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Proteine
Protein-Design, die gezielte Entwicklung neuer,
in der Natur nicht vorkommender Proteine mit
maßgeschneiderten physikochemischen, strukturellen oder/und katalytischen Eigenschaften ( Synzyme). Das P. ist ein Fernziel des Protein-Engineering.
Proteine, Eiweißstoffe, ausschließlich oder überwiegend aus Aminosäuren aufgebaute makromolekulare Verbindungen, die als Biopolymere entscheidender Bestandteil der lebenden Materie sind.
In einer Escherichia-coli-Zelle sind 3000 verschiedene P. enthalten, mehr als 100000 unterschiedliche P. finden sich im menschlichen Organismus. P.
bestimmen Struktur und Funktion jeder Zelle. Als
Enzyme und Peptidhormone sind sie für den
geregelten Ablauf der chem. Reaktionen des Stoffwechsels verantwortlich. Als Strukturproteine (Gerüstproteine, Skleroproteine), z. B. Kollagene, Elastine, Keratine, sind sie wesentlicher Bestandteil
von Stützgewebe, Bindegewebe und Biomembranen. Als kontraktile P., z. B. Actin und Myosin, ermöglichen sie den Kontraktionsprozeß der Muskelfaser. Als Immunglobuline oder Interferone bilden
sie spezifische körpereigene Abwehrproteine. Als
Carrierproteine, z. B. Hämoglobine, Cytochrome,
Transferrin, Coeruplasmin, sind sie an Elektronenübertragungsprozessen der Photosynthese und Atmung beteiligt oder transportieren Stoffwechselprodukte und Metall-Ionen. Als Speicherproteine,
z. B. Eialbumine, Milchcasein, sichern sie die Aminosäurereserve des Organismus, als Rezeptorproteine
vermitteln sie die spezifische Bindung von Wirkstoffmolekülen am Wirkort. Darüber hinaus sind P.
beim Blutgerinnungsprozeß, bei der Blutgruppenspezifizierung, bei der Steuerung der Genaktivitäten und bei der Regulation vieler anderer biochem.
Prozesse von entscheidender Bedeutung.
Einteilung. Nach dem Vorkommen in Organismen unterscheidet man pflanzliche und tierische
P., Virusproteine, Bakterienproteine, nach dem
Vorkommen in Organen und Zellorganellen z. B.
Plasma-, Muskel-, Milch-, Eiproteine sowie Ribosomen-, Zellkern-, Mikrosomen- und Membranproteine. Nach der allgemeinen biologischen Funktion
lassen sich die P. in Enzym-, Struktur-, Transport-,
Speicher- und Rezeptorproteine unterteilen. Auf
Unterschieden in der Löslichkeit und in der Molekülstruktur beruht die Einteilung in globuläre P.
und fibrilläre P. Die globulären P. (Sphäroproteine)
sind in Wasser und verd. Salzlösungen löslich. Sie
sind kugelförmig gebaut (Rotationsellipsoide). Die
definierte Faltung der Sekundärstrukturelemente
der Polypeptidketten beruht im wesentlichen auf
hydrophoben Wechselwirkungen zwischen unpolaren Aminosäureseitenketten und anderen nicht kovalenten Bindungen. Die gute Löslichkeit beruht
auf den an der Moleküloberfläche lokalisierten, ge-
ladenen, hydrophilen Aminosäureresten, die – umgeben von einer Hydrathülle – für einen engen Kontakt mit dem Lösungsmittel sorgen. Zu den globulären P. gehören alle Enzyme und die meisten anderen biologisch aktiven P., z. B. die Hämoglobine.
Die fibrillären P. (Linearproteine, Faserproteine) sind
praktisch in Wasser und Salzlösungen unlöslich.
Die Polypeptidketten sind hier parallel zueinander
geordnet und bilden in Form langer Fasern unter
anderem die Strukturelemente des Bindegewebes.
Wichtige Vertreter sind die Kollagene, Keratine und
Elastine. Nach den Bestandteilen unterscheidet
man einfache P., die nur aus proteinogenen Aminosäuren aufgebaut sind, und Proteide (zusammengesetzte P., konjugierte P.), die neben dem Proteinanteil eine meist chemisch gebundene Nichtproteinkomponente enthalten. Einfache P. sind die
Albumine, Globine, Globuline, Gluteline,
Histone, Prolamine, Protamine, die sämtlich
globuläre P. sind, und die fibrillären Skleroproteine.
Aufbau und Struktur. Am Aufbau der P. sind 21
unterschiedliche Aminosäuren (auch proteinogene Aminosäuren genannt) beteiligt. Sie sind durch
Peptidbindungen miteinander verknüpft, wobei die
Reihenfolge (Sequenz) der Bausteine genetisch determiniert ist.
Zur Charakterisierung des strukturellen Aufbaus
der P. wurden die auch für andere Biopolymere gültigen Bezeichnungen Primär-, Sekundär-, Tertiär-,
Quartärstruktur eingeführt. Unter Primärstruktur
versteht man die Anzahl und Sequenz der miteinander verknüpften Aminosäurebausteine, die durch
Sequenzanalyse ermittelt werden kann. P. enthalten in der Regel mehr als 100 Aminosäuren in einer
Polypeptidkette. Zur Sequenzanalyse wird die Kette
stufenweise vom N-terminalen oder C-terminalen
Ende her abgebaut, und es wird eine Identifizierung
der abgespaltenen Aminosäurereste vorgenommen.
Das wichtigste chem. Abbauverfahren ist der inzwischen vollautomatisierte Edman-Abbau. Gewöhnlich werden die Polypeptidketten vor der Sequenzanalyse durch chem. oder enzymatische Partialhydrolyse in kleinere Bruchstücke zerlegt. Bei der enzymatischen Spaltung werden vor allem die spezifischen Proteasen, das bekannteste chem. Spaltreagens ist Bromcyan, das spezifisch Peptidbindungen
spaltet, an denen die Carboxygruppe von Methionin
beteiligt ist.
Die Sekundärstruktur beschreibt die durch die
Ausbildung von Wasserstoffbrücken zwischen den
Carbonylsauerstoff- und Amidstickstoffatomen gegenüberliegender Peptidgruppen auftretenden spezifischen Faltungen der Polypeptidkette. Entstehen
die H-Brücken innerhalb einer Kette, so bildet sich
eine Schraubenstruktur (a-Helix, Abb. 1 a); liegen
intermolekulare H-Brücken vor, so entsteht die
Faltblattstruktur (b-Struktur, Abb. 1 b). Ein P. mit
109
Proteine
einem sehr hohen Gehalt an a-Helix ist das MyogloC –CH–R
C –CH–R
O
bin (>N75 %), eine vollständige
Faltblattstruktur
C
N
C
C
C
N –NH
findet
sich im Seidenfibroin.
Die a-Helix
des Haar-WasserstoffN
N
O C
CC
H
keratins
kann
durch
Dehnung
im
feuchten
ZustandbrückenN
CC
C –CO
C
bindung
N
reversibel inN eine b-Struktur umgewandelt
werden.
O
C
C
H
C
Zur NUntersuchung der Sekundärstruktur
von P.
C
C
N
O
werden
Messungen der optischen
C
C N
H RotationsdisperC C
C
sion (ORD)
(CD) herN Cund des Cirkulardichroismus
N
O
H
C
angezogen
(
C chiroptische Methoden).
N
C
C
N
C
Unter
Tertiärstruktur wird dieO durchOintramolekuN
H
C
lare
C C Wechselwirkung der Seitenkettenfunktionen
N
N
C C räumliche Faltung der Polypeptidkette
verursachte
C
N
NC
N
C
C
C
C
0,54 nm
C
H
N
C
C
N
C
C
C
N
O
N
N C
H
C
N
C
C
O H
N
C N
C C
N
O
H
C
O
C
C
N
C C
O
a)
R
R
R
R
H
N
H
C
O
H
C
H
C
H
H
C
H
C
O
R
N
N
H
N
CH
H
C
N
H
C
C
R
N
O
O
H
C
C
C
H
O
O
H
C
N
CH
H
R
b)
C
O
C
H
H
C
O
R
O
H
C
N
N
O
CH
H
C
C
N
R
N
C
H
H
C
R
C
N
O
H
R
O
C
Proteine.
Abb.1: Sekundärstruktur von Proteinen:
(a) a-Helix, (b) antiparallele Faltblattstruktur.
C
R
20
80
100
50
26
124
COOH
60
84
30
58
72
90
10
120
95
PO4
110
65
40
70
NH2
110
1
Proteine. Abb. 2: Tertiärstruktur der
Ribonuclease A nach Kartha.
Proteine
verstanden (Abb. 2). In dieser Struktur, die insbesondere durch Disulfidbrücken stabilisiert wird, ist
die Lage reaktiver Aminosäurereste z. B. im aktiven
Zentrum von Enzymen oder in der Antigenbindungsstelle von Antikörpern bis in den atomaren
Bereich fixiert. Die Aufklärung der Tertiärstruktur
erfolgt durch Röntgenkristallstrukturanalyse isomorph kristallisierter Schweratomderivate der P.
Die erhaltenen Beugungsdiagramme und die daraus
gewonnene Elektronendichteverteilungskurven geben Aufschluß über die Lage der Aminosäurereste,
bei hoher Auflösung (0,15 nm) auch über die
Atomabstände im Proteinmolekül.
Durch intermolekulare Wechselwirkungen zwischen zwei oder mehreren identischen oder verschiedenen Polypeptidketten kommt es infolge Assoziation der Ketten zu stabilen oligomeren P. Diese geordneten Assoziate stellen die Quartärstruktur
eines P. dar. Der größte Teil der quartären P. ist aus
nicht kovalent verbundenen Untereinheiten aufgebaut. Die Untersuchung von Quartärstrukturen erfolgt auf elektronenmikroskopischem Wege oder
durch Röntgenstrukturanalyse (Abb. Hämoglobin). Es gilt allgemein, daß die P. mit Quartärstruktur in bezug auf die Flexibilität ihrer Gestalt und
Aktivität den physiologischen Bedingungen optimal
angepaßt sind.
Eigenschaften. Alle P. haben eine hohe relative
Molekülmasse Mr, die unter anderem durch Bestimmung der Diffusions- und Sedimentationsgeschwindigkeit in der Ultrazentrifuge, durch Messung der Licht- und Röntgenkleinwinkelstreuung,
durch osmotische und elektrophoretische Messungen sowie durch Bestimmung der Wanderungsgeschwindigkeit in Dextran- oder Polyacrylamidgelen
ermittelt werden kann. Die Mr der Einkettenproteine liegen zwischen 10000 und 100000, die der
Mehrkettenproteine im Bereich von etwa 50000
und mehreren Millionen. Entsprechend ihrer Molekülgröße und -gestalt (Abmessungen zwischen 2
und 100 nm) gehören die P. zu den Kolloiden. Sie
dialysieren nicht, bilden keine echten Lösungen,
zeigen den Tyndall-Effekt und weisen eine relativ
hohe Viskosität auf. Infolge der großen Anzahl ionisierter Gruppen im Molekül haben die P. hohe Dipolmomente. Besonders charakteristisch ist die
Ampholytnatur der P. Sie beruht auf der gleichzeitigen Anwesenheit freier saurer und basischer
Gruppen im Proteinmolekül. Der Ladungszustand
des Gesamtmoleküls hängt vom pH-Wert der Lösung ab. Im stark sauren Medium liegen Polykationen, im stark basischen Polyanionen vor. Durch die
resultierende positive bzw. negative Überschußladung nehmen Hydratation und Löslichkeit zu. Dabei ist für die Hydratation allein die Absolutladung
entscheidend. Der Ladungssinn ist für das elektrophoretische Verhalten, d. h. für die Wanderungs-
richtung im elektrischen Feld, verantwortlich. Am
isoelektrischen Punkt haben die P. keine Nettoüberschußladung. In der hier vorliegenden Zwitterionenform erreichen Löslichkeit und Hydratation
ein Minimum. Die Ampholytnatur der P. ist von
entscheidender Bedeutung für ihre Pufferwirkung
in biologischen Systemen. Aufgrund der Hydratation sind die globulären P. in der Lage, hydrophobe
Substanzen einzuschließen und vor Ausflockung zu
schützen. Diese Schutzkolloidfunktion ist für die
Stabilisierung von Körperflüssigkeiten wichtig.
Durch den Zusatz schwach- oder nichtpolarer Lösungsmittel (z. B. Alkohol oder Aceton) kommt es
ebenso wie durch hohe Neutralsalzkonzentrationen
zur Entfernung der Hydrathülle und damit zur Ausflockung (Aussalzung) der P. Werden P. auf Temperaturen über 60 °C erhitzt, so entstehen tiefgreifende strukturelle Veränderungen, die gleichzeitig
zum Verlust oder zur Beeinträchtigung der biologischen Aktivität der betreffenden P. führen. Diese
Denaturierung beruht auf der Zerstörung der Tertiär- und Quartärstruktur der P. Sie kann außer
durch Erhitzen auch durch UV- und Röntgenbestrahlung, durch extrem saure oder alkalische Behandlung, durch Einwirkung von Netzmitteln, z. B.
von 1%iger Natriumdodecylsulfatlösung, oder durch
wasserstoffbrückenlösende Reagenzien wie 8 M
Harnstoff- und 6 M Guanidinhydrochloridlösung erfolgen. Wird die Denaturierung in Gegenwart von
Reduktionsmitteln vorgenommen, so werden außer
den nichtkovalenten Bindungen auch die Disulfidbindungen gespalten. Ist die Denaturierung reversibel, so kann der native Zustand des P. wiederhergestellt werden (Renaturierung). Bei irreversibler
Denaturierung, z. B. bei der Hitzedenaturierung des
Ovalbumins (Kochen des Hühnereis), kommt es zur
Ausbildung ungeordneter Gerüstkonformationen,
die auch als statistische Knäuel (random coil) bezeichnet werden.
Nachweis und Bestimmung. P. können qualitativ
durch Fällungsreaktionen mit Trichloressig-, Pikrinoder Perchlorsäure, durch Schwermetall-Ionen
(Cu-, Fe-, Zn- und Pb-Salze) oder durch spezifische
Farbreaktionen nachgewiesen werden. Bei der
Xanthoproteinreaktion z. B. entsteht eine Gelbfärbung beim Versetzen mit konz. Salpetersäure, bei
der Biuretreaktion eine Purpurviolettfärbung durch
Zusatz von Kupfersulfat zur stark alkalischen Proteinlösung und bei der Pauly-Reaktion eine Rotfärbung durch Behandlung der alkalischen Lösung mit
Diazobenzensulfonsäure. Zur quantitativen P.Bestimmung dient vor allem die Lowry-Methode.
Hier wird ein mit dem P. gebildeter Kupferphosphomolybdänsäurekomplex (Absorptionsmaximum
750 nm) kolorimetrisch bestimmt und Humanoder Rinderserumalbumin als Eichsubstanz verwendet.
111
Proteine
Beim klassischen Kjeldahl-Verfahren wird die Analysenprobe durch Kochen in konz. Schwefelsäure
aufgeschlossen, wobei sich eine dem Stickstofffgehalt des P. äquivalente Menge Ammoniumsulfat bildet. Das daraus durch Alkalilauge freigesetzte Ammoniak wird acidimetrisch bestimmt. Eine direkte
und schnelle Bestimmung von P. ist durch die Messung der UV-Absorption bei 280 nm möglich. Sie
beruht auf der Anwesenheit von aromatischen Aminosäureresten (Tyr, Trp) in den meisten P.
Isolierung und Reindarstellung. Während die Isolierung der in hohen Konzentrationen vorkommenden globulären P., z. B. von Hämoglobin aus
Erythrocyten, von Casein aus Milch und von Ovalbumin aus dem Eiklar, sowie die Isolierung der unlöslichen fibrillären Strukturproteine keine besonderen Schwierigkeiten bereitet, erfordert die Gewinnung der nur in geringen Mengen auftretenden
P. meist eine aufwendige Abtrennung von Begleitstoffen wie Kohlenhydraten, Lipiden, Nucleinsäuren
und anderen Biomolekülen. Im ersten Schritt wird
das biologische Material aufgeschlossen. Nach mechanischem Zerkleinern durch Homogenisatoren,
Ultraschall, Schütteln mit Glasperlen, Zermörsern
des in Aluminiumoxidkörnern eingefrorenen Gewebes, durch Detergensbehandlung u. a. erhält man
ein Zellhomogenisat, aus dem die P. mit Salzlösungen, Glycerin, verd. Säuren oder anderen Extraktionsmitteln herausgelöst werden. Im zweiten Schritt
erfolgt eine Vortrennung der P. durch fraktionierte
Ammoniumsulfatfällung oder durch Lösungsmittelfraktionierung nach Cohn, anschließend eine weitere Reinigung durch Gelfiltration, Ionenaustauschoder Adsorptionschromatographie, gegebenenfalls
auch durch präparative Elektrophorese, durch Elektrofokussierung, durch Affinitätschromatographie
oder durch Ionenfiltrationschromatographie, d. i.
eine Kombination von Ionenaustausch- und Gelchromatographie.
Biosynthese. Hierbei werden freie Aminosäuren
des Zellbereichs in genetisch determinierter Reihenfolge peptidartig miteinander verknüpft. An der
Synthese sind als Matrize dienende Messenger-RNA
(mRNA), die die Aminosäuren esterartig bindenden
und transportierenden Transfer-RNA (tRNA), die in
den Ribosomenuntereinheiten lokalisierten ribosomalen rRNA, eine Reihe spezifischer Ribosomenproteine und -enzyme, verschiedene niedermolekulare Cofaktoren sowie ATP (Adenosin-5′-triphosphat) und GTP (Guanosin-5′-triphosphat) als Energielieferanten kooperativ beteiligt. Die Biosynthese
beginnt im Zellkern mit der Kopie einer mRNA,
wobei eine entsprechende chromosomale DNA als
Matrize fungiert (Transcription). Die gebildete
mRNA wandert in das Cytoplasma und dient hier,
an das Ribosom einer Polysomenkette des endoplasmatischen Reticulums gebunden, als Matrize für
112
den Aufbau der Polypeptidketten (Translation). Die
Ribosomen bestehen aus einer großen und kleinen
Untereinheit mit spezifischen Bindungsstellen für
die anzubauenden Aminosäuren und die wachsende
Peptidkette. Die mRNA bewegt sich in einer »Spurrinne« zwischen den beiden Untereinheiten (Abb. 3).
Peptidyl-(P)-Stelle
Aminoacyl-(A)-Stelle
Große
Untereinheit
Aminoacyl-tRNA
AS
Anticodon
5′
mRNA
Bindungsstelle
für mRNA
Codons
Kleine
Untereinheit
Proteine. Abb. 3: Schematische Darstellung der Ribosomenstruktur von Escherichia coli nach Lehninger (AS Aminosäure).
Die für die Peptidverknüpfung erforderliche Aktivierung der Aminosäuren erfolgt durch kovalente
Bindung an hochspezifische tRNA-Moleküle. Es entstehen »aktivierte Ester« mit hohem Gruppenübertragungspotential, die als Aminoacyl-tRNA an die
entsprechende Bindungsstelle transportiert und
angelagert werden. Als Initiatoraminosäure fungiert
bei der Synthese in E. coli das durch das Nucleotidtriplett AUG codierte Methionin, das als Formylmethionyl-tRNA gebunden wird. Die Knüpfung
der ersten Peptidbindung erfolgt nach Anlagerung
der zweiten Aminoacyl-tRNA durch nucleophilen
Angriff der Aminogruppe auf die Esterbindung der
benachbarten Formyl-Met-tRNA. Durch Weitertransport der entstandenen Dipeptidyl-tRNA um die
Länge eines Codetripletts wird der Akzeptorort für
die nachfolgende Anknüpfung freigegebenen (Abb. 4,
S 113.). Stop-Codons geben das Signal für das Ende
einer Synthese. Andere Signalsequenzen regulieren
spezifische Synthesewege, z. B. die lokalspezifische
Bildung von P., die die Zelle über Kanalsysteme des
endoplasmatischen Reticulums verlassen sollen
(Sekretproteine). Die Signalcodons folgen unmittelbar auf das Startcodon AUG. Der größte Teil der
synthetisierten P. verläßt das Ribosom in biologisch
aktiver Form. Die Abtrennung des Startmethionins
und der Signalpeptide erfolgt auf enzymatischem
Wege. Eine Reihe von P. wird im Anschluß an die Synthese durch Hydroxylierung, Methylierung, Prenylierung oder Phosphorylierung modifiziert (»Processing«) oder an Nichtproteinkomponenten gebunden.
Die Regulation der mit außerordentlicher Präzision
und hoher Geschwindigkeit (bis zu 100 Peptidbindun-
Proteolyse
H
O
C
N
CH3 S CH2 CH2 C H
C O
H
H N
C
O C
CH3
CH
N H CH3
H2C
CH2
C O
H N
H2N C H
H
C
O C
H
OH
pG
A
Se
A
C
C
C
pG C
pG
A
C
CH3
O
G
AA
AG r-tR
T NA
C
C
C O O C
H3C O
O
NA
Startcodon
H3C HC
C
A
H
tR
e-
C
O
Ph
C
C
CH2OH
H2
N H
N
pG
Val-tRNA Ala-tRNA
CA A C GT
5′ G A C A UGG U UGG U U C GGU U G C A U U C GGU U GG UA U
Ribosom
3′
Proteine. Abb. 4: Schematische Darstellung der Translation.
gen je Sekunde werden geknüpft!) verlaufenden
Biosynthese von P. erfolgt auf der Transcriptionsund Translationsebene. Auf der spezifischen Hemmung von Einzelschritten beruht die Wirkung einer
Reihe von Antibiotika: Chloramphenicol z. B. stört
die Translation, indem es Peptidylübertragungsreaktionen blockiert, Rifamycin stört die Transcription
durch spezifische Hemmung von RNA-Polymerasen.
P. als Nahrungsmittel. Die P. sind im Gegensatz
zu den austauschbaren Kohlenhydraten und Fetten
essentieller Grundbestandteil der menschlichen
und tierischen Nahrung. Die hohe Wertigkeit der
tierischen P., z. B. des Hühnereis, des Rindfleischs
und der Milch, beruht darauf, daß sie die essentiellen Aminosäuren sowohl in ausreichender Menge
als auch in einem für den menschlichen Bedarf
günstigen Verhältnis zueinander enthalten. Die
pflanzlichen P. enthalten gewöhnlich zu wenig Lysin, Methionin, Tryptophan oder Threonin. Das Defizit kann durch Zusatz der limitierenden Aminosäuren oder durch günstige Proteinkombinationen
ausgeglichen werden.
Protein-Engineering, die gezielte Veränderung
natürlich vorkommender Proteine mit dem Ziel der
Verbesserung der katalytischen Eigenschaften, der
Spezifität, der Veränderung struktureller Parameter
und der Anreicherung z. B. essentieller Aminosäuren. Die Kenntnis der Aminosäuresequenz und der
räumlichen Struktur des Proteins ist eine Voraussetzung für die gezielte Veränderung des Proteins.
Durch Verfahren der in-vitro-Mutagenese (gerichtete Mutagenese) können gezielt Nucleotide ausgetauscht und damit die proteincodierenden Regio-
nen eines Gens verändert werden. Durch Mutagenese können so die Eigenschaften z. B. eines Enzyms
(Thermostabilität, pH-Optimum, Substrat- und Wirkungsspezifität, verbesserte Wechselwirkung mit Inhibitoren, Molekülgröße usw.) variiert werden. Das
P. umfaßt dabei folgende Schritte: Reinigung und
Charakterisierung des Proteins, an dem die Manipulationen durchgeführt werden; Zusammenfassung aller strukturellen und funktionellen Daten im
Computer; Molekül-Graphik und -Mechanik sowie
mathematischer Näherungsmodelle des in einem
Teilbereich veränderten Proteins; DNA-Synthese
(DNA-Syntheseautomaten) für den zu verändernden
Bereich und Expression, Reinigung und Charakterisierung des Proteins mit den veränderten Eigenschaften.
Durch P. konnte z. B. die Stabilität von Proteinen
gegenüber Denaturierung und Oxidationen (z. B.
von Subtilisin; Herstellung eines oxidationsresistenten a1-Antitrypsins) erhöht werden.
Proteinfasern, Eiweißfasern, Abk. PROT, Chemiefasern aus pflanzlichem oder tierischem Protein. Die P. werden nach dem Naßspinnverfahren
aus einer wäßrigen alkalischen Lösung verschiedener Proteine ersponnen.
Bedeutung hatten Proteine aus Mais (Zein), Erdnüssen (Ardein) und aus Milch (Casein). Die sehr
geringe Festigkeit konnte etwas durch ein Formalinbad verbessert werden. Die P. sind heute ohne
wirtschaftliche Bedeutung.
Proteinhydrolysat, ein Gemisch von Peptiden
unterschiedlicher Kettenlänge sowie freier Aminosäuren aus Eiweiß pflanzlicher, tierischer oder mikrobieller Herkunft. Die Gewinnung von P. erfolgt
durch hydrolytische Spaltung der entsprechenden
Eiweiße mittels spezifischer oder unspezifischer Proteasen. Der Hydrolysegrad des Substrats ist abhängig von dem verwendeten Enzympräparat und
den Reaktionsbedingungen.
Proteinsekretion, der Transport spezifischer, intrazellulär synthetisierter Proteine an den Ort ihrer
biologischen Aktivität. Sekretproteine Exoproteine.
Proteintechnik, ein Methodenkomplex zur gezielten Veränderung von Proteinen. ProteinEngineering; Protein-Design.
Proteoglycane, Polysaccharide.
Proteohormone, Peptidhormone.
Proteolyse, ein durch Proteasen katalysierter hydrolytischer Abbau von Proteinen und Peptiden bis
zu den Aminosäuren. Generell wird zwischen extrazellulärer (z. B. bei der Verdauung von Nahrungsproteinen) und intrazellulärer P. (durch lysosomale
Kathepsine) unterschieden. Die liminierte P.
ist ein Sonderfall der P., da hier nur eine begrenzte
Zahl von Peptidbindungen entsprechend der Substratspezifität der fungierten Proteasen gespalten
113
Prothrombin
wird. Eine nichtenzymatische Proteolyse von Proteinen ist unter stark sauren oder alkalischen Bedingungen möglich, wobei aber einige Aminosäuren
partiell geschädigt bzw. zerstört werden können.
Prothrombin, Thrombogen, Faktor II, das Proenzym des Thrombins. Das im Blutplasma vorkommende Glycoprotein (Mr ~ 72000) enthält bis
zu 14 g-Carboxyglutaminsäurereste (Gla) sowie NAcetylglucosamin. An der Umwandlung von P. in
Thrombin an der Plasmamembran der Thrombocyten sind Ca2+-Ionen, spezielle Lipoproteine und
weitere Faktoren beteiligt.
Protium, Isotop der Massenzahl 1 des Wasserstoffs.
Protocatechualdehyd, 3,4-Dihydroxybenzaldehyd, ein Phenolaldehyd. P. ist eine hellgelbe, kristalline Verbindung; F. 153 bis 154 °C. Er ist in WasOH
OH
CHO
ser wenig, in Alkohol und Ether löslich. P. ist die
Stammverbindung einiger in der Natur frei oder
gebunden vorkommender Phenoletheraldehyde. Er
wird als Zwischenprodukt bei der Herstellung von
Piperonal oder Vanillin verwendet.
Protocyanin, Cyanidin.
Protohäm, Cytochrome.
Protolyse, Hydrolyse, Säure-Base-Konzepte,
Abschn. Brönstedsche Definition.
Proton, Elementarteilchen.
Protonenaktivitätsexponent, pH-Wert.
Protonenakzeptor, Säure-Base-Konzept, Abschn.
Brönstedsche Definition.
Protonendonator, Säure-Base-Konzepte. Absch.
Brönstedsche Definition.
Protoplasten (griech. proto ›zuerst, erster‹, platos ›geformt‹), Pflanzen-, Pilz- und Bakterienzellen,
deren Zellwand mit Hilfe von Enzymen (bei Bakterien z. B. durch Lysozym) abgebaut wurde. Da der
Stoffwechsel der P. dem der intakten Zelle gleicht,
werden diese häufig als Untersuchungsobjekte eingesetzt. P. aus Bakterien werden z. B. zur schonenden Herstellung von zellfreien Extrakten und seinen
Inhaltsstoffen sowie zur Protoplastenfusion verwendet.
P., die noch Zellwandreste besitzen, werden als
Sphäroplasten bezeichnet.
Protoplastenfusion, eine Methode zur induzierten (in vitro-)Fusion zellwandloser Zellen zum
Zweck der genetischen Kombination. Die P. kann
sowohl chemisch als auch durch elektrische Impulse induziert werden. Die P. findet in der Genetik,
Züchtungsforschung und Zellbiologie zur Herstellung von Hybridzellen Anwendung.
114
Protoporphyrin, Porphyrine.
Prozeß, in der Thermodynamik Zustand.
Prussiate, Cyanoferrate.
Pschorr-Reaktion, Ringschlußreaktion, die vor
allem zur Synthese von Phenanthren und Fluoren
geeignet ist. Die entscheidenden Reaktionsschritte
CH2
Cu
–N2, –H+
N3+
Diazoniumsalz
Fluoren
sind die Diazotierung eines geeigneten aromatischen Amins, z. B. 2-Aminodiphenylmethan für
Fluoren bzw. 2-Aminostilben für Phenanthren, und
die Behandlung des Diazoniumsalzes mit Kupferpulver. Zur Synthese von Phenanthren geht man
von 2-Nitrobenzaldehyd und Phenylessigsäure aus,
die in einer Perkin-Reaktion kondensiert werden.
Reduktion der Nitrogruppe, Diazotierung der Aminogruppe und Ringschluß führen dann zur Phenanthren-9-carbonsäure, die durch Destillation leicht
decarboxyliert werden kann.
Pseudoasymmetrie, Stereoisomerie 1.1.
Pseudoazulene, Heteroaromaten, die mit Azulenen isoelektronisch sind. Formal sind sie durch
Austausch einer C=C-Gruppierung im Cycloheptatrienring des Azulenmoleküls durch ein Heteroatom (O, S, N–R) abgeleitet. Man unterscheidet
entsprechend Oxalene, Thialene und Azalene. Die
Synthesemethoden für P. unterscheiden sich sehr
von denen der Azulene. Die Molekülskelette werden
nach verschiedenen Prinzipien erhalten, z. B. durch
Umsetzung quartärer Salze mit Basen (Azalene),
durch Dehydrierung gesättigter Verbindungen, die
das Grundgerüst bereits vorgebildet enthalten sowie durch geeignete Kondensationsreaktionen. So
lassen sich aus 2-Mercaptobenzaldehyd und a,b-ungesättigten Ketonen in einem Schritt Thialene herstellen. Im Gegensatz zu den Azulenen sind die P.
oft wenig stabil, besonders die wenig substituierten
Vertreter. Trotzdem sind zahlreiche elektrophile
Substitutionsreaktionen wie Bromierung, Nitrierung, Vilsmeier-Formylierung bekannt. Die Substitution findet am Fünfring statt und entspricht damit vergleichbaren Umsetzungen an Azulenen.
3 4
2
1
5
6
7
O
Oxalen
3 4
2
1
5
6
7
S
Thialen
3 4
2
1
5
6
7
N
R
Azalen
Einige P. erlangten Bedeutung, weil sie als Strukturelemente in Alkaloiden wie Semperverin, Alstonin und Kryptolenin vertreten sind. Einige P. besitzen auch Antitumorwirkung.
Pseudochalkogenide, eine Gruppe mehratomiger,
resonanzstabilisierter, zweiwertiger Anionen mit weitgehend symmetrischer Ladungsverteilung, die sich
Psychoanaleptika
ausgeprägt chalkogenidanalog verhalten. Zu den P.
zählen z. B. das lineare Cyanamid-Ion [NCN]2– sowie
nichtlineare Anionen, wie Dicyanmethanid [C(CN)2]2–
und Tetracarbonylferrat [Fe(CO)4]2– (vgl. auch
Pseudohalogenide).
Pseudocumol, Trimethylbenzole.
Pseudohalogene, Pseudohalogenide.
Pseudohalogenide, eine Gruppe mehratomiger,
resonanzstabilisierter, einwertiger Anionen mit
weitgehend symmetrischer Ladungsverteilung, die
sich ausgeprägt halogenidanalog verhalten. Zu den
P. zählen lineare Anionen X–, wie Cyanid [CN]–,
Fulminat [CNO]–, Cyanat [NCO]–, Thiocyanat [NCS]–,
Selenocyanat [NCSe]–, Tellurocyanat [NCTe]– und
Azid [NNN]–, nichtlineare Anionen, wie Dicyanamid
[N(CN)2]–, Dicyanphosphid [P(CN)2]–, Tricyanmethanid
[C(CN)3]– und Nitrosodicyanmethanid [NOC(CN)2]–,
ferner anionische Übergangsmetallkomplexe, wie
Tetracarbonylcobaltat [Co(CO)4]– und Pentacarbonylmanganat [Mn[CO)5]–.
Parallelen in Verhalten und Eigenschaften von
Pseudohalogeniden und Halogeniden, auf denen das
Pseudohalogenkonzept sich vor allem gründet, zeigen sich an folgenden Beispielen: 1) Bildung der in
Wasser schwer löslichen Silber(I)-, Quecksilber(I)und Blei(II)-Salze AgX bzw. Hg2X2 bzw. PbX2; 2) Existenz von Pseudohalogenwasserstoffsäuren HX, wie
Blausäure HCN; 3) Bildung zahlreicher Pseudohalogenokomplexe des homogenen oder gemischten
Typs, wie [MX4]2– , [MX6]3–, [MX2L2] und [MX3L3],
wobei für die P. Cyanid und Fulminat Koordination
über Kohlenstoff, für Azid, Cyanat, Dicyanamid und
Tricyanmethanid Koordination über Stickstoff typisch ist; 4) reversible Oxidation einiger der P. zu
den entsprechenden molekularen Pseudohalogenen
X2 gemäß 2 X– X2 + 2e (X = CN, SCN, SeCN,
C(CN)3 Co(CO)4, Mn(CO)5); 5) Existenz kovalenter
Interpseudohalogene, wie Cyanazid NC–N3 Cyanisocyanat NC–NCO, Tetracyanomethan NC–C(CN)3
und Phosphortricyanid NC–P(CN)2, sowie kovalenter Halogenpseudohalogenide, wie Chlorcyan ClCN,
Chlorazid ClN3 Chlorisocyanat Cl–NCO, Bromtricyanmethan Br–C(CN)3 und Cobaltcarbonylchlorid
Cl–Co(CO)4; 6) halogenidvergleichbare Gruppenelektronegativitäten der P.
Pseudonitrole, Reaktionsprodukte sekundärer
Nitroalkane mit salpetriger Säure:
NO2
R2CH NO2 + HO N O
R2C
Zeitgesetze ( Reaktionskinetik), wenn ein Reaktant in sehr hohem stöchiometrischem Überschuß vorliegt und seine Konzentration während
der Umsetzung praktisch konstant bleibt. Der Konzentrationsterm dieses Reaktanten kann dann im
Zeitgesetz näherungsweise mit der Geschwindigkeitskonstanten zu einer effektiven Konstanten zusammengefaßt werden, wodurch die Ordnung der
Reaktion erniedrigt wird. Die Erscheinung der P. ist
besonders in Lösungen häufig, wenn der eine Reaktant das Lösungsmittel ist.
Pseudorotation, Stereoisomerisierung, die zu einer Struktur führt, die durch Rotation aus dem Ursprungsmolekül entstanden scheint und mit diesem
unter Vernachlässigung unterschiedlicher Substituenten zur Deckung gebracht werden kann. P. liegt
z. B. vor bei der Ineinanderumwandlung der verschiedenen Briefumschlag- und Twistkonformationen des Cyclopentans, bei der Berry-P., einem intramolekularen Mechanismus der Isomerisierung
trigonal-bipyramidaler Verbindungen.
Ein verwandter Konformationswechsel trigonalbipyramidaler Substituenten ist die Turnstile-Rotation.
Pseudouridin, Abk. jrd, Kurzform j oder Q, 5b
bD-Ribofuranosyluracil, ein C-Glycosid. P. ist Baustein der tRNS ( Nucleinsäuren). Es ist dort in der
Tj-Schleife lokalisiert. Säurekatalysiert wird P.
teilweise in 5-Ribopyranosyluracil umgelagert.
O
HN
O
HOH2C
O
HO OH
PS-Formmassen, Polystyrol.
Psilocin, 2-Dimethylaminoethyl-4-hydroxyindol,
ein halluzinogen wirkendes Indolalkaloid, das neben
Psilocybin, dem entsprechenden Phosphorsäureester,
Hauptinhaltsstoff des mexikanischen Rauschpilzes
Teonanacatl (Psilocybe mexicana, ›Gottesfleisch‹)
ist. Die orale Aufnahme führt zu Rauschzuständen
(Farbvisionen, stark erhöhte Lichtempfindlichkeit,
Bewußtseinserweiterung) ähnlich wie Lysergsäurediethylamid (LSD), aber mit geringerer Wirkung.
+ H2O.
H
N
N O
In kristallinem Zustand liegen die P. in einer farblosen, dimeren Form vor. In der Schmelze oder in
Lösung weisen P. eine intensiv blaue bis blaugrüne
Farbe auf, die auf die Existenz der monomeren
Form hindeutet.
Pseudoordnung, scheinbare Ordnung kinetischer
NH
OR
R=H
Psilocin
R = PO3H Psilocybin
N
Psilocybin, Psilocin.
Psoralen, Methoxsalen.
Psychoanaleptika, Psychopharmaka.
115
Psychodysleptika
Psychodysleptika, Psychopharmaka.
Psycholeptika, Psychopharmaka.
Psychopharmaka, Verbindungen, die fördernd
oder hemmend in die höhere Nerventätigkeit, d. h.
in psychische und intellektuelle Prozesse beim
Menschen, eingreifen. P. wirken auf die Informationsverarbeitung, -assoziation und -speicherung,
Stimmungslage, das Affekt- und Sozialverhalten u.
dgl. ein. Die einzelnen Wirkungsqualitäten sind in
vielen Fällen nicht scharf zu trennen. Eine übliche
Einteilung erfolgt in Neuroleptika, Tranquilizer und
Antidepressiva. Neuroleptika und Tranquilizer werden bisweilen unter dem Begriff Psycholeptika zusammengefaßt. Ihnen gegenübergestellt werden die
Psychoanaleptika (Psychostimulanzien). Zu den
Psychoanaleptika werden neben den Antidepressiva
z. B. auch die Weckamine gerechnet.
1) Neuroleptika (Antipsychotika) setzen den zentralnervösen Grundtonus herab, ohne daß die
Wahrnehmungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt
oder eine hypnotische Wirkung entfaltet wird. Auf
diese Weise können Aggressivität, Angstgefühle und
Erregungszustände unterdrückt oder beseitigt werden. Neuroleptika werden mit Erfolg zur Behandlung echter Psychosen eingesetzt. Als Nebenwirkungen treten mehr oder minder stark ausgeprägt
sedierende, blutdrucksenkende und antiemetische
Wirkungen auf, von denen letztere therapeutisch
genutzt werden. Die wichtigsten Stoffgruppen sind
basisch alkylierte Phenothiazine, basische Butyrophenone, Diphenylbutylpiperidine, z. B. Pimozid, und Rauwolfiaalkaloide.
2) Tranquilizer (Ataraktika, Psychosedativa) wirken schwächer dämpfend auf psychische Prozesse
als Neuroleptika und werden in breitem Umfang bei
nichtpsychotischen Erregungs-, Angst- und Spannungszuständen und dadurch bedingte Schlafstörungen eingesetzt. Die wichtigsten Stoffklassen
sind Benzodiazepine, basisch alkylierte Diphenylmethanderivate, und Carbamidsäureester mehrwertiger Alkohole, z. B. Meprobamat.
3) Antidepressiva bewirken eine Hebung der
Stimmungslage und z. T. eine Antriebsförderung.
Man unterscheidet zwischen Thymoleptika und
Thymeretika. Thymoleptika bewirken eine Aufhebung bzw. Abschwächung einer depressiven Stimmungslage, zeigen aber bei normaler Stimmungslage kaum eine Wirkung. Dagegen führen Thymeretika auch bei ausgeglichener Stimmungslage zu einer psychischen Stimulierung und Antriebssteigerung. Als Thymoleptika werden vor allem basisch
alkylierte Dibenzodihydroazepine und basisch alkylierte Dibenzodihydrocycloheptadiene eingesetzt. Thymeretika bewirken eine Hemmung der
Monoaminooxidase. Dadurch wird der Abbau der
biogenen Amine unter anderem im Gehirn gehemmt.
116
Nicht als Arzneimittel verwendet werden die Psychodysleptika (Halluzinogene). Sie rufen bei psychisch normaler Ausgangslage Psychosen hervor.
Die bekanntesten Substanzen sind Lysergsäurediethylamid, Mescalin und Psilocybin ( Psilocin).
Psychosedativa, Psychopharmaka.
psychotoxische chemische Kampfstoffe, chemische Kampfstoffe.
Pt, Symbol für Platin.
PTC, Abk. für Phasentransferkatalyse.
Pteridin, Pyrazino[2,3-d]pyrimidin, eine kondensierte heterocyclische Verbindung. P. bildet
gelbe Blättchen; F. 139 bis 140 °C, Sublimation bei
N
6
7
5
4
8
1
N
3
2
N
N
2,66 · 103 Pa und 125 bis 130 °C. Es ist löslich in
Wasser und Alkohol. P. ist der Grundkörper der in
der Natur weit verbreiteten Pteridine, die unter anderem als Flügel- und als Augenpigmente von
Schmetterlingen und Insekten vorkommen. Synthetisch ist P. durch Kondensation von Glyoxal mit 4,5Diaminopyrimidin zugänglich.
Pterin, 2-Amino-4-hydroxypteridin (R1, R2 = H).
Derivate des P. kommen ubiquitär in allen Organismen vor. Die Biosynthese erfolgt aus PyrimidinDerivaten.
O
HN
H2N
N
N
R1
N
R2
Biopterin (R1 = –CHOH–CHOH–CH3; R2 = H) ist
für viele Mikroorganismen ein Wuchsstoff. Zu den
Insektenpigmenten gehören das Leukopterin (R1 =
OH; R2 = H) des Kohlweißlings und das Xanthopterin (R1, R2 = OH) des Zitronenfalters. P. wirken als
Coenzyme von Oxidoreductasen. Ein wichtiges Pterinderivat ist die Folsäure.
Pteroinsäure, Folsäure.
Pteroylglutaminsäure, Folsäure.
PTFE, Abk. für Polytetrafluorethylen.
PTH, Abk. für Parathyrin.
PTM-Effekt, Abk. für Post-Transition-MetallEffekt; d-Block-Kontraktion. Der P. beschreibt, daß
die Nichtmetalle der ersten langen Periode (Ga, Ge,
As, Se, Br) oft nur thermodynamisch instabile Verbindungen in ihren maximalen Oxidationsstufen
ausbilden. Der P. kann im wesentlichen auf die
schlecht abgeschirmte Kernladung zurückgeführt
werden, da vor diesen Nichtmetallen im Periodensystem erstmals die 3d-Niveaus besetzt werden (vgl.
auch Lanthanoidenkontraktion). Aufgrund der
relativ größeren Kontraktion, d. h. der größeren
energetischen Absenkung des 4s-Orbitals im Vergleich zu den 4p-Orbitalen, wird die Energiediffe-
Pulver
renz zwischen 4s und 4p größer als zwischen 3s und
3p. Daher ist z. B. HBrO4 weniger stabil als HClO4
und HIO4.
Pu, Symbol für Plutonium.
Pufferlösung, wäßrige Lösung, deren pH-Wert
bei Zugabe geringer Mengen starker Säure oder Base
praktisch konstant bleibt. Die P. besteht üblicherweise aus einer gelösten Mischung einer mittelstarken Säure und ihrer korrespondierenden Base, z. B.
einer Mischung der Säure und ihres Salzes. Ausgehend vom Dissoziationsgleichgewicht, Säure + H2O
Base + H3O+, ergibt sich durch entsprechende
Umstellung des Massenwirkungsausdrucks die Gleichung nach Henderson und Hasselbalch, pH = pKS
+ lg (cBase/cSäure), wonach der pH-Wert der P. durch
den pKS-Wert der Säure und das Konzentrationsverhältnis cBase/cSäurebestimmt wird.
Durch Variation dieses Verhältnisses lassen sich
Puffer ganz bestimmter pH-Werte herstellen. Bei
Zusatz geringer Mengen OH–- oder H3O+-Ionen zur
Lösung kommt es zur Neueinstellung des Protolysegleichgewichtes der das Puffersystem bildenden
Säure und Base und somit zu einer Veränderung
des Konzentrationsverhältnisses cBase/cSäure. Weil
dieses Verhältnis jedoch im logarithmischen Glied
der o. a. Gleichung steht, wirkt sich diese Veränderung nur sehr unbedeutend auf den pH-Wert aus,
d. h., der pH-Wert der Lösung bleibt praktisch konstant. Zur Erreichung einer hohen Kapazität der P.
soll das Konzentrationsverhältnis cBase/cSäure möglichst wenig von 1 abweichen. Für jeden zu puffernden pH-Bereich ist damit ein geeignetes korrespondierendes Säure-Base-Paar zu suchen, wobei der
pKS-Wert der Säure dem gewünschten pH-Wert der
P. möglichst nahe kommen soll (denn für cBase/cSäure
= 1 ergibt sich pH = pKS!).
P. wirken oder werden stets dann eingesetzt,
wenn es auf die Einhaltung eines ganz bestimmten
pH-Wertes ankommt. Das Puffersystem des menschlichen Blutes, mit dessen Hilfe der pH-Wert in den
engen Grenzen zwischen 7,35 bis 7,45 konstant gehalten wird, basiert vorrangig auf dem CO2/HCO–3Gleichgewicht.
Pulegon, p-Menth-4(8)-en-3-on, ein monocyclisches Monoterpenketon. P. ist eine farblose bis
schwach gelbe Flüssigkeit von pfefferminzartigem
Geruch; Kp. 224 °C. bei 100 kPa. P. ist meist als
R(+)-Form in zahlreichen Labiatenölen enthalten.
Es wird insbesondere aus Poleiöl der Pflanze Mentha
pulegium gewonnen und dient zur Herstellung von
Menthol.
Pullulan, ein mikrobielles Exopolysaccharid,
welches aus a-1,6-glucosidisch verknüpften Maltotriosegruppen besteht. Es werden auch Maltotetroseeinheiten und einzelne a-1,3- und a-1,4-Bindungen gefunden. P. ist ein gut wasserlösliches und
stark quellfähiges farbloses Pulver.
P. wird in Abhängigkeit vom pH-Wert und der
Fermentationsdauer bei aerober, submerser Kultivierung von Pullularia pullulans (syn. Aureobasidium pullulans) und Acetobacter pullulans in einem
breiten Molekulargewichtsbereich gebildet. Als Kohlenstoffquelle dienen z. B. Stärkehydrolysate, Glucose
oder Saccharose.
Aufgrund seiner Eigenschaften kann P. als Dikkungs-, Binde-, Gelier- und Quellungsmittel eingesetzt werden. P. kann zu dünnen, durchsichtigen
Folien und Filmteilen gegossen oder gepreßt werden und wird so in der Lebensmittelindustrie als
luftdichtes, durchsichtiges Verpackungsmaterial (eßbar bzw. biologisch abbaubar) verwendet. Wäßrige
Lösungen dienen als Klebstoff.
Pullulanase, eine Hydrolase, die die 1,6-a-glucosidischen Bindungen des Pullulans unter Freisetzung von Maltotriose spaltet. Die Fähigkeit zur
Spaltung von Amylopektin und anderer verzweigter
Polysaccharide ist abhängig von der Herkunft des
Enzyms. Die Mr der meisten P. liegen zwischen
50000 und 150000, die pH-Optima zwischen 5,0
und 7,0. P. kommen vor allem in Bakterien (z. B.
Aerobacter aerogenes), aber auch in einigen Pflanzen (z. B. Gerste, Hafer) vor.
P. kann mit Klebsiella aerogenes unter C-Limitation in kontinuierlicher Kultur gewonnen werden.
Das E. ist zu etwa je 50 % extrazellulär bzw. zellgebunden. P. in Kombination mit Glucoamylase verbessert die Glucoseproduktion aus Stärke. Die P.
kann evtl. an Stelle der Pilzglucoamylase in Brauereien zur Bildung von Maltose und Maltotriose aus
Dextrinen eingesetzt werden. Zusammen mit der
b-Amylase verbessert die P. den Abbau von Stärkekörnern zu Maltose.
Pulsfeld-(Gel)-Elektrophorese, ein Verfahren
der Elektrophorese, bei dem durch FlachbettElektrophorese (mit Flachgelen arbeitend) im Agarose-Gel DNA-Moleküle bis 10000 kbp durch periodischen Richtungswechsel des elektrischen Feldes
(periodisch zwischen zwei um einen gewissen Winkel verschiedene Richtungen) getrennt werden. Die
Frequenz des Feld-Richtungswechsels ist entsprechend den DNA-Proben einstellbar. Die P. erlaubt
u. a. die Präparation hoch angereicherter DNAProben für die Klonierung.
Puls-Fourier-Transform-Technik, NMR-Spektroskopie.
Pulsradiolyse, Radiolyse, Reaktionskinetik.
Pulver, Schießpulver, Treibmittel für konventionelle Feuerwaffen, rauchschwache Pulver,
Schwarzpulver. Man unterscheidet einbasige Pulver, z. B. Cellulosenitratpulver, zweibasige Pulver,
z. B. eine Mischung aus Cellulosenitratpulver und
Glycerintrinitratpulver, und dreibasige Pulver, z. B.
eine Mischung aus Cellulosenitrat-, Glycerintrinitrat- und Nitroguanidinpulver.
117
Pulvermetallurgie
Pulvermetallurgie, zusammenfassende Bezeichnung für alle metallurgischen Verfahren zur Herstellung von Halbzeugen und Fertigteilen aus Pulvern von Metallen oder hochresistenten Metallverbindungen ohne bzw. mit Zusatz nichtmetallener
Bestandteile. Die Verbindung der Pulverteilchen erfolgt überwiegend durch Druck und nachfolgendes
Sintern unterhalb des Schmelzpunktes der Basiskomponente.
Durch P. werden z. B. hergestellt: gesinterte Hartmetalle, die aus mindestens einem Carbid oder
Mischcarbid (z. B. Wolfram-Titan-Tantal-Carbid)
mit Bindemetall (z. B. Cobalt) bestehen und zur
Erhöhung der Verschleißfestigkeit mit Titancarbid
oder Titannitrid beschichtet werden können, Kontaktlegierungen aus Wolfram und Kupfer oder Silber und Nickel für die Schaltgeräteindustrie, weichund hartmagnetische Werkstoffe, hochschmelzende
Metalle (z. B. Wolfram, Molybdän, Chrom, Tantal)
in der chem. Industrie, Luft- und Raumfahrt, Reaktor- und Raketentechnik, Gleit- und Reibwerkstoffe
aus Eisen, Bronze oder Kupfer-Titan mit Graphit-,
Blei- oder Magnesiumoxidzusatz, mit Öl oder
Hochpolymeren getränkte selbstschmierende Gleitlager, Metallfilter zum Reinigen von Gasen und
Flüssigkeiten, Maschinenteile aus legierten oder
unlegierten Stählen.
Zu den pulvermetallurgischen Werkstoffen zählen
auch solche, die lediglich durch Verpressen von
Pulver mit Bindemittel entstanden sind. Dazu gehören die Massekerne aus Carbonyleisenpulver mit
einem isolierenden organischen Bindemittel (z. B.
Phenolharz), die als weichmagnetische Materialien
für Kerne in Hochfrequenzspulen dienen, ferner
Dauermagnete aus vorlegiertem Eisen-AluminiumNickel-Pulver mit Kunstharzzusatz.
Pulververfahren, Röntgenstrukturanalyse.
Punktanalyse, Lokalanalyse.
Punktdefekte, Kristallbaufehler.
Punktgruppe, Symmetrie.
PUR, Abk. für Polyurethane.
Purinalkaloide, eine kleine Gruppe von Alkaloiden, die das bicyclische Grundgerüst des Purins
enthalten ( Purine). Die wichtigsten Verbindungen leiten sich vom 2,6-Dioxo-1,2,3,6-tetrahydropurin ( Xanthin) ab und sind N-Methylderivate.
Darunter fallen Coffein, Theobromin und
Theophyllin. In der Therapie spielen auch partialsynthetische Derivate des Xanthins, z. B. Etofyllin,
und Salze der natürlichen Xanthinderivate, wie
Aminophyllin, eine Rolle.
Purinanaloga, Antipurine, Purinderivate, die
durch geringe Strukturabwandlungen der natürlichen Purinmetabolite entstehen und als Antimetabolite wirken. P. werden hauptsächlich durch Modifizierung der Basen, aber auch durch Abwandlung
der Zuckeranteile von Nucleosiden gewonnen. Be118
vorzugte Variationen sind der Austausch von OHGruppen gegen SH- (z. B. 6-Mercaptopurin) oder
NH2-Gruppen (2,6-Diaminopurin), Einführung von
Halogenen am C-Atom 2 oder 6 (6-Chlorpurin),
Austausch eines Ring-C-Atoms gegen ein N-Atom
(8-Azaguanin), Austausch eines Ring-N-Atoms gegen ein C-Atom (z. B. Tubercidin) und Vertauschen
der Positionen eines C- und N-Atoms im Ringsystem
(Pyrazoloadenin). Wirksam ist auch die Umwandlung der OH-Gruppe am C-Atom 3 der Ribose in eine Desoxygruppe (Cordycepin). P. hemmen selektiv
bestimmte enzymatische Reaktionen, insbesondere
der Nucleinsäuresynthese.
Purinantibiotika, in ihrer chemischen Struktur
modifizierte Purinderivate mit antibiotischer Aktivität, die als Nucleoside ( Nucleosidantibiotika),
Polypeptide (z. B. Viomycin) oder freie Basen (z. B.
Pathocidin) vorkommen.
Purine, in der Natur weit verbreitete bicyclische
Heterosysteme von großer biologischer Bedeutung.
Sie kommen frei in Pflanzen und Tieren sowie als
Bausteine von Nucleosiden, Nucleotiden und
Nucleinsäuren vor. Die P. leiten sich vom Grundkörper Purin ab. Die Stammverbindung, die in unsubstituierter Form in den tautomeren Formen 9HP. und 7H-P. vorkommt, ist bisher frei in der Natur
nicht aufgefunden worden.
NH2
N
N
NH2
+ HCOOH
– 2H2O
N
H
N
N
N
7H-Purin
Zu den wichtigsten P. gehören Adenin (6-Aminopurin) und Guanin (2-Amino-6-hydroxypurin) als
Bestandteile der Nucleinsäuren, Adenin auch als
Baustein für Adenosindiphosphat (ADP) und Adenosintriphosphat (ATP) sowie verschiedener Coenzyme, weiterhin Hypoxanthin, Xanthin und
Harnsäure sowie die als Purinalkaloide bezeichneten P. Coffein, Theobromin und Theophyllin, die im Kaffee, Kakao und im schwarzen Tee vorkommen.
Purisol-Verfahren, ein Verfahren zur Entfernung
saurer Bestandteile (Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und Kohlenoxidsulfid) aus Erdgas, Ferngas
und Synthesegas. Das P. arbeitet ähnlich wie das
Sulfinol-Verfahren; als Lösungsmittel für die sauren Gase dient beim P. N-Methylpyrrolidon.
Puromycin, 6-Dimethylamino-9-[3-(p-methoxy-Lb-phenylalanylamino)-3-desoxy-b-D-ribofuranosyl]purin, ein Nucleosidantibiotikum, das von Streptomyces alboniger produziert wird. Es bildete farblose Kristalle; F. 175 bis 177 °C, [a]2D –11° (Ethanol), die in Wasser bei schwach saurem pH-Wert
sowie in Ethanol löslich sind. P. ist stark wirksam
gegen grampositive Bakterien, während gramnegative Bakterien nur schwach gehemmt werden. Für
Purpurmembran
H3C
N
CH3
N
N
N
HOCH2
O
N
ter Einbau des 14b-O-Atoms entsteht. Die entstehenden Isoverbindungen sind therapeutisch unwirksam.
O
H3C
NH2
H3CO
CH2 CH CO NH
O
CH3
OH
H
R1 O
den Einsatz am Menschen ist P. zu toxisch. P. ist
ein am Basen- und Zuckeranteil modifiziertes Analogon der endständigen Nucleosideinheit (CCAEnde) einer Aminoacyl-tRNA. Es bildet bei der ribosomalen Proteinsynthese ( Translation) eine Peptidbindung mit der COOH-Gruppe einer an Peptidyl-tRNA gekoppelten und so am Ribosom gebundenen Aminosäure. Die wachsende Polypeptidkette
wird daraufhin vom Ribosom abgelöst, weil P. – im
Gegensatz zur üblichen Struktur der tRNA – keine
zusätzliche Bindung am Ribosom eingehen kann.
Purpureaglycoside, zu den herzwirksamen Glycosiden gehörende Digitalisglycoside aus dem Roten Fingerhut Digitalis purpurea. In der Blattdroge
sind 0,2 bis 0,6 % P. enthalten, es wurden etwa 30
verschiedene herzwirksame Glycoside aufgefunden.
Daneben finden sich auch herzunwirksame Steroidverbindungen, die Digitanolglycoside; außerdem Saponine, beispielsweise Digitonin.
Die Gewinnung der P. erfolgt aus Zuchtrassen,
aus denen Digitoxin in relativ hoher Ausbeute erhalten werden kann. Die Aglykone der P. sind Digitoxigenin, Gitoxigenin und Gitaloxigenin, sie gehören zur Gruppe der Cardenolide. In den Blättern
der Pflanze finden sich als wichtigste native Primärglycoside Purpureaglycosid A und B, aus denen beim
Trocknen enzymatisch der endständige D-Glucosylrest unter Bildung der Sekundärglycoside Digitoxin
und Gitoxin abgespalten wird. In diesen Verbindungen ist eine Kette von drei Digitoxoseresten mit
den Aglykonen b-glycosidisch verknüpft. Die Digitoxosereste sind miteinander (1→4)-b-glycosidisch
verbunden.
Die P. sind instabile Verbindungen. Als Glycoside
von Desoxyzuckern sind sie säurelabil, passieren
aber zu einem hohen Prozentsatz den sauren Magen. Besonders leicht spaltbar sind die Verbindungen mit einer 16b-O-Formylstruktur. Unter Säureeinwirkung erfolgt auch die Abspaltung der 14bOH-Gruppe zusammen mit einem nachbarständigen H-Atom unter Bildung von Anhydroverbindungen. Bei den sich vom Gitoxigenin ableitenden Verbindungen wird auch die 16b-OH-Gruppe unter
Bildung eines konjugierten Systems von Doppelbindungen abgespalten (Dianhydroverbindung). Im alkalischen Milieu kann Isomerisierung erfolgen, wobei der Lactonring geöffnet und ein neuer Ring un-
R2
H
OH
H
Name
R1
R2
Digitoxigenin
H
H
Gitoxigenin
H
OH
Gitaloxigenin
H
–O–C
Digitoxin
-Digitoxose-DigitoxoseDigitoxose
H
Gitoxin
-Digitoxose-DigitoxoseDigitoxose
OH
Gitaloxin
-Digitoxose-DigitoxoseDigitoxose
–O–C
Purpureaglycosid A
-Digitoxose-DigitoxoseDigitoxose-Glucose
H
Purpureaglycosid B
-Digitoxose-DigitoxoseDigitoxose-Glucose
OH
O
H
O
H
Von therapeutischer Bedeutung ist nur Digitoxin,
das nach oraler Gabe zu über 80 % resorbiert wird.
Die Abklingquote liegt je Tag unter 10 %. Dadurch
kann es bei unsachgemäßer Dosierung leicht zur
Kumulation und damit zur Intoxikation kommen.
Digitoxin wird wie alle herzwirksamen Glycoside bei
Herzmuskelinsuffizienz eingesetzt. Es erhöht die
Schlagkraft und verlangsamt die Schlagfolge des
Herzens und erschwert die Erregungsleitung. Die
Wirkung wird auf eine teilweise Hemmung des
Mg2+-abhängigen Na+-K+-ATPase-Systems der Herzzellwand zurückgeführt.
Purpurin, 1,2,4-Trihydroxyanthrachinon, ein synthetischer Farbstoff, der in Alkalien mit karminroter Farbe leicht löslich ist; F. 253 bis 256 °C. P.
entsteht durch Oxidation von Alizarin mit Mangandioxid und Schwefelsäure. Es besitzt ähnliche färberische Eigenschaften wie Alizarin und dient zur
Kernfärbung in der Histologie. P. ist der Begleiter
des Alizarins in der Krappwurzel.
Purpurmembran, die durch Einlagerung von
Bacteriorhodopsin rot gefärbten photosynthetisch
aktiven Abschnitte der Cytoplasmamembran von
Halobakterien (Archaebakterien, die für das Wachstum u. a. hohe NaCl-Konzentrationen im Medium
benötigen). Nach Lyse der Bakterien in destillier119
Purpursäure
tem Wasser sind die P. isolierbar. Sie bestehen zu
etwa 25 % aus Lipid und zu 75 % aus Protein. Alle
sulfathaltigen Lipide der Zelle wurden in der P. gefunden (etwa 15 % des Gesamtlipid). Bacteriorhodopsin ist das einzigste Protein der P. Die extrem einfache Zusammensetzung der P. und die
nahezu kristalline Anordnung des Bacteriorhodopsins haben vor Jahren eine exakte Strukturanalyse
dieser Membran ermöglicht.
Purpursäure, Murexid.
push-pull-Systeme (engl. push ›schieben‹, engl.
pull ›ziehen‹), Moleküle mit Atomen oder Atomgruppen mit Elektronenpaardonor-(EPD-) und ElekH
H2N
C
C
H
C
H
O
n
tronenpaarakzeptor-(EPA-) Eigenschaften, z. B. lassen sich die Merocyanine als push-pull-Polyene auffassen. Beispiele für Donorgruppen sind Substituenten mit +I- und +M-Effekt (z. B. –NH2, −OH),
Beispiele für Akzeptorgruppen sind Substituenten
mit –I- und –M-Effekt (z. B. –NO2, –CHO).
Putidaredoxin, ein Eisen-Schwefel-Protein vom
Typ der Ferredoxine (FeS2-Cystein4). P. aus Pseudomonas putida besteht aus einer Polypeptidkette
mit 106 Aminosäuren (Mr 12500). Es fungiert in
diesem Mikroorganismus als Elektronenüberträger
im Campher hydroxylierenden Monoosygenasesystem, das neben P. und einer NADH-abhängigen
Putidaredoxinreductase noch Cytochrom P-450
( Cytochrome) als terminale Oxidase enthält.
Putrescin, Tetramethylendiamin, 1,4-Diaminobutan, H2N–(CH2)4–NH2, ein biogenes Diamin, das
durch bakterielle Decarboxylierung von Ornithin
entsteht. P. ist eine farblose, kristalline Verbindung
mit unangenehmem Geruch, F. 27–28 °C, Kp. 158–
−3
159 °C., n20
D 1,4969, D. 0,867 g cm , die in Wasser
und Alkohol leicht, in Ether schwer löslich ist. P.
wurde 1883 von Brieger in faulenden Eiweißstoffen
gefunden (lat. putrescere ›verfaulen‹). Es zeigt die
typischen Reaktionen der primären Amine, reagiert
stark basisch und bildet mit Säuren beständige Salze. Bei Krebs ist die Ausscheidungsrate von P. im
Harn erhöht. Andererseits wird P. durch Verknüpfung mit Cytostatika zur Herstellung selektiv wirkender Cytostatika eingesetzt. Es dient als Zwischenprodukt zur Herstellung von Polykondensations- und Polyadditionsprodukten, Mischpolymerisaten, Pharmazeutika sowie Pflanzenschutz- und
Schädlingsbekämpfungsmitteln. Vom P. leiten sich
Spermin und Spermidin ab.
PVAC, Abk. für Polyvinylacetat.
PVAL, Abk. für Polyvinylalkohol.
PVC, Abk. für Polyvinylchlorid.
PVDF, Abk. für Polyvinylidenfluorid.
120
PVF, Abk. für Polyvinylfluorid.
PVK, Abk. für Polyvinylcarbazol.
p-Wert, in der Wasserchemie die bei Verwendung
des Farbindikators Phenolphthalein zur Abstumpfung von 100 ml Wasser verbrauchten ml 0,1 N
Salzsäure. Durch Multiplikation des p-Wertes mit
2,8 erhält man die Phenolphthalein-Alkalität (PA)
und durch Multiplikation mit 40 die Alkalitätszahl (AZ). In modernen Höchstdruck- und Zwangs
durchlaufdampferzeugern darf der zur Schutzalkalität erforderliche p-Wert 0,1 nicht übersteigen.
m-Wert.
Py, Abkürzung für Pyridin, insbesondere für Pyridinliganden in Metallkomplexen und -chelaten.
Pyramidon®, Pyrazolone.
Pyrane, sechsgliedrige, heterocyclische Verbindungen mit einem Sauerstoffatom und zwei C=CDoppelbindungen im Ring. Je nach der Lage der Dop4
5
3
6 1 2
O
2H-Pyran
O
4H-Pyran
pelbindungen unterscheidet man 2H-Pyran (aPyran) und 4H-Pyran (g-Pyran). Wichtige Abkömmlinge der P. sind die Pyrone, die Chromene
( Benzopyrane), das Xanthen und die Pyryliumsalze.
2H-Pyran-2-on, Pyrone.
4H-Pyran-4-on, Pyrone.
Pyranose, Monosaccharide.
Pyrantel, Anthelminthika.
Pyrazin, 1,4-Diazin, pyridinähnlich riechende
Kristalle; F. 54 °C, Kp. 115 bis 116 °C. P. ist leicht
löslich in Wasser, Alkohol und Ether, mit Wasserdampf flüchtig. P. ist die Stammverbindung von vieN
4
1
N
len Naturstoffen und Farbstoffen. Substituierte P.
finden sich in getrockneten Pilzen, in den Röstaromen von Kaffee und Kakao, in Erdnüssen, Kartoffelchips und Knäckebrot.
Pyrazinamid, Pyrazincarbonsäureamid, eine als
Tuberkulostatikum verwendete Verbindung.
Pyrazol, 1,2-Diazol, pyridinähnlich riechende,
farblose Kristalle; F. 70 °C, Kp. 186 bis 188 °C. Es
ist in Wasser, Alkohol und Ether leicht löslich. P. ist
43
512
N
H
N
schwach basisch und hat einen ausgeprägten aromatischen Charakter. Gegenüber Säuren und Oxidationsmitteln ist es sehr beständig. Durch Reduktion von P. entsteht Pyrazolin, durch vollständige
Hydrierung Pyrazolidin. Infolge intermolekularer
Pyren
Wasserstoffbrückenbindungen liegt P. dimer vor.
Man stellt P. durch Kondensation von Hydrazin mit
Propargylaldehydacetal oder durch Addition von
Diazomethan an Acetylen dar. Als erstes natürlich
vorkommendes Pyrazolderivat wurde die Aminosäure
Pyrazolalanin aus den Samen der Wassermelone isoliert. Weiterhin ist P. der Grundkörper einer Reihe
antipyretisch und antirheumatisch wirkender Heilmittel. Derivate des P. dienen als Kupplungskomponente für die Herstellung von Azofarbstoffen.
Pyrazoline, die Dihydroverbindungen des Pyrazols. Nach der Stellung der verbliebenen Doppelbindung im Ring unterscheidet man 1-, 2- und 3-P.
Derivate der drei möglichen tautomeren Formen
sind bekannt.
wirkungen wie Agranulocytose und Bildung von Alkylnitrosaminen in verschiedenen Ländern eingeschränkt bzw. verboten.
Ein sehr gut wasserlösliches Derivat ist Analgin.
Es wird durch Kondensation von 4-Methylaminophenazon mit Formaldehyd und Natriumhydrogensulfit erhalten. Im sauren Milieu zersetzt sich Analgin unter Bildung von 4-Methylaminophenazon,
Formaldehyd und SO2.
Im Propyphenazon ist die Dimethylaminogruppe
durch den Isopropylrest ersetzt. Die Wirkung ist
zwar schwächer als bei Aminophenazon, die Bildung
von Alkylnitrosaminen dagegen wenig wahrscheinlich.
R
4 3
5 12
N
H
N
2-Pyrazolin
2-P. ist eine kakaoähnlich riechende, farblose, luftempfindliche Flüssigkeit; Kp. 144 °C, n17
D 1,4796.
Es ist in Wasser, Alkohol und Ether gut löslich, mit
Wasserdampf ist es flüchtig. Man erhält 2-P. durch
Reaktion von Diazomethan mit Ethylen, bei der
Umsetzung von Acrolein mit Hydrazin oder durch
Reduktion von Pyrazol. Im allg. sind die P. stärker
basisch, leichter substituierbar und oxidierbar als
Pyrazol. Von therapeutischer Bedeutung sind die
Oxoderivate des 2-Pyrazolins, z. B. 2-Pyrazolin-5-on.
2-Pyrazolin-5-on, Pyrazolon, das Oxoderivat des
2-Pyrazolins. 2-P. bildet farblose Nadeln; F. 165 °C.
Es ist leicht löslich in Wasser und Alkohol, unlöslich
5 12
N
H
N
N
H
Pyrazol-5-on
O
O
N
N CH
3
C6H5
CH3
R = CH(CH3)2 : Propyphenazon
Pyrazolonfarbstoffe, eine Gruppe von Azofarbstoffen, die als Kupplungskomponente Phenylmethylpyrazolon oder ein anderes Pyrazolonderivat
enthalten, z. B. Eriochromrot (Abb.) und Tartrazin.
OH
CH3
N N
N
in Ether. 2-P. ist durch Reaktion von Formylessigsäureethylester mit Hydrazinsulfat zugänglich. 2-P.
ist der Grundbaustein einer großen Gruppe von Antipyretika und Antineuralgika, z. B. Phenazon und
Aminophenazon, sowie einiger technisch wichtiger
Pyrazolonfarbstoffe.
Pyrazolon, 2-Pyrazolin-5-on.
Pyrazolone, Derivate des Pyrazol-5-on, die als Analgetika therapeutisch eingesetzt werden. Das erste
Pyrazolonderivat, das als schwaches Analgetikum
eingeführt wurde, war Phenazon (Antipyrin®); F.
113 °C. Es wird erhalten durch Kondensation von
Acetessigester, CH3C(O)(CH2)–COOC2H5, mit Phenylhydrazin, C6H5NHNH2, und nachfolgende Methylierung. Aufgrund seiner schwachen analgetischen
Wirkung und Nebenwirkungen wurde es weitgehend
durch Aminophenazon (Pyramidon®), F. 109 °C,
verdrängt. Letzteres wird aus Phenazon durch Nitrosierung, Reduktion der Nitrosogruppe zur Aminogruppe und deren Dimethylierung hergestellt. Die
Verbindung ist wenig wasserlöslich. Die Anwendung
von Aminophenazon ist wegen möglicher Neben-
CH3
R = H : Phenazon
R = N(CH3)2 : Aminophenazon
R = N CH2 SO3– Na+ : Analgin
NaO3S
4 3
O
4 3
2
5
1
HO
N
N
C6H5
Eriochromrot
Die P. werden in der Lackindustrie sowie zum Färben von Wolle nach dem Chromierverfahren angewendet.
Pyren, ein kondensierter aromatischer Kohlenwasserstoff. P. bildet gelbe, blau fluoreszierende,
sublimierende Kristalle; F. 156 °C, Kp. 393 °C. Es
ist unlöslich in Wasser, wenig löslich in siedendem
10
1
9
2
3
8
7
4
6
5
Ethanol, gut löslich in Ether, Benzol, Toluol und
Schwefelkohlenstoff. P. ist elektrophilen Substitutionsreaktionen zugänglich. Der Erstangriff erfolgt
in 3-Stellung, die Zweitsubstitution in 8- oder
10-Position. P. kommt im Steinkohlenteer vor und
wird daraus durch Extraktion mit Schwefelkohlenstoff und Reinigung über das Pikrat gewonnen. P.
wird zur Herstellung von Farbstoffen verwendet.
121
Pyrethrine
Pyrethrine, Sammelbezeichnung für die insektizid wirksamen Inhaltsstoffe des Pyrethrums. Sie
werden aus den Blüten verschiedener Chrysanthemum-Arten gewonnen und kommen in unterschiedlichen Mengen in der Pflanze vor. Chemisch gesehen sind P. ein Gemisch von 6 optisch aktiven
Estern der (+)-trans-Chrysanthemumsäure bzw.
(+)-trans-Pyrethrinsäure mit (+)-Pyrethrolon, (+)Cinerolon und (+)-Jasmolon (Tab.). Die Absolutkonfiguration ist in allen Estern 1R,3R,4S. Die
Doppelbindung in der Seitenkette des Alkoholteils
ist cis-, die im Carbonsäureteil trans-konfiguriert.
O
C CH
H3C
Neo-Pynamin
> 5000
Resmethrin
Chryson, Synthrin
>2500
Bioresmethrin
Permethrin
7070 ... 8000
Ambush. Talcord,
Dragon (Hygiene)
Outflank (Veterinär)
430 ... 4000
Fastac
Fendona (Hygiene)
Renegade (Veterinär)
79 ... 400
BetaCypermethrin
Cyperil, Chinmix
166 ... 178
ZetaCypermethrin
Fury
106
molare
Masse
Cyfluthrin
Baythroid
Baygon (Hygiene)
Solfac (Veterinär)
250 ... 500
BetaCyfluthrin
Bulldock
Responsar (Veterinär)
270 ... 500
135 ... 5000
Pyrethrin I
–CH3
–CH=CH2
C21H28O3
328,43
Jasmolin I
–CH3
–CH2–CH3 C21H30O3
330,45
Deltamethrin
Decis
Cinerin I
–CH3
–CH3
C20H28O3
316,42
Cyhalothrin
Grenade
114 ... 166
Pyrethrin II –COOCH3
–CH=CH2
C22H28O5
372,44
Karate
56 ... 79
Jasmolin II
–COOCH3
–CH2–CH3 C22H30O5
374,46
LambdaCyhalothrin
Cinerin II
–COOCH3
–CH3
360,43
C21H28O5
Die Ester sind als Ganzes insektizid wirksam, die
Bestandteile sind wirkungslos. Pyrethrine sind Kontaktgifte mit schnell eintretender Wirkung (knockdown-Effekt) und geringer Persistenz. Dies ist der
Hauptgrund für den breiten Einsatz in den Anwendungsbereichen Haushalt, Hygiene und Vorratsschutz sowie in geringem Maße im Gemüse-, Obstund Gartenbau. Die Wirkung der Pyrethrine wird
durch den Zusatz von Synergisten wie Piperonylbutoxid entscheidend verbessert.
Pyrethroide. Ausgehend von den natürlich vorkommenden Pyrethrinen wurden durch synthetische Abwandlung photostabilere und persistentere
Strukturen geschaffen, die zu der bedeutenden und
sehr diversifizierten Wirkstoffklasse der P. führte (s.
Tab. 1). Grundbaustein ist überwiegend die Chrysanthemumsäure, die mit verschiedenen aromatischen Alkoholen verestert ist (z. B. Allethrin, Tetramethrin, Resmethrin). Sie sind bei sehr geringer
Warmblütertoxizität in ihrer Wirkung den Naturprodukten gleich oder erheblich besser.
Von Bedeutung war auch die Einführung der Permethrinsäure, bei der formal die Isobutenylgruppe
122
784 ... 1545
Tetramethrin
AlphaCypermethrin
Pyrethrine. Tab.: Die Strukturen der Pyrethrine.
Summenformel
585 ... 1100
Pynamin Forte
54
H
R′
Pynamin
Bioallethrin
250 ... 4150
CH3
R
Allethrin
Talstar
O
H3C
Akute orale LD50
Ratte mg/kg
Cymbush. Ripcord
CH2 CH C
C O
Handelsnamen
Cypermethrin
R′
H3C
Name
Bifenthrin
Allgemeines Strukturschema:
R
Pyrethroide. Tab. 1: Wichtige synthetische Pyrethroide.
Acrinathrin
Rufast
>5000
Fenvalerate
Sumicidin
451
Esfenvalerate
Sumi-alpha
75 ... 458
Flucythrinate
Cybolt, Cythrin
67 ... 81
Fluvalinate
Mavrik
>3000
CH3
CH3
H3C
C CH
CH2CH CH2
COO
H3C
CH3
O
Pyrethroide. Abb. 1: Strukturbeispiel Allethrin.
gegen eine Dihalogenvinylgruppe ausgetauscht ist
(z. B. Permethrin, Cypermethrin, Deltamethrin).
Diese P. sind Berührungs- und Fraßgifte und zeigen
auch im Freiland eine Wirkungsdauer von mehreren
CH3
Cl2C CH
C O CH2
O
CH3
O
Pyrethroide. Abb. 2: Strukturbeispiel Permethrin.
Pyridin
Wochen. Das Deltamethrin, mit einer mehr als
1000mal höheren Wirksamkeit als das natürliche
Pyrethrin, wird in der optisch aktiven D,cis-Form
hergestellt (Decis).
Wird die Cyclopropancarbonsäuregruppe durch
strukturell und sterisch ähnliche, substituierte
Carbonsäuren ersetzt, so resultieren zwar in der insektiziden Wirksamkeit etwas geminderte, aber im
Wirkungsspektrum und den Gebrauchseigenschaften den natürlichen Pyrethrinen vielfach überlegene Verbindungen (z. B. Fenvalerate, Fluvalinate,
Flucythrinate).
Cl
F 3C
NH
H3C
H
O
CN
O
C
Pyrethrum, Pyrethrine.
Pyridat, heterocyclische Herbizide.
Pyridazin, 1,2-Diazin, eine farblose, pyridinähnlich riechende Flüssigkeit; F. –8 °C, Kp. 208 °C, n20
D
1,5218. P. ist in Wasser, Alkohol und Ether leicht lös1
N
2
N
lich. Es ist eine schwache Base. Mit Säuren bildet es
Salze. Man gewinnt P. durch Decarboxylierung von
Pyridazin-4,5-dicarbonsäure. Von technischem Interesse sind die Pyridazinone als Herbizide.
Pyridin, eine farblose, hygroskopische, charakteristisch unangenehm riechende, brennbare Flüssigkeit; F. –42 °C, Kp. 115,5 °C, n20
D 1,5095. Es ist mit
O
CH3
Pyrethroide. Abb. 3: Strukturbeispiel Fluvalinate.
Wichtige Wirkungsunterschiede zwischen den P.
ergeben sich auch aufgrund einer vorhandenen
oder nicht vorhandenen a-Cyano-Substitution. P.
ohne a-Cyano-Substitution wie beispielsweise Bioresmethrin, Permethrin oder Tetramethrin zeichnen
sich aus durch schnelles Einsetzen der Intoxikationssymptome in der Population, Koordinationsstörungen, Krämpfe und hohe Wiederholungsraten.
P. mit a-Cyano-Substitution wie beispielsweise
Cyfluthrin, Cypermethrin, Cyhalothrin, Deltamethrin,
Fenvalerat, Esfenvalerat oder Fluvalinat zeichnen
sich aus durch langsames Einsetzen der Intoxikationssymptome in der Population, hohe Mortalität und
relativ niedrige Wiedererholungsraten. Die wichtigsten Einsatzgebiete der P. sind in Tab. 2 aufgeführt.
Pyrethroide. Tab. 2: Wichtige Einsatzbereiche.
Anwendungsgebiet
Anwendungszweck
Landwirtschaft und
Gartenbau
Bekämpfung von Pflanzenschädlingen
Holzschutz
Bekämpfung von Nutzholzschädlingen
Vorratsschutz
Bekämpfung von Schädlingen an
pflanzlichen Lebensmitteln
Hygiene
Bekämpfung von KrankheitserregerÜberträgern (Vektoren), Allergenerzeugern, Toxinerzeugern und
Lebensmittelverderbern einschließlich
Ekelerregern
Textilschutz
Bekämpfung und Abwehr von
Textilien-, Material- und Hygieneschädlingen
Human- und
Vetreinärtherapie
Bekämpfung und Abwehr von
Ektoparasiten
N
Wasser und organischen Lösungsmitteln in jedem
Verhältnis mischbar. P. ist aromatisch und reagiert
basisch. Im Gegensatz zum Benzol sind jedoch die
π-Elektronendichten an den einzelnen Positionen
des Ringes unterschiedlich: Am Stickstoffatom ist
die Elektronendichte am größten und in den Positionen 2, 6 und 4 am kleinsten. Dies wird durch die
im Vergleich zum Kohlenstoff höhere Elektronegativität des Stickstoffs verursacht. Elektrophile Substitutionsreaktionen verlaufen sehr schwer und nur
unter verschärften Reaktionsbedingungen. Halogenierung, Sulfonierung und Nitrierung erfolgen in 3Position nur bei hohen Temperaturen. Nucleophile
Substitutionsreaktionen laufen leichter ab, besonders in 2-, 4- und 6-Position. So liefert z. B. die Umsetzung mit Natriumamid 2-Aminopyridin und 2,6Diaminopyridin ( Tschitschibabin-Reaktion). Aufgrund dieser Besonderheit wird Pyridin als Stammverbindung der π-Mangel-Heterocyclen betrachtet.
Eine vergleichbare Reaktion zeigt sich beim Nitrobenzol, d. h., das Ringstickstoffatom beeinflußt die
Reaktivität des P. in ähnlicher Weise wie der
–M-Effekt der Nitrogruppe im Benzolring. P. ist ein
Elektronenpaardonator und bildet leicht DonorAkzeptor-Komplexe, z. B. mit Schwefeltrioxid, Zinkoder Kupferchlorid. Für organische Verbindungen
zeigt es ein gutes Lösungsvermögen. Mit Säuren
und Alkylierungsmitteln bildet es Pyridiniumsalze,
Oxidation mit Wasserstoffperoxid ergibt Pyridin-Noxid.
P. ist im Steinkohlen- und im Knochenteer, in pyrogenen Ölen verschiedener Herkunft, in Ölen bituminöser Schiefer, im Kaffeeöl und im technischen
Amylalkohol enthalten. Technisch gewinnt man P.
aus Steinkohlenteer durch Auswaschen mit verd.
Schwefelsäure, anschließende Abscheidung mit Alkalien und Rektifikation. Es läßt sich auch aus einem Formaldehyd/Acetaldehyd-Gemisch und Am123
Pyridin-2-carbonsäure
moniak synthetisieren. Vom P. und seinen hydrierten Derivaten leiten sich zahlreiche Naturstoffe ab,
z. B. Coniin, Piperin, Nicotin, Tropin und Cocain.
Man verwendet P. als Lösungsmittel, z. B. für wasserfreie anorganische Salze, viele organische Verbindungen und bei der Bestimmung der löslichen
Bestandteile der Steinkohle, in der Technik zur
Trennung nitrierter Naphthaline und zur Reinigung
des Anthracens, als Kondensationsmittel bei der
Herstellung von Phenolharzen, als halogenwasserstoffbindendes Mittel bei Acylierungsreaktionen
sowie in großem Umfang als Ausgangsmaterial zur
Synthese von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf
der Basis von 2,2′-Bipyridin.
Pyridin-2-carbonsäure, Picolinsäure.
Pyridin-3-carbonsäure, Nicotinsäure.
Pyridin-4-carbonsäure, Isonicotinsäure.
Pyridin-2,3-dicarbonsäure, Chinolinsäure.
Pyridin-3,4-dicarbonsäure, Cinchomeronsäure.
Pyridinherbizide, Wirkstoffe, die bevorzugt zur
Lösung besonderer Unkrautprobleme eingesetzt
werden (s. Tab.). Die Schädigung der Pflanzen erfolgt durch einen Eingriff in den Wuchsstoffhaushalt.
Pyridinherbizide. Tab.: Wichtige Beispiele.
Name
Handelsname
Akute orale
LD50 Ratte mg/kg
NH2
Cl
Cl
8200
Picloram
Cl
N
COOH
NH2
Cl
Cl
Fluroxypyr
2405
F
N
Cl
O CH2 COOH
Cl
690 ... 580
Triclopyr
Cl
N
O CH2 COOH
Cl
Clopyralid
4300
Cl
N
COOH
Pyridiniumsalze, zu den Oniumverbindungen gehörende quartäre Salze des Pyridins. Sie entstehen
durch Anlagerung von Säuren, Alkylhalogeniden,
Dialkylsulfaten, Sulfonsäureestern und Säurechloriden an das N-Atom von Pyridin. Es sind meist gut
kristallisierende, reaktive Verbindungen. Infolge
des starken –I-Effektes des quartären Stickstoffatoms sind in 2- und 4-Position methylsubstituierte
N-Alkylpyridiniumsalze der Aldolreaktion zugäng124
lich. Durch Natronlauge werden N-substituierte P.
zu 5-Hydroxypenta-2,4-dienal gespalten, aus dem
durch Kondensation mit N-Methylanilin 5-(N-Methylanilino)-penta-2,4-dienal (Zincke-Aldehyd) entsteht, das mit Cyclopentadien zu Azulen kondensiert werden kann.
Pyridin-N-oxid, Pyridin-1-oxid, bildet farblose,
zerfließende Kristalle; F. 65 bis 66 °C, Kp. 146 bis
147 °C bei 1,73 · 103 Pa. Es wird durch Oxidation von
Pyridin mittels Persäuren oder 30%igem Wasserstoffperoxid hergestellt. P. ist bevorzugt nucleophi-
+
N
–
O
len Substitutionen in 2- und 4-Positionen und – im
Gegensatz zum Pyridin – elektrophilen Substitutionen in 4-Position zugänglich. Bei der Einwirkung
von Nitriersäure auf P. entsteht in 85%iger Ausbeute 4-Nitropyridin-N-oxid, das sich durch Behandeln
mit Phosphor(III)chlorid in Chloroform in 4-Nitropyridin überführen läßt. Nimmt man die Abspaltung
des Sauerstoffs reduktiv, z. B. mit Raney-Nickel in
Eisessig/Acetanhydrid, vor, so wird zugleich die Nitrogruppe unter Bildung von 4-Aminopyridin reduziert. Durch Umsetzung von 4-Nitropyridin-N-oxid
mit Acylhalogeniden kommt man zu 4-Halogenpyridin-N-oxiden und mit Natriumalkoholaten zu
4-Alkoxypyridin-N-oxiden. Diese sind reduzierbar
und ermöglichen so die Synthese 4-substituierter
Pyridinderivate, die sonst nur schwer zugänglich
sind.
Pyridostigmin, Parasympathikomimetika.
Pyridoxal, Vitamin B6.
Pyridoxalphosphat, Abk. PLP, ein aus Pyridoxin
( Vitamin B6) gebildetes Coenzym, das bei zahlreichen Reaktionen des Aminosäurestoffwechsels
(u. a. Transaminierung, Decarboxylierung, Racemisierung) eine zentrale Rolle spielt.
Pyridoxamin, Vitamin B6.
Pyridoxin, Vitamin B6.
Pyridoxol, Vitamin B6.
Pyrimethamin, ein Diaminopyrimidinderivat, das
als Antimalariamittel eingesetzt wird. Es wirkt als
Schizontenmittel und wird zur Prophylaxe der Malaria z. T. zusammen mit einem Sulfonamid eingesetzt. P. hemmt die Dihydrofolsäurereductase ( Trimethoprim).
Pyrimidin, 1,3-Diazin, farblose, charakteristisch
riechende Kristalle; F. 22 °C, Kp. 123 bis 124 °C,
n20
D 1,4998. Es ist in Wasser, Alkohol und Ether leicht
3
N
1
N
löslich. P. ist eine schwache Base und bildet mit
Mineralsäuren Salze. Elektrophile und nucleophile
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