ORIGINALIEN Tierärztl. Umschau 68, 000 – 000 (2013) Aus der EquiProDenta, in der Tierärztlichen Klinik für Pferde, Großwallstadt Grundlagen der Zahnbehandlung beim Pferd von Souel Maleh 7 Abbildungen, 3 Literaturangaben) Kurztitel: Zahnbehandlung Pferd Stichworte: Pferdezahnheilkunde – ausbalancierte Zahnkorrektur – Untersuchungsgang Zusammenfassung Dieser Artikel erklärt die Grundlagen der Biomechanik der Mastikation und die Basisgrundlagen einer Zahnbehandlung beim Pferd. Der Untersuchungsgang in Bezug auf Zahnerkrankungen wird beschrieben und anhand von Beispielen wird aufgezeigt, wie eine ausbalancierte Korrektur der Fehlabriebe idealerweise vorgenommen werden sollte.. Abstract Equine dentistry on horses Key Words: equine dentistry – balanced horse dentistry – practice of oral exploration This article explains the basics of the biomechanic of mastication and the basic of equine dentistry on horses. Also it explains the practice of oral exploration to decide the necessity of an equine dentistry. It shows by examples the possibilities of correction to balance the teeth of a horse by floating. Tischmodell 1 1 Grundwissen Um die Grundlagen einer Pferdezahnbehandlung durchführen zu können, muss man sich zuerst die physiologische Biomechanik vor Augen führen. Der physiologische Abbeißvorgang findet am Boden mit vollständig abgesenktem Kopf statt. In dieser Position befindet sich der Unterkiefer ca. 0,5 bis 1 cm weiter rostral, als in der angehobenen Kopfposition. Diese Verschiebung wird zum einen durch die Form der Mandibelcondylen, als auch durch den knorpeligen rollhöckerartigen Kamm des dorsalen Anteils des Kiefergelenksdiskuses hervorgerufen. Beim Abbeißen des Grases kommt es dann zu einer kaudal gerichteten Bewegung des Unterkiefers, wodurch eine Schneidebewegung hervorgerufen wird. Alternativ dazu kann das Pferd auch das Gras mit den Zähnen fixieren und durch eine aus der Halswirbelsäule resultierenden Bewegung das Gras abreißen. Um das abgebissene Gras zu zerkleinern, öffnet das Pferd zuerst leicht den Mund und führt Tischmodell 2 den Unterkiefer fast völlig nach lateral. Dann erst kommt es mittels des Muskulus masseter und Mm. temporalis zu einem Zusammenpressen der Backenzähne. Dadurch kommt es durch den lateralen Ausschlag des schmäleren Unterkiefers zu einem Kontakt zuerst an dem letzten Backenzahnpaar (M3, 11-er) und in der weiteren unter Kaudruck durchgeführten Medianbewegung zu einer nach und nach vollständigen Kontaktaufnahme der antagonistischen Backenzähne bis zum ersten Backenzahn (P2, 6-er). In der Folge öffnet der Mund wieder und führt eine weitere Mahlbewegung durch. Während des Mahlvorganges führen die sogenannten TR (Transversal ridges, Querrillen) durch ihren rostrobukalen – distopalatinalen Verlauf auf der Okklusionsfläche den Futterbolus weiter nach kaudal zum nächsten Backenzahnpaar. Umso weiter der Futterbolus nach distal transportiert worden ist, umso kleiner werden die Futterpartikel und umso komprimierter wird der Futterbolus. Ist der Futterbolus am letzten Zahn angekommen, hat die PFERDE Tischmodell 4 mechanische Zerkleinerung vollständig abgeschlossen. Dann ist das Futter zusätzlich gut mit Speichel versetzt, sodass auch die chemische Vorverdauung durch den Speichel bereits begonnen hat, bevor der Futterbolus abgeschluckt wird. Bei all diesen Abbeiß- und Mahlvorgängen kommt es zu einer Abrasion der Zähne. Dies gilt sowohl für die Schneidezähne mit ihrer kleinen Okklusionsfläche, als auch den Backenzähnen mit ihrer größeren Okklusionsfläche. Durch den einmaligen Abbiss ist die Höhenabrasion des Schneidezahns mit seiner kleinen Okklusalfläche in etwa genauso viel, wie der durch den mehrfach durchgeführten Mahlkontakt der Backenzähne. Das heißt, im physiologischen Zustand bleibt es immer bei einer gleichmäßig Kontaktsituation der Schneide- als auch Backenzähne. Man spricht hier von einer sogenannten Dreipunktbalance. Ein bildliches Verständnis dieser Situation ist das Bild eines sechsbeinigen Tisches, bei dem die vorderen zwei Beine die Schnei- Tischmodell 6 Tischmodell 7 dezähne, die mittleren beiden Beine die Backenzähne und die letzten beiden Beine die Kiefergelenke darstellen. Kommt es zu einem vermehrten Höhenabrieb der mittleren Beine, dann schweben sie in der Luft und der Tisch wird in der Mitte instabil und lässt sich durchdrücken. Kommt es zu einem verminderten Abrieb der Schneidezähne, so resultiert das gleiche Phänomen. Die gleiche Problematik taucht auf durch iatrogene selektive Be- Abb. 1: Vor der Bearbeitung, leicht abfallender Diagonalbiss mit Zahnstein und Parodontose Grad 2.. handlung der Okklusalflächen der Molare. Eine Überbelastung der vorderen und hinteren Beinpaare wäre ein zusätzliches Resultat (Schneidezähne und Kiefergelenk) (siehe Tischmodel 1, 6, 7). Würde man die vorderen Beinpaare vermehrt abreiben, so kommt es zu einer Instabilität und der Tisch könnte nach vorne kippeln. Dadurch werden die hintern Beinpaare in die Luft gehoben. In unserem Beispiel entspricht das einer dorsa- Abb. 2: Nach der Bearbeitung, Begradigung und Reduktion auf ein den Backenzähnen angepasstes Niveau und Zahnsteinentfernung. ORIGINALIEN len Luxation des Kiefergelenkes. Durch die relative Statik des Oberkopfes mit der Wirbelsäule wird beim Pferd bei solchen Problemen der Unterkiefercondylus im Kiefergelenk ventral mehr gedehnt, was zu Verspannungen und Rittigkeitsprobleme vor allem in der Anlehnung führen kann (siehe Tischmodell 1, 2, 4). Ein wichtiges Kriterium in der Pferdezahnmedizin ist, dass die Pferdezähne sogenannte hysodonte Zähne haben. Dies bedeutet, dass die Zähne eine vergleichsweise lange Krone besitzen und nur ein geringgradiger Anteil ihrer Zähne aus Wurzeln bestehen. In der Praxis heißt das, dass die Backenzähne erst mit ca. sieben bis acht Jahren vollständig ausgewachsen sind und diese dann mit ihrer Ersatzkrone lebenslang eruptieren. Bei den Schneidezähnen zeigen neuere Untersuchungen, dass das reine Wachstum des Zahnes wahrscheinlich viel länger möglich ist. Durch die kontinuierliche Eruption der Zähne und ihren, wie bei jedem anderen Abrasionsgeschehen möglichen, Fehlabrieben, sind Korrekturen der daraus resultierenden Protuberanzen bei einem jungen Pferd bis ca. 4,5 Jahren im Halbjahrestakt und bei älteren Pferden im Jahrestakt zu empfehlen. Grundsätzlich ist also zu sagen, dass das Ziel einer vollständig ausbalancierten Zahnbehandlung darin liegt, die Normokklusion, die Möglichkeit der Lateralund der Anterior-Posterior-Bewegung, in einer bilateral symmetrischen Art und Weise wieder herzustellen. 2 Voruntersuchung Bevor erwogen wird, eine Zahnbehandlung durchzuführen, sollte eine Voruntersuchung stattfinden. Dabei sind sowohl der Vorbericht bezüglich Fressprobleme, als auch bezüglich der reiterlichen Probleme und auch die Nutzung zu erfragen. Daraufhin erfolgt die allgemeine klinische Untersuchung. Wichtig ist hierbei, auf Asymmetrien des Angesichtsschädels in Bezug auf knöcherne Veränderungen, als auch muskuläre Veränderungen (Mm. Temporalis und Mm. Masseter) zu achten. Außerdem sollten die Kopflymphknoten palpiert werden, auf Weichteilschwellungen, Veränderungen und Verletzungen an Lippen, Schleimhäute und Mundwinkel sollte geachtet werden. Auch können chronische einseitige Conjunctividen und/oder chronisch rezidivierende einseitige Tränennasenkanalprobleme auf Zahnprobleme hinweisen. Weiterhin ist eine Geruchsprüfung sowohl im Maulbereich als auch im Nasenbereich oft sehr hilfreich, um chronisch dentogene Fäulnisprozesse im Vorfeld eruieren zu können. Nicht zu vergessen sind die Fragen nach Trächtigkeit und Tetanusimpfschutz. Erst nach diesen Voruntersuchungen sollte ein Adspektion und Palpation der Mundhöhle nach folgendem Schema durchgeführt werden. Palpation und Adspektion des Diastemas in Bezug auf Hengstzahnerkrankungen und evtl. vorliegenden Wolfszähnen. Bei dieser Untersuchung ist es auch mit ein bisschen Übung möglich, relativ gefahrlos die bukalen Kanten der zweiten Oberkieferprämolaren (P2, 106/206) auf Kantenbildung zu überprüfen. Bei der routinemäßigen Untersuchung dieses Bereiches kann auch gleich die eruptierte Höhe des mesialen Anteiles des zweiten Prämolaren mit beurteilt werden. Bei allen vier Quadranten sollten die gleichen Höhen erkennbar sein. Veränderungen in diesem Bereich lassen schon Interpretationen auf einen Fehlabrieb zu. Ursächlich können hier Zahnwechselstörungen, aber auch Backenzahnüber- oder Unterbisse verantwortlich sein, welche einseitig, als auch beidseits vorliegen können. Nach gründlicher Spülung der Mundhöhle mit einem geeigneten Drencher lässt sich mit einer vernünftigen Kopflampe nun auch die Mundhöhle untersuchen. Beim Spülen der Mundhöhle sollte darauf geachtet werden, aus welchem Quadranten die meisten Futteranteile herausgespült werden. Dies kann einen Hinweis auf klinisch bedeutsame Zahnveränderungen geben. Zum Beispiel: Zeigt ein Pferd eine unphysiologische Veränderung nur auf dem linken Quadrant und frisst auch auf dieser Seite, so sollte die klinische Bedeutsamkeit dieser Veränderung als nicht so schwerwiegend interpretiert werden können. Andererseits lässt ein Fressen auf der rechten Seite die Interpretation zu, dass die Veränderung klinisch relevanter sein könn- te. Beim Ausleuchten der Mundhöhle empfiehlt es sich, die Zunge, nicht wie allgemein praktiziert, in irgendeiner Art und Weise zu fixieren. Es empfiehlt sich die Zahnarkade von rostral bis distal in Augenschein zu nehmen, um protuberante Zähne in Form von Wellen, abnorm ausgeprägten Querrillen, Meiselzähne und Farbveränderungen zu erkennen. Dazu ist es hilfreich, wenn das Pferd den Mund gar nicht weit aufmachen muss, denn so lassen sich geringfügigere Wellenstrukturen weitaus besser erkennen. Der Blick erfolgt eher von bukal durch eine leichte seitliche Ausziehung der Wangenschleimhaut und sodann diagonal bei etwas mehr geöffnetem Mund auf die gegenüberliegende Oberkieferseite. Bei der zuletzt beschrieben Art der Untersuchung lassen sich sehr gut palatinale Parodontose an einzelnen Zähnen erkennen, welche Rückschlüsse auf Zahnentzündungen zulassen können. Erkennt man an dieser Stelle starke Impressionen in der Oberkieferokklusalfläche, so lässt diese Veränderung die Interpretation auf protuberante Zähne im antagonistischen Unterkiefer zu. 3 Überprüfen der Okklusion Durch die Simulierung einer Lateralbewegung des Unterkiefers lässt sich bei mit den Daumen angehobenen Lippen beobachten, ab welchem Verschub die Backenzähne in Okklusion kommen. Dies erkennt man daran, dass eine, dem Winkel der Backenzähne, entsprechende Lücke zwischen den Oberkiefer- und Unterkieferschneidezähne entsteht. Diese Lücke wird umso größer, umso weiter kaudal die Backenzähne Kontakt bekommen. Im Idealfall, bei physiologischer Stellung der Backenzähne, sollte die Lücke sofort entstehen und sich konstant mit stetem und gleichmäßigem Winkel öffnen. Dies muss bilateral symmetrisch erfolgen. Liegt ein Verschub von einem halben Schneidezahn (75 % Okklusion) vor, bevor eine Lücke entsteht, sollte eine Reduktion der Schneidezähne in Erwägung gezogen werden. Kann die Lateralbewegung über zwei Schneidezahnbreiten verschoben werden, so spricht man von einer Nonokklussion. Diese Unter- PFERDE Abb. 3: Parodontose Grad 0. suchung kann man als grobes Richtwerk benutzen, allerdings ist zu bedenken, dass die relative Schmäle oder Breite des Unterkiefers diesen Test beeinflussen. Man nennt dies den Unterkiefereng-, -norm, bzw. -weitstand. Er ist bedingt durch die individuelle Anisognathie. 3.1 Überprüfen der Okklusionslinie der Schneidezähne Die Schneidezähne sollten idealerweise eine horizontale Linie parallel zu der Augenlinie besitzen. Bei jeder Abweichung von dieser Linie ist eine Reduktion der Schneidezähne in Erwägung zu ziehen. 3.2 Überprüfung der Parodontose der Schneidezähne Der Interdentalspalt ist idealerweise, mit Ausnahme beim Pferd, im oder kurz nach dem Zahnwechsel bis auf die Okklusionsfläche mit Schleimhaut/Zahnfleisch ausgekleidet. Der Rückgang dieses Zahnfleisches lässt auf vermehrten Druck schließen. Umso deutlicher das Zahnfleisch atrophiert ist, umso notwendiger ist eine entsprechende, den Backenzähnen angepasste Reduktion. Die Schneidezahnparodontose ist nach Grell/Maleh eingeteilt in Grad 0 bis 4. 3.3 Schmerzreaktionen Die Schmerzreaktion sollte aus Gründen der Compliance erst zum Schluss durchgeführt werden. Zu diesen gehören die Palpation der Backen mit Druck gegen die Kanten der Oberkieferbackenzähne und die Schmerzhaftigkeit im Bereich des Kiefergelenkes. Diese Untersuchun- Abb. 4: Parodontose Grad 2 – 3. gen sollten auf beiden Seiten vergleichend durchgeführt werden. Cave: Von einer Untersuchung mit einem Maulgatter ohne Sedierung ist dem ungeübten Untersucher dringendst abzuraten. Es wird zusätzlich von sehr vielen Spezialisten auf diesem Gebiet noch ein palpierenden Griff ohne Maulgatter durchgeführt, durch welchen die Okklusionsflächen, die Bekantung der Oberkiefer und Unterkieferbackenzähne und Frakturen bis zum letzten Molaren sehr gut befundet werden kann. Auch von diesem Untersuchungsgriff ist dem ungeübten und nicht explizit eingewiesenen Untersucher dringendst abzuraten. Behandlung mit manuellen Equipment (Raspeln) möglich und eine Sedierung in Abhängigkeit der Compliance des Pferdes nicht immer zwingend nötig. 4.2 Pferde mit deutlicheren Befundungen, welche zusätzlichen zu den manuellen auch mit maschinellem Equipment bearbeitet werden müssen. 4.3 Vorgehensweise Bei der Behandlung ist grundsätzlich zu empfehlen zuerst die Backenzähne zu bearbeiten. Eine Ausnahme von dieser Regel ergibt sich nur bei hochgradigen unregelmäßigen Schneidezähnen, welche 4 Behandlung Nachdem nun die vorläufige Befundung am unsedierten Pferd vorgenommen worden ist, hat der Tierarzt/In genügend Daten gesammelt, um die Notwendigkeit einer Zahnbehandlung zu entscheiden und die voraussichtliche Therapie mit dem Besitzer zusammen zu besprechen. Eine Aussage über kariöse Veränderungen, oder Veränderungen auf den Pulpenästen der Backenzähne, ist mit dieser Voruntersuchung nicht oder nur sehr unzureichend erkennbar. Bei der Behandlung unterscheidet man zwei Varianten. 4.1 Pferde mit geringgradigen Veränderungen Kleinere Bekantungen und klinisch irrelevante und geringfügige Okklusionsverminderungen. Bei diesen Pferden ist die Abb. 5: Falsche Berundung!!! Berundung P2 buko-mesial, Berundung P3, P4 bukal bis über die bukalen Pulpenäste in die Mediane reichend geraspelt, dies nennt man „Overfloating“. ORIGINALIEN Abb. 6: Richtige Bearbeitung der Molaren. Nur Reduktion der über die Mitte stehenden Protuberanzen und Berundung der bukalen Kanten. ein sicheres Einlegen eines Maulgatters unmöglich macht, oder die Gefahr von Frakturen an einzelnen Schneidezähnen zur Folge haben könnte. Auch bei sehr stark entzündeten Schneidezähnen sollte evtl. von dem angegebenen Schema individuell abgewichen werden. Man sollte sich idealerweise ein Schema bei der Bearbeitung zulegen, welches nur in Ausnahmefällen verändert werden sollte. 4.3.1 Bekantungen Die, aus der mangelnden Lateralbewegung heraus resultierende, scharfen Kanten im Oberkiefer bukal und im Unterkiefer lingual werden maschinell und/oder manuell berundet. Zu beachten ist zum einen, dass die Berundung gleichmäßig vom ersten bis zum letzten Backenzahn durchgeführt werden muss. Außerdem ist bei der Berundung so wenig wie möglich Okklussalfläche zu reduzieren. 4.3.2 Okklusalfläche Die Protuberanzen, welche über die Mitte herausstehen, werden reduziert. Dabei ist darauf zu achten, dass man tunlichst die Mitte sucht und nicht den am tiefsten eingeschliffenen Zahn als Referenzpunkt wählt. Es muss bei der Arbeit so viel Raustruktur auf der Kauoberfläche wie nur möglich erhalten werden. Dies hat dreierlei Gründe. Zum einen benötigt das Pferd für den Mahlakt die aus den drei unterschiedlichen Zahnsubstanzen resultierende rauhe Kauoberfläche zum Zerkleinern des Raufutters. Zum anderen hat ein übermäßiges Beschleifen der Backenzähne die Folge, dass umso mehr Schneidezahnreduktion erfolgen muss, um mindestens die gleiche Okklusion wie vor der Zahnbehandlung zu erreichen. Und schließlich wird durch die übermäßige Bearbeitung die endliche Ersatzkrone und damit das Lebensdauer des Zahnapparates deutlich verkürzt. 4.3.3 Schneidezahnreduktion Die Schneidezähne sollten in einer horizontalen Linie gekürzt werden, welche parallel zu einer horizontalen Verbindungslinie der Augen ist. Der Winkel der Abb. 7: Angemessene Reduktion und Wiederherstellung der horizontalen Linie. Schneidezähne sollte in Richtung auf das Kiefergelenk angepasst sein. Ein gutes Hilfsmittel ist die vor der Anpassung der Schneidezähne durchgeführte visuelle Kontrolle des Spaltes zwischen den Backenzähnen. Dieser Höhenabstand sollte gleich Null sein. Hat man im Bereich der 6er einen Spalt zwischen den Okklusalflächen von 3 mm, so kann eine Anpassung von ca. 4 bis 5 mm an den Schneidezähnen vorgenommen werden. Dabei orientiert man sich am besten an dem Parodontosegrad der Schneidezähne. Liegt im Unterkiefer eine starke Parodontose vor, so reduziert man die Schneidezähne im Unterkiefer ca. 3 mm und im Oberkiefer ca. 1 bis 2 mm. Grundsätzlich ist im Vorfeld darauf zu achten, wie deutlich die Parodontose vorliegt. Zeigt sich im Vorfeld fast gar kein Zahnfleischrückgang, so sollte so wenig wie möglich Okklusalfläche der Backenzähne reduziert werden, da in diesem Fall die Pulpenäste meistens näher an der Okklusalfläche sind, als bei Schneidezähnen, die eine starke Parodontose aufweisen. PFERDE 4.3.4 Hengstzähne lassen. Zahnformulare beziehungsweise Eine Reduktion und Berundung sollte Zahnpässe kann man bei CP-Pharma, der zur Vermeidung von Zungenverletzungen GPM und das detaillierteste Zahnformudurchgeführt werden. Außerdem sind die lar, mit alle rechtlichen Bestandteilen, Zahnsteinablagerungen zu entfernen. Aufklärung, usw. als geprüftes Mitglied der IGFP (Internationale Gesellschaft zur 4.3.5 Wolfszähne Funktionsverbesserung der Pferdezähne) Die Extraktion von blinden oder sichtba- www.igfp.eu, erhalten. ren Wolfszähnen sollte bei Pferden, welche mit Gebiss geritten werden, immer 7 Fazit durchgeführt werden. Wie bei jeder anderen handwerklichen, chirurgischen Tätigkeit ist das theoreti5 Nachsorge und Empfehlungen sche Grundwissen die Basis einer guten für den Besitzer Arbeit. Die handwerkliche Umsetzung Das Pferd sollte an diesem Tag zur Ver- dieses Wissens bedingt allerdings ein meidung von Verstopfungskoliken kein langjähriges Training. Eine Umsetzung Kraftfutter bekommen. Eine Raufutter- des theoretischen Wissen in praktische gabe zwei Stunden post injectionem ist i. Arbeit nach dem Konzept „learning by doing“ oder „try and error“ ist insoweit d. R. problemlos bedenklich, weil Zahnbehandlungen immer mit der unwiederbringlichen Entfer5.1 Wiederholungsintervalle Grundsätzlich ist eine Nachkontrolle auf- nung von Zahnmaterial verbunden sind. grund der altersabhängigen Eruption der Da aber zur Nahrungszerkleinerung ausZähne beim jungen Pferd zwischen 2,5 und reichend Kaufläche aufeinander mahlen 5 Jahren im Halbjahrestakt und beim äl- können muss, und das einem Pferd für teren Pferd im Jahrestakt durchzuführen. sein ganzes Leben zur Verfügung stehenBei geriatrischen Patienten sind evtl. wie- de Zahnmaterial begrenzt ist, kann under Halbjahresintervalle zu empfehlen. sachgemäße Korrektur des PferdegebisDie Neuentstehung der fehlerhaften Ab- ses weitreichende Konsequenzen haben. rasionen ist deutlich abhängig von dem Aus diesem Grund empfiehlt der Autor Futtermanagement. Ein Pferd welches die regelmäßige Teilnahme an sogenannnur Raufutter erhält, wird nach einem ten Workshops. In diesen werden die Jahr deutlich weniger Kanten aufweisen, handwerklichen Fähigkeiten am Pferd als ein Pferd, das leistungsbedingt eine trainiert, und von professionellen Behandlern angeleitet. Solche Stallworkhohe Kraftfuttermenge benötigt. shops bieten die IGFP (Internationale Gesellschaft zur Funktionsverbesserung 6 Dokumentation der Pferdezähne) www.igfp.eu und die Es empfiehlt sich eine explizite Doku- GPM (Gesellschaft für Pferdemedizin) mentation in Form eines Zahnformula- www.g-p-m.org an. res durchzuführen. Auf diesem sollte der Zahnbefund, die Sedationsmenge, die Literatur evtl. applizierte Analgesie oder abgege- 1.Vogt, C. (Hrsg.) (2011): Lehrbuch der Zahnbenen Medikamente vermerkt werden. heilkunde beim Pferd. 1. Auflage, Schattauer. 2. Grell, M., S. Maleh (2011): Atlas der ZahnWenn man aus bestimmten Gründen heilkunde beim Pferde. 1. Auflage, Schattauer. irgendwelche Behandlungen, welche 3. Tilmann, S. (2008): Praxis-Leitfaden Zahn normalerweise indiziert gewesen wä- und Kiefererkrankung vom Pferd, Parey. ren, nicht durchgeführt hat, sollten diese mit der Angabe des Grundes auf dem Korrespondenzadresse: Zahnformular vermerkt werden. Es hat Souel Maleh sich aus Gründen der Rechtssicherheit prakt. Tierarzt als vorteilhaft herausgestellt, die Besit- WBE Pferdezahnheilkunde und Pferdezerangaben durch den Besitzer selbst dentalpraktikerprüfer nach IGFP ausfüllen zu lassen. Auch ist es sinnvoll 64367 Mühltal sich die Aufklärung unterschreiben zu www.equiprodenta.de