- Candulor

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TECHNIK
Der 9. KunstZahnWerk-Wettbewerb 2015: Dokumentation einer Wettbewerbsarbeit
TOTALPROTHETIK:
DARF‘S NOCH EIN WENIG
TRADITION SEIN?
Ein Beitrag von Ztm. Philipp Köhler, Schwaig bei Nürnberg/Deutschland
KONTAKT
■
Ztm. Philipp Köhler
INDIZES
90571 Schwaig bei Nürnberg
■Artikulator
Hot Spot Dental Seifert
Fon +49 911 5692840
■Aufstellung
Reichswaldstraße 52
[email protected]
■Gerber
■Modellanalyse
■Totalprothetik
100 – dental dialogue 17. JAHRGANG – 1/16
TECHNIK
Noch nie war Tradition so wertvoll wie heute. Getrieben von den Innovationen im Bereich
der digitalen Fertigung sind die Besinnung auf bewährte prothetische Konzepte und die
traditionelle zahntechnische Fertigkeit sehr wichtig, um dem „Knowhow-Verlust“ zu begegnen. Der Autor des Artikels ist einer der Gewinner des 9. KunstZahnWerk-Wettbewerbs
2015 – ein Wettbewerb für Totalprothetik, der alle zwei Jahre von Candulor ausgeschrieben
wird. Philipp Köhler beschreibt sein Vorgehen bei der Anfertigung der Wettbewerbsarbeit,
geht auf das Aufstellkonzept nach Gerber ein und gibt raffinierte Tipps für die individuelle
Charakterisierung von Totalprothesen.
HOMEPAGE
1/16 – dental dialogue 17. JAHRGANG – 101
TECHNIK
01 Foto der Wettbewerbs-Ausschreibung, die den Unterlagen
02 Für die Wettbewerbsarbeit wurden zudem die Arbeits-
des KunstZahnWerk-Wettbewerbs 2015 beilag
modelle, der Bisswall aus Gips sowie die Zahngarnituren
zur Verfügung gestellt
„Es ist besser, auf neuen Wegen etwas zu
nik in Erinnerung gerufen und danach das
chen aufweisen, die Minikalotten ähneln.
stolpern, als in alten Pfaden auf der Stelle zu
Vorgehen anhand des Patientenfalles (Wett-
Nach dem sogenannten Mörser-Pistill-Prinzip
treten“, besagt ein chinesisches Sprichwort.
bewerbsarbeit) vorgestellt. Die Symbiose
okkludieren die oberen Stampfhöcker in den
Es soll dazu animieren, hin und wieder Neues
aus dem traditionellen Gerber-Konzept und
unteren „Mikropfannen“. Die bukkalen Hö-
auszuprobieren und eigene Wege zu gehen.
der modernen handwerklichen Umsetzung
cker haben eine abradierte und bauchige
Grundsätzlich hat jede Tradition einmal als
führten zu einem funktionell idealen sowie
Form, wodurch die Statik gesichert und die
Neuheit begonnen, auch die heute bewähr-
ästhetisch individuellen totalprothetischen
Prothesen durch den Wangenkontakt sta-
ten Methoden der prothetisch restaurati-
Zahnersatz und zu einer sehr guten Platzie-
bilisiert werden.
ven Zahnmedizin. Der Schweizer Zahnarzt
rung beim 9. KunstZahnWerk 2015.
Pistill ≙ Stampfer | Mörser ≙ Grube
Prof. Dr. Albert Gerber (1907 bis 1990) prägte
mit seinen – zunächst visionären – Gedanken
Aufstellkonzept
und seinen später allgemein anerkannten
Merkmale der Gerber-Theorie:
■Erzielung einer autonomen Kaustabilität
Arbeiten die Totalprothetik. Aufbauend auf
Im Mittelpunkt der Gerber-Theorie steht
durch eine gezielte Platzierung der funk-
der Tradition von Prof. Dr. Alfred Gysi (1865
der funktionelle Zusammenhang zwischen
tionellen Höcker nach lingual (Vermeiden
bis 1957) entwickelte Gerber 1964 ein neues
der Formgebung des Kiefergelenks und der
Verständnis für die Okklusion und trug damit
Okklusion. Bei diesem Okklusionskonzept
■Aufbau einer sagittalen und transversalen
wesentlich zum wissenschaftlichen Funda-
wird durch eine bewusste Platzierung der
Kompensationskurve durch kalottenför-
ment der Totalprothetik bei. Basierend auf
funktionellen Höcker nach lingual (bukkale
mig gestaltete Kaumulden der Konfekti-
diesen Tatsachen ruft der Totalprothetik-
Entlastung) an jedem Zahnpaar eine „auto-
Spezialist Candulor alle zwei Jahre zum Wett-
nome Kaustabilität“ erreicht. Durch diese
■Bilateral balancierte Okklusion
bewerb „KunstZahnWerk“ auf. Hierbei wird
lingualisierte Okklusion werden Kipp- und
■Durch konkave Ausformung der Vestibu-
nach dem Gerber-Aufstellkonzept gearbeitet,
Hebelkräfte an der Prothese vermieden
lärflächen Unterstützung des Prothesen-
das trotz seiner fast 60 Jahre keineswegs
[Gerber 1964]. Hohe Bedeutung hat hierbei
halts
veraltet ist. Es ist ein Trugschluss zu glauben,
die Kondylartheorie. Diese besagt, dass Ge-
dass mit der CAD/CAM-Technologie derartige
lenkpfannen und Kondylen wie Mörser und
Arbeitskonzepte an Relevanz verlieren; ganz
Pistill zusammenpassen. Das Ergebnis ist
im Gegenteil. Die bewährten Vorgehenswei-
eine physiologische Beziehung von zweck-
Der 82-jährige Patient ist seit 45 Jahren
sen sind und bleiben eine wichtige Grundlage
entsprechend ausgeformten Seitenzähnen
Träger einer Totalprothese. Seither leidet
für jedwede prothetische Restauration. Viel-
zu den Funktionsformen der Kondylen in
er an der hohen Mobilität seiner Unterkiefer-
leicht ändern sich die Mittel zum Ziel, doch
den Gelenkgruben. Daraus ergibt sich eine
Prothese. Trotz mehrfacher Neuanfertigung
das Wissen um die Basics ist unentbehrlich
funktionelle Einheit zwischen konkaver Fossa
konnte dieses Problem nicht behoben wer-
– auch in einer zeitgemäßen und oft digitalen
und konvexem Kondylus im Kiefergelenk.
den. Der aktive Herr beklagte sich, dass der
Zahntechnik. Im vorliegenden Artikel werden
Davon ausgehend sollten die Kauflächen der
mangelhafte Halt der Prothesen ihn unter
zunächst Grundlagen zur Gerber-Aufstelltech-
unteren Seitenzähne mörserartige Oberflä-
anderem beim Sprechen und Essen be-
102 – dental dialogue 17. JAHRGANG – 1/16
von Kipp- und Hebelkräften)
onszähne (Condyloform II NFC, Candulor)
Patientenfall
TECHNIK
03 Als erstes wurden die Origi-
04 Für die Aufstellung wurden Basisplatten
05 Die mitgelieferte Bissschablone
nalmodelle dupliert und Zweitmo-
aus einem kaltpolymerisierenden Löffelma-
aus Gips diente unter anderem zur
delle hergestellt
terial angefertigt
Vermessung des Overbite
einträchtige und immer wiederkehrende
wurde als neutral angegeben. Somit ent-
Aspekten aufgestellt werden sollten. Der
Druckstellen auslöse. Sein Wunsch war ein
spricht der vertikale Überbiss (Overbite) in
horizontale Kieferkammverlauf wurde mit
„festsitzender“ Zahnersatz, der ihn im sozia-
etwa dem horizontalen Überbiss (Overjet),
einem speziellen Profilzirkel seitlich auf den
len Alltag nicht einschränkt. Auch bezüglich
also zirka 2 mm (Abb. 5). Das Einartikulie-
Modellsockel übertragen. Zusätzlich musste
der Ästhetik hatte er klare Vorstellungen:
ren der Modelle erfolgte mittelwertig auf
die tiefste Stelle des Alveolarkamms (kau­
Eine ähnliche Zahnstellung wie in seinen
Basis des Gipswalls (Abb. 6a und b). Die
stabile Zone) und der Beginn des aufstei-
Jugendjahren, „nur ein bisschen schöner“.
Kondylenbahnneigung wurde rechtsseitig
genden Kieferkamms (Stopplinie) mit einem
Besonderen Wert legte der Pensionär darauf,
mit 28 ° und linksseitig mit 30 ° fixiert. Das
senkrechten Strich skizziert werden. Nach
dass die neuen Prothesen als solche nicht
verwendete klassische Artikulatorsystem
dem detaillierten Übertragen der Analyse
wahrgenommen werden. Der Patient hatte
(Condylator) wurde nach der Camper‘schen
auf den Modellsockel konnte die Aufstellung
einen leptosomen Körperbau und ein gutes
Ebene konstruiert. Diese verläuft parallel zur
der Zähne beginnen.
Mundhygieneverhalten (Abb. 1).
Okklusionsebene, womit eine gute Referenz
Wettbewerbsaufgabe
Die Ausschreibung des KunstZahnWerkWettbewerbs 2015 sah vor, dass für den
Patienten neue Totalprothesen nach dem
gegeben ist. Das Unterkiefer-Modell wurde
Aufstellung
nach dem Inzisalpunkt sowie der Kauebene ausgerichtet und dementsprechend das
Für das Totalprothetik-Konzept nach Gerber
Modell des Oberkiefers eingegipst.
kommen in der Regel die Konfektionszähne
von Candulor zur Anwendung. Im Grundsatz
Modellanalyse
entsprechen diese der bewährten Kondylar-
Gerber-Konzept angefertigt werden sollten.
Theorie. Hinsichtlich des Materials (Kaufunk-
Zusätzlich zu den Ausgangs- und Porträtfo-
Die Modellanalyse gilt als Schlüsselfaktor
tionalität) und der Ästhetik (lichtoptische Ei-
tos sowie den Arbeitsmodellen wurden ein
der Totalprothetik, denn der Halt von To-
genschaften, Zahnform) wurden die Zähne
Gipswall mit angezeichneter Mittellinie und
talprothesen ergibt sich aus dem harmoni-
allerdings in den vergangenen Jahren von
verschiedene Zahngarnituren zur Verfügung
schen Zusammenspiel der physikalischen,
Candulor optimiert und so die moderne Ma-
gestellt (Abb. 2). Der Gipswall entsprach dem
biologischen und prothetischen Kräfte. Das
terialkunde mit dem traditionellen Konzept
bukkalen Wangenkontakt. Ziel war es, einen
aufmerksame Lesen des Modells vermittelt
in Einklang gebracht. Die Entscheidung für
funktionell exakten und ästhetisch individu-
viele wichtige Informationen, wie zum Bei-
die passende Frontzahngarnitur basierte auf
ellen Zahnersatz herzustellen.
spiel über die Kieferform oder die intra- und
den Vorgaben des Wettbewerbsgremiums,
interalveolare Beziehung. So kann zum Bei-
das drei verschiedene Frontzahngarnituren
spiel anhand der Modelle beurteilt werden,
(PhysioStar NFC) in der Zahnfarbe B3 zur
Methodisches Vorgehen
ob eine Prothese unter Belastung die Ten-
Verfügung stellte. Basierend auf den Erkennt-
Im ersten Schritt wurden die Originalmodel-
denz zum Kippen oder Abgleiten hat. Das
nissen aus den Porträtbildern des Patienten
le dupliert, Zweitmodelle ausgegossen und
intensive Studium der Modelle gab auch in
sowie den Fotos aus seiner Jugendzeit fiel
Basisplatten aus Autopolymerisat angefertigt
diesem Fall Auskunft darüber, wo die Ersatz-
die Entscheidung für eine Kombination der
(Abb. 3 und 4). Die Bisslage des Patienten
zähne unter prothetischen und statischen
markanten Zahnformengruppe 772 mit der
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TECHNIK
06a & b Die in den Condylator einartikulierten Modelle.
07a & b Die entsprechend des mitgelieferten Bisswalls
Die Camper‘sche Ebene (Okklusionsebene) wurde an einem
aufgestellten Frontzähne. Für die zentralen Inzisivi kamen
Gummiband ausgerichtet
PhysioStar NFC der Form 772 und für die seitlichen Frontzähne und Eckzähne PhysioStar NFC der Form 666 zum Einsatz
08 Die adäquaten Seitenzähne für die Gerber-Aufstellmethode
09a & b Die UK 6er wurden in der kaustabilen Zone
sind nach dem Mörser-Pistill-Prinzip aufgebaut (Condyloform
aufgestellt und der Antagonist im Oberkiefer dagegen plat-
II NFC)
ziert. Die palatinalen Höcker der OK 6er okkludieren in den
mörserähnlichen zentralen Gruben der Unterkiefer-Zähne
universellen Form 666. Für die zentralen In-
liegen 0,5 mm unterhalb der Okklusions-
der Dimension des vertikalen Überbisses.
zisivi wurden Zähne mit eckigen Konturen
ebene (Abb. 7b). Die Labialachse der mitt-
Bei der Protrusion berührten die Schneide-
und authentisch wirkenden Abrasionen
leren Schneidezähne ist leicht und die der
kanten der oberen mittleren Inzisivi nach
an der Inzisalkante gewählt (772). Für die
seitlichen Frontzähne etwas stärker nach
2 bis 3 mm die der unteren Schneidezähne.
seitlichen Schneidezähne und die Eckzähne
distal ausgerichtet. Und die Natur macht
Bei der Aufstellung der Seitenzähne stand
kam die Garnitur 666 – schlanke Form – zur
es vor: Die approximale Achse der oberen
die Statik im Mittelpunkt. Entsprechend der
Anwendung, die gut zum schmalen und cha-
Eckzähne ist invertiert. Dementsprechend
Gerber-Theorie wurde eine bilateral balan-
rismatischen Gesicht des Patienten passt.
wurden die Eckzahnspitzen leicht nach innen
cierte Okklusion angestrebt. Dies bedeutet,
gekippt und der zervikale Anteil der Zähne
dass bei der Unterkieferbewegung zwischen
Zunächst wurden die oberen Frontzähne auf-
nach vestibulär geneigt. Um der Zahnreihe
allen Zähnen gleichzeitige und gleichmäßige
gestellt (Abb. 7a). Als Orientierung diente die
eine individuelle Charakteristik zu verleihen,
Kontakte bestehen und so eine hohe Kau­
Ausformung des Bisswalls, die mittels Silikon-
wurden die beiden lateralen Schneidezähne
stabilität gewährleistet wird. Als Zahngarnitur
schlüssel übertragen wurde. Hieraus ergibt
leicht verschachtelt aufgestellt. Symmetrisch
wurden Konfektionszähne in der Kondylar-
sich unter anderem der bukkale Korridor.
zur Oberkiefer-Frontzahnreihe wurden die
form verwendet (Condyloform II NFC, Can-
In der Regel überragen die Schneidekanten
unteren Zähne aufgestellt. Der Freiraum
dulor) (Abb. 8). Die Kauflächen dieser Zähne
der zentralen Inzisivi die Okklusionsebene
zwischen den labialen Flächen der unteren
sind nach dem Mörser-Pistill-Prinzip gestaltet
um etwa 1 mm. Die Eckzahnspitzen und
Schneidezähne und der palatinalen Flächen
und entsprechen der beschriebenen Theorie
die Schneidekanten der lateralen Inzisivi
der oberen Schneidezähne entsprach in etwa
nach Gerber.
104 – dental dialogue 17. JAHRGANG – 1/16
TECHNIK
10a & b Die fertig aufgestellten Prothesen mit ana-
11a & b Die Ansicht von okklusal verdeutlicht die leicht
tomisch exakt ausmodellierter prothetischer Gingiva. Es
verschachtelte Zahnstellung im Frontzahnbereich sowie die
wurde ein lebendiges Wechselspiel zwischen konkaven und
entsprechend der Modellanalyse aufgestellten Seitenzähne
konvexen Flächen geschaffen
12 Die Oberkiefer-Prothese ist so in der
13a & b Nach dem Ausbrühen des Wachses wurden die Zähne konditioniert
Küvette ausgerichtet, dass der Pressdruck
und die Umsetzung in das Heißpolymerisat vorbereitet
die Zähne nicht beschädigen kann
Zuerst wurden die ersten unteren Molaren
mit Wachs auf der Prothesenbasis fixiert.
Modellation der prothetischen
Weichgewebe
Die Position ergab sich aus der Modellana-
ren Drittel der Seitenzähne unterstützt den
Kontakt zur Wange. Im anterioren Bereich
wurde eine eher konkave Fläche modelliert.
lyse (kaustabile Zone). Dementsprechend
Die Modellation der Gingivaanteile ist einer-
Bändchen der Wangen-, Zungen- und Lip-
konnte nun der Antagonist im Oberkiefer
seits für das patientenindividuelle Aussehen
penmuskulatur mussten ausgespart werden
platziert werden. Laut Gerber okkludieren die
und andererseits für den festen Halt der
und es wurde entsprechend der natürlichen
palatinalen Höcker (pistillförmig) der oberen
Prothesen relevant. Die Prothesenbasis
Vorgabe ein lebhaftes Wechselspiel zwischen
Molaren in den mörserähnlichen zentralen
wurde bis zum Funktionsrand gestaltet und
Alveolenhügeln und Konkavitäten geschaffen
Gruben (Minikalotten) der Unterkiefer-Sei-
somit eine möglichst breite Kraftverteilung
(Abb. 10a und b bis 11a und b).
tenzähne (Abb. 9a und b). Ausnahme: Für die
des Kaudrucks gewährleistet. Im Mund wird
ersten Prämolaren gilt das umgekehrte Prin-
sich im Spalt zwischen Prothesenbasis und
zip. Im Sinne der Statik wird durchwegs auf
Kieferkamm ein Speichelfilm bilden, dessen
bukkale Kontakte verzichtet. Die Aufstellung
Kapillarkräfte eine Ventilwirkung auslösen
Für eine präzise Umsetzung der Wachsauf-
aller Zähne folgte den bekannten Regeln.
und den Halt der Prothese unterstützen. Die
stellung in Kunststoff hat sich die Küvetten-
Letztlich wurden die statischen und dyna-
Außenflächen der Prothesen wurden „mus-
technik mit einem Heißpolymerisat bewährt.
mischen Kontaktbeziehungen im Artikulator
kelgriffig“ gestaltet, sodass sich die mimische
Die Modelle samt Aufstellung wurden daher
kontrolliert.
Muskulatur dort optimal anschmiegen kann.
dem Artikulator entnommen und mit einem
Die ausgeprägte bukkale Wölbung im unte-
Gips der Klasse IV eingebettet. Bei der Posi-
Fertigstellung
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TECHNIK
14 & 15 Für eine lebendige Gestaltung der Gingivaanteile wurden zunächst im vestibulären Bereich entsprechend eingefärbtes
Prothesenbasismaterial eingebracht und die Prothese danach mit Basiskunststoff gepresst
16 Nach dem Reokkludieren (Prothesen hierfür nicht von den
17 ... auf Hochglanz poliert und abschließend hinsichtlich
Modellen abnehmen) wurden die Pressfahnen entfernt und die
der dynamischen und statischen Kontakte überprüft
Prothesen sorgfältig ausgearbeitet, ...
tionierung der Modelle in der Küvette (JST
eingefärbter Prothesenbasiskunststoff, der
Basiskunststoff behutsam aufgedrückt und
Küvette, Candulor) wurde darauf geachtet,
gezielt im vestibulären Bereich aufgebracht
die Küvettenhälften asymmetrisch und spalt-
dass die Approximalachsen der Einser im
werden kann (Abb. 14). Für die naturnahe
frei verschlossen werden. Die Pressung und
rechten Winkel zur Küvetten-Ebene ausge-
Reproduktion sind anatomische Grundla-
Aushärtung erfolgte nach den Angaben des
richtet waren (Abb. 12, 13a und b). Dadurch
gen zu beachten. So ist zum Beispiel der
Herstellers. Nach dem Öffnen zeigte sich
wird verhindert, dass der Pressdruck an den
Bereich der keratinisierten Gingiva hellrosa
ein gelungenes Pressergebnis (Abb. 15). Die
Zähnen eine Angriffsfläche findet und die-
zu gestalten, da hier die Durchblutung in
Prothesen konnten nun ausgebettet und
se eventuell beschädigt werden. Um eine
der Regel weniger stark ist. Im Gegensatz
noch vor dem Abheben von den Modellen
lebendige Wirkung der Gingivaanteile zu er-
dazu sind die mukogingivalen Anteile stark
reokkludiert werden. Dem Einschleifen der
zielen, sollte eine natürliche Pigmentierung
durchblutet und erscheinen in einem inten-
zentrischen Okklusion (Nullstellung) folgte
imitiert werden. Hierfür eignet sich ein unter-
siven Rot. Nach der Einfärbung der vesti-
das Einschleifen der Protrusion sowie das
schiedlich mit dem Aesthetic Color Set Easy
bulären Bereiche konnten der angeteigte
Anpassen der Lateral- und Retralbewegun-
106 – dental dialogue 17. JAHRGANG – 1/16
TECHNIK
18 Die fertiggestellten Prothesen von frontal. Die individuell
19 Die Seitenansicht macht das kleine Goldinlay, das im vestibu-
charakterisierten Gingivabereiche verleihen ein dreidimen-
lären Bereich des oberen Molaren eingearbeitet wurde, sichtbar
sionales, lebendiges Aussehen
20 & 21 Funktionelle Okklusionsgestaltung nach dem Gerber-Prinzip. Die palatinalen Höcker der oberen Molaren (Pistill)
okkludieren in den mörserähnlichen zentralen Gruben der Unterkiefer-Seitenzähne. Da die zweiten Molaren hinter der Stopplinie
stehen sind sie außer Kontakt
gen. Danach wurden die Prothesen von den
sowie akzentuiert und schließlich mit einem
teristika zu verleihen, wurde im bukkalen
Modellen abgehoben und Pressfahnen ver-
glasklaren Kunststoff überschichtet. Nun
Bereich eines oberen und eines unteren
schliffen. Jetzt zahlte sich die gute Vorarbeit
konnten die Prothesen fertiggestellt werden
Molaren jeweils ein Goldinlay eingearbei-
aus. Es war kaum Nacharbeit notwendig, da
(Abb. 16). Der Kunststoff wurde mit feinem
tet (Abb. 18 und 19). Nach der Präparation
die morphologischen Kriterien der protheti-
Sandpapier geglättet, mit nassem Bimsstein
von Kavitäten konnten die Inlays modelliert,
schen Gingiva bereits in Wachs berücksichtigt
sowie Schwabbel vorpoliert und mit Polier-
gusstechnisch in Gold übertragen und in die
worden waren. Und auch die Prothesenzäh-
paste auf Hochglanz gebracht (Abb. 17). Die
Konfektionszähne eingearbeitet werden.
ne wurden farblich charakterisiert, um dem
fein angelegten Strukturen im Bereich der
Zahnersatz dadurch die gewünschte Indi-
Alveolenhügel, der Interdentalpapillen so-
vidualität zu verleihen. Hierfür wurden die
wie der eingeschliffenen Okklusalbereiche
Schneidekanten etwas zurückgeschliffen,
wurden mit dem Handstück poliert. Um dem
Wenn das Künstliche nicht mehr vom Natür-
die entsprechenden Bereiche leicht koloriert
Zahnersatz zusätzlich individuelle Charak-
lichen unterschieden werden kann, ist der
Ergebnis
1/16 – dental dialogue 17. JAHRGANG – 107
TECHNIK
22a & b Die Seitenzähne der fertigen Prothesen stimmen exakt mit den Vorgaben der Modellanalyse überein (Okklusionsebene, Position des ersten Molars, Stopplinie)
23a - d Impressionen der fertigen Prothesen des KunstZahnWerk-Wettbewerbs 2015. Die lichtoptischen Eigenschaften der
Konfektionszähne vermitteln Lebendigkeit und Tiefe. Die individuelle mehrfarbige Charakterisierung der roten Ästhetik verleiht
den Prothesen ein natürliches, dreidimensionales Aussehen
108 – dental dialogue 17. JAHRGANG – 1/16
TECHNIK
PRODUKTLISTE
Produkt
Name
Firma
Artikulationsgips
ArtiTiger
Klasse 4
Artikulatorsystem
Condylator
Gerber Condylator
Aufstellwachs
Aestehtic Wax
Candulor
Aufstellbasis
C-Plast
Candulor
Einbettgips
Rocky Mountain sahara
Klasse 4
Goldlegierung, Inlays
JRVT
Jensen Dental
■Frontzahnbereich
■PhysioStar NFC, 772 und 666
■Candulor
■Seitenzahnbereich
■Condyloform II NFC
■Candulor
Küvette
JST Küvette
Candulor
■rosa Kunststoff
■Aesthetic Color Set Easy
■Candulor
■Prothesenzähne
■Stains for Resin Teeth
■Candulor
Prothesenbasiskunststoff
Baseplast 34, Heißpolymerisat
Candulor
Patientenwunsch erfüllt. Aus funktioneller
Fazit
eine Aufgabe, die darin besteht, das Wis-
Konfektionszähne
Individualisierungsset
Sicht kann dieses Ziel in der Totalprothetik
sen und Können um ein fundiertes und
mit der traditionellen Gerber-Technik erreicht
Trotz einer sich komplett wandelnden Zahn-
mehr als 60 Jahre bewährtes Konzept zu
werden (Abb. 20 bis 22b). Aus ästhetischer
technik ist noch immer Tradition gefragt.
erhalten. Ganz in diesem Sinne hat er am
Sicht gewinnen moderne Materialien und
Bewährte Vorgehensweisen sind und bleiben
KunstZahnWerk-Wettbewerb der Candulor
Konfektionszähne eine hohe Bedeutung.
eine wichtige Grundlage – insbesondere bei
teilgenommen. Im Beitrag wurde das me-
Die Formen und Oberflächenmorphologien
der Totalprothetik. Herstellungsmethoden
thodische Vorgehen bei der Anfertigung der
der für die Wettbewerbsarbeit verwendeten
verändern sich, aber das patientenindividu-
Wettbewerbsarbeit gezeigt. Konfektionszähne sowie deren lichtoptischen
elle Vorgehen, das auf bewährten Konzep-
Eigenschaften kommen der „Unsichtbarkeit“
ten basiert, bleibt bestehen. Die zeitgemäße
des Zahnersatzes sehr zugute. Hinzu gesellt
Zahntechnik ist eine Symbiose aus Tradition
sich die individuell erarbeitete, lebendig
und Innovation. Für den Autor des Artikels
dreidimensional wirkende rote Ästhetik
ist die Arbeit nach dem Gerber-Konzept
(Abb. 23a bis d).
mehr als eine Philosophie. Vielmehr ist es
■
WERDEGANG
Philipp Köhler absolvierte seine Ausbildung zum Zahntechniker in den Jahren 1993 bis 1997 in Weiden. In seinem Lehrbetrieb war er bis 1998 beschäftigt, wechselte dann jedoch in ein Labor in das
30 Kilometer entfernte Nabburg. Nachdem er als Zahntechniker-Geselle fundierte Berufserfahrung
gesammelt hat, entschied er sich im Jahr 2013 für den Besuch der Meisterschule Ronneburg. Im Sommer
2014 erhielt er seinen Meisterbrief und begann seine Tätigkeit bei Hot Spot Dental Seifert in Schwaig.
Ztm. Philipp Köhler hat bereits mehrere Male am KunstZahnWerk-Wettberwerb teilgenommen und
mit sehr guten Ergebnissen abgeschnitten. Im Jahr 2015 war er der 2. Gewinner des Candulor Award
und zudem der Zweitplatzierte des „Internationalen Wettbewerbs um den Okklusalen Kompass“,
der von der teamwork media GmbH ausgeschrieben wird.
1/16 – dental dialogue 17. JAHRGANG – 109
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