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Schwangerenbetreuung bei Drogenkonsum
Georgine Huber, Birgit Seelbach-Göbel
Mod. nach Erstpublikation in: Z Geburtshilfe Neonatol 2014; 218: 142 –148
Frauen hatten den Konsum abgestritten
Thema verwendet. Suchbegriffe waren
[6]. Ursächlich für dieses Verhalten ist
„pregnancy“, „pregnancy outcome“, „drug
nicht nur die Furcht vor Stigmatisierung,
addiction“, „drug dependence“, „substance
In Deutschland gibt es keine genaue
sondern auch die Angst vor den möglichen
abuse“, „obstetric care“, „methadone“,
statistische Erfassung über die Anzahl
rechtlichen Folgen, wie z. B. der Inobhut-
„buprenorphine“, „neonatal abstinence
schwangerer Frauen, die illegale Substan-
nahme des Kindes durch das Jugendamt.
syndrome“. Die Übersicht konzentriert
Einleitung
zen konsumieren. Es wird vermutet, dass
sich auf die Ergebnisse und Empfehlungen
pro Jahr ca. 3 von 1000 geborenen Kindern
Intensive Betreuung notwendig. Gerade
eine Mutter mit polyvalentem Drogen-
wegen der multiplen Substanzwirkung
konsum haben [1]. Der ausdrückliche
des meist vorliegenden Mischkonsums
Hinweis im Suchtbericht der Bundes-
aus legalen und illegalen Drogen ist eine
regierung 2012 über die ärztliche Bera-
intensive suchttherapeutische Betreuung
tungspflicht zum Thema „Genussmittel in
der Mutter sowie eine engmaschige
der Schwangerschaft“ lässt die Sorge über
Schwangerenvorsorge für diese Risiko-
eine höhere Dunkelziffer in Deutschland
schwangerschaften notwendig [7, 8]. Eine
vermuten und zeigt die Wichtigkeit der
enge Zusammenarbeit zwischen betreu-
Ein Großteil der betroffenen Frauen weist
Frage nach dem Konsumverhalten der
endem Gynäkologen und dem Hilfesystem
eine gestörte eigene Eltern-Kind-Bezie-
Schwangeren [2, 3].
aus substituierendem Arzt, ambulanten/
hung auf: Circa 75% der Schwangeren
stationären Therapieeinrichtungen, Ge-
kommen selbst aus Suchtfamilien mit
Hohe Dunkelziffer. Bereits im Jahr 2011
burtsklinik mit Hebamme und Pädiatrie,
kindlicher Vernachlässigung. Zusätzlich
wurde vom Gemeinsamen Bundesaus-
koordinierenden Kinderschutzstellen und
geht man davon aus, dass ca. 50% der
schuss eine Änderung der Mutterschafts-
Jugendamt trägt zur Risikoreduktion für
Schwangeren in ihrer Kindheit und Jugend
richtlinien vorgenommen und im Mutter-
Mutter und Kind bei und wird deshalb von
Gewalterfahrungen ausgesetzt waren
pass die ärztliche Frage nach konsumier-
Expertenkomitees einstimmig gefordert
[12, 13]. Häufig weisen auch die Kinds-
ten Genussmitteln mit der Ergänzung
[9 –11]. Die vorliegende Arbeit möchte
väter und der Freundeskreis ähnlich des-
„Alkohol, Tabak und andere Drogen“ kon-
Gynäkologen, Geburtshelfern und Neo-
integrierte Lebensläufe auf. Dies erhöht
kretisiert. In den USA ergab der National
natologen eine Hilfestellung für die kom-
wiederum die Gefahr für die drogenkon-
Survey on Drug Use and Health 2010, dass
plexe peripartale Betreuung suchtkranker
sumierende Frau, auch während der
4,4 % der Schwangeren im Monat vor der
Frauen geben.
Schwangerschaft psychischer oder phy-
dieser Arbeiten.
Ergebnisse
Psychologische Aspekte der drogenkonsumierenden Schwangeren
Befragung Drogen konsumiert hatten [4].
sischer Gewalt ausgesetzt zu sein [14].
Sowohl amerikanische als auch in Europa
Zusätzlich muss davon ausgegangen
durchgeführte Studien bestätigen die Problematik der deutlich höheren Dunkelzif-
Material und Methode
werden, dass die Hälfte der betroffenen
Schwangeren eine psychiatrische Komorbidität aufweist, hierbei stehen depressive
fern: Lester et al. konnten im Mekonium
Neugeborener in 10,5% der Fälle illegale
Beruhend auf einer selektiven Literatur-
Erkrankungen sowie Angst- und Persön-
Drogen nachweisen, 38% der positiv ge-
recherche der Autoren in PubMed wurden
lichkeitsstörungen im Vordergrund
testeten Mütter hatten den Drogenkon-
Übersichtsartikel und Originalarbeiten aus
[15, 16].
sum jedoch verneint [5]. In einer eng-
den Jahren 2001 –2013, sowie Stellung-
lischen Untersuchung wurden bei 10,7%
nahmen deutscher und internationaler
Schwangerer Drogen nachgewiesen, alle
Fachverbände und Kommissionen zum
Frauenheilkunde up2date 2
⎢ 2015 ⎢ DOI: http://dx.doi.org/10.1055/s-0033-1358115
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88
Schwangerenbetreuung bei Drogenkonsum
Betroffenen für eine akzeptierende Form
Schwangeren oftmals gewünschtes Abdo-
der Drogenhilfe. Laut Betäubungsmittel-
sieren des Substitutes sollte von gynäko-
Verschreibungsverordnung (BtMVV § 5,
logischer Seite nur nach enger Absprache
Abs. 1, Satz 3) führt die Substitution zur
mit dem substituierenden Arzt befürwor-
Stationäre Entgiftung. Entscheidet sich
Verringerung der Risiken einer Opiat-
tet werden. Mindestvoraussetzung ist ein
eine suchtkranke Schwangere für eine
abhängigkeit während einer Schwanger-
unauffälliger Schwangerschaftsverlauf mit
abstinenzorientierte Drogenhilfe, so be-
schaft und nach der Geburt. Ein frühest-
regelrechtem fetalen Wachstum und Bei-
deutet dies die Entgiftung und Entwöh-
möglicher Beginn der Substitution, auch
konsumfreiheit [26].
nung von den konsumierten Suchtmitteln
im 1. Trimenon, ist daher sinnvoll. Ziel ist
mit dem Ziel der anhaltenden Abstinenz
die Reduktion des unkontrollierten Sub-
und Drogenfreiheit. Dabei ist eine eng-
stanzabusus und die ärztlich überwachte,
maschige ärztliche Überwachung von
medikamentöse Substitution. Auf diesem
Mutter und Ungeborenem wichtig,
Weg soll die körperliche, seelische und
üblicherweise in Form eines stationären
soziale Stabilisierung der Patientin durch
Aufenthaltes in einer suchttherapeu-
Wegfall von Beschaffungskriminalität,
Vernetzung mit Drogenhilfesystem. Die
tischen Einrichtung.
Abusus verschnittener Drogen und Ver-
gynäkologische Betreuung suchtkranker
ringerung der Infektionsgefahr erreicht
Schwangerer bedeutet für den einzelnen
Besonders gewarnt werden müssen
werden [18]. Durch gleichmäßigere müt-
Frauenarzt, sowohl Teil des Hilfesystems
Drogenkonsumentinnen vor der Durch-
terliche Substitut-Plasmaspiegel werden
als auch Teil der kontrollierenden Instan-
führung eines kalten Entzuges in der
die durch kurze Heroinhalbwertszeiten
zen zu sein. Somit ist die frühzeitige Ver-
Schwangerschaft: Ein abrupter Entzug von
verursachten intrauterinen Opiatentzüge
netzung des Gynäkologen mit den Dro-
Heroin kann vorzeitige Wehentätigkeit
mit konsekutiver Gefährdung des Feten
genhilfesystemen von entscheidender
und schwere fetale Herztonalterationen
vermieden.
Bedeutung: Auf diesem Weg werden
Besondere Aspekte der
gynäkologischen Vorsorge nach
Feststellen der Schwangerschaft
Ressourcen sinnvoll genutzt und wider-
auslösen, bei Benzodiazepinen werden
maternale Krampfanfälle bis hin zu delir-
In der Schwangerschaft stehen folgende
sprüchliche Aussagen vermieden [10].
artigen Zuständen beobachtet. Eine intra-
Substitutionsmittel derzeit zur Verfügung:
Der Großteil der drogenkonsumierenden
uterine Hypoxämie mit konsekutivem in-
■
Methadon-Razemat
Schwangeren wird über die Vermittlung
trauterinem Fruchttod kann die Folge sein
■
Levomethadon
der ambulanten oder stationären Drogen-
[17]. Verschnittenes Heroin ist durch die
■
Buprenorphin
hilfeeinrichtungen den Erstkontakt zum
Frauenarzt aufnehmen. Themen wie
Beimischung weiterer toxischer Substanzen in seiner Auswirkung auf Mutter und
Die vorliegenden Untersuchungen zu den
Schweigepflichtsentbindung zur Weiter-
Kind ebenfalls nicht abschätzbar.
Präparaten scheinen für Buprenorphin ein
gabe relevanter Daten an Dritte, das even-
günstigeres Profil hinsichtlich des neona-
tuelle Vorhandensein einer gesetzlichen
Nach stationär durchgeführter Entgiftung
talen Entzugssyndroms und eine gerin-
Betreuung sowie der Informationsaus-
und Entwöhnung ist auch in der Schwan-
gere Interaktion mit einer antiretroviralen
tausch mit den Mitarbeitern der Geburts-
gerschaft die sich anschließende Phase als
Therapie bei HIV‑Positivität auszustellen
klinik und des Jugendamtes müssen dabei
problematisch zu werten, in der die Pa-
[19 –22]. Für die gynäkologische Beratung
frühzeitig angesprochen werden.
tientin in ihr gewohntes Lebensumfeld zu-
ist wesentlich, dass für die genannten
rückkehrt. Eine gute Kommunikation zwi-
Substitute bislang keine Teratogenität
Spät bemerkte Schwangerschaft. Die
schen den Drogenhilfesystemen und dem
nachgewiesen werden konnte, eine Beein-
Feststellung der Schwangerschaft bedeu-
Frauenarzt ist wichtig, um eine psychische
flussung der neurologisch-kognitiven
tet für die betroffene Frau oft einen zu-
Dekompensation der Patientin mit Steige-
Entwicklung der Kinder wird jedoch dis-
sätzlichen Belastungsaspekt in einer
rung des Suchtdrucks und Rückfälle in alte
kutiert [23].
ohnehin instabilen Lebenssituation. Nicht
unterschätzt werden dürfen dabei die
Verhaltensmuster rechtzeitig zu erkennen.
Agitiertheit, Schwitzen, Zittern, Miosis
In Deutschland wird der Einsatz von kom-
Schuld- und Schamgefühle der Schwange-
oder Klagen über Erbrechen, Bauch-
biniertem Buprenorphin/Naloxon zur
ren sowie die Angst vor fetaler Fehlbil-
schmerzen und Diarrhö müssen auch für
Substitution von Schwangeren bisher
dung durch den Drogenkonsum [27]. Für
den Gynäkologen Warnsymptome einer
nicht empfohlen, in der amerikanischen
die geburtshilfliche Betreuung kommt
eventuell entzügigen Patientin sein.
Literatur kontrovers diskutiert [24, 25].
erschwerend hinzu, dass es sich meist
In der Schwangerschaft sind das Plasma-
um ungeplante und erst nach dem 1. Tri-
Substitution. In Abhängigkeit von der in-
volumen und die hepatische/glomeruläre
menon bemerkte Schwangerschaften
dividuellen Lebenssituation der Schwan-
Exkretion erhöht, sodass ein größerer
handelt. Neben einer durch Fehl- und
geren entscheidet sich ein Großteil der
Opiatbedarf entstehen kann. Ein von den
Unterernährung bedingten Amenorrhö
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Formen der Drogenhilfe für die
Schwangere: abstinenzorientiert
oder akzeptierend
89
Forum
fokussiert sich in Phasen ausgeprägten
dere für die ständig wachsende Anzahl
beinhaltet. Bei zusätzlich bekannter
Drogenkonsums die Körperwahrnehmung
neuartiger psychoaktiver Substanzen, die
Hepatitis- und/oder HIV‑Infektion sollte
der Frauen auf einen vorhandenen oder
schwere maternale Intoxikationen ver-
wegen der unklaren Transmissionsgefahr
befriedigten Suchtdruck, eine Schwanger-
ursachen können und im Standarddrogen-
ebenfalls möglichst auf einen solchen Ein-
schaft liegt nicht im Bereich des gedank-
screening nicht detektiert werden [33, 34].
griff verzichtet werden [38].
lich Möglichen. Dieses Ausklammern der
Kurze Vorsorgeintervalle. Es empfiehlt
Verhütungsfrage trifft aber auch immer
■
wieder auf Patientinnen zu, die sich unter
Erweiterte Vorsorge
sich, die gynäkologischen Vorsorgeintervalle intensiviert alle 2 Wochen durch-
einer Substitutionsbehandlung körperlich
soweit stabilisieren, dass wieder ovulato-
Sonografisches Organscreening. Alle lega-
zuführen. Dies hat den Vorteil, dass der
rische Zyklen auftreten [28].
len und illegalen Drogen passieren die
psychische und physische Zustand der
Plazentaschranke und sind im fetalen Or-
Schwangeren besser eingeschätzt werden
Kombinationskonsum. Das späte Realisie-
ganismus nachweisbar [35]. Diese Proble-
kann und ihre Fürsorgekompetenz für sich
ren der Schwangerschaft bedeutet auch,
matik muss der betreuende Gynäkologe
selbst und für das Ungeborene durch zu-
dass gerade in der vulnerablen Phase der
im Rahmen des Aufklärungsgespräches
verlässiges Wahrnehmen der Termine
Organogenese polytoxikoman Substanzen
offen kommunizieren. Mögliche Wirkun-
gefordert ist.
konsumiert wurden, oftmals in Verbindung
gen auf das Ungeborene und dessen
mit Alkohol und der konsekutiven Gefähr-
spätere Entwicklung müssen der Schwan-
Serologie. Neben den in den Mutter-
dung der kindlichen Entwicklung – insbe-
geren erklärt und ein gezieltes sonogra-
schaftsrichtlinien aufgeführten Basis-
sondere im neurologischen Bereich [29 –
fisches Organscreening angeboten werden
untersuchungen sind bei substanzkon-
32]. Während von einzelnen Stoffen die
(Tab. 1) [36, 37]. Eine Indikation zur in-
sumierenden Patientinnen zusätzliche
mögliche embryonale/fetale Auswirkung
vasiven Diagnostik alleine aufgrund des
Aspekte zu beachten: Da Zervixdysplasien
bekannt ist, stellt der Kombinationskonsum
mütterlichen Drogenkonsums besteht
gehäuft auftreten und Krebsvorsorge-
weiterhin ein pharmakologisch nicht ab-
nicht, da diese kein erhöhtes Risiko für
untersuchungen meist nicht wahrgenom-
schätzbares Risiko dar. Dies gilt insbeson-
eine chromosomale Störung des Feten
men werden, ist eine Abstrichkontrolle mit
Tabelle 1
Illegaler Substanzkonsum und mögliche Auswirkung auf den Feten/das Neugeborene (mod. nach [36]).
Substanz
Schwangerschaft
Geburt
weitere Gefahren
Heroin
IUGR, Frühgeburt, Fehlbildungen?
Anpassungsstörungen, NAS
Streckungsmittel. Abrupter Entzug: vorzeitige Wehen, Alteration fetaler Herzfrequenz
Kokain
Fehlgeburt, IUGR, Frühgeburt
Anpassungsstörungen
akute plazentare Vasokonstriktion,
vorzeitige Plazentalösung, IUFT
Crack
Herzfehler, Neuralrohrdefekte,
LKG‑Spalte
neurologisch-kognitive Auffälligkeiten
Cannabis
IUGR
Amphetamine
Herzfehler, Fußfehlstellung
Hyperexzitabilität
Crystal Meth
s. o., Neurotoxizität
Zittrigkeit, Gedeihstörung
maternaler Hypertonus mit vorzeitiger
Plazentalösung
Benzodiazepine (nicht illegal,
aber i. S. eines Abusus)
IUGR, Fehlbildungen?
Anpassungsstörungen, NAS
abrupter Entzug: maternale Krampfanfälle,
IUFT
neue psychoaktive Substanzen
Situation unklar: Kombination mit anderen Substanzen in der Auswirkung für Schwangerschaft/kindliche Entwicklung nicht
abschätzbar!
neurologisch-kognitive Spätfolgen?
IUGR: intrauterine Wachstumsrestriktion, NAS: neonatales Abstinenz(Entzugs-)syndrom, IUFT: intrauteriner Fruchttod, LKG‑Spalte: Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte
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Schwangerenbetreuung bei Drogenkonsum
HPV‑Test (humane Papillomaviren), sowie
kann im Rahmen der fetalen Alkohol-
Postpartalphase. Postpartal eignen sich
eine Untersuchung auf sexuell übertrag-
Spektrum-Störung neben körperlichen
nichtsteroidale Antiphlogistika zur wei-
bare Erkrankungen zu empfehlen [39].
Fehlbildungen schwere neurologische
teren Therapie. Nach Sectio haben sich
Entwicklungsdefizite beim Ungeborenen
Kombinationen aus kurzwirksamen
verursachen [29, 45].
opioidhaltigen Analgetika zusammen mit
Hepatitis-C- und 5 –10% HIV‑Positivität
Antiphlogistika oder auch PCA‑Pumpen
bewährt [47 –52]. Eine detaillierte Rück-
von i. v. Opiatkonsumenten ist die serologische Untersuchung der Patientinnen
Geburt und Wochenbett
meldung an den Substitutionsarzt über
die applizierten Medikamente vermeidet
sowohl bei Erstkontakt als auch im
3. Trimenon unabdingbar [40]. Arbeiten,
Eine frühzeitige Kontaktaufnahme des be-
Unklarheiten bei den nach Klinikentlas-
die die Infektionsprävalenzen speziell bei
treuenden Gynäkologen mit der Geburts-
sung anstehenden Drogenscreenings.
schwangeren Drogenkonsumentinnen
klinik sollte folgende Informationen
untersuchten, zeigten eine große Streu-
beinhalten:
breite in den Resultaten, jedoch mit eben-
■
falls hohen Erkrankungszahlen [27].
Ernährung. Auf eine ausreichende Ge-
■
wichtszunahme mit Optimierung der
Stillen. Ein vorhandener Stillwunsch sollte
aktuelle Hepatitis- und HIV‑Serologie
prinzipiell unterstützt werden, das kindli-
(bei bekannter Hepatitis-C‑Infektion
che Entzugssyndrom kann jedoch weder
inklusive Viruslast)
durch das mütterliche Substitut thera-
Ansprechpartner für die peri- und post-
piert, noch ein erneuter Entzug beim
partale Substitution
Kind durch Abstillen ausgelöst werden
Ernährung sowie regelmäßige Kontrollen
■
Klärung der Venensituation
[53 –55]. Frauen mit HIV‑Infektion, mit
des Hämoglobin- und Eisenwertes ist zu
■
Analgesiewünsche der Patientin mit
anhaltendem Drogenabusus/Beikonsum
Vorstellung in der anästhesiologischen
und psychischer Instabilität ist allerdings
Abteilung
vom Stillen abzuraten [56]. Ebenfalls pro-
achten.
blematisch ist der Übertritt von Nikotin in
Zervixlänge und Fetometrie. Frühgeburts-
die Muttermilch. Konsumiert die Stillende
bestrebungen können durch regelmäßige
Für die Pädiatrie sind neben der aktuellen
Messungen der sonografischen Zervix-
Substitution der Schwangeren Informa-
mehr als 5–8 Zigaretten pro Tag, sind be-
länge rechtzeitig erkannt werden. Dies er-
tionen über bestehenden Beikonsum und
wusste Rauchpausen vor dem nächsten
scheint wegen der unter Opioideinnahme
das Prozedere für den Verbleib des Neu-
Anlegen nicht durchführbar und es muss
eingeschränkt interpretierbaren Schmerz-
geborenen wichtig.
mit vermehrter Unruhe, Koliken und Gedeihstörungen des Neugeborenen gerech-
empfindung der Patientinnen auch im
net werden [57].
Hinblick auf vorzeitige Wehentätigkeit
Das gynäkologische Aufklärungsgespräch
von Bedeutung. Um eine in bis zu 30 %
mit der Patientin über Geburt, Stillen und
auftretende intrauterine Wachstums-
das neonatale Entzugssyndrom trägt ent-
restriktion (IUGR) mit konsekutiv ernied-
scheidend dazu bei, spätere Konfliktsitua-
Thema Hepatitis-C‑Infektion der Mutter
rigtem Geburtsgewicht rechtzeitig zu
tionen zu vermeiden:
und Stillen: eine Arbeit von Laufs et al.
diagnostizieren, sollten fetometrische
Weiter kontrovers diskutiert wird das
und die zweite ergänzende Empfehlung
Verlaufskontrollen alle 2 –3 Wochen erfol-
Geburtsmodus und Analgesie. So führen
der Nationalen Stillkommission von 2008
gen, bei nachgewiesener IUGR in Kombi-
kontroverse Empfehlungen hinsichtlich
geben an, dass bislang kein Fall einer He-
nation mit der Doppler-Sonografie
des Entbindungsmodus bei Hepatitis-
patitis-C‑Infektion durch Stillen nach-
[41, 42].
C‑Positivität immer wieder zu Verunsi-
gewiesen wurde [58, 59]. Die Schwangere
cherung. Der betreuende Frauenarzt sollte
muss aber darüber aufgeklärt werden,
Tabak und Alkohol. In den Vorsorgen re-
der Schwangeren aufzeigen, dass die
dass z. B. bei blutenden Brustwarzen und
gelmäßig thematisiert werden sollte der
Datenlage auch bei hoher mütterlicher
hoher mütterlicher Viruslast über
häufige Konsum von Alkohol und Tabak
Viruslast keinen eindeutigen Vorteil für
600 000 IU/ml ein theoretisches Restrisiko
bei Drogenkonsumentinnen: Zwar ist den
die primäre Sectio zur Vermeidung der
für eine Infektion des Säuglings besteht.
meisten rauchenden Schwangeren die ge-
maternofetalen Transmission ergibt [46].
Eine ausführliche Stillberatung und Anlei-
sundheitsschädliche Wirkung von Nikotin
Ein weiteres Problem stellt die Unterthe-
tung im Wochenbett durch die betreuende
für den eigenen Körper und für die fetale
rapie von Schmerzen bei opiatabhängigen
Hebamme ist hier von besonderer Wich-
Entwicklung bekannt, jedoch nicht, dass
Patienten dar, dies betrifft auch die sub-
tigkeit.
das neonatale Opioid-Entzugssyndrom
und postpartal benötigte Analgesie: Da
durch Nikotin weiter verstärkt wird
der Schmerzmittelbedarf durch eine Hy-
NAS. Das in 75 –90 % Häufigkeit auftreten-
[43, 44]. Ein Alkoholabusus erhöht nicht
peralgesie der betroffenen Patientin höher
de neonatale Entzugssyndrom (NAS) ist
nur die Gefahr der fetalen Wachstums-
sein kann, ist eine Regionalanästhesie das
für das betroffene Kind, die Mutter und
restriktion und Mikrozephalie, sondern
Mittel der Wahl für die vaginale Geburt.
das Klinikpersonal äußerst belastend. Da
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Bei bis zu 10% Hepatitis-B-, bis zu 80%
91
Forum
substituierte Frauen oftmals unrealisti-
diesen Patientinnen [63 –65]. Die gynäko-
und schwankende Opiatspiegel [69]. Ein
sche Vorstellungen bezüglich der Vorher-
logisch-geburtshilfliche Betreuung der
Abdosieren von Substitutionsmedika-
sagbarkeit des kindlichen Entzuges haben,
substanzkonsumierenden Schwangeren
menten oder die Neueinstellung mit Bu-
muss der Gynäkologe im Vorfeld ausführ-
stellt durch das erhöhte fetomaternale
prenorphin bei Schwangeren wird deshalb
liche Aufklärungsarbeit, möglichst in
Risiko eine besondere Herausforderung an
von einzelnen Autoren mit der Begrün-
Zusammenarbeit mit den pädiatrischen
Professionalität und Interdisziplinarität,
dung eines erhöhten maternalen Beikon-
Kollegen, leisten.
aber auch an die ärztliche Empathie dar.
sumrisikos und der Begünstigung eines
intrauterinen Abstinenzsyndroms abgelehnt [70].
Die Ausprägung des neonatalen Entzugssyndroms korreliert nicht immer mit der
Engmaschige Vorsorge
Einnahmedauer und ‑dosis des verwen-
Eine individuelle, sorgfältige Einschätzung
deten Präparates. Durch die unterschied-
Reduktion des Beigebrauchs. Eine von
der Stabilität der Schwangeren durch den
lich langen Halbwertszeiten der Substitute
Welle-Strand und Mitarbeitern ausgewer-
Substitutionsarzt sowie ein enger Infor-
treten die kindlichen Symptome zu unter-
tete norwegische Kohortenstudie zeigte
mationsaustausch mit dem betreuenden
schiedlichen Zeiten auf und halten unter-
die positive Bedeutung der engmaschigen
Gynäkologen sind wichtige Grundvoraus-
schiedlich lange an [60]. Für das Ausmaß
Schwangerenvorsorge auch im Hinblick
setzungen zur Beratung der Schwangeren.
der kindlichen Symptome können der zu-
auf die Reduktion des Beigebrauchs von
sätzliche Nikotinentzug und individuelle
Alkohol, anderer illegaler Drogen und
interferierende Parameter wie Kinds-
Tabak [66]. Da ca. 95 –98% aller Drogen-
gewicht, Reife des Neugeborenen oder
abhängigen rauchen, ist die Motivation
auch die aktuell diskutierten Gen-Poly-
der Schwangeren zur Konsumreduktion
Weiterhin hochproblematisch sind dieje-
morphismen eine nicht zu unterschätzen-
eine wichtige ärztliche Aufgabe. Holbrook
nigen Schwangeren, die sich dem Hilfe-
de Rolle spielen [61, 62]. Für das betreu-
und Kaltenbach konnten durch ein Tabak-
system entziehen und die Vorsorgeter-
ende Klinikpersonal ist zu berücksich-
entwöhnungsprogramm bei methadon-
mine beim Gynäkologen nur sporadisch
tigen, dass die Mutter die Zeit des kind-
substituierten Schwangeren eine Reduk-
wahrnehmen [7]. Die ärztliche Begleitung
lichen Entzuges oftmals als krisenhafte
tion der täglich gerauchten Zigaretten auf
dieser Schwangeren beinhaltet auch, die
Zuspitzung ihres Versagens erlebt, sodass
knapp die Hälfte des bisherigen Konsums
von den Patientinnen oft erlebte Stigma-
eine enge Kommunikation mit ihr und
erreichen [67]. Die Vermutung, dass dro-
tisierung und ablehnendes Verhalten zu
dem Hilfesystem wichtig ist und der Bin-
genkonsumierende Schwangere für eine
vermeiden. Eine eingeschränkte Compli-
dungsaufbau zum Kind intensiv unter-
Tabakreduktion nicht motiviert oder
ance darf nicht zum „Aufgeben“ der
stützt werden muss. Hier kann das Stillen
überfordert seien, muss somit auch von
Patientin durch den Gynäkologen führen
durch den engen Mutter-Kind-Kontakt ein
gynäkologischer Seite hinterfragt werden.
[71, 72].
Neben der physischen Abhängigkeit von
Die gynäkologisch-geburtshilfliche Be-
suchterzeugenden Substanzen gibt es ge-
treuung drogenkonsumierender Schwan-
Kontrazeptionsberatung. Unabhängig
rade bei betroffenen Schwangeren Hin-
gerer bleibt eine komplexe Aufgabe. Ne-
davon, ob das Neugeborene bei der Mutter
weise, dass psychische Parameter wie
ben der medizinischen Vorsorge sind wir
verbleiben kann oder nicht, sollte die gy-
Selbstwertgefühl, Depressionen und
angehalten, die Mutter in ihrer Verant-
näkologisch-geburtshilfliche Betreuung
Ängste eine wichtige Rolle in der Abusus-
wortung zu fördern, aber auch zu fordern:
der Patientin nicht ohne verlässliche
situation spielen [68]. Ein besseres Ver-
Drogenabusus in der Schwangerschaft ist
Absprachen hinsichtlich der zukünftig
ständnis für diese Interaktionen wird
nicht mehr individuelles, sondern nun
durchzuführenden Kontrazeption enden.
dringend benötigt, da gerade die Hoch-
maternales Verhalten.
Non-Compliance-Problematik
wertvoller psychologischer Faktor für die
Wöchnerin sein.
risikogruppe von schwerabhängigen
Schwangeren trotz Substitution häufig
einen Beigebrauch von anderen illegalen
Diskussion
Drogen aufweist: Delano et al. konnte im
Fazit für die Praxis
Mekonium Neugeborener nachweisen,
Ein Großteil der drogenabhängigen Frauen
dass ca. 1 Drittel der mit Methadon sub-
Eine enge Zusammenarbeit zwischen
befindet sich im reproduktiven Alter.
stituierten Mütter noch mindestens ein
Suchthilfesystem, betreuendem Gynäko-
Fehlendes kontrazeptives Bewusstsein
weiteres Opioid beikonsumiert hatten.
logen, geburtshilflicher Klinik, Neonato-
und riskantes sexuelles Verhalten sind die
Dies bedeutet für die Schwangerenvorsor-
logie und Kinderschutzstellen ist eine
Hauptursachen für ungeplante Schwan-
ge eine Risikoerhöhung für den Feten
wichtige Grundvoraussetzung für die
gerschaften und maternale Infektionen bei
durch die potenzierte Drogenexposition
Betreuung der Schwangeren und Kinder.
Frauenheilkunde up2date 2
⎢ 2015
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92
Schwangerenbetreuung bei Drogenkonsum
7 Calvin C, Moriarty H. A special type of ‘hard-to-
19 Jones HE, Finnegan LP, Kaltenbach K. Methadone
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und mütterliche Risiken wie Infektionserkrankungen und Beikonsum unter Substitution erfordern eine engmaschige
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schwangerschaften.
same as treating pregnancy and opioid depen-
with methadone, buprenorphine, cocaine, and
dence: a knowledge synthesis for better treat-
HIV medications: implications for pregnant
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Factors: A Model for Service Provision for Preg-
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von Patienten mit Opioidabhängigkeit. Z Ge-
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burtsh Neonatol 2013; 15: 190 –201
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Korrespondenzadresse
nicemedia/live/13167/50861/50861.pdf; Stand:
methadone and buprenorphine: a review of the
Dr. Georgine Huber
10.03.2015
potential effects on cognitive development. Child
Klinik für Geburtshilfe und Frauenheilkunde
der Universität Regensburg
Krankenhaus St. Hedwig
Steinmetzstraße 1 –3
93049 Regensburg
E-Mail: georgine.huber@
barmherzige-regensburg.de
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