5 EINFLÜSSE AUF DEN WALDZUSTAND

Werbung
Waldzustandsbericht 2006 – Einflüsse auf den Waldzustand
5
EINFLÜSSE AUF DEN WALDZUSTAND
Eine Vielzahl von Umweltfaktoren wirken auf Wald-
Im Wesentlichen lassen sich drei Gruppen von Ein-
ökosysteme ein und führen zu einer stetigen Verän-
flussfaktoren zusammenfassen:
derung des Waldzustandes. Die unterschiedlichen
Stoffeinträge
Einflussfaktoren sind teils natürlichen Ursprungs, teils
Witterung
durch den Menschen bedingt und variieren stark in
Biotische Schädigungen
ihrer räumlichen und zeitlichen Ausprägung. Die
Wirkungswege der Einflussfaktoren sind dabei sehr
Zudem stehen die einzelnen Faktoren in Wechselbe-
unterschiedlich. Einerseits können sie direkt auf den
ziehung zueinander und können sich in ihrer Wirkung
Baum wirken, andererseits über eine Störung des
verstärken oder auch abschwächen. So führt ein
Ökosystems Einfluss auf den Waldzustand ausüben.
extremer Witterungsverlauf mit lang anhaltender
So können z.B. hohe Konzentrationen von Luft-
Trockenheit und hohen Temperaturen wie z.B. im
schadstoffen direkt eine Blattschädigung verursa-
Jahr 2003 zu einer massiven Schwächung der Bäu-
chen, andererseits wirken sie durch Bodenversaue-
me und gleichzeitig zu einer erhöhten Anfälligkeit
rung langfristig schädigend auf den Wald.
gegenüber Käferbefall (Abb. 43).
Baum
Schadfaktoren
Immissionen (SO2, NOx,
O3)
Nährstoffstörung
Baumwachstum
Witterung (Trocknis,
Frost)
Nadel-/Blattverlust
und
Vergilbung
Biotische Schädigungen
(Insekten, Pilze)
Vitalitätsverlust
Ökosystem
Bodenversauerung,
Entbasung
Bodenfunktionen,
Filter- Puffer-,
Lebensraum
Schädigung der
Feinwurzeln
Biodiversität
Absterben
Off site
Effekte
Bodenwasserhaushalt
Grund- und
Oberflächenwasser
Abb. 43: Einflussfaktoren und deren Wirkungswege
40
Klimaerwärmung,
Klimarelevante
Spurengase
Waldzustandsbericht 2006 – Einflüsse auf den Waldzustand
Die Wälder Baden-Württembergs leiden aufgrund
5.1 Klima- und Witterung
von hohen Schadstoffeinträgen, die in den letzten
Witterungssituation 2005/2006
Jahrzehnten in die Wälder eingetragen wurden, an
In weiten Landesteilen Baden-Württembergs war das
einer chronischen Destabilisierung. Insbesondere
Jahr 2005 zu warm und eher zu trocken. An der
Säure- und Stickstoffeinträge führen über Versaue-
Station Freudenstadt (Schwarzwald) wurden bei-
rungsprozesse und Nährelementauswaschung aus
spielsweise mit Ausnahme der Monate Februar und
dem Boden langfristig zu einer Schädigung des Öko-
August in allen Monaten des Jahres 2005 die Durch-
systems. Auswirkungen hiervon sind auf vielen
schnittstemperaturen des vieljährigen Mittels über-
Standorten eine geringere Tiefendurchwurzelung,
schritten. Als Bezugsgröße dient hierbei die internati-
Schädigung der für die Bodenstruktur und Bodenbe-
onale klimatologische Referenzperiode, die aus den
lüftung verantwortlichen Bodenlebewesen und letztendlich
verstärkte
Nadel-/Blattverluste.
Werten der Jahre 1961 bis 1990 berechnet wird. Die
Verstärkt
Niederschlagssummen fielen dagegen eher gering
werden diese Schäden durch extreme Witterungser-
aus. Vor allem ab Herbst 2005 war ein deutliches
eignisse wie lang anhaltende Trockenperioden und
Niederschlagsdefizit zu verzeichnen.
Schadorganismen, die oftmals als Sekundärfolger
Dem lang anhaltenden Winter 2005/2006 folgte ein
nach Extremereignissen auftreten.
relativ kühl-feuchtes Frühjahr mit hohen Nieder-
Thema der Waldzustandserfassung ist jedoch nicht
schlagssummen v. a. im März und Mai. Ende Mai fiel
nur die Vitalität von Wäldern, sondern mittelbar auch
in den Hochlagen des Schwarzwaldes sogar noch
die Wirkung von Waldschäden auf benachbarte Ökosphären.
Hier
sind
insbesondere
einmal Schnee. Die Monate Juni und Juli 2006
verstärkte
zeichneten sich durch sehr hohe Temperaturen und
Schadstoffausträge in die Hydrosphäre aus geschä-
geringe Niederschläge aus, die zu einem wachsen-
digten Waldökosystemen bzw. Rückkopplungen mit
den Stresspotential für die Waldbäume wurden. Erst
der globalen Klimaentwicklung zu nennen.
durch den sehr regenreichen und kühlen August
wurde diese Belastung abgemildert (Abb. 44).
Niederschlags- und Temperaturabweichung
Station Freudenstadt (797 m ü. NN)
Quelle: DWD
Temperatur-Abweichung [°C]
Niederschlags-Abweichung in %
+ 32
+ 30
+ 28
+ 26
+ 24
+ 22
+ 20
+ 18
+ 16
+ 14
+ 12
+ 10
+8
+6
+4
+2
+0
-2
-4
Aug
Jul
Jun
Mai
Apr
Mrz
Feb
Jan
Dez
Nov
Okt
Sep
2006
Aug
Jul
Jun
Mai
Apr
Mrz
2005
Feb
Jan
Dez
Nov
Okt
Sep
Aug
Niederschlags-Abweichung [%]
+ 200
+ 180
2004
+ 160
+ 140
+ 120
+ 100
+ 80
+ 60
+ 40
+ 20
+0
- 20
- 40
- 60
- 80
- 100
- 120
- 140
- 160
- 180
- 200
Temperatur-Abweichung in °C
Abb. 44: Niederschlags- und Temperaturabweichung Station Freudenstadt
41
Waldzustandsbericht 2006 – Einflüsse auf den Waldzustand
Klimawandel
Schädlingen (v. a. Borkenkäfer, blattfressende Rau-
Der Klimawandel ist bereits im vollen Gange. In den
pen) verbessert und damit zusätzlich Stresspotential
letzten 100 Jahren hat sich die bodennahe Lufttem-
für die Waldbäume aufgebaut.
peratur global um etwa 0,6° Celsius erhöht (IPCC
Die Ursachen des Klimawandels sind im Wesentli-
2001). Um auch für Baden-Württemberg potentielle
chen auf menschliche Einflüsse zurückzuführen. Der
Folgen des Klimawandels abschätzen zu können,
stark erhöhte Ausstoß von klimarelevanten Spuren-
wurden von der Landesregierung in den letzten Jah-
gasen seit Beginn der Industrialisierung führt dazu,
ren die Forschungsprojekte KLIWA („Klimaänderung
dass Wärmestrahlung innerhalb der Atmosphäre
und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft“) und
absorbiert wird und nicht nach außen entweichen
KLARA („Klimawandel – Auswirkungen, Risiken,
kann („Treibhauseffekt“). Treibhausgase entstehen v.
Anpassungen“) als Verbundprojekte initiiert. Beide
a. bei der Nutzung fossiler Energieträger, der land-
Untersuchungen lassen deutliche Änderungen des
wirtschaftlichen Produktion und bei industriellen
Klimas in den nächsten Jahren erkennen. In einigen
Prozessen.
Landesteilen wird sich die Jahresmitteltemperatur bis
In Abbildung 45 sind die Jahresmittelwerte für Tem-
ins Jahr 2050 um 1,7° Celsius erhöhen. Dabei gibt es
peratur und Niederschlag der Stationen Stuttgart
nach den Berechnungen der Klimaforscher regional
(mittlerer Neckar), Freiburg (Breisgau), Münsingen
große Unterschiede. Während sich im Oberrheingra-
(Schwäbische Alb) und Villingen (Baar) des Deut-
ben und im Nordwesten des Landes sowohl die
schen Wetterdienstes für den Zeitraum 1952 bis
Temperaturen als auch die Niederschläge mittelfristig
2005 dargestellt. Die Jahresmittelwerte der Tempera-
deutlich erhöhen werden, ist für die Ostseite des
tur aller vier Stationen zeigen seit etwa Mitte der
Schwarzwaldes und für den Südosten Baden-
1970er Jahre im Durchschnitt einen eindeutigen
Württemberg mit einer geringeren Temperaturerhö-
Anstieg. Der Trend der Temperaturentwicklung deu-
hung auszugehen. In diesen Landesteilen werden
tet klar auf eine Erwärmung in der Beobachtungszeit
sich auch die Niederschlagsmengen reduzieren und
hin. Ein einheitlicher Trend der Niederschlagsmen-
insbesondere in den Sommermonaten zu akuten
gen lässt sich dagegen anhand der Jahresmittelwerte
Trockenperioden führen. So wird die durchschnittli-
nicht aufzeigen. Die Werte weichen im Vergleich zum
che Temperatur in Konstanz (Bodensee) im Jahr
langjährigen Mittel sowohl in die eine wie auch in die
2050 um etwa 1,4° Celsius steigen, die Nieder-
andere Richtung stark ab.
schlagssumme jährlich aber um rund 100 Millimeter
und damit über 10 % sinken (KLIWA 2005).
Die vorausgesagten Klimaänderungen werden für die
Natur beträchtliche Auswirkungen haben. Trotz großen Anpassungsvermögens der Flora und Fauna
wird es aufgrund des rasanten Tempos der Klimaveränderung zwangsläufig zu einer Verschiebung der
Vegetationszonen und zu einer Veränderung der
Artenzusammensetzung der derzeitigen Waldökosysteme kommen.
Auf die Vitalität der Bäume wirkt sich eine Destabilisierung des Klimas meist unmittelbar aus. Zudem ist
noch weitgehend unklar, inwieweit sich das Zusammenspiel zwischen abiotischen und biotischen Einflussfaktoren auf das Ökosystem verändern wird. So
werden beispielsweise durch höhere Durchschnittstemperaturen die Lebensbedingungen von vielen
42
Waldzustandsbericht 2006 – Einflüsse auf den Waldzustand
60
Abw. in %
Stuttgart
Niederschlag
3,0
50
2,5
40
2,0
30
1,5
0,0
0
-0,5
-10
-1,0
-20
-1,5
-30
-2,0
-40
-2,5
1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Abw. in %
1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Quelle: DWD
Quelle: DWD
Freiburg
Niederschlag
2,5
40
2,0
30
1,5
20
1,0
10
0,5
0
0,0
-10
-0,5
-20
-1,0
-30
-1,5
-40
Abw. in °C
Freiburg
Temperatur
-2,0
1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Abw. in %
1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Quelle: DWD
Quelle: DWD
Münsingen
Niederschlag
2,5
30
2,0
20
1,5
10
1,0
0
0,5
-10
0,0
-20
-0,5
-30
-1,0
-40
Abw. in °C
Münsingen
Temperatur
-1,5
1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Abw. in %
1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Quelle: DWD
Quelle: DWD
40
Temperatur
0,5
10
40
Stuttgart
1,0
20
50
Abw. in °C
Villingen
Niederschlag
2,5
30
2,0
20
1,5
Abw. in °C
Villingen
Temperatur
1,0
10
0,5
0
0,0
-10
-0,5
-20
-1,0
-30
-1,5
-40
-2,0
1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Quelle: DWD
1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Quelle: DWD
Abb. 45: Jahresmittelwerte für Niederschlag und Temperatur seit 1951
43
Waldzustandsbericht 2006 – Einflüsse auf den Waldzustand
ist noch keine merkliche Absenkung der Populati-
5.2 Die Waldschutzsituation
onsdichte der Borkenkäfer in Baden-Württemberg zu
Die Waldschutzsituation in Baden-Württemberg ist
spüren. Im Gegenteil: durch die heißen und trocke-
weiterhin angespannt. Im Jahr 2005 fielen knapp
nen Monate Juni und Juli 2006 fanden die Käfer
2,67 Mio. Festmeter Holz als so genannte zufällige
besonders gute Ausbreitungsbedingungen (Abb. 47).
Nutzung an, d.h. einer Holznutzung die nicht auf
Selbst der äußerst kalte und nasse August konnte
einen geplanten Holzeinschlag beruht, sondern durch
eine Massenvermehrung der Borkenkäfer nicht mehr
Naturereignisse v.a. Borkenkäfer und Sturm zwangs-
aufhalten. Die Aufarbeitungsmenge an Käferholz
läufig anfällt. Diese Menge entspricht einem Anteil
belief sich Ende August bereits auf über
100
Anteil zufälliger Nutzung am Holzeinschlag
(Gesamtwald Baden-Württemberg)
%
1 Million Festmeter Schadholz. Die
Menge wird sich aller Voraussicht nach
90
bis Ende des Jahres noch deutlich
80
erhöhen (Abb. 48).
70
60
50
Die Schadensschwerpunkte in BadenWürttemberg liegen v. a. in den Regio-
40
30
nen, die besonders stark von der Tro-
20
ckenheit 2003 betroffen waren. So kam
10
es besonders in den Regionen Neckar2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
1989
1988
1987
1986
0
abiotische Ursachen (Sturm,Schnee,Rauhreif,Eis,Dürre, Immissionen,Sonstiges)
Abb. 46: Anteil zufälliger Nutzung am Gesamteinschlag
Gesamteinschlag
einem hohen Käferholzanteil.
Nachdem die Eiche und andere Laub-
biotische Ursachen (Insekten,Pilze)
am
Franken, Ostalb und Hochrhein zu
Baden-Württembergs
baumarten im Jahr 2005 noch stark
durch Fraßschäden der Raupen von
von
Frostspanner und Eichenwickler geschädigt war,
42 %. Insgesamt 78 % der zufälligen Nutzung im
konnte im Jahr 2006 eine deutlich geringere Belas-
Jahr 2005 sind aus biotischen und 22 % aus abioti-
tung durch blattfressende Raupen festgestellt wer-
schen Ursachen angefallen. Damit ist der Anteil der
den. Zu großflächigen Kahlfraß wie noch im Früh-
zufälligen Nutzung am Gesamtholzeinschlag in den
sommer des Vorjahres kam es nicht mehr. Einzel-
letzten drei Jahren relativ konstant geblieben (Abb.
bäume bzw. kleinere Baumgruppen waren indes
46).
immer noch betroffen.
Biotische Ursachen
Im Bereich der nördlichen Oberrheinebene kam es
Im Jahr 2005 fiel mit insgesamt über 2 Millionen
im Jahr 2006 wiederholt zu Blattfraß des Waldmaikä-
Festmeter Käferholz nahezu die gleiche Schadholz-
fers. Einige Eichenbestände wurden von den mas-
masse an wie bereits 2004. Der überwiegende Teil
des Käferholzes war durch die Fichtenborkenkäfer
Buchdrucker und Kupferstecher verursacht, die auch
in den letzten Jahren durch massenhaftes Auftreten
zu erheblichen Schäden geführt haben. Durch die
extreme Trockenheit und Hitze im Jahr 2003 fanden
die landesweit nach dem Sturm „Lothar“ noch zahlreich
vorkommenden
Lebensbedingungen,
um
Insekten
sich
beste
massenhaft
zu
vermehren. Die durch Trockenstress geschwächten
Fichten konnten dem Befall der Schadinsekten kaum
etwas entgegensetzen. Und auch bis ins Jahr 2006
44
Abb. 47: Larvengänge des Buchdruckers
Waldzustandsbericht 2006 – Einflüsse auf den Waldzustand
senhaft auftretenden Käfern kahlgefressen. Die Maikäfer können insbesondere durch den Wurzelfraß der
im Boden lebenden Engerlinge erhebliche Schäden
am Laubjungwuchs anrichten. Des Weiteren wurde in
nahezu allen Landesteilen Baden-Württembergs ein
äußerst schlechter Austrieb der Schwarzerlen beobachtet. Zahlreiche Knospen bildeten bis weit in den
Juni herein noch keine Blätter aus, ohne dass ein
entsprechender Schaderreger festgestellt wurde.
5.3 Stoffeinträge
Die Belastung der Wälder durch Luftschadstoffe ist
weiterhin sehr hoch. Neben direkten Schädigungen
der Blattorgane durch Gase, die nur bei sehr hohen
Konzentrationen auftreten und –außer bei Ozon- in
Baden-Württemberg derzeit nicht mehr zu beobachten sind, sind es vor allem indirekte Schadwirkungen
die das Ökosystem Wald chronisch destabilisieren.
Schadstoffeinträge führen mittel- und langfristig zu
Versauerungsprozessen
Aufsummierte Summe von Käferholz in
Baden-Württemberg 2005/2006
und
Schädigungen
des
Nährelementhaushalts von Waldböden. Aufgrund der
2.500.000
größeren Blatt- bzw. Nadeloberfläche kämmen Wäl-
2.000.000
der Schadstoffe aus der Luft heraus und sind daher
1.500.000
stärker durch Luftschadstoffe belastet wie benach-
1.000.000
barte Freilandflächen.
2005
Dez
Nov
Okt
Sep
Aug
Jul
Jun
Jan
Mai
schadstoffe von der Landesanstalt für Umwelt, MesApr
0
Mrz
In Baden-Württemberg werden gasförmige LuftFeb
500.000
2006
sungen
und
Naturschutz
Baden-Württemberg
(LUBW) erfasst. Die Messstationen befinden sich
Abb. 48: Käferholz 2005/2006
über das ganze Land verteilt. Drei der Stationen
Abiotische Ursachen
befinden
Der Anteil an zufälliger Nutzung aufgrund von abioti-
schwarzwald), Edelmannshof (Schwäbischer Wald)
scher Ursache ist im Jahr 2005 gegenüber den Vor-
und Wilhelmsfeld (Odenwald). Die Depositionen im
jahren deutlich zurückgegangen. Im Jahr 2005 traten
Niederschlag werden an 24 Messstationen im Wald
kaum nennenswerte Sturmschäden auf. Auch der
von der FVA Baden-Württemberg erfasst (Depositi-
Winter und das Frühjahr 2006 waren weitgehend frei
onsmessnetz).
von größeren Sturmwurfereignissen. Einen größeren
Gasförmige Immissionen
Sommersturm
Rosen-
Die drastische Reduzierung der Schwefeldioxidkon-
berg/Ellwangen mit ca. 10.000 Festmeter Schadholz.
zentration in den letzten 20 Jahren ist als unmittelba-
Andererseits sind die Dürreschäden im Vergleich zu
re Folge der öffentlichen Umweltdiskussion anzuse-
den letzten Jahren stark zurückgegangen. Im Jahr
hen, welche nicht zuletzt durch die Beobachtung
gab
es
im
Raum
2
sich
im
Wald:
Kälbelescheuer
(Süd-
2005 fielen /3 weniger Dürrholz wie im Vorjahr an.
massiver Waldschäden Ende der 70er Jahre ausge-
Bis Ende August 2006 ist ein weiterer Rückgang der
löst wurde. Durch die Einführung von Rauchgasent-
Dürrholzmenge zu beobachten. Dennoch ist der
schwefelungsanlagen und der Verwendung schwe-
Anteil an Dürrholz auch noch drei Jahre nach dem
felärmerer Brennstoffe wie z.B. Gas oder leichtes
extremen Trockenjahr 2003 verglichen mit der lang-
Heizöl konnte die Konzentration drastisch gesenkt
jährigen Zeitreihe überdurchschnittlich hoch. Vor
werden. Hohe Schwefeldioxidkonzentrationen in der
allem Buchen und Fichten haben weiterhin unter
Luft führen bereits nach kurzer Zeit zu akuten Schä-
Folgen der extremen Witterungssituation zu leiden.
den der Blattorgane an Bäumen. Die derzeit gemes-
Durch den relativ lang anhaltenden Winter und
senen
gleichzeitig bereits hoher Strahlungsaktivität kam es
Württemberg liegen aber deutlich unter den Werten,
zudem 2006 zu Frosttrocknisschäden, v. a. an Doug-
die zu sichtbaren Schädigungen bei Waldbäumen
lasien (FVA 2006).
führen. Allerdings tragen sie nach wie vor als Be-
Jahresmittelkonzentrationen
in
Baden-
standteil des Gesamtsäureeintrages zur Versauerung
der Waldböden und der Gewässer bei (Abb. 49).
45
Waldzustandsbericht 2006 – Einflüsse auf den Waldzustand
von der Energiezufuhr durch Sonnenstrahlung ab-
Jahresmittelwerte
µg/m³
SO2 in mmg/m³
hängig ist. Während in den Wintermonaten nur wenig
25
Quelle: UMEG
Edelmannshof
Kälbelescheuer
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
welt. Im Juni 2006 wurden an den Waldmessstatio-
1992
erheblichen Ozonbelastungen für Mensch und Um-
0
1991
5
1990
wird, kommt es in den Sommermonaten z. T. zu
1989
10
1988
Kubikmeter Luft nur an wenigen Tagen überschritten
1987
15
1986
Ozon gebildet und der Schwellenwert von 120µg pro
1985
20
nen Edelmannshof, Kälbelescheuer und Wilhelmsfeld
Wilhelmsfeld
an über 22 Tagen der für die Vegetation kritische
Abb. 49: Jahresmitte Schwefeldioxid
Schwellenwert
überschritten.
Zeitreihe
Waldmessstationen
Während die natürliche Ozonschicht in einer Höhe
Württemberg zeigt, dass die Ozonbelastung über
von 20 bis 30 km in der Atmosphäre die Erde vor
weite Bereiche sehr hoch ist. Insbesondere in Som-
schädlicher Ultraviolettstrahlung schützt, ist boden-
mern mit extrem heißer Witterung wie 2003 aber
nahes Ozon schädlich für den Menschen und die
auch 2006 steigt die Ozonbelastung empfindlich an
Umwelt. Das farblose Gas entsteht unter Einwirkung
(Abb. 51).
der Blätter in die Pflanze ein und schädigt das Palisadengewebe und verringert damit die Photosyntheseleistung der Pflanzen. Schädigungen der Blätter
sind
durch
punktförmige
chlorotische
Flecken
(„Stipplings“) auf der Blattoberseite zu erkennen
Baden-
8-Std. Mittelwert (Schwellenwert 120µg/m³)
30
fersubstanzen stammen vornehmlich von Autoabga-
25
Anzahl der Tage
reaktives Molekül. Es dringt über die Spaltöffnungen
in
Überschreitung der Ozonkonzentration
und flüchtigen Kohlenwasserstoffen. Diese Vorläusen und Emissionen der Industrie. Ozon ist ein hoch-
LUBW
der
Ein weiterer wichtiger Luftschadstoff ist das Ozon.
von Sonnenlicht aus der Reaktion von Stickoxiden
der
Die
20
15
10
5
0
Feb Mai Aug Nov Feb Mai Aug Nov Feb
2002
Quelle: UMEG
Quelle:
Edelmannshof
2003
Mai
Aug Nov Feb Mai Aug Nov Feb Mai Aug
2004
2005
Kälbelescheuer
2006
Wilhelmsfeld
Abb. 51: Ozonüberschreitungen 2002 bis 2006
(Abb. 50).
Auf Level II Versuchsflächen in Baden-Württemberg
wurden im Sommer 2006 sowohl in Wilhelmsfeld
(Odenwald) als auch Rotenfels akute Schädigungen
durch Ozon an Buchenblättern festgestellt.
Depositonen im Niederschlag
An landesweit 24 Messstationen werden derzeit die
Stoffeinträge vergleichend unter einem Fichtenbestand und einer benachbarten Freilandfläche in Ba-
Die Konzentration von bodennahem Ozon unterliegt
den-Württemberg überwacht. Die Messpunkte des
stark jahreszeitlichen Schwankungen, da die Bildung
Depositionsmessnetzes sind auf Regionen mit vorwiegend nichtkarbonatischen Standorten konzentriert, da dort die standortspezifische Pufferrate durch
die aktuellen Säureeinträge großflächig überschritten
wird. Aus Standardisierungsgründen sind die Depositionsmessstellen auf Fichtenbestände beschränkt. An
den Messstellen werden sowohl die Gesamtsäureals auch die Stickstoffeinträge gemessen.
Die Depositionen sind in den Waldbeständen im
Durchschnitt ca. zwei- bis dreimal so hoch wie im
benachbarten Freiland. Das bedeutet, dass Wälder
Abb. 50: Buchenblatt mit Zellschäden durch Ozon
46
mit ihrer großen Kronenoberfläche Staubpartikel und
Aerosole aus der Luft herausfiltern und damit aktiv
Waldzustandsbericht 2006 – Einflüsse auf den Waldzustand
zur Luftreinhaltung beitragen. Lediglich an Stationen
sionen aus Kläranlagen und der chemischen Indust-
im Windschatten des Schwarzwaldes treten verein-
rie verursacht.
zelt im Waldbestand und im Freiland vergleichbare
Ein erheblicher Teil der mit dem Niederschlag einge-
Depositonsraten auf (Bsp. Löffingen).
tragenen Säuren wird bereits im Kronenraum von
Gesamtsäureeinträge
den Bäumen aufgenommen (z.B. durch die direkte
Die Säureeinträge im Niederschlag setzen sich aus
Aufnahme von Ammonium) oder wird durch Freiset-
Sulfat (SO4), Nitrat (NO3), Chlorid (Cl) und Ammoni-
zung von Basen abgepuffert. Dieser als Kronenpuffe-
um (NH4) zusammen. Die Depositionen von Sulfat
rung bezeichnete Anteil entzieht sich somit der direk-
und Nitrat stammen überwiegend aus der Verbren-
ten Messung. Er wird durch Modellrechung ermittelt
nung fossiler Energieträger, die von Chlorid aus der
und der direkt gemessenen Säuremenge zugeschla-
Verbrennung von Kunststoffen. Dagegen werden die
gen. Die im Kronenraum aufgenommenen Säure-
anthropogenen Ammoniumeinträge zu einem erheb-
äquivalente müssen zur Aufrechterhaltung der Elekt-
lichen Teil durch Tierhaltung, aber auch durch Emis-
roneutralität durch die Abgabe von Kationen gepuffert werden („Leaching“). Die abgegebenen Kationen
werden unter Freisetzung
von Protonen im Wurzelraum wieder ersetzt. Die
Gesamtsäureeinträge in die
Wälder
Baden-
Württembergs im Jahr 2005
sind mit Werten zwischen
0,4 und 1,7 kmolc/ha/Jahr
etwas höher als noch im
Vorjahr. Sie überschreiten
nahezu flächendeckend das
natürliche
von
Puffervermögen
nichtkarbonatischen
Standorten. Regional lassen
sich drei Bereiche unterschiedlicher
tensität
Depositonsinunterscheiden:
Entlang des SchwarzwaldWestkammes
werden mit
bis zu 1,7 kmolc/ha/Jahr die
höchsten Gesamtsäureeinträge gemessen, während
im
Windschatten
des
Schwarzwaldes mit maximal
0,9 kmolc/ha/Jahr die Belastung deutlich geringer ist.
Die übrige Landesfläche ist
mit
schen
Abb. 52: Gesamtsäureeinträge 2005: Freiland und Fichtenbestand
Säureeinträgen
0,6
und
zwi1,3
kmolc/ha/Jahr bezüglich der
Depositionsrate wenig diffe47
Waldzustandsbericht 2006 – Einflüsse auf den Waldzustand
renziert (Abb. 52).
stoffeinträge gemessen, die mit 6 bis 19 kg/ha/Jahr
Stickstoffeinträge
im Bereich der biologischen Aufnahmekapazität
Die Stickstoffeinträge im Niederschlag setzen sich im
liegen.
Wesentlichen aus Nitrat (NO3) und Ammonium (NH4)
Bei der stofflichen Zusammensetzung der Stickstoff-
zusammen. Während die Nitratdeposition zu großen
einträge lassen sich für Baden-Württemberg zwei
Teilen
ist,
Bereiche unterscheiden: Im westlichen Landesteil
stammt die Ammoniumdeposition im Wesentlichen
überwiegt deutlich der Nitratanteil, also der von dem
aus der Tierhaltung.
Individualverkehr maßgeblich verursachten Stick-
Die
dem
Individualverkehr
Stickstoffeinträge
in
die
zurechenbar
Wälder
Baden-
Württembergs sind im Jahr 2005 im Vergleich zum
Vorjahr aufgrund der höheren Niederschläge leicht
gestiegen. Sie liegen mit Werten zwischen 6,1 und
33,6 kg/ha/Jahr auf einem Großteil der Landesfläche
um ein Vielfaches über den Stickstoffmengen, die im
Biomassenzuwachs fixiert werden können. Lediglich
in den Leelagen des Schwarzwaldes wurden Stick-
stoffeintrag. Dagegen überwiegt im östlichen Landesteil der durch Landwirtschaft bedingte Ammoniumanteil. Im Landesdurchschnitt liegt der Anteil an
Ammonium etwas niedriger als der Nitratanteil (Abb.
53).
Jahren leicht zurückgegangen, was mit der gleichzeitigen Abnahme an Großvieheinheiten erklärbar sein
kann.
Abb. 53: Stickstoffeinträge 2005: Freiland und Fichtenbestand
48
Die Ammoniumeinträge sind in den letzten
Herunterladen