Die Spirometrie - Schlüsseluntersuchung für die

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Medizinisches Thema
KV-Blatt 01.2011
Die Spirometrie: Schlüsseluntersuchung für die Diagnose der COPD
Wenn sie husten, lasst sie pusten!
Wenn sie husten, lasst sie pusten, die
Patienten, die vielleicht COPD haben!
Allzu leicht wird ein chronischer Husten
– gerade beim Raucher – als „harmloser, normaler“ Husten eingestuft
und nicht weiter verfolgt. Dabei ist der
chronische – nicht immer produktive –
Husten eines der wichtigsten Schlüsselsymptome für die COPD. Diese erheblich unterdiagnostizierte Erkrankung ist
ansonsten gekennzeichnet durch eine
schleichende – und auch gerade deswegen oft vom Patienten nicht wirklich
bemerkte – Belastungsdyspnoe.
Dauerhafter Husten und Belastungsdyspnoe – Verdacht auf COPD
Wenn früher der Raucher mittleren bis fortgeschritteneren Alters der
COPD-Kranke war, so wandelt sich
bei den Neudiagnosen inzwischen
das Bild. Immer mehr Frauen rauchen und ziehen deswegen auch bei
der Neudiagnose der COPD nach.
10 – 20 Packungsjahre (1 Packungsjahr
= 1 Jahr täglich eine Packung Zigaretten
rauchen) genügen, damit auf das Rauchen mit COPD reagiert wird (das ist
bei etwa 25 % aller dauerhaften Raucher
der Fall). Es ist also heutzutage durchaus gängiges Erleben, dass bereits
bei Frauen in ihren mittleren dreißiger
Lebensjahren eine moderate bis mittelschwere COPD diagnostiziert wird. Aus
den USA liegen Daten vor, die zeigen,
dass Frauen inzwischen häufiger an
COPD versterben als Männer 1.
COPD – weitgehend unterdiagnostiziert
Die BOLD-Studie (Burden Of Lung
Diseases) hat dies eindrucksvoll
gezeigt 3,4. Insgesamt ist wohl mit etwa
sechs Mio. COPD-Kranken in Deutschland zu rechnen – in großen Teilen
davon bislang nicht aufgedeckt 2. Dabei
hängt der weitere Verlauf der Erkrankung entscheidend von der frühzeitigen
Aufdeckung ab. Doch dazu weiter unten
mehr.
Pusten also: die Spirometrie
Die Anfertigung einer aussagekräftigen Lungenfunktionsprüfung am Spirometer – nicht selten leichter gesagt als
getan! Schließlich ist eine Spirometrie
nur aussagekräftig, wenn der Patient
dabei wirklich gut mitarbeitet; und das
bedeutet, er muss so angetrieben werden, dass er „bis zum Äußersten“ einatmet, ausatmet, schnell ausatmet …
Das ist – gerade wenn nicht ständig und
Todesfälle als Folge chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (USA, 1980 –2000)
Todesfälle /Jahr
70.000
60.000
Männer
50.000
40.000
30.000
Frauen
täglich durchgeführt – nicht jedermanns
Sache. Nicht selten zögern junge Arzthelferinnen, ältere Patienten wirklich
direktiv und entschlossen so anzutreiben, dass eine verwertbare Spirometrie
dabei herauskommt. Aber: Eine lasch
durchgeführte Lungenfunktionsprüfung
ist vollständig wertlos!
Woran man eine gute Spirometrie
erkennen kann
Folgende vier Merkmale führen zum Ziel:
r Aus tiefster Inspiration muss sehr forciert und schnell ausgeatmet werden.
Das führt zu einem sehr steilen initialen Anstieg der Flussvolumenkurve.
r Eine forcierte Exspiration ist daran zu
erkennen, dass der schnelle Atemfluss-Anstieg mit einem markanten
spitzen Kurvenumschlag endet.
r Wer unter ständigem Antreiben („und
weiter ausatmen und weiter, weiter,
weiter …“) wirklich komplett bis zum
Ende ausatmet, erzeugt ein flaches
Auslaufen des exspiratorischen
Anteils der Flussvolumenkurve.
r Die Vitalkapazität – Volumen von
maximaler Ausatmung zu maximaler
Einatmung bzw. umgekehrt – ist von
entscheidender Bedeutung bei der
Bewertung: Aus ihr wird abgelesen,
ob der Einsekundenstoß (FEV1) im
Vergleich zur Vitalkapazität tatsächlich ausreichend oder zu gering war:
Es wird der Quotient FEV1 / VC gebildet. – Eine Spirometrie muss also
eine verlässliche Vitalkapazität messen. Wenn diese in Einatmung und
Ausatmung gleich hoch ist, liegen Sie
wahrscheinlich richtig.
20.000
10.000
0
1980
1984
1988
COPD Mortalität um 67 % gestiegen
2000 erstmals mehr COPD-Todesfälle bei Frauen
1982
1996
2000
Eine routiniert durchgeführte Spirometrie muss nicht mehr als 2 – 3 Minuten dauern. Und: Der Patient muss
dabei nicht angeschrieen werden! Es
kommt darauf an, dass die Helferin
sich auf den Patienten voll konzentriert,
ihm vorher alles genau erklärt und ihn
dann bei der Untersuchung immer gut
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KV-Blatt 01.2011
l/s
Neue Substanzen erleichtern die
COPD-Behandlung
l/s
l
Initial steiler Anstieg des Flusses
l
r Indacaterol, besonders stark und lang
wirksames Betamimetikum
r Roflumilast, ein sogenannter PDEInhibitor (Phosphodiesterase-Hemmer), eine erste vielversprechende
entzündungshemmende Substanz
neben Kortikosteroiden.
Spitzer Kurvenumschlag
l/s
l/s
l
l
Flaches Auslaufen der Exspiration
VKexspir = VKinspir
führt. Das bedeutet auch: Tür zu bei der
Spirometrie. Und: Die Helferin wird in
keinem Fall abgelenkt, angesprochen,
vom Telefonklingeln weggeholt etc. Der
Patient sitzt mit Nasenklammer und
Mundstück da und möchte das gerne
hinter sich bringen – nur zu verständlich!
der COPD und nicht mit Asthma bronchiale zu tun haben. Das ist so auch
als Einschreibekriterium für das DMP
COPD festgelegt.
Die Interpretation der Spirometrie
Das Merkmal der COPD ist die sogenannte „fixierte“ Obstruktion. Wenn
Sie also eine obstruktive Ventilationsstörung messen, also eine Herabsetzung des FEV1 unter 80 % des erwarteten sowie eine Verringerung des
Quotienten FEV1 / FVC, liegt eine
Obstruktion vor. Wenn Sie dann eine
Spasmolyse durchführen – also den
Patienten z. B. Salbutamol oder Ipatropiumpromid inhalieren lassen und
dann nach ca. 15 Min. die Spirometrie
wiederholen, ändert sich beim COPDPatienten wenig. Dieses Wenig – also
weniger als 20 % Verbesserung – ist
geradezu ein Kriterium, dass wir es mit
Zwei neue Substanzen sind aktuell für
die Behandlung der moderaten bis
schweren COPD in Deutschland zugelassen worden:
COPD-Diagnose gestellt – wie weiter?
Die nationale Versorgungsleitlinie
COPD 5 gibt das vom Schweregrad
abhängige Stufenschema vor: Eskaliert wird mit zunächst bedarfsabhängig inhalierten kurz wirksamen
Bronchospasmolytika, am häufigsten
ein Betamimetikum, wie Salbutamol,
und / oder ein Vagolytikum, wie Ipatropiumpromid. Die Steigerungsschritte
in Abhängigkeit der Lungenfunktion
gehen über lang wirksame Spasmolytika und die eventuelle Einbeziehung
inhalativer Kortikosteroide bis hin zur
Langzeitsauerstofftherapie, Heimbeatmung, Lungentransplantation.
Über allem aber steht: Noxen meiden!
Das bedeutet fast immer: Rauchstopp!
Außerdem Impfungen, also Grippeimpfung und Pneumokokkenimpfung.
Indacaterol zeichnet sich durch eine
gegenüber bisherigen Betamimetika
sehr viel längere und etwas stärkere
Wirksamkeit von 24 Stunden aus und
ist in Deutschland unter den Handelsnamen Onbrez ®“ / Novartis bzw. Hirobrez ® / Takeda eingeführt worden.
Roflumilast ist als Daxas ® / Nycomed
eingeführt worden. Es ist in Tablettenform erhältlich. Roflumilast ist geeignet, den eigentlichen Schrittmacher
des COPD-Fortschrittes, die Exazerbation, seltener zu machen und damit
die Progression der Erkrankung aufzuhalten. Roflumilast, das ergänzend
zur inhalativen Therapie gegeben wird,
kann daneben die ventilatorische Funktion bereits nach kurzer Gabe steigern.
Es eignet sich – so der erste Eindruck
aufgrund der bisherigen ZulassungsStudienlage – vor allem für Übergewichtige „blue bloater“ mit Neigung
zur häufigen Exazerbation (Nebenwirkung von Roflumilast: Gewichtsabnahme im ersten Jahr).
Beide neuen Substanzen erscheinen
vielversprechend – und für die kommenden Jahre hat die Arzneimittelindustrie weitere Verbesserungen in der
„Pipeline“.
Oberste Priorität bei COPD:
Rauchstopp
Aber: Wer mit COPD weiter raucht,
dem helfen alle Medikamente allen-
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Fortsetzung von Seite 37
falls, die begrenzte Besserung der Lungenfunktion (Stichwort Reversibilität unter 20 %) etwas zu fördern. Die
eigentliche Progression der Erkrankung
ist wirksam nur zu verringern, wenn
ein möglichst frühzeitiger und vollständiger Rauchstopp realisiert wird. Nur
dann ist gesichert, dass die verbliebene
ventilatorische Kapazität bestmöglich
bewahrt wird. Beim fortdauernden Rauchen sinkt das FEV1 nun einmal jährlich
um 50 – 60 ml ab. Wenn der Rauchstopp
gelingt, ist das jährliche Verlusttempo
der ventilatorischen Kapazität bei nur
noch 25 – 30 ml – so schnell wie beim
nichtrauchenden Gesunden 6.
Ein Silberstreif am Horizont: Der
Gemeinsame Bundesausschuss hat
am 15.10.2009 beschlossen, dass
COPD-Patienten innerhalb von DMP
die Tabakentwöhnung einschließlich
psychosozialer Unterstützung (Verhaltenstherapie) und medikamentöser Unterstützung angeboten und
damit bezahlt werden soll, wenn Entwöhnungswilligkeit besteht. Dieser
Beschluss harrt der Bestätigung durch
das Bundesministerium für Gesundheit – auf dessen Weisheit wir Ärzte für
unsere COPD-Kranken hoffen.
Thomas Hering
Lungen- und Bronchialheilkunde
13507 Berlin
tion in the prevalence of COPD (the
BOLD Study): a population-based prevalence study. Lancet, 2007. 370 (9589):
p. 741 – 50.
5 Bundesärztekammer, Kassenärztliche
Bundesvereinigung, and A.d.W.M. Fachgesellschaften, Nationale Versorgungsleitlinie COPD, Version 1.7.
www.versorgungsleitlinien.de, 2010.
6 Andreas, S., et al., Tabakentwöhnung bei
COPD – S3 Leitlinie herausgegeben von
der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin [Guidelines
for smoking cessation in patients with
COPD issued by the Deutsche Gesellschaft fur Pneumologie und Beatmungsmedizin]. Pneumologie, 2008. 62 (5):
p. 255 – 72.
Fluß-Volumen-Kurve
Asthma
(vollständig reversible Obstruktion)
COPD
(kaum reversible Obstruktion)
Fluß [L/sec]
Fluß [L/sec]
10
10
8
8
9
9
4
4
2
2
–2
1
2
3
4
5
Volumen [L]
–4
Emphysemknick
1
–2
2
3
4
5
Volumen [L]
–4
vor Broncholyse
nach 200 μg Salbutamol
Referenzen
Study Nurse Ausbildung
1
Berufsbegleitendes Intensivtraining für medizinisches
)achSersRnal als beruÀiche 4uali¿zierung im Bereich
der klinischen Forschung
Mannino, D. M., et al., Chronic obstructive pulmonary disease surveillance–
United States, 1971 – 2000. MMWR
Surveill Summ, 2002. 51 (6): p. 1 – 16.
2 Geldmacher, H., et al., [The prevalence
of chronic obstructive pulmonary disease
(COPD) in Germany: results of the
BOLD study]. Dtsch Med Wochenschr,
2008. 133 (50): p. 2609 – 14.
3 Mannino, D. M. and A. S. Buist, Global
burden of COPD: risk factors, prevalence, and future trends. Lancet, 2007.
370 (9589): p. 765 – 73.
4 Buist, A. S., et al., International varia-
Norm
Quelle: Thomas Hering – Lungenarztpraxistegel
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