Moderation (1) - Online

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Moderation (1)
Moderatoren sind die Stars beim Radio – zumindest werden sie von vielen Hörerinnen und Hörern so gesehen. Nicht
wenige fühlen oder geben sich auch so. Das kommt nicht von ungefähr. Moderatoren sind stundenlang zu hören, viele in
sog. »Schienen« immer zur selben Zeit, Tag für Tag. Dadurch werden sie die populärsten, beliebtesten und (meist auch)
bestbezahlten Radio-Mitarbeiter.
Das Wort Moderator kam mit Einführung der Magazine (vgl. dort) aus den USA in die deutsche Radio-Sprache und
bedeutet »Vermittler« oder »Mittelsmann«. Moderatoren »vermitteln« den Hörern das Radio-Programm.
»Moderator« ist kein Beruf, zumindest nicht im journalistischen Bereich, sondern nur eine Form journalistischer Arbeit
beim Radio. Die Chance dazu bekommt oft erst, wer zuvor erfolgreich als Redakteur, Reporter oder NachrichtenPräsentator gearbeitet hat und natürlich die erforderlichen Voraussetzungen mitbringt. Dennoch gibt es immer wieder
auch »Blitzkarrieren«, besonders bei kleineren Privatsendern, bei jungen Formaten und bei Musik- und
Unterhaltungsmoderatoren. Da geben dann Stimme und Talent den Ausschlag, und auch Mut und Hartnäckigkeit bei der
Bewerbung.
Die Grundanforderungen an Moderatoren sind überall dieselben, unabhängig von Sender und Einsatzgebiet. Sie
müssen:
J
eine gute Stimme haben,
J
sympathisch und natürlich »rüber kommen«,
J
glaubwürdig sein,
J
»verkaufen« können,
J
schnell reagieren, gute Nerven haben und
J
die technischen Abläufe im Selbstfahrer-Sendestudio beherrschen.
Was noch dazu kommt an Voraussetzungen, ist weitgehend abhängig vom Format des Programms, den
Anforderungen einzelner Sendungen (Sendungsstrecken oder Schienen) und auch der Tageszeit. So muss etwa der
»Morning-Man« schon munter und präsent sein, wenn andere die Zähne noch nicht auseinander kriegen. In
informationsbetonten Sendungen braucht der Moderator Fachwissen über Politik und Zeitgeschehen, Sport oder
Unterhaltung – je nachdem. Der Musik-Moderator (auch noch Diskjockey, »DJ« genannt), muss einen Bezug zu der
Musik haben, die er »verkaufen« soll, obwohl er sie nicht ausgesucht hat. Das tut die Musikredaktion (vgl. »Musik in
Begleitprogrammen« und »Musik-Programme mit dem Computer erstellen«).
Cross-over-Moderatoren. In den Begleitprogrammen – vor allem beim Privatfunk – ist der Moderator zum generellen
Begleiter
durch
das
Programm
geworden,
der
ohne
Beschränkung
auf bestimmte Inhalte und Ressortgrenzen dem Hörer alles vermittelt: von der Verkehrs- und Wettermeldung über die
Musikansage bis hin zum informativen Interview. Er sollte zumindest eine breite Allgemeinbildung haben.
In den Kulturprogrammen (vgl. »Formate für Einschaltprogramme«) moderieren meist Fachredakteure die Magazine
oder Kompaktsendungen ihrer jeweiligen Ressorts. Was es an Besonderem zur Moderation in einzelnen
Sendungsformen zu sagen gibt, ist jeweils dort behandelt (vgl. »Magazin«, »Kompaktsendung« und »MusikModeration«). Im Folgenden geht es um die Moderation unabhängig von speziellen Sendungsinhalten und -formen.
Die Aufgaben des Moderators sind vielfältig:
J
dem Programm »ein Gesicht« geben, Hörerbindung herstellen,
J
informieren und unterhalten,
J
Beiträge an- und abmoderieren, d.h. die einzelnen Programminhalte »verkaufen«,
J
Programminhalte verbinden, d.h. aus Einzelelementen (Musik, Beiträgen, Verpackungselementen) ein
(Gesamt-)Programm werden lassen,
J
Sendung fahren (vgl. dort), also den technischen Sendungsablauf im Selbstfahrer-Studio gewährleisten.
Bei Privatsendern werden Moderatoren gelegentlich veranlasst, auch Werbung zu sprechen. Das ist eine (stimmliche)
Vermischung von Programm und Werbung, die jeder Radio-Journalist auch im Interesse seiner eigenen Glaubwürdigkeit
ablehnen sollte (vgl. dazu und zum Anmoderieren von Werbung »Recht der Rundfunkwerbung, Ausloben von Preisen,
Sponsoring«).
Wie soll er denn sein, der Moderator? Sachlich-seriös oder kalauernd-kess? Was ist gefragt: wortreiche Anmache
oder knappe Ansage, charmante Plauderei oder fetzige Spreche? Wie soll’s denn sein: Hochdeutsch, Dialekt oder
Jugendjargon? Auf diese Fragen gibt es keine einheitliche Antwort. Denn:
Moderation ist formatabhängig. Junge Leute wollen anders angesprochen werden als ältere. Informationsreiche
Programme müssen anders moderiert werden als Programme, die hauptsächlich unterhalten sollen. Der Moderationsstil
ist deshalb wesentlicher Bestandteil des »Formats« und bei vielen Sendern in den Grundzügen festgelegt (vgl. »Formate
für Begleitprogramme« und »Formate für Einschaltprogramme«).
‹ Tipp: Wer bei Hospitanz oder Praktikum Gelegenheit bekommt, solche Moderationsregeln einzusehen, sollte dies
unbedingt tun – und sich die zu Grunde liegenden Überlegungen erläutern lassen. Danach weiß man viel darüber, wie
die »Macher« ihre Hörer und deren Wünsche einschätzen.
Die Moderations-Vorgaben sollen eine auf die jeweilige Zielgruppe ausgerichtete einheitliche Hörer-Ansprache
sicherstellen – unabhängig von den unterschiedlichen Vorlieben einzelner Moderatoren. In solchen Pflichten-Heften
können nicht nur Anzahl und Zeitpunkt von Moderationen innerhalb einer Radio-Stunde festgeschrieben sein; festgelegt
ist oft noch weit mehr, z.B.: Wie stellt sich der Moderator vor? Nur kurz mit dem Sendungstitel und der Information Am
Mikrofon: Christian Oster. Oder noch knapper: Am Mikrofon (der) Christian (wobei das der oder
die vor dem Vornamen sprachlich nicht schön, dafür aber umso mehr »in« ist). Oder soll die Eingangsmoderation
verbindlicher sein: der Name und dazu noch eine persönliche Bemerkung oder ein kleiner Scherz? Solche Standards
können für nahezu alles festgeschrieben sein: von den Zeitansagen über die Wetter- und Verkehrsmeldungen bis hin zu
Musikansagen und An- und Abmoderationen aktueller Beiträge.
Moderieren heißt, mit dem Hörer reden. Moderieren heißt nicht, den Hörern eine Rede halten. In seiner Vorstellung
spricht der Moderator also immer den einzelnen Hörer an, weil das die Hör-Situation ist. So versucht er, alle (einzelnen)
Hörer zu erreichen.
Aber wie soll er mit dem Hörer reden, wenn er da allein vor dem Mikrofon sitzt, keinen seiner Hörer sieht, kein
zustimmendes oder ablehnendes Wort zu ihm in die Studio-Einsamkeit dringt? Jeder Redner, jeder, der etwas erzählt,
hat ein direktes Feedback seiner Zuhörer. Den Radio-Moderator erreicht die Hörer-Antwort in der Regel nicht tatsächlich,
nichts kann er an Gesichtern ablesen, nichts aus Bemerkungen heraushören. Für ihn ist das Feedback nur »gedachte
Wirklichkeit«. Es erreicht ihn in seiner Phantasie. Er braucht es, um beim Hörer auch wirklich »anzukommen«.
Frei sprechen ist eine Grundvoraussetzung fürs Moderieren: Der Moderator »redet« mit dem Hörer, er liest ihm nicht
vor. Deshalb sollten Moderationen möglichst nicht vorher Wort für Wort aufgeschrieben werden. Stichworte sind dagegen
sinnvoll, notiert z.B. auf einer Karteikarte (sog. Liner Card).
‹
Tipp: Schreiben Sie die Stichworte gegliedert auf, wie im Beitrag »Frei sprechen« erklärt.
Wenn Sie Moderationen ganz aufschreiben, dann
–
jede auf ein einzelnes Blatt (das Sie anschließend umdrehen oder weglegen)
–
den Text nach Sinnschritten in Absätze gegliedert,
– in größerer Schrift und sauber, möglichst ohne handschriftliche Korrekturen.
Präsent sein – das wird von den Moderatoren verlangt. Was das heißt, ist vom Gegenteil her am leichtesten zu
erklären: nicht schüchtern sein, nicht zurückhaltend wirken, nicht nur sprechen, sondern die Hörer ansprechen. Kurz:
»den Kopf aus dem Radio strecken« – aber nicht zu weit, denn aufdringlich soll’s auch wieder nicht wirken. Ein bisschen
ist das eine Typfrage. Aber etwas dafür tun, kann man auch. Das Wichtigste: Man muss es wirklich wollen. Und man
muss seine Hörer sympathisch finden, Freude daran haben, »mit ihnen sprechen zu können«. Mit mehr Übung nimmt
die Präsenz häufig von allein zu.
‹
Tipp: Sich recken und dehnen, mit der Musik mitswingen hilft, anfängliche Nervosität und Unsicherheit zu mindern.
Die Vorstellung vom Hörer steuert das Sprechverhalten. Deshalb soll der Moderator sich vorstellen, zu wem er spricht
und wie der Angesprochene wohl darauf reagieren wird.
Wenn ich versuche, einen Einzelnen anzusprechen,
klingt meine Stimme automatisch persönlicher,
werde ich ganz von selbst nicht laut, sondern eher eindringlich sprechen,
werde ich nichts herunterrasseln, sondern ohne viel darüber nachzudenken ein Sprech-Tempo und einen SprechRhythmus finden, der vom Verstanden-werden-wollen bestimmt wird,
werde ich also kleine Zäsuren (Pausen) machen, mal langsamer, mal schneller sprechen,
werde ich mit der richtigen Betonung meiner Aussage Nachdruck verleihen und sie besser verstehbar machen,
werde ich natürlich klingen und nicht gespreizt oder
affektiert.
Auszug aus: Axel Buchholz, Moderation. In: Walther von La Roche /Axel Buchholz: RadioJournalismus, Berlin 2008, S. 43-74
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