39 Mittwoch, 9. November 2011 · Nr. 89 Gold mit neuem Glanz 40 Basismetalle erleiden Einbussen Calls auf SMI-Titel sind gefragt 41 Warrants auf Gold und Silber erzielen hohen Umsatz Nächster Akt der Schuldenkrise 41 Anleger an der Eurex handeln rege Optionen auf Adecco Weniger Strukis gehandelt China importiert mittlerweile 60% des globalen Sojaexportvolumens. Mitte der Neunzigerjahre war das Reich der Mitte noch Nettoexporteur. Herausforderungen in Agrargütern Die Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln sowie Biotreibstoffen nimmt zu – Die Anbaufläche schrumpft durch Urbanisierung Z um Jahresbeginn hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) mit der Meldung aufgeschreckt, dass der von ihr geführte World Food Price Index erneut ein Rekordhoch erreicht und damit das letzte Höchst von 2008 übertroffen hat. So ist der Weizenpreis 2010 um über 50% gestiegen, Mais ist ebenfalls rund 50% geklettert. Die inflationsbereinigte Betrachtung relativiert allerdings das Bild von exorbitant hohen Nahrungsmittelpreisen. So lässt ein Blick auf den bis ins Jahr 1957 ­zurückreichende World Food Export Price Index des IMF – adjustiert um die Entwicklung des US-Konsumentenpreisindex – erkennen, dass das gegenwärtige Preisniveau auf realer Basis noch weit von den in den Siebzigerjahren gemessenen Höchst entfernt ist. Die Benchmark notiert nur geringfügig über den um die Jahrtausendwende erreichten historischen Tiefst (vgl. Grafik). Auffallend ist neben der nominalen Preisentwicklung der starke Anstieg der Volatilität (Schwankungsbreite) der Nahrungsmittelpreise im vergangenen Jahrzehnt. Dies deutet auf einen grundlegenden Wandel der ökonomischen Treiber in der Agrarwirtschaft und der Nahrungsmittelproduktion hin. Angesichts der demografischen Entwicklung und anhaltend hoher Wachstumsraten der Weltwirtschaft – bei gleichzeitig zunehmender Verlagerung von Wirtschaftskraft aus westlichen Volkswirtschaften in die Schwellenländer Asiens und Südamerikas – ist die Welt in der nachhaltigen Sicherstellung der Nahrungsversorgung der wachsenden Welt­ bevölkerung immensen Herausforderungen gegenübergestellt. Weltbevölkerungswachstum Nach Schätzung der Vereinten Nationen wird die Weltbevölkerung von 6,9 Mrd. Menschen 2010 bis 2020 um eine weitere Milliarde zunehmen und bis 2050 auf 9,2 Mrd. anschwellen. Dabei konzentriert sich der Zuwachs auf die wachstumsstarken Schwellenländer und Gebiete der Dritten Welt. Nach Aussage der FAO wird die Sicherstellung einer adäquaten Ver­ sorgung mit Nahrungsmitteln eine Steige- rung des landwirtschaftlichen Ertrags um 70% erfordern. Angesichts der beschränkten Verfügbarkeit unerschlossener Anbauflächen können diese Anforderungen nur durch eine massive Produktivitätssteigerung erfüllt werden. Bereits seit der Jahrtausendwende ist eine immense Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung vieler Schwellenländer in Asien und Südamerika zu beobachten. Ihre Industrialisierung und der dadurch bedingte Rohstoffhunger haben sich mittlerweile zum dominierenden Faktor für die Preisfindung an den globalen Rohwarenmärkten entwickelt. Nutzung als Energieträger Die mit der Industrialisierung einhergehende fortschreitende Urbanisierung hat vielfach den permanenten Verlust landwirtschaftlicher Anbauflächen zur Folge. In China allein sind über die vergangenen zwölf Jahre 8,3 Mio. Hektar Ackerland der Erschliessung neuer Städte zum Opfer gefallen. Das Schrumpfen der Anbauflächen hat dazu geführt, dass China, das als weltgrösster Getreideproduzent 1995 noch ein Nettoexporteur von Sojabohnen war, mittlerweile 60% des globalen Sojaexportvolumens importiert. Selbst eine moderate Zunahme der Importquote hätte damit massive Auswirkungen auf die Weltmarktpreise. Die Deckung eines Ausfalls von 5% der chinesischen Getreideernte würde nach Schätzung der Standard Chartered Bank allein 20% des globalen Getreide­ exportvolumens erfordern. Als Rohstoffe für die Biotreibstoffproduktion in der Form von Ethanol oder Bio- Real nicht teuer 500 Lösungsansätze 400 300 200 100 0 diesel von besonderem Interesse sind Mais, Sojabohnen, Zucker und Palmöl. Palmöl wird mittlerweile zum grössten Teil dediziert für die Herstellung von Biodiesel kultiviert. Während bei Zucker rund 50% der jährlichen Produktion Brasiliens in die Ethanolgewinnung wandern, waren es bei Mais 2010 40% der amerikanischen Ernte, die wiederum 40% der Weltproduktion darstellt. So hat die Nachfrage nach Weizen seit 2006 um lediglich 7% zugenommen, während der Konsum von Mais im selben Zeitraum einen Anstieg von 20% verzeichnet hat. Die historisch tiefen Lagerbestände von Mais lassen erwarten, dass der Weltmarktpreis, getrieben von der Nachfrage nach Biotreibstoffen, weiter anziehen wird. Neben der Urbanisierung können auch die Übernutzung durch die Förderung von Bodenerosion sowie die Verunreinigung oder die Erschöpfung von Grundwasservorkommen zum Verlust von Anbauflächen führen. Die FAO warnt in ihrem umfangreichen Landwirtschafts­ bericht «Save and Grow», dass die intensive Form der Landwirtschaft, die unter massivem Einsatz von Düngern und Pestiziden im Zuge der sogenannten grünen Revolution im vergangenen Jahrhundert in enormen Produktivitätsgewinnen und Ertragssteigerungen bei Weizen, Mais und Reis resultiert hatte, signifikante schädliche Nebeneffekte aufweise und Gefahr laufe, das produktive Potenzial von Böden langfristig dauerhaft zu schädigen. Der Bericht ruft zu einer Abkehr von einseitigen Monokulturen auf, hin zu einer ökologisch ausgewogenen und nachhaltigen Landwirtschaft. Er weist darauf hin, dass auf diesem Weg der Wasser- und der Energiebedarf um bis zu 30 bzw. 60% gesenkt werden können. in % Quelle: FAO, IMF / Grafik: FuW, si David-Michael Lincke 1957 1967 1977 1987 1997 n Nahrungsmittelpreise indexiert (nominal) n Nahrungsmittelpreise indexiert (real) 2007 Die Herausforderungen, mit denen sich die Menschheit bei der Sicherstellung der Versorgung einer weiterhin rasant wachsenden Weltbevölkerung konfrontiert sieht, sind gewaltig. Sie lassen sich langfristig nur über eine umfassende Neu­ auflage der grünen Revolution bewältigen, die unter Sicherstellung der ökolo­ gischen Nachhaltigkeit signifikante Produktivitätsgewinne in der Landwirtschaft realisieren wird. Umgesetzt werden kann all dies nur durch einen massiv erhöhten Kapital­ einsatz. Um die dafür erforderlichen Mittel zu mobilisieren, müssen entsprechend lohnende Renditeaussichten bestehen. Hohe Preise für Agrargüter schaffen die ­erforderlichen Anreize für eine Ausdehnung der Produktion und damit längerfristig auch wieder für eine Entspannung des Marktes. Das alte Sprichwort aus dem Rohstoffhandel, das besagt, dass hohe Preise das beste Heilmittel gegen hohe Preise seien, dürfte somit weiterhin seine Gültigkeit bewahren. Dass dieser Prozess auch mit schmerzhaften sozialen Folgen gerade für die ärmsten Teile der Weltbevölkerung einhergeht, ist leider unvermeidlich. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass die betroffenen Bevölkerungsschichten selbst primär in der Landwirtschaft beschäftigt sind und damit von einer verbesserten Ertragssituation in diesem Wirtschaftssektor ebenfalls profitieren. Anlagemöglichkeiten Dem Anleger, der am langfristigen Potenzial der Agrarmärkte partizipieren möchte, bieten sich verschiedene Optionen an. ­Einerseits kann er über ein Engagement an den Warenterminbörsen direkt in landwirtschaftliche Rohstoffe investieren. Andererseits kann er sich über den Erwerb von Anteilen an Unternehmen aus dem Agrarsektor indirekt beteiligen. Im Allgemeinen sind in Rohstoffengagements direkte Investitionen den indirekten vorzuziehen. Rohwaren weisen gegenüber traditionellen Anlageklassen wie Aktien und Anleihen eine tiefe Kor­ relation (Gleichläufigkeit) auf, wodurch sie einen besonders wertvollen Beitrag zur Steigerung der Diversifikation und zur Senkung der Gesamtvolatilität des Port­ folios leisten können. Rohstoffaktien sind dagegen zusätzlich dem systemischen ­Risiko des Aktienmarktes ausgesetzt und weisen darüber hinaus unternehmensspezifische Gefahren auf. Der Diversifi­ kationsgewinn fällt in einem indirekten Rohstoffengagement deshalb in der Regel deutlich geringer aus. David-Michael Lincke ist Head of Port­foliomanagement von Picard Angst Asset Management in Pfäffikon SZ. Im Oktober büsste der Umsatz an der ­Derivatbörse Scoach im Vergleich zum Vormonat 14,5% auf 3,8 Mrd. Fr. ein. Dies ist dem Bericht des Informationsanbieters Derivative Partners DP zu entnehmen. Das Gros des Volumens wird von Hebelprodukten erzielt. Auf sie entfielen im ­Oktober 2,3 Mrd. Fr., also rund 60% des Gesamtumsatzes und fast gleich viel wie im September. Die grösste Umsatzeinbusse entfiel auf Renditeoptimierungsprodukte, dazu gehören Barrier Reverse Convertibles. Während ihr Volumen im September 892 Mio. Fr. betrug, waren es im Oktober nur noch 389 Mio. Fr. Umsatz schwankt Im laufenden Jahr sind im Volumen der Scoach deutliche Schwankungen zu erkennen. So kletterte der Umsatz im März markant – damals schockierte die Naturund Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima. Dasselbe war im August zu beobachten, als die EU-Schuldenkrise ­erneut eskalierte (vgl. Grafik). In beiden Monaten nahm die Volatilität (Schwan­ kungsbreite) der Märkte deutlich zu. Dies führt in der Regel zu Umschichtungen in den Depots der Anleger. Ebenfalls nimmt ihr Bedürfnis zu, bestehende Positionen abzusichern – dazu eignen sich Hebel­ produkte. Des Weiteren begünstigen volatile Märkte Arbitrage in Derivaten (vgl. FuW Nr. 64 vom 13. August). Arbitrageure nutzen kurze Verzöge­ rungen aus, wenn Emittenten und Market Maker die Kurse von Derivaten sowie ­kotierten Fonds (ETF) aktualisieren. Eine Kursveränderung im Basiswert führt immer zu einer Neukalkulation der Derivate und ETF und darauf folgend einem aktualisierten Preis des Papiers. Dieser wird vom Emittenten dann ins Handelssystem der Börse eingespeist. Arbitrageure ver­ suchen, schneller zu sein als die Bank. Hohe Volatilität führt zu einer erhöhten Frequenz in den Kursaktualisierungen. Das lädt Arbitrageure ein, was zu auf­ geblähten Volumen an der Scoach führt. Aussagekraft von Volumen Die Arbitrage stellt die Aussagekraft der Scoach-Volumen somit in Frage. Hinzu kommt, dass das Gros von Zertifikaten mit Anlagecharakter von Investoren meist im Primärmarkt erworben wird. Diese Papiere werden oft bis zum Verfall gehalten und erscheinen in keiner Umsatzstatistik. Aussagekraft über den Zustand des ­hiesigen Zertifikatmarkts hat das Statis­ tische Monatsheft der Schweizerischen ­Nationalbank SNB. Es weist den Derivatbestand in den Kundendepots in der Schweiz aus. Ende August betrugen die Anlagen 191,3 Mrd. Fr., das entspricht 4,9% der Gesamtvermögen. Seit Ende 2009 ­bewegt sich der Wert im Bereich von 5%. Solange die Märkte von Unsicherheit geprägt sind, ist weiterhin mit stagnierenden AST Anlagen in Derivaten zu rechnen. Hebel dominiert 7 in Mrd. Fr. 6 Quelle: Derivative Partners Research / Grafik: FuW, si Bild: Daniel Acker/Bloomberg Vermögen in Derivaten stagniert 5 4 3 2 1 0 n n n n N D J F M A M J 2010 2011 Hebelprodukte Partizipationsprodukte Renditeoptimierungsprodukte Kapitalschutzprodukte J A S O