©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at Ähnlichkeiten im Pflanzenreiche. Von R. T. Wettstein. Vortrag, gehalten den 23. Januar 1907. Mit 7 Abbildungen im Texte. Verein nat. Kenntn. 47. Bd. 20 ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at Das Bedürfnis des Menschen, einen Überblick über die unendliche Mannigfaltigkeit der Organismenwelt durch Schaffung einer gewissen Ordnung und Einteilung zu gewinnen, hat schon seit lange dazu geführt, die einzelnen Naturobjekte miteinander zu vergleichen, die gefundenen Ähnlichkeiten abzuwägen und nach dem Grade derselben „Systeme" zu konstruieren. Andern dabei festgehaltenen Vorgange hat der Wechsel der Grrundanschauungen, welche uns leiten, wenig geändert. Während man jedoch früher, im Zeitalter der sogenannten künstlichen Systeme, sich bei Einteilungen von dem Grade der Ähnlichkeit schlechtweg oder von der Ähnlichkeit bestimmt gewählter Organe leiten ließ, wägen wir heute ab, inwieferne die konstatierte Ähnlichkeit der Ausdruck einer Verwandtschaft ist,und lassen uns selbst bei auffallenden Ähnlichkeiten nicht zu einer systematischen Vereinigung der betreffenden Formen verleiten, wenn wichtige Gründe dafür sprechen, daß die Ähnlichkeit eine zufällige oder wenigstens eine nicht auf Verwandtschaft beruhende ist. Daß Pflanzen gleicher oder ähnlicher entwicklungsgeschichtlicher Herkunft mehr oder minder ähnlich sind, erscheint uns heute so selbstverständlich, daß wir gar 20* ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 322 — nicht darüber erstaunt sind, wenn beispielsweise die Blüte des Mohnes an jene der Seerose erinnert, oder das Blatt von Gingko oder jenes einer Cycadee an die Wedel der Farne mahnen, oder gewisse Fingerkraut- (Potentilla-) Arten der Erdbeere (Fragaria) zum Verwechseln gleichsehen. Über diese auf Verwandtschaft beruhende Ähnlichkeit will ich daher heute gar nicht sprechen; ich will mich vielmehr einer kurzen Erörterung jener sehr interessanten Erscheinung zuwenden, daß gelegentlich Organismen von größter Ähnlichkeit entstehen, welche — soweit wir dies wenigstens beurteilen können — in keinerlei verwandtschaftlichem Verhältnisse stehen. Bevor ich aber zu der Darstellung einschlägiger Tatsachen schreite, muß ich etwas den Begriff der Ähnlichkeit, wie ich ihn anwende, erläutern. Es ist ja klar, daß, wenn wir zwei Dinge als ähnlich bezeichnen, dies der Ausdruck s ubj ektiver Anschauung ist. Der eine findet zwei Objekte zum Verwechseln ähnlich, die dem anderen als grundverschieden erscheinen. Allgemein bekannt ist die Tatsache, daß ein Hirte jedes Individuum seiner Schaf-oder Kuhherde genau kennt, während für unsStädter ein Tier genau so aussieht wie das andere. Ähnlich ergeht es uns selbst Menschen anderer Rassen gegenüber; wir behaupten, ein Japaner sejie wie der andere aus, ein Neger wie der andere, während umgekehrt Angehörige anderer Menschenrassen über die Ähnlichkeit der Europäer klagen. Es kommt eben bei Beurteilung von Ähnlichkeiten darauf an, auf was wir beim Vergleiche das Hauptgewicht ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 323 — legen, und vor allem auf die Übung. Diese durch Schulung zu erlernende Fähigkeit, Unterschiede zu erkennen, spielt auch in der Wissenschaft, speziell in der Biologie eine große Kolle. Ganze große wissenschaftliche „Schulen" der Botanik und Zoologie verstehen sich nicht, ja stehen sich oft geradezu feindlich gegenüber, weil die Angehörigen der einen durch Übung eine Unterscheidungsfähigkeit erworben haben, welche jenen der anderen ganz fehlt. Auf diesen Verschiedenheiten der Anschauungen und der Übung beruht es auch, daß in der Beurteilung der hier zu besprechenden, nicht auf Verwandtschaft beruhenden Ähnlichkeiten die Meinungen der Fachmänner weit auseinandergehen. Ich will es versuchen, einen Mittelweg einzuschlagen,und nicht Ähnlichkeiten erörtern, die einer kritischen Betrachtung nicht standhalten, andererseits nicht tatsächlich interessante Ähnlichkeiten aus zu weitgehendem Kritizismus übergehen. Ähnlichkeiten zwischen Pflanzen, welche nicht miteinander verwandt sind, kommen, soweit wir beurteilen können, auf zweifachem Wege zustande: erstens dadurch, daß gleiche Lebensbedingungen gleichen oder wenigstens ähnlichen Bau bedingen, und zweitens dadurch, daß gewisse zufällig erworbene Ähnlichkeiten vorteilhaft sein können und infolge dessen durch Selektion begünstigt werden. Fälle der letzteren Art bezeichnet man bekanntlich als Mimikry im engeren Sinne. Lassen Sie mich zunächst Erscheinungen der ersteren Art kurz betrachten. ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 324 — Jede Pflanze ist in bezug auf ihren Bau das Ergebnis zweier wichtiger biologischer Vorgänge: der Vererbung und der Anpassung. Wenn Ähnlichkeiten im Baue auf Vererbung beruhen, dann sprechen wir von Verwandtschaft; diese Ähnlichkeiten will ich nach dem Gesagten nicht behandeln. Ein Ähnlichwerden infolge analoger Anpassung nennen wir Konvergenz und auf solche Konvergenzfälle möchte ich zunächst Ihre Aufmerksamkeit lenken. Die deutlichsten Fälle von Konvergenz werden aus naheliegenden Gründen dann zustande kommen, wenn die Lebensbedingungen in irgendeiner Hinsicht recht extrem sind; betrachten wir daher kurz die Verhältnisse der Wasserpflanzen und die von Xerophyten. Eine überaus zweckmäßige Anpassung an stehendes oder langsam fließendes Wasser von wechselnder Tiefe zeigen unsere Seerosen (Nymphaea- und Nuphar-Arten). Die Blätter schwimmen auf der Wasseroberfläche dem - Lichte entsprechend exponiert, mit derjenigen Seite, welche die der Atmung und Transpiration dienenden Öffnungen (Spaltöffnungen) besitzt, der Luft zugewendet. Die Blätter stehen am Ende langer, biegsamer Stiele, welche es ermöglichen, daß je nach dem Wasserstande die Entfernung vom Grunde reguliert wird, ohne daß ein Eintauchen der Blätter erfolgt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß dieser Bau in ausgezeichnetstem Maße zweckmäßig ist, und es kann uns darum nicht wundernehmen, daß er wiederholt zur Ausbildung kam bei Pflanzen, die in gar keinem verwandtschaftlichen Ver- ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 325 — hältnisse miteinander stehen, so daß diese zum Verwechseln ähneln werden. Solche Blätter finden wir nicht bloß bei den verschiedensten Gattungen der Familie der Nymphaeaceen, wirfindensie wieder bei Vittarsia (einer Gentianacea), bei Sagittaria-Arten (Alismaceäe), bei Hydrocleis (Butomaceae) u. a. m. Ganz anders stehen die Dinge bei Pflanzen, welche in raschfließendemWasser leben. Hier hat sich eine Befestigung an im Wasser befindlichen Steinen, Hölzern u.dgl. und eine Auflösung der vegetativen Organe in feine biegsame, fadenförmige Zipfel als die einzig zweckmäßige Bildung bei vielzelligen, nicht schwimmenden Pflanzen herausgebildet. Nicht umsonst wurden diese Bildungen oft mit den Kiemenbüscheln wasserbewohnender Tiere verglichen. Zahllose Algen entsprechen diesem Bau und sehen darum makroskopisch einander so ähnlich; doch auch eine Familie der Blütenpflanzen hat es vermocht, auf einem weiten Anpassungswege den analogen Bau zu erlangen; es ist dies die Familie der Podostemonaceen, welche in den Tropen der ganzen Erde in rasch fließenden Wässern sich findet. Wer die nachfolgende Abbildung, welche eine solche Podostemonacea darstellt, betrachtet, wird es begreiflich finden, daß selbst Fachmänner der Täuschung zum Opfer fielen und daß Arten dieser unseren Steinbrechen (Saxifragaceae) nahestehenden Familie vielfach für Algen oder Lebermoose gehalten wurden, so lange man sie nicht genau untersuchte. Die häufigsten Anpassungen höherer Pflanzen an Trockenheit der umgebenden Luft bestehen einerseits in ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 326 — der Rückbildung der Blätter und in der Umbildung des Stammes in Organe, welche den Aufgaben der Assimilation, Transpiration, Atmung und Wasserspeicherung dienen, andererseits in der Umbildung der Laubblätter Abb. 1. Eine südbrasilianische Podostemonacea (Apinagia Warmingiana), an einem Steine befestigt, nicht blähend. Natürliche Größe. in fleischige Bildungen mit möglichst kleiner wasserabgebender Oberfläche und mit sonstigen die Wasserabgabe hindernden Einrichtungen (Behaarung, Verstopfung oder Tieferlegung der Spaltöflhungen, Wachsüberzüge u. dgl.). ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 327 — In klarster Weise kommt die ersterwähnte Anpassung bei zahlreichen Formender Familie der Kakteen zum Ausdrucke, welche bekanntlich mit zu den Bewohnern der trockensten Gebiete Amerikas zählen. Sie kennen ja gewiß alle die merkwürdigen Stammformen dieser Pflanzen, wie sie uns in den Sukkulentenhäusern vieler Gärten entgegentreten, und mancher von Ihnen wird gewiß auch schon in solchen Häusern Pflanzen für Kakteen gehalten haben, welche ihnen außerordentlich gleichen und doch ganz anderen Familien angehören. Da sind vor allem Angehörige der so außerordentlich mannigfaltigen Familie der Euphorbiaceen zu nennen; es gibt speziell in der Gattung Euphorbia, Wolfsmilch, zahlreiche Arten, die auf den ersten Blick von Kakteen kaum zu unterscheiden sind; wie diese besitzen sie blattlose, grüngefärbte, säulenförmige oder abgerundete Stämme. Aber noch in ganz anderen Familien wiederholen sich analoge Formen, so unter den Asclepiadiaceen (Stapelia-, Goralluma-, Huernia-, Duvalia- Arten etc.), unter den Vitaceen (Cissus cactiformis und subaphylla), unter den Crassulaceen(Oassw?a-Arten etc.). Die gleiche Anpassung hat hier aus den verschiedensten Typen Formen von solcher Ähnlichkeit erzwungen, daß sie unser Erstaunen wachrufen müssen. Wer weiß nicht, wie oft die Gattungen Agave (AmaryllidaceaeJ.undL Aloe (Liliaceae) miteinander verwechselt werden; die Verwechslung ist begreiflich, da ganz gleicher xerophiler Bau, zumal der Blätter, die Pflanzen so ähnlich machte. ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 328 — Für uns Botaniker wird das Zustandekommen ähnlicher Bildungen durch analoge Anpassung besonders dann interessant, wenn die Ähnlichkeit zu wissenschaftlichen Streitfragen Anlaß gibt, und gerade die Möglichkeit eines solchen Dissenses zeigt andererseits auf das klarste, wie weit die auf Konvergenz beruhenden Ähnlichkeiten gehen können. Ein paar Beispiele: Sie kennen alle den Buscus aculeatus, der jetzt so häufig im Winter auf den Straßen feilgeboten wird. Der flüchtige Beobachter wird keinen Moment daran zweifeln, daß es sich da um eine Pflanze mit normal gebildeten Laubblättern handelt. Der aufmerksame Beobachter wird etwas irre werden, wenn er sieht, daß die Blüten und die Früchte diesen Blättern aufsitzen. Und in der Tat handelt es sich gar nicht um Laubblätter. Es sind kurze Seitenäste, welche die Funktionen der rückgebildeten Blätter übernommen und in Anpassung an diese Funktionen vollständigen Blattcharakter angenommen haben. Der Botaniker nennt derartige Stammgebilde von blattähnlichem Aussehen Phyllocladien. Ebensolche Phyllocladien besitzt das jetzt so häufig als Tafelschmuck verwendete Myrsiphyllum asparagoides (unter dem falschen Namen Medeola allgemeiner bekannt) ; hier ist der Nachweis, daß es sich nicht um Laubblätter handelt, schon viel schwieriger, da die Blüten nicht auf den Phyllocladien entspringen. Ein zweites Beispiel entnehme ich dem einheimischen Formenkreise der bekannten Familie der Ranunculaceen. ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 329 — Betrachten wir die Blüte eines einheimischen Hahnenfußes, Ranunculus-Art, so erscheint sie uns nach dem, was die deskriptive Botanik lehrt, ganz leicht verständlich. Auf einen aus mehreren Blättern gebildeten Kelch folgen die lebhaftgefärbtenBlumenkronblätter,überdiesen die Staubblätter und im Zentrum der Blüte die Fruchtblätter. Vergleichen wir damit die Blüte eines Leberblümchens (Hepatica), so tritt uns scheinbar genau derselbe Bau entgegen, wirfindenwieder Kelch, Blumenkrone, Staubblätter und Fruchtblätter. Und doch sind die beiden Blüten total verschieden gebaut. Die Kelchblätter des Ranunculus entsprechen den Blumenkronblättern der Hepatica, bei ersterem sind die Blumenkronblätter als etwas Neues durch Umwandlung von Staubblättern hinzugetreten, bei letzterer ist der Kelch aus Blättern des Stengels hervorgegangen. Es würde zu weit führen, dies hier beweisen zu wollen. Wohl aber ist es leicht, das vollkommen gleiche Aussehen der beiden so total verschiedenen Blüten verständlich zu machen. Jede der beiden Blüten braucht Kelch-, Blumenkron-, Staub- und Fruchtblätter: die Kelchblätter als Schutzorgane, die Blumenkronblätter als Anlockungsmittel für Tiere. Dieselben Bedürfnisse haben bei beiden Pflanzen die Ausbildung analoger Organe nötig gemacht; die Verwendung der erblich festgehaltenen Organe hat in dem einen Falle zur Umwandlung einiger Staubblätter in Blumenkronblätter. im zweiten Falle die Heranziehung von Stengelblättern zur Schaffung eines Kelches geführt. Dieser Fall erscheint mir besonders lehrreich, weil er zeigt, welche Schwierig- ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 380 — keiten das Vorkommen weitgehender Konvergenzen der Wissenschaft bereiten kann. Zahlreiche schöne Beispiele von Ähnlichkeiten durch Konvergenz hat das Studium der Blüteneinrichtungen ergeben. Es ist Ihnen bekannt, welche wunderbare Einrichtungen viele Blüten aufweisen, um die Übertragung des Pollens auf die Narbe durch Vermittlung von Tieren sicherzustellen. Die Komplikation der Einrichtungen hängt ja damit zusammen, daß nicht bloß eine Anlockung der Tiere durch Darbietung von Nahrungsmitteln, von Duftstoffen und Farbeneffekten zu bewirken ist, sondern daß der Besuch des Tieres in bezug auf seine Stellung in der Blüte oder zur Blüte geregelt werden muß und daß schließlich viele Blüten sich dem Besuche ganz bestimmter Tierarten, also der Form, der Größe, den Lebensgewohnheiten solcher angepaßt hat. Ist das Studium dieser Blüteneinrichtungen schon an und für sich geeignet, unser Erstaunen über die weitgehende Zweckmäßigkeit aller dieser Anpassungen wachzurufen, so muß dieses Staunen noch eine Steigerung erfahren, wenn wir sehen, daß Einrichtungen von größter Komplikation bei Pflanzen verschiedenster Herkunft in ganz analoger Weise sich herausgebildet haben. Nur ein Fall soll dies zeigen. Fig. 3 u. 4 in Abb. 2 zeigen die Blüte des in Europa ja recht verbreiteten Osterluzei, der A ristolochia ClematiUs. Die Blüte ist eine sogenannte Kesselfallenblume, deren ganzer Bau mit der Anlockung von die Bestäubung vermittelnden Insekten aufs innigste zusammenhängt. Das Perigon der Blüte ist röhrenförmig und im unteren Teile bauchig ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 331 — erweitert; die Innenseite der Eöhre ist mit nach abwärts gerichteten Haaren besetzt, welche den durch Duft und Abb. 2. — Fig. 1. Blutenstand von Anim maculatum; Fig. 2. Derselbe längsdurchschnitten; Fig. 3. Blüte von Aristolochia Clematitis; Fig. 4. Dieselbe längsdurchschnitten. Fig. 1 und 2 verkleinert, 3 und 4 vergrößert. Farbe angelockten Insekten (Fliegen) zwar das Eindringen gestattet, das Herauskriechen aber unmöglich macht. Während sich die Blüte in diesem Zustande befindet, ist die im Bauchteile des Perigons befindliche Narbe schon ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 332 — belegungsfähig, die Staubbeutel sind noch geschlossen. Eine Bestäubung kann nur durch Pollen erfolgen, welchen die Insekten aus anderen Blüten mitbrachten. Erst später, wenn die Befruchtung erfolgte, öffnen sich die Staubbeutel, zu gleicher Zeit schrumpfen die Haare an der Innenseite der Röhre und nun können die Tiere, über und über mit Pollen bestäubt, die Blüte verlassen, um eine andere Blüte zu besuchen und dort den Pollen auf der Narbe abzusetzen. Die Blüte gleicht einer Falle, in der die Insekten so.lange festgehalten werden, bis sie ihre Aufgabe erfüllten. Fig. 1 u. 2 in Abb. 2 zeigen den Blütenstand des ebenfalls in Europa verbreiteten Aronstabes, Arum maculatum. Mit Benützung eines ganz anderen Baues — die Familie der Aristolochiaceen steht jener der Araceen sehr ferne — wurde hier eine Einrichtung erzielt, die jener ganz analog ist, welche wir bei Aristolochien kennen lernten. Die Stelle des Perigons von AristolocMa vertritt hier die Spatha, ein Hochblatt, welches den ganzen Blütenstand einhüllt, und gleichfalls im mittleren Teile röhrenförmig, unten bauchig erweitert ist. Die Tiere — es handelt sich wieder um Fliegen — können auch hier leicht in das Innere der Röhre gelangen, das Entkommen wird ihnen durch fadenförmige Gebilde unmöglich gemacht, welche in den Innenraum der Röhre hineinragen. Wie bei AristolocMa sind die Narben zu einer Zeit schon belegungsfähig, in der die Staubbeutel noch geschlossen sind, wie dort wird den Insekten später, nach dem Öffnen der Staubbeutel der Ausgang eröffnet durch das Vertrocknen der ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at QQQ fj tJ ij die Röhre versperrenden fädigen Gebilde. Die Analogie der Einrichtungen der Blüten von Aristolochia mit jenen der Blütenstände von Araceen wird noch größer, wenn wir nicht die beiden genannten europäischen Arten zum Vergleiche heranziehen, sondern dieselben auf gewisse tropische Formen ausdehnen, bei welchen durch ganz analoge Färbung und analogen Duft die Ähnlichkeit noch eine ganz überraschende Steigerung erfährt. Noch einen Fall von interessanter Ähnlichkeit durch Konvergenz möchte ich nicht unerwähnt lassen. Es sind schon mehrfach Fälle bekannt geworden, in denen Parasiten den Nährpflanzen, auf welchen sie wachsen, überraschend ähnlich geworden sind. Besonders kennt man derartige Beispiele aus der Familie der Loranthaceeu, zu der auch unsere einheimische Leimmistel (Viscum album) und die Riemenblume (Loranthus europaeus) gehören. Schon im südlichen Europa findet sich auf verschiedenen Arten der Gattung Juniperus (Wacholder) eine Lorantliacea (Arceuthobium Oxycedri), welche in den beblätterten Stengeln überraschend einer Konifere mit schuppenförmigen Blättern, speziell der Juniperus Sabina, auf der sie auch vorkommt, ähnlich ist. In Südbrasilien hatte ich wiederholt Gelegenheit, auf Lauraceen parasitisch lebende Loranthaceen zu beobachten, deren Blätter nur schwer von denen der Nährpflanze zu unterscheiden waren. Ähnliches wird von australischen Loranthaceen berichtet. Man könnte daran denken, daß es sich dabei um einen Schutz des Parasiten handelt; doch möchte ich den Fall anders deuten. Die ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 334 — Anpassungen an das Klima bedingei} eine Reihe von Eigentümlichkeiten der Blätter. Die Blätter der Loranthaceen, welche in den Kronen von Bäumen und Sträuchern leben, sind denselben klimatischen Bedingungen ausgesetzt wie die der Nährpflanzen; es ist darum verständlich, wenn schließlich bei ihnen Anpassungen an diese Lebensbedingungen zu dem analogen Baue führen. Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu beweisen, daß tatsächlich durch analoge Anpassungen in zahlreichen Fällen weitgehende Ähnlichkeit hervorgerufen werden kann; Sie werden es schon nach dem Gesagten begreiflich finden, wenn ich sage, daß Feststellung der durch analoge Funktionen veranlaßten Ähnlichkeiten und deren Unterscheidung von den auf Verwandtschaft beruhenden Übereinstimmungen eine der wichtigsten Aufgaben der wissenschaftlichen Botanik ist und daß diese Aufgabe in vielen Fällen eine durchaus nicht leichte ist. Ich gehe nun zur Besprechung der zweiten Kategorie von Ähnlichkeiten über, jener Ähnlichkeiten, die nicht durch analoge Anpassungen erzwungen wurden, sondern zufällig entstanden sind und deshalb sich erhalten konnten, weil sie sich als zweckmäßig erwiesen. Man bezeichnet solche Fälle als Mimikry. Wem sind nicht die zahlreichen schönen Fälle von Mimikry aus dem Tierreiche bekannt, die Käfer, Schmetterlinge und Heuschrecken, welche Blättern, Baumrinden und Zweigen in Form und Farbe täuschend ähnlich sehen. Es kann kaum einem ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 335 — Zweifel unterliegen, daß man auf zoologischem Gebiete die Verbreitung der Mimikry allmählich weit überschätzt hat, und es ist darum ganz verständlich, daß in neuerer Zeit eine Reaktion sich bemerkbar macht, welche gegen das Bestreben, in zahllosen Fällen auffallende Färbungen und Gestaltungen auf Mimikry zurückzuführen, Stellung nimmt. Trotzdem kann es als sicher gelten, daß im Tierreiche Fälle von Mimikry, die einen Schutz der betreffenden Art bedingt, vorkommen. Es handelt sich dabei in vielen Fällen um (allerdings natürlich unbewußte) Nachahmung pflanzlicher Objekte. Ich kann es mir nicht versagen, hier eines Falles zu gedenken, den ich selbst in Brasilien zu beobachten Gelegenheit hatte und der meines Wissens zu den überraschendsten zählt. Eine südamerikanische baumförmige Solatium-Art, das S. cernuum ist durch große Blütenstände ausgezeichnet, deren Teile dicht mit langen graubraunen, trockenen Haaren besetzt sind. Diese Bäume sind der Lieblingsaufenthalt des südbrasilianischen Faultieres (Bradypus tridactylus), das auf den Ästen des Baumes hängend mit seinem eigentümlichen graubraunen Haarkleide den Blütenständen so ähnelt, daß selbst das geübte Auge eines Jägers leicht getäuscht werden kann. Fälle von Mimikry aus dem Pflanzenreiche, die Anspruch auf Beachtung verdienen, waren bis in die jüngste Zeit nicht bekannt. Wenn ich einige derartige Fälle hier bespreche, so bin ich mir wohl bewußt, daß wir nicht in die Fehler zahlreicher Zoologen verfallen dürfen und daß wir nur dann von Mimikry sprechen können, wenn Verein nat. Kenntn. 47. Bd. 21 ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 33G — genaue Beobachtung und vor allem Experimente für eine solche Deutung sprechen." In einem gewissen Sinne gehören hieher die schon lange bekannten Aas- und Ekelblumen, das sind Blüten oder Blütenstände, welche Duftstoffe erzeugen, die in ihrer physiologischen Wirkung den Duftstoffen, welche von faulenden tierischen Körpern ausgehen, gleichen und welche überdies Farben besitzen, die gleichfalls denjenigen des faulenden Fleisches ähneln. Besonders die Araceen sind reich an derartigen Blüten, beziehungsweise Blütenständen und wer einmal Gelegenheit hatte, den Duft und die Farbe einer Amorphophallus- Art, wie etwa des in Abb. 3 dargestellten A. Eivieri oder des A. virosus (Abb. 4) oder des gegenwärtig in Zimmern und Gewächshäusern so oft kultivierten Sauromarum guttatum zu beobachten, der wird zugeben müssen, daß diese Ähnlichkeit tatsächlich besteht. Auch der biologische Zweck dieser Ähnlichkeit ist klar, da durch dieselbe Insekten, vor allem Aasfliegen und Aaskäfer angelockt werden, welche in analoger Weise, wie dies für Arum maculatum geschildert wurde, die Bestäubung der Pflanzen vermitteln. Auch ganz spezielle Ähnlichkeiten kommen bei den Araceenblütenständen vor. Im April des Jahres 1901 weilte ich am Meeresstrande bei Porto fino nächst Genua. Der Aufenthalt wurde einigermaßen durch den so charakteristischen Geruch verleidet, den vom Meere ausgeworfene faulende Fischleichen verbreiteten. In der Nähe der Meeresküste fand sich überall eine blühende Aracee, das Arisarum vulgäre, ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 337 — Abb. 3. Blütenstand vou Amorphophallus Jiivieii. Verkleinert. 21* ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 338 — dessen Spathen zahllose winzige Fliegen beherbergten und dessen Inflorescenzen einen intensiven Duft verbreiteten, welcher mit jenem der faulenden Fischleichen vollkommen übereinstimmte. Bei den Aas- oder Ekelblumen der Araceen handelt es sich um Ähnlichkeit des Duftes und der Farbe pflanzHcherGebilde mit jenen tierischer Objekte. Ausdiesem Grunde möchte ich hier die kurze Besprechung eines viel erörterten Falles anfügen, in welchem Blütenteile in Form und Farbe eine in der Tat überraschende Ähnlichkeit mit ganzen Tieren aufweisen. Es sind dies die Blüten einer Orchideengattung, der Gattung Ophrys, deren Unterlippe jene Ähnlichkeit zeigt. Schon die Namen vieler OphrysArten deuten diese Ähnlichkeit an, es gibt eine Ophrys myodes, die „fliegentragende Ragwurz", eine 0. aranifera, die „spinnentragende R.", eine 0. apifera, die „bienentragende R.", eine 0.arachnites, die „hummeltragende R." etc. Man braucht durchaus nicht geneigt zu sein, Ähnlichkeiten, die eine flüchtige Betrachtung konstatiert, als wirklich existierend anzusehen, um in diesen Fällen zuzugeben, daß ein Vergleich zwischen dem pflanzlichen und dem tierischen Objekte zulässig ist. Ich war selbst lange Zeit geneigt, die Tierähnlichkeit der Ophrys-Lippen zu leugnen, bis ich einmal Gelegenheit fand, die im Mittelmeergebiete vorkommende X). bombylifera lebend zu beobachten; da mußte ich zugeben, daß die Ähnlichkeit eine geradezu überraschende ist. Es ist begreiflich, daß man schon seit lange Versuche machte, diese Tierähnlichkeit zu erklären. Man neigte anfangs ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — Abb. i. 339 — Blutenstand von Amoi-phophallus cirosua. Verkleinert. der Meinung zu, daß es sich dabei um eine Anlockung der Tiere handelt, welche die Bestäubung zu vermitteln hätten. Abgesehen davon, daß dieser Erklärungsversuch die Intelligenz der dabei in Betracht kommenden Insekten ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 340 — unterschätzte, hat D e t t o in neuerer Zeit experimentell sichergestellt, daß diese Deutung nicht zulässig ist. Er konnte beweisen, daß — ich zitiere seine eigenen Worte — „die Blüten von Ophrys apifera von Honigbienen und Hummeln deshalb nicht beflogen werden, weil sie den Anschein erwecken, als ob die Blüten von einem Insekt bereits besetzt seien". Die Insektenähnlichkeit der Lippen der OpJirys-Bläten wirkt daher für Insekten abschreckend. Damit ist die Erscheinung allerdings noch nicht geklärt, aber vielleicht eine Erklärung angebahnt. Man könnte daran denken, daß in dem vorliegenden Falle der Insektenbesuch für die Pflanze nachteilig wäre und darum vermieden werden soll — und dieser Deutung scheint Detto zuzuneigen —, man könnte aber auch noch eine andere Schlußfolgerung ziehen. Wenn die Insektenähnlichkeit eine so große ist, daß selbst Insekten durch dieselbe getäuscht werden, dann ist es höchst wahrscheinlich, daß Säugetiere bei nicht genauer Betrachtung die Blüten wirklich für Insekten halten. Dann könnte es sich um ein Schutzmittel gegen weidende Tiere handeln. Diese Deutung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man bedenkt, daß es sich gerade um Nachahmung von Insekten handelt, welche weidende Säugetiere in der Regel scheuen (Bienen, Hummeln, Spinnen etc.), und daß es sich um Pflanzen handelt, deren Hauptverbreitungsgebiet in die Mittelmeerländer fällt, wo bekanntlich die Gefährdung der Pflanze durch Tierfraß eine besonders große ist und Schutzmittel gegen diese Gefahr zu häufiger Ausbildung kamen. ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 341 — Ebenfalls viel diskutiert sind einige Fälle, in welchen eventuell eine Nachahmung einer Pflanze durch eine zweite in Betracht käme. Es handelt sich dabei um die Nesselähnlichkeit einiger einheimischer Pflanzen. Daß die Brennnessel, besonders die große Brennessel, Urtica dioica, durch ihre Brennhaare vor vielen Weidetieren wirksam geschützt ist, ist allgemein bekannt. Man braucht nur zu beobachten, wie sorgfältig auf Gründen, die von Kühen, Schafen und Pferden beweidet werden, die Nesseln von den Tieren gemieden werden, um die Wirksamkeit des Schutzmittels zuzugeben. Der Umstand, daß die Nessel von ge-. wissen Eaupen verzehrt wird, daß in anderen Gebieten auch Weidetiere die Nessel verzehren, ist kein ausreichender Einwand, da einerseits die Gefährdung durch Raupenfraß nicht so groß ist als die durch Weidetiere, da andererseits bei Beurteilung jeder Schutzeinrichtung stets nur die Verhältnisse bestimmter Gebiete, in welchen sich eventuell diese Einrichtung herausgebildet haben kann, in Betracht gezogen werden dürfen. Es ist nun schon seit lange bekannt, daß eine Reihe von Pflanzen in nichtblühendem Zustande der Nessel sehr ähnelt, und in mehreren dieser Fälle hat auch schon die Namengebung auf diese Ähnlichkeit Rücksicht genommen. Hieher gehört dieTaubnessel (Lamium album und L.maculatum), die Goldnessel (Lamium luteum), die nesselblätterige Glockenblume (Campanula Trachelium) u. a. m. Man hat wiederholt schon die Meinung geäußert, daß diese Nesselähnlichkeit für die betreffenden Pflanzen ein Schutzmittel ist, und ich möchte auch glauben, daß dies in vielen Fällen ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 342 — zutrifft. Ich habe wiederholt den Versuch gemacht, auf Weideplätzen, welche von Kühen beweidet wurden, Exemplare der genannten Pflanzen den Tieren darzubieten und immer beobachtet, daß sie nicht verzehrt wurden. Ich denke dabei — das möchte ich ausdrücklich hervorhe- Abb. 5. Mesembryanthemum Bolusii. Mittlerer Teil der Pflanze mit Blüte. Natürliche Größe. — Nach M a r l o t h . ben — nicht daran, daß bei dem Zustandekommen der Nesselähnlichkeit die Zweckmäßigkeit des Schutzes irgendeine Rolle spielte, ich halte es aber für möglich, daß die auf irgendeine Weise (zufällig oder durch Konvergenz infolge Ähnlichkeit der Lebensbedingungen) her- ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 343 — beigeführte Ähnlichkeit sekundär auch im Sinne einer Schutzeinrichtung wirkte. Mit einigen der interessantesten Fälle von Mimikry im Pflanzenreiche hat uns in jüngster Zeit der Botaniker Marloth bekannt gemacht. In den Wüstengebieten Südafrikas findet sich eine ganze Reihe von Arten der Gattungen Mesembryanthemum und Crassula, welche jeden Schutzmittels gegen Tierfraß in Form von Dornen, Stacheln, Giftstoffen entbehren und dadurch vor den Nachstellungen durch Tiere geschützt sind, daß sie Gesteinstücken, Geröllsteinen u. dgl. ähneln. Dieser Schutz ist in diesen0 Fällen umso beachtenswerter, als die betreffenden Pflanzen mit ihren fleischigen, saftreichen Geweben in den Gebieten mit spärlichem Pflanzenwuchse gewiß den Tieren ein erwünschtes Nahrungsmittel darbieten würden. Abb. 5 stellt Mesembryanthemum JBolusii dar. Die Pflanze entwickelt jeweilig nur zwei Blätter, welche dem Boden dicht aufliegen, zum Teile im Boden vergraben sind und infolge ihrer grauen Färbung, ihrer runzeligen, grubigen Oberfläche in der Tat Steinen außerordentlich ähneln. Wer die Pflanze in unseren mitteleuropäischen Gewächshäusern sieht, der wird allerdings die gegebene Deutung für nicht wahrscheinlich erklären, da hier die Pflanze ihr Aussehen wesentlich verändert hat. Anders steht die Sache, wenn man sie in ihrer Heimat oder unter ähnlichen klimatischen Bedingungen beobachtet. Ich habe im vergangenen Herbste eine größere Anzahl von Exemplaren in dem mit Recht berühmt gewordenen Garten Sir Hanburys in La Mortola Abb. 0. Acht Exemplare der Pflanze zwischen Steinen. Natürliche Größe. — Nach M a r l o t h . Craaaula columnavis. 05 If» ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at Abb. 7. Grwmda deUoidea zwischen Gesteinsstiicken. ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 346 — in Oberitalien gesehen und es kostete mich Mühe, die Exemplare zwischen den zahlreichen herumliegenden Gesteinsstücken herauszufinden. Marloth hat übrigens die Frage experimentell geprüft; er erzählt, daß die Exemplare, welche er verschiedenen Tieren zum Fräße vorlegte, von diesen mit Gier verzehrt wurden, während am natürlichen Standorte die Pflanze vom Tierfraße nahezu ganz verschont ist. Ähnliche Versuche stellte er mit einer zweiten Mesembryanthemum-Art, dem M. truncatellum an, dessen beide Blätter zu einem kugeligen Gebilde von grauer Farbe zusammenschließen, das einem Geröllsteine vollständig gleicht. Er berichtet, daß einer seiner Freunde öfters einen Weg benützte, an welchem dieses Mesembryanthemum inmitten von Gerolle in großer Menge vorkommt, und daß die Pflanze sich der Aufmerksamkeit dieses Beobachters infolge der Almlichkeit mit den Steinen vollkommen entzog. Einen ganz ähnlichen Bau besitzen noch einige andere südafrikanische Mesembryanthemum -Arten, so M. obcordellum, M. fici forme, M. obconellum, M. minutum u. a., und es ist wohl anzunehmen, daß bei ihnen dieselbe Schutzeinrichtung eine Rolle spielt. Fast noch merkwürdiger ist die Mimikry bei zwei Crassula-Avt&a, welche gleichfalls von Marloth beobachtet wurden. Es sind dies G. columnaris und C. deltoidea, von denen ich in Abb. 6 und 7 Abbildungen nach Photographien des genannten Botanikers gebe. Die Bilder entheben mich einer eingehenderen Beschreibung; zur richtigen Beurteilung derselben möchte ich nur hin- ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at — 347 — zusetzen, daß auch diese Pflanzen von grauer oder bräunlicher Färbung sind. Ich möchte nicht daran zweifeln, daß es sich hier um Fälle von Mimikry im Pflanzenreiche handelt; es dürfte auch gelingen, einmal auf die Erscheinung aufmerksam gemacht, noch mehrere analoge Fälle aufzufinden. Ich will zum Beispiel auf einige amerikanische Kakteen aufmerksam machen, die schon seit lange infolge ihrer Wehrlosigkeit und grauen Färbung die Aufmerksamkeit der Botaniker auf sich zogen, so auf Echinocactus Wüliamsii, JE. wyriostigma, Ariocarpus- Arten u. a. m. Natürlich könnte nur die Beobachtung in der Heimat in diesen Fällen die Frage entscheiden, ob wir es da gleichfalls mit so zweckmäßiger Nachahmung von Objekten der unbelebten Natur zu tun haben. Literatur. Hildebrand F. Über Ähnlichkeiten im Pflanzenreich. Leipzig, W. Engelmann, 1902. Detto C. Über die Bedeutung der Insektenähnlichkeit der Ophrys-BMite etc. Flora 1906, S. 287—329. Marloth R. Mimicry among plants. Transact. S. Afric. Phil. Soc, vol. XV. p. 97—102. 1904. Marloth 11. Further observations on Mimicry among plants. 1. c, vol. XVI. p. 165—167. 1905. T hi sei ton-Dyer W. T. Morphological Notes. Annals of Bot., Vol. XX, Nr. 78, p. 123-127. 1906.