Einführung in die Chemie des Bodenwassers – Vorlesung und Übung LV 911.022 Robert Jandl Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) Seckendorff Gudent Weg 8, A – 1131 Wien 1 9. März 2007 1 Tel 87838 - 1302, Handy: 0664 826 99 07, Email-Adressen: [email protected] und [email protected] Inhaltsverzeichnis 1 Problemstellung 1.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Information am Web . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 6 2 Pools und Bilanzen 2.1 Pools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Bilanzen: Protonen, Ladung, Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 8 8 3 Thermodynamik – Gleichgewichtschemie 3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Einheiten . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Speziierung . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Hauptsätze . . . . . . . . . . . . . 3.2 Formen des Massenwirkungsgesetzes . . . 3.3 Reaktionskinetik . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Kombination von chemischen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 11 11 12 12 17 18 20 4 Tableau - Methode 4.1 Erstellung eines Tableaus . . . . . . . . . . . . . 4.2 Numerische Lösung von Gleichgewichtsaufgaben 4.2.1 Bausteine des Tableaus . . . . . . . . . . 4.2.2 Massengleichgewichtsgleichungen . . . . . 4.2.3 Massenbilanzgleichungen . . . . . . . . . . 4.3 Gleichgewichtschemie . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Korrekturen für ”Nicht – ideale Lösungen” . . . 4.5 Inhalt eines Tableau - Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 21 28 28 29 30 31 35 38 5 Graphische Lösung 5.1 Erstellung von Bjerrum - Plots . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 c-pH Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Regeln zur Lösung von Gleichgewichtsaufgaben . . . . . . . . . 5.4 Formeln für die Lösung von Gleichgewichtszusammensetzungen . . . . 39 39 41 45 45 6 Säuren und Basen 6.1 Schwache Säuren . . . . . . . . . . . . . 6.2 Starke Säuren . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Kohlensäure im geschlossenen System, Gasphase, Äquivalenzpunkt . . . . . . . 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . keine Festphase, . . . . . . . . . . . . . . . . . . keine . . . . 47 47 49 49 INHALTSVERZEICHNIS 2 7 Alkalinität 7.1 Definition der Alkalinität . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Alkalinität - rechnerisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Alkalinität des Bodenwassers . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Alkalinität des Bodenwassers - Saure Bedingungen: . . . 7.5 Alkalinität – Photosynthese und Respiration . . . . . . . 7.6 Analytische Bestimmung der Alkalinität – Grantitration 7.7 Fraktionierungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 53 55 63 63 65 65 70 8 Gleichgewicht mit der Gasphase 8.1 Kohlendioxid – CO2 . . . . . . 8.2 Ammoniak in der Luft – N H3 . 8.3 Mehrere Gase . . . . . . . . . . 8.4 Mischung von 2 Wässern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 71 73 75 77 9 Pufferung im Bodenwasser und im Boden 9.1 Pufferung im aquatischen System . . . . . . 9.2 Pufferbereiche im Boden . . . . . . . . . . . 9.3 Pufferbereiche der Boden–Festphase . . . . 9.3.1 Säurewirkung der Kohlensäure . . . 9.3.2 Al Puffer . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.3 Kationenaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 81 82 84 84 85 85 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Lösung der Festphase 10.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Quarzverwitterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Stabilitätsdiagramme – Lösung von Magnesiumsilikat . . . . . . 10.4 Verwitterungsprodukte – Anorthit . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Oxidverwitterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6 Karbonatlösung – offenes System . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.7 Maximale Löslichkeit von Karbonaten . . . . . . . . . . . . . . . 10.8 Koexistenz von Feststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.9 Gewässerreinigung durch Ausfällung - Fallstudie . . . . . . . . . 10.10Nachbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11Säurekonsumation durch chemische Gesteinsverwitterung . . . . 10.11.1 Bildung eines Tonminerals aus Primärmineralen . . . . . 10.11.2 Verwitterung von Primär- zu Sekundärmineralen; ”inkongruente Verwitterung” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11.3 Kongruente Verwitterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11.4 Tonzerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11.5 Erläuterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 89 91 92 93 94 99 106 107 109 112 113 113 11 Komplexbildung 11.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Einteilung der Komplexe . . . . . . . . . . . . . 11.3 Ionenpaare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Anorganische Komplexe von Spurenmetallen . 11.4.1 log c –pH Diagramm für gelöste Metalle 11.5 Metall - organische Komplexe . . . . . . . . . . 11.5.1 Pre-Dominanz Diagramm . . . . . . . . 117 117 117 121 122 126 126 128 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 114 114 114 INHALTSVERZEICHNIS 3 12 Modellierung des Kationenaustausches 12.1 Bodenfestphase als hoch-konzentrierter Bestandteil denlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Konventionen zur Darstellung des Ionentausches . . . 12.3 Kationenaustausch im Speziierungsprogramm . . . . . der . . . . . . . . . 130 Bo. . . 130 . . . 131 . . . 135 13 Übungsbeispiele 13.1 Übungen zu Kapitel 2.2 . . . . . . . . 13.2 Übungen zu Kapitel 3.4 . . . . . . . . 13.3 Übungen zu Kapitel 4.2 . . . . . . . . 13.4 Zusammenhang Wasser/Bodenchemie? 13.5 Übungen zum Kapitel 6 . . . . . . . . 13.6 Übungen zu Kapitel 10 . . . . . . . . . 13.7 Übungen zu Kapitel 11 . . . . . . . . . 13.8 Übungen zu Kapitel 12 . . . . . . . . 13.9 Junkyard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 137 139 139 141 141 143 144 144 144 . . . . . . . . . . . . . . . . DOC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 146 146 146 146 146 147 147 150 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Fallstudien - Exkurse 14.1 Achenkirch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Magnesiumdüngung . . . . . . . . . . . . . . . 14.3 Schottenwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4 Gelöster organischer Kohlenstoff – DOC . . . . 14.4.1 Herkunft, Bedeutung und Definition des 14.4.2 Mengen - Konzentrationen - Flüsse . . . 14.5 Kalziumernährung von Bäumen – Limits . . . . 14.6 Kritische Literaturanalyse . . . . . . . . . . . . References . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Kapitel 1 Problemstellung file: 1.1 vo.p1table.tex Überblick Die Bodenkunde hat seit etwa 1970 viele wissenschaftliche Anleihen bei der aquatischen Chemie genommen, um detaillierte und mechanistische Sichtweisen von chemischen Bodenprozessen zu gewinnen. Das Bodenwasser ist der Reaktionsraum für die chemischen Prozesse. Die meisten Reaktionen können in die folgenden Kategorien eingeordnet werden: ’Säure/Base-Reakionen’, ’Komplexierung’, ’Lösung/Ausfällung’, ’Redox-Reaktionen’ und ’Adsorption/Desorption’. Diese Prozesse hinterlassen Signaturen in der Zusammensetzung des Wassers, welche auf die Intensität verschiedener geochemischer und biologischer Prozesse schliessen lassen. Die chemische Analyse von Wasserproben liefert zumeist Gesamtgehalte an Elementen oder Stoffgruppen. Seltener ist bekannt, als welche chemische Spezies ein Element vorhanden ist. Dabei haben verschiedene Spezies eines Elements oft deutlich unterschiedliche Eigenschaften. Beispiel: Aluminium kommt in Bodenwässern in verschiedenen Formen vor. Nur die ’monomere’ Form Al3+ ist phytotoxisch. – Freies Blei P b2+ ist giftig, doch ein erheblicher Teil des Bleis wird im Bodenwasser von organischen Liganden komplexiert. Die analytische Feststellung der Konzentrationen aller relevanten Spezies ist extrem aufwendig bzw. labortechnisch nicht möglich. Die thermodynamischen Informationen über verschiedene Elemente und ihre Verbindugen sind jedoch ausreichend, um aus den Gesamtkonzentrationen der Elemente die Konzentrationen der einzelnen Spezies unter vorgegebenen Randbedingungen zu ermitteln. Dazu werden in der Regel ’Speziierungsprogramme’ verwendet. Einen Überblick über einen Teil der Bodenwasserforschung in Österreich gibt die Arbeit von Jandl et al. (1997). Grundlegende Information über Bodenwasserstudien ist in mehreren Reviewarbeiten und Lehrbüchern erläutert (Lawrence & David, 1996; Sposito, 1995; Wolt, 1994; Benjamin, 2002). Anwendungsbereiche der Bodenwasserchemie: 4 KAPITEL 1. PROBLEMSTELLUNG 5 oberirdischer Effekt 6 Rezeptorarten Wege?? ? Boden, Wasser Abbildung 1.1: Zur Diskussion von Grenzwerten etc. siehe (Tarazona et al., 2002). • Feststellung der Konzentration von toxischen Elementspezies; Interpretation der Ergebnisse aufgrund einschlägigen Wissens • Monitoring von Systemzuständen anhand des zeitlichen Verlaufes der Konzentrationen von Ionen; vgl. (DVWK, 1997) • Risikoabschätzung bei Massnahmen; etwa Klärschlamm • Beschreibung des aktuellen Systemzustands und Abschätzung der Folgen wohldefinierter Systemveränderungen • Stoffflussbilanzen (in Verbindung mit Bodenphysik) Die Bodenwasserchemie bietet noch kein risk assessment, jedoch wesentliche Hilfen zur Beurteilung eines Risikos. Risk Assessments müssen immer auf einen Rezeptororganismus bezogen sein. Die Angabe eines Grenzwertes (z.B. 0.0001 mg Metall/L als Grenze zur Toxizität) kann keinesfalls universell (für alle Organismen) gültig sein. Hinweis zur Debatte über Grenzwerte: Die folgende Darstellung (Abbildung 1.1) ist zu vereinfachend, da für jeden Organismus der Response auf den externen Effekt abgeklärt werden muss. Ein Grenzwert für Boden / Wasser allein ist unzureichend (Tarazona et al., 2002). For every complex problem there is a simple solution. And it’s always wrong! – Benjamin Franklin Aktuelle Forschungsschwerpunkte der Bodenwasserchemie: • Reduktions-Oxidations (Redox-) Prozesse • Oberflächenreaktionen • Organische Liganden • Kopplung von chemischen Modellen (diese Vorlesung) mit bodenphysikalischen Modellen KAPITEL 1. PROBLEMSTELLUNG 1.2 6 Information am Web Am www sind viele Informationen über Bodenwasser, Wasserchemie und verwandte Themen verfügbar. Wichtige Home-Pages: • Bodenkunde - Kurse mit Wasserschwerpunkt – http://pubpages.unh.edu/~harter/soilchem.html – http://syllabus.syr.edu/esf/rdbriggs/for345 Beschreibung der Vorlesung von Dr. Briggs; Links zu Bodenseiten!! – http://soils1.cses.vt.edu/mje/ Environmental Soil Chem; Virginia Tech – http://soils.stanford.edu/ Stanford Classes – http://syllabus.syr.edu/CIE/CEJOHNS/CIE471/ Chris Johnson Syracuse – http://www.public.iastate.edu/~jdwolt/ Linksammlung; Zugang zu vielen anderen Bodenwasser-Ressourcen – http://soilslab.cfr.washington.edu/S-7 Linksammlung der amerikanischen Bodenkundlichen Gesellschaft • Geologie, Mikrobiologie – http://commtechlab.msu.edu/sites/dlc-me/ center for microbial ecology Digital learning • Modelle – http://www.epa.gov/ceampubl Modelle, die mit US-Steuergeldern entwickelt wurden, und daher bei der Environmental Protection Agency frei verfügbar sind; Center for exposure assessment modeling; spezifische Information zum Thema Wasser http://www.epa. gov/ebtpages/water.html – http://www.epa.gov/ceampubl/mmedia/minteq/ Minteqa2: Speziierungsprogramm Minteq als Shareware mit ausführlichem Manual und ausgearbeiteten Übungsbeispielen – http://www.mineql.com Netzinfo von Bill Schecher über MINEQL; Web-Page mit guter Beschreibung von MINEQL; DOS Version von Mineql als freeware – http://www.geo.vu.nl/users/posv/phreeqc/index.html Phreeqc für Windows; Geochemisches Modell, in dem Wasserchemie und Transportprozesse vereinigt sind; flache Lernkurve; perfektes tool; perfektes Manual (Parkhurst & Appelo, 1999). Von USGS wird eine Version mit GUI vertrieben – http://www2.chemeng.lth.se Programm Profile als Shareware, siehe Kapitel 10; kann die chemische Verwitterung von Waldböden simulieren. Dieses Programm wird in Deutschland zur Abschätzung von Critical Loads/Critical Levels der Schadstoffeinträge verwendet. Es gibt eine Version, in der die Anwendung in Microsoft Access übertragen wurde: Google ”CL-Profile”; CL steht für Critical Loads. ich bitte um Updates KAPITEL 1. PROBLEMSTELLUNG 7 – http://www.agronomy.org/ bzw http://www.soils.org Homepage der Amerikanischen Bodenkundlichen Gesellschaft – zahlreiche goodies für bodenkundliche Fragestellungen, Bodensystematik, Bildmaterial. – http://www.usgs.gov/ Programme, Daten über Geologie, Böden; Unterverzeichnis Technical Resources - Software – http://www.ars.usda.gov/pwa/riverside/gebjsl (Bodenphysikalische Modelle des U.S. Salinity Labs in Riverside, CA; z.B. Unsatchem, (Suarez & S̆imunek, 1997)) – http://www.pc-progress.cz/Pg_Hydrus_Downloads.htm Verschiedene Generationen von Hydrus (bodenphysikalisches Modell) (Šimůnek et al., 1998) – http://www.palmers.at more models Die Stadt Wien erzeugt ihr Trinkwasser in bewaldeten Einzugsgebieten in den Kalkalpen → http://www.wien.gv.at/wald/quelle/index.htm. Kapitel 2 Pools und Bilanzen 2.1 Pools Die wichtigsten Nährstoffpools für die aquatische Chemie siehe (Morel & Hering, 1993, Kapitel 1). Der Hauptanteil der meisten Elemente ist in der Lithosphäre. Ausnahme: Stickstoff befindet sich überwiegend in der Atmosphäre. pool . Verweilzeit, ”residence time” τ = fluss Zwischen den Pools laufen Austauschprozesse ab. Dabei wird ein Pseudoequilibrium angenommen • sehr langsame Reaktionen: ignoriert • langsame Reaktionen: mit Reaktionskinetik beschrieben • schnelle Reaktionen: mit chemischen Gleichgewichtsreaktionen beschrieben (Kapitel 3) 2.2 Bilanzen: Protonen, Ladung, Masse Bei der Berechnung des chemischen Gleichgewichtszustandes von chemischen Systemen werden Bilanzgrössen als Randbedingungen verwendet. Nach dem Ablauf der unterstellten Reaktionen darf Materie weder entstanden noch vernichtet sein. Protonenbilanz: Protonen nehmen bei der Interpretation von chemischen Wasserdaten eine Schlüsselrolle ein. Reines Wasser: Für jedes dissoziierte H2 O-Molekül entsteht ein H + und ein OH − , daher gilt [H + ] = [OH − ] (2.1) Verdünnte Säure HA: H + entstehen aus der Dissoziation von Wasser (Gleichung 2.1 und aus der Dissoziation von HA als HA = H + + A− . Die Summe der Konzentration an OH − und A− , der Dissoziationsprodukte, ist daher das Mass für die H + -Konzentration 8 KAPITEL 2. POOLS UND BILANZEN 9 [H + ] = [OH − ] + [A− ] (2.2) Salzlösung NaA: Alle H + kommen aus der Dissoziation von Wasser (Gleichung 2.1). Als zusätzliche Reaktion kommt A− + H2 O = HA + OH − (”Hydrolyse von A− ”) hinzu. Aus dieser Reaktion kommen gleich viele HA wie A− . Die Gesamtkonzentration an OH − ist daher OH − = [HA] + [H + ] (2.3) Zweiprotonige Säure H2 B: [H + ] = [OH − ] + [HB − ] + 2[B 2− ] + (2.4) − − In N aHB: Es finden die Reaktionen N aHB = N a + HB , HB = B 2− + H und HB − + H2 O = H2 B + OH − statt; ausserdem dissoziiert Wasser. Die Gesamtgleichung lautet + [H + ] + [H2 B] = [OH − ] + [B 2− ] (2.5) Ladungsbilanz: Bei allen chemischen Aufgaben muss eine Ladungsbalanz bestehen, da ein chemisches System nicht elektrisch geladen ist und im Zuge der Reaktionen elektrische Ladungen weder gebildet noch verbraucht werden können. Kationen = Anionen (2.6) Massenbilanz: Wenn eine Lösung einer bestimmten Konzentration hergestellt wird, gehen die Ingredienzien (”Rezept”) verschiedene Reaktionen ein. Sie dissozieren, sie bilden Komplexe . . . . In Summe müssen die Bestandteile jedoch erhalten bleiben. Im Zuge der chemischen Berechnungen werden die Gleichungen der Tabelle 2.1 verwendet. Die Gleichugen sind nicht unabhängig und können teilweise durch Linearkombinationen ineinander überführt werden. KAPITEL 2. POOLS UND BILANZEN 10 Tabelle 2.1: Protonenbilanz, Ladungsbilanz, Massenbilanz; aus Lehrbuch von Pankow (Pankow, 1991). Lösung Wasser Säure HA Salz N aA Säure H2 B Säure N aHB Salz N a2 B Protonenbilanz [H + ] = [OH − ] Ladungsbilanz [H + ] = [OH − ] Massenbilanz [H + ] = [OH − ] [H + ] = [A− ]+[OH − ] [H + ] = [A− ]+[OH − ] AT = [HA] + [A− ] [H + ] + [HA] [OH − ] [N a+ ] + [H + ] [OH − ] + [A− ] AT = [HA] + [A− ] = = [N a+ ] = AT [H + ] = [OH − ] + [HB − ] + 2[B 2− ] [H + ] = [OH − ] + [HB − ] + 2[B 2− ] BT = [H2 B] + [HB − ] + [B 2− ] [H + ] + [H2 B] [OH − ] + [B 2− ] [N a+ ] + [H + ] = [OH − ] + [HB − ] + 2[B 2− ] BT = [H2 B] + [HB − ] + [B 2− ] [N a+ ] + [H + ] = [OH − ] + [HB − ] + 2[B 2− ] BT = [H2 B] + [HB − ] + [B 2− ] = [H + ] + [HA− ] + 2[H2 A] = [OH − ] [N a+ ] = BT [N a+ ] = 2BT Kapitel 3 Thermodynamik – Gleichgewichtschemie 3.1 Grundlagen 3.1.1 Einheiten 1 mol = 6.023 × 1023 Teilchen – Avogadro Konstante Formelgewicht ist das Gewicht eines Mols 1 mol Na: 22.99 g 1 mol Cl: 35.45 g 1 mol NaCl: 58.44 g 1. Konzentration [Masse/Volumen], [mg/L], [g/L] 2. Molarität (mol/L = M): Anzahl Mol pro Liter 3. Normalität (Äquivalente/L): Anzahl Ladungsträger in der Lösung, [molc /L]; früher auch [eq/L] 1 mol Ca2+ = 2 molc Ca2+ 4. Molanteil: (dimensionslos) ni Xi = j nj Beispiel: 30 g Wasser + 0.1 mol NaCl (komplett aufgelöst) • 1 mol H2 O = 18 g • 30 g H2 O = 1.667 mol • 0.1 m NaCl dissoziiert in 0.1 mol Na+ , 0.1 mol Cl− • 1.667 = 0.893 XH2 O = 1.667 + 0.1 + 0.1 0.1 XN a+ = XCl− = = 0.054 1.667 + 0.1 + 0.1 11 KAPITEL 3. THERMODYNAMIK – GLEICHGEWICHTSCHEMIE 12 • Die Lösung besteht zu 89.2% aus H2 O und zu je 5.4% aus Na+ und Cl− . 3.1.2 Speziierung Die chemische Speziierung ist das Set von Konzentrationen der chemischen Inhaltsstoffe eines Systems. Die Speziierung kann thermodynamisch bestimmt werden: im Zustand des chemischen Gleichgewichts definiert die thermodynamische Energie der Inhaltsstoffe die Speziierung. 3.1.3 Hauptsätze Thermodynamik umfasst alle physikalischen und chemischen Vorgänge, bei denen Wärmeentwicklung eine Rolle spielt. Die Thermodynamik gibt Auskunft über den Zustand eines Systems, der eintritt, wenn wir Geduld beweisen und auf die Einstellung des chemischen Gleichgewichts warten können. Sie enthält keine Infomation über die kinetische Rate, mit welcher der Gleichgewichtszustand angestrebt wird. Leider (Bewertung seitens des chemischen Aufwandes) sind Böden nie im Gleichgewichtszustand, da sie als offene Systeme Senken oder Quellen von Energie darstellen1 . Im Wasser laufen viele Reaktionen so schnell ab, dass der jeweils festgestellte Zustand als das chemische Gleichgewicht betrachtet werden kann. ”Geschlossene Systeme”: chemisches Gleichgewicht, ”offene Systeme”: steady state. Hauptsätze der Thermodynamik: 1. Die Summe aus thermischer und mechanischer Energie ist einem geschlossenen System konstant. 2. Im Zuge von in der Natur vorkommenden Prozesse nimmt die Summe der Entropien aller beteiligten Körper zu. 3. Es ist unmöglich, eine Substanz gänzlich ihrer Entropie zu berauben (d.h. der absolute Nullpunkt ist unerreichbar. 4. inofficial ”Conservation Law in moral philosophy”: The sum of pain and pleasure in this world is always exactly zero (Benjamin Franklin). Es wäre zu wünschen, dass alle Zwischenprodukte von chemischen Reaktionen erfasst werden. Der aktuelle Forschungsstand über die Reaktionskinetik von Prozessen im Boden ist aber von diesem Ziel weit entfernt. Daher werden im Zuge der Gleichgewichtschemie die Endprodukte von chemischen Reaktionen behandelt. ni × μi (3.1) G=H −T ×C (3.2) G= 1 Nico van Breemen (1993) hat in einer Arbeit den Boden als lebendes System mit Selbstregulation hingewiesen – Gaia-Hypothese; vgl. auch Tilman (1998). KAPITEL 3. THERMODYNAMIK – GLEICHGEWICHTSCHEMIE 13 Reaktionen verlaufen in Richtung einer Verringerung von G. G setzt sich zusammen aus der chemischen Energie einer Spezies, der chemischen Energie zufolge der Konzentration dieser Spezies, der chemischen Energie zufolge der Interaktionen von Spezies. Das ”chemische Potential μ” ist der freien Energie G ähnlich und ist definiert als ∂G μi = . (3.3) ∂n T,p Es bedeuten in Gleichungen 3.1, 3.2 und 3.3: G . . . Gibbs free energy, freie Energie des Systems [kJ mol−1 ] H . . . Enthalpie [kJ mol−1 ] T . . . Temperatur [K] μ . . . chemisches Potential; molare freie Energie S . . . Entropie [J mol−1 K−1 ] n . . . Anzahl der Mole Beispiel: Ein System enthält B(OH)3 , NaOH, H2 O H2 O → H + + OH − + H [OH − ] = K B(OH)3 + H2 O + [B(OH)− 4 ][H ] [B(OH)3 ][H2 O] + → B(OH)− 4 +H = 10−9.24 Bemerkung: Die Konstante 10−9.24 enthält bereits H2 O2 . Die freie Energie G ist die Summe der freien Energie der Spezies (Gleichung 3.4): G = nH2 O μH2 O + nH + μH + + nOH − μOH − + nN a+ μN a+ + nCl− μCl− + nB(OH)3 μB(OH)3 + nB(OH)− μB(OH)− 4 4 Daraus ergibt sich wieder Gleichung eq:gibbs1: G= ni × μi Beispiel: (Morel & Hering, 1993, thermochpt) H2 O dG dξ dG → H + + OH − = μi ∂ ni ∂ μi + ni dξ ∂ξ ∂ξ 0 Gibbs-Duhem , see (Morel & Hering, 1993, S. 51) 2 Siehe ausführliche Diskussion in Anorganische Chemie, Riedl (2004). (3.4) erkläre ξ KAPITEL 3. THERMODYNAMIK – GLEICHGEWICHTSCHEMIE ∂nH2 O = −1 ∂ξ ∂G ∂ξ ∂G ∂ξ = = ΔG = μi ∂nH + = +1 ∂ξ ∂nOH − = +1 ∂ξ 14 (3.5) ∂ ∂ni = μi × ni ∂ξ ∂ξ 0 XH XOH μH2 O × (−1) + μ0H + × (1) + μ0OH − × (1) + RT ln XH2 O ΔG0 + RT ln Q Das chemische Gleichgewicht ist beim minimalen Energielevel, d.i. ΔG = 0. ΔG0 Q oder Q Keq ΔG0 = −RT ln Q = Keq ΔG0 ) RT ΔG0 ) = exp(− RT = −RT ln Keq = exp(− Das chemische Potential aus Gleichung 3.3 ist von der Konzentration, vom Druck und von der Temperatur abhängig und leitet sich von einem ”Standardpotential μoi ”3 ab: μi = μoi + RT ln ai (3.6) wobei ai = ni /nT . RT ln ai ist die Konzentration der Spezies. μN a+ = XN a+ = μ0N a+ + RT ln XN a+ nN a+ nT Konventionen für μi sind: • Festkörper: ai aus Gleichung 3.6 gleich 1, daher μi = μoi , Merksatz: ”Es ist nur der Festkörper im Festkörper” • Lösungen: anstelle des Molbruches ai den Quotienten der Konzentrationen verwenden; dies entspricht der üblichen Darstellung in der Literatur; Voraussetzung ist Vorliegen einer verdünnten Lösung • Für Wasser gilt in wässrigen Lösungen (sic!) μWasser μoWasser • Für Gase ist der Molbruch ni /nT gleich dem Quotienten der Partialdrucke pi /p, falls System unter Standarddruck μi = μoi + RT ln pi . 3 . . . bei Standardbedingungen T = 25o C (i.e. 298.15 K) und p = 1 atm (i.e. 105 Pa); In angelsächsischer Literatur oft ”STP” für standard temperature & pressure. KAPITEL 3. THERMODYNAMIK – GLEICHGEWICHTSCHEMIE 15 Bei jeder chemischen Reaktion wird Energie umgesetzt. Die Gleichgewichtskonstante für die Reaktion aA + bB = cC + dD lautet Keq = acC × adD aaA × abB (3.7) K . . . temperatur- und druckabhängige Gleichgewichtskonstante Allgemein ausgedrückt K ≡ xj [xj ]νj , wobei ν für Produkte der Reaktion positiv und für Edukte negativ ist. - Bei positivem ν wird Arbeit im System gespeichert, bei negativem ν wird Arbeit verrichtet. Die ”Gibbs free energy” pro reagierendem Mol in einer Reaktion ist die Differenz der freien Energie der Reaktionsprodukte und der Ausgangsstoffe der Reaktion. ΔGr = GP rodukte − GEdukte (3.8) Die Veränderung der freien Energie ΔGr [kJ/mol] errechnet sich aus ΔGr = ΔG0r + RT ln [C]c [D]d [A]a [B]b (3.9) mit ΔG0r . . . freie Energie der Reaktion (”standard Gibbs free energy”), R . . . Gaskonstante, T . . . absolute Temperatur. Wenn jeder Reaktionsteilnehmer eine Konzentration von 1 hat, ist ΔGr = ΔG0r , wenn ΔGr > 0, verläuft die Reaktion nach links, wenn ΔGr < 0 nach rechts, wenn ΔGr = 0, herrscht chemisches Gleichgewicht. Somit lässt sich Gleichung 3.9 bei chemischem Gleichgewicht reduzieren zu ΔG0r = −RT ln [C]c [D]d [A]a [B]b (3.10) Das Produkt der Konzentrationen ist die Massengleichgewichtskonstante K: ΔG0r = −RT ln K (3.11) Substituiert man nun die Gleichung 3.11 in die ursprüngliche Gleichung 3.9 zurück, erhält man ΔGr = [C]c [D]d −RT ln K + RT ln [A]a [B]b Gleichgewicht geg. Lösung (3.12) In der Gleichung 3.12 steht im Prinzip eine Energiedifferenz zwischen dem Gleichgewichtszustand und der gegebenen Zusammensetzung der Wasserprobe. Aus der Gleichung 3.11 kann man für eine gegebene Reaktionsgleichung aus den tabellierten Formationsenergien ΔG0f der Reaktionsteilnehmer die ΔG0r der Reaktion errechnen: ΔG0f,produkt − ΔG0f,reaktant (3.13) ΔG0r = KAPITEL 3. THERMODYNAMIK – GLEICHGEWICHTSCHEMIE 16 Das chemische Gleichgewicht wird von der Gibbs’schen Freien Energie ”G” [kJ] bestimmt. Eine chemische Reaktion ist möglich, wenn sie zu einem niedrigeren G (im Vergleich zum Ausgangspunkt) führt. - Über die Geschwindigkeit der Reaktion sagt G bzw. ΔG nichts aus. Gleichung 3.8 formuliert mittels chemischer Potentiale lautet ΔGr = cμC + dμD − aμA − bμB (3.14) Setzt man Gleichung 3.6 in Gleichung 3.14 ein, erhält man ΔGr = cμoC +cRT ln aC +dμoD +dRT ln aD −aμoA +aRT ln aA −bμoB +bRT ln aB (3.15) Einiges Umformen bringt c aC × adD o o o o ΔGr = cμC + dμD − aμA − bμB + RT ln (3.16) aaA × abB und dieses ist gleich o ΔGr = ΔG + RT ln acC × adD aaA × abB (3.17) Im Gleichgewichtszustand ist ΔGr = 0, daher gilt c aC × adD −RT ln = ΔGo aaA × abB (3.18) und weiter ( ΔGo acC × adD ) = exp − = Keq RT aaA × abB (3.19) Beispiel: Reaktion CaCO3 Ca2+ + CO32− , die freien Energien sind für 25 C tabelliert: o ΔG0f CaCO3 Ca2+ CO32− ΔG0r ΔG0f,Ca2+ + ΔG0r ΔG0f,CO2− 3 [kJ/mol] −1128.8 −553.6 −527.8 − ΔG0f,CaCO3 (3.20) 47.4 Mit Hilfe von Gleichung 3.11 kann mit diesem Ergebnis der K-Wert errechnet werden: 47.4 = −(8.314 × 10−3 ) × (298.15) × (2.3) log K (3.21) = −5.701 log K log K = 47.4/ − 5.701 = −8.31 (3.22) Korrektur für andere Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . KAPITEL 3. THERMODYNAMIK – GLEICHGEWICHTSCHEMIE 17 Die Van’t Hoff’sche Gleichung lautet d ln K ΔHr0 = dT RT 2 (3.23) Die Reaktionsenthalpie ΔHr0 ist negativ bei exothermen Reaktionen und positiv bei endothermen Reaktionen. Die Formationsenthalpie ΔHf0 ist tabelliert. Die Berechnung für ΔHr0 erfolgt analog zum obigen Beispiel für ΔG0r . Da ΔHr0 nur minimal von der Temperatur abhängt, kann es als konstant erachtet werden. Integration von Gleichung 3.23 ergibt für zwei Temperaturen −ΔHr0 1 1 log K1 − log K2 = − (3.24) 2.303R T1 T2 Beachte dass diese Gleichung eine Differenz ergibt. Beispiel: Für das obere Beispiel mit Kalziumkarbonat würde sich ΔHr0 = −13 [kJ/mol] ergeben. Es sei zu ermitteln, wie gross der K-Wert für eine Temperatur von 10o C wäre: 13 log K25 − log K10 −ΔHr0 = 2.303 R 1 T298.15 − 1 T283.15 = −0.12 (3.25) 8.314×10−3 Für 25o C hatte sich ein log K von -8.31 ergeben, bei 10o C wäre log K = −8.31 + 0.12 = −8.19. Bei einer exothermen Reaktion steigt die Löslichkeit mit sinkender Temperatur – endotherm / sinkt /sinkend. Weiterführende Literatur in Lehrbüchern der Bodenwasserchemie (Appelo & Postma, 1993; Stumm & Morgan, 1996). 3.2 Formen des Massenwirkungsgesetzes • Aziditätskonstante HAc → H + + Ac− [H + ][Ac− ] Ka = [HAc] (3.26) • Komplexierungskonstante Hg 2+ + 3Cl− → HgCl3− K= [HgCl3− ] [Hg 2+ ][Cl− ]3 (3.27) KAPITEL 3. THERMODYNAMIK – GLEICHGEWICHTSCHEMIE 18 • Gelöste Substanz im Lösungsmittel CO2,aq + H2 O = KH2 CO3 = H2 CO3 [H2 CO3 ] [CO2,aq ] oder H2 O → H + + OH − + OH − KW = H (3.28) Ionenprodukt Wasser (3.29) • Henry - Konstante für gelöste Gase CO2,g KH = CO2,aq [CO2.aq ] = PCO2 (3.30) • Lösung der Festphase CaCO3,s = Ca2+ + CO32− Ks = [Ca2+ ][CO32− ] (3.31) Konventionen: • Stabilitätskonstante, falls linke Seite der Reaktionsgleichung Feststoff • Aziditätskonstante, falls H + auf rechter Seite der Reaktionsgleichung • Häufig wird die Gleichgewichtskonstante als Logarithmus log K oder als negativer Logarithmus pK = − log K angegeben. Für die Reaktion 3.14 gilt bei chemischem Gleichgewicht Gleichung 3.19. Ist das System nicht im Gleichgewicht, ist das IonenKonzentrationsProdukt (ion activity product IAP) nicht gleich Keq . Gebräuchlich ist die Verwendung des IAP bei der Lösung von Feststoffen, wenn der Grad der Untersättigung bzw. Übersättigung einer Lösung beschrieben werden soll (vgl. Kapitel 10). 3.3 Reaktionskinetik Lehrbuch (Morel & Hering, 1993, Ch 2 Sect 5.1.-5.6) Beispiele zum Thema: • CH4 sollte in der Gegenwart von O2 brennen (oxidieren), aber die Reaktion ist so langsam, dass CH4 angereichert wird. • Fe2+ sollte komplett oxidieren, aber die Reaktion ist langsam. KAPITEL 3. THERMODYNAMIK – GLEICHGEWICHTSCHEMIE 19 • Diamant ist nur unter hohen Druck stabil, aber . . . CH4 , Fe2+ und Diamant sind ”metastabil”. Geschlossenes System: 2H + + CO32− H2 CO3 Schritt 1: H + + CO32− k2 ,−k2 HCO3− Schritt 2: HCO3− + H + k1 ,−k1 H2 CO3∗ [HCO3− ] [H + ][CO32− ] [H2 CO3∗ ] K1 = [H + ][HCO3− ] K2 = Die Rate der Reaktion k hängt ab von • der Formation der Reaktionsprodukte • dem Verschwinden der Ausgangssubstanzen Die Rate r der Reaktion ist k= 1 d[H + ] d[CO32− ] d[H2 CO3∗ ] =− =− = k[CO32− ]x [H + ]y dt 2 dt dt (3.32) Bemerkung: Zur Bedeutung des ”∗ ” in H2 CO3∗ siehe Kapitel 6. • Die Reaktions-Ordnung für Karbonat ist x • Die Reaktions-Ordnung für H+ ist y • Die gesamte Reaktions-Ordnung x + y Die Reaktionsordnung wird experimentell festgestellt. • Reaktion erster Ordnung A → P , z.B. radioaktiver Zerfall. • Reaktion zweiter Ordnung H + + A− → HA; falls diese Reaktion in einer gepufferten Lösung abläuft, ist es eine ’Pseudo-first-order-reaction’, da durch den Puffer [H + ] konstant gehalten wird d[H2 CO3∗ ] dt = mit [HCO3− ] = d[H2 CO3∗ ] dt = −k−1 [H2 CO3∗ ] + k1 [HCO3− ][H + ] 1 [H2 CO3 ] K1 [H + ] k−1 [H2 CO3 ] + k1 [H2 CO3 ] K1 KAPITEL 3. THERMODYNAMIK – GLEICHGEWICHTSCHEMIE 3.4 20 Kombination von chemischen Gleichungen Das Gleichungssystem F e3+ + OH − F eOH 2+ + OH − 3+ F e + 2OH − + F eOH 2+ = = = F eOH 2+ F e(OH)+ 2 F eOH 2+ + F e(OH)+ 2 KH1 = 1011.8 KH2 = 1010.5 K = KH1 × KH2 = 1022.3 (3.33) kann umgedreht werden: [F eOH 2+ ] = 1011.8 [F e3+ ] × [OH − ] [F e3+ ] × [OH − ] = 10−11.8 [F eOH 2+ ] und die folgende, genauso gültige Version entsteht: − F e3+ + 2OH − (F e3+ + OH − F eOH 2+ + OH − = = = F e(OH)+ 2 F eOH2 ) F e(OH)+ 2 K = 1022.3 KH1 = 1011.8 KH2 = 1010.5 (3.34) Das Gleichungssystem 3.34 ist gleichbedeutend mit Gleichungssystem 3.35: F e3+ + 2OH − F eOH 2+ F eOH 2+ + OH − = = = F e(OH)+ 2 F e3+ + OH − F e(OH)+ 2 K = 1022.3 KH1 = 10−11.8 KH2 = 1010.5 (3.35) Kapitel 4 Tableau - Methode 4.1 Erstellung eines Tableaus Bei der Einstellung des chemischen Gleichgewichts im Wasser werden die Elemente zu verschiedenen Spezies umgesetzt. Bei der Errechnung der Konzentrationen, der Speziierung, macht man sich als Randbedingungen zunutze, dass (1) die Masse der Elemente erhalten bleibt (”Prinzip der Massenerhaltung”) und dass (2) in einer Wasserprobe die positiven und negativen Ladungen ausgeglichen sind (”Prinzip der Elektroneutralität”; vgl. Kapitel 2.2). Die chemische Zusammensetzung eines Systems nach Einstellung des chemischen Gleichgewichtes kann mit der Tableau-Methode (so benannt von ihrem gallischen Erfinder F.F. Morel (Morel & Hering, 1993)) gelöst werden. In Form eines tableaus werden die in einem System vorkommenden ”Spezies” durch einen Satz von ”Komponenten” ausgedrückt. Es ist dabei unerheblich, ob das ”System” eine Salzlösung in einem Becherglas im Labor, das Wasser eines offenen Gerinnes oder das Wasser im Porensystem des Bodens ist. Beispiel 1: Rezept. Vorgegeben ist eine Lösung der Zusammensetzung 1 L H2 O1 , 10 mg B(OH)3 (= 1.7 × 10−4 M), und 0.4 mg N aOH (= 10−5 M). Die Bausteine N aOH und B(OH)3 gehen in Lösung, Wasser dissoziiert. Es wird angenommen, dass N aOH vollständig dissoziiert. Im System laufen die folgenden Reaktionen ab: 11 H2 O → H + + OH − (4.1) N aOH → N a+ + OH − (4.2) L H2 O enthält 55.4 M: Molgewicht von Wasser = 18, 1 L Wasser wiegt 1000 g, oder genau genommen bei 25 Grad Celsius nur 997 g. — 21 997 18 g L g mol = 997 g×mol 18 g×L = 55.4 mol = 55.4M L KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE (H2 O +) + B(OH)3 → B(OH)− 4 +H 22 (4.3) Demnach liegen nach Einstellung des chemischen Gleichgewichts in der Lösung die Spezies H2 O, H + , OH − , N a+ , B(OH)3 und B(OH)− 4 vor. Massenbilanz. Als Buchhalter der Chemie kann man die involvierten Elemente als Verrechnungseinheit verwenden. Für jedes kann eine Massenbilanzgleichung aufgestellt werden, in der die Gesamtkonzentration jedes Elementes der Summe der Konzentrationen der chemischen Spezies, in der das Element vorkommt, gleichgesetzt wird. T ot H = 2[H2 O] + [OH − ] + [H + ] + 3[B(OH)3 ] + 4[B(OH)− 4 ]= = 2[H2 O]T + [N aOH]T + 3[B(OH)3 ]T = = 2 × 55.4 + 10−5 + 3 × 1.7 × 10−4 ≈ 110.8M T ot O = [H2 O] + [OH − ] + 3[B(OH)3 ] + 4[B(OH)− 4 = = = [H2 O]T + [N aOH]T + 3[B(OH)3 ]T = 55.4 + 10−5 + 3 × 1.7 × 10−4 ≈ 55.4M −4 T ot B = [B(OH)3 ] + [B(OH)− M 4 ] = [B(OH)3 ]T = 1.7 × 10 T ot N a = [N a+ ] = [N a(OH)]T = 1 × 10−5 M (4.4) (4.5) (4.6) (4.7) Die Gleichungen 4.4, 4.5, 4.6, 4.7 drücken aus, dass die Summe der Konzentrationen jedes Elementes, das in Form verschiedener Spezies in der Lösung vorliegt, gleich der Summe der Konzentrationen des jeweiligen Elements im Rezept des Gesamtsystems ist. H + kommt 2 mal in Wasser und 3 mal in Borsäure vor, siehe Gleichung 4.4; für die anderen Elemente gilt eine entsprechende Vorgangsweise. Damit ist die Verteilung des Elementes auf einige Spezies unter der Voraussetzung einer bestimmten Gesamt – Konzentration in der Lösung bestimmt. Andere (stark verdünnt vorliegende) Spezies in der Lösung (Gleichungen 4.3) fallen für H + wegen der hohen Konzentration von Wasserstoffatomen im Wasser nicht mehr ins Gewicht. Erweiterung des Rezepts. Dem System wird nun O2 (1 × 10−4 M) zugesetzt. Der Sauerstoff reagiert nicht mit den anderen Spezies in der Lösung und liegt als gelöster Sauerstoff (O2,aq ) vor. Die Massenbilanzen für H, B und Na (Gleichungen 4.4, 4.6, 4.7) werden nicht verändert. Für T ot O (Gleichung 4.5) muss eine Modifikation durchgeführt werden. KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE T ot O 23 = [H2 O] + [OH − ] + 3[B(OH)3 ] + 4[B(OH)− 4 ] + 2[O2,aq ] = = 55.4 + 1 × 10−5 + 3 × 1.7 × 10−4 + 2 × 10−4 M ≈ ≈ 55.4M (4.8) Obwohl nunmehr eine gültige (d.i. formal nicht falsche) Sequenz von Massenbilanzgleichungen vorliegt, wird das System nicht mehr vollständig beschrieben. Der Sauerstoff, der nicht mit dem Rest des Systems reagiert hat, muss konserviert werden: T ot O2 = [O2.aq ] = [O2 ]T = 10−4 M (4.9) Letzteres kann leicht übersehen werden, da der Unterschied zwischen den beiden Sets an Gleichungen subtil ist: Mit Gleichung 4.8 wird ein System beschrieben, in dem O2,aq reagieren ”könnte”. Unsere Vorbedingungen aus dem ’modifizierten Rezept’ wäre damit verletzt, da explizit festgestellt wurde, dass der Sauerstoff nicht reagiert. Nur durch Gleichung 4.9 wird sichergestellt, dass der Sauerstoff gänzlich und unverändert in Lösung bleibt. → Eine einfache Massenbilanzierung der chemischen Elemente ist zwar intuitiv ausreichend. Das Beispiel der Konservierung von Sauerstoff (oben) zeigt aber, daß mitunter einiges an fallspezifischen Überlegungen (Vorinfo etc.) notwendig sein kann, um das chemische System richtig beschreiben zu können. Für eine routinemässige Erstellung von Massenbilanzen ist eine Methode erwünscht, bei der Fehler weitgehend vermieden werden bzw. bei der mit einem Minimum an Vorwissen eine richtige Massenbilanz erstellt werden kann. • • ♥♥♥ • • Günstiger ist es, anstelle von chemischen Elementen die tatsächlichen chemischen Spezies als Verrechnungseinheit zu verwenden. Anstatt zu formulieren ”... Wasser besteht aus 2 Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom ...”, wird (nach Aufsetzen der Denkmütze und der darauf folgenden chemischen Erkenntnis) gesagt, ” . . . Wasser besteht aus einem Hydroxylion und einem Wasserstoffion . . . ”: Wasser = (H + )1 (OH − )1 (4.10) Die Spezies aus Beispiel 1 werden nun in Form möglichst weniger Komponenten, mit welchen alle Spezies chemisch beschrieben werden können, formuliert. Es kann als ein System aus den Komponenten H + , OH − , N a+ , B(OH)3 , durch die alle Spezies des Systems ausgedrückt werden, verstanden werden. Spezies . . . H2 O zusammengesetzt aus den Komponenten . . . = (H + )(OH − ) KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE H+ = (H + ) OH − N a+ = = (OH − ) (N a+ ) B(OH)3 B(OH)− 4 = = (B(OH)3 ) (B(OH)3 )(OH − ) 24 Die Massenbilanzgleichungen werden aufgestellt, indem zusammengezählt wird (”chemische Buchhaltung”), als welche Spezies die Komponenten in der Liste vorkommen. T ot [H] = [H + ] + [H2 O] T ot [OH] = [H2 O] + [OH − ] + [B(OH)− 4 ] + T ot [N a] = [N a ] T ot [B(OH)3 ] = [B(OH)3 ] + [B(OH)− 4 ] (4.11) Mit dieser Notation wird ein tableau (Tabelle 4.1) erstellt. Die Information, die in Gleichung 4.11 enthalten ist, ist im Tableau 4.1 in übersichtlicher und für Computer verdaulicher Form zusammengefasst. Tabelle 4.1: Tableau für Beispiel Borsäure und Natronlauge Komponenten H + OH − N a+ B(OH)3 Species H2 O 1 1 0 0 H+ 1 0 0 0 OH − 0 1 0 0 0 0 1 0 N a+ B(OH)3 0 0 0 1 − B(OH)4 0 1 0 1 Rezept [H2 O]T 1 1 0 0 [N aOH]T 0 1 1 0 0 0 0 1 [B(OH)3 ]T Begriffsbestimmungen: Tableau: Das Tableau ist eine Matrix stöchiometrischer Koeffizienten, in welcher die Komponenten als Spalten dargestellt sind. Die Zeilen stellen im oberen Teil des tableaus die Spezies, im unteren Teil das Rezept dar. Die stöchiometrische Formel der Spezies, formuliert als die Komponenten, ist zeilenweise angeführt, die Koeffizienten der Massenbilanzgleichungen sind spaltenweise angegeben. Komponenten: Komponenten sind chemische ”Ganzheiten”, die eine vollständige stöchiometrische Beschreibung des Systems ermöglichen. Mathematisch formuliert handelt es sich um ”unabhängige Variable der Massenbilanzleichung”. Die Anzahl der Komponenten ist ’die Anzahl der Spezies’ minus ’die Anzahl der unabhängigen Reaktionen’. KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE 25 Tabelle 4.2: Ein anderes gültiges Tableau für das Beispiel ”Borsäure und Natronlauge”; inhaltlich gleich wie Tableau 4.1. Komponenten H + OH − N a+ B(OH)4 Species H2 O 1 1 0 0 1 0 0 0 H+ OH − 0 1 0 0 0 0 1 0 N a+ B(OH)3 0 -1 0 1 B(OH)− 0 0 0 1 4 Rezept [H2 O]T 1 1 0 0 [N aOH]T 0 1 1 0 [B(OH)3 ]T 0 -1 0 1 Spezies: sind die chemischen ”Teilchen” (Moleküle, Ionen), die im chemischen Systems, dem wir unsere Aufmerksamkeit schenken, vorkommen. • • ♥♥♥ • • Ein chemisches System kann in mehrfacher Form gültig beschrieben werden. Durch das Rezept des Systems sind die Massenbilanzen und die vorkommenden Spezies festgelegt. Es ist aber noch offen, mit welchen Komponenten wir das System am besten beschreiben. Während wir in Tableau 4.1 die Spezies aus dem Gleichungs-System 4.11 mit den Komponenten H + , OH − , N a+ und B(OH)3 beschrieben haben, entscheiden wir uns in Tableau 4.2 anstelle von B(OH)3 für B(OH)− 4 als Komponente. Beachte, dass die Borsäure nun beschrieben wird als − B(OH)3 = (B(OH)− 4 )1 (OH )−1 (4.12) Regeln für die Auswahl von Komponenten • Die Massenbilanzen der Komponenten müssen alle Teile des Systems beinhalten (. . . ); • Alle Spezies in der Lösung müssen durch die Komponenten eindeutig und unique beschreibbar sein; • Keine Komponente soll aus den anderen Komponenten formelmässig ableitbar sein; • Komponenten müssen nicht Spezies oder real vorkommende Moleküle sein; es ist allerdings schlau, Spezies als Komponenten zu wählen; • Wasser H2 O sollte immer als Komponente gewählt werden. Da aus der Mol-Bilanz-Gleichung und aus der entsprechenden Spalte im Tableau keine nützliche Information gewonnen wird, wird Wasser in den den Tableaus (etwa Tableau in Tabelle 4.1) als Komponente subsummiert, aber nicht angeschrieben; • H + sollte immer als Komponente gewählt werden, da die H + - Spalte explizit erwünschte Informationen bietet; KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE 26 • Gase oder Festkörper sollen als Komponenten gewählt werden; • Immer die Haupt – Spezies als Komponenten verwenden. Elektroneutralität im Tableau: Bisher wurde dargestellt, dass die Spalten des Tableaus die Massenbilanzen der Elemente / Stoffgruppen darstellen – ”Konservierung der Massen”. Bei allen chemischen Aufgaben muss auch eine Ladungsbalance bestehen, da ein chemisches System nicht elektrisch geladen ist und im Zuge der Reaktionen elektrische Ladungen weder gebildet noch verbraucht werden können. Es ist möglich, aus den Gleichungen der Massenkonservierung (”TotGleichungen”) durch Linearkombinationen die Gleichung 2.6 zu erhalten. Im Folgenden wird die Aufbereitung von chemischen Reaktionen für die Darstellung im Tableau an einigen Beispielen gezeigt: N H3 + H2 O → N H4+ + OH − (4.13) Um die Spezies N H4+ darzustellen, könnte man etwa N H3 , H2 O und OH − als Komponenten wählen und schreiben N H4+ = (N H3 )1 (H2 O)1 (OH − )−1 (4.14) Bei den Umformungen muss die elektrische Ladung der dargestellten Spezies erhalten bleiben. Dazu ein Beispiel aus der Wasserchemie-Bibel von Morel(1993, p. 37). Reaktion: HOCl = Cl2,g + H2 O − H + − Cl− (4.15) Die Darstellung im Tableau HOCl = (H + )−1 (Cl− )1 (H2 O)1 (4.16) negativ negativ neutral wäre falsch, da die Bedingung der Elektroneutralität innerhalb der unterchlorigen Säure nicht gewahrt bleibt. Die Darstellung als HOCl = (H + )−1 (Cl− )−1 (H2 O)1 (Cl2,g )1 negativ positiv neutral neutral ist richtig. Ähnliches gilt für Beispiel 1.2 in Morel (1993, p. 38), dessen Tableau in Tabelle 4.3 dargestellt ist: Rezept: N a2 SO4 , H2 S Spezies: H2 S, HS − , S 2− , N a+ , SO42− , H + , OH − Reaktionen: H2 S = HS − + H + und HS − = S 2− + H + KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE H+ OH − S80 Tabelle 4.3: Tableau für Sulfat und Sulfid in Wasser O20 N a0 H + HOH 1 -1 1 H2 S 1 8 H2 S 1 8 HS − S 2− 1 8 1 8 − 21 − 21 -1 -2 1 1 SO42− 1 8 3 2 −2 1 -2 +2,-2 1 − 12 ±0 N a+ 27 − 21 1 2 ±0 1 4 1 Ladung o.k falsch o.k. o.k. Oft erübrigt sich Denkarbeit bezüglich der Ladungsbalance, wenn H + die einzige geladene Komponente des Tableaus ist, d.h. ausser H + werden nur neutrale Komponenten gewählt. In diesem Fall ist die H + - Spalte des Tableaus gleichzeitig die Gleichung der Ladungsbalance. Dem Kundigen zeigt Tabelle 4.3 die Ladungsbalance als T ot H + = [H + ] − [OH − ] − [HS − ] − 2[S 2− ] − 2[SO42− ] + [N a+ ] (4.17) Andererseits lautet eine plausible Empfehlung, dass jeweils die Hauptspezies zu Komponenten gemacht werden sollen. Dabei wird auf die Ladung keine Rücksicht genommen! Die Konvention, dass H + die einzige geladene Komponente ist, ist nur von Bedeutung, wenn Gleichgewichtsprobleme zu Fuss gerechnet werden. Bei Computerprogrammen (Mineql etc., (Westall, 1986; Schecher & McAvoy, 1994)) nehmen wir in Kauf, dass durch Wahl geladener Komponenten das Problem für unseren blechernen Freund weniger übersichtlich ist. Siehe Borsäure - Beispiel: — Wahl unterschiedlicher Komponenten für Darstellung der Borsäure — bei der Wahl von B als Komponente wurden die Spezies B(OH)− 4 und B(OH)3 nicht korrekt beschrieben. Mit der hier angeführten Form wird der Forderung einer ausgeglichenen Ladungsbilanz nicht Rechnung getragen. KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE B(OH)− 4 OH − 4 Ladungen B(OH)3 .. . 4.2 28 −4 ... .. . Bo 1 0 ... .. . Numerische Lösung von Gleichgewichtsaufgaben 4.2.1 Bausteine des Tableaus In den Codes der numerischen Lösung von chemischen Gleichgewichtsaufgaben bedient man sich der Matrixalgebra, da diese einen kompakten Umgang mit Gleichungssystemen erlaubt. Die folgende Darstellung kann im Detail bei Westall (Westall, 1986) nachgelesen werden. In der Literatur erscheinen immer wieder Review-Artikel, in welchen die aktuell verfügbaren Programme verglichen werden (Loeppert et al., 1995, e.g). Rezept: 0.001 mol CaCO3 / L Spezies: Ca2+ , CaOH, CaHCO3 , CaCO3,aq , H2 CO3 , HCO3− , CO32− , H + , OH − Komponenten: Ca2+ , CO32− , H + Die Reaktionen mit ihren Gleichgewichtskonstanten ’K’ werden so dargestellt, dass jeweils nur eine Spezies auf der rechten Seite steht und auf der linken Seite der Gleichung nur Komponenten stehen. Reaktion Ca2+ = Ca2+ Ca2+ + H2 O − H + = CaOH + Ca2+ + CO32− + H + = CaHCO3+ Ca2+ + CO32− = CaCO3,aq CO32− + 2H + = H2 CO3 CO32− + H + = HCO3− CO32− = CO32− H+ = H+ H2 O − H + = OH − log K 0.0 -12.2 11.6 3.0 16.5 10.2 0.0 0.0 -14.0 K1 K2 K3 K4 K5 K6 K7 K8 K9 Für jede Reaktion kann man ein Massengleichgewicht schreiben. Die Spezies H2 O scheint nicht auf, da die Konzentration von Wasser in verdünnten Lösungen konstant ist (Tabelle 4.4). In der Abbildung 4.1 ist die Organisation eines Tableaus graphisch dargestellt. In der Materialbilanzgleichung wird nun dargestellt, in welchen Spezies die Komponenten aufscheinen: KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE 29 Tabelle 4.4: Reaktionsgleichungen in Form des Massenwirkungsgesetzes und in organisierter Anordnung. [Ca2+ ] K1 = [Ca2+ ] 2+ + −1 [Ca ] [H ] K2 = [CaOH + ] 2− 2+ + [Ca ] [CO3 ] [H ] K3 = [CaHCO3+ ] 2− 2+ K4 = [CaCO3,aq ] [Ca ] [CO3 ] [CO32− ] [H + ]2 K5 = [H2 CO3 ] [CO32− ] [H + ] K6 = [HCO3− ] 2− [CO3 ] K7 = [CO32− ] + [H ] K8 = [H + ] + −1 K9 = [OH − ] [H ] Erhaltungsgleichungen Massenbilanz, Ladungsbilanz ? Reaktionen Abbildung 4.1: Graphische Darstellung des Inhaltes eines Tableaus. Catot CO3,tot Htot = [Ca2+ ] + [CaOH + ] + [CaHCO3+ ] + [CaCO3,aq ] = 0.001 = [CaHCO3+ ] + [CaCO3,aq ] + [H2 CO3 ] + [HCO3− ] + [CO32− ] = 0.001 = −[CaOH + ] + [CaHCO3+ ] + 2[H2 CO3 ] + [HCO3− ] + [H + ] − [OH − ] = 0 Für die Massenbilanz von H + wird eine, vorerst weniger intuitive, dennoch aber nicht minder aufwühlende Erklärung angeboten: Die Komponenten und Wasser stellen Referenzniveaus für alle Spezies in der Lösung dar. So ist H + , als H3 O+ genau um ein H + über dem Niveau von H2 O, OH − ist hingegen um ein H + drunter und der Koeffizient ’-1’ wird für diese Spezies angeführt. Die Spezies HCO3− ist ein H + über dem Referenzniveau von CO32− , . . . . Das chemische Gleichgewicht ist durch die Gleichungen des Massenwirkungsgesetzes und durch die Materialbilanzgleichungen komplett definiert. 4.2.2 Massengleichgewichtsgleichungen Aus der Tabelle 4.4 ist das Tableau (Tabelle 4.5) für die Bearbeitung mit dem Computer bereits ersichtlich. Die tabellarische Form des Tableaus (Tabelle 4.5) ermöglicht eine verallgemeinerte Massenwirkungsgleichung für jede Spezies als Produkt: a Xj ij (4.18) Ci = Ki j KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE 30 Tabelle 4.5: Vom Massenwirkungsgesetz zum Tableau . . . [Ca2+ ] [CO32− ] [H + ] 2+ [Ca ] 1 0 0 K1 1 0 -1 K2 [CaOH + ] 1 1 K3 [CaHCO3+ ] 1 1 0 K4 [CaCO3,aq ] 1 [H2 CO3 ] 0 1 2 K5 [HCO3− ] 0 1 1 K6 [CO32− ] 0 1 0 K7 [H + ] 0 0 1 K8 0 0 -1 K9 [OH − ] oder in logarithmischer Form als Summe Ci∗ = Ki∗ + Xj∗ (4.19) j Die logarithmische Gleichung kann auch in Matrixform geschrieben werden: C ∗ = K ∗ + AX ∗ Es Ci Ki Jj aij Ci∗ Kj∗ Xj∗ C∗ K∗ X∗ A 4.2.3 (4.20) bedeuten: = Konzentration der Spezies i = Massenwirkungskonstante für Spezies i = Konzentration der Komponente j = Stöchiometrische Koeffizienten der Komponente j in der Spezies i = log Ci = log Ki = log Xj = Spaltenvektor von Ci∗ = Spaltenvektor von Ki∗ = Spaltenvektor von Xj∗ = Matrix der stöchiometrischen Koeffizienten aij Massenbilanzgleichungen Die Menge an Material in den Spezies muss gleich der Gesamtmenge im System sein. Ausgehend von Tabelle 4.4 kann man schreiben: aij Ci − Tj (4.21) Yj = i und in Form einer Matrix Y =t AC − T Das Gleichgewichtsproblem ist gelöst, wenn Y = 0. Es bedeuten: (4.22) KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE Ci aij Tj Yj t A C T Y = = = = = = = = 31 Konzentration der Spezies i Stöchiometrische Koeffizienten der Komponente j in der Spezies i Gesamtkonzentration an der Komponenten j Fehler bzw. Rest in der Materialbilanzgleichung Transponierte der stöchiometrischen Matrix A Spaltenvektor von Ci Spaltenvektor von Tj Spaltenvektor von Yj Problemlösung Die Angaben für die Berechnung sind die Gesamtkonzentrationen der Komponenten, die Stöchiometrie und die Gleichgewichtskonstanten für die Spezies. Die Aufgabe ist, die Konzentrationen an freien Komponenten und Spezies zu finden. Zurerst wird eine Annahme (educated guess) über die Konzentration der Komponenten getroffen und daraus die Konzentration der Spezies berechnet. C ∗ = K ∗ + AX ∗ (4.23) Aus den Konzentrationen der Spezies wird der Rest der Materialbilanz errechnet. Y =t AC − T (4.24) Danach wird durch ein Iterationsverfahren ein verbesserter Wert für X gefunden, durch den Y verkleinert wird. Die Methode nach Newton-Raphson leitet den verbesserten Wert aus der Gleichung Z∂X = Y ab. Diese Gleichung kann für ∂X durch Invertierung der Matrix gelöst werden. Die Iteration wird fortgesetzt, bis Y kleiner als eine vorgegebene Toleranzgrenze ist. Es bedeuten: Z = quadratische Matrix; Jacobian von Y bezüglich X berechnet an der n-ten Iteration ∂X = Spaltenvektor, der die Veränderung von X zwischen zwei Iterationsschritten angibt; . . . = Xn − Xn+1 Y = Spaltenvektor; Rest der Materialbalanz 4.3 Formulierung von Gleichgewichtsaufgaben mittels Tableau Phantasie beschert das Rezept: • 1 L H2 O (= 55.4 M) • 0.4 mg NaOH (= 10−5 M) • 10 mg B(OH)3 (= 1.6 × 10−4 M) Es laufen die folgenden Reaktionen ab: H2 O = H + + OH − KW = 10−14 (4.25) KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE 32 + H2 O + B(OH)3 = B(OH)− 4 +H + N aOH = N a + OH Ka = 10−9.24 (4.26) − (4.27) N aOH in Gleichung 4.27 geht vollständig in Lösung. Gleichung 4.26 kann geschrieben werden als: OH − + B(OH)3 K B(OH)− 4 [B(OH)− 4 ] = [B(OH)3 ][OH − ] |× [H + ] [H + ] + [B(OH)− Ka 4 ][H ] − + = K [B(OH)3 ] [OH ][H ] W = (4.28) W asser [B(OH)− 4 ] Daraus kann ebenso explizit errechnet werden. Im Tableau wird eine neue Spalte mit den Gleichgewichtskonstanten eingeführt. Damit wird sichergestellt, dass die verfügbare Information aus chemischer Analyse (Rezept) und Naturgesetzen (Thermodynamik) eingebracht wird.2 Jedes chemisches Spezies wird aus seiner Gleichgewichtsgleichung explizit berechnet.3 Die Speziesliste lautet wieder H2 O, H + , OH − , B(OH)3 , B(OH)− 4 und N a+ . H2 O, H + , B(OH)3 und N a+ werden als Komponenten gewählt, ihre Koeffizienten im Tableau sind daher gleich 1. Für OH − wird aus Gleichung 4.25 abgeleitet: [OH − ] = 10−14 [H + ]−1 (4.29) Borat B(OH)− 4 wird aus Gleichung 4.26 explizit berechnet: + [B(OH)− 4 ][H ] [B(OH)3 ] B(OH)− 4 = 10−9.24 (4.30) = 10−9.24 × [B(OH)3 ][H + ]−1 (4.31) Das folgende Tableau 4.6 gibt das Borsäure - Beispiel: Die Erstellung der Massenbilanzen ist gleich wie Tableau 4.2 in Kapitel 4. T ot H T ot = = Na = T ot B(OH)3 T ot H2 O = = + H − [OH − ] − [B(OH)− 4 ]= −[N aOH]T = −10−5M + N a = [N aOH]T = 10−5 M (4.32) (4.33) [B(OH)3 ] + [B(OH)− 4 ]= [B(OH)3 ]T = 1.6 × 10−4 M (4.34) − = [H2 O] + [OH ] = [N aOH]T + [H2 O]T = 10−5 M + 55.4M ≈ 55.4M (4.35) 2 Originalton Morel: ”Once the mathematical problem is properly posed, its solution would appear to require only numerical manipulations of little scientific interest and best left to the mindless patience of computers. 3 Beachte, dass dabei die Vorzeichen der Gleichgewichtskonstanten nicht ”fool-proof” sind. KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE Spezies Rezept H2 O H+ OH − B(OH)3 B(OH)− 4 N a+ N aOHT B(OH)3,T H2 OT Tabelle 4.6: Tableau für Borsäure. Komponenten H + N a+ B(OH)3 H2 O logK 1 1 -1 1 -14 1 -1 1 -9.24 1 -1 1 1 10−5 1 1.6 × 10−4 1 55.4 33 logKa -15.74 -10.98 Die in den Zeilen des Tableaus enthaltenen Gleichgewichtsreaktionen und die Massenbilanzgleichungen stellen ein mathematisches Problem dar, das für alle Spezies in der Wasserprobe eine eindeutige Lösung enthält. Das Tableau enthält als 5 Unbekannte die Konzentrationen der Spezies. Zur Lösung stehen 5 Gleichungen zur Verfügung: 1. [OH − ] = 10−14 × [H + ]−1 (Gleichung 4.29) −9.24 × [B(OH)3 ] × [H + ]−1 (Gleichung 4.30) 2. [B(OH)− 4 ] = 10 −5 3. [H + ] − [OH − ] − [B(OH)− M (Gleichung 4.32) 4 ] = −10 4. [N a+ ] = [N aOH]tot = 10−5 M (Gleichung 4.33) −4 5. [B(OH)3 ] + [B(OH)− (Gleichung 4.34) 4 ] = 1.6 × 10 6. [H2 O] = 55.4M Substitution von (1) und (2) in (3) gibt [H + ] − 10−14 × [H + ]−1 − 10−9.24 × [B(OH)3 ] × [H + ]−1 = −10−3 M (4.36) und Substitution von (2) in (5) gibt [B(OH)3 ] + 10−9.24 × [B(OH)3 ] × [H + ]−1 = 1.6 × 10−4 (4.37) Daraus folgt weiters [B(OH)3 ] (1 + 10−9.24 × [H + ]−1 ) = 1.6 × 10−4 1.6 × 10−4 [B(OH)3 ] = 1 + 10−9.24 × [H + ]−1 (4.38) (4.39) Anmerkung: Da die Konzentration von Wasser in den hier behandelten wässrigen Systemen relativ konstant bleibt und in den Massenwirkungskonstanten der dissoziierenden Spezies (i.e. H2 O, Säuren) bereits berücksichtigt ist, trägt die Gleichung [H2 O] = 55.4M bzw. Gleichung 4.35 nichts Wesentliches zur Lösung des Gleichungssystems bei. Somit können die Massengleichgewichtsgleichung und die Massenbilanzgleichung für H2 O entfallen und die Tableaus können in weiterer Folge vereinfacht werden. Die Tableaus der Tabellen 4.6 und 4.7 sind gleichwertig. KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE 34 Tabelle 4.7: Tableau für Borsäure; vereinfacht durch Weglassen von H2 O. Komponenten H + N a+ B(OH)3 logK Spezies H + 1 OH − -1 -14 B(OH)3 1 B(OH)− -1 1 -9.24 4 N a+ 1 Rezept N aOHT -1 1 10−5 B(OH)3,T 1 1.6 × 10−4 ♥∇♥∇ − ♥ Noch ein Beispiel: Rezept: 10−3 M CaCO3 , 1.1 × 10−3 M CO2 Spezies: H + , OH − , Ca2+ , HCO3− , CO2 Reaktionen: H2 O = H + + OH − KW = 10−14 CO2 + OH − = HCO3− K = 107.7 . Das Tableau soll die folgende Form haben: + H OH − Ca2+ HCO3− CO2 H+ 1 -1 ? Ca2+ CO2 log K -14 1 ? ? 1 ? Die Koeffizienten für die Zeile HCO3− werden errechnet: Die mathematische Umformung: HCO3− [CO2 ][OH − ] [HCO3− ] [CO2 ] × 10−14 × [H + ]−1 HCO3− = 107.7 (4.40) = 107.7 (4.41) = 10−6.3 × [H + ]−1 [CO2 ] (4.42) Chemisch entspricht dies der Kombination von 2 Gleichungen: CO2 + OH − H2 O = = HCO3− K = 107.7 H + + OH − K = 10−14 CO2 + H2 O = H + + HCO3− K = 10−6.3 KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE 4.4 35 Korrekturen für ”Nicht – ideale Lösungen” Das chemische Gleichgewicht wird bei hohen Ionenkonzentrationen verschoben. Besser als von der ”Konzentration von Ionen” spricht man dann von ”Aktivitäten”, wobei die Interaktionen zwischen den Ionen berücksichtigt werden. Die Aktivität wird durch den Fugazitäts-Koeffizienten γ ausgedrückt. Die Beziehung zwischen Konzentration und Aktivität ist Ca2+ = Ca2+ γCa2+ . Für die Reaktion H2 O → H + + OH − KW KW = = Kc = + − KW = 10−14 −14 {H }{OH } = 10 γH + [H + ] × γOH − [OH − ] = γH + γOH − × Kc K γH + γOH − (4.43) (4.44) (4.45) (4.46) Kc ist die ”Konzentrations-Gleichgewichtskonstante”, die eine Aktivitätskorrektur berücksichtigt. Diese lässt sich aus Gleichung 3.6 ableiten. Für das Potential von Ca2+ würde man schreiben μCa2+ = μoCa2+ + RT ln[Ca2+ ] + RT ln γCa2+ (4.47) Für das Wasserstoffion wird immer die Aktivität und nicht die Konzentration gemessen: pH = − log{H + }. Daher wird eine gemischte Aziditätskonstante für gelöste Substanzen angegeben. HA → H + + A− {H + }{A− } Ka = {HA} γHA {H + }[A− ] = Ka Ka = [HA] γA− K γHA Kc = γH + γA− (4.48) (4.49) (4.50) (4.51) Die Konstante K ist eine thermoynamische Konstante für infinit verdünnte Lösungen und K = f (T, p), Kc ist die Konstante für Medien einer bestimmten Konzentration. Die wichtigste Eigenschaft einer Lösung, welche die Aktivität von Ionen beeinflusst, ist die Ionenstärke. 1 mi zi2 (4.52) I= 2 i m ist die Konzentration [in mol/L], z die Ladung des Ions. Für Aktivitätskorrekturen wurden verschiedene Formeln entwickelt4 . Die gängigen Gleichungen für Aktivitätskorrekturen sind in Tabelle 4.8 aufgelistet. 4 Aktivitätskorrekturen sind für Ozeanographen und für Fragestellungen beim Abwasser wichtig; die meisten natürlichen Gewässer [Grundwasser, Bodenwasser, Oberflächenwasser] weisen niedrige Ionenkonzentrationen auf und können oft als ideale Lösungen behandelt werden. KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE 36 Tabelle 4.8: Korrekturgleichungen für nicht-ideale Lösungen; A, B sind Konstanten, für wässrige Lösungen bei 25o C gilt A = 0.51, B = 0.33 Name Gleichung I - Bereich – als ”ideal” behandeln < 0.1M √ log γi = −Azi2 I√ 0.1 – 0.3 M Debye – Hückel Debye – Hückel, erweitert log γi = −Azi2 1+BaI √I 0.1 – 0.3 M √ I log γi = −Azi2 1+√ − 0.2I I siehe Spezialliteratur Davies Pitzer 0.3 – 0.7 M 0.7 – 4 M Zwei Beispiele für die Debye – Hückel – Gleichung5 0.001 M N aCl : I = 0.5 × (0.001 × (+1)2 +√0.001 × (−1)2 ) = 0.001 log γH + = −0.5 × (+1)2 × 0.001 = 0.96 0.001 M CaSO4 : I = 0.5 × (0.001 × (+2)2 +√0.001 × (−2)2 ) = 0.004 log γH + = −0.5 × (+1)2 × 0.004 = 0.93 Offensichtlich verringert die grössere Ionenstärke des CaSO4 die Aktivität stärker als eine gleich konzentrierte Lösung von N aCl. Beispiele für ’nicht-ideale Lösungen’: B(OH)3 K → K c → Ka → Kc I = 0.05 M; γH + , γB(OH)− = 10−0.09 , γB(OH)3 = 100 = 1 ((Morel & Hering, 4 1993, table 2.3)). Reaktion: K = K = Ka = + B(OH)3 + H2 O → B(OH)− 4 +H (4.53) + B(OH)− 4 {H } = 10−9.24 = 5.75 × 10−10 {B(OH)3 } + γB(OH)− [B(OH)− 4 ] {H } γB(OH)− 4 × Ka γB(OH)3 [B(OH)3 ] γB(OH)3 γB(OH)3 1 × K = −0.09 × 10−9.24 = 7.08 × 10−10 γB(OH)− 10 4 = 4 Kc = γB(OH)3 × K 1 × 10−9.24 = −0.09 = 10−9.24 = 8.71 × 10−10 γB(OH)− γH + 10 × 10−0.09 4 I = 0.3 M; γH + , γB(OH)− = 10−0.13 , γB(OH)3 = 100 = 1 ((Morel & Hering, 4 1993, table 2.3)). ∀ I ≥ 0.1M (4.54) log γi = 0.1 × I = 0.1 × 0.3 = 0.03 5 Beispiele aus Drever (1988) KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE γi = Kc = Ka = 37 100.03 = 1.07 100.03 × 10−9.24 = 10−8.95 = 1.12 × 10−9 10−0.13 × 10−0.13 100.03 × 10−9.24 = 10−9.08 = 8.32 × 10−10 10−0.13 Der Effekt von Druck: Vi . . . molares Volumen ΔV 0 = vi × Vi (4.55) i Beispiel: H2 CO3 → 2H + + CO32− (4.56) ΔV 0 = 2VH + + 1VCO2− − 1VH2 CO3 (4.57) 3 Für einen beschränkten Druckbereich gilt ΔV 0 ≈ konstant. ln Kp ΔV 0 (p − p0 ) =− Kp0 R×T (4.58) wobei p0 der Referenzdruck ist. Der Effekt der Temperatur: G=H −T ×S (4.59) wobei H . . . Enthalpie, S . . . Entropie. μ0i μi KT ln KT0 = Hi0 − T Si0 = Hi0 − T × Si0 + RT ln Xi 1 ΔH 0 1 − = − R T T0 wobei T0 die Referenz-Temperatur ist (”Van’t Hoff’sche Gleichung”!). Im Programm Mineql sind einige Korrekturfaktoren zur Auswahl. Bei vielen Fragestellungen ist der Effekt der Korrektur unerheblich. ♥♣♥♠♥♠♥♣♥ Distanz D zwischen Molekülen: 1 D [nm] = 1.2 (M)− 3 Meerwasser hat etwa 0.7 M NaCl; 0.7 M N a+ + 0.7 M Cl− = 1.4 M Distanz D zwischen den Molekülmittelpunkten = 1.07 nm. In Abbildung 4.2 sind die Moleküle N a+ , Cl− eingetragen. Offensichtlich ist Meerwasser so hoch konzentriert, dass gerade noch ein Molekül zwischen die Ionen passen würde. Die Lösung ist jedenfalls nicht ”ideal verdünnt”. KAPITEL 4. TABLEAU - METHODE 1.07 nm 0.35 nm 38 - 0.37'$ nm &% Abbildung 4.2: Abstand zwischen Natrium und Chlorid in Meerwasser; Beispiel vgl. (Morel & Hering, 1993). 4.5 Inhalt eines Tableau - Zusammenfassung Im Tableau kommen • alle Spezies • alle Gleichgewichtskonstanten • das Gesetz der Massenerhaltung in Form der Konzentrationsbedingung • das Ladungsgleichgewicht (Gesetz der Elektroneutralität) in übersichtlicher und wohl-organisierter Form vor. Die Elemente des Tableaus sind • die Exponenten der Massenerhaltungsgleichungen • der K-Vektor • der Tot-Vektor • Zusammensetzung der Spezies aus Komponenten Ende der Datei vo.p1table.tex; vo.tex Kapitel 5 Graphische Lösung von chemischen Gleichgewichtsaufgaben file 5.1 vo.p2cph.tex Erstellung von Bjerrum - Plots Es ist mitunter erwünscht, eine näherungsweise Lösung eines komplexen Problems zu ermitteln, ohne die Aufgabenstellung für den Computer aufzubereiten. Der folgende Abschnitt präsentiert als unaufwendige Methode den Bjerrum – Plot bzw. das c-pH-Diagramm. Dabei werden die Konzentrationen der Spezies in ein Diagramm mit logarithmischen Achsen eingetragen. Da häufig Konzentrationsänderungen durch Änderungen des pH-Wertes interessieren, wird auf der x-Achse der pH-Wert dargestellt. Das Schema ist in der Abbildung 5.1 gezeigt. Rezept: • 1 L H2 O (= 55.4 M) • 0.4 mg N aOH (= 10−5 M) • 10 mg B(OH)3 (= 1.6 × 10−4 M), log[B(OH)3 ] = −3.8 Diese Information wird für die logarithmische Darstellung aufbereitet: Bekannt ist die Gleichung 5.1 log[H + ] = −pH (5.1) Durch Logarithmieren der Gleichung für das Ionenprodukt von Wasser erhält man [H + ][OH − ] = log[H ] + log[OH − ] = + 39 10−14 −14 | log KAPITEL 5. GRAPHISCHE LÖSUNG 40 Konzentration -- logarithmisch pH-Wert erste Spezies zweite Spezies Abbildung 5.1: Erstellung des Konzentrations-pH-Diagramms - Prinzip. Daraus kann entsprechend Gleichung 5.1 abgeleitet werden: log[OH − ] = −14 + pH (5.2) Damit sind die 2 Funktionen (OH − -Konzentration in Gleichung 5.2 und H -Konzentration in Gleichung 5.1) als Funktion des pH-Wertes bekannt. + Für die Borsäure gilt: + [B(OH)− 4 ][H ] [B(OH)3 ] = + log[B(OH)− 4 ] + log[H ] − log[B(OH)3 ] = log[B(OH)− 4 ] − pH − log[B(OH)3 ] = log[B(OH)3 ] = 10−9.24 | log (5.3) −9.24 −9.24 (5.4) − log[B(OH)4 ] + 9.24 − −pH (5.5) Der ”Knackpunkt” der Konzentrationen von B(OH)3 und B(OH)− 4 liegt beim pK-Wert der Säure. Beim pH von 9.24 ist, wie aus Gleichung 5.3 nachvollzogen werden kann, das Verhältnis von B(OH)3 zu B(OH)− 4 gleich 1 : 1. Die Lösungsmethode besteht vorerst darin, die Aufgabe für pH-Bereiche weitab vom pK-Wert zu lösen, in welchen die Konzentrationen von B(OH)3 und B(OH)− 4 stark unterschiedlich sind. Fall 1: pH pK: log B(OH)3 log B(OH)− 4 ≈ −3.8 (5.6) Gleichung 5.4 wird daher zu log B(OH)− 4 = −3.8 − 9.24 + pH = −13.04 + pH (5.7) KAPITEL 5. GRAPHISCHE LÖSUNG 41 Fall 2: pH pK: log B(OH)− 4 B(OH)3 ≈ −3.8 (5.8) Gleichung 5.5 wird dann zu log B(OH)3 = −3.8 + 9.24 − pH = (5.44 ) −pH negativer Interzept (5.9) Fall 3: pH = pK: log B(OH)3 = log B(OH)− 4 = log(cT /2) (5.10) HA = H + + A− [H + ][A− ] =K [HA] pK bei pH = pK =1 pH (5.11) Zum Vergleich: K [A− ] = [HA] [H + ] (5.12) (5.13) Laut dem Rezept wird die Konzentration von B(OH)3,T auf die beiden Spezies B(OH)3 und B(OH)− 4 aufgeteilt: 1.6 × 10−4 /2 = 8 × 10−5 log(8 × 10−5 ) = −4.10 (5.14) In der Tabelle 5.1 sind die Konzentrationen der Spezies der Borsäure als Wertetabelle angeführt. Die Konstruktion des c – pH – Diagramms ist in der Abbildung 5.2 schrittweise dargestellt. In Abbildung 5.3 ist die Lösung der Gleichgewichtsrechnung eingetragen. Mit Kenntnis der B(OH)3 -Konzentration sind die Konzentrationen der anderen Spezies festgelegt: die richtigen Konzentrationen werden auf der Vertikalen unter dem Schnittpunkt mit der [B(OH)3 ]-Linie gefunden. Beachte, dass die Natronlauge bei der graphischen Lösung der Gleichgewichtsaufgabe niemals in Erscheinung getreten ist. 5.2 Näherungsweise rechnerische Lösung des c– pH–Diagramms Durch den Bjerrum - Plot wird deutlich, welches die wichtigsten Spezies eines Rezeptes sind. Diese Spezies wird man dann als Komponenten wählen. Einmal mehr am Beispiel der Borsäure erläutert (vgl. Tableau der Borsäure (Tableau in Tabelle 4.6) – mit anderen Komponenten und ohne H2 O). KAPITEL 5. GRAPHISCHE LÖSUNG 42 pH - Wert 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 + - H ,OH B(OH) 3 B(OH) 4 - 0 -1 -2 Na+ -5 -6 Na-Konz -7 H O B( -8 on -K 4 - ) H O B( z on -K - H O z -14 on -K -12 -13 z + H -11 on -9 -10 -K z )3 log (Konzentration) -4 c:\jandl\rja\vorlesungen\vo\skriptum\vo.jnb[cph1] -3 Abbildung 5.2: Erstellung des Konzentrations–pH–Diagrammes für das Borsäure - Beispiel: [N aOH] = 10−5 M, [B(OH)3 ] = 1.6 × 10−4 M. x- und y-Achse von 0 bis 14 / Ionenprodukt des Wassers liefert [OH− ] und [H+ ] / bei pH < 9.24 ist log [B(OH)3 ] = -3.8 und log [B(OH)− 4 ] = -13.04 + pH / bei pH > 9.24 ist log − [B(OH)3 ] = 5.44 - pH und log [B(OH)− 4 ] = -3.8 / bei pH = pK: log [B(OH)4 ] = log [B(OH)3 ] = [B(OH)3 ]/2. KAPITEL 5. GRAPHISCHE LÖSUNG 43 Abbildung 5.3: c–pH–Diagramm für das Borsäure - Beispiel mit [N aOH] = 10−5 M, [B(OH)3 ] = 1.6 × 10−4 M; Lösung. KAPITEL 5. GRAPHISCHE LÖSUNG 44 Tabelle 5.1: Wertetabelle für das Borsäurebeispiel: Abhängigkeit der Konzentrationen vom pH-Wert. pH 0 1 2 3 4 5 6 7 9.24 11 12 13 14 Spezies Rezept log[B(OH)3 ] (Gl. 5.6, 5.9) -3.8 -3.8 -3.8 -3.8 -3.8 -3.8 -3.8 -3.8 -4.10 -5.56 -6.56 -7.56 -8.56 H+ OH − B(OH)3 B(OH)− 4 N a+ N aOHT B(OH)3,T H+ 1 −1 1 −1 1 log[B(OH)− 4 ] (Gl. 5.7, 5.8) -13.04 -12.04 -11.04 -10.04 -9.04 -8.04 -7.04 -6.04 -4.10 -3.8 -3.8 -3.8 -3.8 Komponenten N a+ B(OH)− 4 1 1 1 1 1 log K −14 9.24 10−5 1.6 × 10−4 Beachte, dass log K für die Spezies B(OH)3 positiv ist!! Die Massenbilanz für die Protonen lautet (Spalte H + ): T ot H + = [H + ] − [OH − ] + [B(OH)3 ] = = [B(OH)3 ]T − [N aOH]T = 1.6 × 10−4 M − 10−5 M = = 1.5 × 10−4 M log(1.5 × 10−4 ) = −3.82 (5.15) Eine gute Methode ist anzunehmen, dass eine Spezies die Lösung in Gleichung 5.15 dominiert. Guess 1: [OH − ] [H + ], [B(OH)3 ], → -[OH − ] = 1.5 × 10−4 M. . . . Guess 1 ist offensichtlich unmöglich. KAPITEL 5. GRAPHISCHE LÖSUNG 45 Guess 2: [H + ] [B(OH)3 ], [OH − ], → [H + ] = 1.5 × 10−4 M, oder log H + = -3.82. Inspektion dieses Punktes im Bjerrum - Plot (Abbildung 5.2 zeigt, dass an diesem Punkt [H + ] = [B(OH)3 ]. Die Annahme ”Guess 2” ist dort nicht erfüllt und kann verworfen werden. Guess 3: [B(OH)3 ] [H + ], [OH − ], → [B(OH)3 ] = 1.5 × 10−4 M. Diese Annahme stimmt mit dem Bjerrum - Plot (Abbildung 5.3) überein und ist damit ein sehr guter Startpunkt, um die Konzentration aller Spezies mittels eines Iterationsverfahrens genau zu bestimmen. Das Ergebnis von Guess 3 wird zur Berechnung der anderen Spezies verwendet: Aus der Massenbilanz für Borsäure ist bekannt, dass −4 M (5.16) T ot B(OH)3 = [B(OH)3 ] + [B(OH)− 4 ] = [B(OH)3 ]T = 1.6 × 10 Somit kann [B(OH)− 4 ] errechnet werden. Zur kompletten Lösung des Systems werden die Teilergebnisse solange in die anderen Gleichungen substituiert, bis die Lösung komplett ist. Voraussetzung für eine nicht umständliche Lösung ist, dass die Gleichung für T ot H + die wichtigen Spezies enthält. 5.3 Regeln zur Lösung von Gleichgewichtsaufgaben • Entscheidung über wichtige pH-Bereiche treffen; d.i. stets Umgebung von pH = pK • c–pH–Diagramm zeichnen • Komponenten auswählen in der Reihenfolge (H2 O), H + , Feststoffe, Gase, Hauptspezies • Tableau erstellen • Bilanzgleichungen aus Zeilen und Spalten des Tableaus formulieren • Annahmen für Rechnung zu Hand oder Eingaben in Mineql 5.4 Formeln für die Lösung von Gleichgewichtszusammensetzungen In der Literatur (vgl. etwa Stumm & Morgan (1996, Tab. 3.6)) werden für Bjerrum - Plots ”Formeln” für die Lösung von Gleichgewichtsaufgaben angegeben. Die Lösung findet sich für eine hypothetische Säure H2 X je nach Zusammensetzung des Rezeptes so: Säure: [H + ] = [HX − ] + 2[X 2− ] + [OH − ] Ampholyt: [H2 X] + [H + ] = [X 2− ] + [OH − ] KAPITEL 5. GRAPHISCHE LÖSUNG 46 Tabelle 5.2: Tableaus, aus welchen ”Formeln” zur von Gleichgewichtsaufgaben abgeleitet werden. Säure Ampholyt H + H2 B H + N aHB N a+ H+ 1 1 -1 -1 OH − H2 B 1 1 1 -1 N aHB 1 -1 1 1 N a2 B N a+ 1 -1 1 1 -1 HB − B 2− -2 1 -1 1 -1 näherungsweisen Berechnung H+ 1 -1 2 1 1 Base N a2 B N a+ 1 1 1 1 1 -2 -1 1 -1 -2 Base: 2[H2 X] + [HX − ] + [H + ] = [OH − ] Diese Formeln wurden aus dem Ladungsgleichgewicht abgeleitet. Dieses Verfahren wird konsequent im Buch von Pankow (1991, Kapitel 4) unter dem Acronym PBE (proton balance equation) beschrieben. Hier werden in der Tabelle 5.2 Tableaus für jede Situation erstellt, welche die Formeln verifizieren sollen. Die T otH-Gleichungen lauten: Säure: T otH = [H + ] − [OH − ] − [HB − ] − 2[B 2− ] = 0 Ampholyt: T otH = [H + ] − [OH − ] − [N a2 B] + [H2 B] − [B 2− ] = 0 [H + ] + [H2 B] = [OH − ] + [B 2− ] + [N a2 B] 0 Base: T otH = [H + ] − [OH − ] + [N aHB] + 2[H2 B] + [HB − ] = 0 2[H2 B] + [HB − ] + [H + ] + [N aHB] = [OH − ] 0 file vo.p2cph.tex Ende Kapitel 6 Säuren und Basen 6.1 Schwache Säuren file: Schwache Säuren sind aus bodenchemischer Sicht besonders interessant, da sie beim natürlichen pH des Bodens nur teilweise dissoziiert sind und deshalb in Form mehrerer Spezies vorliegen. Bei der Produktion oder der Konsumation von Protonen im Boden werden die schwachen Säuren daher protoniert bzw. sie dissoziieren und wirken dadurch als Puffer. – Im Unterschied dazu liegen die starken Säuren immer ganz dissoziiert vor und sind daher von der Veränderung der Protonenkonzentration weitgehend unbeeindruckt. – Beachte aber, dass im Boden dem Wasser nur ein kleiner Teil der Pufferungsfunktion zukommt → Pufferung geschieht in der Hauptsache durch die Festphase. Das Referenzsystem für Säuren und Basen ist in aquatischen Systemen das Wasser. Wasser ist eine schwache Säure. Andere Säuren werden nach ihrer Fähigkeit beurteilt, Wasser zu protonieren. Im Wasser tritt als wichtige schwache Säure die Kohlensäure auf. Die Kohlensäure ist in natürlichen Gewässern in Form des verwitternden Karbonats, in Form des gelösten Kohlendioxids (aus mikrobieller und pflanzlicher Atmung) und in Form der gelösten Spezies vorhanden. H2 CO3∗ H2 CO3∗ = = H2 CO3 + CO2,aq H2 O + CO2,aq K ∗ (6.1) (6.2) H2 CO3 H2 CO3 = = (6.3) (6.4) H2 CO3∗ H2 O + CO2,aq K H + + HCO3− KH2 CO3 = H + + HCO3− ∗ KH 2 CO3 (6.5) mit der Gleichgewichtskonstanten KH2 CO3 [H + ][HCO3− ] = = KH2 CO3∗ [H2 CO3 ] + [CO2,aq ] K +1 (6.6) Die Gleichgewichtskonstanten der Gleichungen 6.3, 6.4, 6.5 stehen in folgender Beziehung: 47 vo.p3alk.tex KAPITEL 6. SÄUREN UND BASEN KH2 CO3∗ = 48 KH2 CO3 K +1 (6.7) Die merkwürdige Form der Gleichung für die Gleichgewichtskonstante (Gleichung 6.6) bzw. die Tatsache, dass für die Kohlensäure mehrere Gleichungen angegeben werden, resultiert aus einer vereinfachenden Konvention der Chemiker. Es gibt keine Methode, um zwischen der tatsächlich dissoziierten Kohlensäure und dem gelösten Kohlendioxid zu unterscheiden. Daher werden die beiden mit der undissoziierten Kohlensäure im Gleichgewicht stehenden Verbindungen einfach zusammengefasst. Herleitung von Gleichung 6.7: Gleich 1 [H + ][HCO3− ] = KH2 CO3 × [H2 CO3 ] | +[H2 CO3 ] [CO2,aq ] × [H2 O] = K × [H2 CO3 ] [H2 CO3 ] + ([CO2,aq ] [H2 O]) = [H2 CO3 ] + (K × [H2 CO3 ]) 1 [H2 CO3 ] + [CO2,aq ] = [H2 CO3 ](1 + K) [H2 CO3 ]+[CO2,aq ] [H2 CO3 ] = 1+K Einsetzen für H2 CO3 aus der ersten Gleichung (Gleich 1) ergibt: [H + ][HCO3− ] [H2 CO3 ]+[CO2,aq ] = KH2 CO3 1+K = KH2 CO3∗ q.e.d. Diese Ableitung ist in den meisten Textbüchern nicht vorhanden und ist daher ein ’goody’ dieses Textes. Weitere schwache Säuren sind die Kieselsäure H2 SiO3 bzw die OrthoKieselsäure Si(OH)4 , die im Bodenwasser in Form der Silikate SiO(OH)− 3 vorliegt, die Borsäure B(OH)3 , Humin- und Fulvosäuren, die Phosphorsäure H3 P O4 oder H2 P O4− , das Ammonium N H4 , Sulfid H2 S, und − + metallische Ionen F e(OH)+ 2 , F e(OH)4 , Al(OH)2 . Die Anionen der schwachen Säuren werden bei der Gesteinsverwitterung freigesetzt. (Anmerkung: viele Reaktionsgleichungen beschreiben die Verwitterung derselben Minerale. 1 CaCO3,s + CO2 + H2 O 9 N aAlSi3 O8,s + H + + H2 O 2 = Ca2+ + 2HCO3− (6.9) = N a+ + 2Si(OH)4 + 1 + Al2 Si2 O5 (OH)4,s 2 (6.10) 1 N aAlSi3 O8,s + CO2 + 11 1 H2 O = N a+ + 2Si(OH)4 + Al2 Si2 O5 (OH)4,s 2 2 (6.8) KAPITEL 6. SÄUREN UND BASEN 6.2 49 Starke Säuren Starke Säuren sind die Salzsäure HCl (Eintrag von Meersalz), die Salpetersäure HN O3 und die Schwefelsäure H2 SO4 . Beim natürlichen pH-Wert der meisten Böden liegen diese total dissoziiert vor (Gleichung 6.11). Zum Teil werden sie im Zuge der Gesteinsverwitterung gebildet (Gleichung 6.12), Salpetersäure wird bei der Nitrifikation gebildet und mit dem Niederschlag eingetragen. Der enorme Einfluss des Menschen auf den Stickstoffkreislauf wurde mehrfach beschrieben (Vitousek et al., 1997; Kaiser, 2001). Schwefelsäure stammt überwiegend aus industriellen Prozessen und wird über die Atmosphäre eingetragen; ein Sonderfall ist die Oxidation von H2 S bei der Trockenlegung von Mooren, die zu extrem sauren Böden führt und die Oxidation von Sulfiden bei der Revitalisierung von Tagbau-Bergwerken (Spratt, jr., 1998; Mayer et al., 1995; Mitchell & Lindberg, 1992). N aCl = N a+ + Cl− (6.11) M gSO4 4F eS2 + 15O2 + 10H2 O = = M g 2+ + SO42− 4F eOOH + 8H2 SO4 (6.12) (6.13) ... (6.14) ... 6.3 Kohlensäure im geschlossenen System, keine Festphase, keine Gasphase, Äquivalenzpunkt Der einfachste Fall eines natürlichen Gewässers: • wässrige Lösung mit Hintergrundkonzentration an Salz • gelöstes CO2 , • keine starke Base/Säure. Der pH dieser Lösung ist der Äquivalenzpunkt. In der Abbildung 6.1 sind die Spezies der Kohlensäure bei zwei verschiedenen Konzentrationen von Ctot dargestellt. In der Tableau-Schreibweise würde die Aufgabenstellung entsprechen: Rezept: 10−3 M NaCl 10−2 bzw. 10−4 M CO2 Als Reaktionen kommt nur die Dissoziation der Kohlensäure bzw. des Wassers vor. H2 O = H2 CO3∗ HCO3− = = H + + OH − H + HCO3− H + + CO32− + pK = 14 (6.15) pK = 6.3 pK = 10.3 (6.16) (6.17) KAPITEL 6. SÄUREN UND BASEN 50 Abbildung 6.1: Konzentrations-pH Plot für zwei Konzentrationen von Kohlensäure – geschlossenes System. KAPITEL 6. SÄUREN UND BASEN 51 Das Tableau lautet: + H OH − H2 CO3∗ HCO3− CO32− N a+ Cl− N aCltot CO2 H+ 1 −1 N a+ Cl− H2 CO3∗ log K −14 1 1 1 −1 −2 −6.3 −16.6 1 1 1 1 1 10 −2 10−3 oder 10−4 Es ergeben sich die Massenerhaltungsgleichungen T otH2 CO3∗ T otH = [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] = T otCO2 = [H + ] − [OH − ] − [HCO3− ] − 2[CO32− ] = 0 (6.18) (6.19) Für das obige Rezept vereinfacht sich die Aufgabe zu: H+ ∼ = HCO3− CO32− OH − . Diese Punkte sind in Abbildung 6.1 färbig eingezeichnet. Im folgenden Beispiel wird dem gelösten Kohlendioxid zusätzlich zu NaCl auch NaOH zugefügt. Die Lösung wird dadurch basisch, ’alkalisch’. Rezept: 10−4 M [N aCl]T [CO2 ]T 10−5 M [N aOH]T 10−5.5 M Als Reaktionen kommen wieder die Gleichungen 6.15, 6.16, 6.17 vor. NaOH geht komplett in Lösung. Die Liste der Spezies ist H + , OH − , H2 CO3∗ , HCO3− , CO32− , N a+ , Cl− . Das Tableau lautet + H OH − H2 CO3∗ HCO3− CO32− N a+ Cl− [N aCl]T [CO2 ]T [N aOH]T T otH T otH2 CO3∗ Alk H+ 1 −1 N a+ Cl− H2 CO3∗ log K −14 1 1 1 −1 −2 −6.3 −16.6 1 1 1 1 1 −1 1 10−4 M 10−5 M 10−5.5 M = [H + ] − [OH − ] − [HCO3− ] − 2[CO32− ] = −[N aOH]T = −10−5.5 M = [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] = 10−5 M = −T otH = [N aOH]T = 10−5.5 M KAPITEL 6. SÄUREN UND BASEN 52 Im Folgenden wird die Aufgabe zur Demonstration weiter bearbeitet, um den pH - Wert zu errechnen. Die Aufgabe wird vereinfacht, indem angenommen wird, dass einer der Teile der T ot H - Gleichung viel grösser ist als die anderen Spezies. TotH = TotH2 CO3∗ = = (6.20) −[HCO3− ] ∼ = −[N aOH] = −10−5.5 M −10.3 −5.5 10 × 10 = 106.3 [H + ] × 10−5.5 + 10−5.5 + [H + ] 10−5 × [H + ] (6.21) 100.8 [H + ]2 + 10−5.5 [H + ] + 10−15.8 − 10−5 = 0 √ −b± b2 −4ac ) 2a (6.22) Die Lösung der quadratischen Gleichung (x = ergibt pH = 5.99. Gleichung 6.21 stellt die Tot H2 CO∗3 - Gleichung des Tableaus dar, in der die Spezies der Kohlensäure durch die angenommene Konzentration an HCO3− (Gleichung 6.20) und die Gleichgewichtsreaktionen der Kohlensäure ausgedrückt werden. Der Äquivalenzpunkt hängt von der Konzentration der gesamten Karbonatkonzentration ab, wie aus Abbildung 6.1 ersichtlich ist: je höher die Konzentration der Kohlensäure ist, desto weiter verschiebt sich der Äquivalenzpunkt in den sauren Bereich. (”. . . es ist ja auch mehr Säure gelöst . . . ”) Zum Selbststudium Morel (1993, pp 161-164). Wäre in der obigen Lösung das Karbonat nicht als H2 CO3∗ sondern als Bikarbonat oder als festes Karbonat vorhanden, würde nicht H2 CO3∗ die Komponente des Tableaus, sondern die jeweilige Hauptspezies des Karbonats. Die graphische Lösung der Aufgabe wäre dann bei anderen Schnittpunkten zu finden: Lösung von Bikarbonat N aHCO3 : H2 CO3∗ ∼ = CO32− . . . − ∼ Lösung von Karbonat N a2 CO3 : HCO3 = OH − . . .. Graphik in (Morel & Hering, 1993, Fig 4.3, Seite 164). Kapitel 7 Alkalinität 7.1 Definition der Alkalinität Das Bodenwasser erhält basische Bestandteile aus der Gesteinsverwitterung und aus basischen Stäuben aus dem Niederschlag. Starke Säuren werden mit dem Niederschlag eingetragen oder im Zuge von biologischen Umsetzungsprozessen gebildet. Die starken Säuren sind H2 SO4 , HN O3 , HCl. Der Basenüberschuss gegenüber den starken Säuren ist die Alkalinität. Unterscheide: • aktueller pH-Wert = ”Intensitätsfaktor” • Reservoir an verfügbaren H+ -Ionen, Kapazität zur Neutralisierung von Basen = ”Kapazitätsfaktor” • Basen-Neutralisierungskapazität ist die Protonenbilanz, bezogen auf ein Referenzniveau. • Spezies über Referenzniveau minus Spezies unter Referenzniveau Das einfache Rezept aus dem Kapitel 6.3 wird, mit geringfügig veränderten Gesamtkonzentrationen, um einen basischen Bestandteil erweitert. Dieses Tableau wurde auf Seite 51 bereits gezeigt. Rezept aus Kapitel 6.3: 10−4 M N aCl, 10−5 M CO2,aq , 10−5.5 M N aOH Als Reaktionen laufen die Gleichungen 6.15, 6.16, 6.17 ab. Die Liste der Spezies lautet: H + , OH − , H2 CO3∗ , HCO3− , CO32− , N a+ , Cl− 53 KAPITEL 7. ALKALINITÄT + H OH − H2 CO3∗ HCO3− Das Tableau: CO32− N a+ Cl− N aCltot CO2 N aOH 54 H+ 1 −1 N a+ Cl− H2 CO3∗ log K −14 1 1 1 −1 −2 −6.3 −16.6 1 1 1 1 1 −1 1 10−4 10−5 10−5.5 Das Rezept besagt, dass die Base N aOH und die Säure H2 CO3 etwa gleiche Konzentrationen aufweisen. Daher wird der pH - Wert der Lösung etwa neutral sein. Die einzige starke Base ist N aOH, die Lösung enthält also ”Alkalinität”, deren Grössenordnung gleich der Konzentration der Natronlauge ist. Definitionen der Alkalinität: Alkalinität 1 Die Alkalinität ist die negative Tot H - Gleichung, wenn die gewählten Komponenten die Prinzipalkomponenten beim CO2 -Äquivalenzpunkt sind. Alkalinität 2 Die Alkalinität ist definiert als der Überschuss starker Basen gegenüber starken Säuren. Demnach handelt es sich um jene starken Basen, die mit schwachen Säuren im Gleichgewicht stehen. Starke Basen entstehen im Boden aus der Gesteinsverwitterung (vgl. Gleichungen 6.9, 6.10, 6.11, 6.12). Alkalinität 3 Die Alkalinität ist aus dem Tableau direkt ersichtlich, wenn H + als Komponente gewählt wurde. Die Alkalinität ist minus T otH 1 . Alkalinität 4 Die Alkalinität ist die Differenz zwischen den ”starken Kationen” und den ”starken Anionen”. – Als Erklärung: Die positive Ladung der ”starken Kationen” bestimmt, bis zu welchem Grad die schwachen Säuren dissoziiert sind. Alkalinität 5 Die Alkalinität ist die Summe der Basen, die mit einer starken Säure titrierbar ist - klassische, operationale, Definition (Stumm, 1992). [Zur Methode der Gran-Titration: Web-Pages http: // oregon. usgs. gov/ alk/ , Manuskript (Rudan-Tasič & Klofutar, 1998)]. Alkalinität 6 Die Alkalinität einer Lösung ist die Säureneutralisationskapazität, wenn der Endpunkt der CO2 -Äquivalenzpunkt ist. – Experimentelle Fehler durch Verlust von CO2 und durch unvollständige Titration von schwachen Säuren, deren Äquivalenzpunkt nahe beim CO2 -Äquivalenzpunkt liegt. 1 Die konzeptionell einfachste Definition! KAPITEL 7. ALKALINITÄT 55 Hinweise: • Alkalinität ist eine der best verstandenen Konzepte in der Gewässerchemie. • Alkalinität ist unabhängig von der Temperatur!! Gleichgewichtskonstanten sind hingegen T-abhängig. — Es kommen in der Gleichung der Alkalinität keine K-Werte vor! • Alkalinität kann in verschiedenen Formen ausgedrückt werden – entweder durch Karbonatspezies oder durch Kationen- Anionenbilanz. • Alkalinität wird im Labor durch Gran-Titration bestimmt – das ist einfach! • Alkalinität wird in Ladungs-Äquivalenten [molc /L], [eq/L] angegeben. Eine beispielhafte Diskussion des Themas Alkalinität aus der Sicht der strikten Gewässerchemie ist in Sigg & Stumm (1989, Kapitel 3.5-3.8). Eine interessante Anwendung des Konzepts der Alkalinität ist in Reuss & Johnson (1986)2 besonders griffig dargestellt. Als Kennwert zum Säurestatus eines Bodens ist die Alkalinität nützlich (Kölling & von Wilpert, 2000). 7.2 Alkalinität - rechnerisch Im einleitenden Kapitel 7.1 wurde ein Tableau erstellt dessen ’Tot’- Gleichungen lauten (siehe Seite 51 und folgende): T otH = [H + ] − [OH − ] − [HCO3− ] − 2[CO32− ] = = −[N aOH]tot = −10−5.5M T otN a = [N a+ ] = [N aOH]tot + [N aCl]tot T otCl = [Cl− ] = [N aCl]tot (7.1) (7.2) (7.3) Aus der Definition der Alkalinität 3 und 2 erhält man3 : Alk = −T otH = [N aOH] = 10−5.5 M (7.4) Alk = [T otN a] − [T otCl] = starke Base starke Säure [N aOH]tot + [N aCl]tot − [N aCl]tot = 10−5.5 M (7.5) = 2 Das ist Pflichtlektüre!! - Auf nur 100 Seiten eine starke Abhandlung von Bodenchemie, Bodenwasserchemie und deren Beeinflussung durch saure Niederschläge – keine Fallstudie sondern Theorie ”on the rocks”. 3 Die Bezeichnung ”starke Base” oder ”basisches Kation” für die Tot Na-Gleichung ist unpräziser bodenkundlicher Jargon. Ein Vorschlag, der sich im Sprachgebrauch bisher nicht durchgesetzt hat, wäre ”Basenkation”. Diese Anmerkung gilt auch für die verschiedenen Definitionen der Alkalinität. - Für Säuren gilt das Begriffspaar stark / schwach im Vergleich zu Wasser. Für Kationen gilt das Begriffspaar stark / schwach in Bezug auf die Bereitschaft, Elektrolyte zu bilden. KAPITEL 7. ALKALINITÄT 56 Gleichung 7.5 ergibt sich als Differenz der TotN a - Spalte und der TotCl Spalte. Die Vermutung über die Höhe der Alkalinität auf Grundlage des Rezeptes wurde somit bestätigt: die Alkalinität ist genauso gross wie die zugegebene Base N aOH. Die starke Base NaOH liefert überschüssige positive Ladungen, die von den Anionen der schwachen Säuren neutralisiert werden. Die Alkalinität ist genauso gross wie die zugegebene Base N aOH. – Die starke Base NaOH liefert überschüssige positive Ladungen, die von den Anionen der schwachen Säuren neutralisiert werden. Botschaft 1 Die Alkalinität ist die Überschussladung der Anionen der schwachen Säuren. Botschaft 2 Die Alkalinität ist die Überschussladung der Kationen der starken Basen. Die Definition 1 der Alkalinität kann aus dem Tableau abgeleitet werden. Man geht nun von einem etwas komplexeren System aus, das neben der Kohlensäure noch eine ganze Reihe weiterer schwacher Säuren enthält. Weiterhin gilt, dass ein natürliches aquatisches System zwischen pH 4 und 6 von der Kohlensäure dominiert ist. Die Prinzipalkomponenten, das sind die jeweils dominierenden chemischen Spezies, sind H2 O, H + , H2 CO3∗ , N H4+ , H2 S, H2 SiO3 , H2 P O4− , B(OH)3 . Nun wird die Konvention angewandt, diese dominierenden Spezies als Komponenten des Tableaus zu verwenden: + H OH − HCO3− CO32− H2 CO3∗ N H3 N H4+ H2 S HS − S 2− H2 SiO3 HSiO3− SiO32− HP O42− P O43− H3 P O4 H2 P O4− B(OH)3 B(OH)− 4 Alk = H+ 1 −1 −1 −2 −1 −1 −2 −1 −2 −1 −2 1 −1 H2 CO3∗ N H4+ H2 S H2 SiO3 H2 P O4− B(OH)3 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 −T otH = −[H + ] + [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] + [N H3 ] + N-Alk C-Alk KAPITEL 7. ALKALINITÄT 57 + [HS − ] + 2[S 2− ] + S-Alk + [HSiO3− ] + 2[SiO32− ] + [B(OH)4 ] − B-Alk Si-Alk − [H3 P O4 ] + [HP O42− ] + 2[P O43− ] P-Alk (7.6) Merke: H3 P O4 ist negativ angegeben, da es über dem Referenzniveau beim CO2 - Äquivalenzpunkt liegt. H2 P O4− ist nicht angeführt, da es eine Prinzipalkomponente ist und daher nicht in der TotH-Gleichung vorkommt. Das Referenzniveau. graphisch · · · H3 P O4 1 H + + ∗ H O H CO N H · · · H2 P O4− 0=Ref-Niveau 2 2 3 4 − −1 OH − HCO3 N H3 · · · HP O42− −2 CO32− · · · P O43− Wenn in einer Wasserprobe ein Überschuss an den basischen Kationen (Kalzium, Magnesium, ...) gegenüber den Anionen der Mineralsäuren (Chlorid, Sulfat, ... d.s. die Anionen starker Säuren!) besteht, muss die Ladungsdifferenz von weiteren Anionen ausgeglichen werden. Diese ”weiteren” Anionen sind die Anionen der schwachen Säuren. Da Borat, Silikat und Ammonium häufig geringe, ladungsmässig völlig unbedeutende Konzentrationen aufweisen, fällt die Hauptlast des Ladungsausgleichs den Spezies der Kohlensäure zu. In Gewässern, die im Gleichgewicht mit dem CO2 der Atmosphäre sind, kann die Alkalinität ausgedrückt werden als Alk Alk = = [HCO3− ] + 2[CO32− ] + [OH − ] − [H + ] (7.7) [N a ] + [K ] + 2[M g ] + 2[Ca ] − −2[SO42− ] − [Cl− ] − [N O3− ]. (7.8) + + 2+ 2+ Die Trennung der schwachen Säuren und starken Säuren in Gleichung 7.8 erlaubt die Beschreibung eines Puffersystems. Wenn mehr starke Base zugefügt wird, dissoziieren die schwachen Säuren zunehmend (H2 CO3∗ → HCO3− → CO32− ) um den Ladungsausgleich herzustellen. Es ist daher der Dissoziierungsgrad der schwachen Säuren, der den pH-Wert des Wassers reguliert. Die Dualität der beiden Gleichungen 7.7 und 7.8 ergibt sich aus der Forderung nach balanzierten Ladungen. [N a+ ] + [K + ] + 2[M g 2+ ] + 2[Ca2+ ] + [H + ] = 2[SO42− ] + [Cl− ] + [N O3− ] + [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] (7.9) Gleichung 7.9 kann umgeformt werden zu [N a+ ] + [K + ] + 2[M g 2+ ] + 2[Ca2+ ] − 2[SO42− ] − [Cl− ] − [N O3− ] = = [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] − [H + ] (7.10) Alkalinität KAPITEL 7. ALKALINITÄT Mg2+ K+ Ca2+ HCO− 3 CO2− SO2− Cl− 3 4 58 Na+ NO− 3 - Alkalinität Abbildung 7.1: Darstellung der Alkalinität aus der Ladungsbilanz eines nichtsauren Wassers (Schnoor, 1996). Beachte: Die Konzentrationen von H+ und OH− sind vernachlässigbar. Die Alkalinität ist die Summe der konservativen Kationen weniger der Summe der konservativen Anionen. Konservative Kationen: Kationen der starken Basen, Ca(OH)2 , KOH, . . . konservative Anionen sind Anionen der starken Säuren. Die rechte Seite von Gleichung 7.10 ist gleich der rechten Seite von Gleichung 7.7. Somit ist die linke Seite von Gleichung 7.10 ein gültiger Ausdruck für die Alkalinität. Botschaft 3 Die Alkalinität ist nicht strikt eine Ladungsbilanz, sondern eine Säure-Basenbilanz. Vergleiche dazu die Definition 1. Der Äquivalenzpunkt (vgl. Kapitel 6.3) beschreibt einen Referenzzustand, bei dem die schwachen Säuren und Basen balanziert sind. Die Alkalinität ist das Defizit an Protonen (-Tot H), das durch starke Basen verursacht wird. Die starken Säuren und Basen sind beim Äquivalenzpunkt total dissoziiert. Da alle Konzentrationen der linken Seite von Gleichung 7.10 als ’konservative’ Ionen unabhängig vom pH-Wert sind, wird in dieser Schreibweise die Unabhängigkeit der Alkalinität vom pCO2 ersichtlich. Im folgenden Tableau wird demonstriert, wie Komplexe zur Alkalinität bei- KAPITEL 7. ALKALINITÄT 59 tragen. Es werden exemplarisch nur Ca-Komplexe gezeigt. + H OH − HCO3− CO32− H2 CO3∗ ... CaCO3 Ca(HCO3 )2 CaOH CaHP O4 H+ 1 −1 −1 −2 ... −2 −2 −1 −1 H2 CO3∗ 1 1 1 ... 1 1 . . . Ca ... ... ... ... 1 1 1 1 Die Ca-Komplexe gehen negativ in die Tot-H-Gleichung ein und erhöhen die Alkalinität. Eine der wichtigsten Eigenschaften der Alkalinität ist ihre Unabhängigkeit vom Partialdruck des Kohlendioxids, obwohl der pH-Wert und die Konzentration an HCO3− vom p CO2 abhängig sind. Formal ist dies daraus ersichtlich, dass letzterer in keiner Gleichung für die Alkalinität aufscheint bzw. dass die Konzentration der (stark basischen) Kationen vom Gasaustausch nicht betroffen wird. Die pragmatische Begründung: ’CO2 (bzw. H2 CO3∗ ) ist eine Komponente des Tableaus und scheint daher in der Tot-H-Spalte nicht auf’. Durch Zu- oder Abnahme des pCO2 verändern sich die Konzentrationen an H + , OH − , HCO3− und CO32− , doch die Alkalinität bleibt unverändert. Die Veränderungen heben sich gegenseitig auf, sodass die Summe nach Gleichung 7.7 unverändert bleibt. Konversionen: Bei Kenntnis der Alkalinität und des CO2 -Partialdrucks kann der pH-errechnet werden: pCO2 , Alk Alk Alk → pH = = (7.11) + − + [HCO3− ] + 2[CO32− ] + −1 −6.3 −1.5 −[H ] + [OH ] −[H + ] + 10−14 [H ] + 10 × 10 pCO2 (7.12) × [H ] + + −1 2 × 10−6.3 × 10−10.3 × 10−1.5 pCO2 [H + ]−2 Alk × [H + ]2 = | ×[H + ]2 (7.13) + 3 −14 + −6.3 −1.5 + −[H ] + 10 [H ] + 10 × 10 pCO2 [H ] + + 2 × 10−6.3 × 10−10.3 × 10−1.5 pCO2 (7.14) Vorteil: Wenn eine Probe geworben wird und danach CO2 abgibt oder aufnimmt, ändert sich zwar der pH-Wert, nicht aber die Alkalinität. Bei Kenntnis der Alkalinität (aus Titration) und dem Partialdruck des Kohlendioxids (aus separater Messung) kann der korrekte pH-Wert errechnet werden. Weiters ist die Alkalinität - anders als chemische Gleichgewichtskonstanten - von der Temperatur unabhängig. Die Alkalinität ist daher nicht eine abstrakte Grösse von theoretischer Bedeutung, sondern eine universelle, dem pH-Wert vergleichbare Grösse. Wenn eine Wasserprobe geworben wird, muss das Probefläschchen sofort (!) randvoll gefüllt und luftdicht verschlossen werden um den Gasaustausch mit der Atmosphäre zu verhindern (Schaffung eines echten geschlossenen Systems). Die KAPITEL 7. ALKALINITÄT 60 Probe wird dann ins Labor transportiert und dort wird entweder der pH oder die Kohlenstoffkonzentration (Ctot ) gemessen und die Alkalinität wird durch Titration bestimmt; die Speziierung der Kohlensäure ist damit komplett. Man hat die folgenden Möglichkeiten zur Ergebniskontrolle (linke Seite ”gemessen”, rechte Seite ”ergibt sich”): Alk, Ctot Alk, pH → pH → Ctot (7.15) (7.16) Ctot , pH → Alk (7.17) Ctot = [H2 CO3 ] + [CO2,aq ] +[HCO3− ] + [CO32− ] [H2 CO3∗ ] Aus der Gleichung 7.8 ist ersichtlich, dass die Nährstoffaufnahme durch die Pflanzen (Kationenüberschuss) zu einer Verringerung der Alkalinität in der Bodenlösung, und gleichzeitig zu einer Erhöhung der Alkalinität der pflanzlichen Biomasse. Dem Boden werden die entzogenen Kationen mit dem Streufall (Wald) oder durch Düngung (Landwirtschaft) zurückgegeben (van Breemen et al., 1983). Van Breemen (1983) stellt dar, wie die Alkalinität als ”Acid Neutralizing Capacity” (ANC) ines Bodens aus häufig verfügbaren Bodenkennwerten errechnet werden kann. Diese Vorgangsweise ist zu Recht stark kritisiert. Er geht davon aus, dass eine ”Gesamtanalyse” des Bodens vorliegt. In der Bodenchemie wird darunter der Säureaufschluss verstanden. AN CBoden = 6[Al2 O3 ] + 2[CaO] + 2[M gO] + 2[K2 O] + 2[N a2 O] + + 4[M nO2 ] + 2[M nO] + [F e2 O3 ] + 2[F eO] − − 2[SO3 ] − 2[P2 O5 ] − [HCl] (7.18) Bei pH = 5 vereinfacht sich unter Bodenbedingungen die Gleichung, da die metallischen Säuren bei hohen pH-Werten bedeutungslos sind. AN CBoden = 2[CaO] + 2[M gO] + 2[K2 O] + 2[N a2 O] + 2[M nO] + 2[F eO] − 2[SO3 ] − 2[P2 O5 ] − [HCl] (7.19) Der Schritt von Gleichung 7.18 zu Gleichung 7.19 muss gedanklich vollzogen werden, da der Gesamtaufschluss einer Bodenprobe natürlich auch bei hohem pH Messwerte für Säuren, die in Form von Metallhydroxiden vorliegen, liefert. Eine interessante Überlegung zu Gleichung 7.8 ist bei Drever (1988) zu finden. Eine Ladungsbilanz einer Wasserprobe, in der nur Kohlensäure gelöst ist, lautet [H + ] = [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] (7.20) [HCO3− ], [CO32− ] Das heisst, sobald Kohlensäure in Wasser gelöst ist (i.e. > 0), muss [H + ] > [OH − ] sein. Ist der pH-Wert einer Wasserprobe grösser als 7, muss ein anderes Kation ausser H + an der Ladungsbilanz beteiligt sein. KAPITEL 7. ALKALINITÄT 61 Tabelle 7.1: Tableau für NaOH und Kohlensäure, gelöst in Wasser. + H OH − H2 CO3∗ HCO3− CO32− N a+ [N aOH]T [CO2,aq ]T H+ 1 −1 1 −1 −1 1 HCO3− N a+ log K −14 6.3 1 1 1 −10.3 1 1 2 × 10−3 1.8 × 10−3 1 Die verwitternden Gesteine im Boden wirken als starke Basen. Daher wirkt die Gesteinsverwitterung der Bodenversauerung entgegen. ♥ − −♥ − −♥ Rezept: Ctot = 1.8 × 10−3 M, Alk = 2 × 10−3 M. Bitte beachten: ein diesem gleichwertiges Rezept ist: [N aOH] = 2 × 10−3 M = 10−2.7 M , [CO2,aq ] = 1.8 × 10−3 M . Spezies: Spezies des Kohlensäuresystems und des Wassers. Reaktionen: Dissoziation der Kohlensäure und des Wassers; siehe Gleichungen 6.16, 6.17 und 6.15 . Aus Tableau 7.1 kann man ableiten: T otN a+ = [N aOH] (7.21) Aus Gleichung 6.15 folgt [OH − ] = 10−14 [H + ] (7.22) Da mit der Natronlauge eine grosse Menge an OH − zugegeben wurde, wird in der letzten Gleichung OH − mit N aOH substituiert: + = [N aOH]−1 × 10−14 H + H = 102.7 × 10−14 Die erste Vermutung über die Höhe des pH ist, dass die gelöste Natronlauge voll wirksam wird. Man errechnet: 10−14 /10−2.7 = 10−11.3 pH = 11.3 (7.23) Bei der Lösung der Aufgaben haben wir in diesem Fall ein Problem: Da (Kohlen-)Säure zugegeben wurde, muss der richtige pH niedriger als 11.3 sein. Wir wissen aber nicht a priori, welche die dominierende Kohlensäure-Spezies sein wird. Unverzagt wählen wir HCO3− und erstellen ein Tableau mit HCO3− als Komponente. Aus diesem lesen wir: KAPITEL 7. ALKALINITÄT T otH 62 = [H + ] − [OH − ] − [CO32− ] +[H2 CO3∗ ] = CT − Alk = −2 × 10−4 = −10−3.7M = [H2 CO3∗ ] −Alk T otHCO3− + [HCO3− ] + [CO32− ] (7.24) = CT ot = 10 −2.74 M(7.25) Mit Trial & Error kommen wir zur Annahme, dass in Gleichung 7.24 das [CO32− ] dominiert. [CO32− ] ∼ = 10−3.7 [OH − ], [H2 CO3∗ ], [H + ] (7.26) Für [CO32− ] wird nun die Konzentration aus Gleichung 7.26 in Gleichung 7.25 eingesetzt. Die Konzentration [H2 CO3∗ ] wird weggelassen, da sie vermutlich nicht relevant ist. [HCO3− ] + 10−3.7 HCO3− = 10−2.74 M = 1.6 × 10 −3 (7.27) = 10 −2.8 (7.28) Somit ergibt sich aus den Gleichungen des Karbonat - Gleichgewichts: [H + ][CO32− ] = 10−10.3 M [HCO3− ] (7.29) eine Gleichung für [H + ]. Daraus lassen sich pH und pOH errechnen: [H + ] = 10−10.3 [HCO3− ] = 10−10.3 × 10−2.8 × 103.7 = 10−9.4 [CO32− ] [OH − ] = 10−4.6 pH = 9.4 (7.30) (7.31) pOH − = 4.6 (7.32) Hoppala!!! – Die letzte Zeile (Gleichung 7.31) verstösst gegen die in Gleichung 7.26 getroffene Annahme: [OH − ] ist nicht wesentlich kleiner als [CO32− ]. Wir probieren daher einen neuen Anlauf, in dem die nun errechnete Konzentration [OH − ] berücksichtigt wird: CO32− HCO3− + H = = = 10−3.7 − 10−4.6 = 10−3.76 M 10 10 −2.74 −10.3 − 10 −3.76 × 10 −2.78 = 10 × 10 −2.78 3.76 (7.33) M = 10 (7.34) −9.32 M (7.35) Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu unserer Annahme. Eine weitere Iteration wird das Ergebnis vermutlich noch verbessern. KAPITEL 7. ALKALINITÄT 7.3 63 Alkalinität des Bodenwassers Bodenwasser ist im Kontakt mit Tonmineralen und Oxiden und enthält daher Aluminiumspezies. Diese werden vom klassischen Konzept der Alkalinität nicht erfasst, obwohl sie bei der pH - Pufferung (Aluminium - Pufferbereich!) und als Säuren im Sinne von Lewis grossen Einfluss auf die Bodenazidität haben. Um Aluminiumspezies zu berücksichtigen, wird die Gleichung 7.7 erweitert in Alk = [HCO3− ] + [OH − ] − [H + ] − 3[Al3+ ] − 2[Al(OH)2+ ] − [Al(OH)+ 2 ] (7.36) Unter nicht-basischen Bodenbedingungen ist [CO32− ] gering und wird daher in der Gleichung 7.36 nicht mitgeführt. In der Einleitung des Abschnittes (Kapitel 7.1) wurde betont, dass die Alkalinität einer Wasserprobe unabhängig vom CO2 - Partialdruck ist, da bei Zugabe von H2 CO3 die Kohlensäure dissoziiert, sodass die Differenz von [HCO3− ]−[H + ] konstant bleibt. Im Boden gilt dies nicht, da die bei der Dissoziation von Säuren gebildeten Protonen mit dem Austauscherkomplex des Bodens reagieren, resp. abgepuffert werden. Durch den Prozess der Pufferung werden die Protonen austauschbar gebunden und ’basische’ Kationen (Ca2+ . . . aus der chemischen Gesteinsverwitterung) in die Bodenlösung entlassen. Die Alkalinität der Lösung ist somit hoch. - Die Alkalinität des Bodenwassers wird durch die Erhöhung der Konzentration der Anionen starke Säuren (vgl. Gleichung 7.8), durch die Absenkung des pH - Wertes und der Anhebung der Alx+ - Konzentrationen verringert. Die Anionen starker Säuren kommen überwiegend aus dem Niederschlagswasser 2− (”saurer Regen”, NO− 3 , SO4 ). 7.4 Alkalinität des Bodenwassers - Saure Bedingungen: Enthält die Lösung auch gelösten Kohlenstoff (”dissolved organic carbon”, DOC (H + an organischem Liganden; H-Org; vgl. Kapitel 14.4) und Aluminium, dann wird die undissoziierte organische Säure und Al(OH)3 als Referenzniveau gewählt. Wenn eine Al-hältige Lösung von pH 4 nach pH 10 titriert wird, hydrolysiert es nach Al(OH)3 und setzt 3 Protonen frei. Siehe dazu Gleichung 7.37, die uns später noch als Gleichung 10.16 begegnen wird. Bei hohem pH kann 4 Al(OH)3 noch ein weiteres OH− anlagern und Al(OH)− 4 bilden: Al(OH)3,s Al3+ + 3OH − Umformen Al3+ + 3OH − Al(OH)3,s − + 3OH + 3H Al(OH)3,s + 3H + log K = −33.5 (7.37) log K = −33.5 3H2 O log K = 3 × 14 = 42 3+ log K = 8.5 Al + 3H2 O (7.38) Alk = [Al3+ ]+[Ca2+ ]+[M g 2+]+[N a+ ]+[K +]+[N H4+]−[SO42− ]−[Cl−]−[N O3− ] 4 ”amphoterer Charakter des Aluminium”. KAPITEL 7. ALKALINITÄT - c H+ HCO− 3 64 + Al3+ Ca2+ + Mg2+ + K+ + Na+ + NH4 SO2− 4 Org− Cl− - d - a b NO− 3 - Abbildung 7.2: Alkalinität im sauren Bodenwasser: Alkalinität = a − b = d − c. ”Org−” ist das Anion einer organischen Säure (Schnoor, 1996). Alk = [HCO3− ] + [Org] − [H + ] Im Bodenwasser hat mitunter nicht die Bikarbonatalkalinität den grössten Anteil an der Gesamt - Alkalinität. Besonders in der Humusauflage und im obersten Mineralboden von Waldböden dominieren organische Anionen, die mit Metallen wie Aluminium und Eisen Metallkomplexe bilden. Die Schlüsselvariablen, welche die Alkalinität des Bodenwassers bestimmen, sind • Basensättigung, • pCO2 , • Löslichkeit des Mineralbodens (i.e. Verwitterung), • Anionenkonzentrationen. Organische Säuren haben Dissoziationskonstanten beiderseits des CO2 Äquivalenzpunktes. HA → H + + A− (7.39) Konventionell wird HA als Komponente gewählt. In einem Tableau hat die Spezies A− daher in der Tot-H-Spalte einen Koeffizienten von − 1 . Die Gleichung für die Alkalinität lautet CB-Alk CB-Alk = −[H + ] + [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] + [A− ] (7.40) = Gran-Alk + 4.5 × 10 (7.41) −3 Corg Es bedeutet ’CB’ charge balance. Die CB überschätzt die Alkalinität, daher wird ein empirisch gefundenes Korrekturglied einbezogen. Man nimmt an, dass beim Referenzniveau (Äquivalenzpunkt) die organischen Säuren undissoziert sind. Die dissoziierte Form erhöht daher die Alkalinität (Abbildung 7.1). KAPITEL 7. ALKALINITÄT 7.5 65 Alkalinität – Photosynthese und Respiration Die allgemeine Formel der Photosynthese: 6CO2 + 6H2 O = C6 H12 O6 + 6O2 (7.42) In dieser Form der Photosynthesegleichung ist die Alkalinität nicht betroffen, aber es gibt definitiv pH-Änderungen. Die Konzentration der involvierten Spezies der Kohlensäure hängt vom pH ab: pH pH < 6.3 6.3 < pH < 10.3 pH > 10.3 Reaktion CO2 + H2 O = CH2 O + O2 HCO3− + H + = CH2 O + O2 CO32− + 2H + = CH2 O + O2 Ef f ekt ΔpH = 0 pH ↑ pH ↑ Ausser Kohlenstoff benötigt eine Pflanze auch Nährstoffe. Die Redfield - Formel beschreibt die Zusammensetzung von Organismen: Protoplasma = C106 H263 O110 N16 P Die Aufnahme von Stickstoff in verschiedenen Formen beeinflusst den pHWert. In beiden Fällen werden 16 Einheiten Stickstoff aufgenommen: 106CO2 + 16N O3 + H2 P O4 + 122H2 O + 17H + = 17/106 = Protoplasma + 138O2 0.16 (7.43) 106CO2 + 16N H4 + H2 P O4 + 106H2 O = Protoplasma + 106O2 + 15H + −15/106 = −0.14 (7.44) Die Alkalinität steigt um 0.16 mol/ mol C (Gleichung 7.43) oder sinkt um 0.14 mol/ mol C (Gleichung 7.44), je nachdem welche Stickstoffform aufgenommen wird!! Bei 7 < pH < 9: 106HCO3− + 16N O3− + HP O42 − +16H2O + 124H + 106HCO3− + 16N H4+ + HP O42− + 92H + = Protoplasma + 138O2 = Protoplasma + 106O2 pH ↑ infolge Photosynthese 7.6 Analytische Bestimmung der Alkalinität – Grantitration Die folgende Darstellung folgt den Lehrbüchern (Stumm & Morgan, 1996; Drever, 1988, p.130 ff). Die Titration einer Säure mit einer starken Base. KAPITEL 7. ALKALINITÄT 66 • Konzentration der Säure [HA]tot = C, • Konzentration Base [N aOH]tot = CB . • Als Spezies kommen HA, A− , OH − , H + und N a+ vor. Das Tableau ist in Tabelle 7.2 angegeben. H+ OH − HA A− N a+ HAtot N aOHtot Tabelle 7.2: Tableau für das Titrationsbeispiel. H + HA Na 1 -1 1 -1 1 1 1 C -1 1 CB T otN a = T otH = CB = [N a+ ] = T otN aOH = CB [H + ] − [OH − ] − [A− ] = −[N aOH]tot = −CB (7.45) (7.46) −T otH = [A− ] + [OH − ] − [H + ] (7.47) Einsetzen des Fraktionierungsfaktors (siehe Kapitel 7.7) ergibt: CB = −T otH = C × α1 + [OH − ] − [H + ] (7.48) Der gesamte Verlauf der Titration wird dargestellt als Verhältnis zwischen der Konzentration des Titranden und der Säure: f= CB [N a+ ] = C C (7.49) beziehungsweise [OH − ] − [H + ] (7.50) C Falls die Verdünnung der Säure durch die Zugabe der kleinen Volumina der starken Base zu berücksichtigen ist, muss C korrigiert werden: f = α1 + C = C0 V0 V + V0 ******************** (7.51) KAPITEL 7. ALKALINITÄT 67 In Drever (1988, p. 53) ist die Alkalinitätstitration anhand eines Beispiels erläutert: Rezept: • 1 L 5 × 10−3 M N a2 CO3 • Titration mittels ν mL 1 m HCl Fragestellung: Wie verändert sich der pH-Wert im Zuge der Titration? Reaktionen: H2 O H2 CO3∗ HCO3− → H + + OH − + → H + → H+ + KW = 10−14 (7.52) K1 = 10−6.3 K2 = 10−10.3 (7.53) (7.54) HCO3− CO32− Ausgedrückt nach Massenwirkungsgesetz lauten die Gleichungen 7.52, 7.53 und 7.54: [H + ][OH − ] = 10−14 [H ][HCO3− ] [H2 CO3∗ ] [H + ][CO32− ] [HCO3− ] + (7.55) = 10−6.3 (7.56) = 10−10.3 (7.57) Tableau: H2 CO3∗ HCO3− CO32− N a+ N a2 CO3 H+ -1 -2 CO2,aq 1 1 1 -2 1 N a+ 1 2 Aus dem Tableau folgt: T otCO2,aq = T otN a = [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] = 5 × 10−3 (7.58) [N a ] = 2[N a2 CO3 ] = 2 × 5 × 10 (7.59) + −3 = 10 −2 Ausserdem gilt die Bedingung der Elektroneutralität: [N a+ ] + [H + ] = 2[CO32− ] + [HCO3− ] + [OH − ]. (7.60) Da die Lösung stark alkalisch ist, werden die Konzentrationen von H2 CO3∗ in Gleichung 7.58 und H + in Gleichung 7.60 ungefähr null sein. Gleichung 7.58 vereinfacht sich daher zu KAPITEL 7. ALKALINITÄT 68 T otCO2,aq = [HCO3− ] + [CO32− ] = 5 × 10−3 (7.61) und Gleichung 7.60 zu [N a+ ] = 2[CO32− ] + [HCO3− ] + [OH − ]. Aus den Gleichungen 7.62 und 7.61 wird [CO32− ] (7.62) eliminiert: T otCO2,aq = [HCO3− ] + [CO32− ] 2T otCO2,aq + Na = = 2[HCO3− ] + 2[CO32− ] 2[CO32− ] + [HCO3− ] + [OH − ] [N a+ ] − 2T otCO2,aq = | ×2 −[HCO3− ] + [OH − ] (7.63) (7.64) (7.65) (7.66) =10−2 −2×5×10−3 =0 daraus folgt: [HCO3− ] = [OH − ] = KW [H + ] (7.67) Mit der letzten Zeile (Gleichung 7.67) ist die Aufgabe mittels Bjerrum Plot bereits erledigt. Über der Schnittstelle von HCO3− und OH − werden die Konzentrationen der gesuchten Spezies abgelesen. Intuition zu Gleichung 7.67: ”Für jedes CO32− , das zu HCO3− verwandelt wird, geht der Lösung eine negative Ladung verloren. Um die Lösung elektrisch neutral zu erhalten, muss ein OH − gebildet werden.” – oder – ”Für jedes CO32− , das zu HCO3− verwandelt wird, muss einem H2 O ein H+ entrissen werden, wodurch ein OH− gebildet wird.” Die rechnerische Lösung für den pH-Wert ist eine Freude für die Freunde des Einsetzens: Einsetzen von Gleichung 7.67 in Gleichung 7.57 ergibt [H + ]2 × [CO32− ] = 10−10.3 KW und Einsetzen der Gleichungen 7.55, 7.68 in Gleichung 7.62 ergibt [N a+ ] = 2 × 10−10.3 × 10−14 10−14 10−14 + + + [H ] [H + ]2 [H + ] (7.68) (7.69) Lösen dieser quadratischen Gleichung nach H + ergibt einen pH-Wert von 10.96. Dies ist der pH-Wert am Beginnn der Titration. ♥−♥−♥−♥−♥ Durch die Zugabe von Säure im Zuge der Titration wird [H + ] grösser, während [Cl− ] einfach akkumuliert. Aus der Elektro-Neutralitäts-Bedingung (Gleichung 7.60) wird [N a+ ] − [Cl− ] = [HCO3− ] + 2[CO32− ] + [OH − ] − [H + ] (7.70) KAPITEL 7. ALKALINITÄT 69 In der Gleichung 7.70 werden nun die Gleichungen 7.52, 7.54, 7.53 in Form des Massenwirkungsgesetzes (Gleichungen 7.55, 7.56, 7.57) eingesetzt. 10−2 − 10−3 ν = K1 [H2 CO3∗ ] [H2 CO3∗ ] KW + 2K1 K2 − [H + ] + + + 2 [H ] [H ] [H + ] (7.71) Beachte, dass die Konzentration von N a in mol/L angegeben ist, während die Einheit der zugesetzten Säuremenge mL ist. Daher wird auf der linken Seite von Gleichung 7.71 ν mit 10−3 multipliziert. Nun liegt eine Gleichung mit den Variablen [H + ] und [H2 CO3∗ ] vor. Aus dieser wird [H2 CO3∗ ] eliminiert, indem die einzelnen Glieder der T otCO2,aq Gleichung (Gleichung 7.58) als Funktion von [H2 CO3∗ ] explizit dargestellt werden. Dabei bedient man sich wieder der Spezies der Kohlensäure, wie sie nach dem Massenwirkungsgesetz dargestellt sind. Tot CO2 : 5 × 10−3 = = [H2 CO3∗ ] = [H2 CO3∗ ] [H2 CO3∗ ] + K1 K2 + [H ] [H + ]2 K1 K2 K1 + ) [H2 CO3∗ ](1 + + [H ] [H + ]2 5 × 10−3 K1 K1 K2 1 + [H + ] + [H + ]2 [H2 CO3∗ ] + K1 (7.72) (7.73) (7.74) Die Gleichung 7.74 wird in Gleichung 7.71 substituiert. −10−3ν = −10−2 + K1 K2 [H2 CO3∗ ] K1 [H2 CO3∗ ] + 2 + [H + ] [H + ]2 KW − [H + ] [H + ] 10−3 ν = 10−2 − (7.75) K2 5 × 10−3 × K1 (1 + 2 [H +] ) [H + ] + K1 + K1 K2 [H + ] − 10−14 + [H + ] (7.76) [H + ] Nun wird in einem Spreadsheet eine Kolonne von pH-Werten erzeugt, dann wird für die Konzentration an H + in die Gleichung 7.76 eingesetzt. Das Ergebnis ist die Figur 4-2 in Drever (1988, p. 55) bzw. die Graphk im Excel-Spreadsheet votitr.xls (Nov 1996). ******************** Im Labor wird die Alkalinität durch die Titration zu zwei Endpunkten bestimmt. An den Endpunkten verändert sich der pH-Wert bei Zugabe kleiner Säuremengen stark. Traditionell werden die Umschlagpunkte von Phenolphtalein (pH=9) und Methylorange (pH=4) verwendet. Genauer ist die Titration mit eingetauchter pH-Elektrode. Um die höchste Genauigkeit zu erzielen, wird eine graphische Methode, der Gran Plot, eingesetzt. Bei der klassischen Titrationskurve entsteht infolge der logarithmischen Beziehung zwischen [H + ] und pH eine Kurve. Trägt man stattdessen 10−pH gegen die zugesetzte Säuremenge ν KAPITEL 7. ALKALINITÄT 70 auf, entsteht eine Gerade, die zu [H + ] = 0 extrapoliert werden kann. Der Endpunkt der Titration kann damit genau bestimmt werden. – Die Probefläschchen werden im Gelände randvoll gefüllt und im Labor mit einer starken Säure oder Base titriert. Im Falle einer stark sauren Reaktion der Probe (i.e. pH kleiner als 4) werden durch den Zusatz geringer Volumina einer starken Base (z.B. N aOH) zuerst die schwachen anorganischen und organischen Säuren deprotoniert/dissoziiert. Die Titration wird bis über den CO2 - Äquivalenzpunkt hinaus fortgeführt. — Ausführliche Besprechung in Pankow (1991). 7.7 Fraktionierungsfaktoren In den Tableaus, in dem Kohlensäure vorkommt, wird stets formuliert CT ot = [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] (7.77) Die Gleichgewichtsreaktionen der Kohlensäure sind [H + ][HCO3− ] = 10−6.3 [H2 CO3∗ ] [H2 CO3∗ ] HCO3− = 10−6.3 [H + ] [H2 CO3∗ ] CO32− = 10−16.6 [H + ]2 (7.78) (7.79) (7.80) Einsetzen ergibt Ctot Ctot = = Daraus folgt [H2 CO3∗ ] + [H2 CO3∗ ][H + ]−1 × 10−6.3 + + [H2 CO3∗ ][H + ]−2 × 10−16.6 [H2 CO3∗ ] + −1 × (1 + [H ] × 10 −6.3 (7.81) + −2 + [H ] × 10 α−1 0 [H2 CO3∗ ] = Ctot × α0 . α0 ist der Fraktionierungsfaktor, wenn Ctot als [H2 CO3∗ ] Entsprechend (empfohlene Übung) für [HCO3− ], [CO32− ]. −1 Für [HCO3− ] : α1 = 106.3 [H + ] + 1 + 10−10.3 [H + ]−1 −1 Für [CO32− ] : α2 = 1016.6 [H + ]2 + 1010.3 [H + ] + 1 −16.6 ) (7.82) (7.83) dargestellt wird. α0 + α1 + α2 = 1 Einsetzen der Gleichungen mit Fraktionierungsfaktoren in die Gleichung der Alkalinität Alk = −[H + ] + [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] ergibt Alk = −[H + ] + 10−14 [H + ] + α1 Ctot + 2α2 Ctot Vergleiche dazu Abbildungen im Lehrbuch (Morel & Hering, 1993, fig 4.7 und 4.10). Kapitel 8 Gleichgewicht mit der Gasphase 8.1 Kohlendioxid – CO2 Das Bodenwasser ist zur Atmosphäre hin ein offenes System. Die CO2 - Produktion aufgrund der Wurzelatmung und der mikrobiellen Atmung ist saisonal variabel. 2 Fragestellungen können auftreten: • Wie verändert sich der Chemismus des Bodenwassers bei kurzfristig erhöhtem CO2 - Partialdruck ? • Was bewirkt das langzeitliche Gleichgewicht mit atmosphärischem CO2 ? Die Löslichkeit von Gasen in Wasser sinkt mit der Temperatur und steigt mit dem Molekulargewicht des Gases. Zur Veranschaulichung: die Entwicklung des pCO2 in der Atmosphäre (Abbildung 8.1). Der Anstieg beträgt 1.5 ppm−v pro Jahr (0.04%). Der vorindustrielle pCO2 liegt bei 280 ppm. Rezept: • Alk = 10−3 meq / L; d.i. 10−3 mol NaOH / L • pCO2 = 10−3.5 atm • in wässriger Lösung Spezies: H + , OH − , H2 CO3∗ , HCO3− , CO32− , N a+ . Partialdruck mittels Henry - Konstante umrechnen – Henry - Konstante als ”Partitionsfaktor”. Reaktionen: H2 O CO2,g + H2 O H2 CO3∗ HCO3− pKW = 14 H + + OH − = CO2,aq pKH = 1.5 = = + H + H+ + 71 HCO3− CO32− pK1 = 6.3 pK2 = 10.3 (8.1) (8.2) (8.3) (8.4) KAPITEL 8. GLEICHGEWICHT MIT DER GASPHASE 72 Abbildung 8.1: Anstieg des pCO2 in der Atmosphäre aufgrund anthropogener Prozesse gemessen auf Mauna Loa; Wellenlinie zeigt die saisonalen Schwankungen aufgrund der Bindung von CO2 in der pflanzlichen Biomasse der nördlichen Hemisphäre. Der Datensatz wird stets aktualisiert und auf der angegebenen URL http://cdiac.ornl.gov/trends/co2/sio-mlo.htm veröffentlicht. (Bemerkung: Die zweite Gleichung steht für H2 CO3∗ .) Als Komponenten werden H + , CO2,g und N a+ gewählt und ein Tableau wird erstellt. + H OH − H2 CO3∗ HCO3− CO32− N a+ CO2,g Alk(= N aOHtot ) CO2,tot (=?) H+ 1 −1 CO2,g −1 −2 N a+ log K −14 −1.5 −7.8 −18.1 1 1 1 1 1 −1 1 10−3 M ♥ Da keine Gesamtmenge für CO2 bekannt ist, kann keine Massenerhaltungsgleichung für Tot-CO2 aufgestellt werden. Für die Lösung des Systems müssen daher andere Gleichungen verwendet werden. Tot H: [H + ]−[OH − ]−[HCO3− ]−2[CO32− ] = −[N aOH]T = −Alk = −10−3 (8.5) Tot CO2 : [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] + [CO2,g ] = CO2,tot =? (8.6) Die Konzentration des CO2,aq errechnet sich aus dem Partialdruck des CO2 : [CO2,aq ] = [CO2,aq ] = [CO2,aq ] = [H2 CO3∗ ] = KH × pCO2 −1.5 10 × 10 10−5 (8.7) −3.5 (8.8) (8.9) KAPITEL 8. GLEICHGEWICHT MIT DER GASPHASE 73 Die Spezies der Kohlensäure werden aus den Gleichungen 8.3 und 8.4 errechnet: HCO3− ⇒ CO32− = 10−7.8 [H + ]−1 pCO2 = 10−11.3 [H + ]−1 = ⇒ log[HCO3− ] = −11.3 + pH 10−18.1 pCO2 = 10−21.6 [H + ]−2 log[CO32− ] = −21.6 + 2pH (8.10) (8.11) In der Abbildung 8.2 ist die graphische Lösung dargestellt. Im offenen System liegen die Konzentrationen der Spezies der Kohlensäure auf Geraden. Die Funktionen für [HCO3− ] und [CO32− ] können aus dem oberen Gleichungen als Abhängige vom pH eingetragen werden. Wir erwarten, dass in der Gleichung 8.5 [HCO3− ] dominiert und daher vernachlässigen wir die anderen Spezies. Die Gleichung 8.5 vereinfacht sich daher zu [HCO3− ] = Alk = 10−3 M (8.12) Diese Konzentration kann in das obige Gleichungssystem substituiert werden. Es ergibt sich 10−11.3 × [H + ]−1 = [H + ] = pH = 10−3 10−8.3 (8.13) (8.14) 8.3 (8.15) Die Konzentrationen der anderen Spezies [OH − ], [CO32− ] können dann in der Graphik abgelesen oder durch Substitution errechnet werden. 8.2 Ammoniak in der Luft – N H3 • pN H3 = 10−4 atm • Spezies N H3,g , N H3,aq , N H4 , H + , OH − • KH für N H3 = 101.75 [N H3,aq ] [N H3,aq ] = = 101.75 [N H3,g ] pN H3 (8.16) Es dissoziiert N H4+ : N H4+ = N H3 + H + und es dissoziiert Wasser. Das Tableau lautet log K = −9.3 (8.17) KAPITEL 8. GLEICHGEWICHT MIT DER GASPHASE 74 pH-Wert 4 5 6 7 8 9 10 -5 L sung wird erwartet wo HCO 3 - die Tot-H Gleichung dominiert log C -6 -7 -8 -9 OH - H+ file: d: ja~ vo ~ skriptum ~vo [cph4] CO H2 CO 3 * 3 H CO -4 2- 3 - 3 09/2003 RJa Abbildung 8.2: c-pH Plot für Kohlensäure im offenen System bei einer Alkalinität von 10−5 molc ; das Beispiel ist analog zum Rezept von Seite 71, allerdings ist die Alkalinität um 2 Zehnerpotenzen niedriger, das System ist daher saurer. Angabe: Alkalinität 10−5 M, pCO2 10−3.5 atm, einzige schwache Säure ist Kohlensäure. Der pH-Wert ergibt sich mit 6.3. KAPITEL 8. GLEICHGEWICHT MIT DER GASPHASE + H OH − N H4+ N H3,g N H3,aq H+ 1 −1 1 N H3,g pN H3 8.3 75 log K 1 1 1 = 10−4 atm −14 11.05 1.75 Mehrere Gase Vgl. Lehrbuch (Morel & Hering, 1993, aufgaben 4.3 u 4.4 p 186). – Rezept: • pCO2 = 10−3.5 bar • ST = 10−3.7 M • der pH ist variabel [H2 CO3∗ ] = KH × pCO2 = 10−1.5 × 10−3.5 = 10−5 (8.18) Als Komponenten werden die Gase gewählt → CO2 und H2 S. + H OH − H2 CO3∗ HCO3− CO32− H2 S HS − S 2− [CO2 ]T [S]T T otH T otCO2 T otS H+ 1 −1 −1 −2 CO2,g H2 S log K −14 −1.5 −7.8 −18.1 1 1 1 1 1 1 −1 −2 1 1 −7.02 −13.9 ? 10−3.7 = [H + ] − [OH − ] − [HCO3− ] − 2[CO32− ] − [HS − ] − −2[S 2− ] = 0 (8.19) = [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] = [CO2 ]T =? = [H2 S] + [HS − ] + [S 2− ] = [S]T = 10−3.7 (8.20) (8.21) Erste Annahme: [H2 S] [HS − ], [S 2− ] und Umschreiben von Tot-H: + (8.22) H = [OH − ] + [HCO3− ] + [HS − ] Realitätscheck mit c-pH-Diagramm: + H = [OH − ] [HCO3− ], [HS − ] + H = [HCO3− ] [OH − ], [HS − ] + H = [HS − ] [OH − ], [HCO3− ] N ein N ein ja Ref oder zeichnen KAPITEL 8. GLEICHGEWICHT MIT DER GASPHASE H+ H+ = [HCO3− ] + [HS − ] [H2 S] × 10−7.02 K1 × KH × pCO2 + = [H + ] [H + ] 10−11.3 10−10.72 + [H + ] [H + ] = = H 76 + 2 = 10−10.6 pH = 5.31 Es ergeben sich die folgenden Konzentrationen: 1. [HS − ] = 10−5.41 2. [HCO3− ] = 10−5.99 3. [S 2− ] = 10−14 4. [CO32− ] = 10−11 Die Alkalinität dieses Systems ist Null. – Der pH-Wert dieses Beispiels ist anders als der bei Morel (Morel & Hering, 1993, Beispiel 6). Morel fügt Alkalinität hinzu, spezifiziert dies aber nicht im Rezept. Schritt 2: Bei fixiertem pH: pH = 8 [H2 CO3∗ ] = 10−5 10−6.3 × 10−5 = 10−3.3 HCO3− = 10−8 10−10.3 × 10−3.3 CO32− = = 10−5.6 10−8 = [H2 S] + [HS − ] + [S 2− ] = [S]T = 10−3.7 (8.23) −13.9 − 7.02 [HS ] 10 × 10−8 [HS − ] + [HS − ] + = 10 10−8 (8.24) 10−3.7 = 10−3.74 T otS = T otS = HS − [H2 S] = 2− = S Alk 7.02 (8.25) 10 × 10 −9.64 10 −8 − [HS ] = 10 −4.74 (8.26) (8.27) = −[H + ] + [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] + + [HS − ] + 2[S 2− ] (8.28) ≈ [HCO3− ] (8.29) − + [HS ] = 10 −3.16 Schritt 3: H2 S geht durch Ausgasung verloren Der Verlust von H2 S hat keinen Effekt auf die Alkalinität (Morel & Hering, 1993, nachprüfen: p 187, eq 6.4). Es erfolgt nur eine leichte Steigerung des pH-Wertes durch den Verlust der schwachen Säure H2 S. – Anmerkung: wenn statt H2 S NH3 ausgegast wäre, wäre ein deutlicher Alkalinitätsverlust erfolgt, da N H4 OH ↔ N H3 ein starkes Basenpaar sind. KAPITEL 8. GLEICHGEWICHT MIT DER GASPHASE 8.4 77 Mischung von 2 Wässern Generelle Regel: Wenn Wässer verschiedener chemischer Qualität gemischt werden, müssen die Konzentrationen der Spezies aus dem neuen, gewichtet gemittelten Rezept errechnet werden. – Intensitätsparameter (Konzentration eines Komplexes, pH-Wert) müssen neu errechnet werden. – Die Alkalinität ist ein Kapazitätsparameter und wird wie ein Teil des Rezepts behandelt. Aufgabenstellung: Es sollen 2 Volumsteile von Gewässer 1 und 3 Volumsteile von Gewässer 2 gemischt werden. Die Betrachtung soll vor und nach dem Gasaustausch mit der Atmosphäre behandelt werden. • Gewässer 1: pH = 8.2, Alk = 10−3 M • Gewässer 2: pH = 5.7, Alk = 10−5 M Die Alkalinität ist eine konservative Eigenschaft (capacity factor) und kann daher numerisch gemittelt werden; der pH-Wert ist eine nicht-konservative Eigenschaft (intensity factor) und kann nicht arithmetisch gemittelt werden. – Vorgangsweise: mitteln der Alkalinität; errechnen von Ctot für jedes Gewässer und anschliessend mitteln. Vor dem Gasaustausch: 1. Gewässer 1: HCO3− dominiert die Tot-C-Gleichung Alk = −[H + ] + [OH − ] +[HCO3− ] + 2[CO32− ] = 10−3 (8.30) −10−8.2 + 10−5.8 10−3 (8.31) 10−8.2 Alk = Sowohl [H + ] als auch [OH − ] sind sehr klein, daher vereinfacht sich die Gleichung zu Alk = [HCO3− ] + 2[CO32− ] = 10−3 (8.32) Einsetzen für [CO32− ] ergibt Alk = 10−3 10−3 HCO3− = [HCO3− ] + 2 × 10−10.3 108.2 [HCO3− ] = [HCO3− ] 1 + 2 × 10−10.3 108.2 (8.34) = 10−3.01 M (8.35) (8.33) Die Konzentrationen der anderen Spezies der Kohlensäure werden aus den bekannten Dissoziationsgleichungen berechnet KAPITEL 8. GLEICHGEWICHT MIT DER GASPHASE [H2 CO3∗ ] = CO32− = Ctot = 78 106.3 × 10−8.2 × 10−3.01 = 10−4.91 10 10 −10.3 −4.91 × 10 + 10 8.2 × 10 −3.01 −3.01 + 10 = 10 −5.11 −5.11 = 10 −3 (8.36) (8.37) (8.38) 2. Gewässer 2: – H2 CO3∗ dominiert Alk = 10−5 = −[H + ] + [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] (8.39) Sowohl [CO32− ] als auch [OH − ] sind sehr klein, daher vereinfacht sich die Gleichung zu Alk = −[H + ] + [HCO3− ] = 10−5 (8.40) Einsetzen für [H + ] ergibt HCO3− [H2 CO3∗ ] CO32− Ctot = 10−5 + 10−5.7 = 10−4.92 −6.3 −5.7 −4.92 (8.41) −4.32 = 10 10 10 = 10 −10.3 5.7 −4.92 = 10 10 10 = 10−9.52 (8.42) (8.43) = = 10−4.92 + 10−4.32 + 10−9.52 = 10−4.22 (8.44) 3. Mischung aus Gewässer 1 & 2: Ctot,mix Alkmix pHmix 2 3 2 3 Ctot,1 + Ctot,2 = × 10−3 + × 10−4.22 = 5 5 5 5 (8.45) = 10−3.36 M 2 3 Alk1 + Alk2 = 10−3.39 = = 5 5 (8.46) = 4.06 × 10−4 mmolc /L = = ?? (8.47) Der mittlere pH-Wert wird irgendwo zwischen 5.7 und 8.2 erwartet. Die dominierende Spezies der Kohlensäure ist daher HCO3− . Daher wird im Tableau (Tabelle 8.1) HCO3− als Komponente gewählt. → Wir wollen jetzt aus der Alkalinität und der gesamten Kohlensäure den pH errechnen. Dazu wird die Tot H2 CO3∗ -Gleichung in die Alkalinitätsgleichung eingesetzt. Aus Tableau 8.1 kann man ableiten: T otH = [H + ] − [OH − ] + [H2 CO3∗ ] − [CO32− ] (8.48) KAPITEL 8. GLEICHGEWICHT MIT DER GASPHASE 79 Tabelle 8.1: Tableau für ”Mischung von 2 Gewässern”. (Autor Günter Ball) H+ HCO− log K 3 + H 1 OH− -1 -14 1 1 6.3 H2 CO∗3 -1 HCO− 3 CO2− -1 1 10.3 3 Ctot,mix 1 -3.36 -1 1 -3.39 Alkmix Alk = T otC = [H2 CO3∗ ] = T otC − Alk = = T otC − Alk = T otC − Alk = 10−3.36 − 10−3.39 −[H + ] + [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] T otC − [HCO3− ] − [CO32− ] (8.49) (8.50) (8.51) (8.52) aus der Kombination dieser Gleichungen ergibt sich [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] + +[H + ] − [OH − ] − [HCO3− ] − 2[CO32− ] [H + ] − [OH − ] + [H2 CO3∗ ] − [CO32− ] = T otH 10 −3.36 − 10 −3.39 = 10 −4.52 = T otH (8.53) (8.54) Mit [HCO3− ] als Komponente ist [H2 CO3∗ ] bei einem etwa neutralen pHWert der grösste positive Term der TotH-Gleichung. T otH2 CO3∗ = [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] = T otC = 10−3.36 Daher ergibt sich [H2 CO3∗ ] = Tot H = 10−4.52 . Das ist [H + ], [OH − ], [CO32− ]. Da [H2 CO3∗ ], [HCO3− ] [HCO3− ] folgt weiters: [HCO3− ] = T ot C − [H2 CO3∗ ] = T ot C − Alk = 4.06 × 10−4 = 10−3.39 (8.55) Zuletzt ergibt sich der pH-Wert mit [H + ] = [H2 CO3∗ ] −6.3 = 10−7.43 10 [HCO3− ] CO32− = 10 pH = 7.43 OH − = 10−6.57 −10.3 × 10 7.43 × 10 −3.39 (8.56) (8.57) = 10 −6.26 (8.58) Durch den CO2 -Austausch wird die Alkalinität nicht verändert, aber die Komponenten, aus welchen sich die Alklainität zusammensetzt, werden KAPITEL 8. GLEICHGEWICHT MIT DER GASPHASE 80 verändert. – Im offenen System wird Ctot verändert, aber nicht die Alkalinität. – Die Kationen, durch welche sich die Alkalinität ausdrücken lässt, werden durch ΔCtot nicht verändert!! Gasaustausch – Bis jetzt wurde die gesamte Kohlensäure im System konserviert. Die Löslichkeit der Kohlensäure ist aber abhängig vom pH-Wert. Folglich wird sich ein neues Lösungsgleichgewicht des Kohlendioxids einstellen. Rezept: Alkmix = 10−3.39 molc /L, pCO2 = 10−3.5 atm . Ein Tableau mit H+ und CO2,g als Komponenten hat als Tot-H-Gleichung T otH = [H + ] − [OH − ] − [HCO3− ] − 2[CO32− ] = −Alk = −10−3.39 Beim vorliegenden pH-Wert ist [HCO3− ] jedenfalls der dominierende Term der Gleichung, daher kann man annehmen, dass [HCO3− ] = 10−3.39 ist. HCO3− = 10−3.39 = + H = pH = 10−1.5 × 10−6.3 × pCO2 [H + ] −1.5 × 10−6.3 × 10−3.5 10 = 10−7.91 10−3.39 7.91 (8.59) (8.60) (8.61) Botschaft: Vorsicht, wenn der mittlere pH-Wert von Regenwasser und Bodenwasser bestimmt wird. Kapitel 9 Pufferung im Bodenwasser und im Boden 9.1 Pufferung im aquatischen System Pufferung ist der Prozess, der in einem bestimmten pH-Bereich bei Säurezugabe der Änderung des pH-Wertes entgegenwirkt. Operational ist die Pufferrate aus der Steigung der Titrationskurve abzulesen. Als Gleichung formuliert ist die Pufferung βH βH = − ΔT otH ΔpH [molc /L] (9.1) Ein Näherungswert für die Pufferkapazität eines chemischen Systems wird durch die minor species formula gegeben: λ2i [Si ], (9.2) βH = 2.3 i mit λi . . . Koeffizient des Spezies Si in der Tot-H- Gleichung. Da λ für alle Hauptkomponenten der Tot-H-Gleichung gleich null ist, wird Gleichung 9.2 als ’Nebenspeziesformel’ bezeichnet. (9.3) T otH = λi × [Si ] Für die Nebenspezies gelten die folgenden Massengleichgewichte: [Si ] = Ki + λi H (ai )νi,1 (ai )νi,2 . . . γi (9.4) • Feststoffe: ak = 1 • Gase: ak = pk • Gelöste Stoffe: ak = γk [sk ], wobei γk eine Konstante für ein bestimmtes I ist. 81 KAPITEL 9. PUFFERUNG IM BODENWASSER UND IM BODEN 82 Ableitung check βH = βH = −∂T otH ∂pH −dT otH −dT otH −dT otH = = 2.3 H + dpH d log {H + } dpH Schwache Säuren HA H + + A− pH < pKa pH > pKa pH = pKa jeder pH βH = 2.3 {[A− ] + [H + ] + [OH − ]} βH = 2.3 {[HA] + [H + ] + [OH − ]} βH = beide Gleichungen gelten [HA][A− ] βH = 2.3 [H + ] + [OH − ] + [HA]+[A −] Beispiel 1: Bodenwasser auf karbonatischem Boden, im Gleichgewicht mit einem bestimmten pCO2 im offenen System: Die Hauptkomponente ist CO2 , einsetzen in Gleichung 9.2 gibt βH = 2.3([HCO3− ] + 4[CO32− ] + [H + ] + [OH − ]). (9.5) Bodenwasser auf karbonatischem Boden, im Gleichgewicht mit einem bestimmten pCO2 im geschlossenen System: Die Hauptkomponente ist HCO3− , einsetzen in Gleichung 9.2 gibt βH = 2.3([H2 CO3∗ ] + [CO32− ] + [H + ] + [OH − ]). (9.6) Beispiel 2: Bodenwasser auf karbonatischem Boden, im Gleichgewicht mit einem bestimmten pCO2 und festem Kalziumkarbonat: Die Hauptkomponenten sind CO2 und CaCO3 (Tot-H Gleichung aus Tableau 10.6), einsetzen in Gleichung 9.2 gibt βH = 2.3(4[Ca2+ ] + [HCO3− ] + 4[CO32− ] + [H + ] + [OH − ]). (9.7) In einem heterogenen System steigt die Pufferkapazität, da jeder weitere Systembestandteil additiv seinen Beitrag zur Gesamtpufferung leistet. Eine natürliche Obergrenze der Pufferkapazität ist die Ionenstärke des aquatischen Systems1 Die Alkalinität und die Pufferkapazität sind verwandte Konzepte! 9.2 Pufferbereiche im Boden Karbonatpuffer pH 4.5 - 8 CaCO3 + H + CO2 + H2 O + CaCO3 Ca2+ + HCO3− Ca2+ + 2HCO3− Effekt: Verlust von CaCO3 als Ca(HCO3 )2 1 Nachzulesen in Morel (1993, p 216 f). (9.8) (9.9) KAPITEL 9. PUFFERUNG IM BODENWASSER UND IM BODEN 83 Austauscherpufferbereich pH 8 - < 3 2H + + BCX + H + R − COO(BC) H2 X + BC 2+ R − COOH + BC + (9.10) (9.11) Effekt: Protonierung eines Austauschers durch Verlust austauschbare Kationen BC (Gleichung 9.10) und Protonierung der organischen Substanz (Gleichung 9.11). Erweiterter Austauscherpufferbereich pH 8 - < 3 2Al3+ + 3BCX AlX + 3H 2XAl + 3BC 2+ Al3+ + H3 X + (9.12) (9.13) Silikatpufferbereich pH < 7 - < 4.5 Plagioklas + 2H + + z.B. − (SiO)M + H Tonmineral + H + −(SiO)3 Al + 3H + → Tonmineral + Ca2+ + (9.14) → (SiOH) + M → (Hydr-)Oxid + M + (9.15) (9.16) → Si(OH)3 + Al3+ (9.17) Effekte: Freisetzung basischer Kationen aus dem Kristallgitter, Neubildung von Tonmineralen, Tonzerstörung Al-Pufferbereich pH 4.8 - < 3 Al(OH)3 + 3H + SO42− + Al(OH)3 + + 2H AlOHSO4 + H + Al3+ + 3H2 O AlOHSO4 + 2H2 O Al3+ + SO42− + H2 O (9.18) (9.19) (9.20) Effekt: freies (monomeres) Aluminium in der Bodenlösung, Freisetzung von Sulfat; ähnliche Reaktionen auch mit Eisen- und Manganoxiden! Eisenpufferbereich pH < 3 F e(OH)3 + 3H + F e3+ + 3H2 O (9.21) Übersichten: (Schwertmann et al., 1987; de Vries et al., 1995; Gläser & Uhlmann, 1994) [Ende Datei vo.p4buff.tex] KAPITEL 9. PUFFERUNG IM BODENWASSER UND IM BODEN Konzentration H + 84 - und HCO 3 bei D-pH 500 Konzentration / mol L -1 400 300 200 100 0 3 4 5 6 7 pH-Wert + H HCO 3 @ pCO 2 = 3% Reuss & Johnson 1986; figure 2.2 - HCO 3 @ pCO 2 = 0.3% - HCO 3 @ pCO 2 = 0.03% - HCO 3 @ pCO 2 = 0.003% reussbiocarb.eps Abbildung 9.1: Beziehung zwischen dem pH-Wert und der möglichen Bikarbonat-Konzentration bei verschiedenen Partialdrücken des CO2 . 9.3 Pufferbereiche der Boden–Festphase 1. Karbonatpuffer: Auflösung von CaCO3 durch Säuren 2. Austauscherpuffer: Verlust an Basensättigung 3. Aluminiumpuffer: Lösung von Al-Oxiden 9.3.1 Säurewirkung der Kohlensäure [CO2,aq ] = [CO2,g ] × KH K = 10−6.3 H2 CO3∗ → HCO3− + H + [H + ] HCO3− = 10−6.3 [H2 CO3∗ ] + H HCO3− = [CO2,g ] × KH ×10−6.3 H + HCO3− (9.22) (9.23) (9.24) (9.25) [H2 CO3∗ ] = [CO2,g ] × 10−7.81 (9.26) Auch durch hohe Konzentrationen der schwachen Kohlensäure kann der pH-Wert des Bodens nur wenig gesenkt werden (Abbildung 9.1). Wenn die HKonzentration im Bodenwasser oberhalb der HCO− 3 -Linie ist, die dem Boden entspricht, dann liegt noch eine andere starke Säure ausser der Kohlensäure vor. KAPITEL 9. PUFFERUNG IM BODENWASSER UND IM BODEN 85 Unterhalb von einem pH-Wert von ≈ 5 ist der Beitrag der Kohlensäure als Anion für das Leaching von Kationen unerheblich. Bodenversauerung durch Kohlensäure ist selbst-limitierend. ⇒ pH unter 4.5 ± nicht möglich. 9.3.2 Al Puffer Gibbsit (Al(OH)3 ) setzt Aluminium frei. Al geht verschiedene OH-Komplexe ein: Al(OH)3 + 3H + 3+ Al + H2 O Al3+ + 2H2 O Al3+ + 3H2 O AlOH 2+ + H + + Al(OH)+ 2 + 2H Die Gleichung 9.27 als MWG: 3+ Al ×1 = KAl = 108.3 + 1 × [H ]3 log KAl = log Al3+ − 3 log H + log KAl pAl = −pAl 3+ (9.27) (9.28) (9.29) (9.30) (9.31) + 3pH (9.32) = 3pH − log KAl (9.33) In Böden, deren Al-Konzentration durch die Löslichkeit von Gibbsit (Alumosilikaten) kontrolliert ist, kann aus Gleichung 9.32 oder 9.33 für jeden pH eine Al3+ -Konzentration errechnet werden. Für die Berechnung der Werte in der Abbildung 9.2, siehe Excel reuss.xls. Die Angaben über die Grösse des K-Wertes des Gibbsit schwanken in einem weiten Bereich. Vergleiche auch Berggren et al (1995) über den Einfluss der organischen Substanz! Ist der K-Wert der Gibbsit-Löslichkeit hoch, wird der pH-Wert des Bodenwassers bei ca 4.5 (≈ 32 μmol H+ L−1 ) stabilisiert. Weitere H+ -Zufuhr erhöht die Al-Konzentration. Bei niedrigerem K-Wert erfolgt die Pufferung bei einem niedrigerem pH-Wert und ist weniger abrupt. Aluminium-Pufferbereich nach Ulrich (Ulrich, 1981; Schwertmann et al., 1987; Gläser & Uhlmann, 1994) 9.3.3 Kationenaustausch Ionenaustausch nach Gaines-Thomas Ks 2 [Al3+ ]2 EAl = 3 [Ca2+ ]3 ECa (9.34) Ks . . . Selektivitätskoeffizient, [Al3+ ], [Ca2+ ] . . . Konzentration der Ionen im Bodenwasser, EAl , ECa . . . Anteile von Ca2+ und Al3+ am Austauscher [%]. Die Menge an Ionen ist am Austauscher jederzeit grösser als in der Bodenlösung. Austauschreaktionen, die als Konsequenz von Änderungen der Konzentrationen im Bodenwasser entstehen, können den Pool der austauschbaren KAPITEL 9. PUFFERUNG IM BODENWASSER UND IM BODEN 86 Al 3+ Konzentration / mol L -1 1000 Gibbsite 800 log K= 9.5 log K = 9 log K = 8.5 log K = 8 600 400 200 Reuss & Johnson 1986 fig 5.1 vgl Excel reuss.xls 11/2001 0 0 50 100 150 200 + H Konzentration / mol L 250 300 -1 Abbildung 9.2: Al-Konzentration in der flüssigen Phase im chemischen Gleichgewicht mit Gibbsit. Ionen nicht verändern (Furrer et al., 1989; Furrer et al., 1990). ⇒ Bodenveränderungen finden nur in Jahren / Jahrzehnten statt. Wenn in Gleichung 9.34 der Ausdruck mit E und Ks konstant gehalten wird, kann die Al-Konzentration aus der Gl 9.34 einfach errechnet werden. Kt Al3+ = = 1/2 2 EAl 3 Ks × ECa 2+ 3/2 Kt × Ca (9.35) (9.36) Die Konzentration von Al3+ ist proportional zur Konzentration von Ca3/2 , das Verhältnis von Ca2+ und Al3+ in der Lösung hängt ab von der Belegung des Austauscherkomplexes. Solange die Ca-Sättigung > 20% ist, ist die Bodenlösung Ca-dominiert. Bei niedrigerer Ca-Sättigung steigt die Al3+ -Konzentration im Bodenwasser rasch an. Kalkpotential Die Gleichung 9.33 lautet Al3+ = KAl × [H + ]3 (9.37) 3+ Auch die Gleichung 9.36 ist ein expliziter Ausdruck für Al man die Gleichungen erhält man . Kombiniert KAPITEL 9. PUFFERUNG IM BODENWASSER UND IM BODEN Gaines Thomas Ks=1 87 Gaines Thomas Ks=0.5 500 Al-Sat: 95% Al-Sat: 90% Al-Sat: 80% Al 3+ / eq L -1 400 300 200 100 Reuss & Johnson 1986, fig 5.2 0 0 100 200 300 Ca 2+ 400 / eq L 500 600 0 100 200 -1 Ca 300 2+ 400 / eq L 500 600 -1 Abbildung 9.3: Der Kationen-Austauscher-Puffer – Konvention nach Gaines Thomas. KAl × [H + ]3 = 2+ Ca = pH − 1/2 pCa = Kt × [Ca2+ ]3/2 2/3 KAl [H + ]2 Kt KAl 1/3 log Kt (9.38) 1 | − log 2 (9.39) (9.40) KL Die Grösse KL ist bekannt als Kalkpotential. Sie drückt die Fähigkeit eines Bodens aus, eine Bodenlösung zu erhalten, die von Ca und Mg anstatt von H und Al dominiert ist. Das KL kombiniert • die Al-Löslichkeit KAl • den Ca/Al Austauschkoeffizient Ks • die Austauscherbelegung EAl,Ca Bei einem Kalkpotential von 3 und einer H+ -Konzentration von 10 μmol/L sind etwa 200 μmol/L Ca2+ in Lösung. Bei 20 μmol H+ muss die Ca2+ -Konzentration schon gewaltig ansteigen (vgl. Abbildung 9.4) ⇒ Austauscherpufferung nach Ulrich! Böden mit hohem Kalkpotential sind gut gepuffert gegen Bodenversauerung. Zusammenfassende Literatur: (Reuss & Johnson, 1986; Schnoor, 1996) KAPITEL 9. PUFFERUNG IM BODENWASSER UND IM BODEN 88 Kalkpotential variabel -- H vs Ca 60000 KL = 2.25 KL = 2.5 KL = 2.75 KL = 3 KL = 3.25 Ca 2+ / mol L -1 50000 40000 Reuss & Jonhson 1986 fig 5.3 ohne AktivKorr 30000 20000 10000 0 0 20 40 60 80 + -1 H / mol L 100 120 140 Abbildung 9.4: Das Kalkpotential als Kennwert, der mehrere Einzelinformationen über den Boden integriert; vgl. Gleichung 9.40. Kapitel 10 Lösung der Festphase File: 10.1 Vorbemerkung vop5fest1.tex Wasser trägt Gebirge ab. In den Flüssen werden 0.5 mg /L kontinentales Material transportiert. 80% des erodierten Materials werden als Teilchen zum Meer transportiert und sorgen für seichte Strände, etwa 20% werden gelöst und gehen chemische Umsetzungen ein. Von diesen 20% handelt die folgende Geschichte. Problemfelder: • In der Geosphäre herrscht kein chemisches Gleichgewicht • Die Existenz bzw. Nicht-Existenz von Nukleationskernen ist für die Ausfällung der Festphase entscheidend • Reaktionskinetik (vgl. Graphit, Diamant) • Löslichkeitskonstanten – vgl. Arbeiten in Geochimica et Cosmochimica Acta: 500o C, 6 bar • Neben reinen Festphasen werden schlecht definierte Mischkristalle gebildet • Die Bildung von Oberflächenkomplexen findet statt, obwohl wir Männer des Geistes sie nicht recht schnallen1 Gesteine werden als Summe von Mineralen behandelt. Für die einzelnen Mineralphasen gibt es Reaktionsgleichungen. Dabei werden die Gesteine/Minerale zumeist recht summarisch behandelt. In vielen Fragestellungen aus der Bodenkunde wären jedoch standortsindividuelle Informationen über die Sedimentgesteine nötig, um sie chemisch korrekt zu behandeln. Die Löslichkeit eines Minerals (im einfachsten Fall bestehend aus einem Metall M und einem Anion L) wird durch sein Löslichkeitsprodukt Ks beschrieben. Für das fiktive Mineral M L3 gilt M L3 3 [M ] [L] 1 Where M + 3L = Ks bei gesättigter Lösung men are males and women are womyn. 89 KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 90 In gelöster Form ist das Ionenprodukt ”IP” [M ][L]3 < Ks . Die Sättigungszahl/Sättigungsindex Ω beschreibt den Grad der Sättigung einer Lösung mit einem Mineral. Ω=1 IP Ks Sättigung Ω≥1 Übersättigung Ω≤1 Untersättigung Ω = In diesem Kapitel ist die Diskrepanz zwischen ”data crunching” und den tatsächlichen Feldbedingungen sehr gross! Alle Ungenauigkeiten beim Verständnis der Festphasenlösung führen zu Ungenauigkeiten bei der Schätzung der Bildung von Alkalinität im Boden. Berechnungen, in welchen die Lösung der Festphasen einbezogen sind, geben daher oft nur die Rahmen (Min-Max) möglicher Lösungszustände an. Als Bodenkundler geben wir – mit Morel – den Geologen die Schuld: It sometimes seems as if xenophobic mineralogists had arranged their multidimensional taxonomy with the intention of forming a maze impenetrable to outsiders. – (Morel & Hering, 1993, p.239) Datenquellen für Reaktionsgleichungen für Minerale in (Stumm & Morgan, 1981) und (Morel & Hering, 1993, pp 243 – 246), und graue Literatur. In der Tabelle 10.1 sind einige Reaktionsgleichungen aufgeführt (Daten aus (Morel & Hering, 1993, Tabelle 5.3)). Tabelle 10.1: Stabilitätskonstanten ausgewählter Minerale. Mineral Reaktionsgleichung Gips CaSO4 .2H2 Os = Ca2+ + SO42− + 2H2 O Ca-Hydroxid Ca(OH)2 (s) = Ca2+ + 2OH − Mg-Hydroxid M g(OH)2 (s) = M g 2+ + 2OH − Gibbsit Al(OH)3 (s) = Al3+ + 3OH − Goethit α − F eOOH(s) + H2 O = F e3+ + 3OH − Kalzit CaCO3 (s) = Ca2+ + CO32− Magnesit M gCO3 (s) = M g 2+ + CO32− Quarz SiO2 + H2 O = H2 SiO3 Al-Silikat Al(OH)3 (s) + H2 SiO3 = 12 Kaolinit + 32 H2 O 1 3 3 + + Muskovit 2 (K2 O.3Al2 O3 .6SiO2 .2H2 O)(s) + H + 2 H2 O = 2 Kaolinit+ K 1 1 1 1 + 2+ Anorthit 2 (CaO.Al2 O3 .2SiO2 )(s) + H + 2 H2 O = 2 Kaolinit + 2 Ca ... ... Minerale, die bei hohen Temperaturen entstehen, sind auf der Erdoberfläche wenig stabil. Die relative Verwitterbarkeit von Mineralen ist in Tabelle 10.2 angeführt. Diese Aufstellung kann für jene Bedeutung haben, die mit dem geochemischen Simulationsmodell Profile (Sverdrup & Warfvinge, 1993; Jønsson et al., 1993) arbeiten. log K -4.62 -5.19 -11.1 -33.5 -41.5 -8.22 -7.46 -4 4.25 3.51 9.83 ... KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 91 Tabelle 10.2: Relative Stabilität von Mineralen (Kolka et al., 1996) K-Feldspat 1.0 Biotit 2.1 Anorthit 3.0 Pyroxene 5.4 Hornblende 17.0 Epidot 17.0 Apatit 18.8 Eine Perspektive zur chemischen Verwitterung gibt das Konzept (Wakatsuki & Rasyidin, 1992): Primärgestein + Deposition = Sekundärgestein + Bodenwasser (10.1) Schema der Lösung von chemischen Gleichgewichtsrechnungen mit Lösung von Festphasen: 1. Angabe des Rezeptes 2. Annahme, dass Festphase vorhanden ist, die Festsubstanz wird daher als Komponente gewählt 3. Lösung der Gleichgewichtsaufgabe 4. falls alle Spezies ausreichend vorhanden sind, ist das Beispiel gelöst, 5. falls für eine Spezies eine negative Konzentration errechnet wird, muss eine andere Spezies als Komponente gewählt werden 6. Neu - Rechnung des Tableaus 7. Kontrolle, ob für alle möglichen Festphasen das Löslichkeitsprodukt unterschritten ist 8. falls weitere Festphasen als wesentlich erachtet werden, muss der Vorgang Punkt für Punkt wiederholt werden. 10.2 Quarzverwitterung (Beispiele aus Drever (Drever, 1988; Drever & Zobrist, 1992, p. 99 - 102). Ein einfacher Fall ist die Lösung von Quarz: SiO2 (s) + 2H2 O H4 SiO4 (aq) K = 10−4 (10.2) Im chemischen Gleichgewicht ist die Konzentration von H4 SiO4 (aq) immer 10−4 M. Natürlich können auch höhere und niedrigere Konzentrationen vorkommen: H4 SiO4 (aq) = < 10−4 > 10−4 untersättigt bezügl SiO2 übersättigt bezügl SiO2 KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 92 Amorpher Quarz ist etwas leichter löslich: SiO2,am + 2H2 O H4 SiO4 (aq) K = 2 × 10−3 (10.3) In beiden Fällen ist für ein c–pH–Diagramm die Dissoziation der Kieselsäure zu berücksichtigen: H4 SiO4 H3 SiO4− H3 SiO4− + H + H2 SiO42− + H + K = 10−9.9 K = 10 −11.7 (10.4) (10.5) Die Lösung der Aufgabe ist völlig analog dem Kohlensäurebeispiel aus dem Kapitel 6.3. Aus dem Bjerrum-Plot kann die Konzentration aller Spezies bei einem bestimmten pH-Wert abgelesen werden. 10.3 Stabilitätsdiagramme – Lösung von Magnesiumsilikat Es wird dargestellt, wie man ein Stabilitätsdiagramm für mehrere Festphasen erstellt: Die Reaktionsgleichungen werden so umgeformt, dass alle Minerale in einer 2-dimensionalen Graphik dargestellt werden; d.h. die Minerale werden als Funktion von 2 Variablen dargestellt. Talk M g3 Si4 O10 (OH)2 + 6H + 4H2 O 3M g 2+ + 4Si(OH)4 [M g 2+ ]3 [Si(OH)4 ]4 Ktalk = [H + ]6 [M g 2+ ] log K = 3 log + 4 log[Si(OH)4 ] [H + ]2 log K = 21.399 + Serpentin M g3 Si2 O5 (OH)4 + 6H + 3M g 2+ + 2Si(OH)4 + 2H2 O [M g 2+ ]3 [Si(OH)4 ]2 Kserpentin = [H + ]6 [M g 2+ ] log K = 3 log + 2 log[Si(OH)4 ] [H + ]2 Sepiolit M g2 Si3 O7.5 OH.3H2 O + 4H + 0.5H2 O + log K M g4 Si6 O15 (OH)2 .6H2 O + 8H + H2 O + Ksepiolit = 2M g +2 + 3H4 SiO4 = 15.76 Quelle phreeqc.dat 2+ 4M g + 6Si(OH)4 [M g 2+ ]4 [Si(OH)4 ]6 = [H + ]8 KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 93 Abbildung 10.1: Stabilitätsdiagramm für Talk, Quarz, Sepiolit und Bruzit (Silikat und Magnesiumsiliktat. Quellen: (Drever, 1988); Datenfile von Phreeqc Version 2005. Ksepiolit = 1031.52 log K = 4 log [M g 2+ ] + 6 log[Si(OH)4 ] [H + ]2 Aus den Gleichungen ist ersichtlich, dass zur Darstellung mehrerer Festphasen in einem einzigen x-y-Diagramm mitunter Transformationen (hier log([M g 2+ ]/[H]2 )) durchgeführt werden müssen. Viele dieser Quotienten sind weniger aus der Sicht der Geochemie interessant, als vielmehr nur für eine graphische Darstellung notwendig. Das Stabilitätsdiagramm für die Minerale ist in Abbildung 10.1 dargestellt. 10.4 Verwitterungsprodukte – Anorthit Das Mineral Anorthit kann durch chemische Verwitterung zu einer Reihe von Verwitterungsprodukten werden. Anorthit → Gibbsit CaAl2 Si2 O8 + 2H + + 6H2 O → 2Al(OH)3 + Ca2+ + 2H4 SiO4 (10.6) KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE K = 94 106.78 (10.7) 1 K = log K = 6.78 = [Al(OH)3 ]2 [Ca2+ ][H4 SiO4 ]2 [CaAl2 Si2 O8 ][H + ]2 [H2 O]6 1 1 [Ca2+ ] log + 2 log H4 SiO4 [H + ]2 | log (10.8) (10.9) Kaolinit → Gibbsit Al2 Si2 O5 (OH)4 + 5H2 O = K = 2 log[H4 SiO4 ] = log[H4 SiO4 ] = 2Al(OH)3 + 2H4 SiO4 10−9.6 −9.6 (10.10) −4.8 (10.11) Anorthit → Kaolinit CaAl2 Si2 O8 + 2H + + H2 O → Al2 Si2 O5 (OH)4 + Ca2+ K = log K = 16.38 = 1016.38 [Ca2+ ] log [H + ]2 (10.12) (10.13) Die Kieselsäure bleibt vollständig in der Festphase erhalten. Daher ist die Grenzlinie parallel zur x-Achse. Ca-Montmorillonit → Kaolinit 3Ca0.33 [Si7.33 Al0.67 ]Al4 O20 (OH)4 + 23H2 O + 2H + 7Al2 Si2 O5 (OH)4 + 8H4 SiO4 + Ca2+ K = 10−15.7 2+ [Ca ] log K = −15.7 = log + 8 log[H4 SiO4 ] [H + ]2 10.5 (10.14) (10.15) Oxidverwitterung Im Folgenden wird ein Beispiel für die Lösung von Aluminium - Hydroxid Al(OH)3,s vorgestellt. Ein analoges Beispiel für F e(OH)3,s ist in Morel (Morel & Hering, 1993, Seiten 247 ff) angeführt. Zu beachten ist, dass im vorliegenden Fall organische Liganden ignoriert werden und dass die Annahme, dass es sich bei der Festphase um Al(OH)3,s handelt, nicht in Frage gestellt wird2 . Rezept: 2 Dieses Beispiel setzen Reuss & Johnson (Reuss & Johnson, 1986) voraus! – Ausserdem wird Gleichung 10.16 in allen möglichen Transformationen ”ohne Vorwarnung” in der Literatur präsentiert. 20 18 16 14 12 10 8 6 -5 -4 3 -6 Kaolinit -5 -4 -3 Anorthit -6 -3 -2 log H4SiO4 2 Kaolinit -5 -4 20 18 16 14 12 10 8 6 -2 Ca-Montmorillonit -6 4 Kaolinit -5 -4 -3 -2 log H4SiO4 Anorthit Ca-Montmorillonit Gibbsit 2+ + 2 log ([Ca ]/[H ] ) -2 Anorthit log H4SiO4 20 18 16 14 12 10 8 6 -3 log H4SiO4 Anorthit Gibbsit 2+ +2 log ([Ca ]/[H ] ) -6 Gibbsit 20 18 16 14 12 10 8 6 Gibbsit 1 2+ +2 log ([Ca ]/[H ] ) Anorthit 95 Gibbsit 20 18 16 14 12 10 8 6 2+ +2 log ([Ca ]/[H ] ) 2+ +2 log ([Ca ]/[H ] ) KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE -6 Kaolinit -5 -4 -3 -2 log H4SiO4 Abbildung 10.2: Herleitung des Stabilitätsdiagrammes für einige mögliche Verwitterungsprodukte des Anorthit (oben) und das fertige Stabilitätsdiagramm (unten); Ref.: (Appelo & Postma, 1996). KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 96 • 10−4 M AlCl3 und • 10−4 M N aOH. Als mögliche Reaktionen kommen laut Fachliteratur (Morel & Hering, 1993; Lindsay, 1979, p. 243) in Frage: Al(OH)3,s 2+ Al(OH) Al(OH)+ 2 Al(OH)3,aq Al(OH)− 4 Al2 (OH)4+ 2 Al3 (OH)5+ 4 Al3+ + 3OH − Al3+ + OH − Al3+ + 2OH − Al3+ + 3OH − Al3+ + 4OH − 2Al3+ + 2OH − 3Al3+ + 4OH − log K = −33.5 (10.16) log K = −9 log K = −18.7 (10.17) (10.18) log K = −27 log K = −33 (10.19) (10.20) log K = −20.3 (10.21) log K = −42.1 (10.22) Dieses Gleichungsset beschreibt den Unterschied zu den vorigen Unterkapiteln (10.3, 10.5): die Festphase wird nicht in eindeutiger Weise gelöst, vielmehr bildet das Verwitterungsprodukt Al3+ mit Wasser eine Reihe von Aquokomplexen. Aus dieser Liste und dem Rezept ergeben sich die Spezies: • H + , OH − , N a+ , Cl− − 4+ • Al(OH)3,s , Al(OH)3,aq , Al(OH)2+ , Al(OH)+ 2 , Al(OH)4 , Al2 (OH)2 , 5+ 3+ Al3 (OH)4 , Al . Ein Tableau mit OH − und Al3+ könnte schnell aufgestellt werden. Dabei müsste angenommen werden, dass keine Festphase vorliegt. Ausserdem würde man auf die T otH - Spalte verzichten. – Die sinnvollere Darstellung des Tableaus mit der Festphase [Al(OH)3,s ] und [H + ] als Komponenten erfordert einiges Umformen, da aus jeder der Gleichungen 10.16 bis 10.22 OH − und Al3+ eliminiert werden müssen. Die umgeformte Reaktionsgleichung wird schliesslich als numerische Gleichung formuliert und logarithmiert, um eine gültige Darstellung für ein c - pH – Diagramm zu erhalten (Tabelle 10.3). Dazu wird jede Spezies als Funktion des pH-Wertes dargestellt. KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 97 Tabelle 10.3: Transformationen der Al-Gleichungen für das Tableau sowie zur Erstellung eines log c - pH-Diagramms. Gleichung 10.16 Al(OH)3,s = Al3+ + 3OH − logK = -33.5 3OH − + 3H + = 3H2 O logK = 42 + 3+ Al(OH)3,s + 3H = Al logK = 8.5 [Al3+ ][H + ]−3 = 108.5 | log log[Al3+ ] = 8.5 − 3pH Gleichung 10.17 Al(OH)2+ = Al3+ + OH − logK = -9 Al3+ + 3OH − = Al(OH)3,s logK = 33.5 2H2 O = 2H + + 2OH − logK = - 28 Al(OH)2+ = Al(OH)3,s + 2H + logK = - 3.5 [H + ]2 [Al(OH)2+ ]−1 = 10−3.5 | log log[Al(OH)2+ ] = −2pH + 3.5 3+ Gleichung 10.18 Al(OH)+ + 2OH − logK = -18.7 2 = Al 3+ − Al + 3OH = Al(OH)3,s logK = 33.5 H2 O = H + + OH − logK = -14 + Al(OH)+ = Al(OH) + H logK = 0.8 3,s 2 −1 0.8 [H + ][Al(OH)+ ] = 10 | log 2 log[Al(OH)+ ] = −pH − 0.8 2 Gleichung 10.19 Al(OH)3,aq = Al3+ + 3OH − logK = -27 Al3+ + 3OH − = Al(OH)3,s logK = 33.5 Al(OH)3,aq = Al(OH)3,s logK = 6.5 [Al(OH)3,aq ] = 10−6.5 | log log[Al(OH)3,aq ] = −6.5 3+ Gleichung 10.20 Al(OH)− + 4OH − logK = -33.0 4 = Al 3+ − Al + 3OH = Al(OH)3,s logK = 33.5 OH − + H + = H2 O logK = 14 + Al(OH)− + H = Al(OH) logK = 14.5 3,s 4 14.5 [H + ]−1 [Al(OH)− ] = 10 | log 4 log[Al(OH)− 4 ] = pH − 14.5 3+ Gleichung 10.21 Al2 (OH)4+ + 2OH − logK = -20.3 2 = 2Al 3+ − 2Al + 6OH = 2Al(OH)3,s logK = 67 4H2 O = 4H + + 4OH − logK = -56 + Al2 (OH)4+ logK = -9.3 2 = 2Al(OH)3,s + 4H 4+ [H + ]4 [Al2 (OH)2 ]−1 = 10−9.3 | log log[Al2 (OH)4+ ] = 9.3 − 4pH 2 Gleichung 10.22 Al3 (OH)5+ = 3Al3+ + 4OH − logK = -42.1 4 3+ − 3Al + 9OH = 3Al(OH)3,s logK = 100.5 5H2 O = 5H + + 5OH − logK = -70 + Al3 (OH)5+ = 3Al(OH) + 5H logK = -11.6 3,s 4 −1 −11.6 [H + ]5 [Al3 (OH)5+ ] = 10 | log 4 5+ log[Al3 (OH)4 ] = 11.6 − 5pH KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 98 Nun kann das Tableau erstellt werden: + H OH − N a+ Cl− Al(OH)3,s Al(OH)3,aq Al(OH)2+ Al(OH)+ 2 Al(OH)− 4 Al2 (OH)4+ 2 Al3 (OH)5+ 4 Al3+ T otAlCl3 T otN aOH T otH = = T otAl(OH)3,s H+ 1 −1 Al(OH)3,s N a+ Cl− log K −14 1 1 2 1 −1 4 5 3 3 −1 1 1 1 1 1 2 3 1 1 3 1 6.5 −3.5 0.8 14.5 −9.3 −11.6 8.5 10−4 M 10−4 M − [H + ] − [OH − ] + 2[Al(OH)2+ ] + [Al(OH)+ 2 ] − [Al(OH)4 ] + 5+ +3[Al3+ ] + 4[Al2 (OH)4+ 2 ] + 5[Al3 (OH)4 ] 3[AlCl3,tot ] − [N aOHtot ] = 3 × 10−4 − 10−4 M = 2 × 10−4 M = = [Al(OH)3,s ] + [Al(OH)3,aq ] + [Al(OH)2+ ] + [Al(OH)+ 2]+ 4+ 5+ 3+ +[Al(OH)− ]= 4 ] + 2[Al2 (OH)2 ] + 3[Al3 (OH)4 ] + [Al −4 [AlCl3,tot ] = 10 M Aus der obigen Gleichung ist ad hoc keine Entscheidung treffbar, welche der Spezies dominiert. Das heisst anders als bei den bisherigen Beispielen können wir aus der Erfahrung keine Vorab-Entscheidung treffen. Aus der T otH - Gleichung wird wieder eine dominierende Spezies angenommen. Es bestehen die folgenden Möglichkeiten: + = 2 × 10−4 = 10−3.699 H Al(OH)2+ = 10−4 Al(OH)+ = 2 × 10−4 = 10−3.699 2 Al2 (OH)4+ = 0.5 × 10−4 = 5 × 10−5 = 10−4.3 2 2 × 10−4 = 4 × 10−5 = 10−4.379 Al3 (OH)5+ = 4 5 Spezies mit negativen Vorzeichen scheiden aus. Widerspruchsfrei mit der Graphik (siehe Excel - file vo fest.xls) ist der pH - Wert von 3.699. Allerdings stimmt das Ergebnis nicht!! Offensichtlich kann keine Spezies voll für die Konzentration der Tot-H Gleichung verantwortlich gemacht werden. Eine weniger intuitive Methode ist, alle Spezies der Tot-H-Gleichung als Funktion von H + auszudrücken, indem die Gleichungen 10.16 bis 10.22 entsprechend umgeformt werden. Vereinfacht (d.h. die polymeren Spezies weglassend) ergibt sich: KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE T otH = 99 + 0.8 + 2 3.5 + H 10 − H 10 Gleichung 10.17 Gleichung 10.18 + −1 −14.5 3 − H 10 + 3 H + 108.5 = 2 × 10−4 M Gleichung 10.20 Gleichung 10.16 H + − 10−14 H + + Diese Gleichung wird in ein Spreadsheet eingetragen. Der richtige pH Wert wird anhand des minimalen Fehlers erkannt (vgl. vo fest.xls / Al-Oxid / p.2). Dann können die Spezies der Tot-Al-Gleichung durch Al3+ und H + ausgedrückt werden. *** keine polymeren Spezies *** 3+ 3+ 3+ 5 Al −15 Al + 10 + 10 T otAl = Al 3 + [H + ] [H + ] 3+ 2 3+ 4 −9.3 Al −23 Al +10 + 10 = 10−4 M [H + ] [H + ] Im Unterschied zu Tabelle 10.3 wird nun jede Spezies als Funktion von [Al3+ ] ausgedrückt. Aus dieser Gleichung kann Al3+ herausgehoben und in Abhängigkeit vom pH explizit berechnet werden. Kommentar zum Spreadsheet: Es ist zu sehen, dass bei der höheren Konzentration (p.2) der pH niedriger ist, und mehr 3-wertiges Al gelöst vorliegt. Bei höherer Al - Konzentration ist mehr Al gelöst als bei niedriger. Das ist eigentlich gegen die Intuition, da doch das System in beiden Fällen genug Metall enthält, um einen Niederschlag zu erhalten. Der Grund ist, dass bei niedrigem pH die Hydrolyse des Al fortschreitet. 10.6 Karbonatlösung – offenes System Die Löslichkeit von Karbonaten bestimmt die Kalziumkonzentration der meisten Gewässer. Wäre die Karbonatlösung ein Prozess ohne organische Beteiligung, könnte man die Kalziumkonzentration aus dem Löslichkeitsprodukt des Kalzits berechnen. CaCO3 = Ca2+ + CO32− Da für jedes Ca [Ca 2+ 2 2+ ] = 10 ein −8.3 CO32− [Ca2+ ][CO32− ] = 10−8.3 (10.23) gebildet wird, könnte man schreiben und [Ca2+ ] = 10−4.15 = 7.1 × 10−5 M (10.24) In der Natur treten jedoch mitunter höhere Ca-Konzentrationen auf. Diese werden von der Konzentration an Karbonat gesteuert, das nicht aus dem Gestein sondern aus Respirationsvorgängen freigesetzt wird. Die Respirationsrate der Mikroorganismen macht einen deutlichen Jahresgang (abh. von der Temperatur und der Bodenfeuchte) und ist im humosen Oberboden weitaus höher als im Unterboden. Ausserdem spielt für die Konzentration an Karbonat der pH-Wert des Bodens eine wichtige Rolle, der seinerseits von vielen Prozessen gesteuert wird (Tabelle 10.4). Überlegungen dieser Art sind wichtig, wenn die Wirkung einer Kalkung auf das Bodenwasser abzuschätzen ist. KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 100 Tabelle 10.4: Konzentrationen der CO32− bei verschiedenen pH-Werten (7, 10) und einem CO2 -Partialdruck von 0.01 atm. pH = 7 pH = 10 [H2 CO3∗ ] = 10−1.5 × pCO2 10−3.5 10−3.5 [HCO3− ] = 10−6.3 [H2 CO3∗ ]/[H + ] 10−2.8 100.2 2− − −10.3 + −6.1 [CO [HCO3 ]/[H ] 10 10−0.1 3 ] = 10 −2.72 CO2 10 mol/L 100.38 mol/L Unser Rezept: CaCO3,s = 10−3 M (0.1 g CaCO3,s , die sich vollständig auflösen) und pCO2 = 10−2.5 atm. Offenes System! . Es werden 10−3 mol/L CaCO3 gelöst. CO32− ist vom pH abhängig: ∗ [HCO3− ] −16.6 [H2 CO3 ] = 10 CO32− = 10−10.3 [H + ] [H + ]2 (10.25) Bei Kenntnis von pCO2 : CO32− = 10−16.6 × 10−1.5 × 10−2.5 /[H + ]2 = 10−20.6 [H + ]−2 (10.26) Wenn CaCO3 ausfällt: [Ca2+ ][CO32− ] = Ksp = 10−8.3 (10.27) Substitution von Gl. 10.26 in 10.27 ergibt [Ca2+ ]max = 10−8.3 = . . . = 1012.3 × [H + ]2 [CO32− ] (10.28) Für jeden pH kann aus dieser Beziehung errechnet werden, wieviel Kalzium gelöst werden kann, bevor bei einem vergegebenen Partialdruck von CO2 Kalzit ausfällt. Nun werden alle Spezies errechnet um zu prüfen, ob Karbonat tatsächlich ausfällt. Dazu wird ein Tableau mit H + , CaCO3 und CO2 als Komponenten erstellt (Tabelle 10.6). Dieses liefert T otH T otCaCO3 = [H + ] − [OH − ] − [HCO3− ] − 2[CO32− ] + 2[Ca2+ ] = 0 (10.29) = [Ca2+ ] + [CaCO3,s ] = 10−3 M (10.30) Inspektion der Abbildung 10.3 lässt als einzige Vereinfachung zu: [HCO3− ] = 2[Ca2+ ] (10.31) KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 101 Abbildung 10.3: Bjerrum Plot für Karbonat und Ca2+ im Gleichgewicht mit pCO2 =3.5 atm. Die Lösung liegt bei [HCO3− ] = 2[Ca2+ ]. Anmerkung: Die Funktion für Ca2+ : log[Ca2+ ] = 8.3 − log[CO32− ], Gleichung 10.23 (Morel & Hering, 1993). Kramen im Gedächtnis fördert zutage: [HCO3− ] = 10−6.3 [H + ]−1 × [H2 CO3∗ ] (10.32) Für [H2 CO3∗ ] wird der Partialdruck des CO2 und die Henry-Konstante substituiert 3 , und als linke Seite von Gleichung 10.31 eingesetzt. Als rechte Seite wird Gleichung 10.28 eingesetzt. 10−6.3 × 10−1.5 × 10−2.5 = [H + ] 2 × 1012.3 × [H + ]2 (10.33) Die Lösung für H + lautet dann [H + ]3 + H = 10−12.6 × 10−1.5 × 10−2.5 × 10−6.3 = 10−7.63 daraus folgend HCO3− = 10−2.66 CO32− = 10−5.33 2+ = 10−2.97 = 1.08 × 10−3 Ca T otCaCO3 = [Ca2+ ] + [CaCO3,s ] = 10−3 (10.34) (10.35) (10.36) (10.37) (10.38) (10.39) Aus der Gleichung 10.39 ergibt sich ein bedauerliches Problem: [CaCO3,s ] = 10−3 − 1.08 × 10−3 = −8 × 10−5 (10.40) Die errechnete Konzentration von Kalzit ist negativ. Kalzit ist nicht ausgefallen, die Komponenten des Tableaus waren daher falsch gewählt. – Bemerkung: 3 . . . [H ∗ 2 CO3 ] = pCO2 × KH × 10−1.5 = 10−4 KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 102 Tabelle 10.5: Tableau für das offene Karbonatsystem ohne Karbonat (Löslichkeitsprodukt unterschritten). H + Ca2+ H2 CO3∗ H+ 1 OH − -1 1 H2 CO3∗ -1 1 HCO3− -2 1 CO32− Ca2+ 1 CaCO3,s -2 1 1 CaCO3 (T ) -2 1 1 Die Annahme der Lösung der Festphase ist eigentlich eine Ungleichung. Man errechnet eine Ca-Konzentration, die in der Lösung nicht vorhanden ist, weil das Löslichkeitsprodukt nicht erfüllt ist. – Falls hingegen CaCO3 nicht vorhanden ist (da Karbonat zur Gänze gelöst), ist kein Löslichkeisprodukt erforderlich. Es muss ein neues Tableau (Tableau in Tabelle 10.5) mit Ca2+ anstelle von CaCO3 als Prinzipalkomponente erstellt werden. Die neue Tot H Gleichung lautet T otH = = [H + ] − [OH − ] − [HCO3− ] − 2[CO32− ] − 2[CaCO3,s ] = (10.41) −2[CaCO3,s ]tot = −2 × 10−3 = −10−2.7 M HCO3− ≈ 10−2.7 [H2 CO3∗ ] = 10−1.5 × 10−2.5 = 10−4 + 10−6.3 × 10−4 H = 10−2.7 pH = 7.6 CO32− = 10−5.4 2+ Ca = 10−3 Die Gleichung 10.31 kann auch aus dem Tableau in Tabelle 10.6 abgeleitet werden. T otH : [H + ] + 2[Ca2− ] = vereinfacht zu 2[Ca2− ] = [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] (10.42) [HCO3− ] (10.43) ♥♥♥♥♥ Beispiel für den Fall, dass der Ligand ”Karbonat” in weitaus höherer Konzentration als das Metall vorhanden ist: KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 103 Tabelle 10.6: Tableau für das offene Karbonatsystem mit Karbonat (Löslichkeitsprodukt überschritten). H + CaCO3 H2 CO3∗ H+ 1 OH − -1 1 H2 CO3∗ -1 1 HCO3− -2 1 CO32− Ca2+ 2 1 -1 CaCO3,s 1 CaCO3 (T ) 1 Rezept: CaCO3,tot N a2 CO3,tot N aHCO3,tot = = = ⎫ 10−4 M ⎬ 2− 10−3 M = 10−2 M = CO3,tot ⎭ −3 8.9 × 10 M In diesem Fall kann die Speziierung nur minimal von der Kalziumkonzentration abhängen. Ein Tableau wird erstellt unter der Annahme, dass Kalziumkarbonat ausfällt. Die Komponenten sind H + , CaCO3 , N a+ und HCO3− . Merke: Karbonat kommt 2 mal im Tableau vor!! Dabei wird gegen keine Regel bei der Wahl der Komponenten verstossen. Als Tot H Gleichung ergibt sich T otH = [H + ] − [OH − ] + [H2 CO3∗ ] − [CO32− ] + [Ca2+ ] = −N a2 CO3,tot = −10−3 (10.44) Da im Rezept eine Menge basischer Verbindungen vorliegt, wird angenommen, dass (10.45) [CO32− ] = 10−3 M . . . Es ergibt sich ein pH von 9.3 . ♥♥♥♥♥ Strategie für Ligand Metall: 1. Spezies, welche im Überschuss vorhanden ist, nach Bjerrum plotten 2. Spezies mit geringerer Konzentration aufzeichnen unter der Annahme mit / ohne Festphase 3. Die niedrigste der Linien bestimmt die Konzentration 4. Kritischer pH Wert für Ausfällung am Kreuzungspunkt der beiden Linien für Metallkonzentrationen. KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 104 Abbildung 10.4: Bjerrum Plot für [Ca2+ ] und Karbonat mit [CO3,tot ] = 10−2 M und [Catot ] = 10−4 M. Zwei Graphen für [Ca2+ ]: Annahme, dass Karbonat ausfällt/nicht ausfällt. Der kritische pH-Wert für die Ausfällung von Karbonat ist beim Schnittpunkt der beiden [Ca2+ ]-Graphen. Die Konzentration an [Ca2+ ] als Funktion des pH-Wertes ist die jeweils niedrigere der beiden [Ca2+ ]Konzentrationen. KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 105 Diese Situation ist in Abbildung 10.4 graphisch dargestellt. Zu beachten: Der Graphik werden 2 Informationen entnommen: (i) Konzentration an freiem Kalzium aus Lösung der Aufgabe (Pkt a), (ii) pH Wert, ab dem Karbonat ausfällt. Geschlossenes System: [Ca2+ ]T = 10−4 M, [CO3 ]T = 10−2 M falls Karbonat ausfällt: [Ca2+ ] = Ks [CO32− ] 2+ = 10−8.3 [CO32− ] falls Karbonat nicht ausfällt: [Ca ] = [Ca]T = 10−4 M kritischer pH bei [CO32− ] = 10−4.3 ♥♥♥♥♥ Strategie für Ligand Metall: [Ca]tot = 10−3.2 M , [CO32− ]tot = 10−3.3 M . 1. Freies Kalzium auftragen (Annahme: kein Niederschlag) [Ca2+ ] = 10−3.2 M 2. Karbonat CO32− auftragen, als ob kein Niederschlag [CO32− ] = 10−10.3 [HCO3− ][H + ]−1 = 10−13.6 [H + ]−1 3. Karbonat CO32− Festphase annehmen [CO32− ] = 10−8.3 [Ca2+ ]−1 = 10−5.1 M 4. Kritischen pH-Wert ableiten: 10−13.6 [H + ]−1 = 10−8.3 /[Ca2+ ] 10−5.1 [H + ] = 10−8.5 pH = 8.5 5. Über pH 8.5 fällt Karbonat aus, die Komponenten des Tableaus sind daher H + , CaCO3 und ausserdem H2 CO3 . Über dem kritischen pH müssen die Konzentrationen der Spezies deutlich sinken, da die Ausfällung Material anzieht. T otCa = = [Ca2+ ] − [CO32− ] − [HCO3− ] − [H2 CO3∗ ] [Ca2+ ]tot − [CO32− ]tot = 10−3.89 (10.46) Alle Konzentrationen der Gleichung 10.46 können als Funktion von [CO32− ] und [H + ] ausgedrückt werden: 10−8.3 [CO32− ]−1 − [CO32− ] − 1010.3 [H + ][CO32− ] − −10−16.6 [H + ]2 [CO32− ] = 10−3.89 klein! (10.47) KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE H+ OH − H2 CO3 HCO3− CO32− Ca2+ M g 2+ CaM g(CO3 )2 CaM g(CO3 )2 10.7 H+ 1 -1 106 Tabelle 10.7: Tableau für Dolomit CaM g(CO3 )2 H2 CO3 -1 -2 2 2 1 1 1 -1 -1 1 1 1 1 Maximale Löslichkeit von Karbonaten Kalziumkarbonat: CaCO3 H2 CO3∗ H + + CO32− CO2 + H2 O CaCO3 + CO2 + H2 O → Ca2+ + CO32− → H + + HCO3− log K = −8.3 log K = −6.3 → HCO3− log K = 10.3 → H2 CO3 ∗ log K = −1.5 2+ → Ca + 2HCO3− (−8.3 + (−6.3) + 10.3 + (−1.5)) = −5.8 Die kombinierte Gleichgewichtskonstante ist 10−5.8 . Somit ist [Ca2+ ][HCO3− ]2 = 10−5.8 pCO2 [H2 O] [CaCO3 ] 1 (10.48) 1 Durch Berücksichtigung der Gleichung 10.31 ergibt sich [Ca2+ ](2[Ca2+ ])2 2+ Ca = = 10−5.8 × pCO2 3 10−5.8 × pCO2 /4 (10.49) (10.50) Somit hat man eine Beziehung zwischen der Ca-Konzentration und dem Partialdruck des CO2 und kann nach Messung von [Ca2+ ] die Konzentrationen aller Karbonatspezies berechnen. Dolomit: CaM g(CO3 )2 ; Tableau in Tabelle 10.7. ** in Tableau zumindest . . . um etwa aus spez ca++ das mg wegzubekommen *** fertig rechnen einsetzen KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 107 Aus diesem Tableau (Tabelle 10.7) wird die Tot H-Gleichung verwendet: H + T otH : + 2[Ca 2+ ] + 2[M g 2+ ] = wegen [Ca] = 4[Ca2+ ] = [OH − ] + [HCO3− ] + 2[CO32− ] (10.51) [M g] vereinfacht zu [HCO3− ] (10.52) Aus der Kombination aller beteiligten Reaktionsgleichungen ergibt sich: CaM g(CO3 )2 2H2 CO3∗ 2H + + 2CO32− 2CO2 + 2H2 O CaM g(CO3 )2 + 2CO2 + 2H2 O → → → → → (4[Ca2+ ])4 [Ca2+ ]2 = 256[Ca2+ ]6 = 2+ Ca = Ca2+ + M g 2+ + 2CO32− 2H + + 2HCO3− 2HCO3− 2H2 CO3∗ Ca2+ + M g 2+ + 4HCO3− 10−11.9 × pCO2 10−11.9 × pCO2 6 10−11.9 × pCO2 /256 log K log K log K log K log K = −16.9 = −6.3 × 2 = 10.3 × 2 = −1.5 × 2 = −11.9 (10.53) (10.54) (10.55) Daraus können wieder die Konzentrationen aller Karbonatspezies berechnet werden. Karstformationen im Gelände: Aus der kombinierten Gleichung für die Karbonatlösung (Seite 106) ist auch ersichtlich, wie der Partialdruck des CO2 die Landschaftsform bestimmt: • sinkt pCO2 , dann muss auch die rechte Seite der Gleichung kleiner werden → Kalzit wird ausgefällt → Bildung von Kalksinterablagerungen, Stalagtiten • erhöht sich pCO2 , dann muss auch die rechte Seite der Gleichung grösser werden → Kalzit wird gelöst → Bildung von Erosionserscheinungen, Höhlen 10.8 Koexistenz von Feststoffen Bei Bodenwasserdaten hat man häufig die Situation, dass verschiedene Festphasen möglich sind, da verschiedene Liganden um dasselbe Metall konkurrieren. Ein aktuelles Beispiel ist etwa die Frage, ob sich in sauren Böden ein Al-Sulfat (Jurbanit) bilden kann, oder ob die organischen Liganden bzw Hydroxid erfolgreich um das Metall konkurrieren. Das Rezept möge lauten 1. F etot = 10−6 M 2. Stot = 10−5 M 3. CO3,tot = 10−3 M KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 108 Als Reaktionen kommen in Frage: H2 O = H + + OH − + − pK = 14 (10.56) pK = 7 pK = 13.9 (10.57) (10.58) H2 S HS − = = H + HS H + + S 2− H2 CO3∗ HCO3− = = HCO3− + H + pK = 6.3 CO32− + H + pK = 10.3 F eSs F eCO3 = = F e(OH)2,s + 2H + F e(OH)+ + H + = = F e2+ + 2H2 O pK = −12.9 F e2+ + H2 O pK = −9.5 (10.63) (10.64) F e(OH)02 + 2H + + F e(OH)− 3 + 3H = = F e2+ + 2H2 O F e2+ + 3H2 O (10.65) (10.66) F e2+ + S 2− pK = 18.1 F e2+ + CO32− pK = 10.7 pK = −20.6 pK = −31 (10.59) (10.60) (10.61) (10.62) Vorerst hat man wohl wenig Ahnung, welche Eisenverbindung ausgefällt werden könnte. Die Tot - Fe - Gleichung muss lauten: [F e]tot = [F e2+ ] + [F e(OH)+ ] + [F e(OH)02 ] + [F e(OH)− 3 ] (10.67) Werden alle Eisen - Spezies durch F e und H + ausgedrückt, ergibt sich F etot = [F e2+ ](1 + 10−9.5 /[H + ] + 10−20.6 /[H + ]2 + 10−31 /[H + ]3 ) = 10−6 M (10.68) Die Gleichung 10.68 kann nun umgedreht werden zu [F e2+ ] = F etot 1 + 10−9.5 /[H + ] + 10−20.6 /[H + ]2 + 10−31 /[H + ]3 (10.69) Bei niedrigem pH - Wert wird der Nenner der Gleichung 10.69 sehr klein und es ergibt sich [F e2+ ] = [F e]tot = 10−6 M (10.70) Dies ist die Lösung, falls keine Festphase ausfällt. Falls F eS ausfällt: [F e2+ ] = 10−18.1 [S 2− ] (10.71) [F e2+ ] = 10−10.7 [CO32− ] (10.72) Falls F eCO3 ausfällt: Jeder der drei Graphen zu den Gleichungen 10.70 bis 10.72 ist in der Abbildung (fig 5.7 Morel) aufgetragen. KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 109 Die jeweils niedrigste Eisenkonzentration stellt die Lösung dar. Es ist zu sehen, dass sich Eisenkarbonat niemals bilden kann! Der kritische pH für den Niederschlag von Eisensulfid wird durch Gleichsetzen der Gleichungen 10.68 und 10.71 erhalten: 10−6 = . . . (10.73) pHkritisch = 6.9 (10.74) Fragestellung: ab welchem pH wird FeS beginnen, auszufallen? Gleichsetzen der Gleichungen 10.69 und 10.71 F etot 10−18.1 = 1 + 10−9.5 /[H + ] + 10−20.6 /[H + ]2 + 10−31 /[H + ]3 [S 2− ] [S(II)]tot = [H2 S] + [HS − ] + [S 2− ] = 10−5 M + 2 = [H ] [S 2− S (10.75) = 2− 7 13.9 + ]10 10 + [H ]10 [S(II)]T [H + ]2 1020.9 + [H + ]1013.9 + 1 13.9 (10.76) [S 2− ] + [S 2− ] (10.77) (10.78) mit 10−6 M pHkrit 10−18.1 [S 2− ] 10−18.1 [H + ]2 1020.9 + [H + ]1013.9 + 1 = [S(II)]T = 7.08 = (10.79) (10.80) (10.81) Bei hohem pH: [F e(II)]T ≈ [F e(OH)3 ] = 10−31 [F e2+ ] [H + ]3 (10.82) Der kritische pH-Wert ist dann 12.1. 10.9 Gewässerreinigung durch Ausfällung - Fallstudie Eine Wasserprobe enthält 10 ppm Ca2+ und 5.5 ppm F − . Das Fluorid ist ein unerwünschter Inhaltsstoff, der durch Gipszugabe ausgefällt werden kann (Appelo & Postma, 1993, Example 3.1). F-Konzentrationen > 3 ppm verursachen Zahn- und Skelettfluorose. Im folgenden Beispiel werden die folgenden Themen behandelt: • Erstellung eines Stabilitätsdiagrammes • Eintragen der gemessenen Ionenkonzentrationen • Erhöhung der Ionenkonzentration durch Zugabe eines zweiten, leichter löslichen Minerals log [F-] KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 110 B -3,5 übersättigt A C -4,0 ungesättigt -3,5 -3,0 -2,5 Fluorit Stabilität Wasserprobe vorher Wasserprobe nach erster Gipszugabe Gleichgewicht Fluorit / Gips log [Ca2+] fluorit.eps / 10/99 vo,jnb see Appelo p 46 f Abbildung 10.5: Stabilitätsdiagramm für Fluorit mit eingetragenen Ionenkonzentrationen einer Wasserprobe vor der Behandlung(•), nach der Zugabe von Gips () und der Endpunkt beim Gleichgewicht von Fluorit und Gips (). Kalziumfluorit dissoziiert nach der Gleichung CaF2 = Ca2+ + 2F − KFluorit = [Ca2+ ][F − ]2 = 10−10.57 (10.83) In logarithmischer Form lautet die Gleichung log KFluorit = log[Ca2+ ] + 2 log[F − ] = −10.57 (10.84) Das Stabilitätsdiagramm ist daher eine Gerade, wenn auf der x-/y-Achse die log- Konzentrationen von Kalzium und Fluorid aufgetragen werden. Man erkennt, dass die Ausfällung von Fluorit ein oberes Limit für die F-Konzentration darstellt. Die Ionenkonzentrationen der Angabe werden in mol/L umgerechnet und logarithmiert und in die Abbildung 10.5 als Punkt A eingetragen. 10 ppm Ca2+ = 10 mg Ca / L = 0.00025 M = 10−3.6 M Ca2+ 5.5 ppm F− = . . . = 10−3.54 M F− . Der Punkt A liegt unterhalb der Geraden. Man erkennt daran, dass die Probe im Verhältnis zu Fluorit ungesättigt ist. – Genau diese Information kann man auch rechnerisch erhalten: 10−3.6 × (10−3.54 )2 = 10−10.68 < KFluorit (10.85) Gips ist leichter löslich als Fluorit: CaSO4 → Ca2+ + SO42− KGips = 10−4.6 (10.86) KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 111 Wenn nun Gips zur Probe zugesetzt wird, wird die Kalziumkonzentration, nicht aber die F-Konzentration erhöht. In der Abbildung 10.5 zeigt der Punkt B das obere Limit. – Rechnerisch wird dieser Punkt gefunden, indem eine CaKonzentration aus der Gleichung 10.83 bestimmt wird, die bei Sättigung der gemessenen F-Konzentration entspricht: [Ca2+ ]B = KFluorit = . . . = 10−3.49 [F − ]2 (10.87) Aus der Differenz der beiden Kalziumkonzentrationen errechnet man die erforderliche Gipsmenge, die erforderlich ist um die Wasserprobe ins Gleichgewicht mit Fluorit zu bringen. 2+ Ca nach Gips − [Ca2+ ]vorher 2+ Ca nach Gips − [Ca2+ ]vorher = 10−3.49 − 10−3.6 = 0.072mmol / L = [SO42− ]B = 10−4.14 (10.88) Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die F-Konzentration nicht verringert. Erst bei weiterer Zugabe von Gips bewegt sich die Zusammensetzung der Lösung entlang der Linie des Fluorit-Löslichkeitsproduktes in Richtung des Punktes C. – Allerdings kann die Zugabe nicht ad infinitum fortgesetzt werden. Irgendwann wird das Löslichkeitsprodukt des Gipses überschritten. Diese Berechnung wird wie folgt durchgeführt: Wenn sich die Zusammensetzung der Lösung entlang der Löslichkeitsfunktion bewegt, wird Fluorit ausgefällt und Gips geht in Lösung. Es gilt: x . . . . . . . . . . . gelöster Gips [mol/L], y . . . . . . . . . . . ausgefällter Fluorit [mol/L]. [Ca2+ ]C , [F − ]C . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Konzentrationen am Ende der Behandlung. Ca2+ = [Ca2+ ]B + x − y C − F C = [F − ]B − 2y 2− SO4 C = [SO42− ]B + x (10.89) (10.90) (10.91) Es gibt 5 Unbekannte, nämlich x, y, [Ca2+ ]C , [F − ]C , [SO42− ]C , die mit den 3 oberen Gleichungen und den Gleichungen 10.83, 10.86 gelöst werden können. – Einige Vereinfachungen sind möglich: aus der Abbildung 10.5 ist ersichtlich, dass die Zunahme von [Ca2+ ] durch die Gipslösung grösser ist als die Abnahme von [Ca2+ ] durch die Fluorit-Ausfällung: x y und daher vereinfacht sich die Gleichung 10.89 zu [Ca2+ ]C = [Ca2+ ]B + x (10.92) Diese Gleichung eingesetzt in Gleichung 10.86 ergibt KGips = 10−4.6 = ([Ca2+ ]B + x) × ([SO42− ]B + x) (10.93) und ausgerechnet x2 + [Ca2+ ]B + [SO42− ]B x + [Ca2+ ]B × [SO42− ]B − KGips = 0 (10.94) KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 112 Eingesetzt in diese Gleichung ergibt x2 + 10−3.4 x − 10−4.6 = 0 x = 10−2.32 = 4.84 × 10−3 (10.95) Man kann 4.8 mmol / L Gips zusetzen um eine Sättigung von Fluorit und Gips zu erreichen. Einsetzen von x in Gleichung 10.92 ergibt [Ca2+ ]C = 10−2.29 , einsetzen in Das Ergebnis ist: Gleichung 10.83 ergibt [F − ]C = K Fluorit = 10−4.14 = 1.4 ppm F − . Daher [Ca2+ ]C hat die Behandlung mit Gips die F-Konzentration um 75 % gesenkt. Allerdings wurde die Sulfatkonzentration auf beträchtliche 468 ppm angehoben. Letzter Programmpunkt ist die Überprüfung der Annahme x y mittels Gleichung 10.90: 1 − [F ]B − [F − ]C = 1.08 × 10−4 2 Die Annahme war o.k. y= 10.10 (10.96) Nachbemerkung Viele Rechenbeispiele für bodenbezogene Fragestellungen sind in der Literatur enthalten. Vgl. Bücher von Garrison Sposito und Werner Stumm. Als besondere Fundgrube zum Thema hat sich auch ”Pankow – Aquatic Chemistry Concepts”4 erwiesen (Pankow, 1991). Viele Beispiele sind in (Appelo & Postma, 1993). Es lohnt sich daher vor der Auswertung eines komplexen Datensatzes zu checken, ob die gegenständliche Fragestellung nicht ohnehin schon aufbereitet ist. 4 siehe Boku Bibliothek KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 113 10.11 Säurekonsumation durch chemische Gesteinsverwitterung 10.11.1 Bildung eines Tonminerals aus Primärmineralen Albit → Kaolinit 2N aAlSi3O8 + 2H + + 9H2 O → Al2 Si2 O5 (OH)4 + 2N a+ + 4H4 SiO4 (10.97) Albit → Montmorillonit 3N aAlSi3 O8 + M g 2+ + 4H2 O → 2N a0.5 Al1.5 M g0.5 Si4 O10 (OH)2 + 2N a+ + H4 SiO4 (10.98) Kalifeldspat → Kaolinit 2KAlSi3O8 + 2H + + 9H2 O → Al2 Si2 O5 (OH)4 + 2K + + 4H4 SiO4 (10.99) Anorthit → Kaolinit CaAl2 Si2 O8 + 2H + + H2 O → Al2 Si2 O5 (OH)4 + Ca2+ (10.100) Pyroxen → Kaolinit [Ca1.15 M gAl0.3 Si1.7 ]O6 + 4.3H + + 0.95H2O → 0.15Al2 Si2 O5 (OH)4 + 1.15Ca2+ + M g 2+ + 1.4H4 SiO4 (10.101) Biotit → Kaolinit 2K[M g2F e][AlSi3 ]O10 (OH)2 + 10H + + 0.5O2 + 7H2 O → Al2 Si2 O5 (OH)4 + 2K + + 4M g 2+ + 2F e(OH)3 + 4H4 SiO4 10.11.2 (10.102) Verwitterung von Primär- zu Sekundärmineralen; ”inkongruente Verwitterung” Anorthit → Gibbsit CaAl2 Si2 O8 + 2H + + 6H2 O → 2Al(OH)3 + Ca2+ + 2H4 SiO4 (10.103) Albit → Gibbsit N aAlSi3 O8 + H + + 7H2 O → Al(OH)3 + N a+ + 3H4 SiO4 (10.104) Ca-Montmorillonit → Kaolinit 3Ca0.33 [Si7.33 Al.67 ][Al4 ]O20 (OH)4 + 23H2 O + 2H + 7Al2 Si2 O5 (OH)4 + 8H4 SiO4 + Ca2+ (10.105) KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 10.11.3 114 Kongruente Verwitterung Kalkauflösung CaCO3 → Ca2+ + CO32− (10.106) Al(OH)3 → Al3+ + 3OH − (10.107) Al2 Si2 O5 (OH)4 → 2Al3+ + 2H4 SiO4 + H2 O (10.108) Lösung von Gibbsit Lösung von Kaolinit Lösung von Albit N aAlSi3 O8 + 4H + + 4H2 O → N a+ + Al3+ + 3H4 SiO4 10.11.4 (10.109) Tonzerfall Kaolinit → Gibbsit Al2 Si2 O5 (OH)4 + 5H2 O → 2Al(OH)3 + 2H4 SiO4 10.11.5 (10.110) Erläuterung Bei vielen Verwitterungsreaktionen werden Protonen gebunden; siehe die Gleichungen 10.97, 10.99, 10.100, 10.101, 10.102, 10.103, 10.104, 10.105, 10.107, 10.109; manche Verwitterungsreaktionen verändern den Säurestatus nicht, vgl Gleichung 10.98, oder verändern ihn nicht direkt (Gleichungen 10.106, 10.108, 10.110). Bei Reaktion 10.107 wird nicht H + konsumiert, sondern OH − gebildet; die Reaktion führt daher zu einer Anhebung des pH-Wertes. Allerdings wird in den Reaktionen 10.107 und 10.109 monomeres Al (Al3+ ) freigesetzt. Das gebildete Al3+ führt zur Hydrolyse. Vom Wasser abgespaltene OH − -Moleküle bilden mit dem Al3+ Aquo-Komplexe. Al3+ + H2 O → Al(OH)2+ + H + + Al3+ + 2H2 O → Al(OH)+ 2 + 2H + Al3+ + 4H2 O → Al(OH)− 4 + 4H (10.111) (10.112) (10.113) Die Bildung von Aquokomplexen bei gleichzeitiger Freisetzung von Protonen durch die Ionen Al3+ und F e3+ hat zur Bezeichnung ”saure Kationen” geführt. Die nicht-sauren Kationen werden, eigentlich zu Unrecht, als ”basische Kationen” bezeichnet. Sie führen keine Basen zu, sie binden keine Protonen, aber auch keine OH − -Gruppen. Die Kalklösung (Gleichung 10.106) erscheint ebenfalls neutral zu sein. Dabei ist jedoch das Kohlensäuregleichgewicht zu beachten: KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 115 CO2 + H2 O → H2 CO3 (10.114) H2 CO3 → HCO3− HCO3 → CO32− (10.115) (10.116) Bei der Lösungsreaktion wird CO32− gebildet, obwohl in Böden unterhalb von pH ≈ 10 die Kohlensäure entweder nicht dissoziiert (H2 CO3 ) oder als Bikarbonat (HCO3− ) vorliegt. Das Karbonation (CO32− ) kann daher 1-2 Protonen konsumieren und hebt den pH des Bodens dadurch an. ———– Formel Mg(OH)2 Al(OH)3 FeOOH CaCO3 CaMg(CO3 )2 Al2 Si2 O5 (OH)4 Mg2 Si3 O7.5 (OH).3 H2 O SiO2 Na0.62 Ca0.38 Al1.38 Si2.62 O8 KMg3 AlSi3 O10 (OH)2 Ca0.17 Al2.33 Si3.67 O10 (OH)2 KAlSi3 O8 NaAlSi3 O8 CaAl2 Si2 O8 Name Bruzit Gibbsit Goethit Kalzit Dolomit Kaolinit Sepiolit Quarz Plagioklas Biotit Ca-Smektit K-Feldspat Albit Anorthit Al 0.0 34.6 0.0 0.0 0.0 20.9 0.0 0.0 13.9 6.5 17.2 9.7 10.3 19.4 Si 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 21.7 26.0 46.7 27.4 20.2 28.0 30.2 32.1 20.1 O 0.0 0.0 18.0 0.0 0.0 31.0 37.2 53.3 47.7 38.5 43.7 46.0 48.9 46.0 Gehalt - Massenanteil OH Fe Ca Mg 58.6 0.0 0.0 41.4 65.4 0.0 0.0 0.0 19.1 62.9 0.0 0.0 0.0 0.0 40.0 0.0 0.0 0.0 21.7 13.0 26.4 0.0 0.0 0.0 5.3 0.0 0.0 14.9 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 5.7 0.0 8.2 0.0 0.0 17.3 9.3 0.0 1.9 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 14.4 0.0 [%] K 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 9.4 0.0 14.0 0.0 0.0 Na 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 5.3 0.0 0.0 0.0 8.8 0.0 CO3 0.0 0.0 0.0 60.0 65.2 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 H2 O 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 16.7 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 KAPITEL 10. LÖSUNG DER FESTPHASE 116 Kapitel 11 Komplexbildung 11.1 Vorbemerkung Komplexbildung ist eine reversible Reaktion aus zwei oder mehr Spezies, die zu einer weiteren Spezeis in der wässrigen Lösung führt. Bedeutung • Komplexe von Spurenmetallen → Ökotoxikologie • Veränderung des Lösungsverhaltens der Festphase • Mikro-Nährstoffe ”Komplexbildung” impliziert oft, dass ein Metall eine Verbindung mit Liganden eingeht. ”Metall” ist nicht eindeutig definiert. Alle Elemente der Reihe ≥ 3 des Periodensystems ausser den Edelgasen und den Halogenen haben metallische Eigenschaften. Eine gemeinsame Eigenschaft der Metalle ist, dass sie gelöst, als Festphase oder als Komplex in der Lösung vorkommen könnnen. Dilemma: Die mathematische Vorhersage von Komplexbildung und -lösung ist weit fortgeschritten, die Limitationen liegen im analytischen Bereich bei der Bestimmung der Spezies. Die Messung der ”Gesamtgehalte von Metallen” in einer Lösung ist für ökotoxikologische Fragestellungen nicht ausreichend. Beispiel: Der Gesamt-Eisengehalt einer Lösung ist hoch, doch für biologische Prozesse steht nicht ausreichend Eisen zur Verfügung, da es in HydroxoKomplexen gebunden ist. – Mittels Speziierung (MINEQL) kann dies demonstriert werden. 11.2 Einteilung der Komplexe Nach den Bindungs-Partnern unterscheidet man 1. Ionenpaare zwischen Hauptspezies 117 KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 118 2. anorganische Komplexe von Spurenelementen 3. organische Komplexe von Spurenelementen Nach der Art der Bindung unterscheidet man 1. elektrostatische Bindung zwischen Metall und Ligand; Hydratationswasser bleibt zwischen Metall und Ligand erhalten; bei Ionenpaaren oder outer sphere complexes 2. Bindung an mehreren Bindungsplätzen; Chelation und multidentate Bindung 3. kovalente Bindung zwischen Metall und Ligand; bei inner sphere complexes Obwohl man von freien Ionen, z.B. Cd2+ , spricht, sind diese von Wassermolekülen umgeben. Die Anzahl der Wassermoleküle oder Liganden, die ein Metall bindet, ist seine Koordinationszahl. – Die Ladung eines Metalls ist seine Oxidationszahl; diese wird oft als römische Zahl angegeben (Fe(II) – Fe(III); Cr(II) – Cr(VI)). # outer-sphere complexes "! # '$ # ~ H2 O "! "! &% # "! I II III • Metall (I) • primäre ”Solvationshülle” mit gebundenem Wasser (II) • sekundäre Solvationshülle mit elekrostatisch gebundenen Ionen (III) • Übergangszone • Aussenzone ohne Einfluss des Ions KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 119 Sauerstoff Metall H+ H++ H + H H+ H+ } } outer-sphere complex inner-sphere complex Abbildung 11.1: Inner and outer sphere complexes. Bild aus Lehrbuch (Sparks, 1995). Die weissen Ringe bilden die mineralische Struktur des Austauschers. Die blauen Kreise symbolisieren ’inner-sphere complexes’, das sind Ionen, die durch chemical bonds festgehalten werden. Die roten Kreise ’outer-sphere complexes’, das sind Ionenpaare oder Ionen, die im diffusen Teil der elektrischen Doppelschicht sind. KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 120 Die Grösse der Hydratationssphäre richtet sich nach der Ladung des Zentralions. Sie nimmt mit der Ladung des Ions zu und nimmt mit der Grösse ab. Die Ionisierungsenergie, das ist die Trennung der Kationen und Anionen aus einen Kristallgitter ist sehr hoch. Cu → Cu2+ in der Gasphase 2700 kJmol−1 (11.1) Die Existenz des ”freien” Ions wird durch die Hydratationsenergie ermöglicht; diese muss grösser als die Ionisierungsenergie sein, um überhaupt eine Komplexbildung zu ermöglichen. ”Freie Ionen” sind Aquo-Komplexe mit Wasser als Liganden. Eine Komplexierungsreaktion ist der Austausch von Wasser gegen einen anderen Liganden; jede Komplexierung ist daher ein Ligandenaustausch. Liganden: • Cl− , F − , Br− , J − • N O3− , CO32− , SO42− , N H4+ • S 2− , P O43− , SO32− , CN − • funktionale Gruppen mit N, O, S • -R-COOH (Carboxylgruppe) • -R-OH (Hydroxylgruppe) • -R-NH2 (Aminogruppe) • -R-SH+ (Thiogruppe) Zahlreiche Komplexierungskonstanten sind in Morel & Hering (1993, pp. 332 ff; Table 6.3) angegeben. Weitere Werte in Stumm & Morgan, 1981 (1981). Die Tabellen enthalten log β Werte, die sich auf Reaktionen der Form mM + lL + hH + → Mm Ll Hh βmlh = β [Mm Ll Hh ] [M ]m [L]l [H + ]h beziehen. Die Konvention für Komplexierungskonstanten lautet: Ki : Gleichgewichtskonstante für Reaktion zwischen gelösten Spezies, bei dem ein Ligand hinzugefügt wird. β: Gleichgewichtskonstante für Reaktion zwischen gelösten Spezies, bei dem mehrere Liganden hinzugefügt werden. β und K sind von einander abhängig: Cd2+ + OH − + − CdOH + OH Cd2+ + 2OH − allgemein: βn CdOH + Cd(OH)02 Cd(OH)02 = log K1 = 3.92 log K2 = 3.73 log β = 7.65 n K1 × K2 × . . . × Kn = Ki i=1 KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 121 Bemerkungen zu Tabellen von Komplexierungskonstanten: • Falls Daten in dieser Tabelle nicht aufgenommen sind, heisst das nicht, dass der Komplex nicht existiert • Die Datenquellen sind nicht konsistent • Die Werte für Tonminerale sind nur Richtwerte, da Ton metastabile Produkte formt, die zu verschiedenen Graden hydratisiert sind • I.a. haben 2-wertige Ionen ähnliche β-Werte, da die Interaktionen zumeist elektrostatisch sind. • Die β-Werte folgen der ”William - Irving - Reihe” M n2+ < F e2+ < Co2+ < N i2+ < Zn2+ < Cu2+ Typen von Metallen und Liganden: Typ A: Ionen haben die Elektronenkonfiguration eines Edelgases, kugelförmig, kaum polarisierbar; ”harte Metalle” Typ B: Elektronenkonfiguration wie N i0 , P d0 , P t0 ; 10 bis 12 Elektronen in der äussersten Schale; leicht polarisierbar; ”weiche Metalle” Typ C: 1 bis 9 Elektronen in der äussersten Schale Für Liganden gilt, dass die Polarisierbarkeit im Periodensystem von links nach rechts und von oben nach unten zunimmt. Weich-Weich-Bindungen und Hart-Hart-Bindungen werden bevorzugt. Das ”Hart / Weich Schema” gilt auch für (Lewis-) Säuren: • Harte Säuren: alle Typ-A-Metalle, hoch geladene Übergangsmetalle (Cr3+ , M o3+ , F e3+ , Co3+ ) • Weiche Säuren: alle Typ-B-Metalle ausser Zn2+ , P b2+ , Bi3+ 3-wertige Metalle sind typischer Weise reaktionsfreudiger als 1- und 2-wertige Metalle. Allerdings sind ihre Oxide und Hydroxide weniger löslich, sodass die Reaktivität nicht realiesiert werden kann. Ein besonders gut untersuchtes Metall ist Kupfer, da es viele Komplexe bildet. 11.3 Ionenpaare Die Hauptkomponenten einer Lösung gehen zum Teil miteinander Komplexe ein. Beispiel: Für eine Wasserprobe wird analysiert: • pH = 8.1 • TotNa = 10−3.55 M • TotCa = 10−3.43 M KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 122 • TotMg = 10−3.80 M • TotCl = 10−3.70 M • TotSO4 = 10−4.00 M • TotCO3 = 10−3.00 M Die möglichen Komplexe zwischen den Ionen bzw. Molekülen werden der Literatur entnommen. Dann wird ein Tableau mit den Hauptkomponenten H + , N a+ , K + , Ca2+ , M g 2+ , HCO3− , SO42− und Cl− erstellt (vgl. Tabelle 11.1). Die Lösung des Beispiels funktioniert mittels Iteration und ist mit einem Spreadsheet möglich: In erster Näherung wird angenommen, dass die Konzentration der Hauptkomponente in diesem Komplex gleich der gesamten Konzentration (Tot) des betreffenden Ions ist. Für die Zeile N aCO3− im Tableau gilt: [N aCO3− ] = [H + ]−1 × N atot × [HCO3− ] × 10−9.06 Die Konzentration des HCO3− wird aus dem pH-Wert und der [(CO32− )tot ] errechnet. — Auf diese Weise errechnet man alle Spezies und vergleicht die so erhaltene Summe der Spezies einer Massenbilanzgleichung mit der tatsächlich vorhandenen Konzentration (Rezept!). Die addierte Summe ist natürlich zu hoch. Die prozentuellen Anteile der Spezies liegen der tatsächlichen Lösung schon recht nahe. In einem zweiten Iterationsschritt wird die Konzentration der Hauptkomponente um den errechneten prozentuellen Anteil an der Gesamtkonzentration vermindert und die gesamte Rechnung wird wiederholt. Die Zahl der Iterationsschritte richtet sich nach der gewünschten Genauigkeit. Im vorliegenden Beispiel lässt sich errechnen, dass die Hauptkomponenten tatsächlich überwiegend in der freien Form vorliegen (vgl. Tabelle 11.2): 11.4 Anorganische Komplexe von Spurenmetallen Bei Spurenmetallen ist die Speziierung viel einfacher als bei Ionenpaaren, da normalerweise ein grosser Überschuss an Liganden vorliegt. Interaktionen zwischen den Metallen können ausser Acht gelassen werden. Zudem bedingt der Konzentrationsunterschied zwischen Liganden und Metallen, dass die Konzentration der Liganden durch die Komplexbildung nicht beeinflusst wird. Die Lösung einer Aufgabe mit Spurenelementen folgt dem Schema: 1. Bestimmung der möglichen Komplexe 2. Errechnung der Konzentration des freien Liganden 3. Errechnung des Anteils der gebunden Liganden 4. Errechnung der Konzentration des freien Spurenmetalls 5. Errechnung der komplexierten Spezies KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG Tabelle 11.1: Tableau – Bildung von Ionenpaaren. H + N a+ . . . HCO3− log K .. H+ 1 . .. − OH -1 . -14 . .. CO32− -1 1 -10.33 . .. HCO3− 1 .. H2 CO3 1 . 1 6.35 . .. SO42− .. HSO4− 1 . 1.99 .. − . Cl . .. N a+ 1 .. N aCO3− -1 1 . 1 -9.06 .. N aHCO3 1 . 1 -0.25 . .. N aSO4− 1 1.06 . . K+ . .. KSO4− 0.96 . . .. Ca2+ . .. CaOH + -1 -12.85 .. CaCO3 -1 . 1 -7.13 . .. CaHCO3+ 1.26 1 .. CaSO4 2.31 . . .. M g 2+ .. M gOH + -1 . -11.44 .. M gCO3 -1 . 1 -6.93 . .. 1 M gHCO3+ 1.16 .. . M gSO 2.36 4 123 KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 124 Tabelle 11.2: Prozentuelle Verteilung der Hauptkomponenten der Lösung auf komplexierte und nicht-komplexierte Formen. als freies Ion als Karbonat als Sulfat Na 100 % 100 % K Ca 95 % 3% 2% Mg 95 % 3% 2% Für die einzelnen Komplexe des Metalls M e2+ liegen die folgenden Infos vor: M e2+ + mA− Me 2+ + nB − (m−2)− M eAm M eA(n−2)− n βm (11.2) βn (11.3) Die gleiche Vorgangsweise wie im Kapitel Fraktionierungsfaktoren führt zu T otM e = T otM e = [M e2+ ] + [M eA(m−2)− ] + [M eBn(n−2)− ] + . . . m 2+ − m [M e ] × (1 + βm [A ] + βn [B − ]n + . . .) (11.4) (11.5) Der Term innerhalb der Klammer kann zur Gänze aus den gegebenen Konzentrationen der Liganden errechnet werden. In vielen Fällen sind nur wenige Terme des Klammerausdrucks wichtig. Falls 1 βm [A− ]m , βn [B − ]n + . . . , ist das freie Spurenmetall M e2+ dominierend, falls βm [A− ]m 1, βn [B − ]n + . . . , ist M eAm−2 die dominierende Spezies, usw. m Beispiel (als Fortsetzung des Ionenpaar - Beispiels): Bereits bekannte Konzentrationen der freien Liganden (nach Berücksichtigung der Ionenpaar - Bildung !!) sind: • [OH − ] = 10−5.9 M • [CO32− ] = 10−5.3 M • [SO42− ] = 10−4 M • [Cl− ] = 10−3.7 M Zusätzlich ist bekannt, dass die Probe Kupfer und Cadmium enthält. Die Lösung der Aufgabe ist einfach: Aus einer Tabelle werden die Komplexierungskonstanten der Metalle mit den anorganischen Anionen genommen. Multipliziert man nun die freien Liganden mit den Komplexierungskonstanten, so ergibt sich die folgende Tabelle: KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 125 Tabelle 11.3: Komplexierungskonstanten für anorganische Kupfer- und Cadmiumkomplexe, angegeben ist log β. Cu2+ . . . Cd2+ . . . + . . . OH 6.3 3.9 11.8 7.6 . . . (OH)2 . . . CO3 6.7 . . . (CO32− )2 10.2 . . . SO4 2.4 2.3 2− . . . (SO4 )2 3.2 . . . (SO4 )4− 2.7 3 . . . Cl+ 0.5 2.0 2.6 . . . Cl2 . . . Cl3− 2.4 . . . Cl42− 1.7 Tabelle 11.4: Wertetabelle für die Kupfer- und Cadmiumkomplexe; alle Konzentrationen in mol. Cu2+ . . . Cd2+ . . . + 6.3 −5.9 0.4 . . . OH 10 × 10 = 10 10−2 11.8 −5.92 0 . . . (OH)2 10 × 10 = 10 10−4.2 1.4 . . . CO3 . . . = 10 . . . (CO32− )2 . . . = 10−0.4 . . . SO4 10−1.6 10−1.7 2− . . . (SO4 )2 10−4.8 4− . . . (SO4 )3 10−9.3 . . . Cl+ 10−3.2 10−1.7 . . . Cl2 10−4.8 − . . . Cl3 10−8.7 2− . . . Cl4 10−13.1 freies Metall 1 1 KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 126 Aus Tabelle 11.4 ergibt sich für Kupfer: T otCu = [Cu2+ ] (1 + 100.4 + 100 + 101.4 + 10−0.4 ) (11.6) 101.48 =30 Daraus folgt 2+ Cu = 2+ Cu = Cu(OH + ) = T otCu 30 1 = 3.3% 30 0.4 10 = 8.4% 30 (11.7) (11.8) (11.9) Entsprechend ergibt sich für Cadmium: T otCd = 11.4.1 Cd2+ [Cd2+ ] (1 + 10−2 + 10−1.7 + 10−1.7 ) (11.10) 1.0 1.05 (11.11) 1.05 = . . . 95% freies Cd log c –pH Diagramm für gelöste Metalle Metalle können Protonen aus ihrer Hydratationshülle abspalten und sind daher polyprotische Säuren. Bis zu 4 Protonen können vom freien Cd-Aquokomplex abgespalten werden (Abbildung 11.2). Freies Cadmium ist daher auch eine tetraprotische Säure. Cd2+ + H2 O CdOH + + H2 O Cd(OH)02 + H2 O Cd(OH)− 3 + H2 O 11.5 CdOH + + H + Cd(OH)02 + H + + Cd(OH)− 3 +H + Cd(OH)2− 4 +H Metall - organische Komplexe Organische Anionen sind im Oberboden die wichtigsten Liganden. Nach 3 Jahrzehnten intensiver Forschungsbemühungen ist die Rolle der im Bodenwasser gelösten organischen Substanz konzeptiv gut bekannt. Von zahlreichen Experimenten weiss man, dass manche Metalle zum Grossteil in organischer Bindung vorliegen. Die räumliche Struktur der gelösten organischen Substanz ist nicht geklärt. In den letzten 5 Jahren wurde versucht mittels 13 C - NMR Zugang zu den funktionellen Gruppen zu finden. Es wurde gezeigt, dass Carboxyl-, Alkohol-, Phenol- und Alkylgruppen in nunmehr vorhersagbaren Mengen auftreten. Uneinigkeit besteht weiterhin, welche Signifikanz diese Resultate für die ”Funktion” der organischen Liganden im Ökosystem haben. KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 4 6 8 127 10 12 14 -2 Cd 2+ Cd(OH)20 Cd(OH)3- -4 log c -6 CdOH+ -8 -10 -12 -14 Cd(OH)42- Cd2OH3+ Abbildung 11.2: log c - pH Diagramm für 10−4 M TotCd . . . ohne Festphase Tabelle 11.5: Eine Zusammenstellung der Eigenschaften der organische Substanz in Tipping (1994). Fulvosäuren Huminsäuren pK1 3.26 4.02 pK2 9.64 8.55 Molekulargewicht 1500 15000 3.29 × 10−3 COOH-Gruppen / g 4.73 × 10−3 −3 Phenolgruppen / g 2.37 × 10 1.65 × 10−3 Bei Speziierungsaufgaben werden zumeist sehr einfache Annahmen über die gelöste organische Substanz gemacht. In Speziierungsprogrammen gelten die folgenden Annahmen: • diprotische Säure; K1 ∼ 5, K2 ∼ 8 • Ladungsdichte aus Literatur (Oliver et al., 1983) • Komplexierungskonstanten aus Tabellen (Morel & Hering, 1993; Stumm & Morgan, 1996; Benjamin, 2002; Gerke, 1994) Zunehmend findet auch die Rolle der organischen Substanz als Oberflächenkomplex Beachtung. Im Speziierungsprogramm Wham (Tipping, 1994) wird angenommen, dass die mineralische Oberfläche des Bodens mit organischer Substanz belegt ist. Für Ionenaustauschprozesse ist dann nicht ein Oxid oder Tonmineral verantwortlich, sondern reversible Bindungen zwischen Ionen der Bodenlösung und den adsorbierten organischen Liganden. Die Beschreibung dieser Austauschvorgänge ist wegen der polyelektrolytischen Natur der organischen Substanz kompliziert. KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 128 H3 L = L3− + 3H + log K = −17.4 (11.12) L + 2H = H2 L H 3 L = H2 L − + H + log K = 14.9 log K = −2.5 (11.13) (11.14) H2 L+ = L3− + 2H + log K = −14.9 (11.15) log K = 9.38 log K = −5.52 (11.16) (11.17) 3− 3− + + − 2− L + H = HL H 2 L− = H 2− + H + Somit lauten die 3 Dissoziations-Konstanten -2.5, -5.52, -9.38 (Karltun, 1998). Eigenschaften des DOC in Review-Arbeiten (Kalbitz et al., 2000; Zech & Guggenberger, 1996; Parton et al., 1988). 11.5.1 Pre-Dominanz Diagramm Darstellung der Spezies als Funktion von zwei unabhängigen Variablen! Aufgabe: Entwickle Erwartung für Speziierung eines Systems mit einer fixen, aber unbekannten Menge an Metall, wobei bekannt ist, dass mehrere Liganden vorliegen. Beispiel: Fe(II), Cl− , OH− F e2+ + H2 O F e2+ + 2H2 O F e2+ + 3H2 O F e2+ + Cl− KOH = 10−9.5 F eOH + + H + 0 + βOH,1 = 10−20.57 F e(OH)2 + 2H + F e(OH)− βOH,2 = 10−31 3 + 3H F eCl+ KCl,1 = 100.9 F eCl+ + Cl− F eCl20 KCl,2 = 100.04 Mit Transformationen in Tabelle 11.6 kann die Abbildung 11.3 erstellt werden. KAPITEL 11. KOMPLEXBILDUNG 129 Tabelle 11.6: Pre-Dominanzdiagramm – Fe mit Chlorid und Hydroxid als mögliche Liganden wenn Konzentrationen Spezies der Spezies gleich sind Gleichung 2+ Fe / [FeOH+ ] [H+ ] = KOH pH = 9.5 2+ 1/3 + / [Fe(OH)− ] [H ] = β pH = 10.33 Fe 3 OH,2 − + + 1/2 [F [H ] = (βOH,2 /KOH ) pH = 10.75 3 ] ] / [Fe(OH) eOH 2+ + − ] [Cl ] = K log [Cl− ] = -0.9 / [FeCl F e Cl,1 2+ 0 − −1/2 Fe / [FeCl2 ] [Cl ] = (KCl,1 × KCl,2 ) log [Cl− ] = -0.47 + 0 − −1 [F eCl ] / [FeCl2 ] [Cl ] = (KCl,2 ) log [Cl− ] = -0.04 + + + − [F [H ] [Cl ] = KOH /KCl,1 log [Cl− ] = -10.4 + pH eCl +] / [FeOH ] + 3 − [H ] [Cl ] = βOH,2 /KCl,1 log [Cl− ] = -31.9 + 3pH 3] F eCl20 / [Fe(OH) + + − 2 F eCl2 / [FeOH ] [H ] [Cl ] = KOH /(KCl,1 × KCl,2 ) log [Cl− ] = 0.5 (-10.44 + pH) −1 − 0 + 3 − 2 [H ] [Cl ] = βOH,2 (KCl,1 × KCl,2 ) log [Cl− ] = 0.5 (-31.94 + 3pH) F eCl2 / [Fe(OH)3 ] 1 0 log [Cl-] FeCl20 FeCl+ FeCl+ -1 Fe(OH)+ 2+ Fe -2 Fe(OH)3 - -3 8.0 8.5 9.0 9.5 10.0 10.5 11.0 11.5 12.0 pH-Wert Abbildung 11.3: Predominanz-Diagramm für Komplexe des Eisens. — überprüfuen/vgl Graphik G Ball - mail 022007 Kapitel 12 Modellierung des Kationenaustausches file: 12.1 Bodenfestphase als hoch-konzentrierter Bestandteil der Bodenlösung Die flüssige Phase des Bodens, das Bodenwasser, steht mit der Festphase im chemischen Gleichgewicht. Biogeochemische Prozesse verändern das Gleichgewicht dauernd und der Boden ’puffert’ die Veränderungen im Zuge des Ionenaustausches. Die folgenden Beispiele sollen den Umgang mit einschlägigen Zahlen erleichtern. In der Literatur sind Stoffgehalte des Bodens oft auf die Bodenmasse bezogen. Einheiten sind → [mg/100g] Feinboden etc. Diese Angabe ist ökologisch nicht unbedingt relevant. Für die Pflanzenernährung wäre etwa die Angabe von Stoffgehalten, bezogen auf ein bestimmtes Bodenvolumen, günstiger. Das folgende Beispiel (Appelo & Postma, 1993, Beispiel 5.1) präsentiert die Umrechnung anhand der Kationenaustauschkapazität CEC, die eine Kenngrösse der Festphase des Bodens ist, die der Kenngrösse ”Ionenstärke” der flüssigen Bodenphase entspricht: Vorgabe: • CEC = 1 mmolc / 100 g Feinboden • Porosität = 0.2 • Feststoffdichte des Bodens ρ = 2.65 g / cm3 = 2.65 g / mL Gesucht ist • die Austauschkapazität CEC des Bodens bezogen auf 1 mL Bodenwasser, • die Bodendichte ρB . Aus der Feststoffdichte des Bodens wird das Volumen von 100g Sediment, der Bezugsgrösse in der obigen Angabe der CEC, errechnet: 130 vo.p7catex.tex KAPITEL 12. MODELLIERUNG DES KATIONENAUSTAUSCHES 131 100 In 100 g Sediment sind 2.65 (Einheit: [ gg = mL]) 37.7 mL reine mL Quarzkörner enthalten. Die Festphase des Bodens, also diese 37.7 mL, stellen bei einer Porosität von = 20 % nun 80 % des Bodenvolumens dar. Das gesamte Bodenvolumen Vtot errechnet sich aus: Vtot = 37.7/80 × 100 = 47.13 mL. Die flüssige Phase hat ein Volumen von 47.13 − 37.7 = 9.425 mL. Alternativ: × Vtot = 47.13 × 20 / 100 = 9.425 mL. Die gesuchte Lösung der Aufgabe ist: 1 mmolc /100 g Sediment ≡ 1 mmolc /9.4 mL Bodenwasser = 106.1 mmolc /L. Aus dem Beispiel ist ersichtlich, dass die Konzentration von adsorbierten Ionen in der Bodenlösung sehr hoch ist. Als Vergleichswert: ein sehr nährstoffreicher Waldboden im Wienerwald hat etwa eine Ca-Konzentration von 40 mg / L, d.s. 2 mmolc /L. Für das obere Beispiel wird die Bodendichte ρB berechnet: 100 g des Bodens nehmen inklusive Poren ein Volumen von 47.13 mL ein. g Wegen 1mL = 1cm3 gilt 100g/47.13cm3 = 2.12 cm 3 . Zur Berechnung: mmolc mmolc 10 × ρB = CEC × 100g L mmolc mmolc ρB = CEC × CEC kg L CEC (12.1) (12.2) ♥♥♥♥♥ 12.2 Konventionen zur Darstellung des Ionentausches Am Beispiel des Austausches von N a+ und K + an einem Austauscher X − : N a+ + KX = K + + N aX KN a\K = [K + ][N aX] [N a+ ][KX] (12.3) Der Anteil β eines sorbierten Ions an der CEC ist [N asorbiert ] mmolc /kg βN a = und β=1 (12.4) CEC mmolc /kg Die verschiedenen Konventionen unterscheiden sich bei der Darstellung des Austausches mehrwertiger Kationen. KN a\Ca 1 1 N a+ + CaX2 = N aX + Ca2+ 2 2 2+ 0.5 2+ ] β [Ca ] [N aX] N a [Ca = = √ + 0.5 [N a ][CaX2 ] βCa [N a+ ] (12.5) (12.6) KAPITEL 12. MODELLIERUNG DES KATIONENAUSTAUSCHES 132 In der Gaines-Thomas-Konvention werden in β die prozentuellen Anteile der Äquivalente eingesetzt. Im Gegensatz dazu werden in der Vanselov-Konvention die prozentuellen Anteil der Mole eingesetzt. In der Gapon-Konvention wird ein einwertiger Austauscher angenommen. Die Formulierung und der Austauschkoeffizient der Gleichung 12.6 lautet dann KN a\Ca 1 N a+ + Ca0.5 X = N aX + Ca2+ 2 2+ βN a [Ca2+ ] [N aX] [Ca ] = = + [Ca0.5 X][N a ] βCa [N a+ ] (12.7) (12.8) Ein Beispiel: in (Appelo & Postma, 1993, Beispiel 5.3 ) Ein Tonmineral (Smektit) hat eine CEC von 810 mmolc /kg. In einem Experiment werden bei einer Ionenstärke von 0.1 N Natrium und Kalzium adsorbiert. Das molare Verhältnis am Austauscher beträgt Ca : K = 1.5 : 1. M M βCa = 1.5βK M βCa + mol−Anteile M βK (12.9) =1 (12.10) mol−Anteile und daher check!!! M M 1.5βK + βK =1 1 = 0.4 [mol − Anteil] 2.5 = 1 − 0.4 = 0.6 [mol − Anteil] M = βK M βCa Nun soll das Ergebnis für die Mol-Verhältnisse auf Ladungsverhältnisse umgerechnet werden. Ca2+ /K + = 1.5 × zCa2+ 2 = 1.5 × = 3 zK + 1 (12.11) βCa = 3βK → βCa + βK = 1 → 3βK + βK = 1 → βK = 0.25, βCa = 0.75 oder mmolc KX = mmolc KX + mmolc CaX2 /2 Ladungs-Anteile mmolc KX/CEC βK = mmolc KX/CEC + mmolc CaX2 /(2 × CEC) βK + βCa /2 M βK = (12.12) (12.13) KAPITEL 12. MODELLIERUNG DES KATIONENAUSTAUSCHES 133 wobei gilt: βK + βCa = 1 Die Ableitung dieser Beziehung: Es soll gezeigt werden, dass βK = M βK M) (2 − βK M βK = βK + βCa = βCa = M βK = = = βK βK + βCa /2 1 1 − βK βK = K βK + 1−β 2 βK 2βK 1−βK 2 + 2 βK 2βK +1−βK 2 = βK βK +1 2 = 2βK βK + 1 daraus folgt weiters: M M (βK × βK ) + βK = M βK M βK = = βK = 2βK M 2βK − (βK × βK ) M βK (2 − βK ) M βK M 2 − βK q.e.d. M = 0.4 kann somit βK errechnet werden: Aus dem oben errechneten βK βK = 0.4 0.4 = = 0.25 2 − 0.4 1.6 und βCa = 0.75 (12.14) ************************************** Ein Beispiel für eine bestimmte (realistische) Konzentration im Bodenwasser: Umrechnen auf Aktivitäten mit der Formel: I= 1 mi × zi2 2 i (12.15) KAPITEL 12. MODELLIERUNG DES KATIONENAUSTAUSCHES 134 Tabelle 12.1: Gemessene Konzentrationen K 0.05 mol / L Ca 0.025 mol / L Cl 0.1 mol / L ergibt Aktivitätskoeffizienten λ von λ1 = 0.77 und λ2 = 0.36. Die Aktivitäten sind somit [K + ] = 0.0385 mol / L und [Ca2+ ] = 0.009 mol / L. Es kommen die folgenden Formeln zur Anwendung : Gaines-Thomas GT KCa\K = Vanselov V KCa\K = Gapon G KCa\K = √ βCa × [K + ] βK × [Ca2+ ]0.5 M × [K + ] βCa M × [Ca2+ ]0.5 βK βCa × [K + ] βK × [Ca2+ ]0.5 (12.16) (12.17) (12.18) Die Austauschkoeffizienten sind keine Konstanten (!!!!). Unter wechselnden experimentellen Bedingungen (z.B. Δ-Ionenstärke) werden - formal korrekt unterschiedliche Koeffizienten errechnet. Bei Verwendung von Literaturdaten muss das experimentelle Umfeld genau erhoben werden. Für den Austausch von Calzium gegen Kalium sind in Tabelle 12.2 einige Werte exemplarisch angeführt. Tabelle 12.2: Selektivitätskonstanten bei unterschiedlichen Ionenstärken. GT V G 0.1 N 1.39 0.78 1.20 Ionenstärke 0.01 N 0.001 N 2.29 1.47 1.17 0.74 2.24 1.45 0.0001 N 0.79 0.40 0.79 In der Literatur sind Austauschkoeffizienten zumeist mit N a+ als Referenzkation angegeben. Durch Kombination von Reaktionsgleichungen kann der gewünschte Koeffizient errechnet werden: 1 N a+ + CaX2 2 1 N a+ + AlX3 3 1 1 CaX2 − AlX3 2 3 1 3+ 1 Al + CaX2 3 2 4 0.4 40 = 10 = 7 0.7 70 10 = = = = ≈ 1 N aX + Ca2+ KN a\Ca = 0.4 2 1 3+ N aX + Al KN a\Al = 0.7 3 1 2+ 1 3+ Ca − Al 2 3 1 1 2+ AlX3 + Ca KAl\Ca = 0.6 3 2 0.6 | ×(−1) KAPITEL 12. MODELLIERUNG DES KATIONENAUSTAUSCHES 135 Gapon und Vanselov sind gleich GT wenn die ausgetauschten Kationen dieselbe Valenz haben. Beim Austausch eines 2-wertigen gegen ein 1-wertiges Ion gilt: GT 2 × KN a\I 2+ V √ KN = 2+ a\I 1 + βN a GT KN a\I 2+ G KN a\I 2+ = √ 1 − βN a (12.19) (12.20) Lesestoff zum Thema: • (Appelo & Willemsen, 1987, p.315) • (Appelo et al., 1990, p.247) 12.3 Kationenaustausch gramm im Speziierungspro- In den geochemischen Modellen sowie in jedem Speziierungsprogramm kann ein Schema für den Kationenaustausch eingebaut werden, ohne den Programmalgorithmus zu verändern. Für den Austausch zwischen Na und Ca an der Austauscheroberfläche X kann formuliert werden: 2N a+ + 2X − Ca X2 2N a+ + CaX2 (KN aX )2 2N aX (KCaX2 )−1 2X − + Ca2+ 2N aX + Ca2+ (KN a.Ca )2 = 2 KN aX KCaX2 Diese Reaktionen können leicht in ein Tableau eingebaut werden. Dabei muss man beachten, dass eine freie Austauscheroberfläche X − im Boden nicht existiert. Daher wird die Assoziierungskonstante KN aX auf einen sehr hohen Wert gesetzt wird, z.B. 1020 . Dadurch wird die Konzentration von X − vernachlässigbar gering. Beispiel: Xtot N atot = = [N aX] = + = Na − X = [N aX] + [X − ] = 0.01 mol/kg H2 O + (12.21) [N aX] + [N a ] = 0.02 mol/kg H2 O dann folgt (12.22) (12.23) 0.01 0.01 (12.24) (12.25) 10−20 mol/kg H2 O (12.26) In dieser Weise ist alles X − als Komplex gebunden und die Ionenstärke der Lösung bleibt unbeeinflusst, obwohl eine ganze Menge Xtot in der Lösung ist. Wenn der Wert für KN aX vorgegeben ist, können die Assoziierungskonstanten für andere Kationen errechnet werden. Im vorliegenden Fall würde man in KAPITEL 12. MODELLIERUNG DES KATIONENAUSTAUSCHES 136 Gleichung 12.20 einsetzen und für den Austausch zwischen Na und Ca einen Wert aus der (ausführlichen) Literatur nehmen: KCaX2 = KN aX 2 1040 = = 1040.8 0.42 KN a Ca 2 Review-Artikel: (Dzombak & Hudson, 1995) (12.27) file: vo.p7catex.tex Ende Kapitel 13 Übungsbeispiele Pankow – Übungsbeispiele (Pankow, 1992) 13.1 Übungen zu Kapitel 2.2 Übung 1 Morel Problem 1.3e Das Wiedereinfügen von Na erfordert die Zugabe eines ungeladenen Moleküls. Daher wird nicht Na+ sondern NaOH eingefügt. (CO2 )T = 10−3 M (N aHCO3 )T = 10−4 M Nach dem Ausgasen [CO2 ]T = 5 × 10−4 M [N aHCO3 ]T = 5 × 10−5 M [N aOH]T = 5 × 10−5 M oder T otC = 1.1 × 10−3 M T otC/2 = 5.5 × 10−4 M [CO2 ]T,new = [CO2 ]T,old − [CO2 ]T,removed 10−3 M 5.5×10−4 M Übung 2 System 4 [N aHCO3 ]T = [N a2 CO3 ]T = [N aOH]T = [CH3 COON a]T = 10−3 M = 4 × 10−3 M entferne 1/2 C neues Rezept [N aOH]T [CH3 COON a]T = 4 × 10−3 M = 10−3 M = 2 × 10−3 M C 137 KAPITEL 13. ÜBUNGSBEISPIELE 138 Übung 3 Problem 2.1 in (Morel & Hering, 1993) ΔG0 CaCO3,Kalzit < ΔG0 CaCO3,Aragonit (13.1) Die Umwandlung ist langsam. Die Thermodynamik verlangt Kalzit, die Kinetik erlaubt Aragonit. 2+ Ca2+ (13.2) Aragonit → CaKalzit bei chemischem Gleichgewicht dG dξ = ΔG = μCa2+ ,Kalzit − μCa2+ ,Aragonit = 0 μCa2+ ,Kalzit = μCa2+ ,Aragonit In jeder Phase des chemischen Gleichgewichtes sind die μ’s gleich: μ0Ca2+ + RT ln[Ca2+ ]A 2+ Ca A = = μ0Ca2+ + RT ln[Ca2+ ]B 2+ Ca B Die freie Energie des Systems bei chemischem Gleichgewicht ist in jeder Phase gleich. Übung 4 Wie lauten die Protonenbilanzen für 10−3 M und für 10−5 M HCl? – Ist die Angabe der Konzentration der Säure für die Form der Protonenbilanzgleichung von Bedeutung1 ? Übung 5 Rezept: [N aCl]T = 10−4 M und [H2 SiO3 ]T = 10−4 M Reaktionen: H2 O H2 SiO3 HSiO3− H2 SiO3 + 2OH − → H + + OH − → H + + HSiO3− → H + + SiO32− → SiO32− + 2H2 O Lösung: Spezies: N a+ , Cl− , H + , OH − , HSiO3− , SiO32− , H2 SiO3 , H2 O Die vierte Reaktion ist eine Linearkombination aus den anderen Reaktionen. Daher gibt es 8 Spezies und 3 unabhängige Reaktionen. Es werden 5 Komponenten benötigt. + Na Cl− H+ OH − HSiO3− SiO32− H2 SiO3 H2 O [N aCl]T [H2 SiO3 ]T [H2 O]T 1 eine Elferfrage! N a+ 1 Cl− H+ H2 O 1 −1 1 1 SiO32− 1 1 1 1 2 1 1 1 2 1 1 KAPITEL 13. ÜBUNGSBEISPIELE 139 T otN a = [N a+ ] = [N aCl]T = 10−4 M T otCl = [Cl− ] = [N aCl]T = 10−4 M T otH T otH2 O T otSiO32− 13.2 = [H + ] − [OH − ] + [HSiO3− ] + 2[H2 SiO3 ] = 2[H2 SiO3 ]T = [OH − ] + [H2 O] = [H2 O]T = [HSiO3− ] + [SiO32− ] + [H2 SiO3 ] = [H2 SiO3 ]T Übungen zu Kapitel 3.4 Übung 6 Kombiniere die beiden folgenden Gleichungen der Dissoziation der Kohlensäure: H2 CO3∗ HCO3− = H + + HCO3− + = H + K = 10−6.35 CO32− K = 10 −10.33 (13.3) (13.4) 1. Wie lautet die Summe der Gleichungen? 2. Wie gross ist log K der kombinierten Gleichung? Übung 7 Wie lautet die Gleichung der Aziditätskonstante KH2 SO4 der Schwefelsäure? ... (13.5) KH2 SO4 = ... Übung 8 Gegeben sind die Gleichungen N i2+ + OH − Ni 2+ + 2OH − = N iOH + K = 104.1 (13.6) = N i(OH)2 K = 109 (13.7) 1. Eliminieren von N i2+ 2. Eliminieren von OH − 13.3 2 Übungen zu Kapitel 4.2 Übung 9 Aufgabe: Die Gleichungen so umformulieren, dass die jeweils unterstrichenen Spezies wie in Gleichung 4.13 explizit als Kombination geeigneter Spezies (Komponenten) dargestellt werden. = S 2− + 2H + H2 S CaCO3 + H2 CO3 = Ca 2+ (13.11) 2HCO3− (13.12) K = 10−14 (13.8) + Quelle: (Morel & Hering, 1993, p.37) 2 Hinweis: H + H2 O OH − OH − = = = H + + OH − −14 10 −14 10 × H + (13.9) (13.10) KAPITEL 13. ÜBUNGSBEISPIELE 140 Übung 10 Gegeben ist das Rezept : 10−2 M CaSO4 , 10−3 M NaOH, gelöst in Wasser Als Reaktionen finden statt: CaSO4 = N aOH Ca(OH)2 = = Ca2+ + SO42− N a+ + OH − Ca2+ + 2OH − Aufgaben: 1. Liste der Spezies 2. Elektroneutralitätsgleichung 3. Massenerhaltungsgleichungen 4. Erstellung des Tableau Übung 11 Eine Lösung enthält: • 1 L H2 O (= 55.4 M) • 10−4 M N aCl • 10−4 M H2 SiO3 Es finden die folgenden Reaktionen statt: H2 O H2 SiO3 HSiO3− H2 SiO3 + 2OH − N aCl = H + + OH − = = H + HSiO3− H + + SiO32− SiO32− + 2H2 O + − + = = N a + Cl (13.13) (13.14) (13.15) (13.16) (13.17) Liste der Spezies: N a+ , Cl− , H + , OH − , HSiO3− , SiO32− , H2 SiO3 , H2 O. Aufgabenstellung: • Tableau erstellen • Stellungnahme zu Anzahl der erforderlichen Komponenten • Massenbilanzgleichungen Übung NO3 SO4 Mg Na Cl Ca NH+ 4 K pH 3 12 Regenwasser: 2 mg / L 3.1 mg / L 0.1 mg / L 0.1 mg / L 0.7 mg / L 0.65 mg / L 0.6 mg / L 0.05 mg / L 4.3 Gesucht: 3 Ersatzfrage Wie heisst das kleine unbeugsame Dorf, in dem Asterix gewirkt hat? KAPITEL 13. ÜBUNGSBEISPIELE 141 • Anionen - Kationenbilanz (meq) • Wie hoch wäre der pH bei 100 %-iger Filterung von Ca, Mg (0 mg) ? Aus (Sigg & Stumm, 1989, p. 82 / 1). Dieselbe Übung mit Mineql: 1. Umrechnen von mg/L auf mol/L z.B. NO3 : 1 mol NO3 = 1 N + 3 × O = 1 × 14 + 3 × 16 = 62 g 2 mg / L NO3 = 0.032 mmol = 32 μmol 2. Achtung! Für Ladungsbilanz mmolc ! 13.4 Zusammenhang Wasser/Bodenchemie? • Was hat Chemie des Bodenwassers mit Bodentypen zu tun? • Pufferbereiche des Bodens in der Bodenchemie • Wie schlau ist Gleichgewichtschemie für das ”offene System” Boden ? Vorschlag für Hausarbeiten, die ein optionaler Teil der Prüfung sind: Ausarbeiten eines bodenkundlichen Themas mit Literatur. – Beispiel: Kationenaustausch aus Reuss & Johnson (Reuss & Johnson, 1986) aufbereiten. 13.5 Übungen zum Kapitel 6 Übung 13 1. Berechne die T otN aHCO3 = 10−3 M. Alkalinität des Systems T otH2 SO4 = 2. Was ist der pH einer 10−2 molaren NaOH - Lösung ? – Wie hoch ist der pH nach einigen Tagen, wenn die Lösung im Gleichgewicht mit der Atmosphäre ist (pCO2 = 10−3.5 )? 3. Eine Lösung mit gelöster Kohlensäure hat pH = 8, Ctot = 5 × 10−4 M! Wie hoch sind die Konzentrationen der einzelnen Spezies ? 4. Im Boden findet Mineralisierung von organischer Substanz statt. Wie verändert sich die Alkalinität einer Lösung durch CH2 O + O2 → CO2 + H2 O ? Übung 14 Alkalinität: • Wie gross ist die Alkalinität einer 10−3 molaren H2 CO3∗ und wie gross ist Alk einer 10−5 molaren H2 CO3∗ ? • Welche H2 CO3∗ ist saurer? • Können Lösungen mit gleichem pH unterschiedliche Alkalinitäten haben? - Bitte um eine Begründung! [selber machen - r] KAPITEL 13. ÜBUNGSBEISPIELE 142 Übung 15 Gegeben sind die folgenden Daten von Sicker- und Quellwässern; aus (DVWK, 1997): Na K Mg Ca H Al Mn NO3 SO4 Cl μmolc L−1 Zentralwert 77 25 85 170 15 48 8 63 167 69 65 17 33 73 5 17 2 41 60 38 oberes Quartil unteres Quartil 147 35 276 285 40 67 14 113 333 136 1. Ladungsbilanz erstellen — Fehlen Kationen oder Anionen ? – Was könnte für das Ladungsdefizit verantwortlich sein? 2. Wie gross sind die pH-Werte der 3 Lösungen? 3. Wie verändert sich die Speziierung von Al? – Berechnung mit MINEQL 4. Welche Reaktionen unterstellt MINEQL – nach Aufruf der Datenbasis? 5. Warum sind die NO3 - Konzentrationen unterschiedlich hoch? 6. Warum sind die Mn - Konzentrationen unterschiedlich hoch? 7. Warum sind die SO4 - Konzentrationen unterschiedlich hoch? Übung 16 Titration: Das Kapitel aus Drever (1988, Chapter 4) korrespondiert mit dem Kapitel 7.6. Jeder Schritt im Buch sollte mit dem Skriptum übereinstimmen. - Ganz am Schluss (Gleichung 185) ist eine Formel abgeleitet, welche in dieser Form in Excel übertragen ist. Dazu sind 2 Titrationskurven angegeben. Die erste Kurve entspricht der Abbildung 4-2 in Drever, die zweite Graphik heisst Gran-Plot und ist in Drever in Figure 4-3 dargestellt. Die Frage: Was ist der Vorteil der Gran-Funktion? Lies dazu p.56 in Drever und gib eine kurze Stellungnahme schriftlich ab. Übung 17 Frage zu Fraktionierungsfaktoren Wir haben in der VO aus einem Tableau für Kohlensäure einen gesamten Bjerrum-Plot errechnet und mit Excel graphisch dargestellt. Die Vorgangsweise war: TotH2 CO3 = [H2 CO3∗ ] + [HCO3− ] + [CO32− ] = Ctot (13.18) Wir haben mittels der Gleichungen der Säuredissoziation die Glieder [HCO3− ] und [CO32− ] substituiert, sodass wir auf der rechten Seite der Gleichungen 7.79 und 7.80 Ausdrücke mit [H2 CO3∗ ] hatten. Dann haben wir [H2 CO3∗ ] herausgehoben und hatten [H2 CO3∗ ] × (1 + .... + ...) = Ctot (13.19) In Excel wurde das Beispiel gelöst, indem Ctot vorgegeben war und für jeden pH-Wert [H2 CO3∗ ], und daraus [HCO3− ] und daraus [CO32− ] gerechnet wurde. – HCO3 Alk 132 26 159 29 -69 134 KAPITEL 13. ÜBUNGSBEISPIELE 143 Die neue Aufgabenstellung ist, die Tot H2 CO∗3 so umzuformulieren, dass alle Glieder Funktionen von HCO3− sind. Das Ergebnis soll sein: [HCO3− ] × (... + 1 + ...) = Ctot (13.20) Diese Aufgabe ist optional! - Sie dient dazu, Sicherheit beim Umgang mit Zahlen zu gewinnen. Wer an der Alkalinität interessiert ist bzw. wer die aquatische Chemie aus einer idiosynkratischen, aber extrem kreativen Perspektive sehen will, soll (Reuss & Johnson, 1986) lesen. Abbildung 2.2 auf S.11 kommt noch in der VO (siehe auch kohlsre.xls.) 13.6 Übungen zu Kapitel 10 Übung 18 Wie verändert sich die Löslichkeit von Magnesit wenn der pH von 5 auf 7 steigt? Lösung: M gCO3 H2 O + CO2 = = H2 CO3∗ HCO3− = = M g + CO32− H2 CO3∗ H + + HCO3− H + + CO32− Kombinieren! . . . Aus (Sposito, 1989). – Analoge Übung mit Dolomit CaM g(CO3 )2 möglich. Übung 19 Für das geschlossene Karbonatsystem gilt: H2 CO3∗ HCO3− = H + + HCO3− = H + + CO32− pK1 = 6.3 und pK2 = 10.3 Wie lauten die pK’s für das offene System? Beachte: [CO2,aq ] = [H2 CO3∗ ] = pCO2 × KHenry Erstelle eine Wertetabelle für 280 ppm CO2 (= pCO2 = 10−3.55 atm) und für 350 ppm CO2 (pCO2 = 10−3.46 atm) für den pH-Bereich 3 bis 7. Tabelle h2sbjerr.xls !! pH 3 4 5 6 7 H2 CO3∗ ... ... ... ... ... HCO3− ... ... ... ... ... CO32− ... ... ... ... ... Anleitung: kohrlsre.xls bzw KAPITEL 13. ÜBUNGSBEISPIELE 13.7 144 Übungen zu Kapitel 11 Übung 20 • Lies aus der Tabelle der Komplexierungskonstanten (z.B. (Morel & Hering, 1993, Tabelle 6.3)) die Dissoziationskonstanten von H2 CO∗3 und H3 PO4 heraus? • Wie lauten die Reaktionsgleichungen, die den Tabellenwerten entsprechen? • Wie liest man aus dieser Tabelle H2 CO3∗ = H + + HCO3− und HCO3− = H + + CO32− ? 13.8 (13.21) (13.22) Übungen zu Kapitel 12 Beispiel aus (Drever, 1988, Example 3, Kapitel 10, Seite 231). Beispiel: Gegeben CEC = 50 mmol / kg, Basensättigung 20 %, z = 100 cm, ρ = 1.8 g/cm3 . Jährlicher Niederschlag = 1000 mm, pH = 4 Wie lange regnet es, bis der H + -Input gleich dem ursprünglichen Basenvorrat des Bodens ist? • Boden-Vol: 100 × 100 × 100 = 106 cm3 . • Bodenmasse: 1.8 × 106 g = 1.8 × 103 kg • CEC /beachte Einheiten: [mol2 /mol]: 50 × 0.2 × 1.8 × 103 mmol = 18mol Regen: 1m/Jahr 1L = 1dm3 , 10 × 10 × 10 = 103 dm3 H2 O = 103 LH2 O −4 10−4 × 103 = 10−1 molH + /m3 ; 18/10−1 = 180 pH = 4: ≡ 10 molH + /L, Jahre. → In 180 Jahren ist der Vorrat an basischen Kationen aufgebraucht! – Aber: Verwitterung liefert in diesen 180 Jahren basische Kationen nach. Übung 21 Analoge Beispiele zu Boden Achenkirch, Castell, Skelettgehalt hat Tiefengradienten ( z.B. 0 - 10 - 30 %) und ρ ändert sich. 13.9 Junkyard Themenvorschläge: • Kationenaustausch – Gleichungen und mögliche Darstellung im Tableau • Verwitterungsreaktionen – Wie kann man herausfinden, welches Gestein Ionen in die Bodenlösung entlässt ? • Bearbeitung publizierter Daten mit den Werkzeugen der Wasserchemie – Kann man eventuell fehlende Daten mit ’educated guesses’ ersetzen ? KAPITEL 13. ÜBUNGSBEISPIELE 145 • Oberflächenchemie – Unterschied zwischen Ionen, Komplexen und Feststoffen • Rolle des gelösten Kohlenstoffs beim Stoffkreislauf • Einfluss der Pflanzen (Acker, Wald) auf die Bodenwasserchemie aus (Sposito, 1989): • Bedeutung der organischen Substanz auf die ANC ∂AN C = buffer intensity ∂pH • Struktur der organischen Substanz (Bailey et al., 1997; Schulten & Schnitzer, 1997). Hinweis: Das Tableau aus MINEQL wählt vermutlich nicht die Prinzipalkomponenten beim CO2 -Äquivalenzpunkt als Komponenten aus. Daher müsste das zugehörige Tableau händisch erstellt werden, wenn die Definition (”Auswahl Prinzipalkomponenten als Komponenten” (Kapitel 7.1) gewählt wird; bei Verwendung der Definition XXX bzw. Gleichung XXXX geht es schneller und einfacher. - Es kann dann auch einfach eine Aussage über den Alkalinitäts-Verlust durch Wegnahme von Ca und Mg getroffen werden. • Arbeiten von Bäumler (Bäumler et al., 1995; Bäumler & Zech, 1998; Bäumler & Zech, 1999) - Ca wird eine Sonderstellung gegenüber K, Mg eingeräumt. Warum? - Wird das erklärt? - In der Diskussion wird die Denitrifikation besprochen. - Wurde die gemessen? • Weitere Fragen: Welche chemischen Parameter wurden gemessen, welche geschätzt, welche berechnet? • Frage über Kationen in der Bodenlösung K, Ca, Mg, Na, Al, Fe, Mn, H, Cu, Pb, Ba. - hoch / niedrig konzentriert im Bodenwasser; wo/warum (z.B. abhängig vom pH) - vor allem aus Verwitterung / Niederschlag / Kationenaustausch / Mineralisierung der organischen Substanz / anderer Prozess (welcher ?) • Welche der folgenden Reaktionen erhöht die Alkalinität von Wasser? Ca2+ + 2HCO3− CaCO3,s + CO2 (g) + H2 O = CaSO4 .2H2 O KCl = = Ca2+ + SO42− + 2H2 O K + + Cl− K2 O.Al2 O3 .6SiO2 (s) + 2CO2 + 24H2 O = 2K + + 2HCO3− + Al2 O3 .2SiO2 (s) + +26SiO2(s) + 14H2 SiO3 (aq) Kapitel 14 Fallstudien - Exkurse 14.1 Achenkirch 14.2 Magnesiumdüngung 14.3 Schottenwald 14.4 Gelöster organischer Kohlenstoff – DOC 14.4.1 Herkunft, Bedeutung und Definition des DOC DOC wird aus der organischen Substanz des Bodens gelöst, wird von Wurzeln als Exudat ausgeschieden und besteht aus lebendiger und toter mikrobieller Biomasse. DOC ist für Mikroorganismen ein wertvolles Substrat, ist ein Um- und Abbauprodukt bei biologischen Vorgängen und ist für Metalle im Bodenwasser ein Ligand. Ausserdem interagiert DOC mit der inneren Oberfläche des Bodens. • DOC ist operational definiert als Summe der gelösten organischen Verbindungen, die ein 0.45μm-Filter passieren. • Zunehmend wird ein cut-off von 0.2 μm verwendet • DOC wird durch seine Struktur definiert. Die Moleküle werden modelliert (Schulten & Schnitzer, 1997) oder mittels Kernresonanz-Spektroskopie (13 C NMR) strukturell aufgeklärt (Ussiri & Johnson, 2003; Preston et al., 1990; Kaiser et al., 2002) • Eine Fraktionierung des DOC nach physiko-chemischen Eigenschaften in hydrophile, hydrophobe und neutrale Verbindungen erfolgt mittels Austauscherharzen, wobei im Prinzip eine Fraktionierung nach funktionellen Gruppen geschieht. (Leenheer & Noyes, 1984) • DOC wird nach der Grösse der Moleküle klassifiziert. Darauf beruht auch die klassische Humusuntersuchung nach Kononova. Grosse Moleküle werden leichter immobilisiert als kleine. 146 KAPITEL 14. FALLSTUDIEN - EXKURSE 147 Tabelle 14.1: Konzentration und Flüsse von DOC und N-Verbindungen in einem oberbayerische Waldökosystem – Coulissenhieb (Michalzik & Matzner, 1999). AminoKompartiment DOC DON DOC DON DON NO3 -N NH4 -N [mg / L] [kg / ha / Jahr] Niederschlag 2.7±0.2 0.17 ±0.02 17.8 1 0.9 6.3 6.5 Bestandesniederschlag 15.2±0.4 0.75±0.04 34.1 3.4 2.2 11.5 9.2 Auflage35.7±2.7 1.33±0.13 172.7 7.1 4.3 19.8 7.5 horizont Oi Oa 37.8±1.4 1.22±0.05 154.7 4.7 3 8.4 3.9 20 cm Tiefe 24.7 0.15 85.8 0.2 0 18.3 0.8 5 0 16.5 0 6 0 17.6 0.1 90 cm Tiefe C und N treten gemeinsam auf. So hat DOC sein Pendant als gelöster organischer Stickstoff (DON). Lange Zeit wurden aussschliesslich die anorganischen N-Moleküle im Bodenwasser untersucht. Schwierigkeiten, ein geschlossenes NBudget für Waldökosysteme zu erstellen führte zur Untersuchung/Beachtung von DON (Sollins et al., 1980). Die Reihenfolge ist N O3 > N H4 ≈ DON (vgl. Tabelle 14.1). DON besteht wie DOC aus chemisch langsam abbaubaren Verbindungen und aus Amino-N. Erstere werden ausgewaschen, auch wenn das Pflanzenwachstum durch N-Mangel limitiert ist, der Amino-N ist ein wichtiger Nährstoff (Perakis & Hedin, 2002; Neff et al., 2003)! Für die Bildung von DON wird neben der biologischen Entstehung auch ein anorganischer Prozess zwischen NO3 und der organischen Substanz des Bodens beschrieben (Chorover & Amistadi, 2001; Davidson et al., 2003). 14.4.2 Mengen - Konzentrationen - Flüsse Die höchsten DOC - Flüsse treten im organischen Auflagehorizont auf. Im Mineralboden wird DOC effektiv festgelegt. Nur ein geringer Teil wird als Substrat für mikrobielle Vorgänge verwendet (Guggenberger & Zech, 1994; Jandl & Sollins, 1997; Kaiser & Guggenberger, 2000). Die Auswaschung von DOC und DON findet vor allem bei Starkregenereignissen statt, wenn sich kein chemisches Gleichgewicht mit der Bodenfestphase einstellen kann (Hagedorn et al., 2000). Die jährlichen DOC und DON Flüsse sind in der Abbildung 14.1 dargestellt, ein Konzept der Flüsse in Abbildung 14.2. Zur Abschätzung der Grössenordnung der DOC-Flüsse aus dem Boden: • Bodenrespiration: 4.0 t C-Emission als CO2 • Leaching von DOC: 0.2 t C-Auswaschung 14.5 Kalziumernährung von Bäumen – Limits Woher kommt das Ca? KAPITEL 14. FALLSTUDIEN - EXKURSE 148 DOC [kg / ha / yr] 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 Quelle: Michalzik et al 1999 Niederschlag N. im Bestand FF Oi FF Oa NO3-N NH4-N Amino-DON Rest-DON DOC 20 cm 90 cm 0 10 20 30 40 } 50 N 60 DON [kg / ha / yr] Abbildung 14.1: Jährliche Flüsse des gelösten C und N in einem Waldökosystem; Quelle (Michalzik & Matzner, 1999). (a) Baum ? SOM 6 - Mikroorganismen - 6 - NH+ 4 ? NO− 3 ? (b) Baum ? 6 SOM ?6 ? DON 6 - Mikro- organismen - NH+ 4 6 - ? ? Neff 2003, traditional and new view on N cycle / DON Abbildung 14.2: Ways to deal with DON (Neff et al., 2003). NO− 3 ? KAPITEL 14. FALLSTUDIEN - EXKURSE 149 Ein Wald braucht jährlich etwa xxx kg Ca. Bei einer Konzentration von yyy mg Ca / L Bodenwasser und einer Transpirationsleistung von zzzz mm / Jahr werden nur aaaa kg Ca aufgenommen. Lösung: Ca wird von Wurzeln direkt aus der Mineralphase gelöst. KAPITEL 14. FALLSTUDIEN - EXKURSE 14.6 Kritische Literaturanalyse 1. Objektive Analyse • Sind Hypothesen, Fragestellungen klar? • Ist klar, warum die Fragestellung wichtig ist? • Reicht die Information aus, um die Arbeit zu reproduzieren? • Ist das experimentelle Design gut? • Sind potentielle Problemfaktoren ausreichen berücksichtigt? • Statistische Analyse korrekt? • Präsentation der Daten verständlich? • Sind die Schlussfolgerungen durch die Daten zu rechtfertigen? • Was ist neu? 2. Subjektive Analyse • Würde ich die Arbeit anders machen? • Soll ich die Arbeit weiterempfehlen? • Hat es meine Fragestellung behandelt? 3. Spaßfaktor 150 KAPITEL 14. FALLSTUDIEN - EXKURSE Files, Spreadsheets, Graphs 1. Chapter 5 • cph0.eps aus vo.jnb • cph1.eps aus vo.jnb • cph3.eps aus vo.jnb • h2sbjerrum.xls 2. Chapter 6 • ksreclosedv2.eps aus vo.jnb • cph4.eps aus co2offsystem.jnb • kohlsre.xls • vo titr.xls 3. Chapter 10 • vo fes.xls Table StabDiagr2 • sepiolit.eps aus stabilitydiagr.jnb • vo fest.xls als Grundlage f caloeslich.jnb • vo fest.xls • fluorit.eps aus ??? • minerale.xls • an it2.eps aus anorthit.jnb • anit f.eps aus anorthit.jnb 4. Chapter 11 • cadmium.eps aus cadmium • feoh-predom.eps aus ?? 151 References Appelo, C.A.J., & Postma, D. 1993. Geochemistry, Groundwater and Pollution. Rotterdam: A.A. Balkema. Appelo, C.A.J., & Postma, D. 1996. Geochemistry, Groundwater and Pollution. Rotterdam: A.A. Balkema. Appelo, C.A.J., & Willemsen, A. 1987. Geochemical calculations and observations on salt water intrusions, I. a combined geochemical/mixing cell model. Journal of Hydrology, 94, 313–330. Appelo, C.A.J., Willemsen, A., Beekman, H.E., & Griffioen, J. 1990. 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