§2 Lineare Gleichungssysteme

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§2 Lineare Gleichungssysteme
Betrachte ein beliebiges System von m linearen Gleichungen in den n Unbekannten x1 , . . . , xn :
a11 x1
a21 x1
..
.
+ a12 x2
+ a22 x2
+ . . . + a1n xn
+ . . . + a2n xn
= b1
= b2
..
.
(1)
am1 x1 + am2 x2 + . . . + amn xn = bm
Die darin auftretenden Zahlen aij , i = 1, . . . , m, j = 1, . . . , n nennt man die
Koeffizienten des Gleichungssystems (1). Wir ordnen die Koeffizienten in
Form einer sog. Matrix an:



A=

a11
a21
..
.
a12
a22
. . . a1n
. . . a2n
..
.
am1 am2 . . . amn
1. Spalte
...





1. Zeile
2. Zeile
..
.
m-te Zeile
n-te Spalte
Der 1. Index gibt die Zeile an, in der aij steht (Zeilenindex).
Der 2. Index gibt die Spalte an, in der aij steht (Spaltenindex).
Eine Matrix mit m Zeilen und n Spalten nennt man eine mxn –Matrix. Die
Spalten der obigen Matrix sind also






a12
a11
a1n
 a22 
 a21 
 a2n 





v1 =  ..  , v2 =  ..  , . . . , vn = 
 ... 
 . 
 . 
amn
am1
am2
Jede Spalte stellt ein m-gliedriges, geordnetes System dar, ein sogenanntes
m–Tupel von Zahlen. Ein 2–Tupel heißt auch Paar von Zahlen.
Fasse
rechte Seite des Gleichungssystems (1) ebenfalls zu einem m–Tupel
die
b1
 .. 
b =  .  zusammen.
bm
1
Beispiel 1: Zum Gleichungssystem
x1 + 2x2 = 4
2x1 − x2 = 3
1 2
4
gehört die Matrix A =
und das Paar b =
.
2 −1
2
1
2
Die Spalten von A sind v1 =
und v2 =
.
2
−1
 
 
c1
d1
 .. 
 .. 
Regeln für den Umgang mit m–Tupeln c =  .  und d =  . .
cm
dm
Gleichheit: Genau dann ist c = d, wenn
c1 = d 1 , c2 = d 2 , . . . , cm = d m .
 

c1
d1
c1 + d 1

    
..
Addition:  ...  +  ...  = 

.
cm
dm
cm + d m
  

c1
ac1
  

Multiplikation mit einer Zahl: a ·  ...  =  ... 
cm
acm
Es folgt: Sind v und w m–Tupel und x, y Zahlen, so gilt



x(v + w) = x · v + xw und (x + y)v = xv + y · v.
Sind v1 , . . . , vn wie oben die Spalten von A, so gilt






a11 x1
a12 x2
a1n x4






x1 v1 =  ...  , x2 v2 =  ...  , . . . , xn vn =  ...  und
am1 x1
am2 x2
amn xn



x1 v1 + x2 v2 + . . . + xn vn = 

a11 x1 + a12 x2 + . . . + a1n xn
a21 x1 + a22 x2 + . . . + a2n xn
..
.
am1 x1 + am2 x2 + . . . + amn xn
2





Daher ist das Gleichungssystem (1) gleichbedeutend mit der Gleichheit
(2)
x1 v1 + x2 v2 + . . . + xn vn = b
von m–Tupeln.


x1
 
Wir nennen ein n–Tupel x =  ...  von Zahlen, x1 , . . . , xn , für welches (2)
xn
(und damit auch (1)) gilt, eine Lösung des vorliegenden Gleichungssystems
( GLS“). Stehen auf der rechten Seite von (1) nur Nullen, so heißt das GLS
”
homogen.
Ersetzt man in (1) alle Zahlen b1 , . . . , bm durch Nullen so heißt das so entstandene GLS das zu (1) gehörige homogene Gleichungssystem.
Es ist also auch gegeben durch die Gleichung
 
0
 .. 
(3)
x1 v1 + x2 v2 + . . . + xn vn =  . 
0
 
0
 .. 
Für  .  schreiben wir auch kurz 0.
0
(2.1) Zusammenhang zwischen den Lösungsmengen von (2) und
von (3). Man erhält alle Lösungen eines lösbaren Gleichungssystems (2),
indem man zu einer speziellen Lösung von (2) alle möglichen Lösungen des
zugehörigen Systems (3) addiert.
 
y1
 .. 
Beweis Sei y =  .  eine Lösung von (2), d.h.
yn
y1 v1 + . . . + yn vn = b


x1
 .. 
Sei x =  .  eine beliebige Lösung von (2); also gilt ebenfalls
xn
x1 v1 + . . . + xn vn = b
3
Ziehe von der zweiten die erste Gleichung ab und erhalte
(x1 − y1 )v1 + . . . + (xn − yn )vn = b − b = 0
x1 − y1
Also ist das n–tupel z = x − y =
eine Lösung des zugehörigen
xn − yn
homogenen Systems (3).
Also ist jede Lösung x des Systems (2) von der Form x = y + z, z Lösung des
homogenen Systems (3).
 
z1
 .. 
Sei umgekehrt z =  .  eine Lösung des homogenen Systems (3), d.h.
zn
z1 v1 + . . . + zn vn = 0. Setze x := y + z. Dann gilt
x1 v1 + . . . + xn vn = (y1 + z1 )v1 + . . . + (yn + zn )vn =
= [y1 v1 + . . . + yn vn ] + [z1 v1 + . . . + zn vn ] = b + 0 = b
Also ist x = y + z eine Lösung des inhomogenen Systems (2).
Bezeichnungen: Sei L die Gesamtheit aller Lösungen von (2) und L0 die
Gesamtheit aller Lösungen von (3).
y sei irgend eine ( spezielle“) Lösung von (2). Dann gilt nach (2.1)
”
L = y + L0 := {y + z | z ∈ L0 }
(2.2) Bemerkung: Seien x und y n–tupel von Zahlen. Dann gilt:
a) Aus x ∈ L0 und y ∈ L0“ folgt: x + y ∈ L0 .
”
b) Ist x ∈ L0 , so ist auch c · x ∈ L0 für alle Zahlen c.
 
0
 .. 
c) Das n–Tupel 0 =  .  gehört zu L0 .
0
(0 heißt die triviale Lösung von (3).)
Beweis:
4
a) Durch Addition folgt aus
x1 v1 + x2 v2 + . . . + xn vn = 0 und
y1 v1 + y2 v2 + . . . + yn vn = 0 die Gleichheit
(x1 + y1 )v1 + (x1 + y2 )v2 + . . . + (xn + yn )vn = 0, d.h.


x1 + y1


x + y =  ...  ∈ L0
xn + yn
b) Durch Multiplikation mit c folgt aus
x1 v1 + x2 v2 + . . . + xn vn = 0 die Gleichheit
(cx1 )v1 + (cx2 )v2 + . . . + (cxn )vn = 0; also ist
 
cx1
 .. 
c · x =  .  ∈ L0
cxn
Rn bezeichne die Menge der n–Tupel von (reellen) Zahlen.
Definition: Eine nicht leere Teilmenge U von Rn heißt linearer Teilraum
von Rn , wenn gilt:
(i) x, y ∈ U impliziert x + y ∈ U
(ii) x ∈ U impliziert cx ∈ U für jedes c ∈ R.
(Insbes. ist wegen U nicht leer“ immer 0 = 0 · x ∈ U).
”
In (2.2) haben wir also gesehen:
Die Lösungsmenge eines homogenen linearen Gleichungssystems (1) ist ein
linearer Teilraum des Rn .
Beispiel: Das Gleichungssystem (m = 1, n = 2)
x1 + x2 = 1
1
hat
als spezielle Lösung.
0
Die zugehörige homogene Gleichung ist
x1 + x2 = 0
, d.h. x2 = −x1
5
Sie hat somit die Lösungsmenge
x
1
L0 = {
| x ∈ R} = {λ ·
| λ ∈ R}
−x
−1
Anschaulich ist L0 die Gerade mit der Parameterdarstellung
x1
1
L0 :
=λ·
,λ ∈ R
x2
−1
y
.
1
0
x
.
1
−1
L
L0
1
Nach (1.1) ist daher L =
+ L0 .
0
6
Anschaulich ist dies die Gerade mit Parameterdarstellung
1
1
x1
L:
=
+λ
,λ ∈ R
x2
0
−1
1
L ist also die zu L0 parallele Gerade durch den Punkt
.
0
(2.3) Bemerkung: Ein lösbares lineares Gleichungssystem ist genau dann
eindeutig lösbar, wenn das zugehörige homogene System nur die triviale
Lösung hat.
Beweis: Nach (2.1) ist L = y + L0 , wenn y ∈ L.
Also ist y genau dann die einzige Lösung, wenn L0 = {0}.
Im Beispiel 1 aus §1: Das inhomogene System ist nach §1 eindeutig lösbar.
Also hat das zugehörige homogene System
x1 + 2x2 = 0
2x1 − x2 = 0
nur die triviale Lösung x1 = 0, x2 = 0.
Dies sieht man auch direkt. Addiere das 2–fache der 2. Gleichung zur ersten.
Erhalte 5x1 = 0, also x1 = 0. Setze in die 1. Gleichung ein, erhalte 2x2 = 0,
also x2 = 0.
7
Zugehörige Unterlagen
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