x,v - Universität Wien

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Bewegungsgleichungen lösen
im Physikunterricht?
Franz Embacher
[email protected]
http://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/
Didaktik der Physik und eLearning
Fakultät für Physik
Universität Wien
25. November 2008
Das zweite Newtonsche Axiom
„Kraft ist gleich Masse mal Beschleunigung“
F  ma
F ( x(t ))
x(t ) 
m
F
a
m
F ( x)
a
m
Bewegungsgleichung
„Bewegungs-Differentialgleichung“
Anfangsdaten
x(0)  x0
x(0)  v0
Lösung
x  x(t )
Beispiele
F ( x)  0
x(t )  x0  v0 t
• Kräftefreier Fall:
Lösung:
• Bewegung im homogenen Schwerefeld:
Lösung:
g 2
x(t )  x0  v0 t 
•
F ( x)  mg
t
2
Harmonischer Oszillator: F ( x)  kx
Lösung:
x(t )  A sin(t   )
• Mathematisches Pendel:
wobei
  k /m
mg
F ( x)  
sin x
L
( x  Auslenkungswinkel im Bogemaß)
Lösung: nicht geschlossen darstellbar
Problem für den Physikunterricht
Aber:
• Methoden der Analysis stehen nicht zur Verfügung.
Wünschenswert ist daher ein Verfahren, das
• es ermöglicht, zumindest näherungsweise von einem
Kraftgesetz auf den sich daraus ergebenden
Bewegungstypus schließen zu können,
• im Prinzip von SchülerInnen der Oberstufe (Sek 2)
verstanden werden kann, und das
• SchülerInnen eigenständiges Operieren (durchaus
auch im Sinne spielerisch-experimenteller
Erforschung) ermöglicht,
d. h. ein operationaler Zugang!
Idee zur näherungsweisen Lösung
Bewegung während eines kurzen Zeitintervalls t verfolgen:
• Geschwindigkeit
x
v
t
• Beschleunigung
v
a
t
Im Folgenden muss t gerade so klein sein wie in diesen
Definitionen!
Näherungsverfahren 1. Schritt
Anfangsort:
x0
v0
Anfangsgeschwindigkeit:
x0
x
v
t
x  x1  x0
v  v0 ... Näherung!
v0
x1
nach dem
Zeitintervall t ...
x1  x0  v0 t
Näherungsverfahren 2. Schritt
Berücksichtigung der Änderung der Geschwindigkeit:
v0
v1
x0
v
a
t
v  v1  v0
F ( x0 )
a
m
x1
nach dem
Zeitintervall t ...
... Näherung!
F ( x0 )
v1  v0 
t
m
Näherungsverfahren
x1  x0  v0 t
F ( x0 )
v1  v0 
t
m
Euler-CauchyVerfahren
Iterative Anwendung:
( x0 , v0 )  ( x1 , v1 )  ( x2 , v2 )  ( x3 , v3 ) 
Das Verfahren besitzt aber einen didaktischen Nachteil:
Es ist ungenau!
Beispiel
Harmonischer Oszillator:
F ( x)  k x, k / m  1, t  0.1, x0  1, v0  0
Verbesserung 1. Schritt
 verbessertes Verfahren benötigt!
Voraussetzung: gleichmäßig beschleunigte Bewegung
Wenn Beschleunigung a konstant und Anfangsgeschwindigkeit
dann wird während des Zeitintervalls t die Strecke
v0 ,
a
2
x  v0 t  (t )
2
zurückgelegt.
Näherung
F ( x0 )
a
m
F ( x0 )
2
x1  x0  v0 t 
(t )
2m
Verbesserung 2. Schritt
F ( x0 )
v1  v0 
t
m
beruht auf der Näherung Beschleunigung = Anfangsbeschleunigung.
Da aber x1 bereits berechnet wurde, kann die Näherung zu
Beschleunigung = (Anfangsbeschleunigung + Endbeschleunigung)/2
verbessert werden:
1  F ( x0 ) F ( x1 ) 
v1  v0  

t
2 m
m 
Verbessertes Näherungsverfahren
F ( x0 )
2
x1  x0  v0 t 
(t )
2m
1  F ( x0 ) F ( x1 ) 
v1  v0  

t
2 m
m 
... quadratische
Entwicklung
... HeunVerfahren
 keine erkennbaren numerischen Artefakte mehr!
Die Näherungslösung stimmt mit der exakten Lösung
bis zur Ordnung ( t ) 2 überein. Für die gleichmäßig
beschleunigte Bewegung ist sie exakt.
Bezeichnungsweise ...
... ist kein Dogma!
xEnde  xAnfang  vAnfang t 
vEnde
FAnfang
2m
(t )
1  FAnfang FEnde 
 vAnfang  

t

2 m
m 
2
Umsetzung mit Tabellenkalkulation
Harmonischer Oszillator:
F ( x)  k x, k / m  1, t  0.1, x0  1, v0  0
t
0
0.1
0.2
...
3.1
3.2
...
6.3
x
1
0.995
0.98005
...
0.999188064
0.998215967
...
0.999810998
v
0
0.09975
0.1985025
...
0.040238232
0.05963197
...
0.019417108
exakte Lösung:
x(t )  cos(t )
cos(6.3) 
 0.999859
Visualisierung der ersten beiden Spalten  Zeit-Weg-Darstellung
Visualisierung
Harmonischer Oszillator:
F ( x)  k x, k / m  1, t  0.1, x0  1, v0  0
Interaktivität ...
... mit Hilfe von Schiebereglern
Perspektiven
• Selbständiges Erschließen von Bewegungen aus
Kraftgesetzen, vertieftes Verständnis der Logik
Kraftgesetz + Anfangsdaten  Bewegung
• Spielerisch-experimentelles Erforschen
• Interessantere Systeme können besprochen werden als
normalerweise üblich (z. B. Pendel)
• Besseres Verständnis der Bedeutung von Zeit-WegDarstellungen, Übersetzung Bewegung  Diagramm
• Kombination mit (Real-)Experimenten  Wechselspiel
zwischen Beobachtung und Theorie
• Grundstock für das spätere Verständnis von
Differentialgleichungen bei der Beschreibung dynamischer
Systeme
• Falls keine Kenntnisse über Tabellenkalkulation vorhanden
sind  vorbereitete interaktive Spreadsheets
Einstiegs-Szenario
5. Klasse
1. Unterrichtseinheit: Das zweite Newtonsche Axiom in der Lesart
a = F/m bei gegebener Kraft. Kräfte können vom Ort abhängen.
Beispiel: Federkraft. Idee, die Bewegung über kurze
Zeitintervalle zu verfolgen, „Herleitung“ des
Näherungsverfahrens.
2. Unterrichtseinheit : Umsetzung mit Tabellenkalkulation,
Diskussion der Bewegung, Begriff der Schwingung.
3. Unterrichtseinheit : Wiederholung der Logik Kraftgesetz +
Anfangsdaten  Bewegungsablauf. Die Rolle des zweiten
Newtonschen Axioms in der Physik, der Laplacesche Dämon.
Was besagt das zweite Newtonsche Axiom für F = 0?
„Wiederentdeckung“ des Trägheitssatzes. Aufgaben (ggf. i. R.
eines differenzierten Bewertungssystems): Übertragung des
Algorithmus auf andere Kraftgesetze, allgemeine Formulierung.
Beispiel: Pendel, große Auslenkungen
mg
F ( x)  
sin x, g / L  9.81, t  0.01, x0  3.14, v0  0
L
2D- und 3D-Verallgemeinerung
F ( x0 )
2
x1  x 0  v 0 t 
(t )
2m
1  F ( x 0 ) F ( x1 ) 
v1  v 0  

t
2 m
m 
Keplerproblem (im Ursprung fixierte Zentralmasse):
GM m
F ( x)   3
|x|
x
Bewegung o.B.d.A.
in der xy-Ebene
Keplerbewegung
GM  1, t  0.005, x0  1.3, y0  0, vx 0  0, v y 0  0.53
Im Himmel und auf der Erde gelten die gleichen physikalischen
Grundgesetze! „Universalität“ des zweiten Newtonschen Axioms!
Weitere Verallgemeinerungen
Geschwindigkeitsabhängige Kräfte, Reibung
• Freier Fall mit Luftwiderstand, Grenzgeschwindigkeit
• Gedämpfte Schwingungen
Explizit zeitabhängige („antreibende“) Kräfte
• Erzwungene und gedämpfte Schwingungen
• Resonanz und Resonanzkatastrophe
Phasenraumdiagramme: (x,p) bzw. (x,v)
• Harmonische Schwingungen: Energieerhaltung
• Gedämpfte Schwingungen: Energieverlust durch
Reibung
beachte:
Phasenraumdiagramm
F ( x)  kx   v
k  m  1,   0.5, t  0.14, x0  1, v0  0
Gedämpfte Schwingung:
1 2
E  ( p  x2 )
2
Ausblick
Wunschzettel:
• Den hier vorgestellten Zugang im
Physikunterricht erproben.
• Die für den hier vorgestellten
Zugang nötigen Kompetenzen
im Lehramtsstudium vermitteln.
Danke...
... für Ihre Aufmerksamkeit!
Excel-Spreadsheets zu den besprochenen Beispielen
und zu einigen weiteren Anwendungen stehen unter
http://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/Bewgl/
zur Verfügung.
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