MATERIALIEN M 6.3 Ein strafender Gott? Ist hier nicht eindeutig von Gottes Strafen die Rede? Dieser Eindruck verändert sich wiederum, wenn wir uns noch einmal am Urtext orientieren; denn an den genannten Stellen begegnet dort, wo in unseren Übersetzungen der Ausdruck „strafen“ verwendet wird, ein Wort (nqh), dessen Wurzel „ledig sein“ bedeutet und das in seiner konkreten Form meint: „die Haftung für einen als Schuld gewerteten Tatbestand für aufgelöst (oder nicht aufgelöst) erklären; jemand so davonkommen lassen, dass er die Folgen seines verkehrten Tuns nicht (oder doch) auf sich nehmen muss.“ Hier wird also genau genommen nicht Gottes Strafe angedroht, vielmehr wird lediglich festgestellt, dass Gott bestimmte Menschen gewiss nicht aus der Haftung für ihr Tun entlässt. Der Täter — oder auch seine Nachkommenschaft — hat die Folgen der Untat zu tragen. Darum kümmert sich Gott. (Davon waren zumindest die Menschen des alten Israels überzeugt.) […] Was unsere Übersetzungen oft als „Schuld“ oder „Strafe“ wiedergeben, ist im Hebräischen einfach „die Verkehrtheit“, die auf dem Täter (und dessen Welt) lastet. Es gibt für das Alte Testament keinen strafenden Gott, der sich als gerechter Richter im Leid bestimmter Menschen äußern würde. Es sind die Folgen des verkehrten menschlichen Tuns, die — wenigstens teilweise (müssen wir heute gewiss einschränkend sagen) — die Katastrophen im Kleinen wie im Großen herbeiführen. Und auch, ja gerade deshalb gibt es Gesetze und Gebote. Sie wollen mögliche negative Folgen verhindern. Und deshalb ist bei den Adressaten der Gesetze das Hören so wichtig: Sie sollen hören und verstehen, welche Folgen ihr Tun hat, wenn sie verkehrt handeln. Meinrad Limbeck, Alles Leid ist gottlos, © Verlag Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart 2005, 33 ff. Arbeitsauftrag -------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------- RELIGION b e t r i f f t u n s Ein eifersüchtiger Gott? Jemand, der so große Liebe und Vergebungsbereitschaft realisiert, wie JHWH seinem Volk in der vorausgehenden Geschichte entgegengebracht hat, darf und muss wohl eifersüchtig sein, will er nicht in völlige Beliebigkeit und Bedeutungslosigkeit herabsinken. […] Die Eifersucht Gottes ist keine Eigenschaft „an sich“, sondern drückt die emotionale Beziehung Gottes zu Israel in menschlichen Analogien aus. Gott liebt sein Volk Israel in übergroßer Weise, sodass die Eifersucht die Kehrseite davon ist, wenn man von der Liebe Gottes sprechen will. Thomas Hieke, Ein Bekannter stellt sich vor, in: Exodus (Bibel und Kirche 4/2007), Katholisches Bibelwerk e.V., Stuttgart 2007, 225. Arbeitsauftrag Arbeiten Sie die Hauptthesen des Textes zum „eifersüchtigen Gott“ heraus! ------------------------------------------------------- ------------------------------------------------------- ------------------------------------------------------- ------------------------------------------------------- ------------------------------------------------------- Arbeiten Sie die Hauptthesen des Textes zum „strafenden Gott“ heraus! R M 6.4 15 1 · 2009 ------------------------------------------------------- ------------------------------------------------------- ------------------------------------------------------- ------------------------------------------------------- ------------------------------------------------------- Exodus