Daten über Effekte HIF-abhängiger
Mechanismen unter akuter systemischer Hypoxie im unreifen Gehirn
verfügbar (Kaur et al., 2006). Stroka et al. (2001) verwendeten in ihrer Studie
zur HIF-1-Akkumulation unter Hypoxie 4-6 Wochen alte Mäuse, die bei einem
Sauerstoffgehalt von 6% für 1-12 Stunden inkubiert wurden. Es zeigte sich
eine erhöhte HIF-1-Protein-Konzentration in einer Vielzahl von Organen,
wobei im Gehirn die maximale Konzentration von HIF-1 nach 5 Stunden
gemessen wurde. Das neonatale Tiermodell von Kaur et al. (2006)
beschäftigte sich mit den Schäden in der periventrikulären weißen
Hirnsubstanz nach Hypoxie im neonatalen ZNS der Ratte. Dafür wurden P1Ratten für zwei Stunden in einer hypobaren Hypoxiekammer (Luftdruck
350mmHg, pO2 73mmHg) inkubiert und die Gehirne nach 3 und 24 Stunden,
3, 7 und 14 Tagen untersucht. Es zeigte sich eine aktivierte Expression der
mRNA von VEGF, HIF-1, eNos, iNOS und nNOS vor allem im Bereich des
Corpus callosum. Die Proteinkonzentrationen von VEGF und NO lagen in den
7 bzw. 14 Tage alten Ratten wesentlich höher als in den unreiferen Stadien.
Auffällig war zudem, dass die Neurodegeneration elektronenmikroskopisch
hauptsächlich in den Gehirnen mit unreifem Entwicklungsstadium (zwischen 3
Stunden und 7 Tagen) detektiert wurde.
81
Diese Erkenntnisse decken sich mit dem Ergebnis vorliegender Arbeit, nach
dem eine HIF-1-abhängige gesteigerte zerebrale mRNA-Expression von
VEGF nach akuter systemischer Hypoxie zu beiden Zeitpunkten P0 und P7
beobachtet werden konnte.
Die Forscher Dobbing und Sands beschäftigten sich in ihren Studien
ausführlich mit dem Hirnwachstum verschiedener Spezies, wie Ratten,
Schweinen, Affen und Menschen. Im Zeitintervall P7-P14 befindet sich das
Nagergehirn in der Phase des maximalen Wachstums und ist sehr vulnerabel
durch äußere Schädigungen (Dobbing und Sands, 1979). Diese Kenntnis ist
insbesondere zur Testung der Wirkungen neuroprotektiver Substanzen von
großer Bedeutung. Ein Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit ist die
Fragestellung, inwieweit das HIF-1-regulierte Protektionssystem auch im
extrem unreifen ZNS als Adaptationsmechanismus nach akuter systemischer
Hypoxie eine Rolle spielt. Dafür wurden jeweils spontan geborene Mäuse am
ersten Lebenstag (P0) und am siebten Lebenstag (P7) für sechs Stunden in
einer Hypoxiekammer mit 8 % Sauerstoff inkubiert. In dem vorliegenden
Modell wurde die Expression der mRNA von den HIF-1-abhängigen Genen
VEGF und iNOS, sowie von den hypoxieinduzierbaren, HIF-1-unabhängigen
Genen nNOS, eNOS und Caspase-3 nach hypoxischer Inkubation analysiert.
Die ermittelten Daten unterstützen die Hypothese, dass das HIF-1-System als
Reaktionsmechanismus auf akute systemische Hypoxie durch hypoxischen
Stress auch im unreifen Gehirn sehr schnell induziert wird.
Als bekannter Regulationsmechanismus unter Hypoxie bindet das HIF-1
Protein an die entsprechende Promoterregion im VEGF-Gen und steigert
somit die Transkription der VEGF-mRNA (Forsythe et al., 1996). Zusätzlich
bewirkt Hypoxie eine Erhöhung der Stabilisierung von VEGF-mRNA. Sobald
VEGF
an
seine
spezifischen
Rezeptoren
bindet,
dimerisieren
zwei
Rezeptoren und es findet eine Autophosphorylierung statt (Ferrara, 2004,
Zachary, 2003). Daraufhin werden bestimmte Enzyme aktiviert (Gerber et al.,
1998, Ogunshola et al., 2002), die ihrerseits verschiedene intrazelluläre
Proteine aktivieren und somit die Gefäßneubildung stimulieren. Unter Hypoxie
82
bewirkt VEGF, vermittelt über seine spezifischen Rezeptoren, zum einen eine
Differenzierung und Neuformation von Endothelzellen zu Gefäßen (Ferrara,
2004, Neufeld et al., 1999). Zum anderen reguliert es zusätzlich die
mikrovaskuläre Permeabilität, Chemotaxis und anti-apototische Proteine und
vermittelt damit zytoprotektive Funktionen (Gerber et al., 1998, Neufeld et al.,
1999).
Es
gibt
aus
verschiedenen Studien Hinweise
auf
einen möglichen
Zusammenhang zwischen erhöhten VEGF-Konzentrationen unter Hypoxie
und neuroprotektiven Effekten im ZNS (Jin et al., 2000, Ogunshola et al.,
2000). Im peripheren Nervengewebe wirkt VEGF nachweislich direkt
neurotroph.
Es
führte
zur
Ausbildung
von
Axonen
und
Schwannzellproliferation (Sondell et al., 1999). Dies zeigten Sondell et al.
(1999)
in
vitro
an
Zellkulturen.
Dafür
wurde
humanes
VEGF
in
unterschiedlichen Konzentrationen auf periphere Nervenfasern von adulten
Ratten lokal appliziert. Nach 72 Stunden konnte mikroskopisch eine
gesteigerte
Schwannzellproliferation
und
Neovaskularisation
festgestellt
werden. Weiterhin wird VEGF von zerebralen Neuronen in vitro und in vivo
produziert (Jin et al., 2000, Ogunshola et al., 2002). Jin et al. (2000)
untersuchten im Tierversuch die Expression von VEGF im zerebralen Cortex
und Hippocampus nach globaler zerebraler Ischämie. Dafür wurden adulten
Ratten die Arteriae vertebralis koaguliert und anschließend die Arteriae carotis
für 15 Minuten abgeklemmt. Die Analysen des ZNS fanden zu verschiedenen
Reoxygenierungszeitpunkten (4, 24, 72 Stunden) nach globaler Ischämie
statt. Es zeigte sich eine gesteigerte Expression von VEGF mRNA und
Protein im Hippocampus. Immunhistochemisch konnte VEGF Protein nach
Reperfusion in zerebralen Cortex-Zellen, vor allem frontal und parietal, sowie
in hippocampalen Neuronen nachgewiesen werden. In einem Nagermodell
der chronischen Hypoxie von Ogunshola et al. (2000) wurden Ratten unter
10% Sauerstoff inkubiert, und deren Gehirne in verschiedenen Reifestadien
(P3-P33) untersucht. Zum einen konnte immunhistologisch eine gesteigerte
Vaskularisation des ZNS in den reiferen Entwicklungsstadien (ab P24) im
Vergleich zu den normoxischen Kontrolltieren festgestellt werden. Zum
83
anderen
zeigten
sich
nach
chronischer
Hypoxie
erhöhte
Proteinkonzentrationen von VEGF im zerebralen Cortex. Interessanterweise
traf dies weniger für das unreife Gehirn (P8- P13) zu, sondern wurde erst im
reiferen ZNS (P13-P33) demonstriert.
Ausgehend von den Regulationsmechanismen der VEGF-Bildung wurde in
vorliegendem Modell eine hypoxieinduzierbare, HIF-1-regulierte Zunahme der
VEGF mRNA in den Gehirnen der Versuchstiere hypothetisiert. Nach
Inkubation unter Hypoxie konnte ein signifikanter Anstieg der Expression der
mRNA von zerebralem VEGF in den extrem unreifen Entwicklungsstadien P0
und P7 festgestellt werden. Der signifikante Anstieg der mRNA-Konzentration
von VEGF an P0 und P7 lässt auf eine rasche Aktivierung der vasoaktiven
HIF-1-regulierten Mechanismen infolge akuter systemischer Hypoxie bereits in
sehr frühen Entwicklungsstadien schließen. Die höhere mRNA-Expression
von VEGF zum Zeitpunkt P7 im Vergleich zu P0 unter hypoxischen
Bedingungen lässt eine Abhängigkeit der vasoaktiven Reaktion vom
Entwicklungsstadium des Gehirns vermuten. Dieser Rückschluss steht in
Übereinstimmung mit Daten aus tierexperimentellen Modellen anderer
Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Hypoxiebedingungen (Kaur et al., 2006,
Jin et al., 2000, Ogunshola et al., 2000).
Nach
Ergebnissen
anderer
Studien
dominieren
in
Tiermodellen
mit
chronischer Hypoxie die angiogenen und vasoproliferativen Effekte von VEGF
(Ogunshola et al., 2000). In vorliegender Arbeit konnte ein signifikanter
Anstieg der mRNA von zerebralem VEGF in unreifen Gehirnen unter akuter
Hypoxie
nachgewiesen
werden.
Dies
impliziert
eine
HIF-1-regulierte
Modifikation der Gefäßregulation zur Erhaltung der zerebralen Durchblutung
unter akuter systemischer Hypoxie. Zur Erhärtung der Hypothese sind weitere
Studien zur Analyse von VEGF in Bezug auf neuroprotektive Mechanismen
und Gefäßentwicklung unter Hypoxie im unreifen Gehirn im Langzeitverlauf
geplant.
Die Literaturbeobachtungen über die Effekte von Hypoxie auf die Aktivität der
NOS im sich entwickelnden Gehirn sind widersprüchlich (Gonzalez-Barrios et
84
al., 2002, Muramatsu et al., 2000). In einer tierexperimentellen Arbeit mit
transienter unteroplazentarer Ischämie von Gonzalez-Barrios et al. (2002)
wurde die Expression der mRNA der NOS-Isoformen im Gehirn fetaler Ratten
infolge perinataler Hypoxie untersucht. Um bei den Feten eine transiente
Ischämie zu erzeugen, wurden bei schwangeren Ratten mit einem
Gestationsalter von 17 Tagen die Arteriae unterinae für unterschiedliche
Dauer (0, 5, 10, 15, 20 Minuten) abgeklemmt. Es zeigte sich ein
zeitabhängiger Anstieg von NO im zerebralen Cortex der fetalen Ratten mit
einem maximalen Wert 24 Stunden nach der Ischämie über die Dauer von
insgesamt 48 Stunden. 8 Stunden nach Ischämie zeigten sich mittels PCR
erhöhte mRNA-Konzentrationen von nNOS und iNOS. Nach 36 Stunden
normalisierten sich die Werte für nNOS mRNA, wohingegen die mRNAKonzentrationen von eNOS anstiegen und von iNOS erhöht blieben. Diese
Ergebnisse legen nahe, dass der Anstieg der drei NOS-Isoformen nach
transienter Hypoxie im zerebralen Cortex neonataler Ratten biphasisch
verläuft und unterschiedlichen Regulationsmechanismen unterliegt. In einer
Studie von Zhao et al. (2005) zur pränatalen Hypoxie anhand eines
Tiermodells bei Ratten konnte ebenso ein Anstieg der iNOS in den neonatalen
Gehirnen festgestellt werden. Am Ende der Tragzeit wurden schwangere
Ratten unter 15% Sauerstoff für 30 Minuten inkubiert. 48 Stunden nach der
pränatalen hypoxischen Exposition wurde bei einem Teil der Neonaten die
linke Arteria carotis ligiert und bei 6% Sauerstoff für 3,5 Stunden gehalten. Es
zeigte sich ein signifikanter Anstieg der Proteinkonzentration von iNOS im
fetalen
Gehirn
nach
pränataler
Hypoxie,
wohingegen
die
Proteinkonzentrationen von eNOS und nNOS nicht beeinflusst wurden. Im
Gegensatz dazu fand sich in einer Arbeit von van den Tweel et al. (2005)
eine unveränderte Expression von iNOS nach akuter hypoxischer Ischämie in
neonatalen Rattengehirnen. Als Modell für Hypoxie im reifen zerebralen
Entwicklungsstadium wurde bei neugeborenen Ratten zum Zeitpunkt P17 die
rechte Arteria carotis für 60 Minuten ligiert. Anschließend wurden die Tiere bei
8% Sauerstoff für 90 Minuten inkubiert. Die Expression von nNOS, eNOS und
iNOS wurden zu verschiedenen Zeitpunkten (0,5, 1, 3, 6, 12, 48 Stunden)
85
nach akuter Hypoxie gemessen. Es zeigte sich ein Anstieg der nNOS
Expression im gesamten Gehirn ohne Seitendifferenz der Hemisphären. Die
Expression von eNOS in der ischämischen Gehirnhälfte unterschied sich
hingegen zu der Gegenseite. Auf der ligierten Seite zeigte sich 0,5 Stunden
nach Hypoxie zunächst eine verminderte Expression von eNOS, gefolgt von
einem Anstieg nach 6-12 Stunden. Im Gegensatz dazu, wurde in der
kontralateralen Hemispäre eine verminderte eNOS Expression eine und 3
Stunden nach Hypoxie festgestellt. Eine veränderte Expression von iNOS
zeigte sich weder zu den verschieden Zeitpunkten nach akuter Hypoxie noch
im Seitenvergleich der beiden Hemisphären.
Mit vorliegender Arbeit konnte eine signifikante Reduktion der mRNAExpression von iNOS unter Hypoxie sowohl in den Gehirnen an P0 als auch
an P7 bei Mäusen detektiert werden. Dahingegen zeigte sich keine
Veränderung der zerebralen Expression von eNOS und nNOS mRNA nach
akuter systemischer Hypoxie an P0 und P7.
Tierexperimentelle Studien am fetalen Gehirn der Ratte zeigten, dass iNOS
nach einem hypoxischen Ereignis erst mit Verzögerung von mehreren
Stunden vermehrt gebildet wird (Iadecola et al. 1996, Gonzalez-Barrios et al.,
2002), abhängig vom Entwicklungsstadium des Gehirns. Die Arbeitsgruppe
von Iadecola et al. (1996) analysierte die Expression von iNOS nach Hypoxie
anhand eines Tiermodells für transiente fokale zerebrale Ischämie. Dafür
wurde bei adulten Ratten für zwei Stunden die Arteria cerebri media einseitig
occludiert und das Gehirn postischämisch zu unterschiedlichen Zeitpunkten
untersucht. Während 6 Stunden nach transienter Hypoxie in keiner der beiden
Gehirnhälften iNOS mRNA nachgewiesen werden konnte, zeigte sich nach 12
Stunden eine gesteigerte Expression im ischämischen Cortex, die bis zu 48
Stunden
anhielt.
In
der
tierexperimentellen
Arbeit
mit
transienter
unteroplazentarer Ischämie bei fetalen Ratten von Gonzalez-Barrios et al.
(2002) zeigte sich bereits 8 Stunden nach Ischämie eine vermehrte zerebrale
Expression der iNOS mRNA, die auch nach 36 Stunden noch nachweisbar
war.
86
In
vorliegendem
Modell
wurden
die
Mäusegehirne
in
sehr
frühen
Entwicklungsstadien (P0, P7) direkt nach hypoxischer Inkubation ohne
Reoxygenierung untersucht. Dies könnte eine Erklärung für die diskrepanten
Ergebnisse sein. Zudem wird iNOS nicht ausschließlich durch Hypoxie,
sondern auch durch andere Faktoren, wie zum Beispiel proinflammatorische
Zytokine (Moro et al., 2004) reguliert. Eine Interaktion mit diesen Faktoren in
vorliegendem Experiment lässt sich nicht vollständig ausschließen und soll in
weiteren Analysen untersucht werden.
Mehrere tierexperimentelle Arbeiten an neonatalen Ratten und Mäusen
(Ferriero et al., 1996, van den Tweel et al., 2005, Shimizu et al. 2007)
belegen,
dass
nNOS,
eNOS
und
Caspase-3
in
die
Reoxygenierungsmechanismen nach fetaler Hirnschädigung durch Hypoxie
involviert sind. Experimente an fetalen Rattengehirnen zeigten, dass zerebrale
NOS unter Hypoxie hauptsächlich in vulnerablen Hirnregionen vermehrt
exprimiert werden (Gonzalez-Barrios et al., 2002, Muramatsu et al., 2000). In
anderen Arbeiten an Rattenmodellen konnte aufgezeigt werden, dass die
Aktivierung und Expression von Caspase-3 unter hypoxischen Bedingungen
vor allem im unreifen Gehirn 6-48 Stunden nach Hypoxie ansteigt (Blomgren
et al., 2007, Liu et al., 2004). In dem Modell von Liu et al. (2004) wurde bei
neugeborenen Ratten zu unterschiedlichen Zeitpunkten (P7, P15, P26, P60)
die linke Arteria carotis ligiert. Anschließend wurden die Tiere für 60 Minuten
bei 8% Sauerstoff inkubiert. Es zeigte sich sowohl elektronenmikroskopisch
als auch histologisch eine gesteigerte Aktivierung des Caspase-3 Proteins im
Neocortex und Hippocampus postischämisch, wohingegen im reifen Gehirn
(P15, P26, P60) kaum Enzymaktivität nachweisbar war.
In vorliegender Arbeit konnte im unreifen Gehirn weder an P0 noch an P7 eine
signifikante Veränderung der mittleren mRNA-Konzentration der HIF-1unabhängigen, hypoxieinduzierbaren Gene nNOS, eNOS und Caspase-3
nach
hypoxischer
Inkubation
festgestellt
werden.
Diese
Daten
sind
vergleichbar mit einer tierexperimentellen Studie von Zhao et al. (2005), in der
durch zerebrale Hypoxie die Expression HIF-1-unabhängiger NOS in den
87
Gehirnen neonataler Ratten nicht beeinflusst wurden. Mittels Western-BlotAnalyse konnte gezeigt werden, dass die Expression des iNOS Proteins mit
einer Latenzzeit von 3 Stunden anstieg, die Proteinkonzentration von nNOS
und eNOS jedoch keine Veränderung aufwies.
Eine mögliche Erklärung für die gegensätzliche Datenlage über die zerebrale
Expression
Hypoxie
HIF-1-abhängiger
bezüglich
dem
und
HIF-1-unabhängiger
Zeitpunkt
und
der
Faktoren
Ausprägung
nach
könnten
unterschiedliche experimentelle Bedingungen sein. Modelle chronischer
Hypoxie stehen dem Modell der transienten akuten Hypoxie in vorliegender
Studie gegenüber. Zudem ist zu unterscheiden, ob die Expression der Gene
direkt postischämisch oder nach einer Reoxygenierungsphase untersucht
wurden. Desweiteren kann eine unterschiedliche Sauerstoffkonzentration die
Expression beeinflussen.
4.4. Effekte von LEV auf essentielle Entwicklungsfaktoren
Aufgrund mehrerer tierexperimenteller Studien an Ratten werden für LEV
sowohl unter Normoxie als auch unter Hypoxie neuroprotektive Effekte
vermutet. Die Arbeitsgruppe Manthey et al. (2005) untersuchte die
neuroprotektive Wirkung von LEV unter Normoxie an unterschiedlich alten
neugeborenen Rattengehirnen (P0-21). Es wurde LEV in verschiedenen
Dosierungen intraperitoneal verabreicht und die Gehirne 24 Stunden, 48
Stunden und 5 Tage nach Intervention histologisch analysiert. Im Gegensatz
zum Antikonvulsivum Sultiam zeigten sich nach der Gabe von LEV in jedem
zerebralen
Entwicklungsstadium
(P0-P21)
weder
neurodegenerative
Veränderungen noch neurotoxische Effekte. Dieses Ergebnis ist vergleichbar
mit einer Studie von Kim et al. (2007), in der neonatalen Ratten am
postnatalen Tag 8 unterschiedliche Dosen (250-1000 mg/kg) von LEV
entweder alleine oder in Kombination mit anderen Antiepileptika unter
Normoxie intraperitoneal injiziert wurden. 24 Stunden nach Behandlung
wiesen die mit LEV behandelten Gehirne verglichen mit Kontrollen keine
erhöhte Apoptose-Rate im Bereich des Thalamus, Striatums und Cortex auf.
Auch unter Hypoxie konnte an adulten Nagermodellen neuroprotektive
88
Wirkungen von LEV nachgewiesen werden. Dies zeigte eine Arbeit von
Hanon und Klitgaard (2001) am Strokemodell der adulten Ratte mit zerebraler
Ischämie. Dafür wurde adulten Ratten LEV in verschiedenen Dosen (5,544mg/kg) intraperitoneal verabreicht. 30 Minuten nach der Intervention
wurden die Arteriae carotis ligiert und die Gehirne 24 Stunden später zur
Untersuchung entnommen. Die Tiere, denen LEV verabreicht wurde, wiesen
ein deutlich vermindertes zerebrales Infarktvolumen auf. In einer Dosierung
von 44 mg/kg konnte eine Reduktion um 33% erreicht werden. Einen weiteren
neuroprotektiven Ansatz von LEV unter Hypoxie lieferte die Arbeitsgruppe
Gibbs et al. (2006, 2007). Am tierexperimentellen Modell des Status
epilepticus in adulten Ratten zeigte eine Behandlung mit LEV während eines
Status epilepticus schützende Effekte vor mitochondrialer Dysfunktion. Die
Ratten wurden für zwei Stunden in einen Status epilepticus versetzt. Nach 15
Minuten erfolgte eine intraperitoneale Gabe von LEV in einer Dosis von
200mg/kg und 1000mg/kg. 44 Stunden nach Beendigung des Status
epilepticus wurden die adulten Rattengehirne untersucht. Eine Behandlung
mit 200mg/kg LEV zeigte keine wesentlichen Auswirkungen, wohingegen eine
Dosis von 1000mg/kg LEV mitochondriale Dysfunktion verhinderte und
antikonvulsiv war. Dabei bleibt unklar, ob LEV über einen eigenen
Mechanismus neuroprotektiv wirkte oder indirekt über die Reduktion der
Intensität des Status epilepticus die neurodegenerativen Folgen reduzierte.
Eine mögliche neuroprotektive Wirkung von LEV könnte darin bestehen, die
durch oxidativen Stress bedingte Reduktion des zellulären Antioxidans
Glutathion zu inhibieren (Gibbs et al., 2006) und dadurch sekundär vor
mitochondrialer Dysfunktion und den neurotoxischen Konsequenzen zu
schützen.
Es existieren bislang keine Daten über Effekte von LEV im unreifen
hypoxischen Gehirn. Ebensowenig liegen Daten über den Zusammenhang
zwischen LEV und zerebralen vasoaktiven und neurotrophen Systemen unter
Hypoxie vor. In vorliegender Arbeit wurde der Einfluss von LEV auf die
Expression
HIF-1-abhängiger
und
HIF-1-unabhängiger
Gene
unter
hypoxischen und normoxischen Bedingungen untersucht, um einen möglichen
89
neuroprotektiven Effekt von LEV im extrem unreifen Gehirn (P0, P7) von
Mäusen zu detektieren. Unter Normoxie konnte nach Verabreichung von
50mg/kg LEV in P0 und P7 keine signifikante Veränderung der Expression der
HIF-1-regulierten Gene VEGF und iNOS und der HIF-1-unabhängigen,
hypoxieinduzierbaren Gene nNOS, eNOS und Caspase-3 festgestellt werden.
Andere tierexperimentelle Studien berichten über einen neuroprotektiven
Effekt von LEV unter Normoxie (Manthey et al., 2005, Kim et al., 2007). Die
vorliegenden Resultate lassen darauf schließen, dass LEV keinen relevanten
Einfluss auf essentielle vasoaktive und neurotrophe Faktoren unter Normoxie
hat, das heißt, essentielle Regulationssysteme nicht vermindert. Die durch
Hypoxie induzierte Zunahme der Expression der zerebralen VEGF-mRNA
(P0, P7) konnte ebenso in den hypoxischen LEV-behandelten Tieren (P0, P7)
beobachtet werden. Eine deutliche Reduktion der mRNA-Expression von
iNOS wurde bei den unter Hypoxie inkubierten Tieren zum Zeitpunkt P7 nach
Verabreichung von 50mg/kg LEV festgestellt. Die Expression der mRNA der
HIF-1-unabhängigen, Hypoxie-induzierbaren Faktoren nNOS, eNOS und
Caspase-3 unter Hypoxie blieb auch unter dem Einfluss von LEV (P0, P7)
unverändert. Diese Resultate lassen vermuten, dass LEV in der hier
verwendeten Dosis von 50mg/kg die Hypoxie-induzierten HIF-1-abhängigen
und HIF-1-unabhängigen adaptiven Mechanismen im sich entwickelnden
Gehirn nicht wesentlich beeinflusst. In anderen tierexperimentellen Studien
zeigten sich neuroprotektive Effekte von LEV in einer Dosis zwischen 44-100
mg/kg (Hanon und Klitgaard, 2001, Manthey et al., 2005). In vorliegender
Arbeit wurde die LEV Dosis so ausgewählt, dass keine Nebeneffekte wie
Ataxie, Hyperaktivität oder Sedierung zu erwarten waren (Gower et al., 1995,
Löscher et al., 1993, Löscher et al., 1998). Es liegt eine Studie vor, die auf
einen möglichen Dosis-abhängigen protektiven Effekt von LEV auf die
mitochondriale Dysfunktion im Status epilepticus in der adulten Ratte hinweist
(Gibbs et al., 2006). Die verwendete Dosis war mit 1000 mg/kg allerdings sehr
hoch. Erwähnenswert ist, dass der neuroprotektive Effekt von LEV nur bei
Gabe während des akuten Status epilepticus, jedoch nicht später bestätigt
90
werden konnte (Gibbs et al., 2007), so dass die Spezifität dieser Beobachtung
fraglich ist.
Interessanterweise nahm in der vorliegenden Arbeit die Expression von iNOS
mRNA in den unreifen Gehirnen der P0-Tiere unter dem Einfluss von LEV
nach akuter systemischer Hypoxie nicht ab. Durch iNOS produziertes NO
wirkt in niedrigen Konzentrationen neuroprotektiv (Zhao et al., 2005), da es
unter
Hypoxie
durch
Vasodilatation
die
zerebrale
Durchblutung
aufrechterhalten kann. Unter diesem Aspekt weist LEV möglicherweise
neuroprotektive Effekte unter Hypoxie auf, indem es eine Reduktion der
Expression von iNOS mRNA verhindert und somit die Aufrechterhaltung der
vaskulären Funktionen im unreifen Gehirn unterstützen kann. Hohe
Konzentrationen hingegen wirken zytotoxisch (Bolaños et al., 1999, Iadecola,
C., 1997). Diese These wird durch tierexperimentelle Studien mit Inhibitoren
der NOS unterstützt. Neonatale Ratten, denen ein NOS-Inhibitor verabreicht
wurde,
wiesen
nach
zerebraler
Hypoxie
ein
vermindertes
Schädigungsvolumen im Gehirn auf (van den Tweel et al., 2002, Iadecola et
al., 1996). In der Arbeit von Iadecola et al. (1996) wurde bei adulten Ratten
nach einseitiger Ligatur der Arteria cerebri media und Gabe eines Inhibitors
der iNOS 6 Stunden nach Ischämie im Vergleich zu unbehandelten Kontrollen
eine Reduktion des neocorticalen Infarktgebiets um 32% beobachtet. Die
Arbeitsgruppe von van den Tweel et al. (2002) ligierte in ihrer Studie 12 Tage
alten Ratten die rechte Arteria carotis und inkubierte diese Tiere bei 8%
Sauerstoff
für
90
Minuten.
Eine
Gruppe
erhielt
zu
Beginn
der
Reoxygenierungsphase einen Inhibitor von nNOS und iNOS intraperitoneal. 6
Wochen nach der Ischämie konnte histologisch eine verminderte zerebrale
Schädigung durch Ischämie nach Verabreichung der NOS-Inhibitoren
festgestellt werden. Diese Beobachtung ist in Konsens mit Daten von Ferriero
et al. (1996). In dieser Arbeit wiesen neonatale Mäuse mit einer Mutation des
nNOS-Gens eine verminderte Destruktion der Neuronen im Cortex und
Hippocampus nach zerebraler Hypoxie/Ischämie auf.
91
Potentielle Effekte von Hypoxie auf die Blut-Hirn-Schranke (Rees et al., 1998)
oder auf Transportersysteme verschiedener Medikamente (Gu et al., 2004)
sind bezüglich einer veränderte Pharmakokinetik von LEV im hypoxischen
Gehirn zu bendenken. Unter Hypoxie ist die Blut-Hirn-Schranke für bestimmte
Substanzen permeabler (Rees et al., 1998), so dass LEV im Vergleich zu
normoxischen Bedingungen im hypoxischen Gehirn möglicherweise in
höherer Dosierung ins Gehirn gelangen kann. Eine besondere Rolle spielt
dieser
Mechanismus
im
unreifen
Gehirn,
da
in
frühen
zerebralen
Entwicklungsstadien die Blut-Hirn-Schranke noch nicht voll funktionsfähig ist
(Nelson et al., 1991) und manche Substanzen ungefiltert passieren können.
Weitere Studien sind hierzu erforderlich. Um einen signifikanten Effekt von
LEV auf iNOS unter oxidativem Stress in Zusammenhang mit dem
Entwicklungsstadium des Gehirns beurteilen zu können, sind weitere
Analysen der iNOS mRNA-Expression und iNOS Protein-Kinetik unter akuter
Hypoxie geplant.
4.3. Ausblick
Vorliegende Studie zeigt, dass das HIF-System als wichtiger adaptiver
Regulationsmechanismus unter akuter systemischer Hypoxie bereits im
unreifen Gehirn der Maus aktiviert wird. Von besonderem Interesse ist, dass
in
dem vorliegenden Hypoxiemodell eine differentielle Regulation HIF-1-
abhängiger und HIF-1-unabhängiger vasoaktiver und neurotropher Faktoren
in sehr frühen Entwicklungsstadien des fetalen Mausgehirns zu beobachten
war.
Dies
spricht
für
eine
unterschiedliche
Sensitivität
gegenüber
systemischer Hypoxie. Weitere Analysen auf Proteinebene sind zur
Differenzierung dieser Zusammenhänge von der Arbeitsgruppe geplant.
Im untersuchten Modell wurde die Expression von HIF-1-abhängigen und HIF1-unabhängigen Genen durch LEV nicht beeinflusst. Dies lässt vermuten,
dass LEV weder unter Normoxie noch unter Hypoxie einen signifikanten Effekt
auf die untersuchten endogenen Protektionsmechanismen des unreifen
Gehirns aufweist. Diese Beobachtung ist insofern von klinischer Bedeutung,
da LEV somit keine toxische Wirkung auf diese endogene Faktoren zeigt.
92
Dies ist vereinbar mit den günstigen Effekten auf die Apoptoserate im unreifen
Gehirn, wie in der Literatur vorbeschrieben.
Falls sich die Ergebnisse in weiteren Analysen bestätigen lassen, zum
Beispiel auch unter chronischer Behandlung neonataler Mäuse, charakterisiert
vorliegende Arbeit damit ein weiteres Merkmal der Effekte von LEV am
unreifen Gehirn, die auf molekularbiologischer Ebene noch weitgehendst
ungeklärt
sind.
neuroprotektiven
Es
bedarf
Effekt
weiterer
von
LEV
Analysen,
unter
um
einen
Hypoxie
im
Entwicklungsstadium des Gehirns der Maus bewerten zu können.
möglichen
unreifen
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nitric
oxide
synthase-dependent.
107
6. Abkürzungen
• Abb.: Abbildung
• ACTH: adreno-corticotropes Hormon
• ADM: Adrenomedullin
• AMP: Adenosinmonophosphat
• AMPA: α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazol-Propionsäure
• AmpERaseUNG: Uracil-N-Glycosylase
• AP-1: aktivierendes Protein-1
• APAF-1: Apoptose-Proteasen-aktivierender Faktor-1
• Aqua ad i.: Aqua ad iniecatbilia
• Aqua dest.: destilliertes Wasser
• ARNT: Aryl-Hydrocarbon-receptor nuclear translocator (nukleärer Aryl-
Hydrocarbon-Rezeptor-Translokator)
• ATP: Adenosintriphosphat
• BH4: Biopterin
• bHLH: basisches Helix-Loop-Helix-Protein
• bzw.: beziehungsweise
• Ca++: Calcium-Ionen
• Casp-3: Caspase-3
• Caspase: Cystein-Aspartat-spezifische Protease
• CBP: CREB-binding-protein
• cDNA: copy-DNA
• CREB: cyclic-AMP-response element-binding-protein (responsives c-AMP-
Element-bindendes Protein)
• CT: cycle treshold (Schwellenzyklus)
108
• C-terminal: Carboxyl-terminal
• DEPC: Diethylpyrocarbonat
• DISC: death-inducing signal complex (Zelltod-induzierender Proteinkomplex)
• DNA: Desoxyribonukleinsäure
• dNTP-Mix: Desoxy-Nukleotidtriphosphat-Mix
• E: intraunterines Alter in Tagen
• EDTA: Ethylen-Diamin-Tetra-Acetat
• eNOS: endotheliale NO-Synthase
• EPAS-1:
endothelial-
PAS
domaine-
protein-1
(endotheliales
PAS-
Domänen-Protein-1)
• EPO: Erythropoietin
• FAD: Flavin-Adenin-Dinukleotid
• FAM: 6-Carboxy-Fluorescein
• Fas-Ligand: Zelltodrezeptor-Ligand
• FGF: fibroblast growth factor (Fibroblasten-Wachstumsfaktor)
• FIH-1: factor inhibiting HIF-1 (HIF-1-inhibierender Faktor)
• Flk-1: fetal liver kinase receptor-1 (fetaler Leberkinase-Rezeptor-1)
• Flt-1: fms-like tyrosine kinase receptor-1 (fms-ähnlicher Tyrosinkinase-
Rezeptor-1)
• FMN: Flavinmononukleotid
• g: Gramm
• GABA: Gamma-Amino-Buttersäure
• GLUT-1: Glucosetransporter-1
• HIE: Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie
• HIF: hypoxic inducible factor (Hypoxie-induzierbarer Transkriptionsfaktor)
109
• HLF: HIF-like-factor (HIF-ähnlicher Faktor)
• HPLC: Hochleistungschromatographie-Flüssigkeit
• HRE: hypoxia-responsive element (Hypoxie-responsives Element)
• HRL: HIF-related-factor (HIF-abhängiger Faktor)
• HSP 90: Hitzeschockprotein 90
• HuR: humanes Antigen R
• Hz: Hertz
• ID: inhibitorische Domäne
• IF-γ: Interferon-γ
• IGF: Insulin-like growth factor (Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor)
• IL: Interleukin
• iNOS: induzierbare NO-Synthase
• IPAS: inhibitory PAS-domaine protein (inhibierendes PAS-Domänen-Protein)
• IRF-1: Interferon-regulierender Faktor-1
• K+: Kalium-Ionen
• KDR: kinase domaine region receptor (Kinase-Domäne-Rezeptor)
• LEV: Levetiracetam
• LPS: Lipopolysaccharid
• mg: Milligramm
• MgCl2: Magnesium-Chlorid
• ml: Milliliter
• mM: Millimol
• mmHg: Millimeter Quecksilbersäule
• mRNA: messenger-Ribonukleinsäure
• MRT: Magnetresonanztomographie
110
• MW: Mittelwert
• Na+: Natrium-Ionen
• NADPH: reduziertes Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid-Phosphat
• NF-κB: nukleärer Faktor- κB
• nm: Nanometer
• NMDA: N-Methyl-D-Aspartat
• nNOS: neuronale NO-Synthase
• NO: Stickstoffmonoxid
• NOS: NO-Synthase
• N-terminal: Amino-terminal
• ODD:
oxygen
dependent
degradation-domaine
(sauerstoffabhängige
Degradations-Domäne)
• Oligo dt-Primer: Oligo Desoxythymidin-Primer
• O2: Sauerstoff
• P: postnataler Tag
• PAS: Per-ARNT-Sim-Sequenz
• PBGD: Porphobilinogen-Desaminase
• PBN: alpha-phenyl-N-tert-butyl-nitron
• PCR: polymerase chain reaction (Polymerase-Kettenreaktion)
• PDGF: platelet-derived growth factor (Plättchen-Derivat-Wachstumsfaktor)
• PGE2: Prostaglandin E2
• PI3-Kinase: Phosphatidyl-Inositol-3-Kinase
• PIN: Protein inhibitor NOS (NOS inhibierendes Protein)
• PLC-γ: Phospholipase C-γ
• pO2: Sauerstoffpartialdruck
111
• Rn-Wert: normalisierter Reporter-Wert
• SEM: standard error of the mean (Standardfehler des Mittelwerts)
• Sp1: spezifisches Protein-1
• SSW: Schwangerschaftswoche
• SV2A: synaptisches Vesikel Protein 2A
• Tab.: Tabelle
• TAD: Transaktivierungsdomäne
• TAE-Puffer: Tris-Acetat-EDTA-Puffer
• TAMRA: 6-Carboxy-Tetramethylrhodamin
• TGF-β: transforming growth factor-β (transformierender Wachstumsfaktor-β)
• TNF-α: Tumornekrosefaktor-α
• TSH: Thyroidea-stimulierendes Hormon
• U/µl: Units pro µl (Einheiten pro µl)
• U/min: Umdrehungen pro Minute
• UTR: untranslated region (nicht-translatierte Region)
• V: Volt
• VEGF:
vascular
endothelial
Wachstumsfaktor)
• VEGFR-1: VEGF-Rezeptor-1
• VEGFR-2: VEGF-Rezeptor-2
• VHL: von Hippel-Lindau Protein
• α: alpha
• β: beta
• γ: gamma
• °C: Grad Celsius
growth
factor
(vaskulärer
endothelialer
112
• µg: Mikrogramm
• µl: Mikroliter
113
7. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Nekrose und Apoptose als Folge zerebraler Ischämie (Chan, P.,
2001). ...................................................................................................... 15
Abbildung 2: Struktur von HIF-1α (Charlier et al., 2002). ............................... 19
Abbildung 3: HIF-1α als Sauerstoff-Sensor (Fandrey et al., 2006). ............... 20
Abbildung 4: VEGF-Regulationspfad (Zachary, 2003). .................................. 23
Abbildung 5: Vergleich des „Brain growth spurt” innerhalb verschiedener
Spezies (Dobbing and Sands, 1979)....................................................... 37
Abbildung 6: mRNA-Expression von VEGF unter Hypoxie im Vergleich zu
Normoxie an P0 und P7. ......................................................................... 53
Abbildung 7: mRNA-Expression von iNOS unter Hypoxie im Vergleich zu
Normoxie an P0 und P7. ......................................................................... 55
Abbildung 8: mRNA-Expression von nNOS unter Hypoxie im Vergleich zu
Normoxie an P0 und P7. ......................................................................... 57
Abbildung 9: mRNA-Expression von eNOS unter Hypoxie im Vergleich zu
Normoxie an P0 und P7. ......................................................................... 59
Abbildung 10: mRNA-Expression von Caspase-3 unter Hypoxie im Vergleich
zu Normoxie an P0 und P7. .................................................................... 61
Abbildung 11: mRNA-Expression von VEGF an P0 und P7 unter dem Einfluss
von Levetiracetam (50mg/kg; i.p.) im Vergleich unter Normoxie und
Hypoxie. .................................................................................................. 64
Abbildung 12: mRNA-Expression von iNOS an P0 und P7 unter dem Einfluss
von Levetiracetam (50mg/kg; i.p.) im Vergleich unter Normoxie und
Hypoxie. .................................................................................................. 66
Abbildung 13: mRNA-Expression von nNOS an P0 und P7 unter dem Einfluss
von Levetiracetam (50mg/kg; i.p.) im Vergleich unter Normoxie und
Hypoxie. .................................................................................................. 69
Abbildung 14: mRNA-Expression von eNOS an P0 und P7 unter dem Einfluss
von Levetiracetam (50mg/kg; i.p.) im Vergleich unter Normoxie und
Hypoxie. .................................................................................................. 71
114
Abbildung 15: mRNA-Expression von Caspase-3 an P0 und P7 unter dem
Einfluss von Levetiracetam (50mg(kg; i.p.) im Vergleich unter Normoxie
und Hypoxie. ........................................................................................... 73
115
8. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 : Klinisch-neurophysiologischer Score nach Sarnat und Sarnat
(1976) zur Klassifikation der HIE bei perinataler Asphyxie........................ 7
Tabelle 2: Gesamtzahl der Versuchstiere ...................................................... 39
Tabelle 3: Gesamtzahl der Proben für die mRNA-Analysen .......................... 40
Tabelle 4: Substanzen und Geräte für die RNA-Isolation, photometrische
Messung und Gelelektrophorese ............................................................ 42
Tabelle 5: Substanzen und Geräte für die Reverse Transkription ................. 44
Tabelle 6: Forward (for)- und reverse (rev)-Primer und TaqMan-Sonden (taq)
................................................................................................................ 46
Tabelle 7: Substanzen und Geräte für die Durchführung der TaqMan-RT-PCR
................................................................................................................ 49
Tabelle 8: Zerebrale mRNA-Expression von VEGF in Relation zu PBGD unter
Normoxie und Hypoxie an P0 und P7. .................................................... 52
Tabelle 9: Zerebrale mRNA-Expression von iNOS in Relation zu PBGD unter
Normoxie und Hypoxie an P0 und P7. .................................................... 54
Tabelle 10: Zerebrale mRNA-Expression von nNOS in Relation zu PBGD
unter Normoxie und Hypoxie an P0 und P7. ........................................... 56
Tabelle 11: Zerebrale mRNA-Expression von eNOS in Relation zu PBGD
unter Normoxie und Hypoxie an P0 und P7. ........................................... 58
Tabelle 12: Zerebrale mRNA-Expression von Caspase-3 in Relation zu
PBGD unter Normoxie und Hypoxie an P0 und P7. ................................ 60
Tabelle 13: Zerebrale mRNA-Expression von VEGF in Relation zu PBGD an
P0 und P7 unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter
Normoxie und Hypoxie. ........................................................................... 63
Tabelle 14: Zerebrale mRNA-Expression von iNOS in Relation zu PBGD an
P0 und P7 unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter
Normoxie und Hypoxie. ........................................................................... 65
Tabelle 15: Zerebrale mRNA-Expression von nNOS in Relation zu PBGD an
P0 und P7 unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter
Normoxie und Hypoxie. ........................................................................... 68
116
Tabelle 16: Zerebrale mRNA-Expression von eNOS in Relation zu PBGD an
P0 und P7 unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter
Normoxie und Hypoxie. ........................................................................... 70
Tabelle 17: Zerebrale mRNA-Expression von Caspase-3 in Relation zu PBGD
an P0 und P7 unter dem Einfluss von Levetiracetam (50mg/kg, i.p.) unter
Normoxie und Hypoxie. ........................................................................... 72
116
9. Veröffentlichungen
•
Trollmann, R., Schneider, J., Keller, S., Strasser, K., Wenzel, D.,
Rascher, W., Ogunshola, O., Gassmann, M., (2008). HIF-1-regulated
vasoactive systems are differentially involved in acute hypoxic stress
responses of the developing brain of newborn mice and are not
affected by levetiracetam. Brain Res., 1199: 27-36.
•
Trollmann, R., Schneider, J., Wenzel, D., Rascher, W., Ogunshola, O.,
Gassmann, M., (2007). Effects of levetiracetam on hypoxia-inducible
neuroprotective factors in fetal mouse brain. 5th Joint Meeting of the
German, Austrian and Swiss Sections of the International League
against Epilepsy, Basel, 16.-19.5.2007. Epilepsia, 48: 53.
•
Trollmann, R., Schneider, J., Wenzel, D., Rascher, W., Ogunshola, O.,
Gassmann, M., (2007). Hypoxic stress response in developing mouse
brain: effects of levetiracetam (LEV) on HIF-1-dependent vasoactive
factors. 11th Congress of the European Federation of Neurological
Societies (EFNS), Brüssel, 25.-28.8.2007. Eur. J. Neurol., 14: 239.
117
10. Danksagung
Hiermit möchte ich mich besonders bei Frau Prof. Dr. med. R. Trollmann für
die Bereitstellung des Themas, die gute Betreuung und Motivation bedanken,
die mir die Durchführung der Dissertation ermöglicht haben.
Desweiteren möchte ich mich bei Jessica Braun für die freundliche Aufnahme
im Labor, die gute Einarbeitung in die experimentellen
Untersuchungsmethoden und die tatkräftige Unterstützung bedanken.
Besonderer Dank gilt meiner Familie, die mir das Medizinstudium und somit
die Dissertation erst ermöglicht und mich in meiner bisherigen Laufbahn
jederzeit bestärkt und unterstützt hat.
Zugehörige Unterlagen
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