Energiefrage - Johannes Gutenberg

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Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Institut für Physik / Institut für Kernphysik
Seminar zum Fortgeschrittenen-Praktikum WS 2007/08
Leitung: Prof. Dr. S. Tapprogge, Dr. M. Distler
Betreuer: Prof. Dr. K. Kleinknecht
Referent: Stefan Böttner
Energiefrage und Klimawandel
1 Klimawandel
Das Klima der Erde ist definiert als der Zustand
der Atmosphäre, gemittelt über einen Zeitraum
von in der Regel 30 Jahren. Es beschreibt also
insbesondere die langfristige Temperaturänderung.
Seit Beginn der Industrialisierung greift der
Mensch stark in das Klimagleichgewicht der Erde ein. Dies lässt sich zum Beispiel an den immer
schneller schmelzenden Alpengletschern, die bisher
schon die Hälfte ihrer Masse verloren haben, sowie
an den in der Stärke zunehmenden Unwetterkatastrophen erkennen. Auch die Eismassen der Pole
schmelzen rapide ab. Der Mensch verändert das
Klima in einem deutlich stärkeren Maße als dies
durch natürliche Zyklen erklärbar wäre. Natürliche
Klimazyklen entstehen durch Schwankungen der
Erdbahn.
1.1 Milankovic Zyklen
Die Milankovic Zyklen sind Auslöser der Eiszeiten
auf unserem Planeten. Sie setzen sich aus periodischen Schwankungen einiger Parameter der um die
Sonne verlaufenden Erdbahn zusammen. Es sind
folgende Perioden wichtig: Der Winkel der Erdachse schwankt mit einer Periode von 41000 Jahren,
die Präzession der Drehachse mit einer Periode von
23000 Jahren und die Exzentrizität der Umlaufbahn
schwankt mit einer Periode von 100000 und 400000
Jahren. Der Beginn der letzten zehn Eiszeiten lässt
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sich mit den Milankovic Zyklen korrekt berechnen,
was Vergleiche mit Daten aus Eisbohrkernen gezeigt
haben. Die Schwankungen führen zur Veränderung
der Verteilung der Sonneneinstahlung auf der Erde, was mit Rückkopplungsmechanismen zu einer
Abkühlung von 7◦ C führt. Dies in einem Zeitraum
von einigen tausend Jahren.
Die aktuell beobachtete Klimaerwärmung findet
allerdings in einem wesentlich kürzeren Zeitraum
statt und ist somit nicht durch die Milankovic Zyklen erklärbar.
1.2 Natürlicher Treibhauseffekt
Die Strahlung der Sonne trifft mit einer Stärke
von 1370 W/m2 auf die Atmosphäre. Durch Reflexion an Wolken und der Erdoberfläche werden 30%
(Albedo) der Strahlung zurück in den Weltraum abgestrahlt. Da weiterhin nur die halbe Erdkugel von
der Sonne beschienen wird und die eingestrahlte
Leistung am Äquator stärker ist als an den Polen,
verbleiben nur noch ca. 242 W/m2 , die die Erdoberfläche erreichen.
Im Gleichgewicht wird nun derselbe Betrag wieder emittiert. Allerdings findet Emission immer
unter einer größeren Wellenlänge als die vorhergehende Absorption statt (Stokessche Regel). Die
nun also langwellige Wärmestrahlung, die von der
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Erde emittiert wird, kann von der Atmosphäre nun
absorbiert werden. Diese wiederum strahlt einen
Teil der Wärme zurück, was zur Erwärmung der
Atmosphäre führt.
1.3 Absorptionsspektrum der
Atmosphäre
Um zu Verstehen wie die Atmosphäre Strahlung
absorbiert, ist folgendes Spektrum hilfreich:
Man erkennt, dass die Absorption hauptsächlich
durch Wasserdampf stattfindet, der durch Verdunstung in großen Mengen in unserer Luft vorhanden
ist. Entscheidend ist aber, dass Gase wie CO2 und
CH4 die Lücken füllen und so die Absorption verstärken können. Wie groß dieser Effekt ist hängt
von der Komplexität des Moleküls ab. Bei einfacheren Molekülen wie CO2 liegen die Rotationsbanden,
die für die Absorption verantwortlich sind, weiter
auseinander, so dass die Absorption hier schwächer
ist.
hier im Gegensatz zur eingestrahlten Energie eine
Fläche von 4πr2 .
Löst man nun nach T auf, erhält man eine Temperatur von −18 ◦ C, der Gleichgewichtstemperatur
der Erde. Messungen ergeben aber eine mittleren
Wert von +15 ◦ C. Da die Berechnung den Einfluss
der Atmosphäre vernachlässigt, ergibt sich damit
ein Wert für den natürlichen Treibhauseffekt von
+33 ◦ C.
Führt man dieselbe Rechnung für unseren Nachbarplaneten Venus aus, erhält man mit der hier
geltenden Solarkonstanten von 2615 W/m2 und der
höheren Albedo von 80% eine Gleichgewichtstemperatur von -53 ◦ C. Messungen ergeben einen Wert
von 460 ◦ C. Der Treibhauseffekt der Venus ist also
um ein Vielfaches stärker als der der Erde. Dies ist
hauptsächlich auf die höhere CO2 Konzentration
von 96% zurückzuführen. Die Konzentration auf
der Erde liegt dagegen bei 0,038%. Dies zeigt wie
entscheidend die Konzentration von CO2 für das
Klima unseres Planeten ist.
1.5 Einfluss des Menschen
Weltweit werden jährlich 28 Milliarden Tonnen CO2 aus fossilen Energieträgern vom Menschen emittiert. Diese Emission führt zwangsläufig zu einem Anstieg der Konzentration des
Gases in der Atmosphäre. Messungen, wie z.B.
die des Mauna Loa Observatorium auf Hawaii bestätigen dies, wie folgender Graph zeigt:
1.4 Gleichgewichtstemperatur
Die Stärke der Absorption der von der Erde abgestrahlten Wärme, also des Treibhauseffekts, lässt
sich einfach berechnen. Im Gleichgewicht gilt „eingestrahlte Energie gleich abgestrahlte Energie“. Es
lässt sich daher folgende Energiegleichung aufstellen, die vorerst die Absorption der Atmosphäre
vernachlässigt:
S · πr2 (1 − Albedo) = σT 4 · 4πr2
Die linke Seite beschreibt den Teil der Energie,
der die Erdoberfläche erreicht. Hier also die Solarkonstante um den Effekt der Albedo und der nur
halbseitig bestrahlten Erdkugel korrigiert. Nähert
man die Erde als schwarzen Körper an, lässt sich
die Abstrahlung (rechte Seite) durch das Stefan
Boltzmann Gesetz ausdrücken. Da die Erde allerdings über die gesamte Oberfläche emittiert, gilt
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Man erkennt sogar einen überproportionalen Anstieg, was zum Teil durch die verringerte Aufnahmefähigkeit der Ozeane erklärt werden kann. Bisher
wurde ca. die Hälfte unserer Emissionen vom Meer
aufgenommen, was zur Versauerung des Wassers
führte. Da das Meerwasser aber nahezu gesättigt
ist, wird immer weniger CO2 aufgenommen. Dies
erklärt den stärkeren Anstieg der atmosphärischen
Konzentration. Hinzu kommt die zunehmende
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Emission durch Industrienationen. Das die höhere Konzentration an CO2 mit diesen Emissionen
zusammenhängt, lässt sich über eine Analyse der
Isotopenzusammensetzung zeigen. CO2 aus fossilen
Brennstoffen besitzt eine andere Zusammensetzung
als CO2 aus natürlichen Quellen.
Betrachtet man die Emission pro Einwohner,
wird klar welche Nationen für den Konzentrationsanstieg verantwortlich sind.
Bisher wurde ein Anstieg um ca. 20 cm verzeichnet.
Extrapoliert man diese Kurve nun mit Klimamodellen (blauer bereich des Graphen), kann man bis
2100 von einer weiteren Erhöhung um bis zu 50 cm
ausgehen. Dieser Wert muss vermutlich allerdings
noch nach oben korrigiert werden. Man geht aktuell
von einer Erhöhung bis zu 90 cm aus.
Für ärmere Länder wie Bangladesch, wo keine
ausreichenden Dämme zum Meer vorhanden sind,
würde das starke Überflutungen zur Folge haben.
Man geht davon aus, dass bis zum Ende des Jahrhunderts ein Drittel von Bangladesch überflutet
sein wird. Die Folgen des von den Industrienationen verursachten Klimawandels treffen also zuerst
die ärmeren Länder.
2 Energiefrage
Deutschland steht an vierter Stelle der Rangliste
und ist damit der größte CO2 Produzent Europas!
(im Verhältnis zur Zahl der Einwohner)
1.6 Folgen des Klimawandels
Die Folgen des menschlichen Einflusses auf das Klima zeigen sich in einer Temperaturerhöhung von
bisher 0,6 ◦ C im globalen Mittel und schon um 1 ◦ C
in Deutschland. Die zukünftige Erwärmung lässt
sich mit Klimamodellen voraussagen. Man geht bis
zum Ende des Jahrhunderts von einer Erhöhung
der mittleren Temperatur von 1,4 bis 4,5 ◦ C aus.
Eine Erwärmung der Atmosphäre kann weitreichende Folgen haben. Neben den schmelzenden
Gletschern und Polen verringert sich auch das Grönlandeis. Dieser Eispanzer ist bis zu 3000 m dick.
Schmilzt diese Eismasse nun ab, hätte das eine
Erhöhung des Meeresspiegels um ca. 7 m zu Folge.
Die Auswirkungen des Schmelzwassers zeigt folgende Grafik der Messungen des Meeresspiegel der
vergangenen Jahrzehnte.
In Anbetracht des drohenden Klimawandels und
des weiter steigenden Energiebedarfs, muss unsere zukünftige Energieversorgung sorgfältig geplant
werden. Bei dieser Planung ist zu beachten, dass es
nicht möglich ist, allein durch effektivere Ausnutzung der Brennstoffe, CO2 in ausreichender Menge einzusparen. Dies ist zu verstehen, wenn man
den Wirkungsgrad des Carnot Prozesses berechnet. Dieser Prozess zur Umwandlung von Wärme
in mechanische Arbeit ist ein theoretischer idealer
Prozess, der selbst von modernen Wärmekraftwerken nicht erreicht werden kann. Der Wirkungsgrad
des Carnot Prozesses stellt daher eine obere Grenze
für alle realisierbaren Wärmekraftwerke, wie z.B.
Kohlekraftwerke dar.
Der Carnot Wirkungsgrad berechnet sich zu
η =1−
Tk
Tw
wobei Tw für die Temperatur des Wärmereservoirs
steht und Tk für die Temperatur des kalten Reservoirs, also z.B. dem Kühlwasser. Für eine Dampftemperatur von 500 ◦ C und einer Kühlwassertemperatur von 15 ◦ C erhält man einen Wirkungsgrad
von η = 63%. Eine Erhöhung dieses Wertes wäre durch eine höhere Dampftemperatur möglich.
Stellt man den Wirkungsgrad in Abhängigkeit der
Dampftemperatur allerdings graphisch dar, erkennt
man die Probleme dieses Vorhabens.
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Für eine effektive Erhöhung des Wirkungsgrads
wäre eine starke Temperaturerhöhung nötig. Hier
stößt man aber schnell an Materialgrenzen. Eine
erhebliche Verbesserung ist daher nur über kombinierte Prozesse wie z.B. bei Gas und Dampfkraftwerken möglich.
2.1 Energieversorgung in Deutschland
Im Jahre 2006 wurden ca. 58% der Elektrizität
durch Verbrennung der fossilen Energiequellen Kohle, Gas und Öl erzeugt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Energieversorgung mit 41% am
Gesamtausstoß von CO2 beteiligt ist. Eine genauere
Betrachtung dieser CO2 emittierenden Kraftwerke
ist daher wichtig.
2.2 Fossile Kraftwerke
Kraftwerke die unter diese Bezeichnung fallen, produzieren Elektrizität durch Verbrennung von fossilen Rohstoffen. Hierbei wird die entstehende Hitze
zur Verdampfung von Wasser genutzt, das nun unter Druck eine Turbine antreibt und somit Strom
erzeugt. Dieses recht einfache Prinzip funktioniert
im wesentlichen mit jedem brennbaren Material.
Allerdings ist es nie möglich die gesamte Verbrennungswärme in Elektrizität umzuwandeln, da wie
oben beschrieben der Carnot Prozess eine Grenze
von 63% vorgibt (bei 500◦ C). Im Realfall erreichen moderne Kohlekraftwerke Wirkungsgrade von
43-36%, alte nur ca. 32%. Gaskraftwerke dagegen
können den Brennstoff schon deutlich besser nutzen.
Hier wird zunächst eine Gasturbine durch direkte
Verbrennung angetrieben. Im weiteren wird nun
das heiße Abgas genutzt um Wasser zu verdampfen
und eine Dampfturbine anzutreiben. Durch diese
mehrfache Nutzung des Brennstoffs erreicht man
Nutzungsgrade von 58%.
Ein weiterer Vorteil von Gas wird deutlich, wenn
man den Verbrennungsprozess auf chemischer Ebene betrachtet. Für Kohle gilt die Reaktionsgleichung C + O2 → CO2 mit einem thermischen
Heizwert von 7-8 kWh/kg, während bei Gas die
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Reaktion CH4 + 2O2 → CO2 + 2H2 O mit einem
Heizwert von 11 kWh/kg abläuft. Bei der Verbrennung von Gas dient also sowohl Kohlenstoff als
auch Wasserstoff zur Energieerzeugung. Dies kombiniert mit dem besseren Nutzungsgrad von Gas
und Dampfkraftwerken ergibt einen CO2 Ausstoß
der nur die Hälfte der Emission von Kohlekraftwerken beträgt. Der entscheidende Nachteil von
Gaskraftwerken ist aber die geringe Reichweite der
Gasvorkommen. Während Kohle noch für einige
Hundert Jahre verfügbar ist, gehen die Gasvorkommen schon in den nächsten 60 Jahren zur Neige.
Ein kompletter Umstieg auf Gas ist daher wenig
sinnvoll.
Moderne Kraftwerke erlauben es also Brennstoffe
effektiver einzusetzen und somit CO2 einzusparen.
Der Zuwachs im Energie-Nutzungsgrad ist allerdings nicht ausreichend um die Klimaschutzziele zu
erreichen. Es müssen daher noch andere Verfahren
in Betracht gezogen werden.
2.2.1 CO2 Sequestrierung
Die Methode der CO2 -Sequestrierung, also der Abscheidung von CO2 , scheint auf den ersten Blick
eine gute Möglichkeit zur umweltfreundlichen Energieerzeugung mittels fossilen Brennstoffen darzustellen. Ein Weg der Realisierung sieht vor, Kohle
unter Zufuhr von reinem Sauerstoff zu verbrennen,
wodurch die Abgase aus nahezu reinem CO2 bestehen. Diese Abgase werden nun zur Endlagerung
verflüssigt und abtransportiert. Die Verflüssigung
allein senkt allerdings den Wirkungsgrad des Kraftwerks um 11-14 Prozentpunkte, da der Vorgang
sehr energieaufwändig ist. Rechnet man auch den
Abtransport mit ein, wird ca. ein Viertel der erzeugten Energie zur Sequestrierung aufgewandt. Dies
würde den Strompreis um 1,8 bis 7 Cent pro kWh
erhöhen.
Ein weit größeres Problem ist die Endlagerung
des anfallenden CO2 . Täglich werden in Deutschland ca. 1 Mio. t CO2 aus Kraftwerken mit fossilen
Energiequellen emittiert. Dies entspricht 300 Güterzügen! Wollte man die Emissionen komplett vermeiden, müsste daher zuerst eine logistische Meisterleistung vollbracht werden und im Anschluss
sichere Endlager gefunden werden. Da bekannt ist
welche politischen Schwierigkeiten bei der Endlagerung einiger Tonnen abgebrannter Uran Brennstäbe auftreten, wäre eine Einlagerung von 1 Mio.
t CO2 (pro Tag!) sehr unrealistisch. Die Methode
der Sequestrierung wird daher vermutlich nur einen
kleinen Teil zum Klimaschutz beitragen. Allerdings
ist mit einer kommerziellen Einführung der Technik
nicht vor 2020 zu rechnen.
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2.3 Kernenergie
Neben den fossilen Energiequellen ist die Kernenergie mit einem Anteil von 26% die zweit wichtigste
Energiequelle in Deutschland. Die Gewinnung von
Energie beruht auf der Spaltung von Uran 235
mit thermischen Neutronen. Bei der Spaltung tritt
ein Massendefekt auf da die Spaltprodukte eine
geringere Masse als der Mutterkern besitzen. Die
„fehlende“ Masse wird in Form von thermischer
Energie abgegeben und dient im Kraftwerk der
Erhitzung von Wasser. Berechnet man die abgegebene Energie pro kg Uran, erhält man einen Wert
von 25 Mio. kWh. Vergleicht man dies mit dem
Brennwert von Kohle von 7-8 kWh pro kg, wird der
Vorteil dieser Energiequelle deutlich. Hinzu kommt
die CO2 Einsparung.
Die unterschiedlichen Reaktortypen lassen sich
im wesentlichen auf den verwendeten Moderator
zurückführen. Da bei der Spaltung schnelle Neutronen frei werden, aber thermische, also langsame
Neutronen, benötigt werden, müssen diese mit einem Moderator gebremst werden. Diese Abbremsung findet über Stöße statt. Für die größtmögliche
Abbremsung müssen die Massen möglichst übereinstimmen. Es kommen daher folgende Materialien
in Frage:
bekannt) hängt nun im wesentlich nur von der
Haltbarkeit des Druckbehälters ab in dem sich die
Brennstäbe befinden. Ständige Überprüfungen in
Deutschland erlauben eine Laufzeit von mindestens 50 Jahren. Also deutlich länger als momentan
vorgesehen.
Das oft genannte Problem zur Neige gehender
Vorräte trifft auf Uran nicht zu. Die bekannten
Vorkommen werden wohl nur noch ca. 47 Jahre
ausreichen, allerdings werden noch deutlich größere
Vorkommen vermutet. In den vergangenen Jahren
wurde die Uransuche fast vollständig eingestellt,
da durch den Atomwaffenausstieg ein Überangebot
vorhanden war und viele Uranminen geschlossen
wurden. Steigt der Rohstoffpreis nun wieder, läuft
die Suche erneut an und die Versorgung sollte noch
für lange Zeit gesichert sein.
Die Endlagerung von abgebrannten Brennmaterial gestaltet sich deutlich einfacher als eine CO2
Einlagerung. Zum einen sind die anfallenden Mengen, wie schon oben beschrieben, deutlich geringer
und zum anderen sind die Endlager auch schon
vorhanden. Die Inbetriebnahme ist hier ein rein
politisches Problem und kein technisches.
2.4 Fusion als Alternative?
Am günstigen ist die Verwendung von Wasser.
Wassermoderierte Reaktoren besitzen auch einen
großen Sicherheitsvorteil, da beim Ausfall des Kühlwassers der Moderator ebenfalls ausfällt und die
Kettenreaktion abbricht. Der Nachteil von Wasser besteht in der Absorption von Neutronen, was
eine Anreicherung des Brennstoffes nötig macht.
Deuterium besitzt diesen Nachteil nicht, ist aber
deutlich teurer. Ein anderer günstiger Moderator,
der zusätzlich eine geringe Neutronen-Absorption
aufweist, ist Graphit. Hier kann auch unangereichertes Uran genutzt werden, allerdings besteht ein
entscheidendes Sicherheitsproblem: Fällt das Kühlwasser aus wird die Kettenreaktion weiter moderiert und so am Leben gehalten. Eine Kernschmelze
kann die Folge sein. Diese Problem trat am Reaktor
in Tschernobyl auf. Deutsche Reaktoren dagegen
sind alle wassermoderiert und unterscheiden sich
daher sicherheitstechnisch grundlegend vom Tschernobyl Typ.
Die Lebensdauer eines wassermoderierten Reaktors (auch als Siede- oder Druckwasserreaktor
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Diese Energiequelle basiert auf der Fusion von Deuterium
und Tritium zu Helium. Der Energiegewinn beruht, wie bei
der Kernspaltung,
auf einer Zunahme
der Bindungsenergie,
wodurch der Heliumkern weniger Masse besitzt als die zur Fusion
genutzen Wasserstoffkerne. Die gewonnene Energie
ist ca. sieben mal höher als bei der Kernspaltung
und beträgt 170 Mio. kWh pro kg Wasserstoff.
Damit Fusion stattfinden kann, müssen zunächst
die sich abstoßenden Kerne zueinander gebracht
werden. Um die Coulombbarriere zu überwinden
sind Temperaturen von 108 K nötig welche nur mit
starken Magnetfeldern erreicht werden können. Die
Fusion ist daher eine große technische Herausforderung die noch bewältigt werden muss. Eine kommerzielle Einführung ist nicht vor 2050 zu erwarten.
Diese Energiequelle wird uns also erst in ferner Zukunft zur Verfügung stehen und kann aktuell nichts
zur CO2 Einsparung beitragen.
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2.5 Erneuerbare Energien
2.5.3 Solarthermie
Pro Jahr strahlt die Sonne eine Energie von
1018 kWh auf die Erde. Nur einen sehr kleinen Teil
dieser Energie können wir zur Stromerzeugung nutzen. Die wichtigsten Nutzungsmöglichkeiten werden im Folgenden kurz dargestellt.
Eine Möglichkeit
zur direkten Nutzung der Sonnenenergie stellt die Solarthermie dar. Hier
wird das Sonnenlicht
mittels Spiegeln gebündelt und Wasser erhitzt. Mit dem
entstehenden Wasserdampf kann nun eine Turbine angetrieben werden. In Kalifornien gelang es die Stromerzeugungskosten solcher Kraftwerke auf ca. 12,5 Cent pro
kWh zu reduzieren, was ein sehr guter Preis für erneuerbare Energien ist. Man erzeugt dort 350 MW
mit mehreren Parabolrinnenkraftwerken. Es stehen noch andere Bauarten wie z.B. Solartürme,
bei denen die Sonnenenergie auf einen Punkt zentriert wird, zur Verfügung. Solartürme erreichen
aufgrund der höheren Temperatur einen besseren
Wirkungsgrad, kommen aber nicht an die Gesamtleistung von Parabolrinnenkraftwerke heran, da
diese einfacher ausgebaut werden können.
Das Hauptproblem dieser Kraftwerke ist die Verfügbarkeit der Sonne. Nachts muss die fehlende
Wärme durch Wärmespeicher und Gasturbinen ausgeglichen werden, wodurch CO2 emittiert wird. In
Mittel- und Nordeuropa sind die Kraftwerke generell nicht wirtschaftlich einsetzbar, da die Sonneneinstrahlung zu gering ist. Hier müssten politische
Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit in
südlicheren Ländern in entsprechende Anlagen investiert werden kann um den Strom dann unter
anderem nach Deutschland zu exportieren.
2.5.1 Wasserkraft
Wasserkraft stellt
die zweitwichtigste
erneuerbare Energiequelle in Deutschland. Im Jahr 2006
betrug der Anteil an
der Stromerzeugung
3,2%. Weltweit liegt
der Anteil der Wasserkraft deutlich höher bei 18%. In Deutschland
ist ein weiterer Ausbau leider nicht möglich, da
schon alle Möglichkeiten genutzt werden. Weltweit
wäre aber noch eine Verdopplung möglich. Nicht
zu vergessen sind allerdings einige Nachteile dieser
ansonsten sauberen und günstigen Energiequelle.
Um den Drei Schluchten Damm in China zu realisieren mussten 1-2Mio. Menschen umgesiedelt
werden. Durch fehlende Ackerflächen werden noch
weitere 4 Mio. das Gebiet verlassen müssen.
2.5.2 Windenergie
Die Windenergie
leistet den größten
Beitrag der erneuerbaren Energiequellen mit einem Anteil von 5%. In der
gesamten installierten Leistung steht
Deutschland weltweit an erster Stelle. Es ergibt
sich aber das Problem, dass günstige Standorte an
der Küste schon ausgebaut sind. Baut man Kraftwerke im Inland fällt die abgegebene Leistung um
einen Faktor drei, da die Leistung proportional zur
dritten Potenz der Windgeschwindigkeit ist. Dies
verkleinert die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Eine
Lösung dieses Problems wären sogenannte Offshore
Anlagen, die auf dem offenen Meer gebaut werden.
Dieser Standort stellt hohe Anforderungen an die
technische Entwicklung, so dass ein Einsatz von
offshore Anlagen im großen Stil noch ca. 20 Jahre
auf sich warten lassen wird.
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2.5.4 Photovoltaik
Eine weitere direkte Nutzung der
Sonnenenergie ist
durch die Photovoltaik möglich. Die
Sonnenenergie wird
hier genutzt um Ladungsträger in einem Halbleiter zu trennen (p-n Übergang). Da
die Technik in der Herstellung recht aufwändig
ist, stellt die Photovoltaik die teuerste erneuerbare
Energiequelle dar. Die Kosten pro kWh belaufen
sich auf ca. 50 Cent. Der hohe Preis liegt unter anderem im hohen Energieverbrauch bei der
Herstellung begründet. Dies führt weiterhin dazu,
dass eine solche Anlage in Deutschland 5 Jahre in
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Betrieb sein muss, bevor die Energiebilanz ausgeglichen ist. Der Bau dieser Anlagen ist daher in
Deutschland momentan nur durch hohe Subventionen möglich. Selbst diese enormen Geldmittel
führten bisher nur zu einem Anteil von 0,4% der
Stromerzeugung. Bevor die Herstellungskosten
nicht deutlich gesunken sind, wären weitere größere
Investitionen nicht wirtschaftlich sinnvoll.
2.6 Zusammenfassung und Ausblick
Die erneuerbaren Energien sind bisher noch nicht
in der Lage innerhalb der nächsten Jahre größere
Anteile der Stromerzeugung zu übernehmen. Optimistische Rechnungen sagen bis 2030 einen Anteil
von ungefähr einem Viertel voraus. Das wäre, bezogen auf den aktuellen Anteil der erneuerbaren
Energien von ca. 12%, eine Verdopplung der erzeugten Energie. Selbst das würde aber noch nicht
ausreichen um den Anteil der Kernenergie von 26%
zu ersetzen. Geht man von einem gleichbleibenden
Anteil der fossilen Energiequellen aus, entstünde
eine Versorgungslücke, die durch den Zubau von
konventionellen Kraftwerken gedeckt werden müsste. Es stehen nun drei Szenarien zur Auswahl:
Szenario B sieht die bisher geplante Abschaltung
der Kernenergie bis 2020 vor. Die Versorgungslücke
müsste durch Importe aus Nachbarländern gefüllt
werden. Diese würden dazu neue Kernkraftwerke
an der Grenze errichten, wodurch der Sicherheitsgewinn wieder zunichte wäre. Eine Subvention klimaschützender Maßnahmen wäre so nicht möglich.
Szenario C entspricht der aktuellen Planung die
entstehende Lücke durch Neubau von Kohlekraftwerken zu decken. Die zusätzlichen CO2 Emissionen
würden alle bisher erreichten Einsparungen sinnlos
erscheinen lassen.
Der Beitrag Deutschlands zum Klimaschutz
hängt daher entscheidend vom Weiterlaufen der
Kernkraftwerke ab. Ohne diese Energiequelle würde es Deutschland schwer fallen andere Länder wie
z.B. China vom Klimaschutz zu überzeugen.
3 Quellen
K. Kleinknecht, 2007: Wer im Treibhaus sitzt. Wie
wir der Klima- und Energiefalle entkommen. Piper
Verlag München
K. Heinloth, 1997: Die Energiefrage: Bedarf und
Potentiale, Nutzung, Risiken und Kosten. Vieweg
Verlag Braunschweig
S. Rahmstorf, H.J. Schellnhuber, 2007: Der Klimawandel, Beck Verlag
Szenario A würde bei einem Weiterlaufen der Kernkraftwerke eintreten. Der günstige Erzeugungspreis
könnte mit Abgaben belegt werden, mit denen dann
klimaschützende Maßnahmen, wie z.B. erneuerbare Energien oder bessere Wärmedämmungen von
Wohnungen gefördert werden. Die CO2 Einsparungen würden die nationalen Ziele allerdings trotzdem
verfehlen (rote Kurve), aber zumindest weitere Einsparungen ermöglichen.
Seminar zum Fortgeschrittenen Praktikum WS 07/08
IPCC, 2007: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group
I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Solomon,
S., D. Qin, M. Manning, Z. Chen, M. Marquis,
K.B. Averyt, M.Tignor and H.L. Miller (eds.)].
Cambridge University Press, Cambridge, United
Kingdom and New York, NY, USA.
IPCC, 2007 Klimaänderung 2007: Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger
DPG, 2005: Klimaschutz und Energieversorgung in
Deutschland 1990-2020, Bad Honnef
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