Z. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG

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Propädeutische Übung – Verfassungsrecht, Grundkurs II – Dirk Elbert
Z. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG
I. Schutzbereich
•
Rechtliches Gehör bedeutet, sich vor Erlass einer Entscheidung in tatsächlicher
und Rechtlicher Hinsicht zur Sache äußern zu können.
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Rechtliches Gehör findet auf drei Stufen statt (vgl. BVerfGE 86, 133, 145 Untersuchungshaft):
1. Recht auf Information
2. Recht auf Äußerung
3. Recht auf Berücksichtigung (z.B. Aufnahmebereitschaft der Richter)
•
Art. 103 Abs. 1 GG gewährt nur rechtliches Gehör vor Gerichten. Im
Verwaltungsverfahren kann sich ein betroffener nicht direkt auf Art. 103 Abs. 1
GG berufen.
II. Eingriffe
Jedes Zurückbleiben hinter den genanten Voraussetzungen stellt einen Eingriff in das
Grundrecht dar.
III. Rechtfertigung
•
Art. 103 Abs. 1 GG steht nicht unter Gesetzesvorbehalt.
•
Als kollidierendes Verfassungsrecht kommt u.a. die Funktionsfähigkeit der
Rechtspflege in Betracht. .
Übungsfall „Schlafender Richter“
(vgl. BVerwG DÖV 1986, 437)
X klagt vor den Verwaltungsgerichten. Während X dem Gericht seine Auffassung von der
Rechtslage vorträgt, schläft Richter R immer wieder ein. Dies wird durch lautes Schnarchen
des R offensichtlich.
Isr X in seinem Grundrecht auf rectliches Gehör verletzt?
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Propädeutische Übung – Verfassungsrecht, Grundkurs II – Dirk Elbert
Lösungsskizze zum Übungsfall
Der schlafende Richter könnte gegen das Grundrecht des X auf rechtliches Gehör verstoßen.
Dies ist der Fall, wenn der Schutzbereich des Grundrechts eröffnet ist, in diesen eingegriffen
wird und der Eingriff verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist.
I. Schutzbereich
Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet auch ein Recht auf Berücksichtigung
des Geäußerten. Dies setzt unter anderem die Aufnahmebereitschaft der Richter
voraus. Rechtliches Gehör bedeutet, sich vor Erlass einer Entscheidung in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zur Sache äußern zu können. Ein schlafender
Richter ist nicht aufnahmebereit, er verstößt somit gegen das Recht auf rechtliches
Gehör.
II. Eingriffe
Jedes Zurückbleiben hinter den genanten Voraussetzungen stellt einen Eingriff in das
Grundrecht dar. Zu diskutieren bleibt die Frage, ob jeder „Sekundenschlaf“ die
Aufnahmebereitschaft beeinträchtigt. Aus dem Schnarchen des Richters im
vorliegenden Fall kann auf einen festen Schlaf des Richters geschlossen werden.
Zumindest dann liegt ein Eingriff in den Schutzbereich vor.
III. Rechtfertigung
Art. 103 Abs. 1 GG steht nicht unter Gesetzesvorbehalt. Kollidierendes
Verfassungsrecht, das zu einer Rechtfertigung führen könnte, ist hier nicht ersichtlich.
Der Eingriff in Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht gerechtfertigt.
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