VIII. Schwache Wechselwirkung Schwache Wechselwirkung hat in der Vergangenheit für eine Reihe von Überraschungen gesorgt: • Flavor-Verletzung • Paritätsverletzung • CP Verletzung Auch heute werden schwache Zerfälle als aussichtsreiche Prozesse zum Nachweis neuer physikalischer Phänomene untersucht. 1. Erinnerung: Leptonen, Quarks und schwache WW 1.1 WW mit W-Austausch: geladener Strom µ − → ν µ + e −ν e ν µ e − → µ −ν e νµ µ− νµ e W− µ− − νe W νe e− n → pe −ν e n u d u ⎫ ⎪ ⎬ = ⎪ ⎭ ν µN → µ −X p µ− νµ ⎧u ⎪ = ⎨d ⎪ ⎩d d W ∆I3 = 1 e− νe W n u 1 • Austausch eines massiven W-Bosons 1 • Propagator ~ 2 q − MW2 • Offene Fragen: • Wie groß ist die Kopplungskonstante ? • Ist die Kopplungskonstante universell (wie in QED) ? 1.2 Wechselwirkung mit Z-Austausch (neutraler Strom) νµ e+ ν µ + e− → ν µ + e− νµ νµ e − νµ Z Z e d νµ Z νµ e− − ν µN → ν µ X d 1 • Massiver Propagator ~ 2 q − M Z2 • Kopplung ? 1.3 Paritätsverletzung in schwachen Zerfällen (W-Austausch, gelad. Strom) a) Wu-Experiment ν + J=5 60 Co e J=4 60 Beobachtete Konfiguration Ni∗ + e −ν e + e ν J=5 “Paritäts-gespiegelte“ Konfifuration existiert nicht J=4 WW koppelt nur an LH (RH) Teilchen (Anti-Teilchen) 2 b) Goldhaber Experiment Neutrinos aus Beta-Zerfall (schwacher Zerfall) sind LH Neutrinos sind LH Anti-Neutrinos sind RH c) Paritätsverletzung im Myon-Zerfall e− ν ν P J=½ J=½ µ− µ− e ν − ν existieren nicht Maximale Paritätsverletzung 2. Schwache WW: Austausch von W-Bosonen 2.1 Lepton-Sektor Leptonen lassen sich in LH Dubletts und in RH Singuletts ordnen. Durch Austausch von W-Bosonen ist ein Übergang zwischen den Partnern des Dubletts möglich. LH ⎛ν e ⎞ ⎜⎜ − ⎟⎟ ⎝ e ⎠L ⎛ν µ ⎞ ⎜⎜ − ⎟⎟ ⎝ µ ⎠L ⎛ν τ ⎞ ⎜⎜ − ⎟⎟ ⎝τ ⎠ L RH eR− µR− τ R− Übergang durch W Austausch Koppeln nicht an W Boson Leptonzahlen Le Lµ Lτ sind erhalten, da Übergänge nur innerhalb eines Dubletts möglich sind. Lµ = 1 Le = 0 µ νµ − Lµ = 1 e− W− Le = −1 + 1 = 0 3 Man ordnet den Teilchen eine neue Quantenzahl zu: schwacher Isospin T LH Teilchen: T = ½ mit T3 = ±½ RH Teilchen: T = 0 W Boson koppelt nur an Teilchen mit T3=±1/2 W Boson trägt selbst ebenfalls schwachen Isospin: T = 1 T3 = ±1 2.2 Myonzerfall und schwache Kopplungskonstante νµ gw µ − e W − − νe gw Kopplungskonstante für alle Fermionen der schwachen Isospindubletts gleich: M fi ~ gW ⋅ 1 ⋅ gw q − MW2 2 Der Myonzerfall wurde erstmalig von Fermi als 4-Punkt-Wechselwirkung behandelt: νµ µ− e− GF νe Kopplungskonstante GF Diese historische Betrachtung kann heute als effektive Theorie für das q2→0 Limit des massiven Boson-Propagators verstanden werden: Für q2→0 M fi ~ gw2 MW2 4 Durch genaue Betrachtung aller Vorfaktoren ergibt sich die folgende Beziehung zwischen der von Fermi eingeführten Konstanten GF und der Kopplungskonstanten gw GF gw2 = 2 2 8MW Zur Berechnung der Zerfallsbreite Γ (bzw. der Lebensdauer τ=1/Γ ) des Myons muss der Phasenraum des 3-Teilchenendzustandes berücksichtigt werden. Führt man die Rechnung durch, findet man für die Myonzerfallsbreite: Γ= GF2mµ5 192π 3 = gw4 mµ5 32 ⋅ 192π 3 MW4 Γ ~ m5 ist ein Effekt der 3Teilchen Phasenraums. Beziehung gilt auch für andere Zerfälle in 3 Teilchen (z.B, Tau) Diese Beziehung wird auch heute noch zur Bestimmung der Fermi-Kopplung bzw der Kopplung gw genutzt: GF = 1.166 ⋅ 10 −5 GeV -2 5