<Operative Techniken - Alloplastisch unterstützte Techniken Die Technik der sog. transobturatoriellen 4–Punkt- und der 6-Punkt-Fixierung (Abb. 1 und 1) [ATOM = anteriore transobturatorische Mesh (=Netz)-unterstützte OP] Bei der 4-Punkt-Fixierung muss eine tragfähige Zervix uteri vorhanden sein. Die Implantatanbindung kranial erfolgt an die Zervix. Somit gibt es keine Bruchlücke zwischen Uterus und dem Implantat. Die 6-Punkt-Fixierung kommt zum Einsatz, wenn der Uterus und die Zervix als zentraler Ankerpunkt fehlen (nach Entfernung, Deszensus uteri) und damit das Risiko einer anteriorkranialen Enterozelenbildung besteht. Die kranialen Ecken des Implantats werden mit Fadenschlingen aus nicht resorbierbarem, geflochtenen Faden (z.B. Ethibond 1 MO6-Nadel) an beiden Ligamenta sacrotuberalia fixiert, wobei die erreichte Höhe der Fixierung fast dem bei der abdominalen Sakrokolpopexie angestrebten Areal in Höhe von S3 entspricht. Die folgenden Schemata erläutern den Ablauf des Eingriffs in mehreren Schritten: Ist eine 6-Punkt-Fixierung vorgesehen, wird (ggf. nach in gleicher Sitzung vorangegangener oder bereits früherer Hysterektomie) zunächst durch posteriore Kolpotomie auf beiden Seiten ein Zugang zum Ligamentum sacrotuberale geschaffen) (Abb. 1A). Eine scheidengrundnahe quere Kolpotomie empfiehlt sich bei Fällen, bei denen in gleicher Sitzung keine Hinterwandkorrektur durchgeführt werden muss. Im Falle einer gleichzeitigen Korrektur eines Defektes im posterioren Kompartiment sollte mit der hinteren medianen Kolpotomie begonnen werden, von wo aus das Aufsuchen beider Ligamenta sacrotuberalia unproblematisch erfolgen kann. Auf beiden Seiten wird nun durch Ligament sacrotuberale ein Faden gestochen (nicht resorbierbarer, geflochtener Polyesterfaden der Stärke 1 mit einer MO-6 Nadel). Die Nadelarmierung wird entfernt, der Faden auf beiden Seiten stillgelegt (Abb. 1B). Danach wird nach Einbringen eines Selbsthaltespekulums eine vordere mediane Kolpotomie ausgeführt, beginnend etwa in Höhe des Blasenhalses bis knapp hinauf zum Apex. Die Inzisionsränder werden gefasst und anschließend die Zele teils scharf, teils stumpf unter subtiler Hämostase von den beiden Scheidenhautlappen bis zum Erreichen des Arcus tendineus abpräpariert. Erst dann entscheidet sich, ob eine Überdehnung (häufig) oder eine Ruptur (seltener) des Arcus tendineus der endopelvinen Faszie vorliegt (Abb. 1C). Nach äußerlicher Palpation wird die Incisionsstelle über dem Foramen obturatum festgelegt. Über der Mitte des Foramens wird nun das Serasis-TO-Instrument eingehängt und durch Faszie und Muskel in Richtung auf die endopelvine Faszie rotiert. Die Faszie wird penetriert bzw. die Spitze der Helix durch den lateralen Fasziendefekt geführt und zum Erscheinen in der Scheide gebracht. Einfädeln des Netzes in das Öhr an der Spitze des Instrumentes und Durchführen des Bandes (Abb 1 D + E). Auf der gleichen Seite wird nun mit dem Serasis-TO-XL-Instrument die Membrana obturatoria am tiefsten Punkt des Foramen obturatum (dorsal) penetriert. Das Instrument umläuft jetzt den gesamten M. obturatorius internus an seiner beckenwandnahen, der Membrana obturatoria zugewandten Seite, und tritt oberhalb des auf der Spina ischiadica liegenden Fingers mit etwa 1—1,5 cm Distanz von der Spina am kranialen Rand durch den Arcus tendineus bzw. dessen Defekt. Nach erneutem Einfädeln des „Beinchens“ des Implantats wird der Vorgang auf der kontralateralen Seite analog wiederholt (Abb. 1 F+G). B A D C F E H G Abb. 79 Abb. 1: ATOM-OP Mit atraumatischen Pinzetten wird das Implantat nun im Spatium vesicovaginale ausgebreitet und mit 3 Einzelknopfnähten (PDS Stärke 2x0, SH-Nadel) unter dem Blasenhals in der Mittellinie und beidseits lateral fixiert (Abb. 1 H). Im Falle der Durchführung einer 4-Punkt-Fixierung (Abb. 2 A) erfolgt nun die Fixierung der Implantatmitte kranial auf der Zervix. Auch hier werden 3 Einzelknopfnähte verwendet. Nach sparsamer Resektion überschüssiger Scheidenhaut wird anschließend die vordere mediane Kolpotomie über dem Implantat verschlossen. Bei der 6-Punkt-Fixierung wird nun der vorgelegte sacrotuberale Faden in das Serasis-VInstrument eingefädelt. Das Instrument wird an das Ligamentum sacrotuberale herangeführt und von hier bis zum Erreichen der endopelvinen Faszie vorgeschoben. Die endopelvine Faszie wird nun mit dem Instrument penetriert oder der Faden durch den lateralen Defekt hindurch nach oben gereicht (Abb. 2 B + C). Nach Entfernung des Serasis-V-Instruments wird der Faden beidseits lateral von hinten nach vorn durch die hintere Ecke des Implantats geführt und nach Ausführen auf beiden Seiten werden die geflochtenen, nicht resorbierbaren Fäden jetzt zu lockeren Schlingen geknüpft, die die kraniale Implantatkante nach dorsal führen und in ausreichender Distanz vom Rektum fixieren (Abb. 2 C + D). Die anteriore Kolpotomie wird spannungsfrei verschlossen (Abb. 2 E). Erfolgt kein weiterer posteriorer Eingriff, anschließend auch die quere Kolpotomie hinten. Im Falle eines reparaturbedürftigen Defekts im Bereich des hinteren Kompartimentes wird diese Reparatur nun angeschlossen. Je nach Länge der Scheidenhinterwand kann diese posteriore Reparatur in einer bilateralen Vaginaefixatio bestehen, u.U. ergänzt durch ein posteriores Meshinterponat, oder in einer Modifikation der Petros’schen infracoccygealen Sakropexie unter Verwendung eines zweiten SerATOM-Interponats, bei dem die hinteren Bänder des SerATOMs („Beinchen“) unter Verwendung des Serasis-V-Instruments retrolevatoriell um den Levatorkomplex herum nach gluteal ausgestochen werden und der Körper des SerATOMs als interlevatorielles Interponat nach Entfernung der „Ärmchen“ dann beidseits am Levatorkomplex in Höhe des Levatordaches (Übergang Levatormuskulatur/ Scheidenfaszie) fixiert wird (vgl. Abb. 76). Alternativ können die Ärmchen auch unter Verwendung des Serasis-V-Instruments durch die gleiche Inzision zwischen Levatorrand und M. bulbocavernosus nach außen geleitet werden. Dann muss nur noch die Anbindung an den Perinealkeil erfolgen. Das Interponat wird in den Prozess der Neuformierung des Perinealkeils einbezogen und ist so in der Lage, posteriore Enterozele und Rektozele in einem OP-Schritt zu beheben. Bei der Anwendung von ATOM ist: keine zusätzliche abdominale Intervention erforderlich der Scheidenapex, falls stabilisierungsbedürftig, unproblematisch durch Einbringen zweier weiterer sacrotuberaler Fäden stabilisierbar und mit Hilfe der gezeigten operativen Verfahren unter Verwendung des Implantates SerATOM der anteriore Descensus bei Traktionscele, der posteriore Descensus bei Rekto-/Enterocele und bis zur kranialen Levatorkante reichender Scheidentiefe sanierbar, wenn das vordere Implantat an eine noch stabile Zervix angeschlossen werden kann. A Abb. 2: ATOM-OP II B C D E Alternativ muss die Interponathinterkante vorn sacrotuberal gesichert werden. Bei einer die kraniale Levatorkante überragenden Scheidenlänge muss der Scheidenapex ebenfalls durch bilaterale sacrotuberale Fixierung in einer stabilen Position gehalten werden. Bei dieser Operationstechnik kommt es bei sorgfältiger schichtgerechter und atraumatischer Präparation und Bandeinlage zu keinen Blasen-, Ureter- oder Darmproblemen. Bei minimaler Dissektion kommt es postoperativ kaum zu erwähnenswerten Miktionsstörungen. Die Patienten haben einen sehr niedrigen Analgetikaverbrauch, der durch die vaginale Tamponade oder die sacrotuberale Verankerung verursacht wird und nach Entfernung der Tamponade bereits in den meisten Fällen sistiert. nach Armin Fischer (Chapter Editor) – Female Urology in: Hohenfellner, R., Fitzpatrick, J., McAninch, J.: Advanced Urologic Surgery, 3. Auflage, Blackwell Publishing, UK, USA, AUS, 2005