12Wo_Stark-EffektI+II_30-6+1-7-15 ■ Elektrische Polarisierbarkeit des H-Atoms im Grundzustand. Stark-Effekt Im Grundzustand des H-Atoms sind die Wellenfunktion und die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte (AWD) des Elektrons zentralsymmetrisch. Negativer und positiver Ladungsschwerpunkt fallen zusammen und das resultierende Dipolmoment ist gleich Null. ext In einem äußeren elektrischen Feld E werden die Ladungsschwerpunkte getrennt und ein elektrisches Dipolmoment p ~ E in Feldrichtung wird induziert. Der Koeffizient in ext p 0 E ext heißt elektrische Polarisierbarkeit. Die Energie des induzierten Dipols im 1 ext ext äußeren elektrischen Feld ist E p E 0 ( E ) 2 . 2 2 Unser Ziel ist die störungstheoretische Berechnung der Polarisierbarkeit für ein H-Atom im Grundzustand, das sich in einem schwachen elektrostatischen Feld befindet. Der Hamilton-Operator Ĥ 0 beschreibe das H-Atom ohne äußeres Feld, der Störoperator V̂ ist durch die zusätzliche Energie des Elektrons im äußeren Feld gegeben. Im Fall eines räumlich homogenen elektrostatischen Feldes (Potenzial ) in z-Richtung ist V̂ e ext e E ext z . (11.14) Für die hier betrachteten schwachen äußeren elektrischen Felder von etwa E ext ~ 105 V / m kann V̂ kann als kleine Störung aufgefasst werden, denn die Stärke des Coulomb-Feldes EC zwischen Proton und Elektron ist in einem Abstand von der Größenordnung des Bohr´schen 19 1 e V V 10 1.60210 10 5 1011 Radius aB wegen E viel größer. Der Grund2 2 10 4 0 a B m m 0.510 C zustand des H-Atoms ist nicht entartet, deshalb wenden wir die zeitunabhängige Störungstheorie für nichtentartete Zustände aus Kap. 11.1 an. Wellenfunktionen und Energiespektrum in Abwesenheit eines äußeren Feldes Die Eigenzustände (n0 ) von Ĥ 0 sind die uns bekannten Wellenfunktionen des H-Atoms nm , die in Ortsdarstellung die Form nlm (r, , ) R nl (r ) Ylm (, ) haben. 1 Der Grundzustand des H-Atoms wird durch 1 100 (r ) e a 3B r aB beschrieben. Die Eigenwerte von Ĥ 0 , also das Energiespektrum des H-Atoms ohne äußeres Feld, sind durch (10.15?) gegeben. Mit a B : 4 0 2 0. 529177 10 10 m für den Bohr´schen e2 Radius folgt daraus der übersichtlichere Ausdruck E (n0 ) (0) 1 d.h. E e2 1 , n 1, 2, 3, ..., 1 , 2 (40 ) a B n 2 e2 2 (40 ) a B für die Energie des Grundzustandes. Wir bestimmen zunächst die Korrektur erster Ordnung in Eext zur Grundzustandsenergie E1(1) 1( 0 ) V̂ 1( 0 ) e E ext 1( 0 ) z 1( 0 ) . (11.15) Dieses Matrixelement ist Null, denn ( 0) 1 z ( 0) 1 2 0 0 d r 100 (r ) r cos 100 (r ) dr r r (r ) d sin cos d 0 , 3 2 2 100 0 weil die Integration über wegen 1 2 sin 2 0 Null ergibt. 0 Folglich ist der zu erwartende Effekt höchstens quadratisch in der Stärke des äußeren elektrischen Feldes, in Übereinstimmung damit, dass die Energie des induzierten Dipols ebenfalls proportional zu (E ext ) 2 ist (s.o). Wir können deshalb vom quadratischen StarkEffekt sprechen. In zweiter Ordnung Störungstheorie (in Eext) ergibt sich die Korrektur zur Grundzustandsenergie aus der entsprechend der allgemeinen Formel (11.13) E (n2 ) mn (m0 ) V̂ (n0 ) E ( 0) n E ( 0) m 2 2 E1( 2 ) e 2 E ext m 1 (m0 ) z 1( 0 ) E1( 0 ) E (m0 ) 2 . 2 Durch Vergleich mit E 0 ext 2 ( E ) finden wir den gesuchten quantenmechanischen 2 Ausdruck für die Polarisierbarkeit des H-Atoms im Grundzustand unter Einwirkung eines schwachen homogenen elektrostatischen Feldes (in zweiter Ordnung ST) 2 2e 0 (m0 ) z 1( 0 ) 2 . E1( 0 ) E (m0 ) m 1 (11.16) Über die Berechnung der Matrixelemente im Zähler und der Energiedifferenzen im Nenner kann (zumindest numerisch) beliebig genau berechnet werden. Um die elektrische Polarisierbarkeit von oben abzuschätzen, verwenden wir E (0) m E ( 0) 1 E (0) 2 E ( 0) 1 2 e2 1 3 e : E , m 2 mit E , 1 2 (40 ) a B 22 8 40 a B ersetzen die Nenner aller Summanden im Ausdruck (11.16) durch (das kleinere) E und erhalten 2 2 2e 2 (0) (0) (0) (0) z z 1 m z 1 1 0 E m 0 2 2e 1( 0 ) z (m0 ) (m0 ) z 1( 0 ) 1( 0 ) z 2 1( 0) . 0 E 2e 2 0 E m 1 2e 2 0 E m ( 0) m (0) 1 2 Bei den beiden letzten Umformungen haben wir (m0 ) z 1( 0 ) 1( 0 ) z (m0 ) * für die Matrixelemente des hermiteschen ´Operators´ z bzw. die uns bereits bekannte, auf der Vollständigkeit des VONS { (m0 ) } von Ĥ 0 beruhende Relation (0) m (m0 ) 1̂ 1 m 1 verwendet. Mit (r ) 100 (r ) (0) 1 a 3B e r aB und z r cos erhalten wir für das verbliebene Matrixelement ( 0) 1 z 2 ( 0) 1 2r 2 1 3 r 2 dr e a B sin d r 2 cos2 d . a B 0 0 0 3 1 Die Integration über und ergibt die Faktoren 2 bzw. cos3 3 Für die Integration über r nutzen wir die Relation dx x k e x 0 0 1 2 (1)3 1 . 3 3 k! , 0 , k 1, 2, ... , die k 1 sich für natürliche k einfach über vollständige Induktion beweisen lässt. Im vorliegenden Fall ist k = 4 und ( 0) 1 z 2 ( 0) 1 2 , also folgt aB 2 1 2 3 a 3B dr r 4 e 2r aB 0 5 4 1 a 2 3 4 B a 2B . 3 3 aB 2 Insgesamt erhalten wir für die obere Schranke der Polarisierbarkeit die Abschätzung 2e 2 2 aB 0 E 2e 2 2 8 4 3 64 3 a 2B aB a B 67 a 3B . 2 3 e 3 3 0 8 40 a B (11.17) Der experimentelle Wert ist exp 57,8 a 3B . 1-7-15 11.2 Zeitunabhängige Störungstheorie für entartete Zustände Bei entarteten Energieniveaus E (n0 ) E (m0) mit (n0 ) (m0 ) scheint die Bedingung für die Anwendbarkeit der Störungstheorie (m0 ) V̂ (n0) E (n0 ) E (m0 ) verletzt, da die Matrixelemente (m0 ) V̂ (n0 ) i.a. verschieden von Null sind. In den Korrekturen 2. Ordnung zu den Energieniveaus entsprechend (11.13) treten Divergenzen auf. Die Lösung dieses `Dilemmas` liegt in der `richtigen` Wahl der „Startzustände“ (n0 ) aus Ĥ 0 (n0 ) E (n0 ) (n0 ) . 4 Wir nehmen an, das Energieniveau E (n0 ) sei gn-fach entartet und stellen (n0 ) als Linearkombination g (n0 ) a (n0) (11.18) 1 der gn zu E (n0 ) gehörenden Eigenfunktionen (n0) mit den zunächst unbekannten komplexen Koeffizienten a dar. Dieser Ansatz wird in (11.7) Ĥ 0 (n1) V̂ (n0 ) E (n0 ) (n1) E (n1) (n0 ) , also in die 1 Gleichung (11.7) der Störungstheorie eingesetzt und letztere dann auf (n0) projeziert. Es folgt g g Ĥ 0 (n1) a V̂ (n0) E (n0 ) (n1) E (n1) a (n0) 1 , 1 g (n0) g (n0) Ĥ 0 (n1) a (n0) V̂ (n0) E (n0 ) (n0) (n1) E (n1) a (n0) (n0) . 1 1 E (n0 ) (n0) (n1) 0 0 Der erste und der dritte Term verschwinden wegen der Normierungsvereinbarung (11.5). Übrig bleibt das Eigenwertproblem gn 1 (n0) V̂ (n0) a E (n1) a , , 1, ... , g n Entartungsgrad von E (n0 ) (11.19) zur Bestimmung der gn Korrekturen E (n1) zum Energieniveau E (n0 ) sowie der entsprechenden gn Eigenvektoren {a } aus Entwicklungskoeffizienten zur Bestimmung der zugehörigen Eigenfunktionen in Form der Linearkombination (11.18). Fazit: Die äußere Störung hebt die Entartung entweder vollständig (wenn alle gn Eigenwerte E (n1) verschieden sind) oder teilweise auf. Die Aufhebung der Entartung ist spektroskopisch als Aufspaltung von Spektrallinien überprüfbar. 5 ■ Stark-Effekt für H-Atom im ersten angeregten Zustand (1913) Als Beispiel untersuchen wir störungstheoretisch den Einfluss eines schwachen homogenen elektrostatischen Feldes in z-Richtung auf ein H-Atom im ersten angeregten Zustand (Energie E (20) ) Ĥ Ĥ 0 V̂ Ĥ 0 e E ext z Ĥ 0 e E ext r cos . Dieser Zustand ist (ohne Spin) g 2 2 2 4 -fach entartet. Die dazugehörigen 4 Eigenzustände von Ĥ 0 sind 200 , 210 , 211 , und 21 1 . Die entsprechenden Wellenfunktionen in Ortsdarstellung lauten ( 0) 200 r 1 (r) 3 2a B 8a B ( 0) 210 r ( r , ) cos e 2 a B , 8a 3B 2a B ( 0) 211 1 2a B e , r r 1 r r ( r , , ) sin e i e 2 a B . a 3B 8a B 1 Das Eigenwertproblem (11.19) 4 1 (n0) e E ext r cos (n0) a E (n1) a , , 1, 2, 3, 4 enthält 16 Matrixelemente, die bis auf 200 V̂ 210 210 V̂ 200 210 V̂ 200 (denn V̂ * und die EZ mit m = 0 sind reell) alle aus Symmetriegründen gleich Null sind. Beweis: (i) nm V̂ n' ' m' 0 für m m ' , denn in der Ortdarstellung ergibt die Auswertung der Integrale der Integration über Null. 6 Darstellungsunabhängig wird der Beweis über V̂, L̂ z e E ext z, L̂ z 0 geführt: 0 nm V̂, L̂ z n' ' m' nm V̂ L̂ z n' ' m' nm L̂ z V̂ n' ' m' m' nm V̂ n' ' m' L̂ z nm V̂ n' ' m' ( m' m) nm V̂ n' ' m' . Dieser Beweis zeigt, dass das Verschwinden der Matrixelemente nm V̂ n' ' m' eine Konsequenz der Tatsache ist, dass das angelegte Feld zwar die Zentralsymmetrie des ungestörten Problems, nicht jedoch die Rotationssymmetrie um die z-Achse bricht. (ii) Alle vier Diagonalelemente der Störmatrix sind Null, denn 1 2m V̂ 2m ~ ... sin d cos2 cos 0 sin 2 (iii) 1 / 2 cos2 0 4 1 / 4 cos 0 1 / 4 sin 4 0 0 . Für die verbleibenden beiden Matrixelemente ergibt die Auswertung der Integrale in der Ortsdarstellung 200 V̂ 210 210 V̂ 200 2 r 2a B 1 r 2a B 1 e e E sin cos d d r dr r e ... 3 e a B E ext . 3 3 2a B 8 a B 8 a B 2 a B 0 0 0 2 2/3 nutze dx x k e x k!/ k 1 für 0 , k 1, 2 , ... 0 ext 2 2 r 1 r Das EWP im Unterraum des entarteten Zustands E (20 ) hat also folgende Form 0 3 e a B E ext 0 0 3 e a B E ext 0 0 0 0 0 a1 0 0 a2 0 0 a 3 0 0 a 4 a1 a (1) 2 E2 a 3 a 4 mit der charakteristischen Gleichung 7 E (21) ext 3e a BE det 0 0 3 e a B E ext E (21) 0 0 0 0 E (21) 0 0 0 0 E (21) (1) 2 (1) 2 2 2 ext 2 ( E2 ) ( E2 ) 9 e a B (E ) 0 . Daraus ergibt sich E 2 E (20 ) E (21) O( E ext ) 2 mit E (21) 0 0 3 e a B E ext 3 e a E ext B . Fazit: Im schwachen homogenen elektrostatischen Feld spaltet sich der erste angeregte Zustand in drei Zustände auf (linearer Stark-Effekt). Ohne angelegtes Feld ist ein Übergang zwischen dem angeregten und dem Grundzustand mit E (20 ) E1( 0 ) möglich, mit Feld dagegen könnten drei Übergänge mit Frequenzen entsprechend E (20) E (21) E1( 0) im Spektrum nachgewiesen werden. Die Entartung ist nur unvollständig aufgehoben, da das angelegte Feld Zentralsymmetrie bricht, jedoch die Rotationssymmetrie um die z-Achse erhält. Die Koeffizienten a 1, 2, 3, 4 zu den Eigenwerten E (21) ergeben sich aus den Gleichungen E (21) a1 3 e a B E ext a 2 0 3 e a B E ext a1 E (21) a 2 0 E (21) a 3 0 E (21) a 4 0 Das führt auf folgende, ´richtig gewählte´ "Startzustände" in nullter Ordnung Störungstheorie: (i) Für E (21) 0 folgt a1 a 2 0 und a 3 , a 4 0 . Die allgemeinste WF für die unverschobenen Niveaus ist 0 a 3 211 a 4 21 1 ; die Koeffizienten a3 und a4 sind (bis auf Normierung) unbestimmt, die Entartung ist nicht aufgehoben. (ii) Für E (21) 3 e a B E ext folgt a 3 a 4 0 und a1 3 e a B E ext a 2 , d.h. a12 a 22 , a1 a 2 . a2 E (21) a1 Unter Berücksichtigung der Normierung ergeben sich die gesuchten Linearkombinationen: 1 1 ( 200 210 ) für E 2 E (20 ) 3 e a B E ext O ( E ext ) 2 2 2 1 ( 200 210 ) für E 2 E (20 ) 3 e a B E ext O ( E ext ) 2 2 8