Verallgemeinerte Itô-Formel Vortrag von Felix Endres im Seminar Mathematische Physik am 08 Januar 2013 Defintion 1 : Itô-Prozess Ein Itô-Prozess ist ein stochastischer Prozess von der Form Z t Z t g(s)ds, a ≤ t ≤ b, f (s)dB(s) + Xt = Xa + (1) a a wobei Xa Fa -messbar ist f ∈ Lad (Ω, L2 [a, b]), und g ∈ Lad (Ω, L1 [a, b]). Eine Kurzform der Gleichung (1) ist das “stochastische Differential” dXt = f (t)dB(t) + g(t)dt. (2) Dieses Differential hat aber an sich keine Bedeutung und sollte nur sinnbildlich verstanden werden. Aus ihm ist aber schnell die Integralform aus Gleichung (1) abzulesen. Satz 1: Die verallgemeinerte Itô-Formel Sei Xt ein Itô-Prozess definiert wie in Gleichung (1) und θ(t, x) eine stetige Funktion mit stetigen par∂θ ∂2θ tiellen Ableitungen ∂θ ∂t , ∂x , und ∂x2 . Dann ist θ(t, Xt ) auch ein Itô-Prozess und t ∂θ θ(t, Xt ) = θ(a, Xa ) + (s, Xs )f (s)dB(s) ∂x a Z t ∂θ 1 ∂2θ ∂θ 2 (s, Xs ) + (s, Xs )g(s) + (s, Xs )f (s) ds. + ∂t ∂x 2 ∂x2 a Z (3) Dieser Satz kann durch die gleiche Methodik bewiesen werden, die schon zum Beweis der Itô-Formel in der einfachen Form genutzt wurde. Die Gleichung (3) zu erhalten, ohne diese explizit zu beweisen, gelingt mit der Itô-Tabelle: × dB(t) dt dB(t) dt 0 dt 0 0 Dazu schreibt man die “Differentialform” der Gleichung (3) in Taylorentwicklung: dθ(x, Xt ) = ∂θ ∂θ 1 ∂2θ (t, Xt )dt + (t, Xt )dXt + (t, Xt )(dXt )2 . ∂t ∂x 2 ∂x2 Mit der Itô-Tabelle erhält man (dXt )2 = f (t)2 und somit dθ(x, Xt ) = ∂θ ∂θ 1 ∂2θ dt + (f (t)dB(t) + g(t)dt) + f (t)2 dt. ∂t ∂x 2 ∂x2 Beispiel 1 : Langevin Gleichung Gegeben ist die Langevin Gleichung : dXt = αdB(t) − βXt dt, X0 = x0 , α ∈ R und β > 0 Hierbei ist die Größe Xt die Geschwindigkeit zur Zeit t eines freien Teilchens in einer Flüssigkeit. Der Term −βXt beschreibt die viskose Reibungskraft proportional zur Geschwindigkeit. Zudem wirkt eine Zufallskraft, beschrieben durch αdB(t), welche durch zufällige Stöße durch die Flüssigkeitsmoleküle 1 generiert wird. Diese “Stochastische Differentialgleichung” kann als folgende stochastische Integralgleichung interpretiert werden: Z t Z t Xt = x0 + αB(t) − β Xs ds. (4) 0 0 Lösung : Sei θ(t, x) = eβt x. Dann gilt ∂θ ∂t = βeβt x , ∂θ ∂x = eβt und ∂2θ ∂x2 = 0. Mit Gleichung (3) folgt dann: d(eβt Xt ) = βeβt Xt dt + eβt dXt = βeβt Xt dt + eβt (αdB(t) − βXt dt) = αeβt dB(t). Daraus folgt die stochastische Integralgleichung Z t αeβu dB(u), s ≤ t. eβt Xt = eβs Xs + s und somit ist Xt geben durch Z t Xt = e−β(t−s) Xs + α e−β(t−u) dB(u). 0 für s = 0 erhalten wir die Lösung der Gleichung (4) Z t Xt = e−βt x0 + α e−β(t−u) dB(u). 0 Die Lösung Xt wird auch Ornstein-Uhlenbeck Prozess genannt. Mehrdimensionale Itô-Formel (1) (2) (n) Seien B1 (t), B2 (t)....., Bm (t) m unabhängige brownsche Bewegungen und Xt , Xt , ....., Xt n ItôProzesse gegeben durch Z t n Z t X (i) Xt = Xa(i) + fi,j (s)dBj (s) + gi (s)ds, 1 ≤ i ≤ n, (5) j=1 a a mit fi,j ∈ Lad (Ω, L2 [a, b]) und gi ∈ Lad (Ω, L1 [a, b]) für alle 1 ≤ i ≤ n und 1 ≤ j ≤ m. Durch die Vekotren und Matrizen (1) f1,1 (t) . . . f1,m (t) B1 (t) Xt . . . . , Xt = . , f (t) = . . . B(t) = . . . . (n) f (t) . . . f Bm (t) n,1 n,m (f ) Xt ergibt sich Gleichung (5) zur Matrixgleichung: Z Xt = Xa + t Z f (s)dB(s) + a , g(t) = g1 (t) . . . gn (t) t g(s)ds, a≤t≤b a Nun können wir die Itô-Formel (Gleichung (3)) auf den mehrdimensionalen Fall erweitern. ∂θ ∂2θ Sei θ(t, x1 , ...., xn ) eine stetige Funktion auf [a, b] × Rn mit stetigen partiellen Ableitungen ∂θ ∂t , ∂xi , ∂xi ∂xj (1) (n) für 1 ≤ i, j ≤ n. Dann ist das stochastische Integral von θ(t, Xt , ...., Xt ) gegeben durch (1) (n) dθ(t, Xt , ...., Xt ) = + n X ∂θ ∂θ (1) (n) (1) (n) (i) (t, Xt , ...., Xt )dt + (t, Xt , ...., Xt )dXt ∂t ∂x i i=1 n 1 X ∂2θ (1) (n) (i) (j) (t, Xt , ...., Xt )dXt dXt , 2 i,j=1 ∂xi ∂xj 2 (6) (i) (j) wobei die Produkte dXt dXt mit der mehrdimensionalen Itô-Tabelle berechnet werden können: × dBi (t) dt dBj (t) δi,j dt 0 dt 0 0 Beispiel 2 : Itô-Produkt-Formel ∂θ Man betrachte nun die Funktion θ(x, y) = xy. Die partiellen Ableitungen ergeben sich zu ∂x = y, ∂θ ∂θ ∂2θ ∂2θ ∂θ = x, = = 1, und = = 0. Wendet man jetzt Gleichung (6) an für zwei Itô-Prozesse ∂y ∂y∂x ∂x∂y ∂y 2 ∂x2 Xt und Yt so erhält man 1 1 d(Xt Yt ) = Yt dXt + Xt dYt + dXt dYt + dYt dXt = Yt dXt + Xt dYt + dXt dYt . 2 2 Z t Z t Z t dXs dYs . Xs dYs + Ys dXs + ⇒ Xt Yt = Xa Ya + a a a Diese Gleichung wird auch Itô-Produkt-Formel genannt. Beispiel 2 : Brownsche Helix Sei Xt = cosB(t), Yt = sinB(t) und Zt = B(t). Der Spaltenvektor Vt mit Komponenten Xt , Yt und Zt gibt die Position zum Zeitpunkt t eines Objektes an, dass sich auf einer brownschen Helix bewegt. Mit der Itô-Formel erhält man 1 1 dXt = −sinB(t)dB(t) − cosB(t)dt = −Yt dB(t) − Xt dt, 2 2 1 1 dYt = cosB(t)dB(t) − sinB(t)dt = Xt dB(t) − Yt dt, 2 2 dZt = dB(t). Das heißt, das stochastische Differential von Vt erfüllt die lineare Gleichung dVt = (KVt + q)dB(t) + LVt dt, V0 = v0 , 0 mit K, q, L, und v0 gegeben durch K = 1 0 1 v0 = 0 0 −1 0 0 -0.5 0 0 0 , q = 0 , L = 0 1 0 0 0 0 -0.5 0, 0 0 wobei man die stochastische Differentialgleichung als stochastische Integralgleichung interpretieren muss. Quellen Kuo, Hui-Hsiung: Introduction to Stochastic Integration, Springer Science+Business Media, New York, 2006 http://www.encyclopediaofmath.org/index.php/Ornstein-Uhlenbeck process 3