Inhalt Afrika: Aspekte des globalen Wandels Axel W. Drescher, Rdiger Glaser, Klaus Kremb Syndrome des globalen Wandels . . . . . . Syndromkontinent Afrika . . . . . . . . . . Hungerkontinent Afrika . . . . . . . . . . . Pandemiekontinent Afrika . . . . . . . . . . Urbanisierungskontinent Afrika . . . . . . . Zukunftskontinent Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 9 10 14 17 18 19 Der Klimawandel in Afrika: Physisch-geographische Befunde und Klimamodellsimulationen Heiko Paeth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Monsun als Lebensspender . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimatische Besonderheiten in Afrika . . . . . . . . . . . . . . Die Saheldrre im 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . Menschliche Aktivitten und Klimawandel . . . . . . . . . . . Ergebnisse der Klimamodellierung . . . . . . . . . . . . . . . Mgliche Folgen des zuknftigen Klimawandels . . . . . . . . Perspektiven im Klimaschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 23 25 26 27 28 31 32 Die ungleiche Wasserversorgung in Afrika: Eine kontinentale Entwicklungshypothek Steffen Niemann, Olivier Graefe . . . . . Stdtische Rume . . . . . . . . . . . . Wasserversorgungspolitik . . . . . . . . Wassertransfer . . . . . . . . . . . . . . Lndliche Rume . . . . . . . . . . . . Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . 33 37 38 40 43 44 45 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Desertifikation: Risikoraum Afrika Roland Baumhauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbreitung, Indikatoren, Ursachen und kausale Zusammenhnge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschleunigung der Desertifikation durch Klimawandel? . . . 48 52 Afrika: Ein Feuerkontinent Daniel Kraus, Alex Held . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . kologische Grundlagen der Feuer in Afrika . . . . . . . . . . 56 57 47 6 Inhalt Feuer und Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vom Berberzelt in die Moderne: Dynamische Siedlungsentwicklung und geokologische Disparitten in Libyen Klaus Braun, Jacqueline Passon . . . . . . . . . . . . . . . . . Bevlkerungswachstum und Strukturpolitik . . . . . . . . . Auswirkungen von Bevlkerungs- und Siedlungsentwicklung auf den Kstenstreifen Tripolitaniens . . . . . . . . . . . . . Libyens Weg zwischen soziokonomischer Entwicklung und kologischem Anspruch . . . . . . . . . . Migration von Westafrika nach Europa: Nur ein Ausdruck von Umweltflucht? Thomas Krings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Migrantenstrme und Migrationsrouten . . . . . . . . Migration als Folge von Umweltvernderungen und Deagrarisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Grnde fr die Emigration aus dem westlichen Sahelraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 71 . 75 . 77 . . . . . . . . 80 81 . . . . 84 . . . . 86 Die Kapverden: Inseln im Spannungsfeld zwischen geokologischer Vielfalt und anthropogenem Nutzungsdruck Alexander Siegmund, Simone Naumann . . . . . . . . . . . Geokologische Vielfalt auf engstem Raum . . . . . . . . Wirtschaftliche Inwertsetzung . . . . . . . . . . . . . . . Die Frage nach der Tragfhigkeit . . . . . . . . . . . . . . Malariabertragung in Westafrika: Die Rolle natrlicher und anthropogener Determinanten Daniel Karthe, Martin Kappas . . . . . . . . . . . . . . . Malariabertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Natrliche und anthropogene Einflussfaktoren . . . . . Die sahelo-sudanische Zone Westafrikas als Malaria-Endemiegebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . Malaria-bertragungsdynamik in der Provinz Kossi . . Zukunftsperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 66 67 . . . . . . . . 89 91 96 98 . . . . . . . . . . . . 101 102 104 . . . . . . . . . . . . 106 107 110 Der zentralafrikanische Regenwald: Ein sensitives kosystem im Spannungsfeld von forstwirtschaftlicher Nutzung und (sub-)rezenter Klimadynamik Jrgen Runge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimatische Ansprche und rezente Dynamik des Regenwaldes . . . . . . . . . . . . . . . 113 114 Inhalt Der Regenwald als hoch sensitives kosystem . . . . . . . . . Anthropogener Einfluss auf den Regenwald in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) . . . . . . . . . . . . . . Pleistozne (natrliche) Umweltvernderungen versus Global-Change-Perspektiven in Zentralafrika . . . . . . . . . 116 119 120 Komplexe Problemlage: Naturgefahren und bewaffnete Konflikte im Ostkongo Martin Doevenspeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kivuregion im ostafrikanischen Riftsystem . . . . . . . . Krieg und Geopolitik im Ostkongo . . . . . . . . . . . . . . Rezenter Vulkanismus am Nordufer des Kivusees . . . . . . Schwierige Katastrophenvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . Gas im Kivusee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Energiequelle Methan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neue Ansatzpunkte fr Risikomanagement und Kooperation . . . . . . . . 123 124 125 128 129 131 132 134 Rumliche Muster und Auswirkungen der Urbanisierung: Das Beispiel Dar es Salaam, Tansania Axel W. Drescher, Stefan Dongus . . . . . . . . . . . . . Folgen der Urbanisierung . . . . . . . . . . . . . . . . Disparitten stdtischer Armut . . . . . . . . . . . . . Dimensionen der stdtischen Ernhrungssicherung . . Stdtische Landwirtschaft in Dar es Salaam . . . . . . . Zukunftspotenzial Ressourcennischen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 137 139 140 142 145 Leben mit dem Hochwasser: Risikoanalyse von berflutungsgefahren in Antananarivo, Madagaskar Rdiger Glaser, Axel W. Drescher, Helga Dickow, Serge Lala Rakotoson, Johannes Schnbein . . . . . . . . Siedlungsraum Antananarivo . . . . . . . . . . . . . . Landnutzungswandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimatrends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infrastrukturelle Problemlagen . . . . . . . . . . . . . Vulnerabilitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingenieurtechnische Anstze . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 147 148 149 151 155 155 156 . . . . . . . . . . . . 158 160 . . . . . . . . . . . . 162 166 Die Kstenwste Namib: Eine der ltesten Wsten im paloklimatischen Wandel Bernhard Eitel, Bertil Mchtle . . . . . . . . . . . . . Das Alter der Namib . . . . . . . . . . . . . . . . . Monsunale Niederschlge und die Verlagerungen des Wstenrandes . . . . . . . . Der Einfluss des Menschen auf die Namib . . . . . 7 8 Inhalt Mobilitt als Nachhaltigkeit: Zur Sozialkologie halbnomadischer Kulturweise der Himba am Wstenrand von Nordwest-Namibia Eberhard Rothfuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die kulturelle und natrliche Landschaft der Himba . . . . Halbnomadisches Mobilittsmuster . . . . . . . . . . . . Pragmatische und moralische Strategien der Nachhaltigkeit Landdegradation durch staatliche Interventionen und Sesshaftwerdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 170 173 176 . . . . 178 181 Landnutzungskonflikte im Namib-Naukluft-Park in Namibia: Ausverkauf eines afrikanischen Nationalparks? Rainer Glawion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geokologische Ausstattung und Naturrume im Namib-Naukluft-Park . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historische und heutige Landnutzungskonflikte im Namib-Naukluft-Park . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann der Staat die Landnutzungs- und Ressourcenkonflikte im Nationalpark lsen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . Nahrungsmittelproduktion, Biodiversitt und Wassernutzung in Sdafrika: Auswirkungen von Produktionsmaßstab und Produktionssystemen am Beispiel KwaZulu-Natal Raymond Auerbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nahrungsmittel-, Energie- und Wasserkrise . . . . . . . . . Effiziente Wassernutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele . . . . . . . . . . Vernderungen im Entwicklungsdenken . . . . . . . . . . . 182 . 185 . 189 . . 191 194 . . . . . 196 197 199 202 204 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Sach- und Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Verzeichnis der Autor(inn)en . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 . . . . . Afrika: Aspekte des globalen Wandels AXEL W. DRESCHER RDIGER GLASER KLAUS KREMB Abb. 1.1: Negative Auswirkungen des Klimawandels auf den afrikanischen Kontinent (Grafik: WELTHUNGERHILFE) Ruft man das Stichwort „Afrika“ in der Google-Suchmaschine auf, so erhlt man fast 9.050.000 Ergebnisse, fr den Begriff „Africa“ sogar 42.900.000 (Stand Ende 2008). Unter den gesponserten Werbelinks kommt gleich der Spendenaufruf „berlebenskampf in Afrika – Helfen Sie mit Ihrer Spende!“ der Deutschen Welthungerhilfe. In der Tat ist der Hunger, neben HIV/AIDS, Kriegen, Korruption und Naturkatastrophen, wohl der am meisten assoziierte Begriff im Zusammenhang mit dem Kontinent (BPB 2004). Andere gngige Assoziationen sind „Afrika, der heiße Kontinent“, „Afrika, der berbevlkerte Kontinent“, „Afrika, der rckstndige Kontinent“ oder auch „Afrika, der kranke Kontinent“. Scheint Afrika also ein gleich mehrfach verlorener Kontinent zu sein? Syndrome des globalen Wandels Schlssige Antworten sind v.a. aus geokologischer Sicht zu erhoffen, zumal der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltvernderungen (WBGU) durch die Entwicklung eines integrativen Forschungsansatzes, des Syndromansatzes, die methodische Grundlage zum besseren Verstndnis der globalen „Krankheitsbilder“ geschaffen hat. Der Ansatz soll eine Operationalisierung des fr den Globalen Wandel erforderlichen vernetzten Denkens ermglichen. Dieser Ansatz geht ber die „klassische“ naturwissenschaftliche Umweltforschung hinaus und bezieht so die kologi- Syndromansatz 10 Afrika: Aspekte des globalen Wandels schen, konomischen und soziokulturellen Aspekte des Globalen Wandels mit ein; dies soll eine strker problemorientierte Forschung ermglichen (WBGU 1996). Grundstzlich lassen sich drei große Gruppen von Syndromen unterscheiden: * Syndrome als Folge einer unangepassten Nutzung von Naturressourcen als Produktionsfaktoren: Syndromgruppe „Nutzung“, * Mensch-Umwelt-Probleme, die sich aus nicht nachhaltigen Entwicklungsprozessen ergeben: Syndromgruppe „Entwicklung“, * Umweltdegradation durch unangepasste zivilisatorische Entsorgung: Syndromgruppe „Senken“. Unangepasste Nutzung von natrlichen Ressourcen SahelSyndrom Landwirtschaftliche bernutzung marginaler Standorte RaubbauSyndrom Zerstrung natrlicher kosysteme Dust-BowlSyndrom Umweltdegradation durch industrielle Landwirtschaft KatangaSyndrom Umweltdegradation durch Abbau nicht erneuerbarer Ressourcen LandfluchtSyndrom Umweltdegradation durch Preisgabe traditioneller Landnutzungsformen Kleine-TigerSyndrom Vernachlssigung kologischer Standards in rasch wachsenden Wirtschaftsrumen der Dritten Welt FavelaSyndrom Umweltdegradation und Verelendung in Stdten durch ungeregelte Urbanisierung HavarieSyndrom Singulre menschengemachte Umweltkatastrophen mit Langzeitwirkung Nicht nachhaltige Entwicklungsprozesse Grne-RevolutionSyndrom Umweltprobleme durch Verbreitung standortfremder landwirtschaftlicher Produktionsverfahren AralseeSyndrom Umweltprobleme durch großflchige Umgestaltung von Naturrumen Unangepasste Entsorgung von Stoffen in Umweltmedien Hoher-SchornsteinSyndrom Umweltdegradation durch weitrumige Verteilung oft langlebiger Wirkstoffe MllkippenSyndrom Umweltdegradation durch Deponierung von Abfllen AltlastenSyndrom Umweltdegradation im Einzugsbereich von Altindustriestandorten Abb. 1.2: Ausgewhlte Syndrome des globalen Wandels (GLASER/GEBHARDT 2006) Syndromkontinent Afrika Syndrommuster Fr die afrikanische Situation sind es vor allem vier Syndrome aus der Syndromgruppe „Nutzung“, die fr die Erklrung von Krisen herangezogen werden knnen: * das Sahel-Syndrom, * das Raubbau-Syndrom, * das Katanga-Syndrom und * das Landflucht-Syndrom. Syndromkontinent Afrika Aus den beiden weiteren Syndromgruppen entstehen besonders durch * das Favela-Syndrom und * das Mllkippen-Syndrom relevante Problemkonstellationen. Afrika kann deshalb als Syndromkontinent schlechthin gelten. Wie sehr damit existenzielle Risiken fr die Bevlkerung verbunden sind, offenbart z.B. die Bodenerosion in Madagaskar. Syndromraum Madagaskar Dass Bodenerosion in Madagaskar ein enormes Problem darstellt, lsst sich schon vom Weltraum aus sehen. Wie Astronauten berichten, sieht der afrikanische Inselstaat aus, als verblute er zu Tode – kraterartige rote Flchen erstrecken sich ber ganze Landstriche. Vom Flugzeug aus ist es noch deutlicher zu erkennen: Von der Erde blutrot gefrbte Flsse ziehen sich wie Adern durch das Landesinnere und splen den fruchtbaren Boden ins Meer. Im Nordwesten der Insel frisst sich zusehends eine beeindruckende Caon-Landschaft aus rotem Sandstein in die Hnge. Jahr fr Jahr geht dabei Land verloren. Besonders dort, wo Bume gefllt wurden und somit den Boden nicht mehr stabilisieren, ist die Erosionsgefahr groß. Ursprnglich war Madagaskar fast vollstndig bewaldet. Inzwischen sind fast 90 % des Landes Steppe und nackte Erde, die Wlder weitgehend gerodet – vor allem, um Ackerland zu gewinnen und Holzkohle herzustellen. Die Folge ist, dass Regen den fruchtbaren Boden auswscht, der Wasserhaushalt kippt, Bewsserungssysteme und Anbaugebiete versanden, die Bauern immer weniger Reis ernten. Zudem werden besonders in der Regenzeit Straßen unpassierbar. Die infrastrukturellen Auswirkungen sind immens. Bodenerosion stellt somit eine zustzliche existenzielle Gefahr fr die ohnehin arme madagassische Bevlkerung dar. (E+Z 1/2009) Hinzu kommt in Afrika verbreitet das Favela-Syndrom, welches im Zuge der rapiden Urbanisierung immer mehr an Bedeutung gewinnt und in extremer Form zur Verelendung afrikanischer Stdte fhrt. Von Bedeutung ist auch das Verbrannte-Erde-Syndrom, das die Umweltzerstrung durch militrische Nutzung beschreibt. Man denke nur an die Brgerkriege in Sudan, Mosambik, Somalia, Kongo, Tschad, Angola etc., wo zahlreiche Landstriche nicht mehr nutzbar sind, weil sie vermint wurden (vgl. KRSCHNER-PELKMANN/KOSA 2005). hnlich betrifft das Katanga-Syndrom, welches Landschaftszerstrungen durch den Abbau natrlicher, nicht regenerierbarer Ressourcen erfasst, nicht nur eine spezifische Lokalitt, sondern findet sich ber den ganzen Kontinent verstreut. Beispiele sind die namensgebende Provinz Katanga (Shaba) in der DR Kongo mit ihren reichen Diamant-, Kobalt- und Kupfervorkommen sowie die sich im Nachbarland Sambia befindenden Kupferabbaugebiete, aber auch Edelsteinvorkommen in Angola, Sierra Leone und Madagaskar. Sehen Geokologen hierbei strker die durch Rohstoffgewinnung verursachte Landschaftsdegradation, so Historiker wie der Wiener Afrikanist Walter Schicho besonders die gesellschaftlichen Auswirkungen des Berg- Kausalmuster 11 12 Afrika: Aspekte des globalen Wandels Kritik des Syndromansatzes baus bis hin zu seinen machtpolitischen Dimensionen, wie sie im Begriff „Blutdiamanten“ zum Ausdruck kommen (SCHICHO 1998). Damit sind wir zugleich im berschneidungsfeld von Geokologie und Politischer kologie angelangt. Unter solchen gedanklichen Anstzen wird vielfach auch das RaubbauSyndrom betrachtet. Es kommt besonders im tropischen Regenwald des Kongobeckens zum Ausdruck. Hier verfgt die DR Kongo mit rund 60 Mio. ha Waldflche ber das zweitgrßte Regenwaldgebiet der Erde. Bis zum Jahr 2050 werden jedoch 40 % des Waldbestandes verloren gehen, wenn die Abholzung unverndert weitergeht. Die DR Kongo wrde dadurch zu einem der grßten CO2-Emittenden weltweit. Denn ein Hektar Biomasse des tropischen Regenwaldes kann bis zu 180 t CO2 speichern, von denen bei der Abholzung bis zu 50 % freigesetzt werden (REDAKTION WELTALMANACH 2009, S. 284). Wie stark sich dabei Geokologie und Politische kologie berschneiden, zeigt sich darin, dass regulierende politische Maßnahmen – etwa ein Moratorium fr Forst-Neukonzessionen – unterbleiben. Einen weiteren Aspekt im berschneidungsbereich von Geokologie und Politischer kologie thematisiert der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltvernderungen in seinem Gutachten 2008 „Sicherheitsrisiko Klimawandel“. Hierbei wird der Situation in Afrika besonders viel Raum zugestanden. Denn: Aufgrund schwacher Staatsfhrung und geringer wirtschaftlicher Kapazitt besteht hier besonders wenig Pufferkapazitt fr Adaptionen an neue klimatische Gegebenheiten. Trotz seines differenzierten Ansatzes bleibt der Syndromansatz nicht ohne Kritik. Ein Haupteinwand ist die starke Forschungsorientierung, die insbesondere auf Umweltprobleme fixiert ist und wenig auf Entwicklungsproblematiken sowie -fragen eingeht und dabei den Fehler begeht, die Industriestaaten und z.B. globale Wirtschaftsinteressen (Stichwort: Welthandelsorganisation, Subventionen) aus der Diskussion um Entwicklung herauszuhalten. Außerdem stßt der systemare Ansatz an Grenzen, wenn es darum geht, die Handlungen von Menschen zu erklren oder gar zu prognostizieren (GLASER/GEBHARDT 2006). Darber hinaus fehlt ein klares Konzept zur praktischen Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse. Die Umsetzung wird vor allem dort zum Thema, wo es sich um vorwiegend gesellschaftlich bedingte Syndromkomplexe handelt. Die am Beispiel des FavelaSyndroms beschriebenen Handlungsstrategien erscheinen relativ vage und unpraktikabel. So wirft das dem globalen Sßwasserproblem gewidmete WBGU-Gutachten 1997 die Frage auf: „Wie kann das Favela-Syndrom kuriert werden? Zunchst mssen die allgemeinen Ursachen, etwa die Landflucht, bekmpft werden, welche das Favela-Syndrom erst entstehen lassen und die Wasserprobleme letztlich verursachen“ (WBGU 1997). Weitere Kritikpunkte sind die Vernachlssigung der Akteure auf verschiedensten Ebenen, die mit ihren Entscheidungen Umweltvernderungen bewirken, sowie der fehlende Bezug zu Machstrukturen, die auf Zugangsmglichkeiten zu Ressourcen einwirken. Eine wenig differenzierte Betrachtung der Mensch-Umwelt-Beziehungen und der sich daraus ableitenden Wirkungsketten, die sich mehr auf technische Informationen als auf das sozio-politische Umfeld berufen, luft Gefahr, eher das Symptom als die Ursache zu bekmpfen (KRINGS 2002). Syndromkontinent Afrika Inzwischen wurde hier durch die Annherung an den Vulnerabilittsbegriff und die analytische Betrachtung der Millenniums-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) weiter gedacht (WBGU 2005). Vulnerabilitt und MillenniumsEntwicklungsziele Vulnerabilitt Der Begriff „Vulnerabilitt“ (von sptlat. vulnerabilis = verletzlich, verwundbar) ist seit den 1980er-Jahren in der geographischen Entwicklungsforschung gebruchlich und bezeichnet ber den Mangel an materiellen Ressourcen und ungedeckten Bedrfnissen hinaus einen gesellschaftlichen Zustand, der durch Anflligkeit, Unsicherheit und Schutzlosigkeit geprgt ist. Dabei gehen konomische bzw. materielle Aspekte (Armut) Hand in Hand mit politischen und sozialen. Millenniums-Entwicklungsziele Die im Jahr 2000 bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen (United Nations, UN) in New York beschlossenen, weltweit gltigen Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) sind der Maßstab der UN fr notwendige Maßnahmen in Afrika. Dabei handelt es sich um acht internationale Entwicklungsziele, die bis 2015 erreicht werden sollen: MDG 1: Halbierung des Anteils der Weltbevlkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet MDG 2: Ermglichung eine Grundschulausbildung fr alle Kinder MDG 3: Frderung der Gleichstellung der Geschlechter und die Strkung der Rechte von Frauen MDG 4: Verringerung der Kindersterblichkeit MDG 5: Verbesserung der Gesundheit der Mtter MDG 6: Bekmpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderer bertragbarer Krankheiten MDG 7: Verbesserung des Schutzes der Umwelt MDG 8: Aufbau einer weltweiten Entwicklungspartnerschaft Auch das Konzept der Millenniumsziele unterliegt zahlreicher Kritik, vor allem hinsichtlich der unscharfen Formulierung der Unterziele, der Definition der Indikatoren, der Machbarkeit und der schleppenden Umsetzung bzw. mangelnder finanzieller Untersttzung und „Geberkoordination“ (MARTENS 2005). Dem ersten Millenniumsziel, der Bekmpfung von Armut und Hunger, kommt derzeit die grßte Bedeutung zu. Angesichts fallender Produktivitt der Landwirtschaft in Afrika fordert die UN zu Recht Interventionen im Bereich Landwirtschaft und Ernhrungssicherung. Eine „grne Revolution“ fr Afrika soll hierbei die Ernteertrge verdoppeln. Zuerst sollen Kleinbauern mit befristeten Subventionen fr Dnger und besseres Saatgut versorgt werden. Entwicklungshilfe fr die afrikanische Landwirtschaft muss von den momentan zur Verfgung gestellten ein bis zwei Milliarden US-Dollar auf acht Milliarden im Jahr 2010 steigen. Die finanzielle Untersttzung von Ernhrungsprogrammen sollte um zustzliche vier Milliarden US-Dollar bis 2010 steigen. Grne Revolution 13 Sach- und Ortsregister Adaptionsmechanismen 152 African Easterly Jet 25 African Easterly Waves 25 Agenda 21 48 AIDS vgl. HIV/AIDS Altlasten-Syndrom 10 Ankumene 170 Antananarivo 146ff. Aralsee-Syndrom 10 Aridittsindex 199 Armut 131, 138–139, 156 Benguela-Southern-Oscillation 159 Benguela-Zirkulation 162 Bevlkerungsdruck 67 Bevlkerungswachstum 71, 73 Bevlkerungszunahme 72 Bewsserungsfeldbau 96 Bewsserungslandwirtschaft 44 Beweidungsintensitt 177 Biodiversitt 95, 196 Bodendegradation 28, 30 Bodenerosion 200 Brandrodung 26, 28, 30 Burkina Faso 107–109 Dar es Salaam 136, 142ff. Deagrarisierung 84–85 Degradation 50, 52, 119–120, 167, 178–180, 200 Desertifikation 26, 28, 47–53, 55, 167 Disparitt 34, 37, 69, 73,139 Dornsavanne 24 Drrekatastrophe 51, 84 Dust-Bowl-Syndrom 10 Entwicklung, nachholende 77 Entwicklungsdenken 204–205, 207 Entwicklungshypothek 33 Entwicklungszusammenarbeit 202 Erdbeben 128 Ernhrungssicherheit 31 Ernhrungssicherung 140–141, 197 Erosion 20 FAO 14–16, 206–207 Favela-Syndrom 10–12, 99 Feuchtsavanne 24 Feuermanagement 60, 66 Feuerpolitik 64 Feuerregime 62 Flchenverbrauch 99 Flchenversieglung 99 Gefahrenmanagement 123 Gentechnik 205 Gesundheit 132 Global Change 114, 122 Global Warming 55 Green Belt Movement 19 Grenze des Wachstums 98 Grundwasserreserve 191 Grne Revolution 13, 78 Grne-Revolution-Syndrom 10 Havarie-Syndrom 10 Hirtengesellschaft 171 HIV/AIDS 9, 17, 102, 139, 207 Hochwasser 146, 151–152 Hochwasserrisikoanalyse 154, 155 Hochwasserrisikogefhrdung 157 Hoher-Schornstein-Syndrom 10 Hunger 9, 14 Hungerindex 16 IAASTD 16, 203–205 Infektionskrankheiten 102 Informelle Siedlungen 137 Internationaler Whrungsfonds 38 Inwertsetzung 96–97, 133 IPCC 17, 52–53, 111, 149 ITCZ 24 Kapverden 89ff. Katanga-Syndrom 10–11 Katastrophenvorbeugung 134 Katastrophenvorsorge 129 Kleine-Tiger-Syndrom 10 Klimadynamik 113 Klimaerwrmung 34 Klimafluktuation 164 Klimamodelle 29, 110, 149 Klimamodellierung 23, 28–29 Klimamodellsimulationen 22 Sach- und Ortsregister Klimaphase 118 Klimaschwankung 48, 116, 165 Klimatrends 149 Klimawandel 22, 27–28, 31, 52–53, 55, 147, 198, 203 Kohlendioxid 121 Kohlenstoffdynamik 62 Kohlenstoffisotope 118 Kongo 123ff. Kyoto-Protokoll 32 Landdegradation 26–27, 48, 180 Landflucht-Syndrom 10 Landnutzungskonflikt 182, 189 Landnutzungsmodell 65 Landnutzungswandel 148 Landschaftsdynamik 118 Landschaftswandel 180 Landwechselwirtschaft 50 Landwirtschaft, kologische 205 Libyen 69ff. Madagaskar 11, 20, 146ff. Malaria 18, 32, 101–107, 109–110, 124, 139, 144 Managementsystem 181 Marginalisierung 43, 151 Massentourismus-Syndrom 91 Migrantenstrme 81, 83 Migration 80, 84, 86–87 Migrationsdruck 82, 156 Migrationsrouten 81, 83 Migrationsursachen 81 Millenniums-Entwicklungsziele 13 Mobilitt 169, 174 Mobilittsmuster 173, 175 Mobilittsrhythmus 175 Monsun 23–24, 59, 162 Mllkippen-Syndrom 10–11 Nachhaltigkeit 79, 169, 176 Nachhaltigkeitsziele 202–203 Nachholende Entwicklung 15 Nahrungskrise 208 Namib 158, 160ff., 185ff. Namibia 169ff., 182ff. Naturgefahrenmanagement 124 Naturkatastrophe 84, 150 NGO 183, 191 Niederschlagsvariabilitt 180 Niederschlagsverteilung 35 Niederschlagszyklik 106 Nomadismus 171 Nutzungsdruck 89 kolandbau 204–205, 207–208 kosystemmanagement 65 kosystemschutz 193–194 kumene 170 Passat 93 Pest 153 Raubbau 78 Raubbau-Syndrom 10, 12 Regenfeldbau 174 Regenwald 28, 113–116, 119–120 Regenwald-Savannen-Grenze 114 Ressourcenallokation 43 Ressourcenkonflikt 191 Ressourcennischen 145 Ressourcennutzung 177 Risikofaktor 96 Risikomanagement 134 Ruanda 124 Sahel 33, 50, 111 Sahel-Staaten 19 Sahel-Syndrom 10, 169 Saheldrre 26–27 Sahelraum 86 Sahelzone 23, 25, 31 Saisonalitt 57 Salztonebene 188 Savanne 58–59, 120 Segmentierung 39 Slumbildung 151 Sozialkologie 169 Steppen 54 Subsistenzlandwirtschaft 67 Subsistenzwirtschaft 31, 51, 99, 191 Subtropen 54 Suburbanisierung 76 Suburbia-Syndrom 99 Sdafrika 196ff. Syndrome 99 Tansania 136 Tektonik 124 Tragfhigkeit 31, 98–99 Transmigration 87 Transnationalismus 86 Treibhauseffekt 30 Treibhausgas 27–28, 54 Treibhausgaskonzentration 30 Trinkwasserversorgung 44 Trockenfeldbau 96 Trockenflsse 188 Trockengrenze 169 Trockenperiode 177 Trockenrume 54 221 222 Sach- und Ortsregister Trockensavanne 24 Tropen 54 Tropenwaldbewirtschaftung 120 bernutzung 50 berfischung 85 berschwemmung 154 Umweltflucht 80, 84 Umweltflchtlinge 84 Umweltrisiken 146 Umweltvernderung 84 UNCOD 48 UNCTAD 16, 205–206 UNEP 16, 205 Urbanisierung 18–19, 136–137, 197 Verbrannte-Erde-Syndrom 11 Verschuldung 38 Verstdterung 37 Verwundbarkeit 169 Vulkanismus 91, 128 Vulnerabilitt 13, 91, 155 Wanderfeldbau 50 Wasserbewirtschaftung 42 Wasserhaushalt 53 Wasserknappheit 197 Wasserkreislauf 114 Wasserkrise 197 Wassermanagements 43 Wassermangel 34 Wassernutzung 196 Wasserressourcen 197 Wasserverfgbarkeit 34 Wasserversorgung 33–35, 37, 41, 46 Wasserversorgungsgrad 36 WBGU 9–10, 12–13 Weidemanagement 176, 178 Weideverknappung 181 Weltbank 38 WHO 101–102, 111, 139 WMO 140 Wsten 54 Wstengrenzen 166 Zentralafrikanische Republik 113, 119–120