Urothelkarzinom der Harnblase von PD Dr. med. Michael Seitz Epidemiologie: Das Urothelkarzinom (TCC) der Harnblase ist die häufigste bösartige Erkrankung des menschlichen Harntraktes. Das Robert Koch Institut (http://www.rki.de) hat die Zahl der Erkrankungsfälle der Harnblasentumoren auf 21.420 Neuerkrankungen bei Männern und 8.480 bei Frauen für das Jahr 2010 geschätzt. Damit ist die Zahl der Neuerkrankungen bei den Männern um den Faktor 2,5 erhöht. Die korresponierenden Sterbefälle lagen 2006 in Deutschland bei 3.549 bei den Männern versus 1.893 bei den Frauen1. Nachdem in den 1980-er Jahren ein deutlicher Anstieg der Erkrankungen zu verzeichnen war, sind diese bei den Männer seit Mitte der 90-er Jahre deutlich rückläufig und die altersstandardisierte Mortalitätsraten nahmen um 40% ab. Bei den Frauen kam es bis in die 90-er Jahre zu einem langsamen kontinuierlich Anstieg, der inzwischen stagniert, und die Mortalitätsraten nahmen dagegen seit 1980 bei den Frauen altersstandardisiert um 20 % ab1, 2. Risikofaktoren Viele der Risikofaktoren sind inzwischen bestens bekannt, daher sollten diese bei dem Verdacht eines TCC abgefragt werden. Der erste Risikofaktor, der Beachtung fand, ist die Exposition gegenüber Chemikalien, insbesondere der aromatischen Amine. Obwohl diese in Europa inzwischen weitgehend aus den Arbeitsprozessen der chemischen Industrie sowie der Gummi-, Textil- und Lederverarbeitung entfernt wurden oder Schutzmaßnahmen vorgeschrieben sind, treten wegen der langen Latenzzeiten auch heute noch berufsbedingte Harnblasenkarzinome auf. Ein weitere wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung eines TCC der Harnblase ist das Rauchen1. TNM-Klassifikation3 T -Primärtumor TX Primärtumor kann nicht erfasst werden T0 Kein Hinweis auf Primärtumor Ta Nicht-invasives papilläres Karzinom Tis Carcinoma in situ T1 Tumour infiltriert subepitheliales Bindegewebe (invasives, aber nicht-muskelinfiltrtives Karzinom) T2 Mukselinfiltratives Karzinom T2a Tumor infiltriert den Muskel in den oberflächlichen Schichte T2b Tumour infiltriert den Muskel in den tiefen Schichten Hälfte T3 Tumour infiltriert perivesikales Gewebe: T3a mikroskopisch T3b makroskopisch T4 Tumour infiltriert: a)Prostata, Uterus, Vagina b)Beckenwand, Abdominalwand N - Lymphknoten NX Regionale LK können nicht bestimmt werden N0 Keine regionalen LK-Metastasen N1 LK-Metastasen in einem singulären LK im kleinen Becken N2 LK-Metastasen in > 1 LK im kleinen Becken N3 LK-Metastasen im Bereich der A. iliaca communis M - Fernmetastasen MX Fernmetastasen können nicht bestimmt werden M0 Keine Fernmetastasen M1 Fernmetastasen Tabelle 1: TNM-Klassifikation von 2009 Histologisches Grading 1998 wurde von der WHO eine neue Klassifikation der nicht-invasiven TCC der Harnblase vorgeschlagen und 2004 als „WHO 2004“ publiziert und hat die Klassifikation von 1973 „WHO 1973“ abgelöst. Dennoch wird empfohlen bei einer Befunderstellung beide Klassifikationen zu beschreiben. Bei der Klassifikation nach WHO 2004 wurde auf eine histologische Beschreibung der Tumoren geachtet, die spezifische zytologische und architektonische Kriterien beinhaltet. Darüber hinaus wurden das klassische Grading (G1, G2, G3) durch PUNLMP (papillary urothelial neoplasia with low malignant potency), low-grade und high-grade abgelöst. Für dezidierte Angaben zu Änderungen der Klassifikationen kann auf die Publikation „Seitz et. al. Harnblasentumoren: Die neue WHO-Klassifikation 2004“4 verwiesen werden. Tabelle 2 zeigt eine orientierende Gegenüberstellung der veränderten Einteilung, während Tabelle 3 die Rezidiv-, Progressions- und Mortalitätsstatistik aufführt. Zuordnung der Tumoren aus der WHO-Klassifikation von 1973 zur WHO-Klassifikation von 2004 WHO 1973 WHO 2004 G1 PUNLMP G1 Low grade Karzinom G2 G2 High grade Karzinom G3 Tabelle 2: Gegenüberstellung der WHO-Klassifikation von 1973 und 2004 Rezidiv-, Progressions- Mortalitätsraten der PUNLMP, low grade- und high grade Karzinome Rezidive in % Progression in % Mortalität in % PUNLMP 35 4 0,5 Low grade Karzinome 70 10 5 High grade Karzinome 75 15-40 20 Tabelle 3: Rezidiv-, Progressions- Mortalitätsraten Klinik und Symptome Klassisch und in jedem Lehrbuch beschrieben ist die sog. schmerzlose Hämaturie. Diese gehört in jedem Fall fachurologisch abgeklärt. Oberflächliche und nicht-muskelinvasive Tumoren äußern sich nur selten mit zusätzlichen Scherzen. Gelegentlich treten oberflächliche Tumoren mit einer Zystitis auf, daher muss nach Abklingen einer Zystitis immer der Urinstatus kontrolliert werden, ob eine Hämaturie weiter fortbesteht. Bei den Carcinoma in situ (CIS), die flache oberflächliche Tumoren mit aggressivem Potential darstellen, können gelegentlich zusätzlich eine Dysurie und eine Drangkomponente auftreten ohne den Nachweis einer Hämaturie. Bei Ausschluss einer Harnwegsinfektion und Fortbestehen der Symptomatik muss auch hier eine fachurologische Abklärung empfohlen werden. Oberflächliche Tumioren und die CIS entziehen sich der klinischen-körperlichen Untersuchung. Die Abdomensonographie gilt auch trotz der inzwischen höher frequenten Ultraschallsonden nicht als Diagnostikum der Wahl zur Detektion der Blasentumoren. Gelegentlich können diese aber im Ultraschall bei guter Blasenfüllung dargestellt werden. Zusätzlich kann durch die Sonographie ohne Strahlenbelastung und Kontrastmittel eine Abflussstörung aus dem oberen Harntrakt durch ein das Ostium verlegendes Karzinom ausgeschlossen werden. Zusätzlich kann der obere Harntrakt im Bereich der Nierenbeckenkelchsystems und die Niere selbst sehr gut beurteilt werden (Nierentumoren, Nierenbeckentumoren), ohne aber der Möglichkeit definitiv einen Tumor auszuschliessen. In der Literatur wird der Ultraschall im Bereich des oberen Harntraktes der Ausscheidungs-Urographie zur (AUG) Beurteilung einer Harnleiterobstruktion gleichgesetzt5. Das AUG wird verwendet um Kontrastmittelaussparungen als indirekten Hinweis für ein TCC zu interpretieren. Kontrastmittelaussparungen können im Nierenbeckenkelchsystem, im Harnleiter und in der Blase nachgewiesen werden. Kontrastmittelaussparungen sind aber nicht tumorspezifisch, sie können auch bei benignen Erkrankungen auftreten z. B. in die Blase hineinprolabierende ProstataMittellappen, Urolithiais, Ureteritis cystica, Blutkoagel, etc.. Dennoch wird in Leitlinien das AUG zur Abklärung des oberen Harntraktes gefordert, wenngleich die Inzidenz des TCC des oberen Harntraktes bei nur knapp 2% liegt und auf 7,5% ansteigen kann, abhängig von der Lokalisation des Blasentumors, der Multifokalität und Aggressivität der Tumoren6, 7. Inzwischen wird auch häufig alternativ zum AUG eine Computertomographie (CT) mit Ablaufphase durchgeführt. Diese hat im Vergleich eine höhere Strahlenbelastung, kann dafür eine bessere Beurteilung der Parenchymorgane ermöglichen. Gleichzeitig erfolgt dabei ein komplettes Staging mit Beurteilung der Lymphknoten (LK). Unabhängig davon, weder der Ultraschall noch das AUG oder CT hat einen Stellenwert bei der Diagnose eines CIS. Urinzytologie Die Blasenspülzytologie hat nachweislich eine sehr hohe Sensitivität bei der Detektion des TCC, wenn es um high-grade Karzinome, inkl. der CIS geht. Gerade bei den CIS und bei den high grade Karzinomen kann die Urinzytologie eine Sensitivität von über 90% erreichen8, auch wenn eine Meta-Analyse wesentlich schlechtere Sensitivitäten erhoben hat. Hier zeigte sich eine Sensitivität bei high grade Karzinomen um 65%, während bei low-grade Karzinomen (G1 und G2) diese unter 30% lag9. Auch sind die Ergebnisse der Zytologie untersucherabhängig. Nichtsdestotrotz nimmt die Zytologie in Kombination mit der Zystoskopie eine zentrale Rolle bei der Diagnostik der TCC der Harnblase ein, da insbesondere die Spezifität in erfahrenen Händen über 90% liegt. Urinmarker-Kits Kommerziell erhältliche Urinmarker-Kits (Bladder tumor antigen test = BTA; ImmunoCyt; Nuclear matrix protein 22 test =NMP22; UroVysion) sind zwar inzwischen in der klinischen Anwendung, bisher aber in keiner Leitlinie aufgenommen. Der BTA-Test wurde in einer prospektiven Multizenterstudie an 501 Patienten evaluiert und zeigte hohe falsch-positive Raten, inbesondere in Anwesenheit andere urologischer Erkrankungen, wie Harnwegsinfekte, Urolithiasis, benigne Prostatahyperplasie, Hämaturie und andere. Ferner wurden 47% der Tumoren, die bei der Zystoskopie gefunden wurden, übersehen. Der Test ist von der US Food and Drug Administration (FDA) zur Nachsorge von Blasentumoren zugelassen, allerdings nur in Kombination mit der Zystoskopie10. Der ImmunoCyt kombiniert die Zytologie und Immunfluoreszenz und kann nur in einem Speziallabor durchgeführt werden. Der Test ist sehr teuer und die Gesamt-Sensitivität wurde auf 50-100% (!) geschätzt11. Seine Spezifität liegt bei 69-79% mit einer hohen Rate an falsch-positiven Ergebnissen in der Anwesenheit von Harnwegsinfekten und benigner Prostatahyperplasie12. Alledings hat der Test eine erhöhte Sensitivität im Vergleich zur konventionellen Zytologie v.a. in den low-grade Karzinomen, welche zu Ungunsten der Spezifität und des positiven Vorhersagewertes geht13. In Anlehnung an den BTA-Test soll der ImmunoCyt-Test nur in Kombination mit der Zystoskopie angewendet werden und nur zur Nachsorge bei Patienten mit nachgewiesenem TCC der Harnblase. Der Nuclear Matrix Protein 22 Bladder Check wurde ebenfalls von der FDA zur Nachsorge beim BlassentumorPatient aber auch Screening-Test für Patienten zugelassen, die Symptome oder Risikofaktoren für einen Blasentumor aufweisen. The NMP22 BladderChek Test Sensitivitäten lagen bei 50% and 90% beim nicht-invasiven bzw. beim invasiven Blasentumor, die Spezifität bei 86%11. In einer kürzlich publizierten Studie an 1772 Arbietern der Chemischen Industrie mit einer Exposition zu aromatischen Aminen konnte gezeigt werden, dass der NMP22 BladderCheck-Test durch Hämaturie, Harnwegsinfektion und konzentriertem Urin beeinträchtigt wird14. UroVysion ist ein Fluoreszenz-in-situ-Hybridiserungs-Test (FISH), der genetische Alterationen detektiert. Dieser Test wurde ebenfalls von FDA zugelassen in der Nachsorge und Frühdiagnose bei Patienten mit einer Hämaturie11. Generell, wurden die einzelnen Test-Kit nicht in die Guidelines aufgenommen und werden weiter evaluiert. Solange verlässliche Markersystem oder die Kombination aus solchen nicht validiert sind, bleibt die Zystoskopie der Goldstandard, um eine frühe Diagnose zu stellen. Cystoskopie Die Zystoskopie inkl. der transurethralen Resektion der Harnblase (TURB) ist die einzige Möglichkeit mit der mit Sicherheit ein TCC der Harnblase diagnostiziert werden kann. Als Standardprozedur gilt die Weißlicht-Zystoskopie. In der Weißlicht-Zystoskopie können allerdings Läsionen übersehen werden, da sie evtl. zu klein sind. Auch CIS können gelegentlich nicht sicher in der Weißlicht-Zystoskopie erkannt werden. Daher wird vielerorts die Photodynamische Diagnostik (PDD) eingesetzt, die nach intravesikaler Instillation von Hexaminolävulinsäure und unter Einsatz von violettem Licht eine Fluoreszenz-Zystoskopie ermöglicht. Damit lassen sich auch suspekte Areale mit einer erhöhten Sensitivität diagnostizieren und resezieren. Dies trifft für papilläre Tumoren zu, aber in besonderem Maße für die aggressiven CIS1. Insgesamt konnten in einer Übersichtarbeit prospektiver Studien ein Zugewinn an Detektion um 20% durch die PDD identifiziert werden15. Allerdings treten auch falsch-positive Raten durch Harnwegsinfektionen und Blaseninstillationstherapie (s. u.) auf. Der Einfluss der PDD-gestützten TURB auf das Überleben ist nicht abschließend geklärt. Wenngleich einige gut angelegte kleinen Studien einen deutlichen Vorteil für die PDD eruieren konnte, ist diese Thematik nicht abschliessend geklärt. Die Empfehlungen werden dahin gehend geben, dass die PDD v. a. bei Patienten mit CIS bzw. high-grade Karzinomen hilfreich ist. Die Abbildung 1 und 2 zeigen einen Blasentumor in der Weisslicht- bzw. in der Floureszenz-Zystoskopie. Adjuvante Therapie nach TUR-Blase Nach stattgehabter TUR-Blase wird abhängig vom intraoperativen Befund, einen RisikoScore für die Rezidiv- und Progressionsraten sowie vom postoperativen histologischen Befund eine intravesikale Instillationstherapie empfohlen. Dabei gibt es abhängig von den o. g. Parametern die unterschiedlichsten Varianten von der einmaligen, sofortigen intravesikalen Chemotherapie (z. B. mit Mitomycin C) bis zur intravesikalen Erhaltungs(chemo)therapie bis zu einem Jahr. Darüber hinaus kann bei bestimmten Risikoprofil eine intravesikale Immuntherapie mit Instillation von Bacillus Calmette-Guérin (BCG) in die Blase. Gerade letztere hat erhebliche Nebenwirkungen, so dass hier die Patienten-Compliance darunter leidet. Dies liegt auch darin begründet, dass eine Induktionstherapie mit BCG nicht ausreichend ist, sondern dass eine mind. 1jährige Erhaltungstherapie notwendig wird, um eine Progression zu verhindern. Patienten mit einem CIS oder pTapT1-Tumoren mit einem hohen Progressionsrisiko weisen die Indikation für eine mindestens 1-jährige Instillationstherapie mit BCG auf. Staging beim histologische gesicherten muskel-infiltrativen Blasentumor Die Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Urologie legt fest, dass entweder eine Computertomographie (CT) des Thorax, des Abdomens und des Beckens durchgeführt werden soll. Bei der Festlegung des Lokalbefundes an der Blase ist die Magnetresonanztomographie (MRT) der CT überlegen. Bei der Bildgebung geht es darum, den lokalen Befund zu beurteilen. Gleichermaßen wichtig ist die Beurteilung der Lymphknoten (LK), des oberen Harntraktes und anderer Organe. Eine PET/CTDiagnostik hat beim TCC der Harnblase keinen Stellenwert16 (Abbildung 3). Indikation zu radikalen Cystektomie beim nicht-muskelinvasiven Blasentumor Einige Experten sind der Meinung, dass auch Patienten mit einer bestimmten Risikokonstellation auch mit nicht-muskelinvasiven Blasentumoren einer radikalen Zystektomie zugeführt werden sollen. Dies trifft für Patienten zu, die multiple rezidivierende high-grade Tumoren, high-grade pT1-Karzinome, high-grade Karzinome mit begleitenden CIS und Patienten, die als BCG-Versager gelten. Generell sollte diesen Patienten die beiden therapeutische Optionen dargestellt werden: Sofortige Cystektomie versus konservatives Management mit BCG. Wird eine Cystektomie rechtzeitig durchgeführt, also solange die Muskulatur nicht infiltriert ist, liegt die 5-Jahres Überlebensrate bei > 80%. Auf der anderen Seite kann eine Verzögerung einer Zystektomie durch zu langes konservatives Vorgehen (BCG) die Prognose verschlechtert werden1. Cystektomie Die Zystektomie ist der Goldstandard für pT2-pT4 Blasenkarzinome, hat aber eine erhebliche Morbidität von ca. 50% und eine perioperative Mortalität von ca. 3%16. Auch Patienten > 75 profitieren von einem solchen Eingriff17. Wichtigste prognostische Faktoren sind das Vermeiden positiver Schnittränder und ein pT0-Status in der postoperativen Histologie. Integraler Bestandteil der Zystektomie ist auch die Lymphadenektomie (LAE) der regionalen LK. Retrospektive Analysen konnten zeigen, dass eine extendierte LAE das Überleben verbessern konnte. Dennoch gibt es über die Ausdehnung der LAE keinen Standard16. Bei der Wahl der Harnableitung konkurrieren das klasische Ileum-Conduit mit den kontinenten Ableitungen, wie Pouch und Neoblase. Die geeignete Form muss individuell mit dem Patienten besprochen werden. Alternativen zur Cystektomie Die alleinige TUR-Blase beim muskelinvasiven Blasentumor sollte nur indiziert werden, wenn der Patient aufgrund von Komorbiditäten nicht für eine Zystektomie geeignet ist oder diese ablehnt. Die TUR-Blase mit anschließender Chemotherapie (CTX) sowie die alleinige CTX sollten als experimentell angesehen werden. Die alleinige externe Bestrahlung kann in Betracht gezogen werden, wenn es sich um einen blutenden muskelinvasiven Blasentumor handelt, der transurethral nicht beherrscht werden kann und/oder der Patient nicht für eine kurative/palliative Cystektomie aufgrund von Komorbiditäten geeignet ist oder sie ablehnt16. Multimodale blasenerhaltende Strategien, im Sinne einer TUR-Blase mit konsekutiver Radiatio in Kombination mit einer Chemotherapie ist eine Alternative bei gut selektionierten, gut informierten Patienten mit guter Compliance, die eine Zystektomie aus medizinischen oder persönlichen Gründen ablehnen16. Neoadjuvante Chemotherapie Zur neoadjuvanten Chemotherapie (CTX) beim muskelinvasiven Karzinom der Harnblase gibt es in der älteren Literatur widersprüchliche Angaben. Dennoch wurden drei Meta-Analysen (MA) zu dieser Thematik publiziert mit der Fragestellung, ob sich das Gesamtüberleben verlängert. Die erste MA ergab eine 5% absoluten Benefit nach 5 Jahren und entsprach einer 50% Überlebenschance 5 Jahre nach Cystektomie und neoadjuvanter CTX im Vergleich zu 45% ohne neoadjuvante CTX18. Die zweite MA ergab wieder einen Benefit von 5% und einen 5-Jahresüberlebensrate (JÜR) von 55% versus 50%19. In der dritten MA konnten diese Ergebnisse bestätigt werden16. Dabei scheint die Subgruppe mit pT3-Tumoren am meisten zu profitieren, mit einem numbers need to treat (NTT) Verhältnis von 9:120. Das „richtige“ Schema ist nicht bekannt, allerdings scheint eine Cisplatin-haltige Kombinationstherapie nötig zu sein16. Inzwischen existieren Langzeitergebnisse der größten Studie zur neoadjuvanten CTX (3 Zyklen: Cisplatin, Methotrexat, Vinblastin) vor Cystektomie publiziert worden. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten eine statistisch signifikante Reduktion der Mortalität um 16%, was sich in einer 10-JÜR von 36% versus 30% äußert. Adjuvante Chemotherapie Neuere Daten zeigen wieder vielversprechende Daten zur adjuvanten Chemotherapie, die nach den Leitlinien der EAU nur im Rahmen von Studien durchgeführt werden soll. In einer Phase III Studie wurden Patienten mit pT3 Tumoren und/oder LK-Metastasen mit einem 3-er Schema bestehend aus Paclitaxel, Gemicitabin und Cisplatin innerhalb von 8 Wochen einer CTX unterzogen und mit einer Kontrollgruppe ohne CTX mit dem Endpunkt Gesamtüberleben verglichen. Dabei zeigte sich ein signifikanter Überlebensvorteil für die CTX-Gruppe (5-JÜR 60% vs. 31% ohne CTX). Aufgrund von Rekrutierungsschwierigkeiten wurde die Studie vorzeitig beendet21. Zusammenfassung: Das Urothelkarzinom zeigt sich klinisch und histologisch sehr heterogen. Abhängig vom T-Staging und Grading werden unterschiedliche Therapiestrategien gewählt. Dabei zeigt sich eine Bandbreite von der wenig invasiven TUR-Blase mit/und ohne intravesikaler Blaseninstillation bis hin zu neoadjuvanten und adjuvanten Chemotherapie inkl. radikaler Cystektomie. Die Kompetenz bei Diagnose und Therapie aller Tumorstadien liegt beim Urologen. Literatur: 1. M. Babjuk WO, R. Sylvester, E. Kaasinen, A. Böhle, J. Palou, M. 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