Untersuchungen zu Zytostatikarückständen in Serum und Urin bei

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Tierärztliche Hochschule Hannover
Untersuchungen zu Zytostatikarückständen in
Serum und Urin bei Hunden mit Tumorerkrankungen
während und nach Chemotherapie
INAUGURAL – DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin
-Doctor medicinae veterinariae(Dr. med. vet.)
vorgelegt von
Anna Katharina Felicitas Knobloch
Brilon
Hannover 2010
Wissenschaftliche Betreuung:
Univ. Prof. Dr. med. vet. Ingo Nolte
Klinik für Kleintiere Tierärztliche Hochschule
Hannover
1. Gutachter:
Univ. Prof. Dr. med. vet. Ingo Nolte
2. Gutachter:
Univ. Prof. Dr. med. vet. Manfred Kietzmann
Tag der mündlichen Prüfung:
19.05.2010
Das Projekt, in dessen Rahmen diese Arbeit entstanden ist, wurde gefördert von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG SI 1412/1-1, HA 3343/2-1).
MEINEN LIEBEN ELTERN
Diese Dissertation basiert auf zwei Veröffentlichungen in international anerkannten
wissenschaftlichen Zeitschriften mit Gutachtersystem (peer review).
INHALT:
I.
Einleitung ....................................................................................................... 1
II.
Zusammenfassung der Ergebnisse beider Studien .................................... 4
III.
Übergreifende Diskussion ............................................................................ 7
IV.
Publikationen ............................................................................................... 16
1. Drug residues in serum of dogs receiving anti-cancer chemotherapy
2. Cytotoxic drug residues in urine of dogs receiving anti-cancer
chemotherapy
V.
Zusammenfassung (englisch) ..................................................................... 17
VI.
Zusammenfassung (deutsch)...................................................................... 19
VII.
Schrifttumsverzeichnis ................................................................................ 21
VIII.
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... 32
IX.
Verlagsbestätigungen ................................................................................. 33
X.
Weitere Publikationen im Rahmen dieser Arbeit ....................................... 34
XI.
Danksagung .................................................................................................. 35
1
I.
Einleitung
Chemotherapien werden zur Behandlung chemosensitiver Tumorerkrankungen, als
adjuvante Therapie bei mikroskopischer Tumorerkrankung und als Sensitizer in der
Radiotherapie eingesetzt (CHUN et al. 2001). Auf Grund dieser vielfältigen
Einsatzgebiete werden Chemotherapien auch in der Veterinärmedizin zunehmend
häufiger zur Behandlung einer Vielzahl von Neoplasien eingesetzt (ALBRECHT
1992, HAHN u. RICHARDSON 1995). Die Verteilung der Zytostatika im Organismus,
ihr Metabolismus und schließlich ihre Ausscheidung unterscheiden sich in
Abhängigkeit von der Art des Chemotherapeutikums (MOORE u. ERLICHMAN
1998).
In
der
Humanmedizin
haben
verschiedene
Studien
gezeigt,
dass
Krankenhauspersonal auf onkologischen Stationen zytotoxischen Substanzen
ausgesetzt sein kann (SESSINK et al. 1992, 1994; ENSSLIN et al. 1994, 1997;
BURGAZ et al. 1999; PETHRAN et al. 2003; FRANSMAN et al. 2004, 2005, 2007).
Der Kontakt kann sowohl teratogene (SELEVAN et al. 1985; STÜCKER et al. 1990)
als auch mutagene (WAKSVIK et al. 1981; POHLOVÀ et al. 1986; MILKOVICKRAUS u. HORVAT 1991; SARDAS et al. 1991; GOLONI-BERTOLLO et al. 1992;
SESSINK et al. 1994) Effekte hervorrufen. Die zunehmend häufigere Durchführung
von Chemotherapien in der Kleintiermedizin wirft die Frage auf, inwieweit
Zytostatikarückstände in Se- und Exkreten entsprechend behandelter Patienten
potentielle Gesundheitsrisiken für den Menschen und Umweltgefahren darstellen.
In Ermangelung veterinärmedizinischer Studien über Rückstände dieser Substanzen
basieren Richtlinien für den Umgang mit Chemotherapien in der Veterinärmedizin
derzeit auf Empfehlungen für die Humanmedizin. In einem ersten Dokument für die
Veterinärmedizin hat das European College of Veterinary Internal Medicine of
Companion Animals (ECVIM-CA) entsprechende Protokolle für den Umgang mit
Zytostatika und dabei anfallenden Abfallprodukten veröffentlicht. Diesen Protokollen
liegen humanmedizinische Richtlinien, unter anderem des NIOSH (National Institute
for Occupational Safety on Health) und des MARC (Management and Awareness of
Risks of Cytotoxic Handling) zugrunde (ECVIM-CA 2007).
2
Wegen der guten Wirksamkeit von Chemotherapien beim malignen Lymphom und
bei metastasierten Mastzelltumoren des Hundes stellen diese Tumorerkrankungen
häufige Indikationen für die Anwendung von Zytostatika in der Veterinärmedizin dar.
Das Lymphom ist eine der häufigsten Neoplasien des Hundes (DORN et al. 1968;
DORN et al. 1970). Diverse Chemotherapieprotokolle zur Behandlung dieser
neoplastischen Erkrankung wurden bis heute veröffentlicht (ZEMANN et al. 1998;
CHUN et al. 2000; BOYCE u. KITCHELL 2000; MOORE et al. 2001; GARRETT et al.
2002;
SIMON
et.
al.
2006,
SIMON
et
al.
2008).
Viele
dieser
Kombinationschemotherapieprotokolle enthalten unter anderem die Zytostatika
Asparaginase, Cyclophosphamid, Vincristin und Doxorubicin.
Mastzelltumoren repräsentieren den zweithäufigsten Tumor beim Hund und den
häufigsten Hauttumor des Hundes (DORN et al. 1968; PRIESTER 1973; VAIL 1996).
Da bis zu 40% dieser Tumoren high-grade oder undifferenziert sind (HOTTENDORF
u. NIELSEN 1967; BOSTOCK 1973; PATNAIK et al. 1984), und für undifferenzierte
Mastzelltumoren eine Metastasierungsrate bis zu 96% (BOSTOCK 1973; VAIL 1996)
beschrieben ist, haben diverse Studien den Einsatz von Chemotherapien zur
Behandlung von Mastzelltumoren untersucht (THAMM et al. 1999; DAVIES et al.
2004; THAMM et al. 2006; CAMPS-PALAU et al. 2007; MARCONATO et al. 2008;
RASSNICK et al. 2008). Auch wenn zu erwarten ist, dass die Entwicklung von
Tyrosin-Kinase-Inhibitoren als alternative Behandlungsmethode von high-grade
Mastzelltumoren
die
Einsatzhäufigkeit
reduzieren
wird,
werden
sich
Patientenbesitzer, oftmals aus finanziellen Gründen, auch weiterhin für eine
Chemotherapie entscheiden (HAHN et al. 2008).
Die meisten Chemotherapieprotokolle, sowohl zur Behandlung von Lymphomen, als
auch in der Therapie von Mastzelltumoren, sehen vor, dass die Patienten eine
Woche nach der Chemotherapie zur Laborkontrolle vorgestellt werden. Das
Vorkommen von Zytostatikarückständen im Serum chemotherapeutisch behandelter
Hunde würde für Tierärzte und Laborpersonal durch den Umgang mit den Blutproben
eine
potentielle
Kontaminationsgefahr
und
infolgedessen
das
Risiko
einer
Gesundheitsgefährdung bedeuten. Um derartige Risiken in Zukunft besser erfassen
3
und beurteilen zu können, verfolgt die erste Studie das Ziel, durch eine quantitative
Analyse das Vorkommen von Zytostatikarückständen im Serum von Hunden sieben
Tage nach der Chemotherapie zu untersuchen.
Da die Patienten die Klinik in der Regel nach der Behandlung mit ihren Besitzern
verlassen, könnte weiterhin das Vorkommen von Zytostatikarückständen im Urin der
Tiere eine Gefährdung für Beitzer und andere Personen mit Kontakt zu derart
behandelten Hunden darstellen. Daher befasst sich die zweite Studie, die in diese
Arbeit einfließt, mit der Untersuchung von Zytostatikarückständen im Urin zu
unterschiedlichen Zeitpunkten nach der Chemotherapie.
Die Ergebnisse der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen sollen
zur Charakterisierung möglicher Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem
Einsatz von Chemotherapien in der Veterinärmedizin beitragen.
4
II.
Zusammenfassung der Ergebnisse beider Studien
Serum
Es wurden 33 Serumproben, die wenige Minuten nach der Chemotherapie
gewonnen wurden, analysiert. Diese dienten als Vergleichsmessungen für die
Proben, die sieben Tage nach erfolgter Behandlung entnommen wurden. Die
gemessenen Zytostatikakonzentrationen variierten in Abhängigkeit der jeweiligen
Substanz. Die medianen Serumkonzentrationen lagen nach Vincristin bei 37,0 µg/L
(range: 11,0-87,0 µg/L), nach Vinblastin bei 13,0 µg/L (range: 13,0-35,0 µg/L), nach
Cyclophosphamid bei 2484,0 µg/L (range: 1209,0-2778,0 µg/L) und nach
Doxorubicin bei 404,0 µg/L (range: 234,0-528,0 µg/L).
Insgesamt wurden 81 Serumproben analysiert, die entweder sieben Tage nach der
Applikation von Vincristin, Doxorubicin oder Cyclophosphamid (Lymphompatienten),
oder sieben Tage nach der intravenösen Applikation von Vinblastin und gleichzeitig
ein
bis
zwei
Tage
nach
der
oralen
Gabe
von
Cyclophosphamid
(Mastzelltumorpatienten) gewonnen wurden. Von diesen Proben konnten in einer
Probe Vinblastinrückstände in einer Konzentration von 7,0 µg/L und in zwei Proben
Cyclophosphamidrückstände in den Konzentrationen 7,0 µg/L und 8,0 µg/L
nachgewiesen
werden.
In
allen
anderen
Proben
lagen
die
Rückstandskonzentrationen unter der Nachweisgrenze.
Urin
Insgesamt wurden 666 quantitative Analysen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach
der
Applikation
der
Substanzen
Vincristin,
Vinblastin,
Doxorubicin
und
Cyclophosphamid durchgeführt.
Cyclophosphamid: 203 Proben wurden auf Rückstände von Cyclophosphamid
untersucht. 174 Proben waren von Hunden zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach
der intravenösen Injektion von 200 mg/m2 Cyclophosphamid gewonnen worden. 29
Proben wurden zu verschiedenen Zeitpunkten nach oraler Cyclophosphamidgabe
(50 mg/m2) entnommen. Die mediane Cyclophosphamidkonzentration wenige
5
Minuten nach intravenöser Injektion betrug 398,2 µg/L (range: 1,2-2582,7 µg/L).
Schon an den Tagen 1, 2 und 3 nach der Chemotherapie lagen die medianen
Urinkonzentrationen unterhalb der Nachweisgrenze. Die medianen Konzentrationen
von Cyclophosphamidrückständen 1-2 Tage nach oraler Applikation lagen ebenfalls
unter der Nachweisgrenze.
Vincristin: Es wurden 235 Proben zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach der
intravenösen
Injektion
von
0,7
mg/m2 Vincristin
untersucht.
Die
mediane
Vincristinkonzentration im Urin lag wenige Minuten nach der Chemotherapie bei 53,8
µg/L (range: 3,9-149,2 µg/L). An den Tagen 1, 2 und 3 lagen die medianen
Konzentrationen der gemessenen Vincristinrückstände bei 20,2 µg/L (range: 1,2-63,2
µg/L), 11,4 µg/L (range: 1,0-36.3 µg/L) und 6,6 µg/L (0,5-25,5 µg/L). An den Tagen 7,
10,
14
und
21
nach
der
Chemotherapie
befanden
sich
die
medianen
Vincristinurinkonzentrationen unterhalb der Nachweisgrenze.
Vinblastin: Insgesamt wurden 33 Proben zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach der
intravenösen Injektion von Vinblastin in einer Dosierung von 2 mg/m2 auf
Vinblastinrückstände untersucht. Die mediane Vinblastinurinkonzentration direkt
nach der Chemotherapie betrug 144,9 µg/L (range: 77,9-305,3 µg/L). An den Tagen
1, 2 und 3 nach der Vinblastinapplikation konnten mediane Vinblastinkonzentrationen
von 70,8 µg/L (range: 36,6-111,3 µg/L), 35,6 µg/L (range: 25,2-115,3 µg/L) und 18,7
µg/L (range: 13,2-34,4 µg/L) im Urin gemessen werden. Sieben Tage nach der
Chemotherapie mit Vinblastin betrug die mediane Urinkonzentration der gemessenen
Vinblastinrückstände 3,7 µg/L (range: 0,5-8,3 µg/L). Eine einzelne Probe, die 14
Tage
nach
der
Vinblastinapplikation
gewonnen
worden
war,
enthielt
Vinblastinrückstände in Höhe von 0,5 µg/L.
Doxorubicin: 195 Urinproben nach intravenöser Injektion von 30 mg/m2 Doxorubicin
standen zur Untersuchung auf Doxorubicinrückstände zur Verfügung. Wenige
Minuten
nach
der
Infusion
von
Doxorubicin
lag
die
mediane
Doxorubicinkonzentration bei 354,0 µg/L (range: 102,5-3630,7 µg/L). An den Tagen
1,
2
und
3
nach
der
Doxorubicininfusion
betrugen
die
medianen
Rückstandskonzentrationen 165,6 µg/L (range: 61,4-762,0 µg/L), 156,9 µg/L (range:
53,4-475,1 µg/L) und 158,2 µg/L (range: 13,8-469,8 µg/L). An Tag 7 konnten im
6
Median Doxorubicinkonzentrationen von 26,9 µg/L (range: 0-106,1 µg/L) und an den
Tagen 10, 14 und 21 Konzentrationen von 16,2 µg/L (range: 2,5-73,5 µg/L), 2,5 µg/L
(range: 0-40,5 µg/L) und 2,5 µg/L (range: 0-2,5 µg/L) nachgewiesen werden. Alle
Urinproben, die an den Tagen 22-28 nach der Chemotherapie mit Doxorubicin
gewonnen worden waren enthielten keine nachweisbaren Doxorubicinrückstände.
7
III.
Übergreifende Diskussion
Das Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung von Zytostatikarückständen im Serum
und im Urin von Hunden in Zusammenhang mit der Durchführung von
Chemotherapien
in
der
Veterinärmedizin.
Chemotherapien
werden
in
der
Veterinärmedizin zumeist ambulant durchgeführt, so dass entsprechend behandelte
Patienten nach der Chemotherapie die Klinik oder Praxis mit ihren Besitzern
verlassen. Daher könnten Zytostatikarückstände im Urin in erster Linie ein
potentielles Gesundheitsrisiko für Besitzer und andere Personen mit Kontakt zu
derart behandelten Hunden bedeuten. Es war zu erwarten, dass Urin von
chemotherapeutisch
behandelten
Hunden,
ebenso
wie
es
für
Urin
von
chemotherapeutisch behandelten Menschen gezeigt werden konnte (FRANSMAN et
al. 2004), Rückstände der eingesetzten Substanzen enthalten würde. Dennoch sind
bis heute keine systematischen klinischen Studien veröffentlicht worden, in denen
Rückstände von Chemotherapeutika in Se- und Exkreten von veterinärmedizinischen
Patienten untersucht wurden.
Das Vorkommen von Zytostatikarückständen im Serum chemotherapeutisch
behandelter Hunde wurde in dieser Studie vor allem im Hinblick auf ein potentielles
Kontaminationsrisiko für Tierärzte und Laborpersonal untersucht, welches durch den
Umgang mit Blutproben dieser Hunde bestehen könnte.
In der Humanmedizin beschreiben diverse Studien, über welche Wege Klinikpersonal
in Kontakt mit zytotoxischen Substanzen kommen kann. Sowohl über die Haut
während der Vorbereitung und Durchführung von Chemotherapien (KROMHOUT et
al. 2000, FRANSMAN et al. 2004, 2005), als auch via Inhalation (DE WERK et al.
1983, MC DEVITT et al. 1993, KROMHOUT et al. 2000, KIFFMEYER et al. 2002)
können entsprechende Substanzen von betroffenen Personen inkorporiert werden.
Außerdem bestätigen FRANSMAN et al. (2004, 2005) in zwei Studien das Vorliegen
eines
Expositionsrisikos
beim
Umgang
mit
Urin
von
chemotherapeutisch
behandelten Patienten. Ebenso kann Personal beim Waschen entsprechender
Patienten
und
bei
der
Bettenreinigung
auf
onkologischen
Zytostatikarückständen ausgesetzt sein (FRANSMAN et al. 2004, 2005).
Stationen
8
In der Humanmedizin wird häufig Cyclophosphamid als exemplarische Substanz
gewählt, um die Exposition gegenüber antineoplastischen Substanzen zu messen
(SESSINK et al. 1992; McDEVITT et al. 1993; ENSSLIN et al. 1994; SESSINK et al.
1994; BURGAZ et al. 1999; KROMHOUT et al. 2000; KIFFMEYER et al. 2002;
FRANSMAN et al. 2004, 2005, 2007). Cyclophosphamid wird häufig eingesetzt, und
es
stehen
sensitive
Analysemethoden
zur
Konzentrationsbestimmung
von
entsprechenden Rückständen zur Verfügung (FRANSMANN et al. 2007). Im
Gegensatz zu diesen Studien erlaubt die in der aktuellen Studie angewandte
LC/MS/MS-Methode die simultane Messung der vier Zytostatika Vincristin,
Vinblastin, Cyclophosphamid und Doxorubicin im µg/L-Bereich (HAMSCHER et al.
2010). Diese Substanzen sind Bestandteil vieler Kombinationschemotherapieprotokolle in der Veterinärmedizin (ZEMANN et al. 1998; THAMM et al. 1999; CHUN
et al. 2000; BOYCE u. KITCHELL 2000; MOORE et al. 2001; GARRETT et al. 2002;
DAVIES et al. 2004; SIMON et. al. 2006, THAMM et al. 2006; CAMPS-PALAU et al.
2007; RASSNICK et al. 2008; SIMON et al. 2008), so dass der Analyse ihrer
Residuen wegen der häufigen Anwendung besondere Bedeutung zukommt. Durch
die zeitgleiche Analyse von Rückständen der vier genannten Zytostatika können zu
jedem Messzeitpunkt innerhalb einer Kombinationschemotherapie Rückstände aller
vier Substanzen nachgewiesen werden.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zur Rückstandsanalyse von Zytostatika im
Serum
zeigen,
dass
Zytostatikarückstände
im
Serum
chemotherapeutisch
behandelter Hunde direkt im Anschluss an die Behandlung nachgewiesen werden
können. Diese messbaren Konzentrationen in Serumproben wenige Minuten nach
der Chemotherapie variierten, wie erwartet, je nach applizierter Substanz.
Blutproben, die zu diesem Zeitpunkt gewonnen werden, stellen daher ein
Kontaminationsrisiko dar. Variationen in den Messwerten lassen sich zum Teil durch
geringe Schwankungen in den Zeitintervallen vom Ende der Applikation der
Zytostatika bis zur anschließenden Entnahme der Blutprobe erklären. Diese
Schwankungen sind abhängig von der individuellen Verteilung und vom jeweiligen
Metabolismus im Patienten und von der Arbeitsweise des behandelnden Tierarztes.
Auch wenn es sich hierbei nur um Schwankungen von wenigen Minuten handelt,
9
könnten gewisse Variabilitäten in den Serumkonzentrationen zu diesem Zeitpunkt
von diesem Faktor beeinflusst worden sein. Dennoch stimmen die Ergebnisse dieser
Studie mit früheren pharmakokinetischen Studien überein. Eine jüngere Studie über
die Pharmakokinetik von Doxorubicin berichtet zum Beispiel über vergleichbare
Serumkonzentrationen kurz nach der Doxorubicininfusion (SELTING et al. 2006).
Da eine Blutentnahme direkt nach der Chemotherapie und an den folgenden ein bis
drei Tagen jedoch nur in Ausnahmefällen notwendig sein dürfte, ist der Kontakt von
Tierärzten und Laborpersonal mit Blutproben zu diesen Zeitpunkten seltener.
Laborkontrollen finden in vielen Chemotherapieprotokollen üblicherweise sieben
Tage nach der Behandlung statt (MacEWEN et al. 1981; MYERS et al. 1997;
ZEMANN et al. 1998; SIMON et al. 2006). Daher wurde in dieser Studie der
Interessenschwerpunkt auf diesen Zeitpunkt gelegt, und in der überwiegenden
Mehrzahl der Proben lagen die Rückstandskonzentrationen zu diesem Zeitpunkt
unterhalb der Nachweisgrenzen. In einer einzelnen Probe konnten niedrige
Vinblastinkonzentrationen nachgewiesen werden. Gründe für diese Ausnahme
bleiben unklar. Eine Kontamination während der Probengewinnung oder individuelle
Unterschiede im Metabolismus sind mögliche Erklärungen hierfür. Hieraus ergibt
sich, dass der Umgang mit Blutproben zu diesem Zeitpunkt als sicher angesehen
werden kann.
Es muss jedoch erwähnt werden, dass in zwei von zwölf Serumproben, die ein bis
zwei Tage nach der oralen Gabe von Cyclophosphamid entnommen worden waren,
Cyclophosphamidrückstände nachgewiesen wurden. Obwohl die gemessenen
Serumkonzentrationen zu diesem Zeitpunkt, verglichen mit Konzentrationen direkt
nach der Behandlung, sehr gering waren und nur in einzelnen Proben nachgewiesen
wurden, muss die Möglichkeit des Vorkommens von Rückständen im Serum kurze
Zeit nach oraler Chemotherapie beachtet werden. Dieser Aspekt ist vor allem in
Hinblick
auf
Chemotherapieprotokolle,
Zytostatikaverabreichung
vorsehen,
wie
die
die
beispielsweise
kontinuierliche
zur
Behandlung
orale
der
chronischen lymphatischen Leukämie (LEIFER u. MATUS 1986) oder des multiplen
Myeloms (McEWEN u. HURVITZ 1977), interessant und sollte in zukünftigen Studien
untersucht werden.
10
Die Ergebnisse der Untersuchungen von Zytostatikarückständen im Urin bestätigen,
dass im Urin von Hunden Rückstände aller vier untersuchten Zytostatika (Vincristin,
Vinblastin, Doxorubicin und Cyclophosphamid) nachweisbar sind. Die gemessenen
Konzentrationen variierten in Abhängigkeit vom Untersuchungszeitpunkt nach der
Chemotherapie. Die höchsten Konzentrationen wurden ein bis zwei Stunden nach
der
Behandlung
gemessen.
Cyclophosphamid
zeigte
die
kürzeste
Dauer
nachweisbarer Rückstände im Urin. Residuen dieser Substanz waren nur wenige
Minuten nach der intravenösen Verabreichung messbar. An den Tagen eins bis drei
nach der Behandlung lagen die medianen Cyclophosphamidkonzentrationen
unterhalb der Nachweisgrenze. In einzelnen Urinproben konnten lediglich sehr
niedrige Konzentrationen gemessen werden. Vermutlich sind diese Ergebnisse mit
der Pharmakokinetik von Cyclophosphamid zu erklären. Diese Substanz wird in der
Leber sehr schnell zu aktiven Metaboliten metabolisiert (GLUE u. CLEMENT 1999).
Da die Urinproben in der vorliegenden Arbeit nicht auf das Vorkommen dieser
Metaboliten untersucht wurden, müsste dieser Aspekt in weiterführenden Studien
geklärt werden.
Zusätzlich wurden in der aktuellen Studie Urinrückstände nach oraler Verabreichung
von Cyclophosphamid untersucht. Die Anzahl entsprechender Proben war zwar
gering,
die
Ergebnisse
zeigen
aber,
dass
die
medianen
Cyclophosphamidkonzentrationen im Urin ein bis zwei Tage nach der Gabe
unterhalb
der
Nachweisgrenze
lagen.
In
einer
Probe
konnten
niedrige
Konzentrationen nachgewiesen werden. Die genauere Datenrecherche ergab, dass
der Besitzer das Cyclophosphamid in diesem Fall am Abend eingegeben hatte und
die Urinprobe am folgenden Morgen gewonnen worden war, so dass zwischen
Verabreichung des Zytostatikums und Probengewinnung ein Zeitintervall von 12 statt
24 Stunden wie in den übrigen Fällen, lag. Diese Ergebnisse zeigen, dass detaillierte
Untersuchungen von Zytostatikarückständen im Urin von Hunden mit kontinuierlicher
täglicher oraler Zytostatikagabe durchgeführt werden sollten.
Im Gegensatz zu Cyclophosphamid waren Vincristin- und Vinblastinrückstände im
Urin über einen Zeitraum von drei Tagen nach der Behandlung nachweisbar.
Zusätzlich lag die mediane Vinblastinurinkonzentration sieben Tage nach der
11
Injektion im messbaren Bereich. Da die Anzahl von Urinproben nach der Behandlung
mit Vinblastin, mangels zur Verfügung stehender Patienten, in dieser Studie gering
war, müssten zusätzliche Untersuchungen weiterer Proben, auch zu späteren
Zeitpunkten, die dargestellten Ergebnisse verifizieren und vervollständigen.
Die längste Ausscheidungsdauer von Rückständen im Urin zeigte sich nach der
Behandlung mit Doxorubicin. Doxorubicinrückstände konnten bis zu 21 Tage nach
der
Doxorubicininfusion
im
Urin
nachgewiesen
werden.
Die
gemessenen
Konzentrationen waren mit unter 10% der initialen Doxorubicinurinkonzentration eine
Woche nach der Chemotherapie und 1-2% nach zwei Wochen jedoch relativ niedrig.
Die lange Ausscheidungsdauer von Doxorubicin im Urin kann vermutlich durch seine
pharmakokinetischen Eigenschaften erklärt werden. Es wird an Plasmaproteine und
an Gewebe gebunden (ROBERT u. GIANNI 1993). Diese Bindung führt zu einer
raschen Elimination aus dem Serum, gefolgt von einer zweiten Phase des
Metabolismus in der Leber und anschließend einer letzten metabolischen Phase, in
der die Gewebebindung gelöst wird (ROBERT u. GIANNI 1993).
Die Höhe der in der aktuellen Arbeit gemessenen Doxorubicinrückstände und die
Ausscheidungsdauer unterscheiden sich von Ergebnissen einer vorangegangenen
Studie (HAHN et al. 1994). In dieser früheren Studie konnten Doxorubicinrückstände
im Urin von Hunden mit Lymphomen nur für einen Zeitraum von fünf Tagen nach der
Chemotherapie
nachgewiesen
werden.
Weiterhin
waren
die
gemessenen
Doxorubicinkonzentrationen an den Tagen eins bis vier nach der Chemotherapie in
dieser Studie vier- bis neunfach geringer, als die in der aktuellen Studie
nachgewiesenen Konzentrationen. Die Gründe für diese Unterschiede sind nicht
ganz klar, könnten jedoch in Zusammenhang mit der hohen Selektivität der in der
aktuellen Arbeit eingesetzten LC-ESI-MS-MS-Methode stehen. Anders als in der
Studie von HAHN et al. (1994), in der fünf Hunde in metabolischen Käfigen gehalten
wurden, um den gesamten Urin in diesem Zeitraum sammeln zu können und auf
Doxorubicinrückstände und dessen Metabolite zu untersuchen, wurden in der
vorliegenden Arbeit keine metabolischen Käfige eingesetzt. Deshalb erlauben die
Ergebnisse dieser Arbeit keine differenzierten Aussagen über die Pharmakokinetik
und den Metabolismus der untersuchten Zytostatika. Dadurch kann weder die
12
prozentuale Gesamtzytostatikamenge, die mit dem Urin ausgeschieden wird
angegeben werden, noch können Verteilungskurven erstellt werden. Jedoch sollten
in dieser Arbeit Residuen unter realen Bedingungen der Chemotherapieapplikation
und nachfolgender Entlassung der Patienten untersucht werden, welche keine
Haltung der Patienten in metabolischen Käfigen notwendig macht.
In diesem Kontext stellt sich zusätzlich die Frage, inwiefern die Ausscheidungsdauer
mit dem Körperfettanteil der Hunde korreliert. Dieser interessante Aspekt sollte in
zukünftigen Studien untersucht werden, besonders, wenn es sich um Substanzen
handelt, die wie beispielsweise Doxorubicin eine hohe Gewebebindung aufweisen.
Die Konzentrationen von Rückständen im Urin scheinen hingegen nicht wesentlich
von der Länge der Lagerung der Proben im Kühlschrank beeinflusst zu werden. Im
Stabilitätsversuch wurden Proben initial analysiert, anschließend bei -80°C drei Jahre
aufbewahrt und nach diesem Zeitraum erneut untersucht. Die Cyclophosphamid- und
Doxorubicinkonzentrationen stimmten gut überein. Die Vincristin- genau wie die
Vinblastinkonzentrationen waren über diesen Zeitraum nur sehr geringfügig niedriger
geworden.
Wie
bereits
eingangs
erwähnt,
sind
Richtlinien
für
den
Umgang
mit
Chemotherapeutika und dabei anfallenden Abfallprodukten für die Veterinärmedizin
zusammengestellt worden (ECVIM-CA 2007). In diesen Richtlinien werden auch
Zeiträume definiert, in denen nach der Chemotherapie eine Kontamination durch
Zytostatikarückstände im Urin entsprechend behandelter Patienten zu erwarten ist.
Die
Festlegung
dieser
Zeiträume
basiert
jedoch
auf
Erfahrungen
in
der
Humanmedizin. Für die Zytostatika Cyclophosphamid, die Vincaalkaloide und für
Doxorubicin werden beispielsweise vier, drei bzw. sieben Tage angegeben, an
denen in Folge einer Behandlung mit diesen Substanzen mit entsprechenden
Rückständen im Urin gerechnet werden muss (ECVIM-CA 2007). Die Ergebnisse der
vorliegenden
Arbeit
zeigen
aber,
dass
die
Dauer
der
zu
erwartenden
Ausscheidungen von Rückständen mit dem Urin für Vinblastin und Doxorubicin
angepasst werden müsste. Rückstände dieser Substanzen waren im Urin über
längere Zeiträume als angegeben messbar. Im Gegensatz
dazu zeigte
13
Cyclophosphamid
eine
kürzere
Ausscheidungsdauer
von
Rückständen
der
Reinsubstanz. Allerdings sollte im Hinblick auf das Vorkommen potentieller
zytotoxischer Metaboliten von Cyclophosphamid im Urin, das in dieser Arbeit nicht
untersucht wurde, der Urin mit entsprechender Vorsicht auch über einen Tag nach
der Chemotherapie hinaus behandelt werden.
Bis heute beschreiben zwei frühere Veröffentlichungen das Expositionsrisiko
gegenüber Zytostatika in der Veterinärmedizin (ERJAVEC et al. 2001, MEIJSTER et
al. 2006). In einer Studie untersuchten die Autoren die Exposition von Personen bei
der Zubereitung und Verabreichung von Zytostatika in veterinärmedizinischen
Kliniken. Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Werte nachweisbarer
Zytostatikarückstände auf der Oberfläche von Handschuhen 15-mal höher lagen als
gemessene
Werte
während
der
Verabreichung
von
Zytostatika
in
Humankrankenhäusern (MEIJSTRER et al. 2006). Rückstände in Se- und Exkreten
klinischer Patienten wurden in dieser Studie jedoch nicht untersucht. Ein weiterer
Fallbericht beschreibt den Haarverlust bei zwei Haustieren, die durch mit Paclitaxel
kontaminierten Speichel ihrer Besitzerin, die wegen eines Ovarialzellkarzinoms
chemotherapeutisch behandelt wurde, Paclitaxel aufgenommen hatten (ERJAVEC et
al. 2001). Der Speichel der Besitzerin war auf einen Hund und eine Katze übertragen
worden, weil sie von der Besitzerin vorgekautes Essen gefüttert bekamen. Dieser
Fall zeigt, dass Speichel eine zusätzliche potentielle Kontaminationsquelle darstellen
könnte. Der Aspekt sollte daher ebenfalls in weiterführenden Studien untersucht
werden.
In einer jüngeren Studie berichten FRANSMAN et al. (2007) von der sinkenden
Expositionsrate
von
Krankenschwestern
onkologischer
Stationen
gegenüber
Zytostatika zwischen 1997 und 2000 in den Niederlanden. Unter anderem hat die
Erstellung detaillierter Richtlinien zu dieser Senkung beigetragen. Das Ergebnis
dieser Studie betont die Bedeutung der Charakterisierung von Berufsrisiken und
Umweltgefahren in Verbindung mit der Durchführung von Chemotherapien in der
14
veterinärmedizinischen Onkologie und die Verbesserung der Risikosituation durch
Anpassung von Sicherheitsstandards.
Die Nachweisgrenzen der in den vorliegenden beiden Studien angewandten
Methode für die vier untersuchten Substanzen stellen einen limitierenden Faktor der
Studien dar. Die hier untersuchten Zytostatika werden teilweise von der International
Association of Research on Cancer (IARC) als karzinogen und mutagen und alle als
teratogen klassifiziert (IARC 1975, 1976, 1981, 1987). Demnach müsste jede
nachweisbare Menge dieser Substanzen als potentiell gesundheitsgefährlich
angesehen werden. Unter Beachtung, dass Patienten in der Veterinärmedizin in der
Regel geringere Mengen der Chemotherapeutika erhalten als Patienten in der
Humanmedizin (RUSLANDER 2005), weil niedrigere Dosierungen eingesetzt werden
und
die
Körpergewichte
der
Tiere
geringer
sind,
können
niedrigere
Rückstandskonzentrationen erwartet werden als in der Humanmedizin. Es bleibt
unklar, ob in der vorliegenden Arbeit die Proben mit Messergebnissen unterhalb der
festgesetzten Nachweisgrenzen wirklich frei von Rückständen der entsprechenden
Zytostatika sind. Verbesserte Messmethoden mit geringeren Nachweis- und
Bestimmungsgrenzen würden diesen Faktor präzisieren. Auf der anderen Seite ist
unklar, inwiefern die gemessenen Rückstandskonzentrationen überhaupt hoch
genug sind, um ein Gesundheitsrisiko für den Menschen darzustellen. Dieser Aspekt
kann in der vorliegenden Arbeit nicht letztendlich geklärt werden. Daher müssen
weiterführende Studien Mutagenitätsprüfungen mit Zytostatikadosierungen in Höhe
der nachgewiesenen Konzentrationen beinhalten. Erst dadurch wird es möglich sein,
potentielle Gefahren ausgehend von Zytostatikarückständen im Serum und im Urin
näher zu definieren. So lange entsprechende Daten noch nicht zur Verfügung
stehen, sollte Urin und Serum von Hunden, die mit den zytotoxischen Substanzen
Vincristin,
Vinblastin, Cyclophosphamid und
Doxorubicin behandelt
werden,
innerhalb der Zeiträume, in denen in dieser aktuellen Studie Zytostatikarückstände
nachgewiesen werden konnten, mit entsprechender Vorsicht und entsprechend den
Richtlinien für den Umgang mit Chemotherapien in der Veterinärmedizin behandelt
werden.
15
Diese Arbeit stellt einen ersten wichtigen Schritt zur Charakterisierung von
Zytostatikarückständen in Se- und Exkreten von Hunden während und nach der
Chemotherapie dar. Die Ergebnisse tragen dazu bei, bestehende Richtlinien für die
Veterinärmedizin anzupassen und damit das Expositionsrisiko für den Menschen zu
reduzieren, um so zu einem sichereren Umgang mit Chemotherapien in der
Veterinärmedizin zu führen.
16
IV.
Publikationen
Der selbstständige Anteil an diesen Publikationen umfasst die Probenakquise, die
Auswertung der Ergebnisse und Literaturrecherche und die Verfassung beider
Publikationen als Hauptautorin.
1.
KNOBLOCH, A., S. A. I. MOHRING, N. EBERLE, I. NOLTE, G. HAMSCHER,
D. SIMON (2010):
Drug residues in serum of dogs receiving anticancer chemotherapy.
J.Vet.Intern.Med. 24, 379-383
2.
KNOBLOCH, A., S. A. I. MOHRING, N. EBERLE, I. NOLTE, G. HAMSCHER,
D. SIMON (2010):
Cytotoxic drug residues in urine of dogs receiving anticancer chemotherapy.
J.Vet.Intern.Med. 24, 384-390
17
V.
Zusammenfassung (englisch)
Anna Katharina Felicitas Knobloch (2010):
Evaluation of drug residues in serum and urine of dogs receiving anti-cancer
chemotherapy
The presence of drug residues in serum and urine of chemotherapeutically treated
dogs may represent an occupational hazard. However, studies on cytotoxic drug
residues in serum and urine of clinical patients are lacking in veterinary oncology.
Therefore, the objective of the two studies was the quantitative analysis of cytotoxic
drug residues in serum of dogs seven days after treatment and in urine at different
timepoints following treatment, in order to evaluate possible occupational hazards
associated with chemotherapy in veterinary medicine.
Client-owned canine cancer patients treated for lymphoma or mast cell tumors with
the
chemotherapeutic
agents
vincristine,
vinblastine,
cyclophosphamide,
or
doxorubicin were eligible for these studies.
Measurement of vincristine, vinblastine, cyclophosphamide and doxorubicin residues
in serum and urine was performed by liquid chromatography tandem mass
spectrometry (LC/MS/MS).
In the first study evaluating drug residues in serum the mean serum concentrations of
33 samples collected directly after treatment were: vincristine: 37.0 µg/L, vinblastine:
13.0 µg/L, cyclophosphamide: 2484.0 µg/L, doxorubicin: 404.0 µg/L. In 81 serum
samples collected seven days following treatment, the majority of samples conained
no measurable residues. The analysis only revealed low vinblastine residues
(7.0 µg/L)
in one sample collected seven days following treatment and low
concentrations of cyclophosphamide (7.4 µg/L and 8.6 µg/L) in two samples collected
one to two days following oral administration.
The second study evaluating drug residues in urine showed a median
cyclophosphamide residue concentration of 398.2 µg/L directly following treatment
(d0) and below the level of detection on days 1-3 (d1, d2, d3). Median vincristine
residue concentration was 53.8 µg/L directly after treatment and 20.2, 11.4, and
6.6µg/L on days 1, 2, and 3. Median vinblastine residues amounted to 144.9 (d0),
18
70.8 (d1), 35.6 (d2), and 18.7 µg/L (d3) with low concentrations detectable for seven
days after treatment. Median urine doxorubicin concentrations were 354.0 (d0), 165.6
(d1), 156.9 (d2), and 158.2 µg/L (d3). Low concentrations of doxorubicin residues
were measurable up to 21 days after administration.
The conclusion of the two studies is that in this population of dogs, measurement of
serum from canine chemotherapy patients seven days following treatment with
vincristine, vinblastine, cyclophosphamide and doxorubicin revealed no detectable
chemotherapy residues in the majority of cases. Therefore, handling of blood
samples at this time point may be considered safe. In urine samples variable
concentrations of cytostatics were measured, depending on sampling time point and
substance. Findings may serve to improve present chemoprotection guidelines and
help minimize exposure risks.
19
VI.
Zusammenfassung (deutsch)
Anna Katharina Felicitas Knobloch (2010):
Untersuchungen zu Zytostatikarückständen in Serum und Urin bei Hunden mit
Tumorerkrankungen während und nach Chemotherapie
Obwohl Zytostatika in Abhängigkeit von der Substanz als kanzerogen, mutagen und
teratogen einzustufen sind und somit eine potentielle Gesundheitsgefährdung für
Kontaktpersonen darstellen, gab es bis heute keine systematischen Studien, die
Rückstände dieser Substanzen nach chemotherapeutischer Behandlung von Hunden
in der Veterinärmedizin untersucht haben. Die vermehrte Anwendung von
Chemotherapeutika in der Veterinärmedizin wirft jedoch die Frage nach möglichen
Gesundheitsrisiken für Kontaktpersonen, so wie Umweltrisiken durch Rückstände in
Se- und Exkreten und entsprechenden Ausscheidungen chemotherapeutisch
behandelter Tiere auf.
Daher
war
das
Ziel
der
zwei
Studien
die
quantitative
Analyse
von
Zytostatikarückständen im Serum von Hunden sieben Tage nach der Chemotherapie
und im Urin zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach der Chemotherapie, um mögliche
Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit Chemotherapien in der Veterinärmedizin
zu definieren.
Eingegangen in die Studien waren Hunde, die wegen eines Lymphoms oder eines
Mastzelltumors mit den Chemotherapeutika Vincristin, Vinblastin, Cyclophosphamid
oder Doxorubicin behandelt worden waren.
Die Konzentrationen von Vincristin, Vinblastin, Cyclophosphamid und Doxorubicin im
Serum und im Urin wurden mittels einer quantitativen LC/MS/MS-Methode bestimmt.
In der ersten Studie, in der Zytostatikarückstände im Serum untersucht wurden,
betrugen die medianen Serumkonzentrationen in 33 Serumproben, die wenige
Minuten nach der Behandlung gewonnen worden waren: Vincristin: 37,0 µg/L,
Vinblastin: 13,0 µg/L, Cyclophosphamid: 2484,0 µg/L, Doxorubicin: 404,0 µg/L.
In 81 Serumproben, die entweder sieben Tage nach der Applikation von Vincristin,
Doxorubicin oder Cyclophosphamid (Lymphompatienten), oder sieben Tage nach der
intravenösen Applikation von Vinblastin und ein bis zwei Tage nach der oralen Gabe
20
von Cyclophosphamid (Mastzelltumorpatienten) gewonnen worden waren, konnten in
der Mehrzahl der Proben keine Rückstände nachgewiesen werden. Lediglich in einer
Probe wurden Vinblastinrückstände in einer Konzentration von 7,0 µg/L und in zwei
Proben Cyclophosphamidrückstände in den Konzentrationen 7,4 µg/L und 8,6 µg/L
gemessen.
Die zweite Studie, in der Zytostatikarückstände im Urin untersucht wurden, ergab
eine mediane Konzentration von Cyclophosphamidrückständen im Urin von 398,2
µg/L am Tag der Behandlung (d0). An den Tagen 1-3 (d1, d2, d3) nach der
Behandlung lagen die Cyclophosphamidrückstände unterhalb der Nachweisgrenze.
Die mediane Vincristinrückstandskonzentration lag bei 53,8 µg/L am Tag der
Behandlung und bei 20,2 µg/L, 11,4 µg/L, und 6,6 µg/L an den Tagen 1, 2, und 3. Die
medianen Vinblastinrückstände wurden in den Konzentrationen 144,9 µg/L (d0), 70,8
µg/L
(d1),
35,6
µg/L
(d2),
und
18,7
µg/L
(d3)
gemessen.
Niedrige
Vinblastinkonzetrationen waren im Urin bis sieben Tage nach der Behandlung
messbar. Mediane Doxorubicinkonzentrationen lagen bei 354,0 µg/L (d0), 165,6 µg/L
(d1), 156,9 µg/L (d2), und 158,2 µg/L (d3). Niedrige Konzentrationen von
Doxorubicinrückständen waren im Urin bis zu 21 Tage nach der Doxorubicininfusion
messbar.
Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Arbeit scheint es, dass in Blutproben
chemotherapeutisch behandelter Hunde sieben Tage nach der Chemotherapie mit
Vincristin,
Vinblastin,
Cyclophosphamid
und
Doxorubicin
keine
Zytostatikarückständen zu erwarten sind und der Umgang mit den Blutproben zu
diesem Zeitpunkt als sicher angesehen werden kann. Im Urin dagegen sind in
Abhängigkeit vom Zeitpunkt nach der Behandlung und der applizierten Substanz
unterschiedlich hohe Konzentrationen von Zytostatikarückständen zu erwarten. Die
Ergebnisse dieser Arbeit sollen dazu beitragen Richtlinien für den Umgang mit
Chemotherapien
in
der
Veterinärmedizin
und
zur
Vermeidung
von
Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit dem Einsatz von Zytostatika bei Tieren
zu entwickeln.
21
VII.
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32
VIII. Abkürzungsverzeichnis
µg
Mikrogramm
L
Liter
mg
Milligramm
m2
Quadratmeter
d
day
IU
international units
SC
subcutanenous
IV
intravenous
PO
per os
°C
degree celsius
min
minutes
mL
millilitre
M
mol
mM
millimol
pH
pondus hydrogenii
g
gravitational acceleration
et al.
et alii
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IX.
Verlagsbestätigungen
1.
30-Nov-2009
Dear Dr. Simon:
It is a pleasure to accept your manuscript entitled "Drug residues in serum of dogs receiving anticancer chemotherapy" in its current form for publication in the Journal of Veterinary Internal
Medicine.
Thank you for choosing the Journal of Veterinary Internal Medicine for publication of your work.
Sincerely,
Prof. Kenneth Hinchcliff
Editor in Chief, Journal of Veterinary Internal Medicine
[email protected]
2.
10-Nov-2009
Dear Dr. Simon:
It is a pleasure to accept your manuscript entitled "Cytotoxic drug residues in urine of dogs receiving
anti-cancer chemotherapy" in its current form for publication in the Journal of Veterinary Internal
Medicine.
Thank you for choosing the Journal of Veterinary Internal Medicine for publication of your work.
Sincerely,
Dr. Stephen DiBartola
Editor in Chief, Journal of Veterinary Internal Medicine
[email protected]
34
X.
Weitere Publikationen im Rahmen dieser Arbeit
Publikationen:
1. G Hamscher, SAI Mohring, A Knobloch, N Eberle, H Nau, I Nolte, D Simon (2010)
Determination of drug residues in urine of dogs receiving anti-cancer
chemotherapy: is there an environmental or occupational risk?
J.Anal.Toxicol. accepted for publication November 15th, 2009
Vorträge:
1. A Knobloch, SAI Mohring, N Eberle, I Nolte, G Hamscher, D Simon (2008):
Analysis of drug residues in serum of dogs receiving anti-cancer
chemotherapy
18th ECVIM-CA Congress in Ghent (4-6th September 2008)
2. A Knobloch, SAI Mohring, N Eberle, I Nolte, G Hamscher, D Simon (2009):
Untersuchungen von Zytostatikarückständen im Serum von Hunden nach
Chemotherapie
InnLab-Tagung in Berlin (31. Januar-1. Februar 2009)
3. A. Knobloch, SAI Mohring, N Eberle, I Nolte, G Hamscher, D Simon (2010):
Belastung von Patient und Umwelt durch Chemotherapeutika
Leipziger Tierärztekongress (21. Januar-23. Januar 2010)
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X.
Danksagung
Zunächst möchte ich Herrn Prof. Dr. Ingo Nolte dafür danken, dass ich meine
Dissertation in der Klinik für Kleintiere anfertigen durfte. Ich bedanke mich für die
freundliche, wissenschaftliche Betreuung.
Ein ganz herzliches Dankeschön gilt Frau Dr. Daniela Simon für die Überlassung des
interessanten Themas. Ich bedanke mich für die unerschöpfliche Geduld bei dem
Erstellen der unzähligen Graphiken und den immer wieder notwendigen Korrekturen.
Ich danke dir für jegliche Unterstützung bei dieser Arbeit und darüberhinaus für die
unschätzbar wertvolle Starthilfe in mein Berufsleben.
Mein ganz besonderer Dank gilt Frau Dr. Nina Eberle, die mir in den zweieinhalb
Jahren meiner Promotion immer zur Seite gestanden hat. Bei Problemstellungen
jeglicher Art war sie mir zu jeder Zeit eine große Hilfe und ihrem unermüdlichen
Engagement verdanke ich eine exzellente klinische Ausbildung. Ich habe
wissenschaftlich und menschlich viel von ihr gelernt. Vielen Dank für die sehr schöne
und fröhliche Zeit unserer Zusammenarbeit, in der wir viel Spaß hatten und in der du
mir eine gute Freundin geworden bist.
Weiterhin möchte ich mich bei Frau Alexa Jötzke und Frau Caroline Berg für die gute
Zusammenarbeit und die Mithilfe bei der Probensammlung bedanken. Alexa hat mir
darüberhinaus stets ihre Unterstützung bei Computerfragen gewährt. Vielen Dank
dafür. Auch über alltägliche Kuriositäten habe ich viel von dir gelernt.
Hervorheben möchte ich auch die freundliche Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Dr.
Gerd Hamscher und Frau Siegrun Mohring, für die ich mich ebenfalls bedanke.
Ich danke von ganzem Herzen meinen Eltern für die Hilfe bei der Verwirklichung
meines Kindheitstraumes. Erst durch ihre uneingeschränkte moralische und
finanzielle Unterstützung waren mein Studium und die Anfertigung dieser Arbeit
möglich. Danke, dass ihr immer für mich da seid. Weiterhin möchte ich mich bei
meinen Geschwistern Julien und Rebecca dafür bedanken, dass sie mir immer
wichtige und anteilnehmende Gesprächspartner und über das geschwisterliche
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Verhältnis hinaus gute Freunde sind. Meinem Bruder Tobias danke ich für den
Ansporn, der mir die Fertigstellung seiner eigenen Dissertation war.
Abschließend möchte ich mich bei meinem Freund Nicolas für das kritische
Korrekturlesen und die vielen anregenden Diskussionen bedanken. Ich danke dir von
ganzem Herzen für deine wertvolle und stets liebevolle Unterstützung, dein
Verständnis und deine unendliche Geduld. Schön, dass es dich gibt!
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