Die Aortenstenose

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Kardiologie
Die Aortenstenose
Zusammenfassung
Dr. Alexander Würth1,4
Dr. Holger Schröfel2, 4
Martin Heimeshoff2, 4
Dr. Gerhard Schymik3, 4
Dr. Herbert Posival2, 4
Prof. Dr. Claus Schmitt3, 4
Prof. Dr.
Bernd-Dieter Gonska1, 4
1 St. Vincentius-Kliniken Karlsruhe
2 Klinik für Herzchirurgie Karlsruhe
3 Städtisches Klinikum Karlsruhe
Die degenerative Aortenstenose ist
die häufigste Herzklappenerkrankung in Europa und Nordamerika.
Die Diagnose erfolgt klinisch und
mittels der transthorakalen Echokardiographie. Typische Symptome
sind Belastungsdyspnoe, Abnahme
der Leistungsfähigkeit, Angina pectoris und Synkopen. Beim Auftreten
dieser Symptome sinkt die Lebenserwartung rapide, weshalb bei einer hochgradigen, symptomatischen Aortenstenose eine klare
Therapieindikation vorliegt. Diese
besteht im operativen Ersatz der
Aortenklappe durch eine mechanische oder biologische Prothese. Seit
einigen Jahren besteht zudem die
Option, eine Bioprothese kathetergestützt minimal-invasiv zu implantieren (TAVI = Transcatheter AorticValve Implantation). Zahlreiche Registerstudien und eine erste randomisierte Studie zeigen hohe Erfolgsraten der TAVI-Prozedur bei
ausgewählten Patienten.
Schlüsselwörter:
Aortenstenose,
Symptome, operativer Ersatz, TAVI
4 TAVI-Team Karlsruhe
Einführung
Aortenklappenerkrankungen sind
die häufigsten valvulären Erkrankungen bei Patienten über 60 Jahren [1]. Die valvuläre Aortenstenose
stellt dabei weitaus häufiger ein
Problem dar als die valvuläre Aorteninsuffizienz, weshalb sich dieser
Artikel ausschließlich der erstgenannten Entität widmet.
Ätiologie
Die rheumatische Genese der Aortenstenose spielt heutzutage in den
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westlichen Industrienationen kaum
eine Rolle. Weltweit gesehen ist sie
vermutlich führend. In den letzten
Jahrzehnten kam es – vorwiegend
bei älteren Patienten – zu einer kontinuierlichen Zunahme der Rate an
degenerativen
Veränderungen
durch Fibrokalzifizierungen an der
nativen trikuspiden Aortenklappe.
Ein wesentlicher Grund dafür ist die
Zunahme der allgemeinen Lebenserwartung.
Heute geht man davon aus, dass
der Aortenstenose pathophysiologisch ein Prozess zugrunde liegt,
der über Einlagerungen oxidierter
LDL-Partikel, Produktion von Angiotensin II und inflammatorische
Vorgänge, die von T-Lymphozyten
und Makrophagen unterhalten
werden, letztlich zur Kalzifizierung
der Klappe führt. Höheres Alter und
das Vorliegen kardiovaskulärer Risikofaktoren bewirken eine Progression der Aortenstenose [2, 3]. Ein
spezielles Risikokollektiv sind Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz, Patienten mit M. Paget und
solche mit Hyperparathyreoidismus.
Die hierzulande zweithäufigste
Ursache einer valvulären Aortenstenose ist die kongenitale bikuspide
Aortenklappe. Sie tritt mit einer
Prävalenz von 1-2 % bei allen Neugeborenen auf und stellt somit den
häufigsten kongenitalen Herzklappenfehler dar. Patienten mit einer
bikuspiden Aortenklappe werden
in aller Regel früher im Leben symptomatisch und bedürfen deshalb
auch früher einer operativen Therapie. Allerdings fand sich auch bei älteren Patienten (über 70 Jahren),
bei denen ein operativer Aortenklappenersatz durchgeführt wurde, in circa 40 % der Fälle eine bikuspide Aortenklappe [4].
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Verlauf
Wird die Aortenstenose nicht im
asymtomatischen Stadium durch
Auskultation und Echokardiographie diagnostiziert, präsentieren sich
die Patienten in der Regel in einem
bereits fortgeschrittenen Stadium
der Erkrankung mit typischen Symptomen. Dazu zählen Belastungsdyspnoe, Angina pectoris und Synkopen. Insbesondere bei älteren Patienten liegt oft eine weniger typische
Beschwerdesymptomatik vor, die
aus Schwindel, einer Abnahme der
körperlichen
Leistungsfähigkeit
oder Palpitationen besteht. Die Symptome treten bei Patienten mit bikuspider Aortenklappe zwischen dem
50sten und 70sten Lebensjahr auf,
während es bei Patienten mit trikuspider Aortenklappe meist erst im Alter über 70 Jahren zu ersten Symptomen kommt [1]. Mit Auftreten von
Symptomen sinkt die Lebenserwartung rapide, weshalb dann eine Behandlungsindikation besteht. Bei
Auftreten von Angina pectoris beträgt die verbleibende Lebenszeit
durchschnittlich 5 Jahre, bei Synkopen 3 Jahre und bei Herzinsuffizienzsymptomen nur noch 2 Jahre. Obwohl das Vorliegen kardiovaskulärer
Risikofaktoren die Zunahme der Aortenstenose fördert, lässt sich die Progression der Stenose durch medikamentöse Maßnahmen wie die Gabe
von Cholesterinsenkern nicht beeinflussen, wie die „Simvastatin and
Ezetimibe in Aortic Stenosis (SEAS)“Studie zeigte [5].
Diagnose
Der typische Auskultationsbefund ist
ein spindelförmiges Systolikum mit
Fortleitung in die Carotiden, das am
besten im 2. ICR rechts parasternal
gehört werden kann. Der zweite
Herzton ist leise und der Carotispuls
verspätet. Mit Zunahme der Stenose
verschwindet der zweite Herzton,
ein spezifisches aber wenig sensitives
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Zeichen, und der Carotispuls nimmt
an Intensität ab („Pulsus parvus et
tardus“).
Goldstandard in der Diagnostik
der Aortenstenose ist die transthorakale Echokardiographie mit Bestimmung der Gradienten und der Klappenöffnungsfläche. Eine hochgradige Aortenstenose liegt nach den aktuellen Leitlinien dann vor, wenn die
Klappenöffnungsfläche unter 1 cm²
beträgt bzw. < 0,6 cm²/m² bezogen
auf die Körperoberfläche oder ein
mittlerer
Druckgradient
von
> 40 mmHg vorliegt [6]. Ein Sonderfall ist die „low flow, low gradient“
Aortenstenose, bei der zur weiteren
Beurteilung der Therapieoptionen in
der Regel eine Stress-Echokardiographie durchgeführt wird.
Im asymptomatischen Stadium der
Erkrankung hängt das Kontrollintervall vom Schweregrad der Stenose
ab. Bei einer hochgradigen Stenose
sollte mindestens einmal im Jahr eine
echokardiographische Kontrolle erfolgen (bei initial gemessener Spitzengeschwindigkeit über 4 m/s bereits nach 6 Monaten), bei mittelgradiger Stenose alle 1 bis 2 Jahre und
bei leichtgradiger Stenose alle 3 bis 5
Jahre, es sei denn, es kommt währenddessen zu Symptomen.
Therapie
Eine prognoseverbessernde oder
den natürlichen Verlauf der Aortenstenose beeinflussende medikamentöse Therapie ist nicht bekannt.
Bei Auftreten von Symptomen besteht bei einer hochgradigen Aortenstenose eine Behandlungsindikation. Erstmalig 1960 durchgeführt wurde der operative Ersatz der
Aortenklappe durch eine Prothese
zum Standardverfahren, weil dadurch eine Symptomverbesserung
und Lebenszeitverlängerung erreicht wird [7, 8]. Nach erfolgreich
durchgeführtem Aortenklappenersatz kommt es in der Regel zu messbaren Verbesserungen der links-
ventrikulären Masse und Dimensionen sowie häufig auch der Funktion
des linken Herzens. Ob eine mechanische oder biologische Prothese implantiert wird (seltener auch Homooder Autograft), sollte individuell
entschieden werden. Dabei sollten
verschiedene Faktoren berücksichtigt werden wie z.B. das Alter des Patienten, Vorliegen von Begleiterkankungen und/oder die Möglichkeit einer langfristigen Antikoagulation. Der Vorteil der biologischen
Prothese besteht in dem Verzicht
auf eine Antikoagulation, die bei einer mechanischen Prothese notwendig ist und mit einer jährlichen
Rate schwerer Blutungen von 0,5%
einhergeht. Nachteilig ist bei der Bioprothese die begrenzte Lebensdauer der Prothese aufgrund degenerativer Prozesse, die letztlich zur
Reoperation führt. Dies tritt durchschnittlich bei jüngeren Patienten
nach 10 bis 12 Jahren, bei älteren Patienten nach 15 bis18 Jahren auf [9].
Das individuelle Risiko des Patienten im Hinblick auf perioperative
Komplikationen und das kurzfristige Ergebnis versucht man mittels
verschiedener Risiko-Scores wie
dem EuroSCORE oder STS-Score abzuschätzen. Bei jungen Patienten
ohne relevante Begleiterkrankungen liegt das Mortalitätsrisiko eines
isolierten Aortenklappenersatzes
unter einem Prozent, das Risiko eines perioperativen Schlaganfalls im
30-Tage-Zeitraum bei circa 1,5 %
[10]. Mit zunehmendem Alter des
Patienten und damit häufig vorliegender Multimorbidität steigen sowohl Mortalitäts- als auch Morbiditätsrisiko nach chirurgischem Aortenklappenersatz beträchtlich an.
Studien belegen bei Hochrisikokollektiven 30-Tage-Mortalitätsraten
zwischen 6,5 und 16,4 %, Überlebensraten nach einem Jahr zwischen 70,9 und 73,2 % [11]. Faktoren, die mit einer schlechten Prognose einhergehen sind beim chirurgisch durchgeführten Aorten27
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Abb. 1: Edwards-SAPIEN-XT-Prothese
Abb. 2: Medtronic CoreValve-Prothese
klappenersatz insbesondere ein
Notfalleingriff, das Vorliegen einer
Endokarditis und eine stattgehabte
Herzoperation.
In der Vergangenheit wurde bei
vielen, insbesondere älteren Patienten mit hochgradiger Aortenstenose, bei denen eigentlich eine OP-Indikation bestand, eine OP abgelehnt. Grund dafür war, dass die behandelnden Ärzte das Risiko eines
operativen Aortenklappenersatzes
aufgrund des Alters, der linksventrikulären Funktion oder begleitender
Erkrankungen als zu hoch einstuften. Untersuchungen zeigen, dass
circa 30 % aller Patienten mit OP-Indikation deshalb keiner OP zugeführt wurden [12].
Die Ballonvalvuloplastie ist eine
Möglichkeit, inoperablen Patienten
oder Patienten, die primär aufgrund
ihrer schweren Aortenstenose hämodynamisch so beeinträchtigt
sind, dass sie für eine offene Operation nicht in Frage kommen, Zeit für
eine klinische Verbesserung zu verschaffen. Dann kann sekundär die
Aortenstenose mittels Klappenersatz behandelt werden. Die Ballonvalvuloplastie führt in der Regel zu
einer sofortigen Verbesserung der
Druckgradienten und der Klappenöffnungsfläche. Nachteilig ist, dass
meist innerhalb von 6 Monaten aufgrund einer Restenose der ursprüngliche Zustand wieder vorliegt.
TAVI (Transcatheter Aortic
Valve Implantation)
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Seit Cribier 2002 erstmals bei einem
Menschen eine biologische Aortenklappenprothese perkutan mittels
Katheter implantiert hatte [13] und
die ersten beiden Prothesen für diese
Art von Aortenklappenersatz 2007
die CE-Zulassung erhielten, stiegen
die Zahlen von TAVI-Prozeduren
kontinuierlich an. Bis zum jetzigen
Zeitpunkt wurden schätzungsweise
weltweit circa 50.000 TAVI-Prozeduren durchgeführt – mit steigender
Tendenz. Die meisten dieser Eingriffe wurden bisher in Deutschland vorgenommen. Bereits jetzt werden circa 20 bis 25 % der Aortenklappen in
Deutschland mittels Katheter implantiert, wie Daten aus dem Deutschen Aortenklappenregister zeigen. Zahlreiche Registerstudien und
eine randomisierte Studie (PARTNER-1), die zur Zulassung der SAPIEN-Prothese in den USA führte, belegen die bisher gewonnene Erfahrung auf dem Gebiet des kathetergestützten, minimal-invasiven Aortenklappenersatzes.
Es stehen mit dem femoralen Zugang über die Arteria femoralis communis, dem Zugang über die linke Arteria subclavia, dem Zugang über die
Aorta ascendens und dem transapikalen Zugang über die Herzspitze
(die beiden letztgenannten erfolgen
über eine Minithorakotomie) vier
mögliche Zugangswege zur Verfügung, wobei nicht jeder Zugangsweg
mit jeder Prothesenart möglich ist.
Momentan sind mehrere Prothesentypen kommerziell verfügbar.
Am häufigsten implantiert wurden
bisher die ballonexpandierbare SAPIEN bzw. SAPIEN XT-Prothese (Abb. 1)
und die selbstexpandierende CoreValve-Prothese (Abb. 2).
Die SAPIEN-XT steht aktuell in 3
verschiedenen Größen (23, 26 und
29 mm), die CoreValve in 4 verschiedenen Größen (23, 26, 29 und
31 mm) zur Verfügung. Damit können Patienten mit Anulusgrößen der
Aortenwurzel von 18 bis 29 mm behandelt werden. Zwei weitere Prothesen, die ACURATE TA und die JenaValve erhielten im Herbst 2011 die
CE-Zulassung. Während die SAPIEN
bzw. SAPIEN XT und die CoreValve
Prothese transfemoral implantiert
werden können, stehen die ACURATE TA und die JenaValve momentan
nur für den transapikalen Zugangsweg zur Verfügung.
Zahlreiche weitere Prothesen für
den perkutanen Aortenklappenersatz, sowohl für den transfemoralen
als auch für den transapikalen Zugangsweg befinden sich in Entwicklung bzw. im Stadium klinischer Studien.
Technisch ist eine TAVI bei fast allen Patienten mit Aortenstenose
machbar. Anders wie vor einem konventionell offen-chirurgisch durchgeführten
Aortenklappenersatz
spielt die Evaluation des Patienten
hinsichtlich anatomischer Gegebenheiten (Aortenwurzelregion, Gefäßstatus der Aorta und Beckengefäße)
einerseits und funktioneller Gegebenheiten (Begleiterkrankungen,
neurokognitive Funktion, Gebrechlichkeit, Mobilität) andererseits eine
entscheidende Rolle.
Das Patienten-Screening hinsichtlich anatomischer Verhältnisse besteht aus echokardiographischen
Untersuchungen, einer Herzkatheteruntersuchung und einer CT-Unherzmedizin 3/2012
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Abb. 3: 3D-Rekonstruktion der Aortenwurzel mit darauf geplanter TAVI-Prothese (Heart Navigator®)
tersuchung des Herzens und der Aorta. Danach entscheidet sich, ob der
Eingriff als TAVI stattfinden kann
und wenn ja über welchen Zugangsweg.
Während der Eingriff über den
transfemoralen Zugang in örtlicher
Betäubung und Analgosedierung
durchgeführt werden kann, bedarf
es beim Zugang über die Arteria subcalvia, die Aorta ascendens und beim
transapikalen Zugang einer Vollnarkose.
Mittlerweile nutzen viele implantierende Zentren 3D-Planungswerkzeuge (z.B. Heart Navigator®, Abb.
3), um schon vor oder während des
Eingriffs die richtige Prothesenwahl
treffen oder um leichter eine geeignete radiologische Implantationsebene festlegen zu können. Auch
das Ausmaß der Verkalkungen im
Klappenbereich und dem umgebenden Gewebe (linksventrikulärer Ausflusstrakt und Aorta ascendens) kann
mit Hilfe solcher dreidimensionaler
Rekonstruktionen der Aortenwurzelregion besser bestimmt werden.
Die damit verbundene individuelle
Prothesenauswahl wird kurz- und
langfristig zu besseren Ergebnissen
führen.
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Entscheidend ist die korrekte Auswahl der Prothese, insbesondere die
Größe betreffend, um eine möglichst
komplette Apposition der Prothese
mit dem Anulus der Aortenklappe zu
gewährleisten. Ansonsten drohen
paravalvuläre Leckagen oder bei zu
groß gewählter Prothese eine Ruptur der Aortenwurzel. Auch die Implantationshöhe der Prothese in der
Aortenwurzel spielt eine wichtige
Rolle. Eine zu hoch implantierte Prothese kann zu Koronarokklusionen
führen und eine zu tief in den linksventrikulären Ausflusstrakt implantierte Klappe erhöht die Rate an Leitungsstörungen und damit die
Schrittmacherrate. Weitere Probleme, die durch fehlplatzierte Prothesen entstehen können, sind Embolisationen der Prothese in Aorta oder
die linke Herzkammer und hochgradige Protheseninsuffizienzen.
Idealerweise werden die Eingriffe
in einem Hybrid-OP durchgeführt, einem chirurgischen OP-Saal, in dem
eine Herzkatheteranlage montiert
ist. Transfemorale TAVI-Prozeduren
finden in vielen Kliniken weiterhin
im Herzkatheterlabor statt, dann mit
kardiochirurgischem Stand-by, falls
eine Thorakotomie mit Anschluss der
Herz-Lungen-Maschine notwendig
wird. In den letzten Jahren haben
sich darüber hinaus in vielen Zentren
sogenannte „Heart Teams“ gebildet.
Das sind Kooperationen von Kardiologen und Herzchirurgen, die sich
speziell mit dem Thema Transkatheter-Herzklappen beschäftigen und
die Patientenselektion sowie die Eingriffe zusammen durchführen.
Ergebnisse nach TAVI
Die PARTNER-1 Studie, die mit der
SAPIEN-Prothese durchgeführt wurde, untersuchte zwei verschiedene
Patientenkohorten. Die Kohorte B
bestand aus inoperablen Patienten,
die entweder ein rein konservatives
Therapieregime erhielten oder einer
TAVI zugeführt wurden. Die Kohorte
A bestand aus Patienten, die als operabel eingestuft wurden, aber ein
hohes Risiko aufwiesen und entweder einem konventionellen Aortenklappenersatz oder einer TAVI zugeführt wurden. Während es in der Kohorte B zu einem deutlichen Überlebensvorteil der TAVI-Patienten kam
(20 % absolute Risikoreduktion nach
einem Jahr, weitere 16,9 % Reduktion im zweiten Jahr), gab es in der Ko29
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horte A der Hochrisikopatienten zunächst einen nicht-signifikanten Unterschied zugunsten der TAVI-Patienten, der aber nach einem Jahr
nicht mehr vorhanden war. Damit
konnte für die TAVI-Methode bei
Hochrisikopatienten die Nichtunterlegenheit im Vergleich zum Standard, dem konventionellen Aortenklappenersatz nachgewiesen werden [14, 15, 16, 17].
Die prozedurale Erfolgsrate liegt
sowohl bei der Implantation der SAPIEN- und SAPIEN XT-Prothese als
auch der CoreValve-Prothese über
92 %, wobei ein weiterer Anstieg der
Erfolgsrate mit zunehmender Erfahrung der Operateure zu verzeichnen
ist. Im Vergleich zur medikamentös,
konservativen Therapie steigt die Lebensqualität der Patienten nach TAVI deutlich an.
Die 30-Tage-Mortalitätsraten liegen für TAVI-Patienten zwischen 5
und 15 %, nach einem Jahr leben
noch 60-80 % der Patienten, abhängig insbesondere von den vorliegenden Komorbiditäten.
Langzeitbeobachtungen zur Prothesenfunktion liegen momentan
noch nicht vor. Daten aus Registerstudien lassen uns derzeit auf maximal 5 Jahre zurückblicken, in denen
bisher keine außergewöhnlichen Degenerationsraten berichtet werden.
TAVI-spezifische
Komplikationen
Typische Komplikationen beim
transfemoralen Zugang sind vaskuläre Schäden insbesondere im Femoral- und Iliakalbereich. Abhängig von
der Gefäßanatomie, den verwendeten Schleusengrößen und der Erfahrung des Operateurs kommt es in bis
zu 26 % der Fälle zu einem relevanten Gefäßschaden. Dies können Dissektionen, Gefäßverschlüsse, Perforationen oder Gefäßabrisse sein. In
den meisten Fällen ist es möglich, solche Gefäßkomplikationen mittels
Implantation eines Stents oder Stent30
grafts perkutan zu therapieren, sodass keine gefäßchirurgische Intervention erfolgen muss. Bei transapikal durchgeführten TAVI-Prozeduren liegt die Rate an schweren Gefäßkomplikationen deutlich niedriger (5
bis 7 %), da keine großlumigen
Schleusen durch die Beckenarterien
vorgebracht werden. Die Reduktion
der Schleusendiameter wird von den
Herstellern der Transkatheterklappen forciert, deshalb kann in Zukunft
mit einem weiteren Rückgang der
vaskulären Komplikationsraten gerechnet werden.
Ein weiteres Problem stellen paravalvuläre Leckagen an der Prothese
dar. Wie oben bereits erwähnt, führt
die inkomplette Apposition der Prothese im Aortenklappenring zur Insuffizienz der Prothese. Paravalvuläre Leckagen sind relativ häufig nach
TAVI. Sie treten in bis zu 85% der Fälle auf und sind damit wesentlich häufiger wie nach chirurgischem Klappenersatz – sind aber meist nur
leichtgradig und werden daher in
der Regel toleriert. Nicht toleriert
werden sollten Aorteninsuffizienzen, die über das Stadium 2 hinausgehen. Denn diese sind Ursache für
eine schlechte Prognose des Patienten, wie Daten u.a. aus dem Deutschen Aortenklappenregister zeigen
[18, 19]. Aktuelle Daten aus der
PARTNER-1A-Kohorte weisen auch
bei milden Aorteninsuffizienzen
nach TAVI auf eine erhöhte Mortalität hin. Zukünftig sollte das Vermeiden einer paravalvulären Insuffizienz zu den vordringlichsten Aufgaben der implantierenden Ärzte wie
auch der Firmen, die Prothesen entwickeln, gehören [17].
Neurologische
Komplikationen
(TIA und Schlaganfall) sind kein für
die TAVI spezifisches Problem, denn
sie treten auch beim offen chirurgisch durchgeführten Aortenklappenersatz auf. Die Schlaganfallrate
beim konventionellen Aortenklappenersatz liegt bei 1,5 % wenn alle
Prozeduren analysiert werden; hin-
gegen beträgt sie 4 % in der Gruppe
der über 80jährigen. In den TAVI-Registerstudien, in denen hauptsächlich alte, multimorbide Patienten untersucht wurden, liegt die Schlaganfallrate zwischen 2 und 5 %. Zwischen der SAPIEN- bzw. SAPIEN XTund der CoreValve-Prothese gibt es
keinen relevanten Unterschied hinsichtlich der Schlaganfallhäufigkeit.
Aufgrund unterschiedlicher Definitionen des Schlaganfalls in bisher
vorliegenden Studien zum konventionellen und Transkatheter-Aortenklappenersatz und damit eingeschränkter Vergleichbarkeit der Studienergebnisse, wurden durch das
VARC (Valve Academic Research
Consortium) Kriterien zur Schlaganfall-Diagnose erarbeitet, die in zukünftigen Studien zur Anwendung
kommen sollten.
Durch die enge anatomische Beziehung zwischen der Aortenklappe
und dem AV-Knoten können im Rahmen einer TAVI höhergradige AVBlockierungen auftreten, die eine
Schrittmacherimplantation notwendig machen. Dies ist nach Implantation einer CoreValve-Prothese deutlich häufiger der Fall als nach Implantation einer SAPIEN- bzw. SAPIENXT-Prothese und zwar je tiefer die
Prothese in den linksventrikulären
Ausflusstrakt hineinragt. In Registerstudien lag die Schrittmacherrate
nach SAPIEN- bzw. SAPIEN-XT-Implantation bei 1,8 bis 8,5 %, während
sie nach CoreValve-Implantation
19,1 bis 42,5 % betrug [19, 20, 21, 22,
23, 24, 25]. In der PARTNER-1-Studie,
die mit der SAPIEN-Prothese durchgeführt wurde, hatten im Zeitraum
bis 30 Tage nach TAVI 3,4 % der inoperablen bzw. 3,8 % der HochrisikoPatienten einen Schrittmacher erhalten [14, 15]. Prädisponierend für die
Entwicklung eines kompletten AVBlocks ist insbesondere ein präoperativ vorliegender Schenkelblock.
Daneben können an weiteren
Komplikationen Nierenfunktionsstörungen,
Koronarokklusionen,
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Verletzungen des Herzmuskels oder
der Aorta und Wundheilungsstörungen (vor allem nach Minithorakotomie) bei bzw. nach TAVI auftreten.
Lebensbedrohliche Komplikationen, die eine Konversion zu einer
Thorakotomie notwendig machen,
treten in 1-2 % der Prozeduren auf.
Perspektiven
Gegenstand aktueller Untersuchungen ist die Frage, ob auch Patienten
mit einem intermediären Risiko für
einen konventionellen Aortenklappenersatz von einer TAVI-Prozedur
profitieren. Dieser Fragestellung gehen aktuelle Studien wie die SURTAVI-Studie (Medtronic CoreValve) und
die PARTNERS-2-Studie (Edwards SAPIEN) nach. Mit Ergebnissen darf in
den kommenden Jahren gerechnet
werden. Solange es hierzu keine validen Daten gibt, sollten Patienten mit
intermediärem und niedrigem Risiko
außerhalb von Studien weiterhin
mittels konventionellem Aortenklappenersatz behandelt werden.
Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte im Zusammenhang
mit TAVI bestehen aktuell in der Vermeidung paravalvulärer Insuffizienzen, der Repositionierbarkeit der
Prothesen, in dünneren Einführbestecken, der Entwicklung neuer Verschlusssysteme sowohl für den transvaskulären als auch den transapikalen Zugang, in Neuro-Protektionssystemen und der Bildgebung, um die
Eingriffe besser planen und die Eingriffe sicherer gestalten zu können.
Summary
Degenerative aortic valve stenosis represents the most frequent type of
valvular heart disease in Europe and
Northern America. Diagnosis is primarily made by clinical signs and
transthoracic echocardiography. The
typical symptoms are exertional
dyspnoea, drop in performance, anherzmedizin 3/2012
gina pectoris and syncopes. Life-expectancy drops rapidly as soon as
symptoms arise. Thus, symptomatic,
high-grade aortic valve stenosis represents a clear indication for surgical aortic valve replacement either by
a mechanical or a biological prosthesis. Since few years transcatheter aortic valve implantation (TAVI) is an alternative option in treatment of high
grade aortic valve stenosis. Several
registries and one first randomised
clinical trial show a high procedural
success rate of TAVI in selected patients.
Keywords: Aortic valve stenosis, symptoms, surgical valve replacement,
TAVI
Für die Autoren:
Dr. med. Alexander Würth
St. Vincentius-Kliniken KarlsruhegAG
Abteilung Innere Medizin III (Kardiologie,
Angiologie, Intensivmedizin)
Südendstr. 32
76137 Karlsruhe
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