Biodiversität, oder auch Ökosysteme, Arten und die Vielfalt innerhalb von Arten, bilden die Grundlage allen Lebens. Trotz intensiver Schutzbemühungen weltweit ist ein kontinuierlicher Rückgang von Biodiversität zu verzeichnen. Dieser Rückgang betrifft sowohl die Ausdehnung von Ökosystemen, Artenzahlen als auch die Abundanz von Arten und damit innerartliche Vielfalt. Bei den Betrachtungen von Biodiversität werden meist urbane Räume als Gefährdungsursache thematisiert, da sie natürlichere Ökosysteme in ihrer Ausdehnung begrenzen. In dieser Dissertation wird ausschließlich die Biodiversität urbaner Räume beschrieben, die die häufigste Naturerfahrung für Stadtbewohner darstellt. In einer Meta-Analyse von 75 Städten weltweit werden Habitatfaktoren präsentiert, die entscheidend für die Artenzahlen innerhalb von Städten sind: Flächengröße und Korridore (Kapitel I). Dafür wurden Primärstudien zusammengefasst und ausgewertet, die an verschiedenen Standorten innerhalb jeweils einer Stadt den Bestand von Arten aufgenommen und verschiedene abiotische und biotische Habtiatfaktoren quantifiziert haben, um Unterschiede zu erklären. Aufbauend auf der Meta-Analyse wird im folgenden Kapitel der Blick auf die Habitatfaktoren gerichtet, die die Konnektivität einer Art - der Mauereidechse - im urbanen Raum erklären. Konnektivität ist ein wichtiges Element für den langfristigen Erhalt von Arten, da so unbesiedelte aber erreichbare Habitatflächen erschlossen werden können, ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen. Für die Trierer Mauereidechsen konnte so gezeigt werden, dass die Mosel als Barriere den größten Erklärungswert für die genetische Struktur dieser Tiere besitzt (Kapitel II). In den nächsten beiden Kapiteln wird zunächst die Vielfalt der Mauereidechse in drei Städten Deutschlands beschrieben. Im Folgenden werden Mechanismen überprüft, die zur Hybridisierung von verschiedenen genetischen Linien innerhalb dieser Art führen. Wie für die Mauereidechse bereits bekannt, sind vielfach Individuen nicht heimischer genetischer Linien verbreitet. Diese genetischen Linien sind heimisch in anderen Teilen Europas, bspw. Frankreich oder Italien und an diese Regionen angepasst. Dennoch sind Individuen dieser Linien in Mannheim und Freiburg häufiger anzutreffen als die heimische genetische Linie, während in Saarbrücken noch knapp über 50% der Individuen heimischen Ursprungs sind. Gründe für das Auftreten nicht heimischer Linien liegen sowohl in beabsichtigten als auch in unbeabsichtigten Aussetzungen der Tiere sowie in der Durchsetzungsfähigkeit dieser Linien gegenüber der heimischen genetischen Linie. Die Verbreitung innerhalb der Städte zeigt eine starke Hybridisierung aller vorkommenden Linien. Diese führt zu der Entstehung von Hybrid-Schwärmen, in denen eine komplette Durchmischung der ursprünglichen Gründerlinien vorzufinden ist, die als solche nicht mehr zu erkennen sind. Hybrid-Schwärme stellen vielmehr eine neuartige genetische Zusammensetzung dar, basierend auf den Genomen der Gründerindividuen. In Freiburg wurden Hybrid-Schwarm-Populationen bestehend aus bis zu vier verschiedenen genetischen Linien nachgewiesen, in Mannheim und Saarbrücken waren maximal drei Linien beteiligt. In den meisten Städten wurden mehrere Hybrid-Schwarm-Populationen identifiziert. Diese Hybrid-Schwärme sind zwar weitestgehend voneinander isoliert, es wurden aber auch Hybride zwischen Hybrid-Schwarm-Populationen nachgewiesen. Wenngleich dieses evolutionsbiologische Muster gemeinhin als sekundäre Kontaktzone aus den natürlichen Verbreitungsgebieten von Arten bekannt ist, ist diese Kontaktzone doch einzigartig in der hier zusammentreffenden genetischen Vielfalt (Kapitel III). Ohne das ‚Einschleppen‘ nicht heimischer Mauereidechsen durch den Menschen wären Mauereidechsen nicht in der Häufigkeit bei uns anzutreffen. Das Einschleppen selbst ist der erste von vielen Schritten bis zur erfolgreichen Etablierung von invasiven Arten in einem neuen Gebiet. Neben den klimatisch günstigen Bedingungen in Süd-West Deutschland, gepaart mit geeigneten Habitaten entlang von Weinbergen oder Gleisanlagen ist der Erfolg nicht heimischer Linien vor allem ursächlich in der Dominanz ihrer Männchen gegenüber heimischen Männchen zu finden. In Kapitel IV widmen wir uns den Partnerwahlprozessen verschiedener Linien der Mauereidechse und können erkennen, dass experimentelle Ergebnisse das Ausbreitungsmuster in Mannheim wiederspiegeln. Wie aufgrund der Experimente vorhergesagt, sind es die Männchen der, in diesem Fall ausschließlich italienischen Linie, die die Männchen anderer Linien dominieren. Sie sorgen für ein typisches genetisches Muster: Hybride zwischen der italienischen und anderen Linien tragen im Mitochondrium meist die DNA der anderen Linie, nicht der italienischen, da der Vater dieser Hybride zwar italienischer Herkunft ist, doch nur die Mutter die DNA des Mitochondriums an die Nachkommen vererbt. Auf diese Weise können nicht heimische Linien nach der erfolgreichen Etablierung in Deutschland die vorherrschende Mauereidechsenpopulation genetisch durchmischen. Die Beobachtung durchmischter Vorkommen von Mauereidechsen in Deutschland wirft viele artenschutzfachliche als auch rechtliche Fragen auf. Ein wichtiger Unterschied, der für die Schutzwürdigkeit von Arten entscheidend ist, ist der heimische oder nicht heimische Ursprung. Im einen Fall gilt eine Art grundsätzlich als schutzwürdig, während im anderen Fall kein Schutz notwendig wird, im Gegenteil evtl. sogar Maßnahmen zur Bekämpfung der nicht heimischen Art notwendig werden. Diese Unterscheidung wird bislang bei Mauereidechsen in Deutschland nicht gemacht, sondern gleichermaßen heimische als auch nicht heimische Individuen geschützt. Die ökologische wie auch rechtliche Grundlage dieser Handhabung wird in Kapitel V in Frage gestellt und eine neue rechtliche Vorgehensweise aufgezeigt. Darüber hinaus wird in Kapitel VI eine neue EU-Verordnung zum Thema invasiver Arten kommentiert.