Aus der Klinik für Chirurgie der Universität zu Lübeck Direktor: Prof. Dr. med. H.-P. Bruch _________________________________________________________________ Vergleich von Radiofrequenzablation und elektrochemischer Lyse in einem Modell der isolierten und perfundierten porcinen Leber Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Universität zu Lübeck – Aus der Sektion Medizin – vorgelegt von Stephan Löffler aus Ostercappeln Lübeck 2011 1. Berichterstatter: Priv.-Doz. Dr. med. Ralf Czymek 2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Dr. h.c. (BSMU) Karl-Friedrich Klotz Tag der mündlichen Prüfung: 01.02.2012 Zum Druck genehmigt. Lübeck, den 01.02.2012 Promotionskommission der Sektion Medizin Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................... 5 Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ 6 1. Einleitung .......................................................................................................... 7 1.1 Lebermalignitäten: Ätiologie und Therapieoptionen ...................................... 7 1.2 Radiofrequenzablation .................................................................................. 9 1.3 Elektrochemische Lyse ............................................................................... 12 1.4 Zielsetzung ................................................................................................. 14 2. Material und Methodik: .................................................................................. 15 2.1 Organgewinnung ........................................................................................ 15 2.2 Perfusionssystem ....................................................................................... 16 2.3 Radiofrequenzablation ................................................................................ 20 2.4 Elektrochemische Lyse ............................................................................... 23 2.5 Makroskopische Begutachtung und histologische Aufarbeitung ................. 25 2.5.1 RFA ...................................................................................................... 25 2.5.2 ECL ...................................................................................................... 26 2.6 Statistik ....................................................................................................... 27 3. Ergebnisse: ..................................................................................................... 28 3.1 Ergebnisse zur RFA-Anwendung ................................................................ 28 3.1.1 Organe und Versuchsdurchführung ..................................................... 28 3.1.2 Allgemeine Beschreibung der RFA-Nekrose ........................................ 29 3.1.3 Makroskopische und histologische Evaluation perivaskulärer RFA ..... 31 3.1.4 Einfluss von Gefäßen auf Ablationen mittels RFA ................................ 34 3.2 Ergebnisse zur ECL-Anwendung ................................................................ 37 3.2.1 Organe und Versuchsdurchführung ..................................................... 37 3.2.2. Allgemeine Beschreibung der ECL-Nekrose ....................................... 37 3.2.3 Makroskopische und histologische Evaluation perivaskulärer ECL ...... 41 3.2.4 Einfluss von Gefäßen auf Ablationen mittels ECL ................................ 43 4. Diskussion ...................................................................................................... 45 4.1 Therapieoptionen primärer und sekundärer Lebermalignitäten .................. 45 4.1 Radiofrequenzablation ................................................................................ 47 4.2 Elektrochemische Lyse ............................................................................... 50 4.3 Bewertung beider Verfahren und Ausblick .................................................. 53 4.4 Versuchsdurchführung und Kritik am eigenen Vorgehen ............................ 56 5. Zusammenfassung ......................................................................................... 59 6. Literaturverzeichnis ....................................................................................... 60 7. Danksagungen................................................................................................ 71 8. Lebenslauf ...................................................................................................... 72 9. Veröffentlichungen der Arbeitsergebnisse .................................................. 73 Abkürzungsverzeichnis 5-JÜR A. A °C C CC cm ECL ECT ECU et al. g HCC I I.E. mA mg min ml mmHgn.s. PD Q r RF- RFA s t V. V W - 5-Jahres-Überlebensrate Arteria Ampere Grad Celsius Coulomb Cholangiokarzinom Zentimeter Elektrochemische Lyse Electro Chemical Treatment = ECL Electro Chemical Unit und weitere Gramm hepatozelluläres Karzinom Stromstärke in Ampere / Milli-Ampere Internationale Einheiten Milli-Ampere Milligramm Minute Milliliter Millimeter Quecksilbersäule nicht signifikant Privatdozent Ladung, Produkt aus Stromstärke x Zeit Radius RadiofrequenzRadiofrequenzablation Sekunde Zeit Vena Volt Watt Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Star Burst Talon Array-Elektroden ……………………………………………..10 Abbildung 2: Skizze Wirkungsprinzip ECL .......................................................................13 Abbildung 3: Organpaket bei Übergabe im Schlachthof ...................................................15 Abbildung 4: Konnektion des Organs im Perfusionssystem .............................................17 Abbildung 5: Schematischer Aufbau der Perfusionssystems............................................18 Abbildung 6: Aufbau des Perfusionssystems. ..................................................................19 Abbildung 7: Hochfrequenz-Generatormodell 1500X ……………………………...………..20 Abbildung 8: Versuchsaufbau während RFA ....................................................................21 Abbildung 9: Niederspannungsgerät ECU 300 der Firma Söring .....................................23 Abbildung 10: Versuchsaufbau bei ECL. ..........................................................................24 Abbildung 11: Zuschnittschema der perivaskulären RFA-Läsionen..................................25 Abbildung 12: Messung des pH-Werts .............................................................................26 Abbildung 13: Makroskopisches Bild nach RFA Stufe 5 ...................................................30 Abbildung 14: Nicht abladiertes Lebergewebe mit intakter Gefäßwand. ...........................30 Abbildung 15: Lebergewebe nach RFA ............................................................................30 Abbildung 16: Makroskopisches Bild nach RFA Stufe 3 ...................................................32 Abbildung 17: Histologisches Korrelat des in Abb. 14 dargestellten Ablationsareals. .......33 Abbildung 18: Kühlungseffekt ..........................................................................................35 Abbildung 19: RFA-Generator bei Durchführung einer Ablation .......................................36 Abbildung 20: ECL-Nekrose nach Durchführung der Ablation ..........................................38 Abbildung 21: Histologisches Bild des Übergangbereichs ................................................39 Abbildung 22: Gegenüberstellung der Nekrosevolumina ..................................................40 Abbildung 23: Makroskopisches Bild nach Ablation mittels ECL ......................................41 Abbildung 24: Intakte Gefäßwand vor ECL ......................................................................42 Abbildung 25: Destruierte Gefäßwand nach ECL .............................................................42 Abbildung 26: Histologie des Übergangs von Kolliquationsnekrose zu intaktem Gewebe 43 Abbildung 27: pH-Messung im Bereich der Anode. ..........................................................44 Abbildung 28: pH-Messung im Bereich der Kathode. .......................................................44 _________________________________________________________Einleitung 1. Einleitung 1.1 Lebermalignitäten: Ätiologie und Therapieoptionen Die Leber ist das häufigste Zielorgan für Karzinom-Metastasen [7, 57]. Dabei stellt das kolorektale Karzinom (51 % aller Lebermetastasen) gefolgt von Malignomen des Pankreas und der Mamma (jeweils 13 % aller Lebermetastasen) den häufigsten Primarius dar [91]. Es wird davon ausgegangen, dass bis zu 50 % aller Patienten, die an einem Karzinom erkranken, im Krankheitsverlauf Lebermetastasen ausbilden [7, 14, 57]. Beim kolorektalen Karzinom sind es bis zu 70 % aller Patienten [1, 18, 63]. Weltweit bildet das hepatozelluläre Karzinom (HCC) mit einer Inzidenz von ungefähr 1 Million Neuerkrankungen pro Jahr die häufigste primäre Lebermalignität ab [30]. Ungefähr 90 % aller primären bösartigen Lebertumoren gehen auf das HCC zurück [10]. Aufgrund der hohen Hepatitis B-Inzidenz in Afrika und Asien gelten diese Regionen als Hochinzidenzgebiete für das hepatozelluläre Karzinom [35]. Doch auch in den westlichen Ländern wird in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme dieser Erkrankung registriert. Als Grund dafür wird die steigende Inzidenz von Hepatitis C-Infektionen angegeben [85]. Neben der Hepatitis B und – C-Infektion stellt die äthyltoxische Leberzirrhose einen wichtigen Risikofaktor für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms dar. Weitere Risikofaktoren sind Adipositas, Hämochromatose, Nikotinabusus, Einnahme von oralen Antikonzeptiva über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren und die Exposition gegenüber Aflatoxinen [8]. Das Cholangiokarzinom (CC) stellt die zweithäufigste primäre hepatische Malignität dar und ist mit ungefähr 10 % aller malignen Lebertumoren deutlich seltener als das HCC. Die Inzidenz wird mit 0,6 (Frauen) bzw. 0,8 (Männer) Neuerkrankungen auf 100.000 Einwohner angegeben [37]. Zu den Risikofaktoren für die Entstehung eines Cholangiokarzinoms gehören die primär sklerosierende Cholangitis, Colitis ulcerosa, Choledochuszysten, chronische Salmonellose und lang bestehende Gallengangssteine [83]. In der Therapie der genannten primären und sekundären Lebermalignitäten stellt die chirurgische Resektion derzeit den Goldstandard dar [30, 75]. Die 5-JahresÜberlebensrate nach einem solchen Eingriff wird mit 16 – 40 % angegeben [24, ______________________________________________________________ 7 _________________________________________________________Einleitung 38, 64, 84]. Für eine adjuvante Chemotherapie mit Oxaliplatin und Irinotecan konnte eine Verlängerung des Langzeitüberlebens von Patienten bei hepatisch metastasiertem kolorektalem Karzinom im Vergleich zur alleinigen Resektion belegt werden [41]. Ob eine neoadjuvante Chemotherapie bei Patienten mit resektablen Lebermetastasen kolorektaler Karzinome durchgeführt werden sollte, wird derzeit noch kontrovers diskutiert [76]. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind jedoch lediglich 10 – 40 % der Patienten durch eine Leberresektion potenziell kurativ therapierbar [24, 38, 64 84]. Gründe hierfür sind Größe, Lokalisation und Anzahl der Tumoren sowie eine schlechte Leberfunktion oder ein schlechter Allgemeinzustand der Patienten [73]. Bei fehlender chirurgischer Resektabilität sind andere interventionelle Verfahren als Therapieoption zu prüfen. Während die chirurgische Resektion für Metastasen, HCC ohne Zirrhose und CC die Methode der Wahl ist, stellt die Lebertransplantation eine geeignete Therapieform des HCC in Zirrhose dar [37]. Unter Einhaltung der sogenannten Milano-Kriterien (solitäres HCC < 5 cm, maximal 3 HCC-Herde bis jeweils 3 cm) werden für die Lebertransplantation beim HCC in Zirrhose 5-Jahres- Überlebensraten von bis zu 75 % angegeben [48]. Um therapeutische Alternativen bei Inoperabilität zu erhalten, sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten verschiedene Verfahren entwickelt worden, die über unterschiedliche Wirkprinzipien eine Destruktion des Tumorgewebes erzielen sollen. Nach ihrem zytotoxischen Wirkprinzip lassen sich die Therapieformen in thermische (Radiofrequenzablation, Laserinduzierte Thermotherapie, fokussierter Ultraschall, Kryotherapie), Brachytherapie), radiogene mechanisch-chemische Chemoembolisation) und (selektive innere Radiotherapie, (Ethanolinjektion, transarterielle elektrochemische (elektrochemische Lyse) Therapieverfahren unterteilen. Diese Therapieansätze können sowohl untereinander als auch mit Leberresektion sowie Chemotherapie synchron oder metachron kombiniert werden [65, 88]. ______________________________________________________________ 8 _________________________________________________________Einleitung 1.2 Radiofrequenzablation Von den genannten Verfahren hat die Radiofrequenzablation besonders in Deutschland, Europa und den USA zunehmend an Bedeutung gewonnen [46]. Bereits 1891 beschrieb D’Arsonval die Wärmeinduktion durch Radiofrequenzströme in biologischem Gewebe [16]. 1911 berichtete Clark von elektrischen Behandlungen an Patientinnen mit Mamma- und Hautkarzinomen [11]. Cushing und Bovie wendeten 1928 ein Radiofrequenzverfahren erstmals bei der Behandlung eines Hirntumors an [15]. Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts entwickelten zwei Arbeitsgruppen Systeme zur perkutanen Induktion von Koagulationsnekrosen in Lebergewebe [50, 71]. Das Prinzip der RFA beruht auf der Wechselwirkung hochfrequenter Stromfelder (375 – 500 kHz) mit dem Zielgewebe [87]. Ionen und Zellproteine werden dadurch in Schwingungen versetzt, wodurch es im Anwendungsgebiet aufgrund der großen Reibung zu einem starken Temperaturanstieg auf bis zu 100 °C kommt. Die Ionenagitation und die Erhitzung des Gewebes führen zum Zerreißen der Zellmembranen und zur Proteindenaturierung und erzeugen dadurch eine Koagulationsnekrose [22, 29]. Dem Anwender bieten sich zwei Möglichkeiten, den Ablationserfolg noch während der Behandlung abzuschätzen. Impedanzgesteuerte Systeme registrieren während der Ablation die Gewebeleitfähigkeit im Zielgewebe und erlauben es dadurch, den Ablationsfortschritt zu evaluieren. Temperaturgesteuerte Systeme hingegen messen während der Ablation stetig die Temperatur im Zielgewebe und bieten dem Anwender auf diese Weise eine Kontrolle über den Fortschritt der Ablation. Grundsätzlich lassen sich monopolare und bipolare Systeme voneinander unterscheiden. Während bei den bipolaren Systemen der Strom zwischen nichtisolierten Elektrodenabschnitten fließt, bilden bei den monopolaren Systemen die aktive RFA-Elektrode und bis zu vier auf den Körper aufgeklebte Neutralelektroden einen geschlossenen Stromkreis. Das körpereigene Gewebe stellt dabei einen elektrischen Widerstand dar. Die RFA kann sowohl laparoskopisch, offen chirurgisch als auch perkutan angewendet werden. Unabhängig vom gewählten System werden die RFA-Elektroden gestützt durch CT, MRT oder Ultraschall mittig in der malignen Veränderung positioniert. Durch ______________________________________________________________ 9 _________________________________________________________Einleitung die punktförmige spezielle Elektrode ist die Spannungs- und Stromdichte um die platzierte Sonde am größten. Es lässt sich im Zielgebiet eine hohe Energie konzentrieren mit den genannten Effekten der Ionenagitation und Reibungswärme [27]. Gewebetemperaturen über 100°C führen allerdings zu Karbonisation (Brandschorfbildung), zu Gasbildung sowie einem starken Abfall der elektrischen Leitfähigkeit und vermindern dadurch die Größe des abladierten Volumens [27]. Um diese Phänomene zu umgehen, wurden verschiedene Konzepte entwickelt, zu denen der Einsatz von Multiapplikatorsystemen, das Einbringen von Salzlösung in das Gewebe und die Nadelkühlung gehören [67]. Bei den Multiapplikatoren handelt es sich um Hohlnadeln, über die nach erfolgreicher Positionierung im Tumorgewebe ein Elektrodenschirm ausgefahren wird (Abbildung 1). Stufe 5 Stufe 3 Abbildung 1: Star Burst Talon Array-Elektroden mit unterschiedlich weit ausgefahrenem Elektrodenschirm. Die linke Elektrode ist mit einem Durchmesser von 4,7 cm vollständig ausgefahren (Stufe 5), die rechte Elektrode ist halb ausgefahren und hat einen Durchmesser von 2,7 cm (Stufe 3). ______________________________________________________________ 10 _________________________________________________________Einleitung Durch die Anordnung der Elektroden in Form eines Fächers addieren sich die Läsionen um jede einzelne Elektrode zu einem großen Ablationsvolumen. Während zu Beginn der RFA-Entwicklung der Durchmesser der Koagulationsnekrose bei Einsatz einer Einzelelektrode in Versuchsreihen ex vivo noch maximal 16 mm betrug, können mit den multipolaren Schirmelektroden Nekrosen mit einem Durchmesser von bis zu 50 mm erzielt werden [67]. Vorteil der Multiapplikatoren ist, dass der Elektrodenschirm unterschiedlich weit ausgefahren werden kann und somit die Möglichkeit einer individuellen Ablation verschiedener Tumorgrößen gegeben ist. Ein weiterer Ansatz zur Vergrößerung des Ablationsvolumens ist die Instillation von Salzlösung in das Zielgewebe. Aufgrund der höheren elektrischen Leitfähigkeit von Salzlösung im Vergleich zu Blut und Körpergewebe kann durch eine permanente Perfusion des Tumors mit Kochsalz eine größere Nekrose erzeugt werden [51]. Der Nachteil dieser Methode ist allerdings die schlechte Steuerbarkeit der Verteilung der Salzlösung, wodurch die Form der Nekrose irregulär und unvorhersehbar wird [77]. Die Nadelkühlung ist eine dritte Möglichkeit das Ablationsvolumen zu vergrößern [40]. Dabei wird die RFA-Elektrode über einen innen liegenden Kanal mit kalter Flüssigkeit durchspült. Gewebsüberhitzung Es mit wird dadurch verhindert, konsekutiver dass Brandschorfbildung es zu einer an den Elektrodenspitzen (Karbonisation) und in Folge dessen zu einer Behinderung der Wärmeausbreitung in die Peripherie kommt [67]. Unabhängig vom verwendeten System ergeben sich allerdings Einschränkungen hinsichtlich des Ablationsergebnisses bei Ablationen in der Nähe großer Gefäße [20, 21]. Der durch den Blutstrom bedingte Kühlungseffekt des Gewebes („Heatsink-effect“) führt dazu, dass es zu einer Abnahme des Nekrosevolumens und bedingt durch das Überleben von Tumorzellen direkt an der Gefäßwand zur Ausbildung sogenannter „Vitalitätsschläuche“ kommen kann [5, 33, 45]. Eine Möglichkeit dieses Risiko zu verringern besteht in der Unterbindung der Leberperfusion (Pringle-Manöver) während der Ablation [79]. Letztlich ist die Effizienz der RFA an Gefäßen größeren Durchmessers nicht ausreichend geklärt. ______________________________________________________________ 11 _________________________________________________________Einleitung 1.3 Elektrochemische Lyse Neben der RFA zählt auch die bereits erwähnte elektrochemische Lyse (ECL) zu den interventionellen, nicht resezierenden Methoden in der Therapie maligner Leberveränderungen. Bereits 1908 berichteten Horsley und Clark über eine klinische Anwendung der Elektrolyse [34]. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde in verschiedenen Studien über Effekte der Elektrolyse an Mäusen, Ratten, Kaninchen, Schweinen sowie einer kleinen Anzahl von Patienten mit Lungentumoren berichtet [96]. Von 1978 bis 1982 behandelte der schwedische Radiologe Nordenström Patienten mit inoperablen Lungentumoren mittels Elektrolyse [59, 61, 62] und leistete mit seinen Arbeiten einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung der ECL. Nach einer experimentellen und klinischen Testphase zwischen 1987 und 1989 wurde die ECL in China als sicher beurteilt und die Anwendung des Verfahrens staatlich forciert [98], obgleich bis zum heutigen Datum valide Richtlinien bezüglich der elektrischen Parameter und der Elektrodenpositionierung fehlen [68]. Das Prinzip der ECL besteht in der Anlage eines Gleichstroms mit einer geringen Stromstärke unter 100 mA zwischen mindestens zwei in das Zielgewebe eingebrachten Elektroden, wodurch es zu einer pH-Wert-Verschiebung kommt, die zusammen mit der Bildung von Wasserstoff und Chlor letztendlich zu einem irreversiblen Zelluntergang führt [56, 62, 74]. Durch die Anlage des Gleichstroms entsteht ein elektrisches Feld zwischen den Elektroden, in dem Ionen in Abhängigkeit ihrer Polarität in Richtung Anode oder Kathode wandern [93]. Durch diese Bewegungen kommt es zur Aufspaltung interstitieller und zellulärer Moleküle. An der Anode entwickelt sich durch Hydrolyse ein saures Milieu, während die Umgebung der Kathode alkalisch wird (Abbildung 2) [4]. Folgende Reaktionen finden dabei an den Elektroden statt: Anode: 2 H2O ↔ O2 + 4 H+ + 4 e- [pH 1 – 2] 2 Cl- ↔ Cl2 + 2 eKathode: 2 H2O+ 2 e- ↔ H2 + 2 OH- [pH 10 – 12] ______________________________________________________________ 12 _________________________________________________________Einleitung Abbildung 2: Prinzipskizze ECL. An der Anode entsteht ein saures Milieu mit pH-Werten zwischen 1 und 3. Die Umgebung der Kathode präsentiert sich alkalisch mit pH- Werten zwischen 10 und 12 (Entnommen aus [81]). Induziert durch diese Reaktionen kommt es in der Umgebung der Elektroden zur Ausbildung kugelförmiger Nekrosen [93]. Die Größe der erzeugten Läsion hängt dabei von der applizierten Ladung ab [70], die als Produkt von Stromstärke und Zeit definiert ist. I. Elektrische Ladung (Coulomb) = Stromstärke (Ampere)* Zeit (Sekunden) II. Stromstärke (Ampere) = elektrische Leistung (Watt) / Spannung (Volt) Wenn man berücksichtigt, dass die Stromstärke bei der Anwendung am Menschen nicht willkürlich erhöht werden kann, wird aus der oben beschriebenen Definition deutlich, dass die applizierte Ladung und damit auch die Größe der erzeugten Läsionen hauptsächlich von der Zeit bzw. der Anwendungsdauer abhängt. In der Literatur wird über Ablationen mit einer Dauer von bis zu vier Stunden berichtet [93]. Gleichwohl konnte unter Studienbedingungen gezeigt werden, dass es sich bei der ECL um ein komplikationsarmes und zugleich effektives Verfahren zur Behandlung nicht resezierbarer Lebertumoren handelt [3, 92, 95, 96]. Aufgrund einer bis heute nicht ausreichenden Evidenz muss allerdings konstatiert werden, dass noch keine standardisierte Anwendung für die ECL existiert. ______________________________________________________________ 13 _________________________________________________________Einleitung 1.4 Zielsetzung Für die lokale Therapie maligner Leberläsionen haben sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten verschiedene Ablationsverfahren etabliert. Unter diesen hat die Radiofrequenzablation in der Literatur und klinischen Anwendung einen exponierten Stellenwert eingenommen. Gründe für diese Entwicklung sind die kurze Therapiedauer bei einfacher Durchführbarkeit und gleichzeitiger reproduzierbarer Nekrosegenerierung. Dennoch wird in den letzten Jahren immer häufiger diskutiert, ob in einem gut perfundierten Organ wie der Leber der kühlende Blutkreislauf zu einer Limitierung dieser Methode führen könnte. Insbesondere bei Anwendung in Gefäßnähe wird über unvollständige Ablationen mit potentiellen Tumorrezidiven spekuliert. Das Ziel dieser Arbeit war es, in einem ex-vivo-Perfusionsmodell der Leber perivaskuläre Radiofrequenzablationen durchzuführen und diese makroskopisch und histologisch zu evaluieren. Diese Analyse sollte einer Einschätzung der Nekroseausbildung und der Darstellung des zu erwartenden Kühlungseffektes intrahepatischer Gefäße dienen. Dem thermischen Verfahren RFA wurde mit der elektrochemischen Lyse eine nicht temperaturabhängige Methode gegenübergestellt. Die elektrochemische Lyse stellt in China eine nicht selten eingesetzte Methode in der lokalen Therapie von malignen Raumforderungen dar, während sie in Europa und den USA keine routinemäßige Anwendung erfährt. Ein potentieller Vorteil der ECL gegenüber der RFA könnte in der Durchführung perivaskulärer Ablationen liegen, da sie als nichtthermisches Verfahren möglicherweise keinem Kühlungseffekt unterliegt. Diese These galt es, mit dieser Arbeit näher zu untersuchen. Als erste Frage wurde formuliert, wie sich die mittels RFA und ECL erzeugten Läsionen post ablationem makroskopisch und histologisch darstellen. Desweiteren sollte die Frage beantwortet werden, ob in der perivaskulären Ablationszone postinterventionell vitale Hepatozyten zu finden sind und welche Effekte die beiden Verfahren auf die Gefäßwände ausüben. Abschließend sollte untersucht werden, ob die Anwesenheit von Lebergefäßen im Bereich des Ablationsareals die für die Destruktion von Lebergewebe verantwortlichen Wirkmechanismen der RFA und der ECL beeinflusst. ______________________________________________________________ 14 ________________________________________________Material und Methodik 2. Material und Methodik: 2.1 Organgewinnung Zur Durchführung der Versuche wurden Lebern von Hausschweinen verwendet, die von einem nahegelegenen Schlachthof (Bad Oldesloe) bezogen wurden. Direkt nach der Schlachtung und der gesetzlich vorgeschriebenen Fleischbeschau wurden die Lebern übergeben. Es handelte sich dabei um komplette Organpakete bestehend aus Zunge, Trachea, Lunge, Herz, Zwerchfell und Leber (Abbildung 3). Abbildung 3: Organpaket bei Übergabe im Schlachthof. Rechts Zunge mit Schlundmuskulatur, links Lunge, die das Herz teilweise verdeckt. Zwischen der Zunge und der Lunge ist die Leber mitsamt Gallenblase zu erkennen. Leber und Gallenblase galt es unter Erhalt der V. cava im Schlachthof frei zu präparieren. ______________________________________________________________ 15 ________________________________________________Material und Methodik Das Zeitintervall zwischen Schlachtung und Übergabe lag zwischen drei und zehn Minuten. Temperaturmessungen ergaben Organtemperaturen zwischen 37,6 °C und 39,0 °C. Die durchschnittliche Temperatur lag bei 38,2 °C. Es folgte die Präparation der Leber unter Erhalt der anhängenden V. cava. Anschließend wurden zwei Infusionssysteme mit der V. portae hepatis und der A. hepatica propria verbunden, sodass hierüber eine Perfusion mit sieben bis zehn Litern gekühlter, heparinisierter, isotonischer Elektrolytlösung (Ringerlösung, 12°C, 2.000 I.E. Heparin / Liter Elektrolytlösung) per Schwerkraft erfolgen konnte. Die Perfusion diente der Ausspülung von Blutbestandteilen zur Prävention von Thromben im Lebergewebe. Eine Aufhellung der Leber, sowie der Austritt klarer Perfusionslösung aus dem Organ wurden als Zeichen für eine suffiziente Spülung gewertet. Nach Abschluss der Perfusion und Überführung der Leber in eine mit isotoner Elektrolytlösung gefüllten Plastiktüte erfolgte der Transport in die Universität zu Lübeck in einer mit „Crusheis“ gefüllten Styroporbox. Auf diese Weise wurden insgesamt 27 Lebern mit einem Durchschnittsgewicht von 1974 ± 550 g (1216 g – 2544 g) gewonnen. 2.2 Perfusionssystem Nach der Organgewinnung und dem Transport in die Universität zu Lübeck erfolgte hier die Implementierung der Leber in ein Perfusionssystem, das in seinen Grundzügen dem von Herrn PD Dr. Lubienski in Heidelberg entwickelten Modell zur Perfusion von Rinderlebern entstammt [47] und für die Versuche mit Schweinelebern entsprechend adaptiert und modifiziert wurde. Die Leber wurde für die Durchführung der Versuche in einer Plexiglaswanne in 10 Litern aufgewärmter, heparinisierter, isotoner Elektrolytlösung (Ringerlösung, 38°C, 5.000 I.E. Heparin) aufbewahrt (Abbildung 4). Ein Dialysegerät (Hospal Dasco BSM-22SC, Medolla, Italien) diente der arteriellen Perfusion (110 – 130 mmHg) über die A. hepatica propria. Die venöse Perfusion (5 – 15 mmHg) erfolgte mittels Zahnradpumpe (ISMATEC ISM 405A, Glattbrugg, Schweiz) über die V. portae hepatis. ______________________________________________________________ 16 ________________________________________________Material und Methodik Abbildung 4: Konnektion des Organs im Perfusionssystem. Am oberen rechten Rand der Plexiglaswanne sind die Manometer zur Überwachung des portalvenösen und arteriellen Drucks angebracht. Der arterielle sowie der portalvenöse Kreislauf unterlagen kontinuierlichen manometrischen Druckkontrollen, sodass die Zieldruckbereiche durch individuelle Pumpeneinstellungen für alle Versuchsdurchführungen jederzeit eingehalten werden konnten. Die Perfusatlösung wurde für beide Kreisläufe durch die entsprechenden Pumpen der Plexiglaswanne entnommen. Den Pumpen war ein Umwälzthermostat (Haake, Typ 001-4202/ 001-7992, Berlin, Deutschland) vorgeschaltet, welches auf 42 °C eingestellt wurde, um in Organen und Plexiglaswanne eine Perfusattemperatur von 38 °C zu erreichen. Durch einen Oxygenationsfilter (Maquet, Jostra Quadrox Safeline®, Hirrlingen, Deutschland) wurde die Perfusatlösung mit Sauerstoff (2 Liter O2/min) angereichert und über zwei Abflüsse dem portalvenösen und dem arteriellen Schenkel zugeführt. Eine Übersicht über den Versuchsaufbau geben Abbildung 5 und Abbildung 6. ______________________________________________________________ 17 ________________________________________________Material und Methodik Abbildung 5: Schematischer Aufbau des Perfusionssystems. Das Perfusat verlässt die Plexiglaswanne über das Schlauchsystem und wird im Wärmebecken auf 42 °C erhitzt, bevor es sich in einen portalvenösen und einen arteriellen Schenkel aufteilt. Der portalvenöse Schenkel wird der Zahnradpumpe zugeführt und erreicht über die V. portae die Leber. Der arterielle Schenkel durchfließt einen Oxygenator bevor er die Dialysemaschine erreicht, welche mit der A. hepatica propria verbunden ist. Der Perfusionsdruck beider Schenkel wird über Manometer kontrolliert. ______________________________________________________________ 18 ________________________________________________Material und Methodik Abbildung 6: Aufbau der Perfusionssystems mit Dialysegerät (arterieller Schenkel), Umwälzthermostat, Zahnradpumpe (portalvenöser Schenkel) und Plexiglaswanne mitsamt konnektierter Schweineleber (von links nach rechts). ______________________________________________________________ 19 ________________________________________________Material und Methodik 2.3 Radiofrequenzablation Für die perivaskulären Radiofrequenzsystem Ablationen (Firma RITA, mittels RFA kam Medical Systems, ein monopolares Manchester, USA) bestehend aus dem Hochfrequenz-Generatormodell 1500X und den zugehörigen Star Burst Talon Array-Elektroden zum Einsatz (Abbildung 7). Abbildung 7: Hochfrequenz-Generatormodell 1500X und die zugehörigen Star Burst Talon Array-Elektroden. Die monopolare Ablationsform macht die Errichtung eines geschlossenen Stromkreises zwischen RFA-Sonde, Zielgewebe und RFA-Generator zwingend erforderlich. In diesem Versuchsaufbau wurden die Schweinelebern dafür auf einem Metallgitter positioniert, das mit dem Hochfrequenzgenerator verbunden wurde (Abbildung 8). ______________________________________________________________ 20 ________________________________________________Material und Methodik Abbildung 8: Versuchsaufbau während RFA. Die Schweineleber liegt auf einem Metallgitter, das den Stromkreis schließt. Die perivaskulär platzierte RFA-Sonde wird durch einen Haltearm in Position gehalten. Die Einführung der RFA-Sonden in das Lebergewebe erfolgte ultraschallgestützt. Dabei wurden die RFA-Sondenspitzen in einem Abstand von 10 mm neben einem Lebergefäß (Durchmesser > 5 mm) positioniert. Nach korrekter Platzierung der RFA-Sonde wurde der Elektrodenschirm ausgefahren und die Ablation durchgeführt. Der Aufheizphase, in der die Elektroden die Zieltemperatur von 105 °C erreichten, schloss sich die Ablationsphase an, in der die erreichte Temperatur gehalten wurde. Die Ablationsphase war mit 10 Minuten fest eingestellt. Temperaturfühler in den Elektroden dienten dabei der Überwachung der einzelnen Elektrodentemperaturen. Nach den Ablationen wurde in allen Ansätzen eine Kauterisation des Einstichkanals, die sogenannte „Track Ablation“, mit 25 W über ______________________________________________________________ 21 ________________________________________________Material und Methodik eine Minute durchgeführt. Sie dient in der Praxis der Reduzierung von Nachblutungen und der Elimination von Tumorrestgewebe im Einstichkanal [42]. Es wurden zwei Versuchsreihen durchgeführt, in denen der Elektrodenschirm jeweils unterschiedlich weit ausgefahren wurde. In der ersten Versuchsreihe wurde der Elektrodenschirm auf Stufe 3 ausgefahren. Der Elektrodenschirm war dabei in einer Tiefe von 2,7 cm und einem Durchmesser von ebenfalls 2,7 cm aufgespannt. Laut Bedienungsanleitung des Herstellers wird diese Einstellung für die Erzeugung von Nekrosen mit einem Durchmesser von bis zu 3 cm empfohlen. In der zweiten Versuchsreihe wurde der Elektrodenschirm auf Stufe 5 ausgefahren. Vermessungen des Elektrodenschirms ergaben bei dieser Stufe eine Tiefe von 4,0 cm und einen Durchmesser von 4,7 cm. Der Hersteller empfiehlt diese Einstellung für die Erzeugung von Nekrosen mit einem Durchmesser von bis zu 5 cm. ______________________________________________________________ 22 ________________________________________________Material und Methodik 2.4 Elektrochemische Lyse Für die Ablationen mittels ECL wurden ein Niederspannungsgerät ECU (Electro Chemical Unit) 300 (Firma Söring GmbH Medizintechnik, Quickborn, Deutschland) und die zugehörigen Platinelektroden mit einem Durchmesser von 1 mm (Abbildung 9) verwendet. Abbildung 9: Niederspannungsgerät ECU 300 der Firma Söring. Das Steuergerät, das mit den Elektroden verbunden ist, dient der Polung der Elektroden. Insgesamt gibt es drei Ablationskanäle. Die Stromstärke betrug während der Ablationen 50 mA bei einer Spannung von 25 V. Insgesamt wurden 6 Versuchsreihen mit verschiedenen Ladungen (150 C, 300 C und 600 C) und jeweils einem Elektrodenabstand von 2 cm und 4 cm durchgeführt. Alle Versuchsreihen wurden im Zweier-Cluster (Verwendung von zwei Elektroden gegensätzlicher Polarität) durchgeführt. Die beiden Elektroden wurden ultraschallgestützt so positioniert, dass mittig zwischen ihnen ein portalvenöses Gefäß (Durchmesser > 5 mm) verlief. ______________________________________________________________ 23 ________________________________________________Material und Methodik Das Niederspannungsgerät ECU 300 verfügt über drei getrennt voneinander programmierbare Ablationskanäle, was die parallele Durchführung von bis zu drei Ablationen ermöglichte. Für die Fixierung der Elektroden wurde eine Schablone aus Plexiglas verwendet (Abbildung 10), die gewährleistete, dass die Elektroden während der gesamten Ablation ihre Position nicht veränderten. Abbildung 10: Versuchsaufbau bei ECL. Durchführung von zwei Ablationen zeitgleich. Der Elektrodenabstand beträgt für beide Ablationen 4 cm, die Elektroden werden mit Schablonen fixiert. ______________________________________________________________ 24 ________________________________________________Material und Methodik 2.5 Makroskopische Begutachtung und histologische Aufarbeitung 2.5.1 RFA Nach Ablauf der Ablationszeit und Durchführung der „Track Ablation“ wurden die gesetzten Läsionen entlang des Stichkanals eröffnet. Die Nekrosen wurden dabei mittig zerteilt, damit so die maximale Breite bestimmt werden konnte. Es schloss sich die Vermessung der durch die Nekrosezone ziehenden Lebergefäße an. Nach der makroskopischen Beschreibung einer jeden Läsion folgte eine Fixierung des Gewebes in Formalin (4,5 %-ige, gepufferte Formaldehyd-Lösung) für 48 Stunden. Danach wurden die Läsionen in Gewebestreifen der Maße 2 cm x 1 cm zugeschnitten. Der Zuschnitt erfolgte nach dem in Abbildung 11 dargestellten Schema. Buchstabenmarkierungen an den Zuschnittkassetten dienten der späteren Zuordnung. Die Gewebeblöcke wurden schließlich in Paraffin eingebettet, auf Objektträger zugeschnitten und mittels Hämatoxylin – Eosin – Färbung eingefärbt. Die histologische Auswertung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Institut für Pathologie der Universität zu Lübeck. Abbildung 11: Zuschnittschema der perivaskulären RFA-Läsionen zur weiteren histologischen Untersuchung. Die gesamte Ablationszone wird für die histologische Auswertung aufgearbeitet. ______________________________________________________________ 25 ________________________________________________Material und Methodik 2.5.2 ECL Nach Durchführung der ECL wurden die Läsionen analog zu dem Vorgehen nach RFA entlang der Einstichkanäle der ECL-Elektroden eröffnet. Es folgte die Vermessung und die makroskopische Beschreibung der Nekrosen. Das Volumen der zylindrisch imponierenden Nekrosen nach ECL wurde unter Anwendung der Formel V = π r2 x h (V = Volumen, r = Radius der Nekrose, h = Höhe der Nekrose) ermittelt. Messungen des pH-Werts (Orion 3-Star Plus Portable pH-Meter, Thermo Fisher Scientific, Waltham, USA) jeweils im Bereich der Kathode und Anode einer jeden Läsion sollten das Ausmaß der pH-Veränderungen ermitteln, die einen Großteil des destruierenden Effekts der ECL ausmachen (Abbildung 12). Perivaskuläre pH-Messungen innerhalb der Nekrosezonen sollten Aufschluss darüber geben, ob die ECL in ihrer Wirkung durch Gefäßverläufe beeinflusst und eventuell abgeschwächt wird. Nach 48-stündiger Fixierung in Formalin folgte entsprechend dem Vorgehen nach RFA der Zuschnitt auf Objektträger und die Färbung mit Hämatoxylin–Eosin. Auch diese Präparate wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Pathologie histologisch ausgewertet. Abbildung 12: Messung des pH-Werts im sauren Bereich der Anode nach Durchführung der ECL. ______________________________________________________________ 26 ________________________________________________Material und Methodik 2.6 Statistik Die statistische Auswertung umfasste die deskriptive Analyse der ermittelten Daten. Dabei kamen folgende Testverfahren zur Anwendung: Chi-Quadrat-Test für dichotome Messwerte, Mann-Whitney U-Test für unabhängige Messwerte und der Wilcoxon-Test für abhängige Messwerte. Aufgrund der relativ kleinen Versuchsreihen wurden die Messwerte als nicht normal verteilt angesehen. Es wurde dabei unter beidseitiger Testung ein Signifikanzniveau von α = 0,05 angenommen. Mittels linearer Regression wurden mögliche Korrelationen zweier Messwerte errechnet. Als Maß für die Stärke dieser Korrelation wurde der Pearson – Korrelationskoeffizient bestimmt. Zur statistischen Auswertung wurde das Statistikprogramm PASW 18 (Fa. SPSS, Cary, USA) genutzt. ______________________________________________________________ 27 ________________________________________________________Ergebnisse 3. Ergebnisse: 3.1 Ergebnisse zur RFA-Anwendung 3.1.1 Organe und Versuchsdurchführung Insgesamt wurden 59 Läsionen in 15 Schweinelebern mittels RFA gesetzt. Das mittlere Organgewicht betrug 2046 ± 707 g (1216 g – 2544 g). Postinterventionelle Gewichtskontrollen ergaben ein Durchschnittsgewicht von 2107 + 645 g (1230 g 2636 g). Diese Gewichtszunahme war nicht signifikant (p = 0,142). Eine intraexperimentelle Ödembildung konnte in der histologischen Untersuchung ausgeschlossen werden, was wir als indirekten Hinweis für die Validität des Versuchsaufbaus werten. Das durchschnittliche Zeitintervall zwischen Schlachtung und Reperfusion im Perfusionsmodell betrug transportbedingt 181 ± 82 Minuten (105 min – 360 min). Tabelle 1 zeigt die wichtigsten Eckdaten dieser Versuchsreihen im Überblick: Tabelle 1: Eckdaten zur Anwendung der RFA. Bei Ablationen auf Stufe 3 wurde der Elektrodenschirm partiell ausgefahren, Stufe 5 bezeichnet die Ablationen mit vollständig ausgefahrenem Elektrodenschirm. Stufe 3 Stufe 5 35 24 Tiefe: 2,7 cm Tiefe: 4,0 cm Elektrodenschirms: Durchmesser: 2,7 cm Durchmesser: 4,7 cm Anwendungsbereich laut Ablationen bis 3 cm Ø Ablationen bis 5 cm Ø 12,28 ± 0,81 min 12,43 ± 1,17 min - 7 von 24 (29,2%) Anzahl der Ablationen: Maße des Hersteller: Anwendungsdauer : (Aufheizphase + Ablationsphase) Anzahl der Abbrüche: ______________________________________________________________ 28 ________________________________________________________Ergebnisse Bei 35 Anwendungen wurde die RFA-Sonde auf Stufe 3 ausgefahren. Der Durchmesser des Elektrodenschirms betrug dabei 2,7 cm. Die mittlere Anwendungsdauer betrug 12,28 ± 0,81 Minuten (10,7 min – 13,8 min). In dieser Zeit führte der RFA-Generator sowohl die Aufheizphase auf 105 °C als auch die Ablation des Zielareals durch. Alle 35 Ablationen konnten erfolgreich durchgeführt werden. In 24 Ansätzen wurde der RFA-Elektrodenschirm vollständig (Stufe 5) ausgefahren und war dabei auf einen Schirmdurchmesser von 4,7 cm aufgespannt. Die mittlere Anwendungsdauer betrug für die Anwendungen auf Stufe 5 12,43 ± 1,17 min (11,8 min – 15,5 min) und war damit nicht signifikant länger als auf Stufe 3 (p = 0,433). Unter der Anwendung mit vollständig ausgefahrenem Schirm kam es in 29,2 % der Anwendungen (n = 7) zu einem Abbruch der Ablation. Der RFA-Generator brach in diesen Fällen nach 10 min den Aufheizvorgang ab, da innerhalb des Elektrodenschirms die Zieltemperatur von 105 °C nicht erreicht wurde. 3.1.2 Allgemeine Beschreibung der RFA-Nekrose Bereits bei Entnahme der Lebern aus dem Perfusionsmodell konnten die gesetzten Läsionen als runde Verhärtungen durch die Leberkapsel manuell getastet werden. Nach dem Zuschnitt der gesetzten Läsionen imponierten diese durch eine hellere Farbe und eine härtere Gewebekonsistenz im Vergleich zum angrenzenden Lebergewebe. Der Übergang von abladiertem Lebergewebe zu intakter Leber war unscharf. Die Läsionen erschienen birnenförmig, wobei die Formgebung in Abhängigkeit von der Gefäßpräsenz innerhalb der Versuchsreihen stark variierte (vgl. Abbildung 13 mit Abbildung 16). Die durchschnittliche Breite aller Ablationen auf Stufe 5 betrug 24,9 ± 7,3 mm (0 mm – 38 mm). Ablationen auf Stufe 3 waren im Durchschnitt 22,37 ± 5,84 mm breit (14 mm – 40 mm) und unterschieden sich damit nicht signifikant von den Ablationen auf Stufe 5 (p = 0,055). ______________________________________________________________ 29 ________________________________________________________Ergebnisse Abbildung 13: Makroskopisches Bild nach RFA Stufe 5 (Leber 37, Ansatz 3). Die Nekrose erscheint birnenförmig, der Übergang zu intaktem Lebergewebe ist unscharf. Die Breite der Nekrose beträgt 38 mm. Abbildung 14: Nicht abladiertes Lebergewebe mit intakter Gefäßwand (HE-Färbung, Vergrößerung 100-fach). Abbildung 15: Lebergewebe nach RFA. Verquollene Sinusoide, die Zellgrenzen sind aufgehoben. (HE-Färbung, Vergrößerung 100-fach). ______________________________________________________________ 30 ________________________________________________________Ergebnisse Bei der histologischen Untersuchung stellten sich die erzeugten Nekrosen durch eine Zerstörung interstitieller Leberstrukturen dar (vgl. Abbildung 14 mit Abbildung 15). Die Sinusoide waren verquollen und die Zellgrenzen nicht klar voneinander abgrenzbar. Das Zytoplasma der abladierten Hepatozyten erschien leicht eosinophiler als das der intakten Zellen. Die Zellkerne waren pyknotisch. Die Grenze zwischen zerstörtem und intaktem Lebergewebe war auch histologisch nicht eindeutig zu bestimmen, da die genannten Veränderungen einen fließenden Übergang zeigten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die RFA im perivaskulären Kompartiment unscharf begrenzte und in ihrer Form unregelmäßige Nekrosen produzierte, deren Größe durch Variation des Elektrodenschirms nicht signifikant beeinflusst werden konnte. 3.1.3 Makroskopische und histologische Evaluation perivaskulärer RFA Bereits makroskopisch zeigte sich beim Zuschnitt und Vermessen der Nekrosen, dass die Nekrosebildung deutlich durch Gefäßverläufe beeinflusst wurde (vgl. Abbildung 13 mit Abbildung 16). So zeigte sich nach 52,5 % aller RFA-Anwendungen (n = 31), dass Gefäße im Ablationsgebiet einen makroskopisch sichtbaren Einfluss auf die Größe und Form der gesetzten Nekrose ausgeübt hatten (Tabelle 2). Dabei kam es in 15,3 % aller RFA-Anwendungen (n = 9) zu einer Verkleinerung der Nekrose sowie in 20,3 % (n = 12) zu perivasalen Aussparungen (makroskopisch Abbildung 16, histologisch Abbildung 17). In 16,9 % aller Ablationen durch RFA (n = 10) zeigte sich eine Kombination aus Verkleinerung der Nekrose und perivasaler Aussparung. Es existierten keine signifikanten Unterschiede zwischen Ablationen auf Stufe 3 und Stufe 5 in Bezug auf diesen Gefäßeffekt. ______________________________________________________________ 31 ________________________________________________________Ergebnisse Abbildung 16: Makroskopisches Bild nach RFA Stufe 3 in der Nähe eines Gefäßes mit einem Durchmesser von 9mm (Leber 26, Ansatz 1). Der rötliche Gefäßsaum deutet an, dass das perivaskuläre Gewebe nicht vollständig zerstört wurde. Die Breite der Nekrose beträgt 17 mm. Tabelle 2: Übersicht über den Gefäßeffekt. Unter RFA total sind alle Gefäßeffekte bei Ablationen mittels RFA aufgeführt. Es existieren keine signifikanten Unterschiede zwischen den Versuchsreihen RFA Stufe 3 und RFA Stufe 5. Gefäßeffekt RFA total RFA Stufe 3 RFA Stufe 5 Gefäßeffekt makroskopisch - davon Verkleinerung 52,5% (31 von 59) 15,3% (9 von 59) 20,3% (12 von 59) 16,9% (10 von 59) 70,1% (82 von 117) 42,9% (15 von 35) 14,3% (5 von 35) 17,1% (6 von 35) 11,4% (4 von 35) 69,6% (48 von 69) 66,7% (16 von 24) 16,7% (4 von 24) 25,0% (6 von 24) 25,0% (6 von 24) 57,8% (48 von 83) 56,3% (27 von 48) 60,0% (21 von 35) - davon Aussparung - Verkleinerung + Aussparung Intakte Gefäßwände (Gesamtnekrose) Intakte Gefäße < 1cm Distanz zur RFA-Sonde 70,8% (34 von 48) ______________________________________________________________ 32 ________________________________________________________Ergebnisse Abbildung 17: Histologisches Korrelat des in Abbildung 16 dargestellten Ablationsareals (HE-Färbung, Vergrößerung 25-fach). Die Gefäßwand ist intakt. Ein schmaler Saum von vitalem Lebergewebe umgibt das Gefäß. Verglichen mit dem Zytoplasma der vitalen Hepatozyten erscheint das der destruierten Hepatozyten verstärkt eosinophil. Die Sinusoide sind im destruierten Gewebe verquollen, die Zellgrenzen aufgehoben. Die histologische Begutachtung ergab, dass insgesamt 70,1 % aller Gefäße (Durchmesser > 1 mm, n = 82), die innerhalb der makroskopisch als nekrotisch beschriebenen Areale verliefen, nicht von der Ablation destruiert wurden, sondern histologisch vital erschienen. Gefäße, deren Entfernung zur RFA-Sonde weniger als 1 cm betrug, waren noch zu 57,8 % (n = 48) intakt. Auch hier zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen Stufe 3 und Stufe 5. Histologisch war bei diesen Gefäßen der komplette Wandaufbau erhalten. Intima, Muskularis und Adventitia erschienen regelmäßig. Auch das perivasale Lebergewebe wies keine nekrotischen Veränderungen auf (Abbildung 17). Dieser schmale Saum an vitalen Hepatozyten ging fließend in abladiertes Gewebe über. ______________________________________________________________ 33 ________________________________________________________Ergebnisse Destruierte Gefäße zeigten sich durch Intimazerreißungen und eine aufgequollene Tunica media. Das Zytoplasma der nekrotischen Hepatozyten erschien vermehrt eosinophil und die Zellgrenzen waren nicht klar abgrenzbar. Die Sinusoide waren verquollen, sodass das gesamte Nekrosegebiet verschwommen wirkte. Insgesamt kann die Nekrose nach perivasaler RFA als unvollständig bezeichnet werden, da sie Gefäßwände und perivasales Lebergewebe aussparte. 3.1.4 Einfluss von Gefäßen auf Ablationen mittels RFA Mit zunehmendem Durchmesser der Blutgefäße innerhalb des Ablationsareals kam es zu einer Abnahme der Breite der Nekrose, dem sogenannten „Heat-sinkeffect“. Da der „Heat-sink-effect“ nicht nur von einem einzelnen Gefäß, sondern von der Gesamtheit aller Gefäße innerhalb der Läsion erwirkt wird, diente der Summendurchmesser aller Gefäße, die die Nekrosezone durchzogen, als Maß für die Perfusion am Ablationsort. Abbildung 18 stellt den „Heat-Sink-Effekt“ für die Versuchsreihen mit partiell geöffneter Sonde und vollständig geöffnetem Elektrodenschirm (RFA Stufe 3 bzw. Stufe 5) graphisch dar. Die Breite der Nekrose ist in diesem Diagramm in Abhängigkeit vom Summendurchmesser aller Gefäße innerhalb der Nekrosezone aufgetragen. Der blaue Graph zeigt die Ergebnisse für RFA Stufe 3. Er sinkt von 26 mm Nekrosenbreite bei einem Summendurchmesser von 5 mm auf 17 mm Nekrosenbreite bei einem Gefäßdurchmesser von 23 mm. Der Pearson – Korrelationskoeffizient beträgt für diese Versuchsreihe r = - 0,325, was einer geringen Korrelation zwischen Zunahme des Gefäßdurchmessers und Abnahme der Nekrosenbreite entspricht. Der rote Graph zeigt die Ergebnisse für Ablationen auf Stufe 5. Er sinkt von einer durchschnittlichen Nekrosenbreite von 38 mm bei einem Summendurchmesser von 5 mm auf 13 mm Nekrosenbreite bei einem Gefäßdurchmesser von 20 mm. Der Pearson – Korrelationskoeffizient beträgt für die Versuchsreihe Stufe 5 r = 0,612 und gibt damit eine mittlere Korrelation zwischen Zunahme des Gefäßdurchmessers und Abnahme der Nekrosenbreite an. Ab einem Summendurchmesser von 14 mm war die durchschnittlich Nekrosenbreite von ______________________________________________________________ 34 ________________________________________________________Ergebnisse Ablationen mit vollständig ausgefahrenem Elektrodenschirm kleiner ist als diejenige von Ablationen bei partiell ausgefahrenem Elektrodenschirm. Abbildung 18: Kühlungseffekt („Heat-sink-effect“): Grafische Darstellung der Nekrosenbreite in Abhängigkeit von der Summe der Gefäßdurchmesser. Ablationen auf Stufe 3 in blau, Ablationen auf Stufe 5 in rot. Mit Zunahme des Gesamtgefäßdurchmessers nimmt die Breite der Nekrose ab. Ab einem Gesamtgefäßdurchmesser von 14 mm konnten durch RFA Stufe 3 größere Nekrosen erzeugt werden als durch Ablationen auf Stufe 5. ______________________________________________________________ 35 ________________________________________________________Ergebnisse Abbildung 19: RFA-Generator bei Durchführung einer Ablation (Leber 26, Ansatz 1). Während die Elektrodenspitzen 1,2 und 5 eine Temperatur über 105 °C erreicht haben, beträgt die Temperatur der Messpunkte 3 und 4 72 °C bzw. 80 °C. In der makroskopischen Begutachtung zeigte sich, dass diese beiden Elektroden in der Nähe des portalvenösen Gefäßes lagen (Abbildung 16). Durch diese Lagebeziehung wurde die Aufheizung der Elektroden 3 und 4 auf 105 °C verhindert. Mithilfe von Temperaturfühlern in den RFA-Elektroden konnte gezeigt werden, dass perivaskulär positionierte RFA-Elektroden die im RFA-Generator angelegte Zieltemperatur von 105°C nicht erreichten (Abbildung 19). Dieser Umstand führte dazu, dass das Lebergewebe in der Umgebung eines Gefäßes nicht ausreichend erhitzt und destruiert werden konnte. ______________________________________________________________ 36 ________________________________________________________Ergebnisse 3.2 Ergebnisse zur ECL-Anwendung 3.2.1 Organe und Versuchsdurchführung Zur Untersuchung der ECL in Gefäßnähe wurden insgesamt 24 Ablationen in 12 Schweinelebern durchgeführt. Das durchschnittliche Organgewicht betrug bei Entnahme im Schlachthof 1885 ± 247 g (1495 g – 2300 g). Postinterventionelle Messungen ergaben ein Durchschnittsgewicht von 1911 ± 238 g (1513 g – 2356 g). Diese Gewichtszunahme war nicht signifikant (p = 0,682). Bei der histologischen Untersuchung der Präparate konnte eine interstitielle Ödembildung im nicht abladierten Gewebe ausgeschlossen werden. Dies wird als indirekter Hinweis auf die Validität des Versuchsaufbaus gewertet. Die durchschnittliche Dauer zwischen Schlachtung und Reperfusion im Perfusionsmodell betrug transportbedingt 98 ± 16 Minuten (80 min – 145 min). Von den insgesamt 24 Anwendungen wurden acht Ablationen mit einer Ladung (Q) von 150 Coulomb, acht Ablationen mit 300 C und acht Ablationen mit 600 C durchgeführt. Jeweils vier dieser Ablationen wurden mit einem Elektrodenabstand von 2 cm, die übrigen vier Ablationen mit einem Elektrodenabstand von 4 cm durchgeführt, wobei die Ultraschall gestützte Positionierung so erfolgte, dass mittig zwischen den Elektroden ein Gefäß verlief. Da die Ablationen mit einer Stromstärke (I) von 50 mA durchgeführt wurden, ergaben sich entsprechend der physikalischen Formel Q = I * t Anwendungsdauern von 50 min für Ablationen mit 150 C, 100 min bei Q = 300 C und 200 min bei Q = 600 C. 3.2.2. Allgemeine Beschreibung der ECL-Nekrose Bereits während der Ablationen traten an den Einstichstellen der ECL-Elektroden Gasblasen auf. Nach Abschluss der Ablation waren die Nekrosen durch die Leberkapsel manuell tastbar. Dabei erschien das abladierte Gewebe an der Kathode weicher, das Gewebe an der Anode härter als das nicht abladierte Lebergewebe. Nach Eröffnung der Ablationszone entlang der ECL-Elektroden imponierten die Nekrosezonen durch eine scharf begrenzte Farbveränderung und waren somit klar von nicht abladiertem Gewebe abgrenzbar. Die Nekrose um die Kathode erschien dunkler, die Nekrose um die Anode heller als das umgebene Lebergewebe (Abbildung 20). ______________________________________________________________ 37 ________________________________________________________Ergebnisse Lebergefäß Abbildung 20: ECL-Nekrose nach Durchführung der Ablation (Leber 14, Ansatz 1, 600 C, Elektrodenabstand 2 cm). Links Nekrose an der Kathode, rechts Nekrose an der Anode. Das Lumen des Gefäßes zwischen den Nekrosen ist aufgrund der weichen Konsistenz der Nekrose um die Kathode zusammengesunken. Im rechten Gefäß ist die Gasblasenbildung an der Anode zu erkennen. Histologisch imponierte die Nekrose an der Kathode als Kolliquationsnekrose mit blass eosinophilem Zytoplasma und achromatischen Zellkernen (Abbildung 21). Die Zellgrenzen waren nicht voneinander abgrenzbar und die Sinusoide verquollen. Insgesamt zeigte sich das nekrotische Gewebe im Bereich der Kathode verschwommen. Es existierte ein scharfer Übergang von Kolliquationsnekrose zu strukturell intaktem Lebergewebe. An der Anode zeigte sich das histologische Bild einer Koagulationsnekrose. Das Zytoplasma der Hepatozyten erschien stark eosinophil, die Zellkerne waren morphologisch gut darstellbar. Die Zellgrenzen waren gut abgrenzbar und die Sinusoide erhalten. Auch hier zeigte sich ein scharfer Übergang zwischen Nekrose und intaktem Lebergewebe. Den Übergang zwischen beiden Nekrosen bildete eine schmale, scharf begrenzte eosinophile Übergangszone. Weder in den Nekrosezonen noch in der eosinophilen Übergangszone konnten morphologisch erhaltene Hepatozyten gefunden werden. ______________________________________________________________ 38 ________________________________________________________Ergebnisse Abbildung 21: Histologisches Bild des Übergangbereichs zwischen den beiden Nekrosen um Anode und Kathode nach ECL (HE-Färbung, Vergrößerung 100-fach). Die geometrische Form der Läsionen um Anode und Kathode imponierte als Zylinder, sodass der mathematischen Formel entsprechend die Berechnung der einzelnen Nekrosevolumina erfolgte (Tabelle 3). Durch Addition der einzelnen Volumina an Anode und Kathode wurde das Gesamtnekrosevolumen berechnet. Es zeigte sich, dass mit zunehmender Ladung auch die Nekrosevolumina stiegen (Abbildung 22). So konnte eine deutliche Zunahme des Nekrosevolumens bei einer Erhöhung der applizierten Ladung von 150 C auf 300 C nachgewiesen werden. Bei einer weiteren Erhöhung der Ladung auf 600 C fiel dieser Volumenzuwachs geringer aus. Ein Vergleich der Nekrosevolumina zwischen den Ablationen mit 2 cm und 4 cm Elektrodenabstand zeigte, dass bei den Versuchsreihen Q = 300 C und Q = 600 C größere Nekrosen durch einen weiteren Elektrodenabstand erzielt werden konnten (Abbildung 22). Signifikant war dieser Unterschied jedoch nur für die Gesamtnekrose und Anodennekrose in der Versuchsreihe Q = 300 C. Desweiteren fiel auf, dass die jeweils an der Kathode erzeugten Nekrosen größer waren als an der Anode (Tabelle 3). Dieser Unterschied war bei Anwendung des Wilcoxon – Tests für abhängige Messwerte jedoch nicht signifikant. ______________________________________________________________ 39 ________________________________________________________Ergebnisse Tabelle 3: Übersicht über die erzeugten Nekrosevolumina für 150 C, 300 C und 600 C für Ablationen mit 2 cm Elektrodenabstand und 4 cm Elektrodenabstand. Signifikante Unterschiede zwischen den Versuchsreihen sind in Klammern angegeben (n.s. = nicht signifikant). Volumen Gesamtnekrose Nekrose Anode Nekrosevolumen (cm³)mm Nekrose Kathode Ladung in Coulomb 150 C (n.s.) 300 C (p=0,021) 600 C (n.s.) 150 C (n.s.) 300 C (p=0,021) 600 C (n.s.) 150 C (n.s.) 300 C (n.s.) 600 C (n.s.) Nekrose in cm3 (2 cm Abstand) Nekrose in cm3 (4 cm Abstand) 10,2 + 4,5 9,2 + 3,0 20,5 + 1,9 31,1 + 5,6 26,2 + 6,1 32,1 + 2,2 4,5 + 1,4 3,0 + 0,4 7,1 + 1,7 12,9 + 2,7 9,8 + 3,0 10,8 + 2,5 5,7 + 4,4 6,3 + 3,1 13,4 + 2,5 18,3 + 7,7 16,4 + 6,6 21,3 + 2,8 40 30 20 2cm Abstand 4cm Abstand 10 0 0 200 400 600 800 Ladung (C) Abbildung 22: Gegenüberstellung der Nekrosevolumina nach ECL mit Elektrodenabständen von 2 cm (blau) und 4 cm (rot). Von 150 C auf 300 C großer Zuwachs an Nekrosevolumen. Von 300 C auf 600 C nur noch geringer Volumenzuwachs. Ab 300 C größeres Nekrosevolumen für ECL mit 4 cm Elektrodenabstand. ______________________________________________________________ 40 ________________________________________________________Ergebnisse 3.2.3 Makroskopische und histologische Evaluation perivaskulärer ECL Makroskopisch reichten die Nekrosen bis direkt an die Gefäße heran (Abbildung 23). Perivaskuläre Aussparungen konnten unabhängig vom Elektrodenabstand (2 cm, 4 cm) und von der angelegten Ladung (150 C, 300 C, 600 C) in keinem Präparat gefunden werden. In der histologischen Untersuchung wurden im Anwendungsgebiet der ECL auch in unmittelbarer Gefäßnähe keine morphologisch erhaltenen Hepatozyten nachgewiesen. Abbildung 23: Makroskopisches Bild nach Ablation mittels ECL (300 C, 2 cm Elektrodenabstand). Links Nekrosezone an der Kathode, rechts Nekrosezone an der Anode. Die Nekrosen reichen jeweils bis direkt an die Gefäße heran. ______________________________________________________________ 41 ________________________________________________________Ergebnisse Als Zeichen der Zerstörung von Gefäßwänden im Bereich der Kathode imponierten partielle Intimazerreißungen und eine Auflösung der Struktur der Tunica media (vgl. Abbildung 24 mit Abbildung 25). Abbildung 24: Intakte Gefäßwand vor ECL mit regelrechtem Wandaufbau und normaler Parenchymstruktur. (HEFärbung, Vergrößerung 100-fach). Abbildung 25: Destruierte Gefäßwand nach ECL innerhalb der Kolliquationsnekrose (HE-Färbung, Vergrößerung 100-fach). Im Bereich der Anode zeichneten sich destruierte Gefäßwände durch eine erhöhte Eosinophilie des Zytoplasmas aus. Weder die Ruptur einer kompletten Gefäßwand noch eine interstitielle Ödembildung als Zeichen eines Perfusataustritts in das perivaskuläre Gewebe wurden in einem Präparat sichtbar. Thrombosen oder Infiltrationen von immunkompetenten Zellen konnten bei Verwendung einer akorpuskulären Perfusionslösung erwartungsgemäß nicht gefunden werden. Der scharfe Übergang von Nekrose zu intaktem Lebergewebe, wie er in Kapitel 3.2.2 beschrieben wurde, setzte sich auch an der Gefäßwand fort (Abbildung 26). Insgesamt produzierte die ECL eine regelmäßige, scharf begrenzte Nekrose, die keine perivasalen Aussparungen aufwies und Gefäßwände und Hepatozyten gleichermaßen destruierte. ______________________________________________________________ 42 ________________________________________________________Ergebnisse Abbildung 26: Histologie des Übergangs von Kolliquationsnekrose zu intaktem Gewebe. Es existiert eine scharfe Grenze zwischen destruiertem und intaktem Gewebe. Diese Grenze schließt die Gefäßwand mit ein. (HE-Färbung, Vergrößerung 25-fach). 3.2.4 Einfluss von Gefäßen auf Ablationen mittels ECL Messungen des postinterventionellen pH-Werts innerhalb der erzeugten Nekrosen ergaben durchschnittliche pH-Werte von 0,9 (0,6 – 1,8) an der Anode und 12,2 (11,4 - 12,6) an der Kathode. Es konnte ein scharfer Umschlag im pH-Wert zwischen nekrotischem und vitalem Gewebe nachgewiesen werden. Zwischen beiden Nekrosen bestand ein sprunghafter Übergang im pH-Wert mit einer rapiden pH-Wertveränderung zwischen dem sauren Milieu an der Anode und dem basischen Milieu an der Kathode. Auch in direkter Gefäßnähe konnte eine Veränderung dieses Milieus nicht nachgewiesen werden (Abbildung 27 und Abbildung 28). ______________________________________________________________ 43 ________________________________________________________Ergebnisse Lebergefäß Abbildung 27: pH-Messung an der Anode. Auch in unmittelbarer Nähe zum Gefäß Nachweis eines sauren Milieus (pH 1,8). Lebergefäß Abbildung 28: pH-Messung der Kathode. Direkt am portalvenösen Gefäß liegt der pHWert mit 11,46 im alkalischen Bereich. ______________________________________________________________ 44 _________________________________________________________Diskussion 4. Diskussion 4.1 Therapieoptionen primärer und sekundärer Lebermalignitäten Lebermetastasen stellen in Europa 90 % aller malignen Raumforderungen der Leber dar [55]. Bis zu 50 % der Patienten, die an einem Karzinom erkranken, entwickeln im Laufe ihres Lebens Lebermetastasen [7, 14, 57]. Die 5Jahresüberlebensrate von Patienten mit hepatisch metastasiertem kolorektalem Karzinom liegt ohne Therapie bei unter 3 % [23]. Eine R0-Resektion der hepatischen Filiae eines kolorektalen Karzinoms kann die 5-Jahresüberlebensrate auf 16 – 40 % erhöhen [24, 38, 64 84]. In den Hochinzidenzgebieten Afrika und Asien stellt das hepatozelluläre Karzinom den häufigsten intrahepatischen Tumor dar [30]. Ungefähr 10 % aller primär malignen Leberveränderungen werden durch das Cholangiokarzinom hervorgerufen [37]. Für nahezu alle genannten Lebermalignitäten stellt die chirurgische Resektion derzeit die Methode der Wahl dar. Die Ausnahme bildet das nicht metastasierte hepatozelluläre Karzinom in Zirrhose, dessen beste Therapieform die Lebertransplantation darstellt [37]. Bei Diagnosestellung können allerdings nur 10 – 40 % der Patienten diesen potentiell kurativen Therapien zugeführt werden [24, 38, 64 84], sodass verschiedene lokal ablative Verfahren entwickelt wurden, die eine Destruktion des Tumorgewebes erwirken sollen. Die Brachytherapie zählt zu den radiogenen Therapieregimen. Die CT-gestützte Anwendung zur Behandlung von Lebermetastasen wurde erstmals 2003 beschrieben. Von 21 behandelten Patienten entwickelten sechs Probanden Übelkeit und Erbrechen, nur ein Patient entwickelte mit der Obstruktion des Ductus choledochus eine ernsthafte Komplikation, die mittels Stent versorgt werden konnte. Die lokale Tumorkontrolle lag nach 12 Monaten bei 70 % [69]. Die Ethanolinjektion und die transarterielle Chemoembolisation zählen zu den mechanisch–chemischen Therapieverfahren. Bei der transarteriellen Chemoembolisation wird über den arteriellen Weg ein Chemotherapeutikum appliziert und nachfolgend ein Verschluss dieser Strombahn erwirkt. Bisher hat sich hinsichtlich der verwendeten Substanzen jedoch noch kein einheitliches ______________________________________________________________ 45 _________________________________________________________Diskussion Therapieschema durchgesetzt. Als Embolisationssubstanzen werden unter anderem Mikrospheren oder Kollagene verwendet. In der Behandlung des hepatisch metastasierten Karzinoms konnte mit dieser Methode eine 1Jahresüberlebensrate von 70 % und eine 3-Jahresüberlebensrate von 23 % erreicht werden [82]. Die Ethanolinjektion ist eine günstige und relativ einfach durchzuführende Methode, die sich allerdings aufgrund der geringen Kontrolle über die Verteilung des Alkohols nur zur Behandlung kleiner Tumoren eignet, wie die Arbeiten von Livraghi zeigen konnten [43]. Zu den thermischen Methoden zählen die Radiofrequenzablation (RFA), die laserinduzierte Thermotherapie, der fokussierte Ultraschall und die Kryotherapie. Letztere hat mit bis zu 40,7 % eine relativ hohe Komplikationsrate [66]. Hierbei handelt es sich häufig um starke Blutungen durch Einrisse von Lebervenen [25]. Die perioperative Mortalität wird mit 1,5 % angegeben [80]. Beim fokussierten Ultraschall wird über die Bündelung von Ultraschallwellen mittels speziellen Linsen Hitze innerhalb des Gewebes erzeugt [36]. Dabei werden in tierexperimentellen Studien Temperaturen von 80 °C erreicht [2]. Ergebnisse zur intrahepatischen Anwendung am Menschen bleiben abzuwarten. Die laserinduzierte Thermotherapie führt über die Absorption eines bestimmten Lasers zur Denaturierung von Proteinen und zur Erwärmung des Gewebes. Die mittlere Überlebenszeit bei der Therapie von Lebermetastasen unterschiedlicher Primärtumoren wird mit 15,2 – 36 Monaten angegeben [17, 89]. Unter allen bisher Radiofrequenzablation genannten in lokalen Europa Ablationsverfahren gegenüber den hat anderen sich die Methoden weitestgehend durchgesetzt. Nicht zuletzt aufgrund ihrer hohen klinischen Praktikabilität hat sie eine weite Verbreitung in der Therapie maligner Leberläsionen gewonnen [46]. Bei der Behandlung von Lebermetastasen mit einer Größe von unter drei Zentimetern konnten in einzelnen Studien im Vergleich zur chirurgischen Resektion gleichwertige Ergebnisse erzielt werden [53]. Dennoch wird darüber spekuliert, ob die RFA bei perivaskulärer Anwendung eine Verminderung ihrer Effizienz erfährt und es ist umstritten, welches Verfahren in dieser Situation eines gefäßnahen nicht resezierbaren Tumors die Methode der Wahl darstellt [49]. ______________________________________________________________ 46 _________________________________________________________Diskussion Zu den potentiellen Alternativen zählt die elektrochemische Lyse (ECL), die bisher in Deutschland keinen Stellenwert besitzt aber in China und Russland Anwendung erfährt. Ein Vergleich von perivaskulären Ablationen beider Verfahren im gleichen Versuchsaufbau wurde bisher nicht durchgeführt. Ziel dieser Arbeit war es daher, gefäßnahe Anwendungen von RFA und ECL näher zu untersuchen. 4.1 Radiofrequenzablation Die Radiofrequenzablation hat insbesondere in Europa und den USA zunehmend an Bedeutung erlangt [46]. Sie stellt ein thermisch-ablatives Verfahren dar, das über Wärmeinduktion eine Nekrose im Tumorgewebe erzeugt. Ausfahrbare Schirmelektroden, die mittig in der Zielstruktur positioniert werden, dienen der Übertragung dieser Wärmeenergie. In der vorliegenden Arbeit konnten mittels monopolarer RFA unscharf begrenzte und in ihrer Form unregelmäßige Läsionen produziert werden, deren Größe durch Variation des Elektrodenschirms nicht signifikant beeinflusst werden konnte. Der Übergang von destruiertem Gewebe innerhalb des Ablationsareals zu vitalem Lebergewebe erschien besonders in der histologischen Untersuchung unscharf. Während die Läsionen in der hier vorliegenden Arbeit in unmittelbarer Gefäßnähe gesetzt wurden, um den Kühlungseffekt von Gefäßen auf die RFA näher zu untersuchen, führten Hinz et al. im Jahr 2008 Ablationen mittels RFA und ECL in den peripheren Kompartimenten von Schweinelebern durch, um die Effektivität und Sicherheit beider Verfahren zu untersuchen. Auch für die Anwendung in der Leberperipherie konnten Hinz et al. zeigen, dass nach Ablationen mittels RFA eine Übergangszone zwischen vollständiger Nekrose und vitalem Lebergewebe existiert, in welcher avitale und intakte Zellen gefunden werden können [32]. Für die klinische Anwendung, sowohl sonographisch als auch CT-gestützt, besteht aufgrund einer sich ausbildenden Unschärfe in der Bildgebung das Problem, bei laufender Therapie das Ausmaß der vollständigen Nekrose zu verifizieren. Konsekutiv fehlt eine Kontrolle über die vollständige Tumorablation während der Anwendung. Im Falle residualer Tumorzellen resultiert die Gefahr eines Lokalrezidives. ______________________________________________________________ 47 _________________________________________________________Diskussion Mulier et al. konnten in einer Metaanalyse von 2005 nachweisen, dass die Lokalrezidivrate nach RFA bei 12,4 % liegt [54]. Diese hohe Rate könnte ein Grund dafür sein, weshalb die 5-JÜR von Patienten mit hepatisch metastasiertem kolorektalem Karzinom nach RFA mit 5 - 26 % angegeben wird [19] und damit nicht an die Ergebnisse der chirurgischen Resektion heranreicht. Aufgrund der unregelmäßigen geometrischen Formen der durch RFA erzeugten Läsionen war es in dieser Arbeit auf mathematischem Wege nur schwer möglich, Nekrosevolumina zu berechnen. Wir beschränkten uns deshalb darauf, mittels Analyse der Nekrosenbreite das Ausmaß der erzeugten Läsionen zu beschreiben. Bei vollständig ausgefahrener RFA-Elektrode konnten in dieser Arbeit Läsionen mit einer Breite von 25 mm erzeugt werden. Dieser Wert liegt deutlich unter den Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen, die einen Nekrosedurchmesser von bis zu 50 mm erreichen konnten [67]. Die Diskrepanz der Ergebnisse führen wir darauf zurück, dass in der vorgelegten Arbeit alle Ablationen perivaskulär durchgeführt wurden und der „Heat-sink-effect“ der Ausbildung größerer Nekrosen entgegenwirkte. Rossi et al. beobachteten den „Heat-sink-effect“ bereits 1999. Sie führten RFA an Lebern von Schwein und Kalb durch und kamen zu dem Ergebnis, dass eine Unterbrechung des Blutflusses zur Ausbildung größeren Läsionen führt [72]. Die Autoren gingen davon aus, dass der Flüssigkeitsstrom innerhalb eines Blutgefäßes die von der RFA-Elektrode induzierte Wärmeentwicklung absorbiert und über Konvektion zu einer Kühlung des perivaskulären Gewebes führt. Die These eines solchen Kühlungseffekts periablativ verlaufender Gefäße wird durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit bestätigt, da sich die Ablationen in Gefäßnähe als unvollständig präsentierten. Die induzierten Läsionen sparten 70,1 % aller Gefäße gänzlich aus. Die Gefäßwände wurden nicht destruiert, sondern zeigten sowohl makroskopisch als auch histologisch einen anatomisch intakten Aufbau. Ferner konnte gezeigt werden, dass ein Saum vitaler Hepatozyten die Blutgefäße umgab. Lehmann et al. analysierten 2009 den „Heat-sink-effect“ unter Einsatz eines bipolaren RFA-Systems ex situ an Schweinelebern. Die Arbeitsgruppe führte perfundierte Glasröhren in die Lebern ein und vollzog in unterschiedlichen Abständen dazu RF-Ablationen. Die Autoren konnten zeigen, dass der Abstand ______________________________________________________________ 48 _________________________________________________________Diskussion zwischen RFA-Elektrode und Gefäß maßgeblich für das Ausmaß eines Kühlungseffekts verantwortlich ist [39]. Das in der hier vorliegenden Arbeit verwendete Perfusionsmodell stellt eine Verbesserung der Methodik von Lehmann et al. dar, weil es die physiologischen Perfusionsbedingungen der Leber besser abbildet. Doch auch unter Leberperfusion über V. portae und A. hepatica propria konnte ein deutlicher „Heatsink-effect“ beobachtet werden. Da der „Heat sink effect“ nicht aus einem einzelnen Gefäß, sondern aus dem Gesamtblutfluss resultiert, wurden zur quantitativen Beschreibung dieses summativen Effektes die Querdurchmesser aller Gefäße > 1 mm innerhalb der erzeugten Läsionen zu einem Gesamtdurchmesser addiert und der Breite der Läsionen gegenübergestellt. Es konnte dadurch gezeigt werden, dass mit Zunahme des Gesamtgefäßdurchmessers die durchschnittliche Breite der erzeugten Läsionen abnahm. Wir schlussfolgern aus diesem Ergebnis, dass das Ausmaß des „Heat-sink-effects“ abhängig vom Gesamtgefäßdurchmesser innerhalb der erzeugten Läsion ist. Ein Vergleich der Ablationsergebnisse bei partiell (Stufe 3) und vollständig (Stufe 5) ausgefahrenem RFA-Elektrodenschirm ergab, dass in Abwesenheit von Gefäßen größere Läsionen mittels Ablation auf Stufe 5 erzeugt werden konnten. Ab einem Gesamtgefäßdurchmesser von 14 mm war die durchschnittliche Breite der erzeugten Läsionen von Ablationen auf Stufe 5 allerdings kleiner als die Breite der Läsionen, die durch Ablationen auf Stufe 3 hervorgerufen wurden. Zudem registrierten wir unter RF-Ablationen auf Stufe 5 eine Abbruchquote von 29,2%. Der RF-Generator konnte in diesen Fällen die Schirmelektrode aufgrund des Kühlungseffekts benachbarter Gefäße nicht auf die Zieltemperatur von 105 °C erhitzen und brach den Ablationsvorgang ab. Ablationen auf Stufe 3 zeigten dieses Phänomen nicht. Wir führen diese Beobachtung darauf zurück, dass Ablationen bei vollständig ausgefahrenem Elektrodenschirm stärker vom „Heatsink-effect“ beeinflusst werden als Ablationen mit partiell ausgefahrenem Schirm. Für die klinische Praxis bedeutet dies, dass bei Anwendung der RFA in unmittelbarer Gefäßnähe ein unvollständig ausgefahrener Elektrodenschirm zu einer effizienteren Ablation führen kann. ______________________________________________________________ 49 _________________________________________________________Diskussion Letztendlich muss konstatiert werden, dass die RFA bei intrahepatischer Anwendung einem deutlichen „Heat-sink-effect“ unterliegt, was zu unterwarteten perivaskulären Verkleinerungen sowie Aussparungen der erzeugten Läsion führen kann. 4.2 Elektrochemische Lyse Die elektrochemische Lyse stellt ein lokal ablatives Verfahren dar, das über eine pH-Wertverschiebung im Gewebe sowie die Freisetzung von Chlor und Wasserstoff zu einer Nekrose des Zielareals führt [40, 96]. Desweiteren postuliert Nordenström, dass der Gleichstrom, der bei diesem Verfahren zwischen mindestens zwei in das Zielgewebe eingebrachten Platinelektroden fließt, auch eine direkte Schädigung des Ionentransportsystems erwirkt [58]. Aufgrund des elektrischen Feldes wandern positiv geladene Ionen wie Na +, K+, Ca2+ Mg2+ in Richtung Kathode, während negativ geladene Cl--Ionen Richtung Anode migrieren [40]. Diese Veränderungen des Elektrolythaushaltes führen letztendlich zu einem Zusammenbruch des Membranpotentials und dem Funktionsverlust essentieller Enzymreaktionen [58]. In China wurden in den vergangenen 20 Jahren über 10.000 Patienten mit verschiedenen malignen Tumoren mittels ECL therapiert [56, 98]. In Deutschland, Europa und den USA hingegen konnte sich dieses Verfahren in der Behandlung nicht resektabler Malignitäten bislang nicht gegen die RFA durchsetzen, obgleich verschiedene Autoren die Sicherheit und Effektivität der ECL untersuchten und diese positiv bewerteten [3, 32, 92, 95, 96]. Bis dato lässt sich in der Literatur medizinischer Datenbanken keine Standardisierung über die anzuwendenden Parameter Ladung, Stromstärke, Spannung und Elektrodenanordnung erkennen. Nordenström empfiehlt in einer seiner ersten Arbeiten über die ECL, 100 Coulomb pro Zentimeter Tumordurchmesser zu verwenden [58] und spricht sich für die Positionierung einer einzelnen Anode zentral im Tumor und mehrerer Kathoden in der Peripherie der malignen Raumforderung aus [60], während die chinesische Arbeitsgruppe um Xin et al. in klinischen Anwendungen der ECL Ablationen mittels 30 bis 100 C pro Zentimeter Tumordurchmesser durchführte und dabei mehrere Anoden im Tumor ______________________________________________________________ 50 _________________________________________________________Diskussion und die gleiche Anzahl an Kathoden im Randbereich außerhalb der malignen Läsionen positionierte [97]. Andere Autoren sprechen sich dafür aus, die anzulegende Ladung nicht vom Tumordurchmesser, sondern von dem zu abladierenden Tumorvolumen abhängig zu machen [68]. So kommen Heiberg et al. zu dem Ergebnis, dass im Tiermodell Maus 30 – 50 C pro cm³ Tumormasse mittels ECL appliziert werden sollten [28]. Die verwendeten Stromstärken reichen von 0,4 μA bei Gleichstrombehandlungen von Ratten durch Habal et al. [26] bis hin zu 80 mA in der klinischen Anwendung beim Menschen im Zielorgan Lunge durch Xin et al. [99]. Aufgrund dieser heterogenen Datenlage bezüglich der anzuwendenden Parameter entschieden wir uns dazu, mehrere Versuchsreihen durchzuführen, in denen wir die Parameter Ladung (150 C, 300 C, 600 C) und Elektrodenabstand (2 cm, 4 cm) variierten, um post ablationem evaluieren zu können, ob diese beiden Parameter das Ablationsergebnis bei perivaskulärer Anwendung beeinflussen. Die Stromstärke betrug bei allen Ablationen 50 mA, wie sie auch Wemyss-Holden et al. bei intrahepatischer Anwendung der ECL am lebenden Schwein verwendeten [95]. Die Spannung lag bei 25 V, da bei der Verwendung höherer Spannungen um 40 V eine unkontrollierte Entstehung von Gewebsnekrosen beschrieben wurde [62]. Wir entschieden uns für die Verwendung von lediglich zwei Elektroden, um eine eindeutige histologische Evaluation der verschiedenen Nekrosetypen um Anode und Kathode durchführen zu können. Bei Verwendung mehrerer Elektrodenpaare perivaskulären wäre diese Ablationszone eindeutige Beurteilung aufgrund insbesondere eventuell der auftretender Überlagerungsphänomene der verschiedenen Nekroseareale erschwert worden. In der vorliegenden Arbeit konnten mittels ECL scharf begrenzte, zylinderförmige Läsionen produziert werden, deren Volumen durch die Variation der applizierten Ladung beeinflusst werden konnte. Die Erhöhung der applizierten Ladung von 150 C auf 300 C führte zu einem deutlichen Zuwachs des Nekrosevolumens, während bei einer weiteren Erhöhung der Ladung auf 600 C diese Zunahme geringer ausfiel. Diese Beobachtung könnte damit der Dosis Wirkungsbeziehung entsprechen, wie sie durch von-Euler et al. 2003 postuliert wurde. Die Autoren konnten eine logarithmische Beziehung zwischen Dosis und ______________________________________________________________ 51 _________________________________________________________Diskussion Wirkung bei Applikation von 5, 10 und 90 Coulomb in der Leber von Ratten und Hunden nachweisen [90]. Vitale Zellen innerhalb des Ablationsareals konnten in keinem Präparat nachgewiesen werden. Die histologische Auswertung zeigte, dass es im gesamten Bereich der erzeugten Läsionen zu einer kompletten Auflösung Zellmembranen und Nuclei kam. Diese Beobachtung schloss der auch die perivaskuläre Nekrosezone mit ein, die ebenfalls in allen Ansätzen vollständig abladiert werden konnte. Die Arbeitsgruppe um Hinz et al., die RFA und ECL in vivo an Schweinelebern durchführte, beschrieb auch eine scharfe Demarkierung der durch ECL erzeugten Läsion vom intakten Lebergewebe [32]. Die Formgebung der Läsionen wird von den Autoren jedoch als irregulär beschrieben, was den Ergebnissen unserer Arbeit widerspricht. Wir führen diese Differenz darauf zurück, dass Hinz et al. eine quadratische Anordnung von 4 ECL-Elektroden wählten, während die ECL in der vorliegenden Arbeit mit 2 Elektroden durchgeführt wurde. Hinz et al. legten in der Analyse ihrer Ergebnisse den Focus auf eine durch ECL hervorgerufene konsekutiver neutrophilen Entzündungsreaktion Infiltration von Granulozyten. innerhalb Lymphozyten, Bei des Ablationsareals Plasmazellen, Verwendung einer Histiozyten mit und akorpuskulären Perfusionslösung in unserem Modell und unmittelbarer Aufarbeitung des Organs nach Anwendung der ECL konnten solche Sekundäreffekte nicht verifiziert werden. Über die Größe der durch ECL erzeugten Läsionen wurden von Hinz et al. keine Angaben gemacht. Auch die perivaskuläre Ablationszone wurde nicht näher beschrieben. In der vorliegenden Arbeit konnten sowohl makroskopisch als auch in der histologischen Auswertung der Präparate keine perivaskulären Aussparungen der durch ECL erzeugten Läsionen nachgewiesen werden. Perivaskulär gelegene Hepatozyten und Gefäßwände wurden gleichermaßen von der ECL destruiert, ohne dass eine Kontinuitätsunterbrechung oder Ruptur der gesamten Gefäßwand nachgewiesen werden konnte. Der scharfe Übergang von destruiertem zu intaktem Gewebe zeigte sich gleichermaßen im Leberparenchym sowie an den Gefäßwänden. Wir schlussfolgern daraus, dass Gefäßverläufe innerhalb des ______________________________________________________________ 52 _________________________________________________________Diskussion Ablationsareals keinen Einfluss auf die Ausbildung mittels ECL erzeugter Läsionen haben. Wie eingangs beschrieben, sehen Li et al. den hauptsächlichen Wirkmechanismus der ECL in einer pH-Wertveränderung im Zielgewebe [40]. Durch Hydrolyse entstehen letztendlich die Azidität an der Anode und die Alkalität an der Kathode. In der vorliegenden Arbeit betrug der mittlere pH 0,9 im Bereich der Anode und 12,2 an der Kathode. Diese Ergebnisse entsprechen damit den Angaben anderer Arbeitsgruppen [40, 52]. Auch in unmittelbarer Nähe zu Gefäßen konnte in unseren Untersuchungen eine Veränderung der Azidität im Bereich der Anode oder der Alkalität an der Kathode nicht nachgewiesen werden. Es wird daher die These aufgestellt, dass die pH-Wertalteration im Zielgewebe, die vermutlich den hauptsächlichen Wirkmechanismus der ECL in der Ablation von Tumorgewebe darstellt, nicht von Gefäßverläufen innerhalb des Ablationsareals beeinflusst wird. Zusammenfassend stellen wir fest, dass in dem hier beschriebenen Perfusionsmodell kein Gefäßeffekt auf Ablationen mittels ECL nachgewiesen werden konnte. 4.3 Bewertung beider Verfahren und Ausblick Aufgrund des konkurrierenden Wirkmechanismus von RFA und ECL sowie der unzureichenden Datenlage bezüglich der Ablationsergebnisse nach ECL drängt sich ein experimenteller Vergleich beider Verfahren auf. Während die RFA als sehr weit verbreitetes Ablationsverfahren in der westlichen Welt gilt [9, 13], wurde die ECL in den vergangenen 20 Jahren überwiegend in China an über 10.000 Patienten durchgeführt [46, 98]. Diese klinische Anwendung stützt sich bis heute nur auf eine marginale Evidenz. Ein Vergleich der Überlebensraten von Patienten, die mittels RFA und ECL therapiert wurden, stellt sich als äußerst schwierig dar, da es nur wenige veröffentlichte Studien über die Anwendung der ECL am Menschen gibt. Die Arbeiten aus China weisen häufig keine Verlaufsbeobachtung der Patienten auf. Desweiteren fanden die Durchführungen der ECL außerhalb von geplanten Studien statt, sodass eine Klassifikation oder Stadieneinteilung der behandelten Malignome häufig unterlassen wurde. Nilsson et al. verglichen im Jahr 2000 in ______________________________________________________________ 53 _________________________________________________________Diskussion einer Übersichtsarbeit bezüglich der ECL die Überlebensraten in China zwischen 1987 und 1997 mit den Krebsstatistiken der USA von 1973 bis 1996 und kamen zu dem Ergebnis, dass für Lungen-, Leber- und Ösophaguskarzinome eine wesentlich niedrigere Mortalität der ECL-Gruppe aus China aufgezeigt werden konnte [56]. Wie eingangs bereits erwähnt, fehlt es allerdings auch dieser Arbeit an einer Klassifikation und Stadieneinteilung der behandelten Malignome. Ferner werden die Therapieregime, die der Krebsstatistik der USA zugrundeliegen, nicht näher erläutert, sodass die Aussagekraft dieser Arbeit deutlich einschränkt ist. Es bleibt festzuhalten, dass eine vergleichende Beurteilung beider Verfahren bezüglich des Langzeitüberlebens aufgrund der unzureichenden Datenlage derzeit nicht zuverlässig möglich ist. Hinz et al. stellten beide Verfahren 2008 in einem in-vivo-Experiment an Schweinelebern gegenüber und kamen zu dem Ergebnis, dass die ECL in Bezug auf die Zerstörung künstlich erzeugter Lebertumoren genauso effektiv sei wie die RFA [32]. Die Arbeitsgruppe erzeugte eine aus Agarose, Zellulose, Glyzerin und Methylenblau bestehende Tumormimikry, die in insgesamt 8 Schweinelebern injiziert wurde. Anschließend wurden diese Tumormodelle bei jeweils drei Versuchstieren mittels RFA und ECL abladiert. Die Autoren kamen schließlich zu dem Ergebnis, dass in allen Versuchstieren eine vollständige Zerstörung der Tumormodelle erreicht werden konnte. In der hier vorliegenden Arbeit wurden RFA und ECL in einem ex-vivoPerfusionsmodell an Schweinelebern durchgeführt. Intension dieser Arbeit war es, perivaskuläre Ablationen mit beiden Verfahren im selben Versuchsmodell durchzuführen und die Ergebnisse zu evaluieren, da das Verhalten der ECL bei perivaskulären Ablationen in der Literatur bis dato wenig untersucht wurde. Während in dieser Arbeit für die RFA der bereits 1999 von Rossi et al. beobachtete „Heat-sink-effect“ [72] nachgewiesen wurde, konnten mittels ECL auch in unmittelbarer Nähe zu Portalvenen homogene Läsionen erzeugt werden. Vitale Zellen innerhalb der erzeugten Läsionen wurden nach ECL auch in unmittelbarer Nähe zu Gefäßen nicht nachgewiesen. In der klinischen Anwendung bei der Behandlung von hepatisch metastasierten Malignitäten könnte diese Eigenschaft der ECL einen Vorteil gegenüber der RFA beinhalten, weil die Gefahr eines Lokalrezidivs, ausgehend von inkomplett ______________________________________________________________ 54 _________________________________________________________Diskussion abladiertem Tumorgewebe, reduziert werden könnte. Da es sich in dieser Arbeit um eine experimentelle Arbeit an einem Perfusionsmodell handelt, bleibt es jedoch unbestritten, dass diese Ergebnisse einer Überprüfung durch weitere Studien bedürfen. Dennoch sprechen wir uns aufgrund der erhöhten Gefahr von Lokalrezidiven bei perivaskulärer Anwendung der RFA dafür aus, dass intrahepatische perivaskuläre RF-Ablationen nur unter einer reduzierten Leberperfusion, z.B. mittels Pringle-Manöver durchgeführt werden sollten. Wemyss – Holden et al. sehen einen weiteren Vorteil der ECL gegenüber der RFA darin, dass die intrahepatische Anwendung nur extrem selten zu Thrombosen führe und desweiteren bisher keine Blutungskomplikationen beschrieben seien [94]. Ein Vorteil der RFA liegt unserer Meinung nach in ihrer einfacheren Handhabung, da bei monopolarer RFA nur eine Sonde (bei ECL zwei Elektroden) platziert werden muss, was die Anwendung dieser Methode deutlich erleichtert. Hildebrand et al. veröffentlichten 2007 eine Arbeit, in der ein Prototyp zur intraoperativen Navigation einer laparoskopischen RFA vorgestellt wurde [31]. Über eine 3D-Darstellung der Leber, in der auch Lebergefäße und Lebertumoren dargestellt wurden, war es den Autoren möglich, die korrekte Lage der RFASonde in Bezug auf den Tumor zu dokumentieren und die RFA-Sonde genau in der Mitte des Tumors zu positionieren. Eine solche 3D-Navigation könnte auch für die Anwendung der ECL von enormem Vorteil sein, um Fehlpositionierungen der ECL-Elektroden zu verhindern, insbesondere dann, wenn die Anwendung mit mehr als zwei ECL-Elektroden pro Tumor durchgeführt werden soll. Ein weiterer Vorteil Anwendungsdauer. Die der RFA gegenüber der RFA ist mit einer vom ECL ist die kürzere Hersteller empfohlenen Ablationszeit von 10 min nach Erreichen der Betriebstemperatur schnell durchzuführen, wenn man berücksichtigt, dass für die ECL je nach applizierter Dosis bis zu 200 min (600 C, bei 50 mA) pro Ablationsvorgang benötigt werden. Das verwendete Gerät (ECU 300) der Firma Söring verfügt allerdings über drei getrennt voneinander anzusteuernde Ablationskanäle, sodass bei simultaner Ablation mehrerer Leberherde zumindest eine partielle Zeitersparnis erreicht werden kann. Die klinische Anwendung kann grundsätzlich bei beiden Methoden perkutan erfolgen. Eine Verbesserung der Praktikabilität bei Therapie mit ECL ______________________________________________________________ 55 _________________________________________________________Diskussion kann unter Umständen erreicht werden, wenn die Patienten während der Applikationsdauer unter Umgehung des Operationssaales intensivmedizinisch betreut werden. Cockburn et al. kombinierten 2007 beide Verfahren in einem Versuchsaufbau [12]. Die Arbeitsgruppe applizierte in einer ersten Phase einen Gleichstrom mit einer Spannung von 9 V. In der zweiten Phase wurde die Applikation dieses Gleichstroms fortgeführt und gleichzeitig eine RFA durchgeführt. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass mittels dieser sogenannten „Bimodal electric tissue ablation (BETA)“ größere Nekrosen erzeugt werden können als mit gewöhnlicher RFA. Ob dieses Verfahren allerdings auch Vorteile in der Durchführung perivaskulärer Ablationen bietet, blieb offen und muss in weiteren Studien untersucht werden. 4.4 Versuchsdurchführung und Kritik am eigenen Vorgehen Zur Reduktion von Tierversuchen wurden in der vorliegenden Arbeit alle Untersuchungen ex-vivo an einem Perfusionsmodell mit Schweinelebern durchgeführt, die aus einem Schlachthof in Bad Oldesloe bezogen wurden. Die Grundzüge dieses Perfusionsmodells gehen dabei auf Arbeiten von Lubienski und Bitsch über ein bovines Leberperfusionsmodell zurück [6, 47] und wurden an die besonderen Gegebenheiten des Versuchstiers Schwein angepasst. Obgleich wir einen nahegelegenen Schlachthof in unsere Arbeiten integrieren konnten, kam es aufgrund des Transports und den zu treffenden Vorbereitungen im Labor zu Ischämiezeiten zwischen 90 min und 180 min. In dieser Zeit wurden die Schweinelebern ohne Sauerstoffversorgung und Perfusion auf Crusheis gelagerten. Wir gehen jedoch davon aus, dass diese perfusionsfreien Zeiten die Ablationsergebnisse nicht wesentlich beeinflusst haben, da es mitunter auch in der Transplantationsmedizin zu hypothermen Organtransportzeiten von mehreren Stunden kommt. Darüber hinaus postulierte die Arbeitsgruppe um Schon et al. 2001, dass auch nach einstündiger warmer Ischämiezeit und anschließender vierstündiger extrakorporaler Leberperfusion von einer intakten Organfunktion auszugehen sei [78]. ______________________________________________________________ 56 _________________________________________________________Diskussion Um den vaskulären Perfusionseffekt zu imitieren, wurde auf ein etabliertes Perfusionsmodell zurückgegriffen [6, 39, 47, 51, 77]. Dieses Modell stellt eine Annäherung insbesondere an die physikalischen Kühlungseffekte im Organsystem dar, weist aber Limitierungen hinsichtlich systemischer körpereigener Reaktionen auf. Kritisch muss zu der vorliegenden Arbeit angemerkt werden, dass alle Ablationen in gesundem Lebergewebe durchgeführt wurden. Im Gegensatz zu anderen Arbeitsgruppen [31, 32] verzichteten wir bewusst auf die Verwendung einer Tumormimikry in Form von Kollagen- oder Agar-Gel-Präparaten, da es Ziel dieser Arbeit war, die perivaskulären Ablationsareale post ablationem makroskopisch und histologisch zu beschreiben. Eine solche Auswertung wäre nach dem Einbringen von Fremdmaterial in die Ablationsareale nicht mehr möglich gewesen. Desweiteren verweisen wir auf eine Studie von Li et al., in der gezeigt werden konnte, dass gesunde und maligne Zellen in vergleichbarer Weise durch ECL zerstört werden [40]. Die Verwendung einer Tumormimikry hielten wir daher in diesem Versuchsmodell mit der genannten Zielsetzung nicht für sinnvoll und führten alle Ablationen in gesundem Lebergewebe durch. Die bis heute bekannten Tumormodelle mit Implantation von Karzinomzellen für experimentelle Studien beziehen sich ausschließlich auf Kleintierversuche. Reproduzierbare Modelle für die Untersuchung intrahepatischer Malignome am Großtier stehen bisher noch nicht zur Verfügung. Letztendlich entschieden wir uns für die Durchführung der Versuche in gesundem Lebergewebe am Großtier Schwein, weil davon ausgegangen werden muss, dass Ergebnisse über Perfusionseffekte auf beide Verfahren (RFA und ECL) im Kleintierversuch nicht auf die Anwendung am Menschen hätten übertragen werden können. Bei Verwendung eines Perfusionsmodells wird explizit darauf hingewiesen, dass die vorliegenden Ergebnisse einer Kontrolle durch in-vivo-Studien bedürfen. So ist es möglich, dass immunologische Faktoren ebenso wie die Aktivierung thrombogener Faktoren einen bisher nicht evaluierbaren Einfluss auf die Ablationen mittels RFA und ECL ausüben. So beschrieben Hinz et al. 48 Stunden nach Durchführung der ECL eine Infiltration von immunkompetenten Zellen [32], die allerdings von Wemyss – Holden et al. in mehreren Studien nicht nachgewiesen werden konnte [86, 94, 96]. Erwartungsgemäß konnte in der ______________________________________________________________ 57 _________________________________________________________Diskussion vorliegenden Arbeit eine solche Infiltration von Entzündungszellen bei Verwendung einer akorpuskulären Perfusionslösung nicht beobachtet werden. Letztendlich gilt es, Auswirkungen dieser systemischen Faktoren in weiteren Untersuchungen zu evaluieren. ______________________________________________________________ 58 __________________________________________________Zusammenfassung 5. Zusammenfassung Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind viele Lebermalignitäten nicht mehr kurativ operabel, sodass Radiofrequenzablation auf (RFA) nicht-resezierende oder die Methoden elektrochemische wie Lyse die (ECL) zurückgegriffen werden muss. Es existieren bisher keine vergleichenden Daten über die Wirkung beider Methoden im selben Versuchsaufbau bei Durchführung perivaskulärer Ablationen. Es wurden insgesamt 83 Ablationen (59 RFA, 24 ECL) an 27 Schweinelebern in einem ex-vivo Perfusionsmodell durchgeführt. Die sonographisch gestützt perivaskulär gesetzten Läsionen wurden post ablationem nach makroskopischer Beurteilung in Formalin fixiert, mittels Hämatoxylin-Eosin gefärbt und der weiteren histologischen Bewertung zugeführt. Nach Anwendung der RFA konnten makroskopisch in 52,5 % aller Ablationen perivaskuläre Aussparungen im Ablationsareal nachgewiesen werden. In Abhängigkeit vom Durchmesser der angrenzenden Gefäße kam es zu einer Verkleinerung der erzeugten Läsionen. Die histologische Untersuchung der Präparate ergab weiterhin, dass 70,1 % aller Gefäße, die in der makroskopisch beschriebenen Nekrosezone lagen, nach RFA vital erschienen. Nach perivaskulärer Anwendung der ECL konnte weder makroskopisch noch histologisch ein Einfluss des intravasalen Flüssigkeitsstroms auf die Ablationsareale nachgewiesen werden. Morphologisch erhaltene Hepatozyten wurden im Anwendungsgebiet der ECL auch in unmittelbarer Gefäßnähe histologisch nicht nachgewiesen. Ferner erschienen die Gefäßwände aller Gefäße, die durch die Nekrosezone verliefen, destruiert. Die Gefäßkontinuität war dabei in allen Präparaten erhalten. Es wird geschlussfolgert, dass die ECL im Gegensatz zur RFA in diesem Versuchsaufbau bei perivaskulärer Ablation Nekrosen ausbildet, die nicht von intravasalen Flüssigkeitsströmungen beeinflusst werden und somit zuverlässiger zu einer Zerstörung des Zielareals führen. Diese Erkenntnisse bedürfen der weiteren Untersuchung in einem in-vivo Experiment, um den Einfluss immunkompetenter Zellen, thrombogener Faktoren und anderer Körperreaktionen auf RFA und ECL evaluieren zu können, da das Perfusionsmodell hier an seine Grenzen stößt. ______________________________________________________________ 59 __________________________________________________Literaturverzeichnis 6. Literaturverzeichnis 1. Adam R, Bismuth H, Castaing D. Repeat hepatectomy for colorectal liver metastases. Ann Surg. 1997, 225, S. 51 - 60. 2. Barkman CA, Almquist LO, Kirkhorn T, Holmer NG. Thermotherapy: feasibility study using a single focussed ultrasound transducer. Int J Hyperthermia. 1999, 15, S. 63 – 76. 3. Baxter PS, Wemyss-Holden SA, Dennison AR, Maddern GJ. Electrochemically induced hepatic necrosis: the next step forward in patients with unresectable liver tumours? Aust N Z J Surg. 1998, 68(9), S. 637 - 640. 4. Berendson J, Simonsson D. 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Ralf Czymek aus der Klinik für Chirurgie des UK-SH Campus Lübeck für die Überlassung des Themas und sein unbeschreibliches Engagement, mit dem er mich bei der Bearbeitung dieses Themas zu jeder Zeit auf eine einmalige Weise unterstützt hat. Ohne seine Geduld und zahlreichen wertvollen Ideen wäre die Fertigstellung dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Ich wünsche ihm alles Gute und viel Erfolg für seine weitere Zukunft. Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Bruch als Direktor der Klinik für Chirurgie des UKSH Campus Lübeck und Herrn Prof. Dr. Feller als Direktor des Instituts für Pathologie des UK-SH Campus Lübeck für die Bereitstellung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsmaterialien. Ganz besonders möchte ich mich bei Herrn Maximilian Gebhard aus dem Institut für Pathologie des UK-SH Campus Lübeck bedanken, der mich in die Arbeit am Mikroskop eingearbeitet hat und mir bei der Auswertung der Präparate geholfen hat. Ebenso danke ich Frau Gisela Grosser-Pape und Herrn PD Dr. Dr. Habermann sowie Forschungslabor für den die übrigen stetige Mitarbeitern Unterstützung aus bei dem der chirurgischen Anfertigung der histologischen Präparate. Frau Killaitis aus der Klinik für Chirurgie des UK-SH Campus Lübeck möchte ich herzlich für die Unterstützung bei der statistischen Auswertung danken. Bedanken möchte ich mich auch bei den übrigen Doktoranden der Arbeitsgruppe Jan-Bscharah Nassrallah und Dorothea Dinter für die stets gute Zusammenarbeit. Bei Cathi möchte ich mich für ihre Unterstützung während des gesamten Studiums, ihre Liebe und die wundervolle Zeit mit ihr bedanken. Zuletzt möchte ich mich ganz herzlich bei meinen Eltern bedanken, die mir das Studium erst ermöglicht haben und durch deren liebevolle Art mir diese Zeit immer in schöner Erinnerung bleiben wird. ______________________________________________________________ 71 _____________________________________________________Lebenslauf 8. Lebenslauf Name: Stephan Löffler Geburtsdatum: 17.04.1987 Geburtsort: Ostercappeln Anschrift: Heideeck 1 49143 Bissendorf Staatsangehörigkeit: deutsch Religion: ev.-luth. Schulausbildung: 1993 – 1997: Grundschule Wissingen 1997 – 1999: Orientierungsstufe Schulzentrum Bissendorf 1999 – 2005: Ratsgymnasium Osnabrück Studium: 2005/10: Beginn des Studiums der Humanmedizin an der Universität zu Lübeck 2007/09: Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung 2010/01: Beginn der Dissertation im Fach Chirurgie 2010/08: Beginn des Praktischen Jahres Wahlfach (Orthopädie): Schön Klinik Neustadt Innere Medizin: Schön Klinik Neustadt Chirurgie: Sana Klinik Lübeck 2011/10: Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung ______________________________________________________________ 72 ________________________________Veröffentlichungen der Arbeitsergebnisse 9. Veröffentlichungen der Arbeitsergebnisse Posterpräsentationen Dritter Lübecker Doktorandentag, Lübeck 10.06.2009 * Lebermetastasen in Gefäßnähe - Radiofrequenzablation (RFA) vs. Elektrochemische Lyse (ECL) Löffler S, Dinter D, Gebhard M, Habermann J, Bruch HP, Lubienski A, Czymek R 185. Tagung der Vereinigung Nordwestdeutscher Chirurgen, Lübeck 03.06.2010 – 05.06.2010 Perivaskuläre Ablationen – Vergleich zwischen elektrochemischer Lyse und Radiofrequenzablation Löffler S, Gebhard M, Habermann J, Roblick UJ, Bruch HP, Czymek R Vorträge 3. Jahrestagung Viszeralmedizin, Hamburg 02.10.2009 Intrahepatische Radiofrequenzablation versus elektrochemische Lyse ex vivo: Was passiert perivaskulär? Czymek R, Löffler S, Dinter D, Gebhard M, Lubienski A, Bruch HP 186. Tagung der Vereinigung Nordwestdeutscher Chirurgen, Hamburg 09.12.2010 – 11.12.2010 ** Intrahepatische Ablation: Radiofrequenzablation versus elektrochemische Lyse Czymek R, Löffler S, Dinter D, Nassrallah J, Bruch HP Originalarbeiten Journal of Surgical Research 2010 Dec 3. [Epub ahead of print] Intrahepatic radiofrequency ablation versus electrochemical treatment ex vivo. Czymek R, Loeffler S, Dinter D, Gebhard M, Schmidt A, Jungbluth T, Kleemann M, Bruch HP, Lubienski A Saudi Journal of Gastroenterology 2011 [im Druck] Electrochemical treatment: An investigation of dose-response relationships using an isolated liver perfusion model Czymek R, Dinter D, Loeffler S, Gebhard M, Laubert T, Lubienski A, Bruch HP, Schmidt A Auszeichnungen: * Posterpreis der Universität zu Lübeck - Dritter Lübecker Doktorandentag 10.06.2009 (s.o.) ** Günther-Haenisch-Preis (dotiert mit 4000€) – 186. Tagung der Vereinigung Nordwestdeutscher Chirurgen 09.12.2010 – 11.12.2010 (s.o.) ______________________________________________________________ 73