Menschen mit Autismus verstehen und begleiten! Grundkenntnisse zu den Autismusspektrumstörungen Irsee, 16.03.2015 Dr. med. Christian Schanze Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, MA: Pädagogik, Psychologie, Soziologie Curriculum: Medizin für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung Autismus-Diagnostik Landsberg am Lech Fräulein Smyllas Gespür für Schnee Flugschnee Tiefschnee Bruchharsch Neuschnee Firn Pappschnee Griesel Pulverschnee Schneeregen Harsch Altschnee Schneematsch Schneeverwehung Graupel Schneetreiben Zur Geschichte des Autismus • Leo Kanner „Autistische Störungen des affektiven Kontaktes (1943) * 13.06.1896 Klekotow, Galizien (Österr.-Ungarn), + 03.04.1981 Syskeville Maryland, USA 1919 Promotion in Berlin, 1924 Auswanderung USA, 1930 John-Hopkins-Hosp. Baltimore 1943 1. Veröffentlichung “Autismus” • Hans Asperger „Autistische Psychopathen“(1944) * 18.02.1906 Hausbrunn bei Wien + 21.10.1980 Wien Medizinstudium in Wien, 1932 Leiter der heilpädagogischen Abteilung der Univ.-Klinik, 1962 Prof. Pädiatrie und Leiter der Kinderklinik der Universität Wien 1944 1. Veröffentlichung zum Asperger-Autismus Doch häufiger als gedacht?! Daten zur Epidemiologie • Frühere Annahme über die Häufigkeit: von 10 000 Kindern 4-5 • Frühkindlicher Autismus 5-15 pro 10 000 (z.B. Fombonne 1992, McMahon et al. 1989, Steffenberg & Gilberg 1989) • Asperger-Autismus 28 pro 10 000 (Gilberg 1992) • Heutige Annahmen: • Autismus-Spektrum insgesamt: 25-110 pro 10 000 (WHO 2012, Norris 2006, Posserud et al. 2009, Kogan et al. 2009, Baron-Cohen et al. 2009, Kim et al. 2011) • Männer häufiger als Frauen betroffen (3:1); bei schwerer IM (2:1) (Fombonne et al 2006; Poustka 2004; Gilberg & Wing 1999) • 8-39% der Menschen mit Intelligenzminderung (Baird et al. 2006; Sappok et al. 2010) • Besonderheit: schwarze ethnische Gruppen (mütterlicher Migrationshintergrund) hoch signifikante Erhöhung des Risikos für ASS (Dealberto 2011) © Schanze, C. 2013 DSM-IV 1994 ICD-10 1992 Zunahme der Diagnosen Symptomatologie ICD-10 nach den Forschungskriterien Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (ICD-10 F 84) Autistische Syndrome • Frühkindlicher Autismus (Kanner) • atypischer Autismus • Asperger-Syndrom Triade des frühkindlichen Autismus (ICD-10 F 84.0) A. Vor dem dritten Lebensjahr manifestiert sich eine auffällige und beeinträchtigte Entwicklung: B. Mindestens sechs Symptome von 1,2 und 3 werden in der operationalisierten Diagnostik von ICD-10 gefordert 1. Qualitative Auffälligkeiten der gegenseitigen sozialen Interaktion 2. Qualitative Auffälligkeiten der Kommunikation 3. Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten © Schanze, C. 2013 B1. Qualitative Auffälligkeiten der gegenseitigen sozialen Interaktion … ICD- 10 Forschungskriterien in mindestens zwei der folgenden Bereiche: a. Unfähigkeit Blickkontakt, Mimik, Körperhaltung und Gestik zur Regulation sozialer Interaktionen zu verwenden b. Unfähigkeit Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen, mit gemeinsamen Interessen, Aktivitäten und Gefühlen c. Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit, die sich in einer Beeinträchtigung oder devianten Reaktion auf die Emotionen anderer äußert; oder Mangel an Verhaltensmodulationen; oder nur labile Integration sozialen, emotionalen und kommunikativen Verhaltens d. Mangel spontan Freude, Interesse oder Tätigkeiten mit anderen zu teilen © Schanze, C. 2013 B2. Qualitative Auffälligkeiten der Kommunikation … ICD-10 Forschungskriterien in mindestens einem der folgenden Bereiche: a. Verspätung oder vollständige Störung der Entwicklung der gesprochenen Sprache, die nicht begleitet ist durch einen Kompensationsversuch durch Gestik oder Mimik als Alternative zur Kommunikation b. relative Unfähigkeit einen sprachlichen Kontakt zu beginnen oder aufrechtzuerhalten, bei dem es einen gegenseitigen Kommunikationsaustausch mit anderen Personen gibt c. stereotype und repetitive Verwendung der Sprache oder idiosynkratischer Gebrauch von Worten und Phrasen d. Mangel an verschiedenen spontanen Als-ob-Spielen oder sozialen Imitationsspielen © Schanze, C. 2013 B3. Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten … ICD-10 Forschungskriterien in mindestens einem der folgenden Bereiche: a. umfassende Beschäftigung mit gewöhnlich mehreren stereotypen und begrenzten Interessen, die in Inhalt und Schwerpunkt abnorm sind, es kann sich aber auch um ein oder mehrere Interessen ungewöhnlicher Intensität und Begrenztheit handeln b. offensichtlich zwanghafte Anhänglichkeit an spezifische, nicht funktionale Handlungen oder Rituale c. stereotype und repetitive motorische Manierismen mit Hand- und Fingerschlagen oder Verbiegen, oder komplexe Bewegungen des ganzen Körpers d. vorherrschende Beschäftigung mit Teilobjekten oder nicht funktionalen Elementen des Spielmaterials (Geruch, Oberfläche, Geräusch, Vibration etc.) © Schanze, C. 2009 Differentialdiagnosen ICD-10 Forschungskriterien C. Ausschluss von Differentialdiagnosen Das klinische Bild kann nicht einer 1. anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung (ICD-10 F8x.xx) 2. spezifischen Entwicklungsstörung der rezeptiven Sprache (F80.2) mit sekundären sozio-emotionalen Problemen 3. einer reaktiven Bindungsstörung (F94.1) 4. einer Bindungsstörung mit Enthemmung (F94.2) 5. einer Intelligenzminderung mit einer emotionalen oder Verhaltensstörung (F7x.xx) 6. Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis (F2x.xx) mit ungewöhnlich frühem Beginn 7. Rett-Syndrom (F84.2) … zugeordnet werden. © Schanze, C. 2013 Atypischer Autismus (ICD-10 F 84.1) Bezugsgröße frühkindlicher Autismus; unterscheidet sich durch: • Alter bei Krankheitsbeginn (>= 3Jahre; Kriterium A. frühkindlicher Autismus) und/oder • diagnostische Kriterien werden nicht in allen drei Bereichen vollständig erfüllt (B1. soziale Interaktion, 2. Kommunikation, 3. eingeschränktes zur Stereotypie neigendes Verhalten) • Auch hier: Differentialdiagnosen (frühkindlicher Autismus Punkt C.) sind ausgeschlossen. © Schanze, C. 2009 Asperger-Syndrom (ICD-10 F 84.5) A. • Ab dem 3. Lebensjahr diagnostizierbar • keine Entwicklungsverzögerung der Sprache • Keine Intelligenzminderung; selten Lernschwäche • intellektuelle Frühreife bei gleichzeitig extremer emotionaler Ausdruckslosigkeit • meistens besteht ein deutliches motorisches Ungeschick (motorische Entwicklungsverzögerung) B. • qualitative Beeinträchtigung der gegenseitigen sozialen Interaktion (Ängste vor gleichaltrigen Kindern meist geringer). Ansonsten wie bei frühkindlichem Autismus Kriterium B1. • eingeengtes, stereotypes Verhaltensrepertoire • regelmäßig ausgeprägte Sonderinteressen • Ansonsten wie in B3, aber seltener motorische Manierismen und Interesse an Teilobjekten • C. Ausschluss von Differentialdiagnosen © Schanze, C. 2009 Autismusspektrumstörungen • ICD-11 und DSM-5 nur noch Spektrum es entfallen Kanner-, Asperger-, atypischer Autismus und PDD-NOS • Im DSM-5 nur 2 Grundsymptome: Soziale Kommunikation Stereotypes Verhalten Fallbeispiel Teil1 • 28-jähriger schlanker Mann; 2. Kind eines Akademiker-Ehepaars • Schulbildung: mittlere Reife • Lebt alleine in einem Appartement, keine ambulante Betreuung; scheiterte mehrfach an verschiedenen beruflichen Ausbildungen; scheitert mehrfach an Hilfsjobs • Fließende Sprache • Arbeitet jetzt in der WfbM für Menschen mit IM • Aktuelles Problem: schwere fremd- und sachaggressive Erregungszustände; Rauswurf aus der WfbM droht. • Psychopathologischer Befund (Zusammenfassung): keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen. Im Affekt leicht gedrückte Grundstimmung • Besonderheit: Großes Interesse an und Wissen über Formel-1Rennsport; alle Autokennzeichen Deutschlands Fallbeispiel Teil 2 • Normale Schwangerschaft und Geburt • Trinkstörung; erst ab Umstellung auf Flasche besser • Sitzt mit 11 Monaten, geht mit 20 Monaten, ungeschickte Feinmotorik; auffälliges Handwedeln bei Freude und Unsicherheit und Angst • Sprache: erste Worte mit 10 Monaten; 3-Wort-Sätze mit 18 Monaten • Kognitiv Eltern: altklug, redet extrem viel • Spielverhalten: technische Spielzeug (v.a. Autos), kennt alle Automarken, an den Autos durfte nichts kaputt sein, keine Kuscheltiere, lange Reihen bilden (dürfen von anderen nicht durcheinander gebracht werden!!!), nach Größe sortieren, kaum Interaktion mit Eltern beim Spielen. Kann nicht von einem zum nächsten Spiel wechseln, ohne das erste beendet zu haben. • Sozialverhalten: an Eltern interessiert, nimmt Blickkontakt auf, fragt viel, weniger Körperkontakt als der ältere Bruder, aber nicht ablehnend. An Gleichaltrigen interessiert, aber sehr zurückhaltend. • Schon in der Kindheit häufige Wutausbrüche, v.a. gegenüber dem Bruder, aber auch im Kindergarten Fallbeispiel Teil 3 Aussagen von J.L.: • Zur aktuellen Freundin, einer schwer geistig behinderten Frau mit DownSyndrom (trägt den Namen einer weltberühmten Schauspielerin): Bin verliebt in die Initialen meiner Freundin! • Frage zu einer früheren Freundin (psychisch krank, aber ohne IM): Haben Sie auch miteinander geschlafen? Ja! (Pause) Hat Ihnen das gefallen? Ja, aber es war hart! Wieso? Sie hat im Bett geschlafen und ich auf der Couch! (schaut ernst und schüttelt den Kopf) • Freunde sagen, ich rede zuviel! • Was hat ihr Bekannter für ein Hobby? Weiß ich nicht! Wir reden nur über Formel-1. Interessiert ihn das? Er hört mir immer zu! Allerdings schaut er gar kein Rennen im TV! • Kommt völlig übermüdet zum Termin: Hab´ die ganze Nacht auf Eurosport Autorennen angeschaut. Alle Trainingsläufe . Außerdem gab´s tolle Rückblicke auf frühere Rennen. Ich hab´ immer schon gewusst wer gewinnt! (lacht, reibt und wedelt mit den Händen) • Hat GL in WfbM geschlagen: Sollte etwas arbeiten, was erst morgen dran ist! Autismusverdacht Intelligenzminderung Keine Intelligenzminderung Frühkindlicher Autismus F84.0 Kriterien A / B1, 2, 3 / C Ja High-functioningAutism fließende Sprache (vergleiche normal entwickelte 4-jährige Kinder) Nein Nein Ja Diagnose F84.0 Ja Sprachentwicklungsstörung Nein Atypischer Autismus Atypisches Erkrankungsalter F84.10 Atypische Symptomatologie F84.12 Asperger-Autismus Kriterien A, B, C, D Nein F84.11 Ja Atypische Erkrankungsalter und Symptomatologie F84.5 Nein Ätiologie und Symptomatologie Verdacht Screening klinische Diagnostik 1 Symptom-Trias Erkennen klinische Diagnostik 2 Beraten Klinische Diagnostik 3 Behandlung von Komorbiditäten Neuropsychologie Neuroanatomie Ätiologie nach Sappok 2013 Neuropsychologische Symptomatik Theory of Mind Mentalisierungsschwäche Fähigkeit, das eigene Verhalten oder das Verhalten anderer Menschen durch Zuschreibung mentaler Zustände zu interpretieren (Fonagy et al. 2002) Empathieschwäche Verständnisschwäche für Metaphorik (Ironie, Witz) Verständnisschwäche für soziale Situationen Exekutive Funktionen im zeitlichen Vorausplanen Flexibilitätseinschränkung Initiierungsschwäche Zentrale Kohärenz bruchstückhafte Informationsverarbeitung Detailorientierung Kontexterfassungsschwäche Sinnerfassungsschwäche Defizit © Schanze, C. 2013 Ätiologie und Symptomatologie Verdacht Screening klinische Diagnostik 1 Symptom-Trias Erkennen klinische Diagnostik 2 Beraten Klinische Diagnostik 3 Behandlung von Komorbiditäten Neuropsychologie Neuroanatomie Ätiologie nach Sappok 2013 Sind alle Menschen mit AutismusSpektrumsstörungen geistig behindert oder sind sie alle verkannte Genies? • Vermutung in den 70er Jahren: ausschließlich geistig behindert (frühkindlicher Autismus) • Problem bei einer Intelligenztestung: kommunikative und interaktionale Einschränkung • Gestützte Kommunikation (FC) • Kognitive Inselleistungen; „Savants“: 100 wissenschaftlich dokumentiert; 0,6% von 9000 geistig behinderten Menschen ( HILL 1977); von 5400 befragte Eltern von Autisten 9,8% (RIMLAND 1978) • ca. 70% zeigen eine geistige Behinderung • POUSTKA 2007; 20-50% © Schanze, C. 2008 Lehnen alle Autisten Sozialkontakte ab ? • Interindividuelle Unterschiede (BARON-COHEN & BOLTON 1993) • WING, Lorna drei Verhaltensformen: 1. distanziertes Verhalten (Abkapslung, Vermeidung von Körper- und Blickkontakt, keine Wiedersehensfreude) 2. passives Verhalten (Passive Teilnahme, keine Ablehnung, eigene Versuche Kontakt aufzunehmen) 3. sonderbares Verhalten (ungewöhnliches Kontaktverhalten inadäquat, z.T. bizarr, z.T. stereotyp, Distanzlosigkeit) • Wechsel von 1-3 im Laufe des Lebens möglich (WING & ATTWOOD) © Schanze, C. 2008 Wissenschaftliche Erkenntnisse 1 • Große Menge an Erkenntnissen: allgemein: - EEG-Auffälligkeiten 10-80% - Epilepsie 20-35% - Purkinje-Zellen z.T. um 50% reduziert - Auffälligkeiten im Corpus callosum, Temporallappen, Amygdala, Hippocampus - Dysfunktion der Spiegelneuronen © Schanze, C. 2008 Spiegelneuronen 1 Definition • Ein Spiegelneuron ist eine Nervenzelle, die im Gehirn von Primaten beim Betrachten eines Vorgangs das gleiche Aktivitätsmuster aufweist, wie es entstünde, wenn dieser Vorgang nicht bloß (passiv) betrachtet, sondern selbst (aktiv) durchgeführt würde. • Entdeckung durch Rizzolatti 1995 • Hypothese: Spiegelneuronen stellen den Schlüssel zum Verständnis von Empathie, Sprache und andere kulturelle Konventionen dar (z.B. Rizzolatti 2008, Tsoory-Shamay 2009) Wissenschaftliche Erkenntnisse 1 • Große Menge an Erkenntnissen: allgemein: - EEG-Auffälligkeiten 10-80% - Epilepsie 20-35% - Purkinje-Zellen z.T. um 50% reduziert - Auffälligkeiten im Corpus callosum, Temporallappen, Amygdala, Hippocampus - Dysfunktion der Spiegelneuronen biochemische Besonderheiten: - erhöhter Serotoninspiegel 25% - erhöhter Dopaminspiegel - Unregelmäßigkeiten des β-Endorphin-Spiegels - Abweichung des Melatonins - Abweichungen des Purins © Schanze, C. 2008 Wissenschaftliche Erkenntnisse 2 • Große interindividuelle Unterschiede • Bisher kein „Autismus-Faktor“ • Viele Komorbiditäten: Epilepsie, Tuberöse-Sklerose, Neurofibromatose, Phenylketonurie, Fragiles-XSyndrom, Down-Syndrom, Gilles-de-la-Tourette, Hydrozephalus, • Multifaktorielle Genese • Bildgebende Verfahren: Trendwende morphologische zu funktionellen Besonderheiten (MRT PET, SPECT) • Untypische neuronale Vernetzung (POUSTKA) • Genetik: Zwillingsforschung EEZ = 82-96% Konkordanz ZEZ = 23,5% Konkordanz © Schanze, C. 2008 Wissenschaftliche Erkenntnisse 3 Neuroligin-3(1) und 4(2) –Gene Synaptische Transmission beeinträchtigt (1)Tabuchi K, Blundell J, Etherton MR, Hammer RE, Liu X, Powell CM, Südhof TC; Dallas, 2007 (2) Brose, N.; Göttingen Neurotransmitter 2, 2008 Essstörungen bei Menschen mit Autismusspektrum Im Vordergrund stehen: • Essensverweigerung • Schnelles Essen • Schlingen • Selektives Essen Zucker et al. 2007, Rastam et al. 2008, Matson & Fodstad 2009 Genetische Syndrome und andere medizinische Komorbiditäten • Genetische Syndrome und Autismus 12.3% Tuberöse Sklerose, Down Syndrom, fragiles X Syndrom, Klinefelter Syndrom, XYY-Syndrom, Chromosome 17 Deletion und Mitochondriopathie. (Kielinen et al. 2004, Asato & Hardan 2004) Andere medizinische Komorbiditäten • Epilepsie 5%-48% (Spence & Schneider 2009, Canitano 2007, Danielsson et al. 2005, Tuchman & Rapin 2002, Gilberg & Coleman 2000), • Epilepsie & ASS & IM 21,5% mit IM, 8% ohne IM (Amiet et al. 2008, Smith & Matson 2010) • Pathologisches EEG ca. 60% (Gilberg & Schamaunn 1983, Oberman et al. 2005, Parmegiani et al. 2010 58,5% Epilepsie und singuläre Anfallsereignisse, 9,7% nur EEG-Auffälligkeiten, Catarino et al. 2011, Deonna & Roulet-Perez 2011) • Hydrocephalus ASS: ca. 13% (Lindquist 2007, Gilberg & Coleman 1996) • Alkoholembyopathie ASS erhöht (Aronson et al.1997, Stromme & Diseth 2000) • Zerebralparese ASS 5%-11% (Nordin & Gilberg 1996, Yeargin-Allsopp et al. 2005, Kirby et al. 2011) • Hörbeeinträchtigung 8.6% (Kielinen et al. 2004) • Schwere Sehstörungen 3.7% (Kielinen et al. 2004) • Hypothyreodismus bei ASS 10% (Morgan et al. 2003) Genetische Syndrome mit Autismus-Symptomatik Genetisches Syndrom Gendefekt Prävalenz von Autismus Tuberöse Sklerose TSC 1: 9q34, TSC 2: 16p13 25-50%, insbes. bei TSC 2/Epilepsie Fragiles X Syndrom FMR-1 Gen: Xq27.3 20-50%, insbes. bei Jungen Rett Syndrom MECP2 Gen: Xq27 25-40%, insbes. bei Epilepsie Angelman-Syndrom Dup15q11-13 25-60% ? Smith-Magenis-Syndrom Del17p11.2 80-100% DiGeorge/Velo-kardio-faziales Syndrom Del22q11.2 30% Smith-Lemli-Opitz-Syndrom 11q12-13 70-85% Potocki-Lupski-Syndrom 17p11.2 40% ? SHANK3-Gen Deletion 22q13; 10% ? Williams-Beuren-Syndrom Del7q11.23 ? Timothy-Syndrom (CACNA1C-Gen) Down Syndrom 60-80% Trisomie 21 Phenylketonurie CHARGE Syndrome 5-39% ? ? CHD7 15-50% Komorbiditäten der autistischen Störungen • Angst und Panikstörung • Phobien • Zwangsstörungen • Schizophrene und schizophrenieforme Störungen • Tic-Störungen • Hyperaktivität • sekundäre psychische Probleme u.a. auch autoaggressives Verhalten Prävalenz von aggressivem Verhalten Prävalenz von aggressiven Verhaltensauffälligkeiten liegt zwischen 4,7 - 60% Crocker et al. 2006 (N=3165), Quebec, Canada • Ergebnisse einer 12-Monats-Studie bei Menschen mit IM mittels MOAS • Aggressives Verhalten allgemein 51.8% • 24% sachaggressiv, • 37.6% verbal aggressiv, • 24.4% selbstverletzend • 24.4% fremdaggressives Verhalten (Tätlichkeiten), • 9.8% sexuelle Aggressionen, • Die meisten Aggressionen waren milder Ausprägung • Nur 4.9% zeigten Aggressionen, die zu Verletzungen Dritter führten • Männer häufiger als Frauen Autismus-Spektrum-Störung: Farmer & Aman 2011 (N=121 ASS, 240 IM) • ASS: Höhere Prävalenz in Tests zur Feindseligkeit und zur Aggression in einigen Subtest: Stossen, reaktive Aggression • Asperger: zusätzlich: verbal aggressives Verhalten häufiger • Tendenz auch in Hartley et al. 2008 (Withdrawal, Attention and Aggression), Melville et al. 2008 Baghdadli et al. 2003, Duerden et al. 2012 (N=241) 50% bzw. 52,3% selbstverletzendes Verhalten Challenging Behaviour bei Menschen mit ASS • Herausforderung oder Herausforderung? • Zielführende Annahme von Handlungsmotiven von Menschen mit ASS: Streben nach Sicherheit durch Vorhersehbarkeit Vermeidung von Unsicherheit, Angst und Panik stereotypes, ritualisiertes und zwanghaftes Verhalten zur Bewältigung von Unsicherheit und mangelhafter Vorhersehbarkeit Psychopharmaka und ASS • Regelmäßige und genaue psychiatrische Diagnostik führt zur richtigen pharmakologischen Behandlung (Morgan et al. 2004). • Weiterhin keine wissenschaftliche Evidenz für die Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit IM mit Antipsychotika. • Metaanalyse: Brylewski, Duggan (Cochrane Library) 2004, • Wichtige RCTs: Tyrer et al. 2008, Gagiano et al. 2005, Findling et al. 2004 • Reviews: Cooper et al. 2008, Unwin et al. 2008, Matson u. Neal 2009, Tsiouris 2010, Unwin u. Deb 2011