Il Vittoriale degli Italiani Garten und Villa von

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Il Vittoriale degli Italiani
Garten und Villa von Gabriele d’Annunzio (1863 – 1938) in Gardone, Gardasee
„Il mio amore d’Italia, il mio culto delle memorie, la mia aspirazione all’eroismo, il mio
presentimento della patria futura si è manifestato qui in ogni ricerca di linee, in ogni
accordo o disaccordo di colori.“
Der italienische Dandy und Schriftsteller Gabriele d'Annunzio, ausgestattet mit
unerschütterlichem Selbstbewusstsein und mehr für exzentrischen Affairen als
literarische Leistungen berühmt, war schon zu Lebzeiten Legende. Unzählig die
Geschichten, die über ihn erzählt werden, ebenso oft gefeiert wie geschmäht.
Unbeachtet aber ist bisher seine Leistung als Gartenkünstler geblieben. Im Vittoriale
degli Italiani verwirklichte er eine komplizierte architektonische und landschaftliche
Allegorie.
Nach dem Scheitern der Besetzung von Rijeka, italienisch Fiume, wo er 1920 mit
seiner Privatarmee ein präfaschistisches Operettenregime errichtet hatte, eignet sich
der politisch kaltgestellte d'Annunzio die Villa Cargnacco in Gardone am Gardasee
an, um „die Reste seiner Schiffbrüche“ aufzunehmen. Die Villa, vorheriger Besitz von
Henry Thode, der in erster Ehe mit Daniela Senta von Bülow verheiratet war, Tochter
von Cosima Liszt und Stieftochter Richard Wagners, war nach dem Ersten Weltkrieg
von der italienischen Regierung als Kriegsentschädigung beschlagnahmt worden.
Um die finanziellen Mitteln für den Umbau zu erhalten stiftet d'Annunzio das
Bauprojekt, dem er den Namen Vittoriale degli Italiani gibt, den Italienern. Der schlau
erdachte Deckmantel der Stiftung ermöglicht es ihm, ein gerissenes Spiel des
Gebens und Nehmens zu beginnen: Je höher die ihm zur Verfügung gestellten Mittel,
desto höher der Wert der Schenkung. Der Leitsatz „Ich besitze das, was ich
geschenkt habe“, den er später über dem Eingangsportal in den Stein hauen lässt,
bringt diese vorteilhafte Form der Finanzierung auf den Punkt. Mussolini beschreibt
das Verhältnis distanzierter: „Wenn man einen faulen Zahn nicht ausreißen kann,
muss man ihn mit Gold füllen.“
D’Annunzio findet in dem jungen Architekten Gian Carlo Maroni (1893-1952) einen
kongenialen Partner zum Ausbau des ca. 9 Hektar großen Komplexes in eine
poetische Komposition, in der jeder Aspekt bis ins kleinste Detail entschlüsselbar ist.
D'Annunzios bestimmende Themen sind, hier wie in der Literatur, Erotik und Krieg.
Das Vittoriale wird zum Monument des Ersten Weltkrieges und der Zeit von Fiume –
mit dem Flugzeug, aus dem er Flugblätter, bedruckt mit den Farben der italienischen
Fahne, über Wien abgeworfen hat, dem Torpedoboot MAS, aus dem nicht Torpedos,
sondern Flaschenpost an die feindlichen Streitkräfte gesandt wurde, und dem Bug
des Königlichen Kreuzers Puglia als Hauptbestandteilen der umfassenden
landschaftlichen Inszenierung.
Mit dem Architekten Maroni verbindet ihn in den Jahren von 1921 – 1938 eine fast
symbiotische Beziehung. Als erster Superintendent des Vittoriale gelingt es diesem
nach D’Annunzios Tod seine Arbeit weiterzuführen – nicht weniger trickreich im
Beschaffen der nötigen Mittel als d’Annunzio. Um weiterhin den Absichten seines
verstorbenen Auftraggebers nachzukommen, behauptet er, die Stimme seines
Herren habe ihn in spirituellen Sitzungen aus dem Jenseits geboten, das
Amphitheater, das Mausoleum und den Hangar für das Torpedoboot MAS nach den
bereits vorliegenden Modellen fertig zu stellen. Trotzdem bleibt das Vittoriale
unvollendet.
Heute ist das Vittoriale ein Museum mit jährlich ca. 300.000 Besuchern,
Hauptattraktionen sind, neben den privaten Gemächern d’Annunzios, vor allem die
Kriegsrelikte, und schon der Weg zum Vittoriale wird als Umschlagplatz
faschistischer Souvenirs und Phantasien genutzt. „Die Villa Vittoriale ist eines der
minderwertigsten Museen Italiens, obskur und wie ihr Besitzer keinen Funken
genialisch, im Museumsshop verstauben seine Werke.“ (FAZ, 13.5.2010) Dieser
oberflächlichen Sichtweise kann man entgegenhalten, dass es sich um mehr als nur
eine Villa handelt, doch der Garten wird vernachlässigt: Aufwendig in der Erhaltung,
ist er zudem schlecht in Dienst zu nehmen für die Vermarktung als groteske
Kultstätte. Zur Hälfte gesperrt verfällt mit den Wegen auch die Lesbarkeit seiner
Gesamtkomposition, eine ausgeklügelte Ikonographie voll mit literarischen,
mythologischen und biografischen Anspielungen.
D’Annunzio kann in die Reihe jener Künstler gestellt werden, die, meist aus anderen
Metiers kommend, trickreich und unermüdlich ihre landschaftlichen Visionen
umsetzten. Ob Hermann von Pückler-Muskau, Derek Jarman, Ian Hamilton Finlay,
André Le Nôtre oder Louis Le Roy – der Garten, die Landschaft ist immer auch
Modell einer idealen Weltordnung. Einer Ordnung, an deren Verwirklichung mit den
Mitteln der Politik und des Krieges d’Annunzio gescheitert war. Der „Kriegskrempel“
des Vittoriale ist eine Metapher im geradezu lexikalischen Sinne, eine Übertragung,
eine rhetorische Figur. Diese Metaphern als solche nicht lesen zu können ist schlicht
Analphabetentum.
Das Vittoriale hat mehr zu bieten, als nur ein kurioses Monument für d’Annunzios
kriegsbegeisterte Selbstinszenierung und den italienischen Nationalismus zu sein.
Doch die Übersetzung steht noch aus.
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