Parkinson-Syndrom und mögliche prädisponierende Faktoren für

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Aus der Neurologischen Klinik
des St. Josef-Hospitals Bochum
-Universitätsklinikder Ruhr Universität Bochum
Direktor: Prof. Dr. med. H. Przuntek
PARKINSON-SYNDROM UND MÖGLICHE PRÄDISPONIERENDE FAKTOREN FÜR DAS
AUFTRETEN VON PASSAGEREN PSYCHOSEN
- EINE ANALYSE VON 228 KRANKHEITSVERLÄUFEN
Inaugural- Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Markus Bock
aus Dortmund
2002
1
Dekan:
Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent:
Prof. Dr. med. Th. Müller
Korreferent:
Priv. Doz. Dr. med. M. Brüne
Tag der mündlichen Prüfung:
12.11.2002
2
3
INHALTSVERZEICHNIS
1.
EINLEITUNG
7
1.1.
GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK
7
1.2.
PATHOLOGIE, PATHOBIOCHEMIE, ÄTIOLOGIE UND PRÄVALENZ DER
PSYCHOTISCHEN SYMPTOME BEI DER PARKINSONKRANKHEIT
8
1.3.
DELIR ODER PSYCHOSE?
10
1.4.
FRAGESTELLUNG DIESER ARBEIT
13
2.
PATIENTEN UND METHODIK
14
2.1.1. UNTERSUCHUNGSGUT UND METHODIK
14
2.1.2. KLINISCHE VERFAHREN
17
2.1.3. NEUROPSYCHOLOGISCHE TESTVERFAHREN
19
2.1.4. ZEREBRALE COMPUTER/- KERNSPINTOMOGRAPHIE
21
2.1.5. EEG UNTERSUCHUNGEN
22
2.1.6. MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNG
23
2.2.
ZUSAMMENFASSENDE BESCHREIBUNG DES PATIENTENKOLLEKTIVS
27
2.3.
STATISTISCHE METHODEN
29
3.
ERGEBNISSE
30
3.1.
NICHTMEDIKAMENTÖSE FAKTOREN
30
3.1.1. DEMOGRAPHISCHE GRÖßEN
30
3.1.2. DEMENZ
31
3.1.3. DEPRESSION
32
3.1.4. SCHWEREGRAD DER MOTORISCHEN
BEEINTRÄCHTIGUNG ( HOEHN UND YAHR )
33
3.1.5. MOTORISCHE FLUKTUATIONEN
33
3.1.6. SCHLAFSTÖRUNGEN
34
3.1.7. LEBHAFTE TRÄUME
34
3.1.8. BILDMORPHOLOGISCHE HIRNSCHÄDIGUNG (CRANIALES CT UND NMR)
35
3.1.9. EEG VERÄNDERUNGEN
36
3.2.
MEDIKAMENTÖSE FAKTOREN
37
3.2.1. L-DOPA
37
3.2.2. DOPAMINAGONISTEN
38
3.2.2.1.ART DES DOPAMINAGONISTEN
38
3.2.2.2.DOSIERUNG DES DOPAMINAGONISTEN
40
3.2.3. SONSTIGE PARKINSONMEDIKAMENTE
41
4
3.2.4. DOSISÄQUIVALENT
42
3.2.5. ANZAHL DER PARKINSONMEDIKAMENTE
42
3.2.6. PSYCHOTROPE MEDIKAMENTE
43
3.2.7. ANZAHL SONSTIGER NICHT-PARKINSONMEDIKAMENTE
44
3.3.
VERGLEICH PARKINSONPATIENTEN MIT/OHNE PSYCHOSE
(MULTIVARIANZANALYSE)
45
4.
DISKUSSION
47
4.1.
KRANKHEITSDAUER
47
4.2.
DEMENZ
49
4.3.
DEPRESSION
53
4.4.
HOHER HOEHN UND YAHR SCORE
57
4.5.
MOTORISCHE FLUKTUATIONEN
59
4.6.
SCHLAFSTÖRUNGEN UND LEBHAFTE TRÄUME
60
4.7.
BILDMORPHOLOGISCHE HIRNSCHÄDIGUNG (CRANIALES CT UND NMR)
64
4.8.
EEG VERÄNDERUNGEN
66
4.9.
MEDIKAMENTÖSE FAKTOREN
68
5.
ZUSAMMENFASSUNG
70
6.
LITERATUR
71
5
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN
Abb.
Abbildung
BDI
Beck- Depressionsinventar
DLK
Demenz vom Lewy Body Typ
CCT
craniale Computertomographie
EEG
Elektroenzephalographie
ges.
gesamt
H&Y
Hoehn und Yahr Score
Insg.
Insgesamt
k. A.
keine Angabe
M.
Morbus
Max
Maximum
Min
Minimum
Mittl.
Mittlere/r
MMST
Mini Mental State Examination nach Folstein
MMP
Mini Mental Parkinson
MW
Mittelwert
NMR
Kernspinresonanztomographie
N
Anzahl
n. sign.
Nicht signifikant
o. g.
oben genannten
Pat.
Patient(en)
psychot.
psychotisch
SAE
subcorticale arteriosklerotische Enzephalopathie
SD
Standardabweichung
Sig.
Signifikanz
Sign.
Signifikant
Tab.
Tabelle
therap.
therapeutischen/er
WAIS
Wechsler Adult Intelligence Scale
z. B.
zum Beispiel
zus.
zusätzliche
6
1.
EINLEITUNG
1.1.
GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK
James PARKINSON beschrieb in seinem „Essay on the Shaking Palsy“ 1817 erstmals
eine Erkrankung, die später als Morbus Parkinson oder idiopathisches ParkinsonSyndrom bezeichnet wurde. In den ersten Sätzen seiner Abhandlung wird vermerkt,
dass die intellektuellen Funktionen ungestört sind „... by the absence of any injury to
the senses and to the intellect, we are taught that the morbid state does not extend to
the encephalon“.
Erst gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurde auf das Bestehen
verschiedener psychischer Abnormitäten von französischen Autoren wie z.B. PARANT
(1883), BALL (1882) und COMPIN (1902) hingewiesen. Beschrieben wurden depressive
Zustandsbilder im Sinne einer größeren Weinerlichkeit, Abnahme der Intelligenz, aber
auch die seltenen Fälle von Melancholie mit Angst, Verfolgungs- und Vergiftungsideen,
Selbstmord und Sinnestäuschungen (COMPIN, 1902). Auch REGIS (1903) ordnete der
Parkinsonerkrankung folgende mentalen Auffälligkeiten zu: „Auf der ersten Stufe
entwickeln sie einfache depressive Veränderungen in ihrer Persönlichkeit und ihrer
Stimmung
...“
dann,
bei
zunehmender
Erkrankung
zeigten
die
Patienten
„Überempfindlichkeit, Reizbarkeit und Egoismus ...“. Auf der dritten Stufe erlitten sie
„Halluzinationen ...“. Bereits 1913 stellte KÖNIG Zusammenhänge zwischen seniler
oder arteriosklerotischer Demenz bei Parkinsonerkrankten und anschließend präfinal
auftretender Delirien fest.
Diese Beobachtungen erfolgten zu einer Zeit, als die Parkinsonerkrankung noch nicht
mit L- Dopa oder anderen Medikamenten behandelt wurde. Spätere Arbeiten zeigten,
dass es unter einer entsprechenden Parkinsonmedikation zu gehäuftem Auftreten von
sog. „exogenen Psychosen“ kommt (SWEET, 1976; MOSKOVITZ, 1978).
7
1.2.
PATHOLOGIE, PATHOBIOCHEMIE, ÄTIOLOGIE UND PRÄVALENZ DER PSYCHOTISCHEN
SYMPTOME BEI DER PARKINSONKRANKHEIT
MOSKOVITZ et al. (1978) gingen davon aus, dass dem L-Dopa die entscheidende
Bedeutung bei der Auslösung der psychotischen Symptomatik zukommt, wenngleich
sie auf das Vorkommen solcher Erscheinungen auch unter alleiniger Anticholinergikaund/oder Amantadintherapie hinwiesen. Die Autoren nahmen an, die Symptomatik als
sogenanntes Kindling-Phänomen auffassen zu können. So würde dieses Phänomen
auf einer durch die L-Dopa Langzeittherapie ausgelöste Hypersensitivität der
dopaminergen Rezeptoren basieren, wobei es klinisch über lebhafte Träume zu
illusionären Verkennungen, Halluzinationen, Wahnvorstellungen und zum Auftreten
von Verwirrtheitszuständen käme. Diese Symptome würden typischerweise in der
genannten Reihenfolge auftreten und einen zunehmenden Schweregrad der
Symptome anzeigen (MOSKOVITZ, 1978; SHARF, 1978). BIRKMAYER und seine
Mitarbeiter dagegen sahen als Ursache für die sog. L-Dopa Psychosen eine L-Dopa
induzierte Dysbalance zwischen dopaminerger und serotonerger Transmission in
extrastriären Hirnarealen wie dem Nucleus ruber (BIRKMAYER, 1974; BIRKMAYER,
1975). PERRY (1991) fand bei Patienten mit Halluzinationen, welche häufig im Rahmen
einer Demenz vom Lewybody Typ (DLK) vorkommen, eine Beziehung zu einem
ausgeprägten cholinergen Defizit
im temporalen Neocortex und eine damit
resultierende Imbalance zwischen erniedrigter cholinerger und relativ erhöhter
serotonerger Aktivität.
Die berichtete Prävalenz psychotischer Zustände variiert beträchtlich von 3,6%
(COTZIAS, 1969) bis zu 60% (SWEET, 1976). Diese unterschiedliche Häufigkeit in den
einzelnen Mitteilungen beruht auf unterschiedlich langen Beobachtungszeiten,
Bewertungskriterien
und
auch
auf
unterschiedlichen
Patientenkollektiven
und
Therapien (siehe auch Tab.1).
8
Tab. 1 Häufigkeit psychotischer Symptome bei Parkinsonkranken seit Einführung von L- Dopa nach den
Angaben in der Literatur
Autor :
Prozent
Insg. Pat.
COTZIAS et al. (1969)
3.6%
38
YAHR et al. (1969)
3.6%
60
BARBEAU (1969)
16.2%
80
CELESIA und BARR (1970)
17.7%
45
JENKINS und GROH (1970)
7.8%
90
GOODWIN (1971)
15.8%
908
SWEET et al. (1976)
60%
100
MOSKOVITZ et al. (1978)
48.8%
88
SHAW et al. (1980)
9%
178
SMET DE Y. et al. (1982)
30.6%
75
TANNER et al. (1983)
33.2%
775
PEDERZOLI et al. (1983)
12.1%
190
SCHNEIDER et al. (1984)
27.6%
152
NAUSIEDA et al. (1984)
44%
100
RONDOT et al. (1984)
35.25%
400
RANSMAYR (1986)
43.18%
44
GLANTZ et al. (1986)
34.6%
26
MECO et al. (1990)
8.9%
304
FRIEDMAN et al. (1991)
22.2%
198
NAIMARK et al. (1996)
35.6%
101
SANCHEZ-RAMOS et al.(1996)
25.2%
214
KLEIN et al. (1997)
33.3%
87
INZELBERG et al. (1998)
37.2%
121
AARSLAND et al. (1999)
15.7%
235
FÉNELON et al. (2000)
27%
178
Summe:
23.77%
4787
9
1.3.
DELIR ODER PSYCHOSE?
Exogene Psychosen wurden nach der Einführung der L- Dopa Therapie häufiger
beobachtet. Die Tatsache, dass solche Erscheinungen aber bereits vor der Einführung
einer Pharmakotherapie des M. Parkinson (PARANT, 1883; BALL, 1882; COMPIN, 1902;
REGIS, 1906; KÖNIG, 1913) überhaupt und auch als Folge der Gabe von
Belladonnapräparaten und synthetischen Anticholinergika gesehen wurden, lässt die
Vermutung zu, die während der L-Dopa Therapie auftretenden Psychosen nicht nur
als reine „Dopa–Psychosen“ aufzufassen. Das Auftreten der
psychotischen
Symptomatik bei unbehandelten Patienten wird nicht erklärt und außerdem bleibt die
Tatsache der unterschiedlichen Empfindlichkeit einzelner Patienten unberücksichtigt.
Hierbei sei nur angemerkt, dass oral verabreichtes L-Dopa beim Gesunden nicht zu
psychotischen Erscheinungen führt (ANSEL, 1970; RÜTHER, 1978; BIRKMAYER, 1975).
Anticholinergika und intravenös verabreichtes L- Dopa (MATUSSEK, 1966; BENTE,
1966) aber sehr wohl dazu geeignet sind.
Auch andere, anticholinerg wirksame Medikamente – die durch Kombinations- und
Kummulationseffekte in ihrer Wirkung noch verstärkt sein können – können eine
entscheidende Rolle beim Auftreten von psychotischen Zuständen spielen (SPERLING
1995). Andere Substanzen besitzen ebenfalls eine mögliche delirogene Wirkung, so
dass ein Teil der Psychosen auch differenzialdiagnostisch als eine medikamentös
induzierte psychotische Funktionsstörung (Delir) einzustufen sein könnten (CARTER,
1996; MOORE, 1999; PEYSER, 1998).
Die Konzentration der Diskussion auf die pharmakologischen Ursachen für die
Auslösung der exogenen Psychose könnte aber ebenfalls eine nicht sachgemäße
Einengung der Problematik darstellen. Hieraus ergibt sich eine Unsicherheit, die sich
im
Benutzen
von
vagen
Ausdrücken
für
psychotische
Zustände
bei
Parkinsonpatienten in der Literatur widerspiegelt. So werden diese häufig als „L-Dopa
Psychosen“, „dopaminerge Psychosen“ oder „Parkinsonkrankheitpsychosen“ trotz des
Wissens bezeichnet, dass diese Halluzinationen und Verwirrtheitszustände bei den
Patienten nicht nur aufgrund der parkinsonbedingten Hirnveränderungen sondern
auch im Rahmen von Delirien oder anderen psychischen Erkrankungen bedingt sein
können (PEYSER,1998; HOLROYD 2001).
10
PEYSER et al. (1998) fanden klare und treffende Bezeichnungen der psychotischen
Syndrome, welche bei Parkinsonpatienten auftreten können:
a)
Halluzinationen mit erhaltenem Verständnis
b)
Medikamentös
induzierte
psychotische
Funktionsstörung
(bei
klarem
-ähnliche
psychotische
Funktionsstörung
(bei
klarem
Bewusstsein)
c)
Delirium
d)
Schizophrenie
Bewusstsein und ohne medikamentöse Behandlung)
e)
Schizophrenie mit anschließender Entwicklung eines M. Parkinson.
Nach dem Konzept eines Delirs in der ICD-10 (ICD-10 Mental and Behavioral
Disorders, 1993) werden mit dem Terminus „Delir“ alle akuten psychotischen
Störungen bezeichnet, die charakterisiert sind durch eine gleichzeitig bestehende
Störung des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des
Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des SchlafWach-Rhythmus. Das Delir kann in jedem Alter auftreten, ist jedoch am häufigsten
jenseits des 60. Lebensjahrs. Das delirante Zustandsbild ist vorübergehend und von
wechselnder Intensität; in den meisten Fällen bildet es sich innerhalb von vier Wochen
oder kürzerer Zeit zurück. Es kann unterschiedliche Ursachen haben, so wird
unterschieden zwischen einem Delirium aufgrund:
a)
einer körperlichen Erkrankung (z.B. chronische Lebererkrankung, Karzinom,
bakterielle Endokarditis),
b)
eines
substanzinduzierten
Delirs
(einschließlich
einer
Medikamenten-
Nebenwirkung)
c)
und eines Deliriums wegen verschiedener Ursachen.
Als Risikofaktor für die Entstehung von Delirien sind in erster Linie hervorzuheben
zunehmendes Alter, Multimorbidität und zerebrale Schädigung - wie diese bei einer
Demenz oder erworben, etwa nach Traumen oder langem Abusus psychotroper
Substanzen -vornehmlich Alkohol- vorkommen kann (ERKINJUNTTI T., 1986; FOLSTEIN
M., 1991).
11
So kann man z.B. - bei methodisch gut angelegten Studien – auch bei internistisch
behandelten
Patienten
von
einer
Prävalenz
von
15%
(bzw.
steigend
bei
zunehmendem Alter) Delirien ausgehen (ERKINJUNTTI T., 1986).
12
1.4.
FRAGESTELLUNG DIESER ARBEIT
Ziel der Doktorarbeit ist, prädisponierende Faktoren für das Auftreten von Psychosen
bei Parkinson Patienten retrospektiv zu ermitteln.
13
2.
PATIENTEN UND METHODE
2.1.1. UNTERSUCHUNGSGUT UND METHODIK
Die Untersuchung wurde als retrospektive Studie mit Datenmaterial aus der
Neurologischen Universitätsklinik des St. Josef Hospital, Bochum durchgeführt. Erfasst
wurden 228 Patienten, die sich dort zwischen 1997 und 2001 zur stationären
Behandlung eines Parkinsonsyndroms befanden und bereits medikamentös behandelt
wurden.
Als
Ausschlusskriterium
Erkrankungen:
galten
Endogene
folgende
(wahnhafte)
vorausgehende
Depressionen,
oder
begleitende
Schizophrenien,
Morbus
Alzheimer und der Verdacht auf eine andere Form als eine idiopathische
Parkinsonerkrankung (Lewy Body Demenz, medikamentöses Parkinsonsyndrom).
Die Gruppe Parkinsonpatienten mit passagerer Psychose setzte sich aus 114
Patienten
zusammen.
Diesen
geschlechtsentsprechende
wurde
Population
von
dann
114
eine
zweite
Patienten
alters-
ohne
und
psychotische
Störungen zugeordnet (Tab 2).
Tab. 2 Patienten (matched Pairs)
Altersgruppen
<55 55 bis 59 60 bis 64 65 bis 69 70 bis 74 75 bis 79 80 bis 84 >85 Gesamt
keine
Psychose
3
9
9
13
16
7
2
2
61
3
9
9
13
16
7
2
2
61
0
2
8
9
20
9
5
0
53
0
2
8
9
20
9
5
0
53
Männer
passagere
Psychose
keine
Psychose
Frauen
passagere
Psychose
14
Aus den Krankenakten der Patienten wurden die klinischen Basisdaten Alter,
Geschlecht, Krankheitsdauer, Aufenthaltsdauer, Therapiedauer mit L-Dopa, Art der
zusätzlichen medikamentösen Antiparkinsontherapie und sonstige medikamentöse
Therapie sowie die verschiedenen Dominanztypen (BARBEAU, 1973) ausgewertet.
Bei den Patienten ohne Halluzinationen und bei denen, welche vor dem stationären
Aufenthalt unter einer passageren Psychose litten, wurde die jeweilige Medikation zum
Aufnahmezeitpunkt, bei den anderen Patienten kurz vor Auftreten der passageren
Psychose erfasst.
Zur Beurteilung möglicher Risikofaktoren wurden neben dem psychopathologischen
Befund aus der Anamnese und der Verlaufsbeschreibungen der Ärzte und des
Pflegepersonals, der MMST (FOLSTEIN, 1975), psychopathologische Testungen, der
BDI (HAUTZINGER, 1994), der EEG Befund, die bildgebende Diagnostik (craniales CT
und NMR) die allgemeine Krankheitsschwere (HOEHN und YAHR, 1967) und weitere
anamnestisch erhobene mögliche Einflussgrößen (Schlafstörungen, lebhafte Träume,
motorische Fluktuationen) ausgewertet.
Bei möglichen passageren Psychosen wurden unterschieden zwischen:
1. keine Psychose
2. lebhafte Träume
3. optische oder akustische Halluzination ohne Verwirrtheitszustand
4. optische oder akustische Halluzination mit Verwirrtheitszustand
5. reiner Verwirrtheitszustand
Tab. 3 Psychosestadien des Patientenkollektivs
keine Psychose
passagere Psychose
keine passagere Psychose
86
75%
-
-
lebhafte Träume
28
25%
-
-
Halluzinationen ohne Verwirrtheit
-
-
40
35%
Halluzinationen mit Verwirrtheit
-
-
57
50%
Verwirrtheit
-
-
17
15%
Gesamt
114
100%
114
100%
15
Auch wurde unterschieden ob die passagere Psychose:
1. vor
2. während
3. vor und während des stationären Aufenthaltes auftraten.
Tab. 4 Auftreten der passageren Psychosen im Patientenkollektiv
keine Psychose
passagere Psychose
keine passagere Psychose
114
100%
-
-
vorher passagere Psychose
-
-
41
36%
während der Behandlung passagere Psychose
-
-
22
20%
-
-
51
44%
114
100%
114
100%
während und vor der Behandlung passagere
Psychose
Gesamt
16
2.1.2. Klinische Verfahren
Zur Beurteilung der Krankheitsschwere wurde die „Stadieneinteilung nach HOEHN und
YAHR“ (HOEHN und YAHR, 1967) anhand des vorliegenden klinischen neurologischen
Untersuchungsbefundes vorgenommen.
Tab. 5 Stadieneinteilung des Patientenkollektivs nach Hoehn und Yahr
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
H&Y<=1.5
13
11%
2
12%
15
7%
H&Y<=2.5
35
31%
20
17%
55
24%
H&Y<=3.5
56
50%
50
44%
106
46%
H&Y>=4
10
8%
42
37%
52
23%
Gesamt
114
100%
114
100%
228
100%
Aus den Unterlagen wurde aufgrund der Anamnese und der Verlaufsbeobachtung der
Ärzte und des Pflegepersonals bei allen Patienten zum einen der Grad des
dementiellen Prozesses bestimmt und zum anderen das Vorliegen einer möglichen
Depression beurteilt.
Eingeteilt wurde zwischen:
1.
keiner Demenz,
2.
einer leichten Demenz bei intakter Orientierung aber mnestischen /
kognitiven Defiziten und
3.
einer schweren Demenz bei fehlender bzw. stark eingeschränkter
Orientierung und mnestischen / kognitiven Defiziten.
Tab. 6 Demenzeinteilung des Patientenkollektivs nach dem psychopathologischen Befund
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
keine Demenz
81
71%
38
33%
119
52%
leichte Demenz
29
25%
45
40%
74
33%
schwere Demenz
4
4%
31
27%
35
15%
Gesamt
114
100%
114
100%
228
100%
17
Die Depression wurde eingeteilt in:
1
keine Depression
2
subdepressiv und
3
depressiv
Tab. 7 Depressionseinteilung des Patientenkollektivs nach dem psychopathologischen Befund
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
keine Depression
65
57%
51
45%
116
51%
Subdepressiv
34
30%
39
34%
73
32%
Depressiv
15
13%
24
21%
39
17%
Gesamt
114
100%
114
100%
228
100%
18
2.1.3. NEUROPSYCHOLOGISCHE TESTVERFAHREN
Zur Beurteilung des Schweregrades der Dementiellen Entwicklung wurde neben dem
o. g. Befund der MMST - wenn vorhanden- mit herangezogen. Der MMST ist ein weit
verbreitertes Instrument und wird zur Beurteilung des Schweregrades von dementiellen
Erkrankungen eingesetzt. In 11 Fragen bzw. Aufgaben werden Orientierung,
Merkfähigkeit,
Aufmerksamkeit,
Rechenfähigkeit,
Erinnerungsfähigkeit
bzw.
Gedächtnis, Lesen, schreiben und visuo-konstruktive Fähigkeiten überprüft. Der MMST
umfasst einen Wertebereich von 0 bis 30, wobei 0 einer sehr schweren kognitiven
Störung entspricht und 30 der maximal erreichbare Score bei einer fehlerfreien
Beantwortung ist. Als Demenz wird im MMST ab einem Score unter 27 Punkte
gewertet. Daneben konnte noch teilweise auf eine umfangreiche neuropsychologische
Testung (Uhren-Test, AAT-Untertest, WFL, ZN, WMS-LM, Stern) zurückgegriffen
werden. In der neuropsychologischen Testung wurden durch die unterschiedlichen
Testungen genauere Demenzabstufungen von leichter über mittlerer bis zur schweren
Demenz vorgenommen.
Tab. 8 Schweregrad der Demenz nach MMST
MMST
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
keine Demenz (30-25)
13
59%
9
38%
22
43%
leichte Demenz (24-21)
8
36%
9
31%
17
33%
mittelschwere Demenz (20-11)
0
0%
9
31%
9
18%
schwere Demenz(10-0)
1
5%
2
7%
3
6%
Gesamt
22
100%
29
100%
51
100%
Tab. 9 Schweregrad der Demenz nach weiterführender neuropsychologischer Testung
Neuropsychologische Testung
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
keine Demenz
6
29%
3
12%
9
19%
leichte Demenz
10
48%
5
19%
15
32%
mittelschwere Demenz
4
19%
13
50%
17
36%
schwere Demenz
1
5%
5
19%
6
13%
Gesamt
21
100%
26
100%
47
100%
19
Beide Testverfahren wurden zusammengefasst und ausgewertet. Für den Fall, dass
beide Testverfahren durchgeführt wurden und abweichende Ergebnisse bestanden,
wurde - was viermal der Fall war – das Ergebnis der neuropsychologischen Testung
gewertet. In allen vier Fällen wurde im MMST eine Punktzahl von über 26 Punkten und
in der neuropsychologischen Testung eine leichte Demenz diagnostiziert. Das
Kriterium „Demenz“ wurde ab dem Vorliegen einer leichten Demenz gewertet.
Tab. 10 Testung auf Demenz (neuropsychologische Testung u MMST)
Keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
Keine Demenz
16
43%
11
23%
27
32%
Demenz
21
57%
36
77%
57
68%
Gesamt
37
100%
47
100%
84
100%
Das Beck-Depressionsinventar (BDI) wurde ebenfalls aus den Unterlagen entnommen.
Da jedoch nur 13 untersuchte Patienten vorlagen, wurden die Daten für die
Fragestellung der Doktorarbeit im Ergebnissteil und der Diskussion nicht verwendet.
Zur Vollständigkeit halber sei auf die Tabelle 11 verwiesen. Das BDI ist ein
Selbstbeurteilungsinstrument für 21 Items. Auf einer vierstufigen Skala (0-3) wird die
Intensität des Auftretens eingetragen, so dass Summenwerte zwischen 0 (keine
depressive Verstimmung) und 63 Punkten (ausgeprägte Depression) möglich sind.
BDI- Summenwerte über 18 Punkte wurden als klinisch relevante, depressive
Beschwerden angesehen (HAUTZINGER, 1994).
Tab. 11 Depressivität im BDI
BDI
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
Keine Depression (BDI<=18)
4
80%
7
88%
11
85%
Depression (BDI >18)
1
20%
1
13%
2
15%
Gesamt
5
100%
8
100%
13
100%
20
2.1.4. CRANIALE COMPUTER/- KERNSPINTOMOGRAPHIE
Anhand
der
vorliegenden
Befundungen
wurden
an
Schädigungsarten
SAE,
Hirnatrophie, Lakunen und Hydrocephalus erfasst. Zur Datenkomprimierung wurden
diese Ergebnisse zur sog. morphologischen Hirnschädigung addiert (Tab. 13). Es
ergaben sich dadurch vier Einteilungen von keine bis zu drei von vier möglichen Arten
der Hirnschädigung. So hatte z.B. die letzte Gruppe, welche aus elf Patienten bestand,
drei von vier Schädigungsarten (Lakunen, Hydrocephalus, Hirnatrophie oder eine
SAE). Hierbei wurde allerdings weder die Qualität noch die Lokalisation der jeweiligen
Schädigung berücksichtigt.
Tab. 12 morphologische Hirnschädigungen
keine Psychose
Keine Untersuchung
passagere Psychose
Gesamt
46
40%
25
22%
71
31%
Untersuchung erfolgt
68
60%
89
78%
157
69%
Gesamt
114
100%
114
100%
224
100%
erfolgt
% d. Untersuchungen
% d. Untersuchungen
Lakunen
16
24%
15
17%
31
20%
Hydrocephalus
2
3%
4
4%
6
4%
Hirnatrophie
56
82%
62
70%
118
75%
SAE
11
16%
24
27%
35
22%
Tab. 13 morphologische Hirnschädigungen in Zusammenfassung
Morphologische
Hirnschädigung
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
Keine Hirnschädigung
10
15%
16
18%
26
17%
1 von 4 (s.o.)
38
56%
46
52%
84
54%
2 von 4 (s.o.)
14
21%
22
25%
36
23%
3 von 4 (s.o.)
6
9%
5
6%
11
7%
21
EEG UNTERSUCHUNGEN
Die bei 125 Patienten vorhandenen EEGs wurden entsprechend den Beurteilungen in
drei Schweregrade der Allgemeinveränderung unterteilt (ZSCHOCKE, 1995) (Tab. 14).
Da der Ableitezeitpunkt eine nicht unerhebliche Rolle spielt, wurde zudem noch in Tab.
14 a der Zeitpunkt des Auftretens der Psychose zusätzlich betrachtet, da damit auch
eine Untergruppe ausgewertet werden konnte, welche zum Ableitezeitpunkt frei von
psychotischen Symptomen war (keine Psychose und vorher Psychose).
Tab. 14 EEG Untersuchungen
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
Normalbefund
44
76%
27
40%
71
57%
leichte Allgemeinveränderung
12
21%
24
36%
36
29%
mittelschwere Allgemeinveränderung
2
3%
15
22%
17
14%
schwere Allgemeinveränderung
0
0%
1
1%
1
1%
Gesamt
58
100%
67
100%
125
100%
Tab. 14a EEG Untersuchung in Abhängigkeit vom Psychosezeitpunkt
keine Psychose
Normalbefund
leichte
Allgemeinveränderung
mittelschwere
Allgemeinveränderung
schwere
Allgemeinveränderung
Gesamt
vorher Psychose während Psychose
vorher und
während Psychose
44
76%
13
46%
7
54%
7
27%
12
21%
10
36%
4
31%
10
38%
2
3%
5
18%
2
15%
8
31%
0
0%
0
0%
0
0%
1
4%
58
100%
28
100%
13
100%
26
100%
22
2.1.6. MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNG
Aus der Tab. 15 werden die unterschiedlichen Dosierungen von L-Dopa ersichtlich.
Tab 15. L-Dopa Menge
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
kein L- Dopa
7
6%
3
3%
10
4%
50-475 mg L- Dopa
60
53%
52
46%
112
50%
>500 mg L- Dopa
47
42%
59
52%
106
47%
Die unterschiedliche Art und die Dosis der Dopaminagonisten ist den Tabellen 16 und
17
zu
entnehmen.
Die
Einteilung
der
Dosierungsstärke
des
jeweiligen
Dopaminagonisten wurde nach der tabellarischen Zusammenstellung von BRECHT
(1999) gewählt.
Die Patientenkollektive unterscheiden sich dadurch, dass in der Psychosegruppe
häufiger ein Dopaminagonist, insbesondere Pergolid und Bromocriptin, verordnet
wurde.
Tab. 16 Art des Dopaminagonisten bei Pat.
Keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
kein Dopaminagonist
57
50%
35
31%
92
ein oder zwei Dopaminagonisten
57
50%
79
69%
136
Bromocriptin
15
13%
32
28%
47
Cabergolin
2
2%
3
6%
5
A-DHEC
0
0%
1
1%
1
Lisurid
7
6%
5
4%
12
Pergolid
14
12%
26
23%
40
Pramipexol
8
7%
1
1%
9
Ropirinol
7
6%
7
6%
14
zwei Dopaagonisten
4
4%
4
4%
8
Gesamt
114
100%
114
100%
228
23
Tab. 17 Dosierung der Dopaminagonisten in Abhängigkeit vom Psychosezeitpunkt
vorher
keine Psychose
passagere
Psychose
kein Dopaminagonist
während und
vorher
passagere
Psychose
während
passagere
Gesamt
Psychose
57
50%
12
29%
16
31%
7
32%
92
40%
11
10%
10
24%
11
22%
3
14%
35
15%
37
32%
17
41%
21
41%
9
41%
84
37%
9
8%
2
5%
3
6%
3
14%
17
7%
114
100%
41
100%
51
100%
22
100%
228
100%
unterhalb des
therapeutischen
Bereichs
therapeutischer
Bereich
oberhalb d.
therapeutischen
Bereichs
Gesamt
Den Tabellen 18 und 19 sind die Art der sonstigen und die Menge aller verordneten
Parkinsonmedikamente zu entnehmen. Zu den sog. COMT Hemmern wurden
Tolcapon als auch Entacapon und zu den Anticholinergika wurden Biperiden,
Methixen, Trihexyphenidyl, Bornaprin und Rad. Belladonnae sicc. hinzugezählt.
Die beiden Patientenkollektive unterscheiden sich bezüglich der Budipin - und der
Anticholinergikamedikation. Auch fand sich ein Unterschied bei der Anzahl der
angeordneten Parkinsonmedikamente.
Tab. 18 Art der sonstigen Parkinsonmedikation
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
Amantadin/ Akatinol
28
25%
33
29%
61
Selegilin
25
22%
25
22%
50
Budipin
15
13%
24
21%
39
COMT Hemmer
14
12%
9
8%
23
Anticholinergika
6
5%
13
11%
19
Tab. 19 Anzahl der Parkinsonmedikamente
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
1-2 Parkinsonmedikamente
77
68%
56
49%
133
3 und mehr Parkinsonmedikamente
37
32%
58
51%
95
24
Um die Dosis der Parkinsonmedikation in beiden Gruppen zu vergleichen, wurde ein
sog. Dosisäquivalent gebildet. Dazu wurden zunächst die Dopaminagonisten gemäß
der Äquivalentdosis aus Tab. 20 umgerechnet.
Tab. 20 Äquivalenzdosis zu Bromocriptin
Wirkstoff
Äquivalentdosis zu Bromocriptin
Bromocriptin
1:1
Lisurid
1:10
Pergolid
1:12.5
Dihydro- -Ergocriptin
10:1
Cabergolin
4:1
Ropirinol
1:2.5
Pramipexol
1:12.5
Dann wurde die entsprechende Äquivalenzdosis von L- Dopa zu Bromocriptin (400 mg
Levodopa/Carbidopa = 10 mg Bromocriptin) addiert und letztendlich wurde auch noch
die Menge eines verordneten COMT Hemmers berücksichtigt (10% Erhöhung der LDopa Dosis je 800 mg COMT Hemmer).
Tab. 21 Dosisäquivalente
keine Psychose
Dosisäquivalent L-Dopa/
Dopaminagonist/ COMT Hemmer
passagere Psychose
N
MW
Min
Max
SD
N
MW
Min
Max
SD
114
22.7
0
112
22.1
114
28.4
0
98
22.5
25
Bei den sonstigen, sog. psychotropen Medikamenten, fanden sich Unterschiede
zwischen beiden Gruppen. Medikamente, die ein Delir auslösen können, wurden nach
der ROTEN LISTE (2001) und nach der Aufstellung von W ETTERLING (1994) ausgewählt.
Tab. 22 psychotrope Medikamente
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
delirogene Neuroleptika
4
4%
9
8%
13
delirogene Antidepressiva
10
9%
20
18%
30
59
52%
66
58%
125
66
57%
78
68%
144
sonstige delirogene Medikamente
(Beta Blocker, ACE Hemmer,
Diuretika etc.)
insgesamt Pat. mit delirogener
Medikation (ohne
Parkinsonmedikation)
Auch bei der Anzahl zusätzlich zur bestehenden Parkinsonmedikation verordneter
Medikamente konnte ein Unterschied bei den Patientenkollektiven festgestellt werden.
So wurden in der Psychosegruppe bei 40% der Patienten mehr als drei Medikamente
verordnet, bei der Kontrollgruppe dagegen nur bei 30% der Patienten mehr als drei
Medikamente.
Tab. 23 Medikamentenmenge - Nicht Parkinson Medikationen
keine Psychose
passagere Psychose
Gesamt
keine weiteren Medikamente
13
11%
14
12%
27
1-3 zusätzliche Medikamente
67
59%
55
48%
121
4-6 zus. Medikamente
26
23%
35
31%
65
7 und mehr zus. Medikamente
8
7%
10
9%
15
Gesamt
114
100%
114
100%
228
26
2.2.
ZUSAMMENFASSENDE BESCHREIBUNG DES PATIENTENKOLLEKTIVS
In die Studie aufgenommen wurden 228 Patienten (61 männliche Parkinsonpatienten
mit und 61 ohne Psychosen, 53 weibliche Parkinsonpatienten ohne und 53 mit
Psychose), die durchschnittlich 69.56 Jahre (SD 7.5) alt waren. Unterschiede zwischen
beiden Gruppen fanden sich im Manifestationsalter, in der Dauer der Erkrankung und
des Aufenthaltes, im Ergebnis des MMST und der neuropsychiatrischen Testung, im
EEG und im H&Y Befund und im Vorhandensein von lebhaften Träumen bzw.
Schlafstörungen. Hervorzuheben ist, dass die L-Dopa Dosis bei den Patienten mit
Psychose durchschnittlich bei 500 mg (SD 260 mg) und bei Patienten ohne Psychose
bei 427 mg (SD 241mg) lag und Patienten mit Psychose eine kürzere Behandlungszeit
von im Schnitt 2 Jahren aufwiesen. Die vollständigen Daten sind den Tab. 24 und Tab.
25 zu entnehmen.
Tab. 24 Beschreibung des Patientenkollektives
Keine Psychose
passagere Psychose
N
%
SD
N
%
SD
Demenz-Testung gesamt positiv
37
57%
0.5
47
80%
0.43
lebhafte Träume
114
25%
0.4
107
68%
0.47
Schlafstörung
114
46%
0.5
114
72%
0.45
motorische Fluktuationen
114
25%
0.44
114
39%
0.49
27
Tab. 25 Beschreibung des Patientenkollektives
Keine Psychose
SD
N
MW
Min
Max
SD
53.25 88.44
7.4
114
69.55
50.7
88.2
7.7
31.93 82.98
9.2
114
60.4
26.4
86.7
10.3
30
5.8
114
9.1
0
30
6.3
1
47
8.7
114
21.1
6
58
9.63
6.5
0
30
5.8
114
8.5
0
29
6.2
114
0.7
0
17
2.2
114
0.7
0
10
1.6
114
427.2
0
1100
241.1
114
501.7
0
1400
259.3
114
22.7
0
112
22.1
114
28.4
0
98
22.5
114
2.31
1
6
1.1
114
2.7
1
5
0.9
114
2.9
0
11
2.35
114
3.0
0
13
2.27
114
3.27
1
7
1.42
114
3.8
1
9
1.45
21
26.95
22
30
2.2
29
21.6
5
30
6.51
21
1.0
0
3
0.8
26
1.8
0
3
0.91
68
1.24
0
3
0.8
89
1.2
0
3
0.79
EEG Veränderungen (0-3)
58
0.28
0
2
0.5
67
0.85
0
3
0.82
H&Y Score(1-5)
114
2.64
1
5
0.8
114
3.25
1
5
0.76
Alter (in Jahre)
Manifestationsalter
Parkinson (in Jahre)
N
MW
Min
114
69.6
114
62.4
114
7.1
0.5
114
16.69
114
Max
passagere Psychose
Dauer der
Parkinsonerkrankung
(in Jahre)
Aufenthalt (in Tage)
Dauer der L- Dopa Therapie
(in Jahre)
Dauer bis Beginn der
Therapie (in Jahre)
L- Dopa Dosis bei
Psychose/ Erfassung
(in mg)
Dosisäquivalent (in
Bromocriptin)
L- Dopa/ Dopaminagonisten
/ COMT Hemmer (in mg)
Parkinsonmedikamente
(in Anzahl)
Medikamentenmenge
(in Anzahl)
psychotrope Medikamente
(in Anzahl)
MMST Score (0-30)
neuropsychologische
Testergebnis
(0-3)
morphologische
Hirnschädigung (0-4)
28
2.3.
Die
STATISTISCHE METHODEN
statistische
Prüfung
der
Ergebnisse
erfolgte
beim
Vorliegen
von
Binomialverteilungen mit Hilfe des „Chi- Quadrat Tests nach Pearson“; einem
Vierfeldertest für zwei unabhängige Stichproben da die Fallzahlen (n1 n2 6)
ausreichend hoch waren. Daneben wurden sog. Odds Ratio - als Ausdruck für das
jeweilige Chancenverhältnis – betrachtet; dazu wurde dann entsprechend das 95%
Konfidenzintervall gebildet.
Für komplexere Analysen wurde eine multivariante logistische Regression verwandt.
Die Multivarianzanalyse wurde so angelegt, dass durch eine schrittweise logistische
Regression alle Kovarianten ermittelt wurden, welche eine statistische Signifikanz
zeigten (p<0.05).
Alle Berechnungen erfolgten mit den Programmen Excel XP® und SPSS® 10.0.
29
3.
ERGEBNISSE
3.1.
NICHTMEDIKAMENTÖSE FAKTOREN
3.1.1. DEMOGRAPHISCHE GRÖßEN
Durch die Bildung von Matched Pairs (Alters und Geschlechtskorreliert) konnte keine
Aussage bezüglich des Alters und Geschlechts und des Risikos des Auftretens von
psychotischen Zuständen gemacht werden. Wie bereits in Tab.25 ersichtlich ist,
unterschieden sich die beiden Patientenkollektive (passagere Psychose/ keine
Psychose) in der Krankheitsdauer. So waren die Patienten mit einer psychotischen
Episode durchschnittlich zwei Jahre länger an der Parkinsonkrankheit erkrankt. Somit
konnte im Vergleich ein erhöhtes Risiko bei längerer Krankheitsdauer gefunden
werden (Tab. 26).
Tab. 26 Erkrankungsdauer und Auftreten von psychotischen Zuständen
N passagere
Faktor
Psychose / N keine
Sig.
Psychose
Erkrankungsdauer
Odds ratio
95% Konfidenzintervall
( = exp( ))
untere
obere
114/114
0.016
1.058
1.011
1.108
=<5 Jahre
36/58
-
1.0
-
-
5-10 Jahre
41/36
0.052
1.835
0.996
3.380
>10 Jahre
37/20
0.002
2.980
1.503
5.911
(pro Jahr)
30
25
20
keine Psychose
15
Psychose
10
5
0
0-5 Jahre 5-10 Jahre >10 Jahre
Abb. 1 Prävalenz (%) von passageren Psychosen im Vergleich zur Krankheitsdauer
30
3.1.2. DEMENZ
Wie bereits aus den vorangegangenen Tabellen ersichtlich (Tab. 6, Tab. 8, Tab. 9,
Tab. 10, Tab. 24, Tab. 25) ist beim Vorliegen des Faktors Demenz ein erhöhtes Risiko
für das Auftreten eines psychotischen Zustandes zu erwarten. Sowohl der
psychopathologische Befund, als auch die zusammengefasste Testung (MMST,
neuropsychologische Untersuchung) zeigten ein erhöhtes Odds Ratio für das Auftreten
einer Psychose bei zunehmender Demenz (Tab.27, Tab. 28). Zum Vergleich mit
verschiedenen Studien - auf die in der Diskussion näher eingegangen wird - wurde
auch noch als Demenzkriterium ein MMST < 24 untersucht.
Tab. 27 Demenz
95%
Faktor
N passagere Psychose
/ N keine Psychose
Sig.
Odds ratio
( = exp( ))
Konfidenzintervall
untere
obere
Demenz Testung (MMST u.
testpsychologische Tests)
36/21
0.053
2.5
1.0
6.4
15/2
0.016
10.2
2.0
52.0
(47/37)
Demenz (Kriterium
MMST<24)
(29/21)
Bei der Unterscheidung des psychopathologischen Befundes in leichter und schwerer
Demenz konnte ein deutlicher Zusammenhang zwischen zunehmender Demenz und
dem Auftreten eines psychotischen Zustandes festgestellt werden, der sich durch ein
steigendes Chancenverhältnis (Odds Ratio) zeigt (Tab. 28).
Tab. 28 Schweregrad der Demenz und Risiko (psychopathologisch)
Faktor
Demenz
N passagere Psychose
/ N keine Psychose
Odds ratio
95% Konfidenzintervall
Sig.
( = exp( ))
untere
obere
(76/33)
0.000
4.9
2.8
8.6
Keine Demenz
38/8
-
1.0
-
-
Leichte Demenz
45/29
0.000
3.3
1.8
6.1
schwere Demenz
31/4
0.000
16.5
5.4
50.0
psychopathologisch
31
3.1.3. DEPRESSION
Eine
möglicherweise
vorliegende
depressive
Symptomatik
wurde
durch
die
Auswertung der Krankenakten (psychopathologischer Befund und Verlaufsbericht)
festgelegt. Beim Vorliegen einer Depression zeigte sich ein erhöhtes Risiko für das
Auftreten eines psychotischen Zustandes (Tab. 29). Auch hier konnte bei der
Unterscheidung des Schweregrades der Depression eine leichte Zunahme des Risikos
festgestellt werden.
Tab. 29 Depression psychopathologisch
Faktor
Depression
N passagere Psychose
/ N keine Psychose
Sig.
Odds ratio
( = exp( ))
95% Konfidenzintervall
untere
obere
63/49
0.042
1.6
0.971
2.765
keine Depression
51/65
-
1
-
-
subdepressiv
39/34
0.206
1.5
0.812
2.632
depressiv
24/15
0.060
2.0
0.971
4.283
psychopathologisch
32
3.1.4. SCHWEREGRAD DER MOTORISCHEN BEEINTRÄCHTIGUNG (HOEHN UND YAHR)
Zur Beurteilung der Krankheitsschwere wurde bei allen Patienten die Stadieneinteilung
nach Hoehn und Yahr durchgeführt (siehe Tab 7). Es zeigte sich ein signifikant
erhöhtes Risiko bei höherem Hoehn und Yahr Score (Tab. 30).
Tab. 30 Schweregrad der motorischen Beeinträchtigung (Hoehn & Yahr)
N passagere Psychose /
Faktor
N keine Psychose
Sig.
Odds ratio
( = exp( ))
95% Konfidenzintervall
untere
obere
Hoehn und Yahr ges.
114/114
0.000
2.705
1.850
3.956
H&Y <=1.5
2/13
-
1.0
-
-
H&Y <=2.5
20/35
0.105
3.7
0.760
18.132
H&Y <=3.5
50/56
0.025
5.8
1.248
26.947
H&Y >=4.0
42/10
0.000
27.3
5.289
140.639
3.1.5. MOTORISCHE FLUKTUATIONEN
Alle Patienten wurden aufgrund der Verlaufsbeobachtung, der Anamnese und den
durchgeführten
Tests
auf
das
Vorhandensein
von
möglichen
motorischen
Fluktuationen untersucht (siehe auch Tab. 24, Tab. 31). Bei Parkinsonpatienten mit
motorischen Fluktuationen konnte ein signifikant erhöhtes Risiko für das Auftreten von
passageren Psychosen festgestellt werden.
Tab. 31 motorische Fluktuationen
95% Konfidenzintervall
Faktor
motorische Fluktuationen
N passagere Psychose
/ N keine Psychose
45/29
Sig.
0.017
Odds ratio
( = exp( ))
1.9
untere
obere
1.087
3.362
33
3.1.6. SCHLAFSTÖRUNGEN
Ebenfalls wurden bei allen Patienten mittels Verlaufsbeobachtung und Anamnese
mögliche Schlafstörungen erfasst und ausgewertet (siehe auch Tab. 24). Hierbei ergab
sich ebenfalls ein signifikant erhöhtes Risiko für das Auftreten von passageren
Psychosen (Tab. 32).
Tab. 32 Schlafstörungen
95% Konfidenzintervall
Faktor
N passagere Psychose
/ N keine Psychose
Schlafstörungen
82/52
Sig.
0.000
Odds ratio
= exp( ))
untere
obere
1.762
5.297
3.1
3.1.7. LEBHAFTE TRÄUME
Anhand der Anamnesebögen konnte auch das Kriterium möglicher lebhafter Träume
untersucht werden. Es zeigte sich ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer
passageren Psychose bei Vorhandensein dieses Kriteriums (Tab 33).
Tab. 33 lebhafte Träume
95% Konfidenzintervall
Faktor
lebhafte Träume
N passagere Psychose
/ N keine Psychose
73/28
Sig.
0.000
Odds ratio
= exp( ))
6.6
untere
obere
3.657
11.890
34
3.1.8. BILDMORPHOLOGISCHE HIRNSCHÄDIGUNG (CRANIALES CT UND NMR)
Bei 157 von den 228 Patienten wurden eine Bildgebung der Gehirns (CCT oder NMR)
durchgeführt (siehe Tab. 12, Tab. 13, Tab. 25).
Es konnte weder bei den Faktoren Lakunen, Hydrocephalus oder Hirnatrophie noch in
der Summe der Hirnschädigungsarten eine signifikante Risikoerhöhung für das
Auftreten einer psychotischen Episode festgestellt werden. Beim Vorliegen des Faktors
Hirnatrophie konnte sogar ein erniedrigtes Risiko (Odds Ratio 0.5) für das Auftreten
einer psychotischen Episode gefunden werden. (Tab.34 und Tab 35). Nur für den
Faktor SAE konnte - zumindest tendenziell - ein Zusammenhang zum Auftreten von
psychotischen Symptomen gefunden werden.
Tab. 34 Bildmorphologische cerebrale Schäden
N Untersuchungen
N passagere
passagere Psychose/ N
Psychose / N
Unters. keine Psychose
keine Psychose
Lakunen
89/68
15/16
Hydrocephalus
89/68
Hirnatrophie
SAE
Faktor
Sig.
Odds ratio
95%
(=
Konfidenzintervall
exp( ))
Untere
obere
0.200
0.7
0.299
1.450
4/2
0.475
1.6
0.276
8.738
89/68
62/56
0.050
0.5
0.228
1.063
89/68
24/11
0.077
1.9
0.862
4.247
Tab. 35 Bildmorphologische Schäden zusammengefasst
Faktor
Bildmorphologische Schäden
Keine
Hirnschädigung
Eine von vier
Schädigungsarten
Zwei von vier
Schädigungsarten
Drei von vier
Schädigungsarten
N Untersuchungen
N passagere
passagere Psychose/ N
Psychose / N
Unters. keine Psychose
keine Psychose
89/68
89/68
89/68
Sig.
Odds ratio
95%
(=
Konfidenzintervall
exp( ))
untere
obere
0.665
0.916
0.616
1.36
25/10
-
1.0
-
-
89/68
46/38
0.543
0.8
0.308
1.860
89/68
22/14
0.973
1.0
0.349
2.768
89/68
5/6
0.370
0.5
0.125
2.167
35
3.1.9. EEG VERÄNDERUNGEN
Bei 125 Patienten wurde während der stationären Behandlung ein EEG durchgeführt
(Tab. 14 u. Tab. 25). Hierbei konnte eine statistisch signifikante Risikoerhöhung bei
EEG Veränderungen im Sinne einer Allgemeinveränderung festgestellt werden (Tab.
36). In einem Fall (bei einem Patienten mit Psychose) wurde eine schwere
Allgemeinveränderung registriert, deshalb wurde die mittelschwere und schwere
Allgemeinveränderung in eine Gruppe zusammengefasst. Erwähnt werden muss hier
allerdings, dass nicht bei allen Probanden eine EEG Untersuchung (67/58 und nicht
114/114) vorlag.
Tab. 36 EEG Veränderungen
Faktor
EEG Ergebnis
keine EEG
Veränderung
leichte Allgemeinveränderung
N Untersuchungen
passagere
Psychose/ N Unters.
keine Psychose
N passagere
Psychose / N
keine Psychose
Sig.
67/58
67/58
0.000
67/58
27/44
67/58
67/58
Odds ratio
(=
exp( ))
95%
Konfidenzintervall
untere
obere
3.453
1.879
6.346
-
1
-
-
24/12
0.006
3.3
1.404
7.568
16/2
0.001
13.0
2.774
60.929
mittelschwere bis
schwere
Allgemeinveränderung
Tab. 36a EEG Veränderungen bei Pat. die vor der stationären Behandlung eine Psychose entwickelten
(zum Ableitezeitpunkt psychosefrei)
Faktor
EEG Ergebnis
keine EEG
Veränderung
leichte Allgemeinveränderung
N Untersuchungen
vorher passagere
Psychose/ N Unters.
keine Psychose
N vorher
passagere
Psychose / N
keine Psychose
Sig.
28/58
67/58
0.005
28/58
13/44
28/58
28/58
Odds ratio
(=
exp( ))
95%
Konfidenzintervall
untere
obere
2.874
1.379
5.99
-
1
-
-
10/12
0.051
2.820
0.994
8.001
5/2
0.017
8.461
1.466
48.822
mittelschwere bis
schwere
Allgemeinveränderung
36
3.2.
MEDIKAMENTÖSE FAKTOREN
Untersucht wurden neben den Parkinsonmedikamenten (L-Dopa, Dopaminagonisten
und weitere Substanzen) auch sonstige, psychotrope Medikamente als mögliche sog.
beschleunigende Faktoren für das Auftreten psychotischer Episoden.
3.2.1.
L-DOPA
Wie bereits anhand der Tabelle 15 zu erwarten, zeigte sich ein positiver
Zusammenhang zwischen L-Dopa Dosis und dem Auftreten einer psychotischen
Episode (Tab.37).
Tab. 37 L- Dopa
Faktor
N passagere Psychose
/ N keine Psychose
Sig.
Odds ratio
( = exp( ))
95% Konfidenzintervall
untere
obere
L-Dopa Menge in 100 mg
114/114
0.027
1.128
1.013
1.256
kein L-Dopa
3/7
-
1.0
-
-
50-475 mg L-Dopa
52/60
0.325
2.021
0.497
8.217
>500 mg L-Dopa
59/47
0.271
2.928
0.718
11.940
37
3.2.2. DOPAMINAGONISTEN
3.2.2.1.
ART DES DOPAMINAGONISTEN
Bei den unterschiedlichen Dopaminagonisten konnte aufgrund der zu geringen Anzahl
an behandelten Patienten keine signifikante Aussage getroffen werden. Lediglich für
Bromocriptin und Pergolid kann tendenziell ein möglicher Zusammenhang zum
Auftreten einer psychotischen Episode festgestellt werden. Um mögliche Fehler durch
bereits vorgenommene Therapieumstellungen zu vermeiden, haben wir hier zusätzlich
den Zeitpunkt des Auftretens einer passageren Psychose berücksichtigt (siehe auch
Tab. 17, Tab. 38, Tab. 39). Allerdings konnte für den Faktor Dopaminagonist eine
statistisch signifikante Risikoerhöhung sowohl in Tab. 38 als auch in Tab. 39 für das
Auftreten einer passageren Psychose gefunden werden.
Tab. 38 Art der Dopaminagonisten
N (passagere
Faktor
Psychose/ keine
Sig.
Psychose)
Odds ratio
( = exp( ))
95% Konfidenzintervall
untere
obere
Dopaminagonist
114/114
0.003
2.257
1.313
3.87
kein Dopaminagonist
35/57
-
1.0
-
-
Bromocriptin
32/15
0.001
3.5
1.651
7.310
Cabergolin
3/2
0.341
2.4
0.389
15.351
A- DHEC
1/0
0.674
293.5
0.000
9.105*10
Lisurid
5/7
0.808
1.2
0.343
3.950
Pergolid
26/14
0.005
3.0
1.395
6.559
Pramipexol
1/8
0.141
0.2
0.024
1.698
Ropirinol
7/7
0.397
1.6
0.527
5.037
zwei Dopaminagonisten
4/4
0.509
1.6
0.383
6.932
13
38
Tab. 39 Art der Dopaminagonisten bei Patienten mit Ausbruch der passageren Psychose während der
Behandlung
N (passagere
Faktor
Psychose/ keine
Sig.
Psychose)
Odds ratio
( = exp( ))
95% Konfidenzintervall
untere
obere
Dopaminagonist
22/114
0.013
2.174
1.175
4.02
kein Dopaminagonist
7/57
-
1.0
-
-
Bromocriptin
4/15
0.262
2.171
0.561
8.408
Cabergolin
0/2
0.920
0.001
0.000
7.615*10
Lisurid
1/7
0.895
1.163
0.124
10.900
Pergolid
8/14
0.010
4.653
1.443
15.004
Pramipexol
0/8
0.840
0.001
0.000
0.7931*10
Ropirinol
0/7
0.850
0.001
0.000
9.320*10
zwei Dopaminagonisten
2/4
0.141
4.071
0.627
26.419
56
27
28
39
3.2.2.2.
DOSIERUNG DES DOPAMINAGONISTEN
Die Dosis des Dopaminagonisten scheint keinen großen Einfluss auf die Möglichkeit
des Auftretens einer psychotischen Episode zu haben, allerdings deutet einiges darauf
hin, dass bei der Betrachtung der Dosis des Dopaminagonisten der Zeitpunkt des
Auftretens
der
passageren
Psychose
wichtig
ist
um
mögliche
Störgrößen
auszuschließen (Tab. 40, Tab. 41).
Tab. 40 Dosierung der Dopaminagonisten
95%
N (passagere
Faktor
Psychose/ keine
Sig.
Psychose)
kein Dopaminagonist
unterhalb des
therapeutischen Bereichs
Therapeutischer Bereich
oberhalb d. therapeutischen
Bereichs
Odds ratio
( = exp( ))
Konfidenzintervall
untere
obere
35/57
-
1.0
-
-
24/11
0.003
3.6
1.551
8.134
47/37
0.018
2.1
1.133
3.778
8/9
0.486
1.4
0.511
4.101
Tab. 41 Dosierung der Dopaminagonisten bei Patienten mit Ausbruch der passageren Psychose während
der Behandlung
95%
N (passagere
Faktor
Psychose/ keine
Psychose)
Sig.
Odds ratio
( = exp( ))
(22/114)
kein Dopaminagonist
unterhalb des
therapeutischen Bereichs
Therapeutischer Bereich
oberhalb d. therapeutischen
Bereichs
Konfidenzintervall
untere
obere
7/57
-
1.0
3/11
0.297
2.221
0.496
9.939
9/37
0.211
1.981
0.679
5.780
3/9
0.199
2.714
0.591
12.464
40
3.2.3. SONSTIGE PARKINSONMEDIKAMENTE
Auch alle sonstigen Parkinsonmedikamente wurden erfasst und ausgewertet Tab. 42).
Hierbei konnte keine Signifikanz festgestellt werden. Allerdings deutete sich bei den
Anticholinergika und dem Budipin tendenziell eine Risikoerhöhung für das Auftreten
einer
passageren
Psychose
an,
welche
jedoch
nicht
das
vorgegebene
Signifikanzniveau von p=0.050 erreichte.
Tab. 42 sonstige Parkinsonmedikamente
N (passagere
Faktor
Psychose/ keine
Sig.
Psychose)
Odds ratio
( = exp( ))
95% Konfidenzintervall
untere
obere
Amantadin/ Akatinol
33/28
0.454
1.251
0.695
2.253
Selegelin
25/25
1.0
1.0
0.534
1.873
Budipin
24/15
0.113
1.760
0.869
3.564
COMT Hemmer
9/14
0.272
0.612
0.254
1.478
Anticholinergika
13/6
0.093
2.317
0.848
6.327
41
3.2.4. DOSISÄQUIVALENT
Wie durch den erhöhten Mittelwert des Dosisäquivalents bei Patienten mit einer
passageren Psychose (Tab. 21) anzunehmen war, konnte ein erhöhtes Chancen–
Verhältnis für das Auftreten einer passageren Psychose nachgewiesen werden,
welches annähernd statistische Signifikanz erreichte (Tab.43).
Tab. 43 Dosisäquivalent
95% Konfidenzintervall
N (passagere
Faktor
Psychose/ keine
Sig.
Psychose)
Dosisäquivalent L-Dopa/
Agonist/ COMT Hemmer
33/28
0.057
Odds ratio
( = exp( ))
1.012
untere
obere
1.000
1.02
3.2.5. ANZAHL DER PARKINSONMEDIKAMENTE
Bei der Anzahl der verordneten Parkinsonpräparate konnte ein signifikant erhöhtes
Risiko für das Auftreten von passageren Psychosen festgestellt werden (siehe Tab.19,
Tab. 25 und Tab.44).
Tab 44 Anzahl der Parkinsonmedikamente
95% Konfidenzintervall
N (passagere
Faktor
Psychose/ keine
Sig
Psychose)
Anzahl an unterschiedlichen
Parkinsonpräparaten
1-2 Parkinsonmedikamente
3 und mehr
Parkinsonmedikamente
Odds ratio
( = exp( ))
untere
obere
114/114
0.008
1.438
1.099
1.88
56/77
-
1.0
-
-
58/37
0.002
2.302
1.347
3.93
42
3.2.6. PSYCHOTROPE MEDIKAMENTE
Wie aus Tab. 22 bereits zu vermuten konnte zwar für delirogene Neuroleptika und
Antidepressiva ein erhöhtes Chancen- Verhältnis gefunden werden, dieses erreichte
jedoch nur bei den Antidepressiva – zumindest tendenziell - Signifikanz (Tab. 45).
Tab. 45 sonstige psychotrope Medikamente
95% Konfidenzintervall
N (passagere
Faktor
Psychose/ keine
Sig
Psychose)
Odds ratio
( = exp( ))
untere
obere
delirogene Neuroleptika
9/4
0.164
2.356
0.704
7.88
delirogene Antidepressiva
20/10
0.057
2.191
0.976
4.92
66/59
0.694
1.053
0.814
1.36
78/66
0.207
1.168
0.918
1.48
sonstige delirogene
Medikamente (Beta
Blocker, ACE Hemmer,
Diuretika etc.)
insgesamt Pat. mit
delirogener Medikation
(ohne Parkinsonmedikation)
43
3.2.7. ANZAHL SONSTIGER NICHT- PARKINSONMEDIKAMENTE
Bezüglich der gesamten Anzahl an Nicht- Parkinsonmedikamente konnte kein
signifikant erhöhtes Chancen-Verhältnis festgestellt werden (Tab. 46).
Tab. 46 Medikamentenmenge Nicht- Parkinsonmedikationen
95% Konfidenzintervall
N (passagere
Faktor
Psychose/ keine
Sig
Psychose)
Odds ratio
( = exp( ))
untere
obere
Medikamentenmenge
Nicht-
114/114
0.645
1.027
0.917
1.15
14/13
-
1.0
-
-
55/67
0.524
0.762
0.331
1.757
35/26
0.631
1.250
0.503
3.104
10/8
0.807
1.161
0.350
3.844
Parkinsonmedikamente
keine weiteren
Medikamente
1-3 zusätzliche
Medikamente
4-6 zus. Medikamente
7 und mehr zus.
Medikamente
44
3.2.
VERGLEICH
PARKINSONPATIENTEN
MIT
PASSAGERER
PSYCHOSE
OHNE
PASSAGERER PSYCHOSE MITTELS DER MULTIVARIANZANALYSE
Durch den Gebrauch einer Multivarianzanalyse wurden die vier wichtigsten und
unabhängigen prädiktiven Faktoren für das Auftreten von passageren Psychosen
bestimmt:
a.) Eine schwere kognitive Leistungsstörung (Demenz), definiert durch den
psychopathologischen Befund
b.) Die Gabe eines Dopaminagonisten
c.) Die Schwere der Erkrankung, dargestellt durch einen entsprechend hohen
Hoehn und Yahr Score
d.) Eine Schlafstörung
Tab. 47 Multivariante logistische Regressionsanalyse (ohne EEG, lebhafte Träume)
95% Konfidenzintervall
N (passagere
Prädiktor
Psychose/ keine
Sig
Psychose)
Demenz
Odds ratio
( = exp( ))
untere
obere
114/114
0.000
3.328
2.030
5.455
Dopaminagonisten ja
79/57
0.001
2.951
1.525
5.712
Hoehn und Yahr ges.
114/114
0.002
1.923
1.269
2.915
Schlafstörungen ja
82/52
0.047
1.900
1.008
3.581
psychopathologisch ges.
45
Unter zusätzlicher Mitberücksichtigung der EEG Untersuchung und der lebhaften
Träume ergab sich jedoch folgendes Ergebnis (Tab. 48), wobei hier zu berücksichtigen
ist, dass nur ein Teil des Patientenkollektivs untersucht werden konnte, da nur bei 120
Patienten EEG Untersuchungen bzw. Aussagen über mögliche lebhafte Träume
erhoben wurden (62 Pat. mit und 58 Pat. ohne Psychose) und zum anderen lebhafte
Träume schon als Vorstufe für das entstehen von passageren Psychosen aufzufassen
sind.
Tab. 48 Multivariante logistische Regressionsanalyse (mit EEG, lebhafte Träume)
N (passagere
Prädiktor
Psychose/ keine
Sig
Psychose)
Odds ratio
95% Konfidenzintervall
( = exp( ))
untere
obere
lebhafte Träume ja
40/12
0.000
7.964
2.801
22.644
EEG Ergebnis ges.
62/58
0.002
4.221
1.668
10.681
Schlafstörungen ja
47/25
0.015
3.687
1.290
10.534
62/58
0.026
2.430
1.112
5.310
62/58
0.015
1.033
1.006
1.060
Demenz
psychopathologisch ges.
Dosisäquivalent ges.
46
4.
DISKUSSION
4.1.
KRANKHEITSDAUER
Ziel der Arbeit war es, prädisponierende Faktoren für das Auftreten von Psychosen bei
Parkinson Patienten retrospektiv zu ermitteln.
Anhand der demographischen Größen konnte in unserer Arbeit ein signifikant erhöhtes
Chancen-Verhältnis für das Auftreten von passageren Psychosen bei einer längeren
Krankheitsdauer gefunden werden (Tab.26, Abb.1). In der Multivarianzanalyse (Tab.
47 und Tab. 48) zeigte sich jedoch, dass die Krankheitsdauer nicht zu den wichtigsten
Prädiktoren zählt.
FENÉLON et al. (2000) fanden in ihrer Untersuchung dass die Krankheitsdauer ein
unabhängiger Prädiktor für das Auftreten von optischen Halluzinationen ist. Auch
SANCHEZ RAMON et al. (1996), BARCLAY et al. (1997) und SHERGILL et al. (1998) fanden
ebenfalls einen Zusammenhang zwischen der Krankheitsdauer und dem Auftreten von
Halluzinationen, andere jedoch fanden keinen Zusammenhang (SMET et al., 1982,
TANNER et al., 1983, SCHNEIDER et al., 1984, FISCHER et al., 1990). Die Ergebnisse
bisheriger Studien sind in Tabelle 49 zusammengefasst und mit den eigenen
Ergebnissen verglichen.
Erschwerend für den Vergleich ist, wie auch bei den anderen möglichen Prädiktoren
aufgeführt, dass unterschiedliche Kriterien für die sog. passageren Psychosen gewählt
wurden. Zumeist wurde die Einteilung gemäß MOSKOVITZ (1978) zur Einteilung der
Schwere der Psychose herangezogen. Hierbei wurden die Stufen II und III, also
Illusionen, Halluzinationen sowohl akustischer als auch optischer Art, Verkennungen
und auch Verwirrtheitszustände und Delirien als psychotische Episoden gewertet
(siehe Tab. 49).
47
Tab. 49 Vergleichende Tabelle Erkrankungsdauer
Autor
(et al.)
Jahr
SCHNEIDER
FISCHER
AARSLAND
SHERGILL
FÉNELON
eigene Studie
1984
1990
1999
1998
2000
2002
Psychotische
Psychose
Kriterium
psycho-
Stufe 2 und 3
Symptome
nur optische
tische
nach Moskovitz
wurden durch
Halluzi-
Episoden
also
eine
nationen
einschl.
Halluzinationen
Checkliste
ohne
hypo-
mit erhaltenem
bestimmt, nur
"kleine"
manische
Bewusstsein
ohne
Halluzi-
Zustände
und Psychosen
Verwirrtheits-
nationen
Halluzinationen
mit erhaltenem
Bewusstsein
und Psychosen
Halluzinationen
mit erhaltenem
Bewusstsein,
Psychosen und
Verwirrtheitszustände
zustand
Patienten
152
25
235
100
178
27.63%
80%
15.74%
30%
26.97%
42
20
37
30
48
112
9.9+-4.7
9.5+-7.6
10.98+-8.86
10+-7.1
12.9 +-7.5
9.1+-6.25
8.8+-5.0
12.0+-4.2
8.8+-5.55
6.3+-4.6
8.5+-5.6
7.1+-5.75
n. sign.
n. sign.
n. sign.
sign.
sign.
sign.(0.016)
%
psychot.
Episode
psychot.
Episode
224
50% (matched
Groups)
Mittlere
Krankheits
-dauer mit
passagerer
Psychose
Mittlere
Krankheits
dauer
ohne
passagerer
Psychose
Sig.
48
4.2.
DEMENZ
Wir fanden dass die Schwere des dementiellen Prozesses ein unabhängiger
Hauptfaktor für das Auftreten von passageren Psychosen darstellt. In unserer Studie
konnte ein signifikant häufigeres Auftreten einer kognitiven Einschränkung - im Sinne
einer Demenz- bei Parkinsonpatienten mit passagerer Psychose festgestellt werden
(Tab. 27, Tab. 28 und Tab. 47).
Dementive Prozesse werden bei Parkinsonpatienten mit etwa 30% angenommen
(LIEBERMANN, 1974, SCHNEIDER, 1982), wenn man mittel- bis schwergradige
hirnorganische Störungen erfasst und von leichteren Leistungsstörungen absieht. Geht
man von diesen 30 % dementiver Prozesse bei Parkinson-Patienten aus, einer Zahl,
die als wahrscheinlich anzunehmen ist, so liegt die Häufigkeit bei Parkinson-Patienten
neunmal höher als bei Kontrollen.
Schon
vor
der
L-Dopa
Ära
stellte
KÖNIG
(1913)
bei
Parkinsonerkrankten
Zusammenhänge zwischen seniler oder arteriosklerotischer Demenz und anschließend
präfinal auftretender Delirien fest. Zu Beginn der Behandlung mit L-Dopa in den frühen
70er
Jahren
wurden
gehäuft
Beobachtungen
bezüglich
eines
möglichen
Zusammenhangs zwischen Demenz und erhöhtem Risiko zur Entwicklung einer
psychotischen Episode bei Parkinsonpatienten unter dopaminerger Medikation
gemacht
(SACKS,
Vermutungen
1970;
und
SACKS,
lieferten
1972).
Spätere
aufgrund
Arbeiten
besserer,
bestätigten
diese
standardisierte
Untersuchungsbedingungen und aufgrund größerer Patientenzahlen verlässlichere
Daten.
Erschwerend für den Vergleich der verschiedenen Studien sind neben den
unterschiedlichen Kriterien für die sog. passageren Psychosen auch die zum Teil
unterschiedlichen Einteilungskriterien für das Merkmal „Demenz“. Während in einigen
Arbeiten skalierte psychopathologische Befunde erhoben wurden, fand ansonsten
meist der einfach zu handhabende Mini Mental State Examination nach FOLSTEIN
(MMST) (FOLSTEIN, 1975) Anwendung. INZELBERG et al. (1998) benutzten in ihrer
Arbeit den sog. Short Mental Test (TREVES, 1990) welcher aus 26 verschiedenen
Fragen besteht und aus dem klassischen WAIS (W ECHSLER, 1964) selektiert wurde.
FÉNELON et al. (2000) benutzten den sog. Mini Mental Parkinson (MMP), einen kürzlich
entwickelten und validen kognitiven Test. Der MMP besteht aus sieben Subtests
49
(Orientiertheit,
visuelle
Rechenleistungen,
Gedächnisregistierung,
gekreuzte
verbale
visuelle
Gewandtheit,
Gedächniserinnerung,
Satzverschiebungen).
Der
Maximalwert beträgt 32 Punkte. Gemäß den Plausibilitätstests wurde der kognitive
Status in drei Gruppen eingeteilt: Normal (Punktzahl zwischen 32 und 29),
mittelgradige
Beeinträchtigung
(zwischen
28
und
24
Punkte)
und
schwere
Beeinträchtigung (weniger als 24 Punkte). Eine Demenz wurde bei FÉNELON et al.
(FÉNELON, 2000) dann durch Benutzen des „Diagnostic and Statistical Manual of
Mental Disorders (DSM- IV)“ gem. Kriterium A und B diagnostiziert (AMERICAN
PSYCHIATRIC ASSOCIATION, 1994).
Da in unserer Studie der MMST nur bei 50 Patienten durchgeführt wurde, zogen wir
den psychopathologischen Befund als Kriterium für das Vorliegen einer Demenz heran
(s. Punkt 2.1.2.). Die Tabelle 50 zeigt die wichtigsten Arbeiten und die sich ergebenen
Risiken
für
das
Auftreten
von
psychotischen
Symptomen
bei
dementen
Parkinsonpatienten.
AARSLAND et al. (1999) und MECO et al. (1990) benutzten beide zur Beurteilung der
Schwere einer Demenz den MMST, so dass sich beide Studien zum Vergleich
anboten. AARSLAND et al. (1999) werteten bei einem MMST Score von weniger als
80% richtige Antworten (MMST<24) diesen als Hinweis für eine bestehende Demenz.
Meco
(1990),
der
ursprünglich
den
MMST
lediglich
zum
Ausschluss
von
Parkinsonpatienten mit sehr schwerer Demenz benutzt, setzte eine Punktzahl von
MMST<18 an, was weniger als 60% richtige Antworten im MMST entsprechen. Im
direkten Vergleich dieser beiden Studien ergibt sich eine höhere Wahrscheinlichkeit für
das Auftreten einer psychotischen Symptomatik bei zunehmendem Schweregrad der
Demenz. So ergab die Studie von Aarsland (1999) bei einem MMST<24 ein Risiko
(Odds Ratio) von 8.5 und bei Meco (1990) bei einem MMST<18 ein Risiko (Odds
Ratio) von 13.02. In unserer Studie fanden wir eine Odds Ratio von 10.2 bei einem
MMST<24 wobei allerdings nur 50 Patienten untersucht wurden.
Insgesamt ergab sich bei allen vorliegenden Arbeiten ein erhöhtes Risiko für die
Entwicklung einer psychotischen Symptomatik bei dementen Parkinsonpatienten. In
den ausgewerteten Studien konnte ein 3 bis 13fach erhöhtes Risiko gefunden werden.
50
Tab. 50 Vergleichende Tabelle Demenz
Autor
(et al.)
Jahr
SCHNEIDER
MECO
KLEIN
INZELBERG
AARSLAND
FÉNELON
1984
1990
1997
1998
1999
2000
eigene
Studie
2002
MMST<24
skalierter
psychoTest
patho-
o.
MMP<24
Short
Subscala n.
Mini Mental
mental
Gottfried o.
Parkinson
test>80%
Score >=2
max 32
in UPDRS
Punkte
cross
MMST<18
logischer
sectional
crit. &
MMST
Befund
psychopathologischer
Befund
item 1
Psychiatrische
psychotische
Psychose
Kriterium
Episoden
einschl.
hypomanische
Zustände
Nebeneffekte
(Halluzinationen,
Illusionen
Verkennungen
Verwirrtheitsund
Unruhezustände)
Patienten
152
304
Halluzina-
Akute
oder
optische
subakute
und
visuelle
akustische
Halluzina-
Halluzina-
tionen mit
tionen
/ ohne
akut und
Verwirrt-
alt
tion mit
Halluzina-
nur optische
erhaltenem
tion mit
Halluzinatio
Bewusst-
erhaltenem
nen ohne
sein,
Bewusst-
"kleine"
Psychose
sein und
Halluzinatio
und
Psychosen
nen
Verwirrtheits-
heit
87
zustände
121
235
178
%
psychot.
224
50%
27.63%
8.88%
33.33%
37.19%
15.74%
26.97%
Episode
(matched
Groups)
psychotische
42
27
29
45
37
48
112
110
227
58
76
198
130
224
97
49
20
46
64
65
109
63.82%
16.12%
22.99%
38.02%
27.23%
36.52%
48.66%
2.64
13.02
4.11
8.5
10.3
3.08
(4.3-25.1)
(1.9-4.9)
sign.
k.A.
sign.
sign.
sign.
sign.
Episode
Keine
psychot
Episode
Demenz
%
demente
Pat.
Risiko
(Odds
ratio)
Sig.
3.7
(1.4-10.0)
sign.
Odds Ratio Kursiv errechnet aus den Daten der Studie (ohne Multivarianzanalyse), gerade aus den
Studien übernommen (zum Teil. mit Multivarianzanalyse)
51
Eine mögliche Erklärung für das erhöhte Risiko zur Entwicklung einer passageren
Psychose bei dementen Parkinsonpatienten könnte in Änderungen der 5-HT2
Rezeptordichte liegen, welche bei Parkinsonpatienten mit Demenz signifikant in
verschiedenen Zonen des Gehirns vermindert ist (CHENG, 1991).
ZUBENKO (1991) stellte zwischen Psychosen bei dementiellen Erkrankungen einen
Zusammenhang im Hinblick auf ein gestörtes Gleichgewicht von Noradrenalin und von
5- Hydroxytryptamin fest. Die neuroendokrine Antwort in einer Stresssituation könnte
solch ein Ungleichgewicht verstärken und dadurch eine Psychose auslösen.
Beachtet werden muss hierbei sicherlich auch, dass ein Teil der Parkinson Patienten
eigentlich an einer senilen Demenz vom Lewy Body Typ erkrankt sein könnten und
alleine dadurch bereits eine signifikante Assoziation zu Halluzinationen und
Verwirrtheitszuständen besteht (BALLARD, 1995; KLEIN, 1997)
52
4.3.
DEPRESSION
Wir fanden dass sich bei den Parkinsonpatienten mit passageren Psychosen häufiger
depressive Symptome im psychopathologischen Befund fanden; aber dieser Befund
war kein prädiktiver Faktor für das Auftreten einer passageren Psychose in der
Multivarianzanalyse (Tab. 29, Tab. 47, Tab. 48).
Depressionen sind bei Parkinsonpatienten häufiger als in der Allgemeinbevölkerung
anzutreffen. Je nach Studie kann gesagt werden, dass bis zu 50 % aller Patienten mit
einem Morbus Parkinson im Vergleich zu 10 % der Allgemeinbevölkerung eine
deutliche Depression aufweisen (DOONEIF, 1992, GOTHAM, 1986).
Obgleich PARKINSON (1817) keine psychischen Auffälligkeiten beschrieb, ganz im
Gegenteil sogar schon in den ersten Sätzen seiner Abhandlung andeutete, dass die
intellektuellen Funktionen ungestört seien, beschrieb er dennoch die Patienten als
unglücklich, deprimiert und trübsinnig.
Zum Jahrhundertwechsel fassten viele Autoren die Depression als zum Krankheitsbild
des M. Parkinson dazugehörig auf. BALL (1882) zum Beispiel fand bei vielen Patienten
Depressionen verbunden mit suizidalen Handlungen und REGIS (1906) beobachtete
Symptome wie Traurigkeit, Apathie und Schuldgefühlen. Bereits vor der L- Dopa Ära
differenzierte
COMPIN
(1902)
die
psychischen
Veränderungen
einmal
als
„Charakterveränderungen“ im Sinne einer Affektlabilität zum anderen beobachtete er
gehäufte Selbstmorde und Sinnestäuschungen.
Kontrovers wurde diskutiert, ob Depressionen eine Reaktion auf die chronische
Erkrankung sind (GOWERS, 1888) oder die Depression als ein Kontinuum von mentalen
Störungen, welches sich mit dementiellen Entwicklungen und Psychosen überlappt
(MAYEUX, 1984, PATRICK, 1922), betrachtet werden muss.
In den letzten Jahren setzte sich die Meinung durch, dass die Ursache der Depression
als ein Aspekt des Krankheitsprozesses zu sehen ist und nur als Nebenaspekt die
Depression eine Reaktion auf psychosoziale Folgen des Leidens darstellt (CUTTING,
1988, CUMMINGS, 1998, TANDBERG, 1997). Dies wird schon dadurch verdeutlicht, dass
die geschätzte Rate von klinisch gesicherten Depressionen bei Parkinsonpatienten mit
37% mehr als doppelt so hoch ist als die bei internistisch erkranken Patienten (18%)
(RODIN, 1986).
53
Einzelbeobachtungen ließen bereits vermuten, dass die Depression als solches ein
Grund und somit ein möglicher Risikofaktor für die Entstehung einer psychotischen
Episode
bei
Parkinsonerkrankten
darstellt
(SANDYK,
1985).
Jüngste
Studien
(AARSLAND, 1999; SANCHEZ-RAMON, 1996) kamen zum gleichen Ergebnis.
Wie bereits beim möglichen Risikofaktor Demenz wurde auch bei der Depression in
den verschiedenen Arbeiten die psychischen Störungen zum Teil unterschiedlich
klassifiziert (siehe Tab.51). Eine weitere Schwierigkeit ergab sich beim Vergleich der
unterschiedlichen Studien durch zum Teil unterschiedlichen Einteilungskriterien für das
Merkmal „Depression“. Während in der Arbeit von KLEIN (1997) standardisierte
neurologisch/psychiatrische Untersuchungen durchgeführt wurden, fand in der von
AARSLAND (1999) die Montgomery and Asberg Depression Rating Scala (MADRS)
Anwendung, FENÉLON (2000) dagegen arbeitete mit der „Center for Epidemiologic
Studies Depression Self-Rating Scale“(CES-D).
Im Gegensatz zum Faktor Demenz ist das mögliche Risiko zur Entwicklung einer
Psychose beim Vorliegen einer Depression aber nicht so eindeutig erhöht und wiegt
auch nicht so schwer (Tab. 51).
Erwähnenswert ist noch die Arbeit von FÉNELON et al. (2000), da hier signifikant mehr
depressive Symptome bei Parkinsonpatienten mit optischen Halluzinationen als bei
Patienten ohne Halluzinationen gefunden wurden. Allerdings zeigte sich sowohl in
seiner als auch in unserer Studie in der Multivarianzanalyse, dass das Vorliegen einer
Depression kein Hauptfaktor für das Auftreten eines psychotischen Syndroms war.
Als komplizierend ist zu beachten, dass verschiedene Antidepressiva eine delirante
Symptomatik auslösen können, und damit nicht die Depression als solche, sondern die
Behandlung der Depression für das mögliche Auftreten eines psychotischen Zustandes
verantwortlich zu machen wäre.
54
Tab. 51 Vergleichende Tabelle Depression
Autor et al.
KLEIN
Jahr
1997
SANCHEZRAMOS
1996
standardisierte
Test
neurologische/
psychiatrische
k. A.
Untersuchungen
AARSLAND
FÉNELON
diese Studie
1999
2000
2002
Montgomery
Center for
and Asberg
Epidemiologic
psycho-
Depression
Studies depression
pathologischer
Rating Scale
self-rating scale
Befund
(MADRS)
(CES-D).
Stufe 2 und 3
akute oder subPsychose
Kriterium
akute visuelle
Halluzinationen
mit / ohne
Psychose
Halluzinationen
optischer
Art
nach Moskovitz
also
Halluzinationen
mit erhaltenem
Bewusstsein
und Psychosen
Patienten
% psychot.
Episode
Psychotische
Episode
Depression
% depressive
Pat.
Risiko (Odds
ratio)
nur optische
Halluzination
Halluzinationen ohne
mit erhaltenem
"kleine"
Bewusstsein,
Halluzinationen
Psychosen und
(Illusion u.
Verwirrtheits-
passagere Halluzin.)
zustände
224
87
150
235
178
33.33%
33.33%
15.74%
26.97%
29
50
37
48
112
35
39
17
?
112
40.23%
26%
7.23%
?
50%
1.21
2.24
3.54
?
Tendenz ja, in der
Sig
n. sign.
sign.
sign.
Multivarianzanalyse
nein
50% (matched
Groups)
1.6 (0.9712.765)
Tendenz ja, in
der
Multivarianzanalyse nein
Odds Ratio Kursiv errechnet aus den Daten der Studie (ohne Multivarianzanalyse), gerade aus den
Studien übernommen
55
CUMMINGS et al. (1998) fanden umgekehrt als mögliche Risikofaktoren zur Entwicklung
von Depressionen bei Patienten mit M. Parkinson jüngeres Alter, jüngeres Alter beim
Einsetzen
der
Erkrankung,
weibliches
Geschlecht,
ein
rechts
betontes
Hemiparkinsonsyndrom, ein akinetischer Typ, eine zunehmende Schwere der
Behinderung, Ängste und eine psychotische Symptomatik.
Zur pathophysiologischen Ursache der Depression bei Parkinsonerkrankten gibt es
viele Erklärungsversuche. So hindert die medikamentöse Behandlung mit L-Dopa
serotonerge Funktionen im ZNS durch Konkurrenz bei der Aufnahme, Speicherung und
beim Metabolismus (Cummings, 1998). Ein weiterer Grund könnte sein, dass
Parkinsonpatienten mit Depressionen auch noch signifikant höhere Dosen von L-Dopa
einnehmen (Cummings, 1998). Dies würde auch gleichzeitig ein möglicher Grund für
das Auftreten von Psychosen bei depressiven Parkinsonpatienten darstellen.
Letztendlich deutet vieles darauf hin, dass Depressionen bei M. Parkinson durch
Transmitterveränderungen und durch verminderte ZNS Spiegel von Dopamin,
Serotonin und Noradrenalin im Rahmen einer zunehmenden Degeneration von
umschriebenen Teilen des ZNS entstehen (SILVER, 1980, SANTAMARIA, 1992). Im
Umkehrschluss kann somit auch die Depression – ähnlich wie die Demenz - als Marker
für eine fortschreitende Schädigung des ZNS und somit als möglicher Risikofaktor für
das Auftreten von Psychosen gesehen werden. So vermuteten AARSLAND et al. (1999)
als mögliche Ursache für die Komorbidität von Psychosen und Depressionen bei
Parkinsonkranken die ausgeprägte pathologische Veränderung im Gehirn mit
reduzierter
Serotonin
und
Dopaminaktivität
als
wesentlicher
Ausdruck
der
Hirndysfunktion.
56
4.4
HOHER HOEHN UND YAHR SCORE
In unserer Studie konnte gezeigt werden, dass bei Parkinsonpatienten mit passageren
Psychosen ausgeprägtere motorische Beeinträchtigungen in Form höherer Hoehn und
Yahr Scores festgestellt werden konnten, als im Kontrollkollektiv. Auch in der
Multivarianzanalyse konnte die Schwere der motorischen Beeinträchtigung als
wichtiger prädiktiver Faktor gefunden werden (Tab. 30, Tab. 47).
Alle bisherigen Risikofaktoren konnten auf einen fortgeschrittenen Krankheitsprozess
zurückgeführt werde, was liegt also näher als auch den körperlichen Grad der
Behinderung in Form des Hoehn und Yahr Scores (HOEHN UND YAHR, 1967) auf eine
Möglichkeit
der
Risikoabschätzung
für
die
Entwicklung
einer
psychotischen
Entgleisung zu untersuchen.
Anhand der vorliegenden Studien kann kein klares Bild erhoben werden; tendenziell
jedoch scheint auch hier ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung einer passageren
Psychose bei einem höheren körperlichen Behinderungsgrad vorzuliegen. Andere
Studien zeigten diesbezüglich Tendenzen (KLEIN et al., 1997, KRAFT et al., 1999),
jedoch keine Signifikanz (Tab. 52).
So konnten SANCHEZ-RAMON et al. (1996), AARSLAND et al. (1999) als auch FÉNELON et
al. (2000) einen signifikanten Zusammenhang zwischen erhöhtem Hoehn und Yahr
Score und einer psychotischen Entgleisung nachweisen. Allerdings zeigte sich in der
Multivarianzanalyse bei FÉNELON et al., dass der motorische Status nicht als wichtiger
prädiktiver Faktor in Erscheinung tritt.
Aarsland et al. (1999) stellten des Weiteren eine enge Korrelation zwischen den Hoehn
und Yahr Stufen und dem MMST Score fest.
In der Studie von KLEIN et al. (1997) wurden sog. „Matched Pairs“ gebildet. Hierfür
wurden 29 Parkinsonpatienten mit visuellen Halluzinationen mit 58 Parkinsonpatienten,
bezüglich Alter und Krankheitsdauer aufeinander abgestimmt, verglichen. Es zeigte
sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen einem hohen Hoehn und Yahr Score
und dem Auftreten von visuellen Halluzinationen.
57
Tab. 52 Vergleichende Tabelle Hoehn und Yahr Score
Autor
et al.
Jahr
TANNER
FISCHER
1983
1990
SANCHEZRAMOS
1996
KLEIN
KRAFT
FÉNELON
diese Studie
1997
1999
2000
2002
Halluzi-
Stufe 2 und 3
Psychose
Halluzi-
Kriterium
nationen
nach
akute oder
Moskovitz
subakute
also Halluzinationen mit
erhaltenem
Bewusstsein
Halluzinationen
optischer
Art
visuelle
Halluzinationen mit
/ ohne
Psychose
und
Psychosen
Patienten
775
25
nur
nation mit
Halluzination
optische
erhaltenem
Bewusst-
über
Halluzi-
mindestens
nationen
sein,
einen Tag
ohne
Psychosen
(Hauptgrund
"kleine"
und
zur stat.
Halluzi-
Verwirrt-
Behandlung)
nationen
heits
zustände
214
87
%
psychot.
Optische
30
178
50%
33.20%
80%
25%
33.33%
Episode
(matched
224
50%
27%
Groups)
(matched
Groups)
Psychotische
257
20
55
29
15
48
112
3.4
4.2
3.2
3.6
3.3
2.5
3.25
k. A.
1.2
0.9
1.1
0.8
0.6
0.76
3.37
3.8
2.3
3
2.2
1.8
2.64
k. A.
1.3
0.8
1.2
0.7
0.8
0.8
Episode
Mittlerer
Hoehn
und Yahr
Score bei
Psychose
SD
Mittl. H&Y
ohne
psychotische
Episode
SD
sign.(<0,0
Sig.
n. sign.
n. sign.
sign.
(<0,001)
n.. sign
n. sign.
001), aber
sign.
kein
(0,001)
prädiktiver
auch in der
Faktor in
Multivarianz
der Multi-
analyse
varianzanalyse
58
4.5
MOTORISCHE FLUKTUATIONEN
Vorangegangene Studien zeigten bereits, dass Parkinsonpatienten mit passagerer
Psychose häufiger schwerer körperlich beeinträchtigt sind als Patienten ohne
passagerer Psychose. In unserer Studie konnte gezeigt werden, dass bei
Parkinsonpatienten mit passagerer Psychose stärkere motorische Beeinträchtigungen
in
Form
von
motorischen
Fluktuationen
aufwiesen,
diese
jedoch
in
der
Multivarianzanalyse nicht als prädiktiver Faktor identifiziert werden konnten (Tab. 31,
Tab. 47).
GRAHAM et al. (1997) fanden in ihrer Studie, dass sog. “early hallucinators“, d.h.
Parkinsonpatienten
die
innerhalb
der
ersten
fünf
Jahre
ihrer
Erkrankung
Halluzinationen erlebten, signifikant häufiger an Fluktuationen litten als sog. “early nonhallucinators“. In der anderen Gruppe, den sog. “late hallucinators“ und “late nonhallucinators“ zeigte sich kein signifikanter Unterschied. Sie identifizierten somit zwei
Untergruppen von Parkinsonpatienten und stellten fest, dass Patienten mit einer
Krankheitsdauer von fünf oder weniger Jahren auch ohne kognitive Defizite ein Risiko
zur Entwicklung von Halluzinationen aufwiesen, wenn sie Frühzeichen von
motorischen Komplikationen in Form von motorischen Fluktuationen zeigten.
FENÉLON et al. (2000) fanden, zwar ein signifikant vermehrtes Auftreten von
motorischen Fluktuationen in der Patientengruppe mit Halluzinationen, jedoch zeigte
sich in der Multivarianzanalyse, dass der motorische Status dort nicht als wichtiger
prädiktiver Faktor in Erscheinung tritt. Auch konnten sie nicht das Ergebnis von
FERNANDEZ et al. (1992) unterstützen, dass Patienten mit motorischen Fluktuationen
häufig Halluzinationen nur während der “off“ Phasen entwickelten.
59
4.6.
SCHLAFSTÖRUNGEN UND LEBHAFTE TRÄUME
Wir fanden in unserer Studie, dass Parkinsonpatienten mit passageren Psychosen
häufiger über Schlafstörungen klagten und in der Multivarianzanalyse konnte dies auch
als prädiktiver Faktor identifiziert werden (Tab. 32, Tab. 47). Ebenfalls konnte als
wichtiger Prädiktor der Faktor lebhafte Träume festgestellt werden, wobei hier jedoch
zu diskutieren ist, inwieweit nicht der sog. „lebhafte Schlaf“ als erster Schritt zur
Psychose und somit nicht als gesonderter Risikofaktor zu betrachten ist (Tab. 33, Tab.
47).
Schlafstörungen wurden bereits in der Erstbeschreibung von James PARKINSON (1817)
erwähnt; bisher galt jedoch der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit der motorischen
Symptomatik. Erst in den letzten Jahren wurde deutlich, dass die Erkrankung auch mit
charakteristischen
Schlafstörungen
einhergeht.
So
kann
z.B.
eine
der
Frühmanifestationen des M. Parkinson eine Schlafstörung mit häufigem Erwachen und
Tagesmüdigkeit sein (NAUSIEDA, 1982).
Die genauen Gründe für Schlafstörungen sind unklar. Man nimmt an, dass sowohl die
Krankheit als solche als auch die medikamentöse Behandlung des M. Parkinson zur
Entwicklung einer Schlafstörung beitragen kann (NAUSIEDA, 1982).
Schlafstörungen können in jedem Krankheitsstadium vorkommen, aber es scheinen
Zusammenhänge
zwischen
einer
Verschlechterung
des
Krankheitsbildes
und
zunehmenden Schlafstörungen zu bestehen. Dies suggeriert, dass ein sich
verschlechternder Schlaf im direkten Zusammenhang mit der Dauer oder der Schwere
der Krankheit steht. So sind Schlafstörungen im Allgemeinen häufiger bei älteren
Patenten anzutreffen und können im Rahmen eines allgemeinen Alterungsprozesses
gesehen werden (PARTINEN, 1997).
Es muss hier allerdings die Übersichtsarbeit von NAUSIEDA et al. (1982) genannt
werden, wo kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Alter der Patienten oder
der Dauer der Erkrankung und dem Auftreten von Schlafstörungen gefunden wurde.
Allerdings ergab sich in dieser Arbeit eine Signifikanz zwischen längerer Levodopa
Medikation und Schlafstörungen.
In einer jüngeren Studie konnten FACTOR et al. (1990) signifikant nachweisen, dass
Schlafunterbrechungen
bei
Parkinsonpatienten
häufiger
(89%)
als
bei
einer
60
Kontrollgruppe (74%) vorkommen. Einschlafen am Tage war bei Parkinsonpatienten
doppelt so häufig anzutreffen. Halluzinationen am Tage und nächtliches Reden im
Schlaf waren nur bei den Parkinsonpatienten anzutreffen. Auch spielen zunehmend
beeinträchtigte motorische Funktionen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von
nächtlichen Symptomen. Zusammenfassend können Schlafstörungen ebenfalls als
Ausdruck
eines
fortgeschrittenen
Krankheitsprozesses
gesehen
werden
und
korrelieren laut mehrerer Studien mit dem Auftreten von psychotischen Episoden. So
konnte sowohl MOSKOVITZ et al. (1978) als auch NAUSIEDA et al. (1982), SanchezRamos et al. (1996) und FÉNELON et al. (2000) Zusammenhänge darstellen (Tab. 53).
Tab. 53 Vergleichende Tabelle Schlafstörungen
Autor et al.
MOSKOVITZ
NAUSIEDA
Jahr
1978
1982
Test
Befragungsbogen
Halluzination,
Illusion,
Psychose
Kriterium
Psychose mit u.
ohne
Verwirrtheitszustände (Stufe II
u. III)
Patienten
Befragungsbogen;
Befragung von
Angehörigen
SANCHEZ-
KLEIN
diese Studie
1996
1997
2002
Befragungs
Befragungs-
bogen
bogen
RAMON
Benigne
Halluzinationen
Halluzi-
und
nationen
Halluzinationen mit
optischer
Verwirrtheits-
Art
zustand
Anamnesebogen und
Verlaufsberichte
(Pflegepersonal/Ärzte)
akute oder sub-
Halluzination mit
akute visuelle
erhaltenem
Halluzinationen
Bewusstsein,
mit / ohne
Psychosen und
Psychose
Verwirrtheitszustände
224
88
100
213
87
48.86%
44%
25.82%
33.33%
43
44
55
29
112
19
74
51
22
134
21.59%
74%
23.94%
25%
59.82%
Odds ratio
>43
32.5
2.1
6.3 (2.5-15.6)
3.1 (1.1-4.9)
Sig.
sign.
sign.
sign.
sign.
sign
% psychot.
Episode
50% (Matched
Groups)
psychotische
Episode
Pat. mit
Schlafstörungen
% Pat. mit
Schlafstörungen
Odds Ratio Kursiv errechnet aus den Daten der Studie (ohne Multivarianzanalyse), gerade aus den
Studien übernommen
61
Insbesondere scheinen die veränderten nächtlichen Träume, welche als so genannte
“vivid dreams“, also lebhafte Träume beschrieben wurden, Vorboten psychotischer
Episoden zu sein (MOSKOVITZ, 1978, SHARF, 1978, NAUSIEDA, 1982 und 1984).
Störungen der Schlaf-Wach Regulation können als ein Resultat von zentralen
neurochemischen Veränderungen (PARTINEN, 1997) erklärt werden. Zum einen durch
mutmaßliche serotonerge Effekte beim M. Parkinson mit sog. “vivid dreams“ (lebhafte
Träume) und Schlafstörungen (NAUSIEDA et al., 1982; MOSKOVITZ et al., 1978). Zum
anderen durch Degeneration im Locus coeruleus, der Quelle des ZNS für
Noradrenalin. Diese Degenerationen bewirken dann hypersensitive noradrenerge
Rezeptoren welche das Umschalten zwischen “on“ und “off“ triggern und somit indirekt
eine Rolle bei Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen spielen (CUMMINGS,
1998). Auch funktionelle Beeinträchtigungen in den cholinergen Hirnstammkernen,
welche ebenfalls an der Regulation des REM/non REM Schlafs beteiligt sind, konnten
nachgewiesen werden (KAPFHAMMER, 1995). NAUSIEDA et al. (1984) konnten in ihrer
Studie einen engen Zusammenhang zwischen einem abnormalen Cortison Rhythmus
und einer starken Schlafstörung als auch einen Zusammenhang zwischen einem
abnormalen Cortison Rhythmus und Halluzinationen bzw. psychotischem Benehmen
feststellen.
NAUSIEDA et al. (1982) teilten Schlafstörungen in sechs Symptomgruppen ein. Sie
unterschieden zwischen:
1. Durchschlafproblemen
2. Ausgeprägte Tagesmüdigkeit
3. Veränderten Traumphänomenen
4. Sprechen während des Schlafes
5. Unwillkürliche myoklone Bewegungen
6. Schlafwandeln
In dieser Studie wurde eine „kumulativer Schlafstörungs-Skala“ (cumulative sleep
disruption score) als Index der Schwere der Schlafstörung genutzt. Hierbei wurde ein
Fragenkatalog abgefragt und jeder Beschwerde eine entsprechende Punktzahl
zugeordnet und addiert (1-3 Punkte für leicht, mittel, schwer, oder einen Punkt für
Symptome ohne Schweregradeinteilung).
62
Patienten
mit
Halluzinationen
hatten
einen
Durchschnittsscore
von
8
(Schwankungsbreite 0-16) während Patienten ohne Halluzinationen einen mittleren
Score von 2 (0-6) aufwiesen.
Diese Daten wurden von NAUSIEDA et al. (1984) dahingehend interpretiert, dass LDopa induzierte Halluzinationen nicht als eine monosymptomatische Funktionsstörung
aufzufassen sind, sondern im Zusammenhang mit einer weit verbreiteten Störung des
Schlaf- Wach Verhaltens auftritt. Polysomnographisch festgestellte myoklonische
Aktivitäten während des Schlafs schienen der beste Prädiktor für (waking/Wache-)
Halluzinationen zu sein. Da myoklonische Bewegungen als späte Störungen
einzuordnen sind und nur im Kontext mit verschiedenen Schlafveränderungen
auftreten, unterstützten diese Daten die Ansicht, dass Halluzinationen ein spätes
Ereignis bei Patienten mit zunehmenden Schlafstörungen sind (NAUSIEDA et al 1982).
63
4.7.
BILDMORPHOLOGISCHE HIRNSCHÄDIGUNG (CRANIALES CT UND NMR)
Unsere Daten konnten weder für die Faktoren Lakunen, Hydrocephalus oder
Hirnatrophie noch für die Quantität der Hirnschädigung bei Parkinsonpatienten eine
signifikante Risikoerhöhung für das Auftreten einer psychotischen Episode zeigen
(Tab. 34, Tab. 35 und Tab. 47). Für den Faktor SAE konnte tendenziell ein
Zusammenhang zum Auftreten von psychotischen Symptomen gefunden werden,
allerdings erreichte dieser Faktor mit p=0.077 nicht das vorgegebene Signifikanzniveau
von p=0.050. Bei unserer Arbeit sei darauf hingewiesen, dass nicht alle Patienten eine
Bildgebung des Schädels erhielten und dadurch möglicherweise eine gewisse
Selektion nicht auszuschließen ist. So erhielten die Parkinsonpatienten mit schwerem
Krankheitsbild
und
psychotischem
Zustand
und
die
Patienten
mit
leichtem
Krankheitsbild ohne psychotischen Zustand weniger oft eine craniale Bildgebung. Auch
wurde in unserer Studie auf eine genauere, qualitative Einteilung des Schweregrades
und der Lokalisation der Hirnschädigung verzichtet
Bisher wurde der Auswirkung von gehäuften strukturellen cerebralen Läsionen als
möglicher Auslöser für Halluzinationen nur wenig Aufmerksamkeit gezollt.
Der Zusammenhang zwischen einer Gefäßerkrankung und dem erhöhten Auftreten
von Läsionen der weißen Substanz ist bekannt. Diese wiederum werden als ein Grund
für das Auftreten von Halluzinationen bei älteren Patienten angesehen (PAULSON,
1997). PICCINI et al. (1995) bemerkten ein signifikant stärkeres Auftreten und eine
größere Ausdehnung von periventrikulären Hyperintensitäten bei Parkinsonpatienten
im Vergleich zu gesunden Kontrollen[MB12]. Diese Patienten hatten auch eine
signifikant kürzere Krankheitsdauer und größere Krankheitsschwere als andere
Parkinsonpatienten.
Außerdem zeigen klinische Experimente, dass Patienten mit einem vaskulären
Parkinson-Syndrom bereits bei kleinen Dosen einer dopaminergen Therapie dazu
tendieren, Halluzinationen zu entwickeln (KRAFT, 1999).
In den vorliegenden Studien (Schneider, 1984; Fischer, 1990) konnte kein signifikanter
Zusammenhang zwischen einer bildmorphologischen Hirnschädigung und dem
Auftreten einer passageren Psychose bei Parkinsonpatienten nachgewiesen werden
(Tab. 54). Die aktuellste Arbeit ist die von KRAFT et al. (1999). Als Kriterium für
strukturelle cerebrale Läsionen wurden alle Patienten (15 Patienten mit und 15
Patienten ohne Halluzinationen in der Vorgeschichte) mittels cranialem NMR
untersucht und eine Modifikation von bekannten Kriterien mit semiquantitativen
64
Beurteilungen
periventrikulärer
und
tieferer
Läsionen
der
weißen
Substanz
herangezogen. Dafür wurde in verschiedene Regionen unterteilt und nach Schwere der
Schädigung eingeteilt (0 keine, 1 leichte, 2 mittlere, 3 schwere Hyperintensität). Eine
mögliche kortikale Atrophie wurde ebenfalls bewertet (0 für nicht vorhanden bis 3 für
eine schwere kortikale Atrophie). Es zeigte sich jedoch weder bei den „Atrophiescores“
noch den „weißen Substanzscores“ eine signifikante Gruppe Auch bei den vaskulären
Risikoprofilen konnte kein Zusammenhang mit dem Auftreten von Halluzinationen
festgestellt werden. Zwischen den fokalen (z.B. occipitalen Herden) und globalen
„weiße Substanzscores“ konnte ebenfalls keine signifikante Differenz festgestellt
werden. Somit wurde als mögliche Ursache der Halluzinationen eine Störung der
Weiterleitung in den Occipitallappen ausgeschlossen (KRAFT, 1999).
Tab. 54 Vergleichende Tabelle Bildmorphologische Hirnschädigung
Autor et al.
SCHNEIDER
FISCHER
diese Studie
Jahr
1984
1990
2002
pathologischer CT
CT (cerebrale Atrophie)
Befund (grobe
Befundung, ohne Wissen der
Klassifizierung der CT-
psychiatrischen
Veränderungen)
Krankheitsgeschichte
Test
Psychose
Kriterium
Patienten
% psychotische
Episode
psychotische
Episode
psychot. Episoden
einschl. hypomanische
Zustände
Stufe 2 und 3 nach Moskovitz
also Halluzinationen mit
erhaltenem Bewusstsein und
Psychosen
pathologischer CT Befund
(grobe Klassifizierung der
CT-Veränderungen)
Halluzination mit erhaltenem
Bewusstsein, Psychosen und
Verwirrtheitszustände
152
25
157
27.63%
80%
78%
42
20
89
57
20
131
18
17
73
n. sign.
n. sign.
n. sign.
Pat. mit
pathologischem
cerebr. Befund
Pat. mit pathol.
cerebr. Befund
u. passagere
Psychose
Sig.
65
4.8.
EEG VERÄNDERUNGEN
Wir fanden in unserer Studie, dass bei Parkinsonpatienten mit passagerer Psychose
häufiger pathologische EEG Befunde im Sinne einer Allgemeinveränderung festgestellt
werden konnten. Allerdings muss hier erwähnt werden, dass zum einen nicht bei allen
Patienten des Kollektivs eine EEG Ableitung durchgeführt wurde und zum anderen der
Zeitpunkt der EEG Aufzeichnung, also ob vor, während oder nach der passageren
Psychose die EEG Ableitung durchgeführt wurde, nicht registriert wurde. Aufgrund
dessen wurden speziell die Parkinsonpatienten getrennt untersucht, die nur vor der
stationären
Behandlung
eine
passagere
Psychose
erlitten
und
somit
zum
Ableitezeitpunkt des EEG´s frei von psychotischen Symptomen waren (Tab. 36a). In
der Multivarianzanalyse konnte eine Allgemeinveränderung im EEG als wichtiger
prädiktiver Faktor identifiziert werden (Tab. 36,Tab. 36a, Tab. 48).
FISCHER et al. (1977) berichteten von Ergebnissen, wonach bei mit L-Dopa
behandelten Parkinsonpatienten zwischen EEG-Veränderungen und der Schwere der
hirnorganischen Leistungsbeeinträchtigung eine Beziehung besteht. In einer späteren
Studie konnte FISCHER dann auch (1990) einen signifikanten Zusammenhang
zwischen diffus abnormaler EEG Aktivität und dem Auftreten von passageren
Psychosen nachweisen. Allerdings muss auch auf frühere Ergebnisse von SCHNEIDER
und FISCHER (SCHNEIDER, 1984) und von KLEIN et al. (1997) hingewiesen werden, wo
keine signifikant pathologischen EEG Befunde bei Parkinsonpatienten mit einer
passageren Psychose zu finden waren (Tab. 55).
Während bei der Studie von KLEIN et al. (1997) der Ableitezeitpunkt nicht aus der
Studienbeschreibung zu entnehmen war, stellten SCHNEIDER et al. (1984) klar, dass für
die korrelationsstatistischen Analysen die EEG- Ausgangsbefunde herangezogen
wurden und somit davon auszugehen war, dass kein Patient während eines
psychotischen Zustandes untersucht wurde.
Eine mögliche Erklärung für gehäuftes Auftreten von Allgemeinveränderungen im EEG
bei Patienten mit passagerer Psychose könnte allerdings sein, dass ein Teil dieser
Patienten möglicherweise an einer Lewy- Body Demenz (DLK) erkrankt sind. So
konnte BRIEL[gb13] et al. (1999) Verlangsamung des Basisrhythmus (5-7 Hz) sowie
eine diffuse, temporal betonte Verlangsamung bei Patienten mit DLK feststellen.
Zschoke (1995) stellte ebenfalls fest, dass sich bei Parkinsonpatienten lediglich bei
dem komplexeren Syndrom des „Parkinson Plus“ im EEG deutlichere pathologische
66
Veränderungen mit allgemeiner Verlangsamung und Einlagerungen von Delta- Wellen
finden. Auch muss bei den in unserer Studie untersuchten Patienten mitberücksichtigt
werden, dass einige von ihnen unter einer neuroleptischen Medikation (hauptsächlich
Clozapin) standen, was auch zu EEG Veränderungen führen kann (Centorrino, 2002).
Somit sind alle Studienergebnisse mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten.
Tab. 55 Vergleichende Tabelle EEG Veränderungen
Autor
et al.
Jahr
Test
SCHNEIDER
FISCHER
KLEIN
diese Studie
1984
1990
1997
2002
EEG Frequenz
9 Hz
psychotische
Psychose
Kriterium
Episoden
einschließlich.
hypomanische
Zustände
Patienten
% psychot.
Episode
Psychotische
Episode
Pat. mit pathol.
EEG Befund
leichte und deutliche
diffuse Abnormalität
Verlangsamung im
EEG
Stufe 2 und 3 nach
Moskovitz also
akute oder sub-
Halluzinationen mit
akute visuelle
erhaltenem
Halluzinationen mit /
Bewusstsein und
ohne Psychose
Psychosen
leichte, mittlere und
schwere
Allgemeinveränderung
im EEG
Halluzination mit
erhaltenem
Bewusstsein,
Psychosen und
Verwirrtheitszustände
152
25
87
157
27.63%
80%
33.33%
78%
42
20
29
89
79
10
22
131
25
10
25%
73
Pat. mit pathol.
EEG Befund u.
passagere
Psychose
leichte
Veränderungen 2.2
Risiko (Odds
ratio)
1.52
k. A. möglich (Dividiert
(0.8-5.7) bzw.
durch Null)
deutliche
3.15 (1.37-7.14)
Veränderungen
1.1 (0.3-3.6)
Sig.
n. sign.
sign.
n. sign.
sign.
67
4.9.
MEDIKAMENTÖSE FAKTOREN
In der vorliegenden Studie zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen L-Dopa
Dosis und dem Auftreten einer passageren Psychose, allerdings konnte in der
Multivarianzanalyse gezeigt werden, dass dieser Faktor nicht zu den Hauptprädiktoren
zählt (Tab. 37, Tab. 47). Bei den Dopaminagonisten konnte für das jeweilige Präparat
keine signifikante Aussage getroffen werden, da für die einzelnen Präparate zu wenig
Zahlen vorlagen, allerdings zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der
Gabe eines Dopaminagonisten und dem Auftreten einer passageren Psychose (Tab.
38 und Tab 39). Hier konnte in der Multivarianzanalyse sogar gezeigt werden, dass
damit ein guter Prädiktor zur Verfügung steht (Tab. 47). Eine Dosis-Wirkungs-Relation
konnte allerdings nicht nachgewiesen werden. Dies könnte, wie aus der Tabelle 17
ersichtlich daran liegen, dass bereits im Vorfeld der Medikamentenerfassung auf das
Auftreten einer passageren Psychose mit einer Dosisreduktion reagiert wurde. Bei
einem Vergleich der Tabellen 40 und 41 sieht man in der Tabelle 40 eine – nicht
logisch erscheinende - fallende Odds Ratio bei steigender Dosis. Dieser Trend kehrt
sich
dann
bei
der
Patientensubgruppe
um,
welche
zum
Zeitpunkt
der
Medikamentenerfassung erstmalig eine passagere Psychose erlitten und bei denen
somit - wahrscheinlich - im Vorfeld keine Dosisreduktion durchgeführt wurde (Tab. 41).
Als weiteres interessantes Ergebnis zeigte sich, dass die Menge an verordneten
unterschiedlichen Parkinsonpräparaten ein wichtiger Prädiktor ist und auch mit dem
sog. Dosisäquivalent ein zwar nicht signifikanter aber tendenziell guter Prädiktor zur
Verfügung steht (Tab. 43, Tab. 44, Tab. 47, Tab. 48).
Dass passagere Psychosen im Rahmen der Parkinsonerkrankung gemeinhin als
Nebenwirkung der dopaminergen Medikation betrachtet werden (FRIEDMAN, 1991;
FACTOR, 1995) hat mehrere Gründe. Zum einen wurden diese psychotischen Zustände
zum größten Teil erst mit Beginn der L-Dopa Ära registriert, zum anderen verursachen
alle dopaminergen Substanzen, welche in der Parkinsonbehandlung benutzt werden,
psychotische Reaktionen (SAINT-CYR, 1993) und drittens können häufig psychotische
Zustände im Rahmen der Parkinsonerkrankung durch sog. “drug holidays“, also durch
Reduktion
oder
Absetzen
von
dopaminergen
Substanzen
verbessert
oder
unterbrochen werden. Hier sei auch auf die Arbeit von MOSKOVITZ (1978) in der
Einleitung verwiesen.
68
In drei prospektiven Studien (SANCHEZ-RAMON, 1996, GRAHAM, 1997, FÉNELON, 2000)
und
einer
retrospektiven
Studie
(SHERGILL,
1998)
konnte
allerdings
kein
Zusammenhang zwischen der Dosis der dopaminergen Medikation (L-Dopa und
Dopaminagonisten) und dem Auftreten von Halluzinationen gefunden werden. Kürzlich
konnten GOETZ et al. (1998) zeigen, dass es keine Beziehung zwischen visuellen
Halluzinationen
und
einem
hohen
L-Dopa
Plasmaspiegel
bzw.
schnellen
Plasmaspiegelschwankungen gibt.
AARSLAND et al. (1999) allerdings konnten in ihrer Studie eine enge Beziehung
zwischen der medikamentösen Behandlung und dem Auftreten von lebhaften Träumen
feststellen. So nahmen Patienten mit lebhaften Träumen die höchste L-Dopa Dosis.
Folglich seien die lebhaften Träume medikamenteninduzierte Phänomene, wohingegen
das Auftreten von Halluzinationen und Wahnvorstellungen bei Patienten die eine
Levodopa Medikation erhalten, sich durch eine zusätzliche Demenz oder Depression
ergebe.
Den Misserfolg eine signifikante Korrelation zwischen der L-Dopa Dosis und dem
Auftreten von Halluzinationen zu finden erklärte AARSLAND (1999) damit, dass nur sehr
wenig Patienten ohne L-Dopa Behandlung waren, die klinisch tätigen Ärzte die L-Dopa
Medikation bereits reduzierten und drittens dass andere Faktoren, wie etwa ein
cholinerges Defizit bei dementen Patienten einen wichtigen Kofaktor bei der Auslösung
von psychotischen Zuständen darstellt und es somit nicht auf die Menge an
dopaminergen Substanzen ankommt.
69
5.0.
ZUSAMMENFASSUNG
Ziel der Untersuchung war, prädisponierende Faktoren für das Auftreten von
passageren Psychosen bei Parkinson Patienten zu ermitteln. Hierfür wurden in der
vorliegenden Studie retrospektiv 114 Parkinsonpatienten mit einer passageren
Psychose einer bezüglich des Alters und Geschlechts übereinstimmenden Gruppe von
114 Parkinsonpatienten ohne psychotische Störung gegenübergestellt. Verglichen
wurde das klinische Bild und die Befunde der apparativen Zusatzdiagnostik (zerebrale
Computer- oder Kernspintomographie, EEG Befund).
Als die vier wichtigsten und unabhängigen prädiktiven Faktoren konnte in der
Multivarianzanalyse festgestellt werden:
a.) Eine schwere kognitive Leistungsstörung (Demenz), definiert durch den
psychopathologischen Befund
b.) Die Gabe eines Dopaminagonisten
c.) Die Schwere der Erkrankung, dargestellt durch einen entsprechend hohen
Hoehn und Yahr Score
d.) Eine Schlafstörung
Alle Prädiktoren - bis auf die Gabe eines Dopaminagonisten - sind ein deutliches
Zeichen dafür, dass es sich um eine Gruppe von Kranken mit ausgeprägterer klinischneurologischer und psychoorganischer Symptomatik handelt, die unter einer
medikamentösen Parkinsontherapie eine passagere psychotische Symptomatik
entwickeln.
Ungeachtet des biochemischen Wirkungsmechanismus der einzelnen Substanzen ist
zu diskutieren, ob diese Patienten eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber zentral
wirksamen Pharmaka – wie z.B. den Dopaminagonisten - haben.
70
6.
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Ich bedanke mich herzlich bei Prof. Dr. med. H. Przuntek, der mir in seiner Klinik
Zugang zu diesem umfangreichen Parkinson-Patientenkollektiv ermöglichte.
Insbesondere danke ich Herrn Oberarzt Priv. Doz. Dr. med. Th. Müller, unter dessen
Leitung
die
vorliegende
Arbeit
durchgeführt
worden
ist.
Seine
ständige
Diskussionsbereitschaft sowie seine engagierte Betreuung und Durchsicht des
Manuskripts haben wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen.
Danken möchte ich auch Frau Dipl Stat. A. Hüsing und meinem Freund Herrn Dipl.
Stat. M. Homering für die wertvolle Unterstützung bei der statistischen Auswertung.
Mein besonderer Dank gilt jedoch meiner Frau, die mir die Zeit für diese Arbeit
verschaffte und mich moralisch unterstützte und meinen Eltern, die mir das Studium
der Humanmedizin ermöglichten.
87
LEBENSLAUF
Persönliche Angaben
Vorname, Name
:
Markus Bock
Geburtstag und Ort
:
17. Mai 1968 in Dortmund
Wohnort
:
Vaerstenberg 28 a
58313 Herdecke
Familienstand
:
verheiratet
Telefon
:
02330-803956
Ausbildung und Werdegang
Schulausbildung
:
Abitur 1987 Gymnasium Do.-Brünninghausen
Wehrdienst
:
Juli 1987 bis September 1988
Studium
:
Oktober 1988
Beginn des Studiums der Medizin
an der Ruhr-Universität Bochum
April 1995 3. Staatsexamen
Beruf
:
Juni 1995 Arzt im Praktikum
Abteilung Innere Medizin II / Kardiologie
Ev. Krankenhaus Unna Prof. Dr. Hagemann
September 1995 bis November 1996
Arzt im Praktikum Neurologische Klinik
Dezember 1996 bis Dezember 1997
Assistenzarzt Neurologische Klinik
Ev. Krankenhaus Hattingen
Dr. med. R. Poburski
Januar 1998 bis Dezember 1998
Assistenzarzt Westfälisches Zentrum für
Psychiatrie, Psychotherapie und
Psychosomatik Prof. Dr. Paul L. Janssen
Januar 1999 bis Oktober 2000
Assistenzarzt Neurologische Klinik
Ev. Krankenhaus Hattingen
September 2000 Facharzt für Neurologie
seit November 2000
Assistenzarzt Westfälisches Zentrum für
Psychiatrie, Psychotherapie
Universitätsklinik
Prof. Dr. med. Dr. phil. Th. Payk
88
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