02/08 "Versteckte" und "Verdeckte" Mängel Insbesondere Auftraggeber nutzen diesen Begriff häufig – „versteckter“ oder auch „verdeckter“ Mangel – ganz besonders dann, wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist. Nicht selten finden Ratsuchende auch im Internet dann entsprechende Hinweise, wie man sich auch nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfristen an den Handwerker „wenden“ kann, da ja im Falle des „versteckten“ Mangels längere Verjährungsfristen gelten. Hierzu ist anzumerken, dass der Begriff „versteckter Mangel“ im juristischen Sprachgebrauch gar nicht vorkommt. Es ist nämlich nicht entscheidend, ob ein Mangel „versteckt“ – also nicht sichtbar ist –, auch nicht, ob er gravierend ist. Wichtig ist, ob der Auftragnehmer „arglistig“ gehandelt hat, also bei der Abnahme Mängel bewusst verschwiegen hat – auch ohne Schädigungsabsicht ! Hierzu ein Beispiel: Eine Zimmerei erhielt den Auftrag über die Trockenbauarbeiten an einem Neubau. Die Firma führt auch die Arbeiten der Luftdichtheit aus. Sie bringt eine geeignete Folie unter die Sparren ein und klebt diese mit geeigneten Klebebändern ab. Für den letzten Meter geht dem Gesellen das Klebeband aus. Er hat aber noch etwas Paketklebeband auf dem Wagen und benutzt dieses ausnahmsweise, damit die Arbeit beendet werden kann. Dies teilt der Geselle zum Feierabend seinem Chef mit. Der Chef ist nicht erfreut und hofft, dass der Meter wohl kleben wird. Bei einem Blower-Door-Test wird auch nichts festgestellt. Bei der späteren Abnahme hat der Chef diese "Abweichung" des Klebebandes nicht mehr in Erinnerung, da in seiner Firma die geeigneten Klebebänder verwendet werden. Es ist nicht seine Absicht gewesen, dem Kunden dadurch einen Schaden zuzufügen. Zur Rechtsprechung: Selbst wenn sich das Paketband nicht lösen sollte, wird ein Gericht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen arglistig verschwiegenen Mangel annehmen. Die Verwendung des Paketklebebandes entspricht nicht dem Vertrag und auch nicht den technischen Regeln. Der Auftragnehmer ist deshalb offenbarungspflichtig im Sinne eines arglistigen Verhaltens, weil er davon ausgehen muss, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Verwendung des Paketbandes die Leistung unter keinen Umständen annehmen bzw. die Ausführung rügen würde. Der Chef hat durch die Mitteilung seines Gesellen auch Kenntnis von der Verwendung des mangelhaften Klebebandes und müsste aufgrund seiner Fachkenntnis die Bedeutung dieses Materials für den Bestand und die Dauerhaftigkeit der Luftdichtheit wahrnehmen und hat dies dem Auftraggeber pflichtwidrig nicht mitgeteilt bzw. den Mangel stattdessen nicht beseitigt. Es ist nicht entscheidend, dass sich der Chef bei der späteren Abnahme an die „Abweichung“ des Klebebandes nicht mehr erinnert. Das Wissen seiner Mitarbeiter wird ihm darüber hinaus zugerechnet. Nach Treu und Glauben darf der Auftraggeber erwarten, dass ihm Unzulänglichkeiten der erstellten Arbeit mitgeteilt werden. Arglistig handelt deshalb auch derjenige, der bewusst von den Vorgaben des Auftraggebers abweicht, ohne dies zu erklären oder der unbrauchbares oder risikobehaftetes Material verbaut. Nach der Rechtsprechung handelt auch derjenige arglistig, der vorhandene Mängel beschönigt oder ins Blaue hinein die Mangelfreiheit behauptet. Dies gilt auch für die von ihm eingesetzten Subunternehmer, sofern der Auftragnehmer nicht die organisatorischen Voraussetzungen schafft, die Mangelfreiheit beurteilen zu können. Arglistig verschwiegene Mängel verjähren erst in 3 Jahren nachdem der Auftraggeber Kenntnis von dem Vorliegen des Mangels hat und unabhängig von dieser Kenntnis in 10 Jahren (bis zur Schuldrechtsreform im Jahre 2002 in 30 Jahren).