Tolvaptan zur Behandlung von SIADH Alexander Dreger

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5. Jahrgang, 6. Ausgabe 2011, 179-196
- - - Rubrik Neue Arzneimittel - - -
Tolvaptan zur Behandlung
von SIADH.
SIADH
Klinische Effektivität
Bisherige Pharmakotherapie
Sicherheitsprofil
Wirkungsmechanismus/Kinetik
Beratungshinweise
Tolvaptan bei SIADH
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Tolvaptan zur Behandlung von SIADH
Alexander Dreger, Patrik Scholz, Fatma Demirbilek, Vu Thuy Trang Dang,
Ali Rami
Korrespondenzautor:
Alexander Dreger
Fachbereich Pharmazie,
Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
Universitätsstr. 1
40225 Düsseldorf
([email protected])
Interessenkonflikt:
keiner
Lektorat:
Dr. med. Johannes Stegbauer
Oberarzt, Facharzt für Innere Medizin
Klinik für Nephrologie, Universitätsklinikum Düsseldorf
Elke Althoefer-Blautzik, Apothekerin
Greifen Apotheke, Oberkirch
Julia Müller, Apothekerin
Institut für Pharmakologie und klinische Pharmakologie
Universitätsklinikum, Düsseldorf
Den Fortbildungsfragebogen zur Erlangung eines Fortbildungspunktes zum
Fortbildungstelegramm Pharmazie finden Sie hier:
http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Kurzportraet.html
Titelbild : Universitätsbibliothek New York , Urheber: Photoprof, Lizenz: Fotolia
Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(6):179-196
Tolvaptan bei SIADH
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Abstract
The syndrome of inappropriate ADH secretion (SIADH) is a special form of hyponatremia caused by an excessive secretion of the antidiuretic hormone
(ADH, vasopressin). Most of the patients
with a mild or marked severity (i.e. 134120 mmol/l [Na+]) do not show any
symptoms, whereas the more severe
form (i.e. < 120 mmol/l [Na+]) can
cause cerebral edema with serious neurologic complications. However, an asymptomatic hyponatriemia should also
be treated because in long-term especially elderly patients have a higher risk
for cognitive dysfunction and osteoporosis associated with gait instability, falls
and hip fractures. This accounts for a
higher rate of hospitalization and costs.
The prior therapy has insufficient efficacy
and at the same time numerous adverse
events, so tolvaptan (Samsca®), a V2vasopressin-antagonist, opens new possibilities of treatment. Tolvaptan convinced one of a great efficacy and safe
adverse event profile in the SALT and
SALTWATER trials. Trials with hard endpoints like the reduction of morbidity and
mortality are desirable and still being
awaited, so that today the therapeutic
importance of tolvaptan cannot be estimated clearly enough.
Abstract
Das Syndrom der inadäquaten ADHSekretion (SIADH) ist eine spezielle
Form der Hyponatriämie, hervorgerufen
durch übermäßige Ausschüttung des antidiuretischen Hormons (ADH, Vasopressin). Bei den meisten Patienten mit einem leichten bis mäßigen Schweregrad
(134-120 mmol/l [Na+]) verläuft das
Syndrom asymptomatisch, während sich
bei der schweren Form (< 120 mmol/l
[Na+]) zerebrale Ödeme mit ernst zu
nehmenden neurologischen Komplikationen entwickeln. Eine Behandlung ist
nichtsdestoweniger auch bei asymptomatischem Verlauf notwendig, da auf
lange Sicht besonders bei älteren Patienten ein erhöhtes Risiko für kognitive Störungen und Osteoporose, verbunden mit
Gangunsicherheiten, Stürzen und Oberschenkelhalsfrakturen besteht. Das bedingt eine höhere Hospitalisierungsrate
und hohe Kosten. Da die bisherige Therapie von SIADH zu geringe Effektivität
und gleichzeitig zu viele Nebenwirkungen
mit sich bringt, eröffnen sich neue Behandlungsmöglichkeiten mit Tolvaptan
(Samsca®),
einem
V2-VasopressinRezeptor-Antagonisten. In den SALT und
SALTWATER Studien überzeugte Tolvaptan mit seiner hohen Effektivität und
sicherem Nebenwirkungsprofil. Studien
mit harten Endpunkten wie Morbiditätsund Mortalitätssenkung sind wünschenswert und lassen noch auf sich warten,
sodass der therapeutische Stellenwert
von Tolvaptan heute nicht klar genug
eingeschätzt werden kann.
Einleitung
Das Syndrom der inadäquaten ADHSekretion (SIADH), auch SchwartzBartter-Syndrom genannt, zeichnet sich
durch stark erhöhte Plasmaspiegel des
antidiuretischen Hormons (ADH, Vasopressin) aus. Mit dieser nicht osmotisch
bedingten
exzessiven
ADHSekretion geht bei SIADH eine verstärkte
Retention von Wasser einher, was im
Körper zu einem Anstieg des Extrazellulärvolumens (EZV) und damit zu einer
Verdünnung der Natriumkonzentration
im Plasma, einer Hyponatriämie führt.
SIADH gehört zu der euvolämischen Hyponatriämie. Davon werden die hypovolämische Hyponatriämie und die hypervolämische Hyponatriämie abgegrenzt
(1,2). Tab. 1 gibt einen Aufschluss über
das Krankheitsbild des SIADH.
Zur Diagnose von SIADH müssen die
Serum- und Urin-Osmolalität sowie die
Natriumkonzentration im Urin herangezogen werden. Auch muss die Euvolämie
bestätigt werden, da es sich bei SIADH
um eine euvolämische Hyponatriämie
handelt. Darüber hinaus müssen noch
andere Ursachen euvolämischer Hyponatriämie ausgeschlossen werden; dazu
zählen ein Glucocorticoid-Mangel und
Hypothyroidismus (4). Die Hyponatriämie selbst wird in verschiedene Schweregrade eingestuft, wobei Natriumkonzentrationen im Plasma von 135-130
mmol/l als leichte, 129-120 mmol/l als
mäßige und < 120 mmol/l als schwere
Hyponatriämie bezeichnet werden (1).
Während die leichte und mäßige Hyponatriämie meist asymptomatisch ver-
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läuft, kann die schwere Hyponatriämie
auf Grund von zerebralen Ödemen, die
durch osmotischen Wassereinstrom aus
dem Extazellulärraum in die Gehirnzellen
enstehen, zu erheblichen neurologischen
Komplikationen, wie Agitiertheit, Anorexie, Apathie, Lethargie, Desorientiertheit,
Erbrechen, Schwindel und Übelkeit oder
gar zu Krämpfen und zum Tod führen
(5). Zur statistischen Erhebung der Prä-
valenz von SIADH ist man gezwungen
generell Hyponatriämien ins Auge zu
fassen, da spezielle Prävalenzuntersuchungen der SIADH Subgruppe in der
weltweiten Literatur kaum vorliegen (6).
Da aber SIADH als die Hauptursache
aller klinisch erfassten Hyponatriämien
gilt, kann man indirekt Rückschlüsse auf
die SIADH-Prävalenz ziehen.
SIADH
Ursachen
Tumoren (3)
Pneumonie
- pulmonale
Tuberkulose
- extrapulmonale
Medikamente
- SSRI
- TZA
- Neuroleptika
- NSAIDs
- ThazidDiuretika
- ACE-Hemmer
ZNSSchädigungen
- Meningitis
- Guillain-BarréSyndrom
- Hämorrhagien
bei [Na+] 134-120 mmol/l asymptomatisch (meistens)
bei [Na+] < 120 mmol/l symptomatisch
Symptome zerebrale Ödeme führen zu:
Agitiertheit
Anorexie
Apathie
Folgen
Diagnose
Therapie
Lethargie
Desorientiertheit
Schwindel
Nausea
Emesis
Krämpfen
akut (bei [Na+] < 120 mmol/l):
Koma, Tod
chronisch (auch wenn asymptomatisch):
Osteoporose, Stürze, Knochenbrüche, erhöhte Morbidität und Mortalität
Serum-Osmolalität
Urin-Osmolalität
vorliegende Euvolämie
< 275 mOsm/kg
> 100 mOsm/kg
- keine Ödeme / Aszites
Urin-[Na+]
- keine trockene Muco> 40 mmol/l
sa
- kein verminderter
Hautturgor
Differentialdiagnose:
Glucocorticoid-Mangel (ACTH-Mangel) und Hypothyreose ausschließen
- Beseitigung der Ursachen (v.a. Tumoren)
- Flüssigkeitsverzicht
- NaCl 3% i.v. (besonders bei akuter Hyponatriämie mit neurologischen
Symptomen)
- Furosemid
- Demeclocyclin
- Harnstoff
- Lithium
- V2-Vasopressin-Rezeptor-Antagonisten (Vaptane)
Tab. 1: Übersicht über das Krankheitsbild des SIADH (3,4), modifiziert nach (4).
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Abb. 1: Häufigkeit der Hyponatriämie bei 120.137 Patienten aus mehreren Kliniken in
Singapur, mod. nach (7).
So konnte Hawkins (7) bei 120.137 Patienten in einer klinischen Datenbank von
mehreren Krankenhäusern und der dazugehörigen ambulanten Versorgungsstätten in Singapur retrospektiv zeigen,
dass 42,6 % aller Patienten eine leichte
und mäßige, 6,2 % eine schwere und 1,2
% eine sehr schwere Hyponatriämie
aufwiesen (Abb. 1). Darüber hinaus
konnte er beobachten, dass mit fortschreitendem Alter das relative Risiko für
eine Hyponatriämie steigt (Abb. 2). Die
Gründe für diese größere Prävalenz im
hohen Alter sind Komorbiditäten (z.B.
Dehydration, Herz- und Niereninsuffizienz, Krebserkrankungen), häufigere
Einnahme von Medikamenten (z.B. Diuretika, Psychopharmaka), die zur Hyponatriämie beitragen, und ein mit dem
Alter abnehmender Mechanismus der
Homöostase (z.B. geringe GFR, Aldosteron-Mangel) (8). Im Gegensatz zur früheren Meinung, eine asymptomatische
Hyponatriämie nicht unbedingt behandeln zu müssen, weiß man heute auf der
Grundlage einer prospektiven Studie von
Waikar (9) mit 98.000 Krankenhauseinweisungen, dass sogar die leichte Hyponatriämie wesentlich zur Erhöhung der
Mortalität bei Patienten beiträgt, weshalb
eine therapeutische Intervention unentbehrlich ist. Die Mortalität nimmt mit
dem Schweregrad der Hyponatriämie zu
und bewegt sich bei der schweren Form
zwischen 28 % und 50 % (10). Der Nutzen einer Therapie der Hyponatriämie in
Bezug auf eine Mortalitätssenkung konnte durch Hoorn et al. (11) gezeigt werden, wobei bei therapierten Patienten
mit 13 % eine signifikant geringere Mortalität als bei unbehandelten mit 37 %
erreicht werden konnte. Desweiteren ist
heute dank einer Fall-Kontroll-Studie von
Renneboog (12) bekannt, dass sogar
eine leichte Hyponatriämie mit chronischem Verlauf bei älteren Patienten
Gangunsicherheiten, Stürze und Oberschenkelhalsbrüche bedingt. Dies erscheint nicht verwunderlich, da die Hyponatriämie heute in unmittelbaren Zusammenhang mit der Entwicklung einer
Osteoporose gebracht wird (13).
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Abb. 2: Mit dem Alter steigt das relative Risiko für eine Hyponatriämie. p < 0,05, mod.
nach (7).
Es wurde ebenfalls festgestellt, dass die
Hyponatriämie nicht nur einen bloßen
Biomarker, sondern auch einen modifizierbaren Risikofaktor, der unbehandelt
mit einer schlechten Prognose korreliert,
bei Patienten mit Herzinsuffizienz (14),
Leberzirrhose (15), Pneumonie und Meningitis (16) darstellt. Der Kostenaufwand bei der Behandlung der Hyponatriämie beläuft sich allein in den USA jährlich auf schätzungsweise 1,6 Mrd. bis 3,6
Mrd. $ (17). Nicht nur solche ungünstigen Prognosen auf die Morbidität und
Mortalität bei einer Hyponatriämie, sondern auch die signifikant höheren Kosten
bei ihrer Behandlung machen sowohl aus
epidemiologischer als auch pharmakoökonomischer Sicht eine Therapie unabdingbar.
Bisherige Therapie
In Fällen der akuten und vor allem
schweren Hyponatriämie gilt nach wie
vor als Mittel der ersten Wahl die Natri-
umsubstitution mittels einer hypertonen
3% NaCl-Infusion. Auch zur Prävention
einer Hyponatriämie, die sich besonders
bei Kindern während eines Krankenhausaufenthaltes auf Grund der parenteralen
Flüssigkeitszufuhr entwickeln kann, wird
eine intravenöse Gabe einer NaCl-Lösung
empfohlen, die hierbei jedoch isoton
(0,9%) sein muss (18, 19). Bei chronischer und milder verlaufender Hyponatriämie galt als Mittel der ersten Wahl
die Flüssigkeitsrestriktion zum Erzielen
einer negativen Wasserbilanz, wobei die
Trinkmenge immer 500 ml/Tag unter
dem durchschnittlichen ausgeschiedenen
Urinvolumen/Tag liegen sollte. Patienten
sind hier jedoch häufig nicht adhärent
wegen des verstärkten Durstgefühls.
War die Flüssigkeitsrestriktion erfolglos,
griff man zu einem alten Tetrazyklinantibiotikum Demeclocyclin, welches einen
nephrogenen Diabetes insipidus induziert
(20). Sein Wirkmechanismus ist bis heute nicht geklärt. Nur in 60-70 % der Fälle
gibt es ein Ansprechen. Das NutzenRisiko-Verhältnis ist ziemlich ungünstig,
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da Demeclocyclin nicht nur proemetisch
und photosensibilisierend, sondern auch
nephrotoxisch ist (21). Auch Lithium
führte zum Diabetes insipidus, zeigte
sich dem Demeclocyclin jedoch unterlegen (22), da es nicht nur nephrotoxisch
ist, sondern auch neurologische Nebenwirkungen hat. Schleifendiuretika wie
Furosemid (40 mg i.v.) befreien den
Körper zwar von der Volumenüberladung, verschlimmern jedoch häufig die
Hyponatriämie durch verstärkte Natriurese. Etwas besser als Schleifendiuretika
ist Harnstoff, welcher als einziges Mittel
von den zuvor genannten peroral verfügbar ist. Harnstoff fördert die elektrolytfreie Wasserexkretion und vermindert
die Natriurese (23). Die Einhaltung einer
solchen Verordnung durch die Patienten
ist leider nicht gegeben, da die Dosierung pro Tag 30 g beträgt und der Geschmack äußerst unangenehm ist. Zuletzt bleibt das Absetzen von Medikamenten, die mit einer Förderung von
SIADH in Verbindung gebracht werden
(Tab. 1), oder eine Resektion des Tumors, der ADH sezerniert. Pneumonien
sollten schnellstmöglich mit Antibiotika
auskuriert werden. Der Therapieansatz
mit V2-Rezeptor-Antagonisten (Vaptane)
eröffnet neue Behandlungsmöglichkeiten. Bereits 2005 ist Conivaptan (Vaprisol®) als erstes Vaptan von der FDA zugelassen worden zur Behandlung der
euvolämischen Hyponatriämie. Zwar ist
es oral verfügbar, dennoch bleibt seine
Anwendung auf eine intravenöse stationäre 4-Tage-Therapie wegen zu starker
CYP3A4 Interaktionen beschränkt (24).
Umso mehr erhofft man sich Vorteile
vom neuen oral verfügbaren Tolvaptan
(Samsca®) (Abb. 3).
Abb. 3: Strukturformel von Tolvaptan.
Wirkungsmechanismus
Das aus 9 Aminosäuren bestehende Polypeptid ADH wird aus dem Hypophysenhinterlappen ausgeschüttet und bindet
im distalen Tubulus sowie im Sammelrohr des Nephrons an V2-(Vasopressin)Rezeptoren der Hauptzellen. Durch die
Kopplung des V2-Rezeptors an ein GsProtein kommt es zur Aktivierung der
Adenylatcyclase, sodass vermehrt cAMP
aus ATP gebildet wird. Der second messenger cAMP aktiviert die Proteinkinase A
(PKA), die ihrerseits sich im Cytosol befindliche Aquaporine des Typ 2 (AQP2)
phosphoryliert. Diese Phosphorylierung
führt dazu, dass sich die Vesikel, in denen die Aquaporine enthalten sind, zur
apikalen Seite hin bewegen und durch
Exocytose die Aquaporine in die Zellmembran sezernieren (Abb. 4). Nach
dem Einbau dieser Wasserporen in die
sonst wasserimpermeable Membran des
Tubulus bzw. Sammelrohrs werden letztere wasserdurchlässig, sodass Wasser
aus dem Lumen des Tubulus osmotisch
dem Elektrolytgradienten ins Blut folgen
kann (25). Die Folge ist eine Antidiurese.
Tolvaptan führt zu einer Aquarese, einer
verstärkten Ausscheidung von Wasser,
indem es die Wirkung von ADH am V2Rezeptor blockiert. V2-Rezeptoren lassen
sich auch im Gefäßendothel finden und
vermitteln dort eine Freisetzung des Gerinnungsfaktors VIII und des vonWillebrand-Faktors.
Molecular Modeling Studien von der Bindungsstelle des V2-Rezeptors haben gezeigt, dass der nichtpeptidische Antagonist tiefer in die transmembranäre Region des V2-Rezeptors eindringt als der
natürliche Ligand ADH. Dadurch wird die
Interaktion des ADH mit der H1-Helix,
welche essentiell für die Konformationsänderung des Rezeptors und die nachfolgende Gs-Proteinaktivierung ist, unterbunden. Tolvaptan selber interagiert
jedoch nicht mit der H1-Helix (Abb. 5)
(26). Somit stellt die Bindung des Antagonisten Tolvaptan an den V2-Rezeptor
eine Blockade der Aktivierung des V2Rezeptors durch ADH dar. Im Vergleich
zu ADH hat Tolvaptan eine etwa 7-fach
höhere Affinität zum V2-Rezeptor (26)
und ist für diesen selektiver als für die
anderen beiden Vasopressin-RezeptorTypen V1a und V1b.
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Abb. 4: Nach Bindung von ADH (Vasopressin) an den V2-Vasopressin-Rezeptor (V2R)
kommt es durch die Kopplung des V2-Rezeptors an ein Gs-Protein zur Aktivierung der
Adenylatcyclase, sodass vermehrt cAMP gebildet wird, welches die Proteinkinase A (PKA)
aktiviert und zur Phosphorylierung zytosolischer Aquaporine des Typ 2 (AQP2) führt. Dies
bewirkt die apikale Integration von AQP2 in die sonst wasserimpermeable Membran des
Tubulus bzw. Sammelrohrs. Hierdurch kann vermehrt Wasser aus dem Lumen des Tubulus osmotisch dem Elektrolytgradienten ins Blut folgen. Tolvaptan blockiert diesen Mechanismus und führt somit zu einer verstärkten Wasserausscheidung, einer Aquarese.
Die durch Tolvaptan vermehrte Urinausscheidung kommt quantitativ der
durch Furosemid ausgeschiedenen Menge gleich, wobei es sich qualitativ hier
um eine natrium- und kaliumarme Aquarese im Vergleich zur Furosemid induzierten Diurese handelt. Somit spart Tolvaptan Elektrolyte ein, wohingegen Diuretika sowohl Wasser aber auch Natrium
und Kalium ausscheiden (27).
Pharmakokinetik
Die Behandlung mit Tolvaptan wird im
Krankenhaus mit einer Dosis von 15 mg
einmal täglich eingeleitet. Bei Bedarf
kann die Dosis bis 60 mg gesteigert werden. Nach der peroralen Einnahme erfolgt eine schnelle Resorption von Tolvaptan. Die perorale Bioverfügbarkeit
liegt bei 56%. Etwa zwei Stunden nach
Applikation werden Spitzenplasmakonzentrationen erreicht, die Eliminations-
halbwertzeit beträgt acht Stunden, das
Verteilungsvolumen 3 l/kg. Tolvaptan
weist eine sehr hohe Plasmaproteinbindung von 98% auf. Hierbei sollte man
mögliche Interaktionen mit anderen Arzneistoffen mit ebenfalls hoher Plasmaproteinbindung im Blick behalten.
Die Wirkung beginnt zwei Stunden nach
Applikation und endet nach etwa 24
Stunden. Tolvaptan wird in ausgeprägtem Maße in der Leber metabolisiert,
sodass weniger als ein Prozent des nicht
metabolisierten Wirkstoffes unverändert
renal eliminiert wird. Das Alter des Patienten führt zu keinen signifikanten Unterschieden der Clearance von Tolvaptan. Auch eine leichte bis mäßige Funktionseinschränkung der Leber oder leichte
bis mittelschwere Niereninsuffizienz führt
zu keiner signifikanten Veränderung der
Tolvaptan-Clearance.
TolvaptanMetabolite zeigen nur eine geringe oder
überhaupt keine Affinität zum V2Rezeptor.
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Klinische Effektivität
Die Zulassung von Tolvaptan mit der
Indikation der Behandlung von SIADH
basiert auf den Ergebnissen zweier Phase-III Studien SALT 1 und SALT 2 (Study
of Ascending Levels of Tolvaptan in Hyponatremia) (29) und ihrer Erweiterungsstudie zur Langzeituntersuchung
SALTWATER (The Safety and sodium
Assessment of Long-term Tolvaptan
With hyponatremia: A year-long, openlabel Trial to gain Experience under Real-world conditions) (30). In den USA
erfolgte die Zulassung durch die FDA im
Jahre 2008, ein Jahr später dann auch in
der EU durch die EMEA.
Abb. 5: Der natürliche Agonist ADH und
der
nichtpeptidische
Antagonist
OPC21268 übereinander gelegt am V2Rezeptor. Tolvaptan (OPC41061) besetzt
die gleiche Bindestelle wie OPC21268.
Beide Antagonisten zeigen keine Interaktion mit der H1-Helix (AVP = arginine
vasopressin = ADH, il = intracelluläre
Loops, el = extacelluläre Loops) (26).
Es ist unbedingt zu beachten, dass Tolvaptan über CYP3A4 metabolisiert wird,
sodass bei gleichzeitiger Applikation von
CYP3A4-Hemmern wie Ketoconazol oder
Makrolid-Antibiotika eine 5,4-fache Erhöhung der Plasmakonzentration auftritt.
Gleichzeitig führen CYP3A4-Induktoren
wie Barbiturate und Rifampicin zu einer
starken Reduktion des Plasmaspiegels
(bis zu 87%).
Eine gleichzeitige Einnahme von Tolvaptan und Grapefruitsaft ist zu vermeiden,
da durch die Grapefruitsaft-bedingte
CYP3A4-Hemmung der Plasmaspiegel um
den Faktor 1,8 ansteigt. Bei gleichzeitiger Einnahme von Digoxin mit 60 mg
Tolvaptan kommt es zu einer Steigerung
der AUC von Digoxin um den Faktor 1,3.
Die Einnahme mit Nahrung hat hat keine
signifikante Auswirkung auf die Plasmakonzentration. Desweiteren ist Tolvaptan
ein Substrat und gleichzeitig Inhibitor
von P-Glykoprotein (Weblinks 1,2),
(28).
Die SALT Studien waren multizentrisch,
randomisiert,
doppel-blind,
placebokontrolliert und prospektiv. SALT 2 hatte
dasselbe Studiendesign wie der erste Teil
und sollte die Ergebnisse von SALT 1 im
Sinne einer Reproduzierbarkeit und Vergleichbarkeit untermauern. Die Patienten
hatten entweder eine euvolämische Hyponatriämie (darunter SIADH) oder eine
hypervolämische Hyponatriämie
(mit
Herzinsuffizienz
oder
Leberzirrhose).
Eine leichte Hyponatriämie war definiert
als 134-130 mmol/l, eine mäßige als <
130 mmol/l. An SALT 1 nahmen 205 Patienten teil, bei SALT 2 waren es 243, die
Tolvaptangruppe erhielt 15 mg, 30 mg
oder 60 mg Tolvaptan. Die Studiendauer
betrug 37 Tage, wobei die primären
Endpunkte die Veränderung des Surrogatmarkers Plasmanatrium-AUC im Vergleich zum Ausgangswert an Tag 4 und
an Tag 30 waren. Nach Tag 30 folgte
eine 7 Tage lange Beobachtungsperiode
ohne Gabe von Tolvaptan.
Bereits 8 Stunden nach der ersten Gabe
erhöhte sich sowohl bei Patienten mit
leichter als auch mit mäßiger Hyponatriämie das Plasmanatrium signifikant gegenüber der Placebogruppe. Genauso
verhielt es sich am 4. Tag, während am
Tag 30 das Plasmanatrium bereits im
optimalen Bereich lag (Abb. 6). Bemerkenswert war die Beobachtung, dass die
mäßig hyponatriämischen Patienten auf
eine Korrektur des Plasmanatriums viel
ausgeprägter reagierten als die leicht
hyponatriämischen. Das zeigt Abb. 7 am
Beispiel der AUC-Veränderung des Plasmanatriums am Tag 30.
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Abb. 6: Tolvaptan führt innerhalb von 30 Tagen zu einer signifikanten Erhöhung des
Plasmanatriums bis in den Normbereich ≥ 135 mmol/l. Eindeutig zu sehen ist die Rückkehr zu den ursprünglichen hyponatriämischen Werten nach Ende der Tolvaptan Gabe
nach Tag 30. p < 0,001, mod. nach (29).
Abb. 7: Patienten mit mäßiger Hyponatriämie (HN) reagieren mit einer deutlich stärkeren AUC-Veränderung des Plasmanatriums, bezogen auf die Ausganskonzentrationen, als
jene mit leichter Hyponatriämie (HN). Die Natrium-Konzentrationen haben sich am Ende
jedoch bei beiden Gruppen auf etwa denselben Wert (≥ 135 mmol/l) eingestellt. Für alle
Vergleiche ist p < 0,001, mod. nach (29).
Dies erscheint plausibel, da die Patienten
mit mäßiger Hyponatriämie niedrigere
Ausgangswerte des Plasmanatriums ha-
ben als die leicht hyponatriämischen und
somit bis zum Normbereich größere Differenzen bestehen.
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Ob sich das Plasmanatrium unter Tolvaptan-Behandlung auch länger als 30 Tage
im Normbereich bewegen kann, untersuchte SALTWATER, eine über 4 Jahre
(214 Wochen) lange open-label Folgestudie von SALT 1 und 2. Die Besonderheit dieser Studie bestand darin, dass sie
im Gegensatz zu den SALT Studien keine
Placebogruppe hatte, sondern stattdessen eine zweite Tolvaptangruppe, die in
den SALT Studien zuvor genau die Placebogruppe war, zusätzlich zu der Verumgruppe aus den beiden vorangegangenen Studien (Abb. 8). Von den 135
Patienten, die an den SALT Studien bis
zum Ende hin teilgenommen haben, ließen sich 111 Patienten in SALTWATER
weiterbehandeln. Zu Beginn hatten noch
85 % der 111 Patienten eine Hyponatriämie, unter ihnen weiterhin Patienten
mit Herzinsuffizienz (29,7 %), Leberzirrhose (18,0 %) und SIADH (52,3 %).
Die Effektivität von Tolvaptan im Sinne
einer Erhöhung des Plasmanatriums lässt
sich in fast demselben Ausmaß wie in
den SALT Studien auch hier besonders
nach 8 Stunden nach Therapiebeginn
und am Tag 14 beobachten (Abb. 8).
Tolvaptan zeigte auch bei der zuvor in
SALT behandelten Verumgruppe keine
Veränderungen in der Langzeiteffektivi-
tät. In der mehr als 4 Jahre langen Behandlung haben die Werte des Plasmanatriums den Normbereich weder übernoch unterschritten.
Genau wie in den SALT Studien (vgl.
Abb. 7) zeigt sich auch in SALTWATER
eine größere Korrekturrate des Plasmanatriums bei mäßig hyponatriämischen
Patienten im Vergleich zu den leicht hyponatriämischen, wobei, wie bereits oben erwähnt, die Kinetik, insgesamt betrachtet, bei beiden Subgruppen ähnlich
verläuft (Abb. 9). Eine interessante Beobachtung in SALTWATER ist, dass im
Gegensatz zu Patienten mit SIADH und
Herzinsuffizienz, deren Plasmanatrium
während der ganzen Behandlungsperiode
konstant im Normbereich liegt, die Patienten mit Leberzirrhose eine schlechtere
Ansprechrate auf Tolvaptan zeigen. Ihre
Natrium-Plasmaspiegel schwanken nicht
nur stark, sondern unterschreiten häufig
die Normgrenze von 135 mmol/l (Abb.
10). Dabei muss jedoch gesagt werden,
dass es an dieser Stelle unmöglich ist
Schlüsse über den Mechanismus, der die
reduzierte Effektivität von Tolvaptan bei
Patienten mit Leberzirrhose erklärt, zu
ziehen, da weder Daten zur Urinosmolalität noch zur Nierenfunktion dieser Patienten vorliegen.
Abb. 8: Die Ergebnisse von SALT und SALTWATER gegenübergestellt zeigen, dass die
Effektivität von Tolvaptan auch in der Langzeitanwendung konsistent ist mit der Wirksamkeit während einer 30-Tage Behandlungsperiode. p < 0,05, mod nach (30).
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Abb. 9: Mäßig hyponatriämische Patienten zeigen in SALTWATER, ähnlich wie in SALT,
eine stärker ausgeprägte Korrekturrate ihres Plasmanatriums als die leicht hyponatriämische Subgruppe, was man an dem steileren Kurvenverlauf innerhalb der ersten 14 Tage
erkennt. p < 0,05, mod. nach (30).
Abb. 10: Patienten mit Leberzirrhose sprechen schlechter auf eine Tolvaptan-Therapie an
als jene mit SIADH oder Herzinsuffizienz (HI). Die Ursachen dafür und entsprechende
Mechanismen sind bislang unbekannt. p < 0,05, mod. nach (30).
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Zusätzlich konnte für Tolvaptan in SALT
mit Hilfe der SF-12 Health Survey ein
gegenüber Placebo signifikant besserer
physischer und mentaler Gesundheitszustand anhand eines Score nach Selbsteinschätzung der Patienten erzielt werden (p < 0,05). Die Normalisierung des
Surrogatparameters Plasmanatrium ist
bei den oben beschriebenen Studien der
einzige
patientenrelevante
Endpunkt
gewesen. Schlüsse zur positiven Beeinflussung der Morbidität und Mortalität
können hier nicht gezogen werden und
die erforderlichen Studien, die die Wirkung auf diese Endpunkte untersuchen,
stehen jedoch bislang aus. Weiterhin
muss
erwähnt
werden,
dass
die
SALT(WATER)-Studien
ausschließlich
mild hyponatriämische Patienten in die
Behandlung mit Tolvaptan eingeschlossen hatten, sodass die Wirkung bei Patienten mit schwerer Hyponatriämie, die
neurologische
Komplikationen
wie
Schwäche, Schwindel, Nausea, Emesis
und Krämpfe erfahren, noch nicht evaluiert ist. Ob Tolvaptan hier zur Remission
solcher neurologischen Symptome führen kann, wie es unter einer 3% NaClSubstitution der Fall ist (18), muss noch
untersucht werden. Der therapeutische
Stellenwert von Tolvaptan ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unsicher.
erhöhen. Durch den plötzlichen Anstieg
der extrazellulären Osmolalität gelingt es
den Neuronen, myelinisierten Fasern und
Oligodendroglia nicht, sich an die neuen
osmotischen Bedingungen zu adaptieren
(32). Nach dem geschwollenen Zustand
während der Hyponatriämie kommt es
zum Schrumpfen dieser Zellen im Laufe
der Korrektur des Natriumspiegels, was
zur Faserkompression, anschließender
Demyelinisierung und sogar Zerstörung
des Myelins führt. Primär von Läsionen
betroffene Bereiche im Hirn sind der
Pons im Hirnstamm und extrapontine
Areale wie die Basalganglien, der Thalamus und die subkortikale weiße Substanz.
Nebenwirkungen
Tab. 2: Die häufigsten Nebenwirkungen
von Tolvaptan in den SALT-Studien,
mod. nach (29).
Die häufigsten UAW von Tolvaptan, die
in Tab. 2 dargestellt sind, beruhen auf
seiner physiologischen Wirkung der Aquarese. SALTWATER zeigte dieselben
Nebenwirkungen wie die SALT-Studien.
Dabei sind auch im Laufe von 4 Jahren
der Langzeituntersuchung keine neuen
Nebenwirkungen im Vergleich zu SALT
aufgetreten, sodass man hier von einem
relativ sicheren Nebenwirkungsprofil von
Tolvaptan sprechen kann. Schwerwiegende Nebenwirkungen, die unmittelbar
in den Zusammenhang mit Tolvaptan
gebracht werden können, gab es keine
(29,30). Eine seltene, jedoch lebensbedrohliche UAW ist die osmotische Demyelinisierung (31). Sie ist zwar bisher
in keiner Vaptan-Studie vorgekommen,
doch sei man bei jeder Hyponatriämie
korrigierenden Maßnahme gewarnt, ganz
unabhängig vom angewandten Medikament, das Plasmanatrium zu rasch zu
UAW
Tolvaptan
N=223,
in %
Placebo
N=220, in
%
Durst
14
5
Trockener
Mund
13
4
Schwäche
9
5
Pollakisurie
7
3
Obstipation
7
2
Hyperglykämie
5
1
Dabei entwickeln sich einerseits kortikospinale Zeichen, zu denen die spastische Quadriparese (Lähmung aller vier
Extremitäten), hervorgerufen durch die
Leitungsstörung im oberen herabsteigenden Motoneuron, die Hyperreflexie
und Babinski-Zeichen gehören, andererseits treten auch die kortikobulbären
Zeichen in Erscheinung, die Ausdruck in
schweren Sprachstörungen wie Dysarthrie und Mutismus finden. Patienten,
die eine Myelinolyse erfahren haben,
leiden immer an Bewusstseinsstörungen,
Lethargie und Verwirrtheit, wobei deren
Gemütszustand plötzlich in Agitiertheit,
Paranoia und Halluzinationen, aber auch
in unangemessenes Lachen oder Weinen
umschlagen kann. Eine bilaterale Miosis
kann im Falle einer Schädigung der oku-
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Tolvaptan bei SIADH
- 192 -
losympathischen Innervation auftreten.
Häufige Folgen der Demyelinisierung
sind darüber hinaus Ataxie und epileptische Krämpfe. Das schwerste klinische
Bild manifestiert sich bei einer thalamären Läsion, die zu einem u.U. bis zu zwei
Wochen dauernden Koma, aber auch
tödlich enden kann.
Da die Symptome der Hyponatriämie im
Laufe der Natriumkorrektur binnen einiger Stunden verschwinden, nach etwa
drei Tagen jedoch die o.g. Symptome
der Myelinolyse auftreten, spricht man
hier von einem biphasischen Verlauf. Die
betroffenen Patienten erholen sich von
der Demyelinisierung im Mittel etwa
nach zwei Wochen, häufig jedoch auch
erst in 6-12 Monaten. Außer der physiotherapeutischen Rehabilitationsmaßnahmen existieren keine Behandlungsmöglichkeiten der Patienten mit einer Demyelinisierung als Folge zu rascher Natriumkorrektur. Aus diesem Grunde besteht nur die Möglichkeit der Prävention
der Demyelinisierung, indem man den
Natrium-Plasmaspiegel vorsichtig und
langsam anhebt (31). Als Richtwert sollte ein Plasmanatriumanstieg < 12
mmol/l in 24 Stunden und < 18 mmol/l
in 48 Stunden gelten (4)!
Kontraindikationen
Die Einnahme von Tolvaptan ist unter 18
Jahren nicht empfohlen. Tolvaptan ist bei
Patienten mit hypovolämischer Hyponatriämie, Volumendepletion, Hypernatriämie, Anurie und fehlendem Durstgefühl kontraindiziert. Darüber hinaus in
der Schwangerschaft und Stillzeit, da es
in die Muttermilch übergeht und in tierexperimentellen Studien Hinweise auf
Teratogenität und Störungen in der Ossifikation gab. Zur Behandlung der Hyponatriämie ist in Notfällen zwar eine hypertone NaCl-Lösung (3% / 5 %) gebräuchlich, doch sollte dies nicht in
Kombination mit Tolvaptan geschehen.
Ob in solchen akuten Zuständen der Hyponatriämie Tolvaptan auch allein eingesetzt werden kann, ist heute noch nicht
untersucht und deshalb sollte man auf
Alternativen ausweichen. Behandelte
Patienten sollten immer ausreichend
Wasser in ihrer Nähe haben, um mögliche Dehydrationen vorzubeugen. Vorsicht ist geboten bei einer Prostatahyper-
trophie oder Miktionsstörungen, da ein
erhöhtes Risiko für eine akute Harnretention besteht. Auch bei Patienten mit
schlecht eingestelltem Diabetes mellitus
Typ II sollte die Gabe von Tolvaptan
sorgfältig in Erwägung gezogen werden,
da Tolvaptan Hyperglykämien verursachen kann. Bei hohen Blutzucker-, Protein- oder Lipidwerten kann eine Hyponatriämie vorgetäuscht werden, es liegt
in dem Fall eine sogenannte Pseudohyponatriämie vor. Dieses ist vor einer Tolvaptan-Therapie auszuschließen. Da Tolvaptan-Tabletten Lactose enthalten, sind
diese bei Patienten mit hereditärer Galactose-Intoleranz, Lapp-Lactase-Mangel
oder
Glucose-Galactose-Malabsorption
nicht geeignet (28). Zur überschießenden Plasmanatrium-Korrektur mit der
Gefahr einer osmotischen Myelinolyse
siehe Abschnitt „Nebenwirkungen“. Über
Arzneimittelinteraktionen wurde bereits
im Abschnitt „Pharmakokinetik“ berichtet.
Stellenwert von Tolvaptan bei der
Beratung in der Offizin
Der Patient muss darüber informiert
werden, dass die Einleitung der Therapie
mit Tolvaptan im Krankenhaus erfolgt.
So können nämlich die Veränderungen
des Natriumspiegels im Plasma zuverlässig kontrolliert, überschießende hypernatriämische Zustände mit entsprechenden neurologischen Komplikationen vermieden und dem Patienten damit eine
Arzneimittelsicherheit gewährleistet werden. Jedoch auch bei der späteren Behandlung zu Hause mit TolvaptanTabletten sollte regelmäßig das Plasmanatrium kontrolliert werden, um den
Therapieerfolg zu überprüfen. Vor der
Einleitung der Therapie, sollte der Patient seinen Blutzucker, die Lipid- und
Gesamteiweißparamater im Blutserum
überprüfen, damit der Fall einer Pseudonatriämie ausgeschlossen wird. Als Risikopatienten für solche Situationen kämen Diabetiker, Adipöse und Patienten
mit Leber- oder Niereninsuffizienz in Betracht. Vor allem Diabetiker vom Typ II
müssen darauf hingewiesen werden,
dass ihr Blutzucker stabil eingestellt sein
sollte, da Tolvaptan Hyperglykämien
auszulösen vermag. Der Patient ist nach
einer Lactoseintoleranz zu befragen.
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Tolvaptan bei SIADH
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Der Hinweis auf Nebenwirkungen ist besonders beim Diabetiker wichtig, da das
von der Pharmakologie des Tolvaptan
herrührende Nebenwirkungsprofil den
diabetischen Symptomen wie Durst,
Mundtrockenheit und häufiges Wasserlassen sehr ähnelt. Sollten diese Symptome gehäuft in Erscheinung treten, so
sollte der Patient wissen, dass es nicht
von einer Verschlimmerung seines Diabetes kommt, sondern die natürliche
physiologische Reaktion des Körpers auf
eine verstärkte Aquarese ist. Eine Wasserquelle sollte immer in guter Erreichbarkeit des Patienten sein, um Dehydrationen, vor allem bei geriatrischen Patienten, die schon ohnehin ein vermindertes Durstgefühl haben, zu vermeiden.
Hinsichtlich der Arzneimittelwechselwirkungen muss intensiv beraten werden,
da sich beim Tolvaptan eine Interaktion
auf CYP3A4 Ebene vollzieht, dem Enzym,
was den größten Anteil aller Arzneistoffe
metabolisiert. Aber auch Medikamente,
die SIADH verschlimmern können, also
vor allem Psychopharmaka und NSAIDs
wie die beliebten Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sind nicht außer Acht
zu lassen. In diesem Zusammenhang
sollen also die Risikogruppen der psychiatrischen und chronischen Schmerzpatienten sorgfältig beraten werden.
Fazit
Tolvaptan ist der erste spezifische Wirkstoff zur Behandlung des Syndroms der
inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH),
einer speziellen Form der Hyponatriämie,
hervorgerufen durch übermäßige Ausschüttung des antidiuretischen Hormons
(ADH, Vasopressin). Bei den meisten
Patienten mit einem leichten bis mäßigen
Schweregrad (134-120 mmol/l [Na+])
verläuft das Syndrom asymptomatisch,
während sich bei der schweren Form (<
120 mmol/l [Na+]) zerebrale Ödeme mit
ernst zu nehmenden neurologischen
Komplikationen entwickeln können. Bei
allen Patienten in den Zulassungsstudien
konnte eine Steigerung der Plasmanatrium-Konzentration über den Zielwert von
135 mM erreicht werden, eine Wirkung,
die nach einer dauernden Langzeituntersuchung mehr als 4 Jahre erhalten
bleibt. Allerdings war der einzige patientenrelevante Endpunkt die Verbesserung
der Lebensqualität. Wichtige klinische
Wirkungen wie eine Reduktion von Morbidität und Mortalität bei Patienten mit
SIADH sind bislang nicht untersucht.
Tolvaptan hat ein sicheres Nebenwirkungsprofil gezeigt, mit lediglich vereinzelten schweren UAW, die jedoch vor
dem Hintergrund der relativ stark morbiden Kohorte, mit schweren Vorerkrankungen wie Herzinsuffizienz und Leberzirrhose, in den SALT und SALTWATER
Studien betrachtet werden sollten. Theoretisch könnte Tolvaptan bei Patienten
mit einer eu- und hypervolämischen Hyponatriämie völlig neue Therapieoptionen
eröffnen. Eine effektive Behandlung und
Kontrolle der Hyponatriämie sowie die
Reduktion der Häufigkeit von Knochenbrüchen und von kognitiven Störungen
bei älteren Menschen könnten zur Reduktion von Morbidität, Mortalität und
letztlich auch den hohen Kosten durch
Hospitalisierungen dieser Risikopatienten
beitragen. Bislang fehlen hierzu jedoch
entsprechende Studien. Im Gegensatz
dazu zeigt die EVEREST Studie (Efficacy
of vasopressin antagonism in heart failure outcome study with tolvaptan) (33)
an 4.133 herzinsuffizienten Patienten,
dass eine Therapie mit Tolvaptan zu keiner Verbesserung der kardiovaskulären
Morbidität und Mortalität führte, jedoch
positive Veränderungen wie Reduktion
von
Körpergewicht,
Ödemen
und
Dyspnoe bewirkte. Der therapeutische
Stellenwert von Tolvaptan zur Behandlung des SIADH ist auf der Basis der
heutigen Datenlage somit eher gering.
Angesichts der fehlenden Nachweise für
klinisch relevante Effekte auf Morbidität
und Mortalität sind die sehr hohen
durchschnittlichen Tagestherapiekosten
von ca. >112 € nur in Ausnahmefällen
vertretbar.
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Tolvaptan bei SIADH
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Korrespondenzautor
Herr Alexander Dreger, geboren 1986 in Uchta, Abitur
2006 in Winterberg, Pharmaziestudium seit 2007 an der
Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, mit dem Sommersemester 2011 das 8. Semester abgeschlossen.
Weblinks
1) Neu auf dem Markt: Laropiprant, Plerixafor und Tolvaptan“ in: Pharmazeutische Zeitung, eine pharmazeutische Fachzeitschrift herausgegeben von der ABDA
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=31081
2) Neu auf dem Markt: Vasopressin-Antagonist Tolvaptan” in: Deutsche Apothekerzeitung, pharmazeutische
Fachzeitschrift herausgegeben vom Deutschen Apotheker Verlag
http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/pharmazie/news/2009/10/06/vasopressin-antagonist tolvaptan.html
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Impressum:
http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/impressum.html
Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(6):179-196
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