169 Astigmatismuskorrektur mit der AT.Comfort 646 TLC D. M. Handzel, D. R. Breyer, R. M. Remmel Zusammenfassung Fragestellung: Das Konzept der refraktiven Kataraktchirurgie gewinnt zunehmend an Popularität, oft wird postoperative Brillenfreiheit von den Patienten als selbstverständ­ lich vorausgesetzt. Allerdings führt die Implantation einer Standard-IOL bei Patienten mit ­m ittleren und hohen Hornhautastigmatismen im Rahmen der Kataraktchirurgie und bei refraktivem Linsenaustausch oft zu unbefriedigenden Ergebnissen. Methodik: Wir implantierten eine Acri.Comfort 646 TLC in 17 Augen von 11 Patienten über einen 2,8-mm-Clear-Cornea-Zugang. Nach 3 Monaten wurden der beste unkorrigierte sowie beste korrigierte Visus, die manifeste Refraktion sowie die Orientierung der IOL bestimmt. Ein weiterer Zielpunkt war die subjektive Patientenzufriedenheit. Ergebnisse: Die Untersuchungen nach 3 Monaten belegten eine sehr hohe Voraussag­ barkeit der postoperativen kritischen Parameter. Die Korrektur auch hoher Astigmatismen war im Hinblick auf postoperative Refraktion und Visus sehr zufriedenstellend. Die Patien­ tenzufriedenheit nach Implantation ist sehr hoch. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse bestätigen die Verwendung der Acri.Comfort 646 TLC als in der Refraktion präzise und sicher in der Implantation bei der Korrektur mittlerer und höherer Astigmatismen. Die Linsen zeigen eine gute Rotationsstabilität zur Sicherstel­ lung dauerhaften Erfolgs. Summary Purpose: The concept of refractive cataract surgery is becoming increasingly popular. Many patients assume that they will be able to live completely without spectacles follow­ ing surgery. The implanting of a standard IOL in the case of patients with medium or high corneal astigmatism undergoing cataract surgery or refractive lens exchange often leads to unsatisfactory results. Methods: We implanted the Acri.Comfort 646 TLC in 17 eyes of 11 patients through a 2.8 mm clear cornea-incision. We observed UCBVA and BCVA, the manifest refraction and the orientation of the IOL. We also inquired the patients’ satisfaction. Results: Our results show a very high predictability of the critical postoperative pa­ rameters. Even the Correction of higher astigmatic errors was very satisfying in respect of postoperative refraction and visual acuity. The Patients’ satisfaction after implantation is very high. Conclusion: Our results confirm the implantation of the Acri.Comfort 646 TLC as pre­ cise and safe in the desired refraction in the correction of moderate and high astigmatism. The IOL also shows very good rotational stability to maintain lasting success. 170 Torische und additive IOL Die Korrektur kornealer Astigmatismen im Rahmen der Katarakt­ chirurgie Die Implantation einer Standardintraokularlinse bei Patienten mit mittleren und hohen Hornhautastigmatismen im Rahmen der Kataraktchirurgie und bei refrak­ tivem Linsenaustausch führt auf der einen Seite oft zu unbefriedigenden Ergebnis­ sen. Auf der anderen Seite gewinnt das Konzept der refraktiven Kataraktchirurgie zunehmend an Popularität, oft wird postoperative Brillenfreiheit von den Patienten als selbstverständlich vorausgesetzt. Dies stellt zusätzliche Anforderungen an den Operateur, sind doch etwa 20 % der Kataraktpatienten mit einer ausschließlich die Sphäre korrigierenden IOL nicht ausreichend zu behandeln [5]. Die Implantation von torischen IOLs stellt eine vielversprechende Alternative dar, diesen Patienten zu einer weitgehenden Brillenunabhängigkeit zu verhelfen. [3, 4, 7, 8]. Patientenselektion In 17 Augen von elf Patienten wurde eine Acri.Comfort 646 TLC implantiert (nach einer Umbenennung ist diese Linse inzwischen unter dem Namen AT.Torbi 709M erhältlich). In diese Auswertung wurden ausschließlich Patienten mit mittlerem und hohem kornealen Astigmatismus aufgenommen, bei denen die Operation wegen ei­ ner Linsentrübung oder im Rahmen eines refraktiven Linsenaustausches durchge­ führt wurde. Nicht aufgenommen wurden Patienten mit komplizierteren Ausgangs­situationen, z. B. nach Keratoplastik. Die Refraktion der Patienten lag in einem Be­ reich von +5,0 bis –4,75 (Mittelwert –0,33) für die sphärischen Werte, der Astigma­ tismus zwischen –2,0 und –4,75 (Mittelwert –3,38). Die AT.Comfort 646 TLC Die AT.Comfort 646 TLC verfügt über ein asphärisches bitorisches Profil, das über eine symmetrische Verteilung des Zylinders auf Vorder- wie Rückfläche der Linse erzielt wird. Sie besitzt eine hydrophobe Oberfläche sowie einen Wassergehalt von 25 %. Der Durchmesser der Optik beträgt 6 mm, der Gesamtdurchmesser 11 mm. Abb. 1: Die AT.Comfort 646 TLC Handzel, Breyer, Remmel: Astigmatismuskorrektur mit der AT.Comfort 646 TLC 171 Sowohl Optik als auch Haptik werden mit einer scharfen Kante zur Minimierung der Nachstarentstehung gefertigt. Die AT.Comfort 646 TLC ist in den Stärken –10,0 bis +32,0 dpt (sph.) sowie +1,0 bis +12,0 dpt (cyl.) standardmäßig verfügbar, für spe­zielle Indikationen können sogar deutlich höhere Astigmatismuskorrekturen gefer­ tigt werden (Abb. 1). Biometrie und Linsenbestellung Die Biometrie mit dem IOLMaster liefert die erforderlichen Daten zur Bestimmung der zu implantierenden Linse (Hornhautradien, Vorderkammertiefe, Achsenlänge). Bisher musste bei der OP-Planung nach Voruntersuchung und Biometrie eine Lie­ ferzeit der IOL von mehreren Wochen eingeplant werden. Durch den Aufbau eines Lagerbestands von Linsen +16,0 bis +24,0 sph. mit jeweiliger Astigmatismuskor­ rektur im Bereich von +1,0 bis +6,0 ist die Lieferung nach Onlineberechnung und -bestellung meist innerhalb von 48 Stunden möglich. Dazu wurde ein Internetportal (https://zcalc.meditec.zeiss.com/zcalc/) eingerichtet, über das der Operateur die Be­ rechnung selbst ausführen und die errechnete Linse bestellen kann (Abb. 2). Nach Eingabe der für die Berechnung relevanten Daten wird über die Berechnungsplatt­ form die Empfehlung der IOL angezeigt (Abb. 3). Diese Empfehlung kann durch Ver­ änderung der sphärischen wie zylindrischen Werte weiter individualisiert werden. Abb. 2: Die Eingabemaske des Internetportals https://zcalc.meditec.zeiss.com/zcalc/ zur Berechnung der Linse 172 Torische und additive IOL Abb. 3: Anzeige der empfohlenen IOL nach Eingabe aller berechnungsrelevanten Daten Kataraktchirurgie und Implantation der torischen IOL Die Operation erfolgte jeweils über einen astigmatismusneutralen Clear-Cor­ nea-Zugang. Um die Rotationsstabilität zu gewährleisten, sollte die Rhexis mit ca. 5,0 mm etwas kleiner ausgeführt werden. Der Ablauf der Operation entspricht der gewohnten Routine der Kataraktchirurgie. Ein entscheidender Unterschied besteht natürlich in der Orientierung der IOL. Vor der Operation müssen mittels eines geeig­ neten Instruments Markierungen im Bereich des Limbus angebracht werden, eben­ falls können markante konjunktivale oder episklerale Gefäße verwendet werden, um die Linse intraoperativ in der gewünschten Orientierung zu platzieren. Anhand einer mit der IOL gelieferten Folie, die vom Assistenzpersonal am OP-Monitor an den angebrachten Markierungen orientiert wird, kann der richtige Sitz der IOL intra­ operativ zusätzlich kontrolliert werden [9] (Abb. 4). Ergebnisse Wir bestimmten nach drei Monaten den besten unkorrigierten sowie besten kor­ rigierten Visus und die manifeste Refraktion. Außerdem wurde die Patientenzufrie­ denheit anhand eines standardisierten Fragebogens ermittelt. Die manifeste postoperative Refraktion betrug im Mittel +0,29 dpt in der Sphäre und zeigte einen residualen Astigmatismus von –0,75. Das sphärische Äquivalent be­ trug im Mittel –0,08. Unkorrigiert lag der Fernvisus bei 0,7, mit bester Korrektur bei 0,85 [2]. Die Patientenzufriedenheit nach Implantation ist sehr hoch. Alle Patienten würden sich erneut einer solchen Prozedur unterziehen [1]. Handzel, Breyer, Remmel: Astigmatismuskorrektur mit der AT.Comfort 646 TLC 173 Abb. 4: Folie zur intraoperativen Kontrolle des richtigen Sitzes der IOL Diskussion Bei der refraktiv-chirurgischen Korrektur von Patienten mit mittlerem und hohem Astigmatismus muss bei der Betrachtung der postoperativen Visusergebnisse stets bedacht werden, dass häufig eine Amblyopie unterschiedlich schwerer Ausprägung besteht [6]. Aufgrund der deutlich verbesserten Bildqualität erleben aber auch ­diese Patienten einen spürbaren Erfolg, was sich in erfreulichen Antworten bei der Evaluierung der Patientenzufriedenheit widerspiegelt. Schließlich ist die manifeste Refraktion eine mit objektivierbaren Daten zu belegende Größe, um den Erfolg der Operation zu bestimmen. Nach drei Monaten zeigte sich eine sehr hohe Voraussagbarkeit der kritischen postoperativen Parameter. Eine zweizeitige Astigmatismuskorrektur, z. B. durch lim­ bale relaxierende Inzisionen oder Excimerlaser, konnte bei allen Patienten vermie­ den werden. Die Korrektur auch hoher Astigmatismen war im Hinblick auf postope­ rative Refraktion und Visus sowohl für den Chirurgen als auch für den Patienten sehr zufriedenstellend. Unsere Ergebnisse bestätigen die Verwendung der Acri.Comfort 646 TLC als ­sicher in der Implantation und in der Refraktion präzise bei der individuellen Kor­ rektur mittlerer und höherer Astigmatismen. Die Linsen zeigen eine gute Rotations­ stabilität zur Sicherstellung dauerhaften Erfolgs. 174 Torische und additive IOL Literatur 1. Ahmed II, Rocha G, Slomovic AR et al.; Canadian Toric Study Group: Visual function and patient experience after bilateral implantation of toric intraocular lenses. J Cataract Refract Surg 2010 Apr;36(4):609–616 2. Alio JL, Agdeppa CC et al.: Microincision cataract surgery with toric intraocular lens implan­ tation for correcting moderate and high astigmatism: Pilot study. J Cataract Refract Surg 2010 Jan; 36:44–52 3. Amesbury EC, Miller KM: Correction of astigmatism at the time of cataract surgery. Curr Opin Ophthalmol 2009 Jan;20(1):19–24 4. Auffarth GU, Rabsilber TM: Torische Hinterkammerlinsen nach Kataraktoperation und re­ fraktiven Linsenaustausch. Ophthalmologe 2007 Dec;104(12):1024–1031 5. Ferrer-Blasco T, Montés-Micó R, Peixoto-de-Matos SC et al.: Prevalence of corneal astig­ matism before cataract surgery. J Cataract Refract Surg 2009 Jan;35(1):70–75 6. Harvey EM: Development and treatment of astigmatism-related amblyopia. Optom Vis Sci 2009 Jun;86(6):634–639 7. Kohnen T, Klaproth OK: Chirurgische Astigmatismuskorrektur bei der Kataraktoperation. Klin Monatsbl Augenheilkd 2009 Aug;226(8):596–604. Epub 2009 Aug 11 8. Nichamin LD: Treating astigmatism at the time of cataract surgery. Curr Opin Ophthalmol 2003 Feb;14(1):35–38 9. Schilgen G: Intraoperative Sicherung und Achslagen-Prüfung äußerst wichtig. Ophthalmolo­ gische Nachrichten 11/2008