2 2. Literaturübersicht 2.1. Epidemiologie von Mammatumoren Mammatumore stellen bei der Hündin die häufigste neoplastische Erkrankung dar (Davidson 2003; Moulton 1990). Der Anteil beträgt je nach Literaturangabe zwischen 11% (Mitchell et al. 1974, Priester 1979) und 53% (Brodey, Goldschmidt & Roszel 1983, Mann 1984, Schneider et al. 1969, Simon et al. 1996). Es ist auffällig, dass die Angaben von europäischen und amerikanischen Autoren über die Inzidenzrate von Mammatumoren differieren. Durch die in den USA übliche Kastration vor der ersten Läufigkeit ist die Inzidenzrate dort deutlich niedriger (Mac Ewen & Withrow 1996). Von den Gesäugetumoren sind vor allem ältere Tiere betroffen, wobei die genauen Altersangaben bei den einzelnen Autoren variieren. In der Studie von Nieberle (1933) war die jüngste betroffene Hündin 7 Jahre alt. Cotchin (1958), Else & Hannant (1979), Frye et al. (1967) und Jabara (1960) beschreiben das Auftreten von Mammatumoren am häufigsten in einem Alter zwischen 6 bis 13 Jahren, selten unter 5 Jahren. Dabei steigt die Inzidenz mit zunehmendem Alter. Frühere Untersuchungen ermittelten meist ein Durchschnittsalter von 10 – 11 Jahren (Brodey et al. 1966, Ferguson 1985, Fidler et al. 1967, Mann 1984, Owen 1979, Schneider et al. 1969 und von Sandersleben 1959). Nach neueren Arbeiten sind im Durchschnitt bereits Hündinnen mit 9,5 Jahren betroffen (Perez Alenza et al. 2000, Bostedt & Tammer 1995, Busch 1993, Hellmén et al. 1993, Simon et al. 1996). Eine Rassendisposition für Mammatumoren ist in der Literatur uneinheitlich dargestellt, da das gehäufte Auftreten bei bestimmten Rassen mit der Beliebtheit dieser Hunde, von denen es demzufolge eine höhere Anzahl an der Gesamtpopulation gibt, korrelieren kann (Frye et al. 1967, Jabara 1960 und Nieberle 1933). Andere Autoren leiten aus ihren Studien gewisse Tendenzen für eine höhere Inzidenz bei bestimmten Rassen ab. Dorn et al. (1968), Kurzmann & Gilbertson (1986), Karayannopoulou et al. (1989) und Romijn (1989) entdeckten bei reinrassigen Hündinnen eine höhere Mammatumorinzidenzrate als bei Mischlingstieren. Gemäß Else & Hannant (1979) erkranken kleinere Rassen bevorzugt, Riesenrassen sind seltener betroffen. Für den Teckel, Spaniel und Pudel stellten Cotchin (1958), Cohen et al. (1974), Eskens (1983) und Frye et al. (1967) eine überdurchschnittliche Inzidenz fest. Neben diesen Rassen wird von Brodey et al. (1966), Kurzmann & Gilbertson (1986) und Simon et al. (1996) noch der Dt. Schäferhund als bevorzugt erkrankende Rasse genannt. Die höhere Inzidenz von Schweiß- und Vorstehhunden beschreiben Brodey et al. (1983 ) und Theilen & Madewell (1987). Andere Autoren konnten keine Rassedisposition nachweisen (Perez Alenza et al. 1998, Bostock 1975, Ferguson 1985, Mulligan 1975). 2.2. Ätiologie Die Ursachen für das Entstehen von Gesäugetumoren sind noch nicht im Ganzen erforscht, es spielen jedoch hormonelle, ernährungsbedingte, virale und genetische Einflüsse eine Rolle (Ferguson 1985 und Mann 1984). Morris et al. (1998) gehen von einem multifaktoriellen Prozess aus, in dem diverse fördernde und genetische Faktoren das Geschwulstwachstum in verschiedenen Stufen beeinflussen. 3 Dabei wird dem hormonellen Geschehen, dem Einwirken der endokrinen Hormone Östrogen und Progesteron, ein großer Stellenwert zugeschrieben (Rutterman & Misdorp 1989). Die Beobachtung, dass eine frühzeitige Kastration der Hündin einen protektiven Effekt und die wiederholte Östrogen- bzw. Progesterongabe einen verstärkenden Effekt auf die Mammatumorbildung hat, bestätigt diese Annahme (Fowler et al. 1977, Gräf & Etreby 1979, Misdorp 1991, Morris et al. 1998 und Moulton 1990). Dabei ist der schützende Einfluss der Ovariohysterektomie ganz entscheidend vom Zeitpunkt der Operation abhängig. Eine Kastration vor der ersten Läufigkeit senkt die Mammatumorinzidenz auf 0,5%. Nach dem ersten Östrus erhöht sich die Bereitschaft auf 8 % und mit jedem weiteren Zyklus steigt das Risiko an Gesäugetumoren zu erkranken bis auf 26% nach ca. 2.5 Jahren. Ab einem Alter von 2,5 Jahren ist kein Unterschied mehr zwischen kastrierten und nicht kastrierten Hündinnen zu ermitteln (Arnold 1994, Brodey et al. 1966, Dorn et al. 1968, Fanton & Withrow 1981, Fidler 1967, Mann 1984, Mac Ewen & Withrow 1989, Moulton 1990 und Priester 1979). Eine positive Korrelation zwischen Pseudogravidität und der Entstehung von Gesäugetumoren wird von einigen Autoren beschrieben (Donnay & Rauis 1994, Else und Hannant 1979, Karayannopoulou 1990). Brodey et al. (1966), Fidler et al. (1967), Morris et al. (1998) und Veronesi et al. (2003) konnten hingegen keinen Zusammenhang zwischen Scheinträchtigkeit und einer höheren Anfälligkeit für Mammatumoren entdecken. Die Ernährung des Hundes kann bei der Entstehung von Mammatumoren eine Rolle spielen. Perez Alenza et al. (1998) und Sonnenschein et al. (1991) beschreiben bei Hündinnen, die in jungen Jahren übergewichtig sind, ein höheres Risiko an Mammatumoren zu erkranken als bei normalgewichtigen Tieren. Ebenso scheint sich der Konsum von rotem Fleisch protektiv auf die Entstehung von Gesäugekrebs auszuwirken. 2.3. Lokalisation von Mammatumoren Das Auftreten von Dys- bzw. Neoplasien ist in der Gesäugeleiste nicht homogen verteilt. Die Mehrzahl der Mammatumore (bis zu 80 %) ist im kaudalen abdominalen und inguinalen Komplex lokalisiert. Die kaudalen Komplexe sind infolge des größeren Anteils an Drüsengewebe für Neoplasien empfänglicher (Brodey et al. 1983, Bostock 1977, Else & Hannant 1979, Fanton & Withrow 1981, Ferguson 1985, Hamilton 1974, Karayannopoulou et al. 1990, Kälin et al. 1985, Mac Ewen & Withrow 1989, Miller et al. 1964, Moulton et al. 1986, Theilen & Madewell 1979, Wilson et Heyes 1983). Eine Seitenpräferenz besteht laut Mulligan (1975) nicht. 2.4. Primäre Multiplizität Im Zusammenhang mit den Mammatumoren des Hundes wird immer wieder beobachtet, dass bei der Hündin sich mehr als ein Knoten in der Gesäugeleiste bildet. Diese multiplen Knoten werden oft als Tumore diagnostiziert; sie sind von unterschiedlicher Größe und können uni- oder bilateral auftreten (Fanton & Withrow 1981, Giles et al. 1978, Mann 1984, Wilson 1981). Der Begriff von dem primär multiplen Auftreten der Neoplasien wird von einzelnen Autoren unterschiedlich präzise definiert. Ferguson (1985) führt den Begriff der primären Multiplizität an, wobei er darunter das gleichzeitige Erscheinen primär multipler Tumore in unterschiedlichen Wachstumsstadien und verschiedenen histologischen Typen versteht. Er weist darauf hin, dass das Gesäuge bei einem Mammatumor als Ganzes erkrankt ist und die Tumore nur einzelne Expressionen des erkrankten Organs seien. 4 In der Studie von Frye et al. (1967) werden zwei Kriterien erwähnt, die für das Auftreten primär multipler Tumoren (bzw. für den Begriff der primären Multiplizität) in einem Individuum unbedingt eingehalten werden müssen: Die Tumore müssen histologisch voneinander getrennt sein. Es dürfen keine Metastasen von einem anderen Tumor sein. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen wurde schon 1932 von Warren & Gates gefordert. Warner (1976) konnte aufzeigen, dass bereits im Alter von zwei Jahren multifokal Dysplasien bei der Hündin auftreten und deren Anzahl bis zum vierten Lebensjahr stetig zunimmt, sowie dass die kaudalen Komplexe weitaus häufiger betroffen sind als die kranialen. In seiner Studie entdeckte er, dass die Dysplasien bereits mit zwei Jahren, die Tumore jedoch erst später in Erscheinung treten. Die Verteilung der Häufigkeit des Auftretens der Dysplasien und der Tumore in den einzelnen Komplexen ist aber ähnlich. Daraus folgert er, dass zwischen den Dysplasien und den auftretenden Neoplasien ein kausaler Zusammenhang besteht. Die Basis für die im Alter auftretenden Mammatumoren wird bereits in sehr jungen Jahren gelegt, denn durch die in der Pubertät ausgelöste schnelle Proliferation des Mammagewebes können hyperplastische Zellherde entstehen. Diese werden von Warner (1976) als präneoplastisch angesehen. Cameron & Faulkin (1971) quantifizierten in ihrer Studie die Anzahl der gefundenen Knoten, wobei Neoplasien nicht berücksichtigt wurden und klassifizierten diese. Sie stellten fest, dass die Veränderungen hauptsächlich in den kaudalen Komplexen lokalisiert sind und multipel auftreten. Sie vermuten, da das biologische Potential dieser Veränderungen nicht bekannt ist, ebenfalls einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Dysplasien und Neoplasien. Es wird von mehreren Autoren von einem multiplen Auftreten von Mammatumoren berichtet, dass je nach Autor und Studie zwischen 25- 59% beträgt (Benjamin 1999, Brodey et al. 1983, Else & Hannant 1979, Fowler et al. 1974, Jabara 1960, Mac Ewen & Withrow 1989, Mitchell et al. 1974, Moulton et al. 1970). Nach Arnicke (1999) sind multiple Tumore weitaus häufiger anzutreffen als solitär gewachsene Mammatumore. Ebenso konnte bereits Nieberle im Jahre 1933 beobachten, dass bei älteren Hündinnen gleichzeitig Tumore verschiedenen histologischen Typs, ganz im Sinne der primären Multiplizität, vorkommen. Nach Fowler et al. (1974) können die multiplen unterschiedlichen Zeitpunkten identifiziert werden. Tumore gleichzeitig oder zu Allen et al. (1986) und Gutberlet et al. (1998) konnten bei Betrachten des Umgebungsgewebes von klinisch diagnostizierten Mammatumoren oft weitere kleinere bzw. frühe Stadien der Tumorbildung im Parenchym entdecken. Daher folgern sie, dass jegliches nach einer Operation verbleibende Mammagewebe das Potential zu einer erneuten Neoplasiebildung beinhaltet, wobei dies keine Rezidive sind. 5 2.5. Klassifikation und Dignität der Mammatumore Mammatumore können in vielfältiger Form in Erscheinung treten (Bostock & Owen 1976). Aufgrund dieser histologischen Variabilität sind verschiedene Klassifizierungssysteme entstanden, bei denen unterschiedliche Malignitätskriterien zur Anwendung kommen und dadurch ein direkter Vergleich zwischen den einzelnen Studien schwierig ist (Jabara 1960, Misdorp 1964, Fowler et al. 1974, Else & Hannant 1979, Gilbertson et al. 1983, Mac Ewen & Withrow 1996). Je nach Hinzuziehung von Beurteilungskriterien können für einen Tumor verschiedene Diagnosen gestellt werden. Das Klassifizierungsschema der WHO (Hampe & Misdorp 1974) wird von der Mehrheit der Wissenschaftler genutzt. Es wurde 1999 von Misdorp et al. durch eine neue Nomenklatur ergänzt. In der Literatur schwanken die Angaben über den prozentualen Anteil von malignen Mammatumoren an den gesamtneoplastischen Veränderungen im Gesäuge zwischen 26% und 73% (Eskens 1983, Perez Alenza et al. 2000), abhängig von den jeweils genutzten individuellen Klassifizierungskriterien. Simon et al. (1996) und Gutberlet (1994) klassifizierten sogar einen noch höheren Anteil der Mammatumore in ihrer Studie als maligne, und zwar 75,6% und 83,9%. Ein direkter Vergleich zwischen den einzelnen Tumorstatistiken ist aus oben genanntem Grunde nicht möglich. 2.5.1. Hyperplasie und Dysplasie Oft beginnen die neoplastischen Veränderungen im Gesäuge als Hyperplasie bzw. Dysplasie. Nach Benjamin et al. (1999) zeichnen sich derartige Veränderungen vor allem dadurch aus, dass sie ganze lobuläre Strukturen betreffen, wobei Alveolarepithel und Myoepithel gleichermaßen betroffen sind. Des Weiteren ähnelt es histologisch dem normalen Drüsengewebe im übrigen Gesäuge. Das Umgebungsgewebe ist geringfügig komprimiert und lobuläre Septen sind intakt. Misdorp et al. (1999) fügen dem hinzu, dass die Hyperplasie diffus oder multifokal auftreten kann und trifft eine Unterscheidung zwischen der Gang- und der Läppchenhyperplasie. 2.5.2. Zytologie Die zytologische Untersuchung von Mammatumoren zur Dignitätsbestimmung erscheint reizvoll, da die Feinnadelaspiration zur Probenentnahme eine schnelle, sichere und für das Tier verhältnismäßig schmerzfreie Methode darstellt (Linsk & Franzén 1983). Die Effektivität der Zytologie zur Diagnosestellung für die kaninen Mammatumore ist jedoch fraglich. In einigen Studien stellte sich heraus, dass die Klassifikation der Neoplasien mittels Zytologie, insbesondere die Bestimmung der Malignität der Tumore, schwierig ist (Allen et al. 1986, Griffiths et al. 1984, Hellmén & Lindgren 1989, Ménard et al. 1986). Dennoch kann die Feinnadelbiopsie nützlich sein, um zu differenzieren, ob es sich bei pathologischen Veränderungen um eine wahre Mastitis oder eine carcinomatöse Mastitis handelt. Des Weiteren kann sie z.B. hilfreich sein, um bei einer Neubildung in der Mammaregion Mastzelltumore von anderen Mammatumoren zu differenzieren (Novosad 2003). 6 2.6. Prognosefaktoren für Mammatumore Bestimmte Eigenschaften von Mammatumoren sind mit einer schlechteren Prognose verbunden. Für eine adäquate Behandlung des mit Mammatumoren erkrankten Tieres ist es wichtig, sämtliche Faktoren zu kennen, die die Prognose günstig oder ungünstig beeinflussen. Klinische Faktoren: Klinisch etablierte Prognosefaktoren sind Tumorgröße, Wachstumsgeschwindigkeit, Verschieblichkeit gegenüber der Haut bzw. Unterhaut und Ulzeration. In vielen Studien konnte eine positive Korrelation zwischen der Tumorgröße und der Malignität von Mammatumoren festgestellt werden, Neoplasien mit einem Maximaldurchmesser über 3,5cm implizieren eine kürzere Überlebenszeit bei Hündinnen (Bostock 1975, Mac Ewen et al. 1985, Kurzman & Gilbertson 1986, Perez Alenza et al. 1997). Des Weiteren sind schnelles, invasives Wachstum mit Fixation an der Haut bzw. der Unterhaut mit einer schlechteren Prognose für das betreffende Tier verbunden (Else & Hannant 1979, Mac Ewen & Withrow 1989, Mann 1984, Misdorp et al. 1973, Misdorp & Hart 1976, Hellmén et al. 1993, Peña et al.1998). Ebenso ist die Ulzeration der Haut im Tumorbereich ein Indiz für Malignität und einer schlechtere Prognose (Hellmén et al. 1993, Mann 1984, Owen 1966, Mac Ewen et al. 1985, Perez Alenza et al. 1997, Peña et al. 1998). Dem Alter des Hundes wird zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, bzw. der Operation von einigen Autoren eine gewisse Bedeutung gegeben. Das steigende Lebensalter wird mit einer schlechteren Prognose assoziiert (Bostock 1975, Hellmén et al. 1993, Perez Alenza et al. 1997, Peña et al. 1998, Schneider et al. 1969). Einigen Autoren, wie Shofer et al. (1989) und Mac Ewen & Withrow (1989) konnten in ihren Studien keinen Einfluss des Alters auf die Überlebenszeit ermitteln. Ist der Lymphknoten in den Krankheitsprozess mit involviert, so wird das von den meisten Autoren mit einer kürzeren Überlebenszeit in Verbindung gebracht (Fidler et al. 1967, Hellmén et al. 1993, Yamagami et al. 1995, Peña et al. 1998). Der Einfluss der primären Multiplizität von Mammatumoren auf die Prognose wird in der Literatur sehr kontrovers diskutiert. Perez Alenza et al. (1997) stellten in ihren Untersuchungen fest, dass das Auftreten von multiplen Mammatumoren im Sinne der primären Multiplizität mit einer schlechteren Prognose verbunden ist. Kurzmann & Gilbertson (1986) konnten diesen Einfluss in ihren Studien hingegen nicht bestätigen. Hellmén et al. (1993) beschreiben sogar das Gegenteil. Histopathologische Faktoren: Histopathologische Kriterien, die einen bedeutsamen Einfluss auf die Prognose haben, sind in erster Linie der Tumortyp (Brodey et al. 1966, Fanton 1981, Fossum 1997, Fowler et al. 1974, Misdorp & Hart 1979a, Gilbertson et al. 1983, Hellmén et al. 1993, Macewen & Withrow 1989), Differenzierungsgrad (Mann 1984, Misdorp & Hart 1979a, Hellmén et al. 1993) und Invasionsgrad des Tumors in das Umgebungsgewebe (Misdorp et al. 1999, Williams 2003). 7 Nach der WHO-Klassifikation von 1999 (Misdorp et al.) steigt der Grad der Malignität wie folgt: nicht-infiltrative Karzinome < komplexe Karzinome (zwei Zelltypen eines Keimblattes) < einfache Karzinome (ein Zelltyp) < tubulär-papilläre Karzinome < solide Karzinome < anaplastische Karzinome. Sarkome werden in der Literatur als die Neoplasien mit der schlechtesten Prognose beschrieben (Else & Hannant 1979, Kurzman & Gilbertson 1986, Hellmén et al. 1993). Karayannopoulou et al. (2005) zeigten in ihrer Studie, dass auch die „Elston und Ellis Methode“ der Humanmedizin mittels der Einteilung in drei Differenzierungsgrade der Karzinome in der Beurteilung der Prognose von Mammatumoren beim Hund wertvolle Hinweise geben kann. 2.7. Operative Methoden zur Behandlung von kaninen Mammatumoren Die chirurgische Entfernung von tumorösem Mammagewebe ist die effektivste Methode, um den Krebs zu bekämpfen (Ferguson 1985, Kurzman & Gilbertson 1986, Mann 1984, Mac Ewen & Withrow 1996, Novosad 2003, Owen 1966). In der Literatur werden die einzelnen Möglichkeiten der Mammatumorexstirpation sehr different bewertet. Dabei unterscheidet man zwischen folgenden Operationstechniken (Brodey et al. 1983, Fanton & Withrow 1981, Henderson 1982, Mac Ewen & Withrow 1996): Nodulektomie = die Entfernung eines einzelnen Tumorknotens. Lokale Mastektomie / Mammektomie = die Exstirpation des betroffenen Drüsenkomplexes. Teilmastektomie = die Entnahme des Tumors und der Komplexe, die mittels des Blutund Lymphflusses untereinander in Verbindung stehen, sowie dem regionalen Lymphknoten. Totalmastektomie = die Exstirpation der ganzen Gesäugeleiste mit oder ohne regionären Lymphknoten. Sie kann uni- oder bilateral durchgeführt werden. Die Indikationen für die jeweilige Operationsmethode werden in der Literatur sehr kontrovers diskutiert. Die Mehrzahl der Autoren fordert die Exstirpation aller Mammakomplexe, die lymphogen miteinander verbunden sind, inklusive der regionären Lymphknoten (Brodey et al. 1983, Mann 1984, Miller et al. 1964, Moulton 1990, Sautet et al. 1992, Theilen & Madewell 1987). Einige Autoren sehen aufgrund der primären Multiplizität in der lokalen, bzw. teilweisen Entfernung von Mammagewebe eine Gefahr, da das verbleibende Gewebe das Potenzial zur neuen Tumorbildung beinhaltet. Sie befürworten daher die radikale Mastektomie; für ältere, schwache Tiere sehen sie eine Teilmastektomie als Mittel der Wahl (Ferguson 1985, Gutberlet et al. 1998, Mann 1984, Owen 1966, Überreiter 1968). Andere Autoren sehen die Indikation zur Totalmastektomie nur bei multipel über die gesamte Leiste verteilt auftretenden Tumoren, bei prognostisch ungünstigen Neoplasien oder wenn der abdominal kraniale Komplex betroffen ist (Mac Ewen & Withrow 1996, 8 Brodey et al. 1983). Kurzman & Gilbertson 1986 sehen eine Nodul- bzw. lokale Mammektomie in jedem Fall als unzureichend an, da nicht genügend umgebendes Mammagewebe entfernt wird, welches eventuell schon mit betroffen ist, die An- bzw. Abwesenheit einer Immunantwort oder die Einbeziehung des regionären Lymphknotens nicht beachtet wird. Nach Rutterman et al. (2001) ist die beste operative Vorgehensweise die, bei der das gesamt betroffene Gewebe mit einem ausreichend großen unauffälligen Randbereich entfernt wird. Novosad (2003) stellt ebenso dar, dass es nicht besser ist mehr Mammagewebe als nötig zu entnehmen, wenn ein adäquater Rand mit exstirpiert wird. 2.8. Postoperative Überlebenszeit Einige Autoren sehen in keiner Operationsmethode einen bestimmten Vorteil, da laut Gilbertson et al. (1983), Mac Ewen et al. (1985) und Allen & Mahaffey (1989) die postoperative Überlebenszeit sowie das Metastasierungsverhalten der Tumore durch radikalere Vorgehensweisen bei der Tumorentfernung nicht beeinflusst werden. Andererseits konnten Misdorp & Hart (1979,1979b) bei Hündinnen mit großen, invasiven Tumoren der Mamma, denen die gesamte Gesäugeleiste entfernt wurde, die längsten postoperativen Überlebenszeiten feststellen. Nach Owen (1966) und Busch (1993) erhöht sich die Überlebenszeit, je früher das Tumorwachstum durch eine Totalmastektomie gestoppt wird; längeres Abwarten erhöht das Risiko von Metastasen. Die Mortalitätsrate bei den operierten Tieren schwankt zwischen 12% und 75%. In der Regel sterben im ersten Jahr post operationem die meisten Hündinnen direkt an den Folgen des Gesäugekrebses. Bei Tieren, die bis zu diesem Zeitpunkt überleben, bedingen in der Regel andere Ursachen den Tod (Bostock 1975, Fanton & Withrow 1981, Gilbertson et al. 1983, Schneider et al. 1969). 2.9. Wholemount - Technik und deren Anwendung beim Hund Die Wholemount - Technik ist eine besondere Präparations- und Färbetechnik, die die Darstellung des Mammagewebes mit den fein verzweigten Alveolarbäumchen einer kompletten Gesäugeleiste erlaubt. Erstmals sind Ansätze dieser Technik bei Lane-Claypon & Starling (1906) zu finden, die bei Nagern den feinen Aufbau des Alveolargewebes der Mamma darstellten. Diese Präparationsmethode wurde weiterhin zur Wholemount – Technik modifiziert. Das vom Tier abgelöste und anschließend auf Platten gespannte Gesäuge wird in Telleysniczky`s Lösung (Lillie 1965) fixiert. Die Wholemount - Technik fand bei Turner & Gomez (1965) Anwendung, die sich dieser Methode zur Darstellung von normalem Mammagewebe bei Hund und Katze bedienten. Cameron & Faulkin (1971) nutzten die Wholemount - Technik, um bei intakten Beaglehündinnen die in der Gesäugeleiste auftretenden Hypertrophien und Hyperplasien zu quantifizieren und zu klassifizieren, wobei neoplastische Veränderungen nicht berücksichtigt wurden. In ihren Schlussfolgerungen stellten sie einen engen Zusammenhang zwischen diesen Proliferationen und der hohen Anzahl an spontan auftretenden Tumoren her, zumal die Veränderungen, wie auch die Neoplasien, hauptsächlich in den caudalen Komplexen lokalisiert sind und das biologische Potenzial dieser Veränderungen noch unbekannt ist. 9 In einer weiteren Studie wurde von der Präparation nach der Wholemount –Technik bei Hunden berichtet. Warner (1976) verwendete diese Methode, um das Auftreten von Dysplasien bei Beaglehündinnen unterschiedlichen Alters zu untersuchen. Seine Erkenntnisse unterstützen die Theorie von Cameron & Faulkin (1971). In dem Auftreten von Dysplasien ab einem Alter von 2 Jahren und einen immensen Anstieg in der Anzahl dieser Veränderungen im Alter bis zu 6 – 8 Jahren, v.a. in den kaudalen Gesäugekomplexen, vermuten sie einen kausalen Zusammenhang zwischen den Dysplasien und dem Auftreten von Neoplasien und einen Hinweis auf die primäre multiple Herkunft von Mammatumoren.