Embryotransfer bei der Stute – Möglichkeiten und Grenzen Projektarbeit im Klinisch-Praktischen Jahr 2012, erstellt an der Ambulatorischen und Geburtshilflichen Tierklinik der Universität Leipzig, von cand. med. vet. Christina Felton Betreuerin: TÄ Manuela Heine, verantwortlicher Projektleiter: Prof. Dr. Axel Sobiraj Einleitung: Der Embryotransfer (ET) beim Pferd etabliert sich in der heutigen Zeit zunehmend. Besonders hohe Nachfrage herrscht auf großen Gestüten, die über eine entsprechende Anzahl geeigneter Empfängerstuten verfügen, womit sich der organisatorische und kostenmäßige Aufwand in Grenzen hält. Aber auch kleinere Betriebe sind zunehmend interessiert an dieser Methode. Ist die Produktion von Fohlen via ET aus Stuten auch kostspieliger als über eine Bedeckung oder Besamung, beruht der Hauptvorteil darin, dass die Spenderstute im Sport weiter genutzt werden kann und wegen der Trächtigkeit nicht aussetzen muss. Empfängerstuten werden mittlerweile auch von größeren Gestüten für eine Zuchtsaison ausgeliehen, sodass ein Züchter nicht zwangsläufig ein oder zwei weitere Pferde hinzukaufen muss. Im Ländern wie z. B. den USA, Südamerika etc., in denen die Haltung großer Herden von Stuten weniger kostenintensiv ist, findet der ET bei Stuten wesentlich häufiger Anwendung als in Mitteleuropa. (7) Vorteile des ET: Die Gründe, warum Embryotransfer bei der Stute so interessant ist, liegen auf der Hand. Der gleichzeitige Einsatz einer Stute in Zucht und Sport wird hierdurch problemlos ermöglicht. Aber auch bei alten Stuten oder bei denen krankheitsbedingt das Austragen eines Fohlens ein großes Risiko darstellen würde oder sich gar verbieten würde, ist dies eine gute Möglichkeit, aus der Stute dennoch leibliche Nachkommen zu erzeugen. Über Superovulationen und mehrfache Nutzung einer Spenderstute allein während einer Fortpflanzungsperiode kann die Nachkommenzahl einer Stute mittels ET erheblich vergrößert werden. Ebenso können von erst zweijährigen Stuten bereits Fohlen geboren werden. (1,4) Anforderungen an die Spenderstute: Die Spenderstute muss eine gute Fruchtbarkeitsleistung aufgewiesen haben, sie muss frei sein von Infektionskrankheiten, v. a. von solchen, die den Genitalapparat betreffen (Geschlechtsgesundheit). Sie sollte in einer guten physischen Kondition sein und regelmäßig zyklieren. Die klinische und klinisch-gynäkologische Untersuchung inkl. Sonographie des Uterus, der Ovarien etc. sowie mikrobieller Untersuchung einer Uterustupferprobe muss ohne besondere Befunde lauten. (5) Anforderungen an die Empfängerstute/n: Es werden eine gute Fruchtbarkeit, ein regelmäßiger Zyklus, gute Muttereigenschaften sowie eine gute Milchbildung gefordert. Maiden sollten nicht als Empfänger herangezogen werden. Die Stuten sollten zwischen 3 und 10 Jahren sein, da ab 10 Jahren altersbedingt erste endometriale Veränderungen (Endometrose und/oder Angiosklerose) mit Perfusionsstörungen des Uterus auftreten können. Die Größe der Stute sollte der der Spenderstute entsprechen (keine extremen Unterschiede wegen Euterhöhe u. Geburtsgewicht). Auch die Empfängerstuten müssen genitalgesund sein, sowie sich in einem guten Allgemeinzustand befinden und frei von Infektionskrankheiten sein. Es sollten mindestens zwei, besser drei Empfängerstuten pro ET bei einer Spenderin zur Verfügung stehen. (7,1) Vorbereitung der Spender- und Empfängerstuten: Beide müssen vorbereitend gründlichen Allgemein- und gynäkologischen Untersuchungen unterzogen werden. Tupferproben zur Abklärung des mikrobiellen Status und Endometriumbiopsien zur Evaluierung von subklinischen entzündlichen wie nichtentzündlichen Veränderungen am Uterus (Endometrose) sind erforderlich. Je nach erhobenen Befunden sind die Stuten einer vorherigen Behandlung zu unterziehen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist der nächste Schritt die Zyklussynchronisation. Geeignet zyklussynchron sind Empfängerstuten, wenn sie max. einen Tag vor bis zu drei Tage nach der Spenderstute ovulieren. Die besten Transfererfolge sind zu verzeichnen, wenn die Empfängerstute zwei Tage nach der Spenderstute einen Eisprung hat. Für das Synchronisieren stehen verschiedene Methoden der hormonellen Behandlung (Gestagene, Prostaglandine, Gonadotropine) zur Verfügung. Ein mögliches Behandlungsschema wäre z. B. die orale Gabe von Altrenogest (Regumate®) an die Spenderin und die Empfängerstuten über 10 Tage. Dann wird dieses abgesetzt und es erfolgt die Injektion von PGF2α (z.B. Dinolytic®), um die Östrusinduktion zu unterstützen. Der Östrus sollte innerhalb von 2 bis 5 Tagen einsetzen. Es erfolgen tägliche Follikelkontrollen, und die Spenderstute wird ovulationsnah gedeckt bzw. besamt. Nötigenfalls kann eine Ovulationsterminierung mit 1.500 iE hCG (Ovogest®) i. v. oder über ein GnRH-Implantat s. c. (Ovuplant®) durchgeführt werden, ebenso bei der/den Empfängerstute/n. Alternativ kann die Zyklussynchronisation aller beteiligter Stuten durch zweimalige Injektionen mit PGF2α im Abstand von 14 Tagen erfolgen. Die Synchronisation ist der schwierigste Teil des ET, so dass sie so optimal wie möglich durchgeführt werden muss. (5) Superovulation bei Spenderstuten: Sämtliche bisherigen Versuche mit Anwendung aller möglichen Hormonprogramme und deren Kombinationen miteinander brachten bis dato nicht den gewünschten Erfolg und/oder sie haben z. T. starke Nebenwirkungen. Unter anderem hat man die Immunisierung gegen Inhibin, Injektionen von porcinem FSH, humanen bzw. equinen Choriongonadotropinen, Pferdehypophysenextrakten, GnRH-Präparaten und Vieles mehr erprobt.(3) Superovulationen können bei Stuten zwar erfolgreich ausgelöst werden, jedoch sind die Blastozystengewinnungsraten und Trächtigkeitsraten nicht höher als bei Stuten ohne den Versuch einer Superovulation. (5) Ablauf der Übertragung: Die Gewinnung der Blastozysten erfolgt für eine direkt anschließende Übertragung vorzugsweise am Tag 7 (oder 8), für die zwischenzeitliche Kryokonservierung des Embryos bereits am Tag 6 post ovulationem. Sie kann blutig transvaginal-zervikal erfolgen, oder, was wesentlich häufiger angewandt wird, unblutig durch transzervikales Eingehen in den Uterus.(5) Benutzt wird hierfür ein geschlossenes Schlauchsystem: Unter vaginaler Kontrolle wird zunächst ein Ballonkatheter über den Zervikanalkanal in den Uterus eingeführt. Bei dessen korrektem Sitz befindet sich der Ballon unmittelbar vor dem inneren Muttermund und wird aufgepumpt. Der Katheter ist über ein Y-Verbindungsstück mit dem Auffangbehältnis für die rück gewonnene Spülflüssigkeit und mit dem Spülmedium selbst verbunden. Als Spülmedium wird zumeist 37°C warme PBS-Pufferlösung (mit oder ohne Blutserumzusatz) mit 0,1% Polyvinylalkohol, alternativ sterile Ringer-Laktat-Lösung verwendet. Davon werden ca. 1000 ml in den Uterus infundiert und anschließend zurück gewonnen. Dieser Vorgang wird mindestens drei Mal durchgeführt. Eine Oxytocinapplikation kann die Embryo-Gewinnungsrate erhöhen. Die Spenderstute wird hierfür in den Untersuchungsstand verbracht, i. d. R. ist eine Sedation nicht notwendig. Die zurück gewonnene Spülflüssigkeit wird durch einen Embryonenfilter (0,75 µm) geleitet. Unter einem Stereomikroskop wird nun das Netz des Filters systematisch durchgesehen, um den oder die Embryonen zu suchen. Danach wird der Embryo durch mehrmaliges Umsetzen in einem so genannten Haltemedium gewaschen, um eventuell anhaftende Zellen oder Mikroorganismen zu entfernen. (1,4) Jeweils ein Embryo wird auf je eine Empfängerstute übertragen. Bei der Frischübertragung soll dies bis spätestens eine Stunde nach der Gewinnung erfolgt sein. Die Blastozysten können auch kryokonserviert werden, oder sie werden in ein Transportmedium verbracht und gekühlt verschickt. Die Übertragung eines Embryos kann blutig durch Laparoskopie mit Injektion ins Uterushorn oder unblutig vaginal-transzervikal erfolgen. Bevorzugt wird auf Grund der geringeren Invasivität die nicht-chirurgische Methode.(4) Die Empfängerstute wird ebenfalls in den Untersuchungsstand verbracht. Mit Hilfe einer speziellen Pipette wird der Embryo aufgenommen, vorher werden abwechselnd etwas Flüssigkeit und eine Luftblase aufgezogen, um einen Verlust des Embryos so gut wie möglich zu verhindern. Die Pipette wird unter manueller Kontrolle durch die Zervix in den Uterus eingeführt und der Inhalt appliziert, dabei ist darauf zu achten, dass die Manipulation an der Zervix so gering wie möglich gehalten wird. Um die manipulationsbedingte Entzündungsreaktion und die damit verbundene PGF2α-Freisetzung im Uterus der Empfängerstute zu unterdrücken, erhält sie über mehrere Tage PGF2α – Antagonisten (= NSAID) appliziert. (2,6) Zahlen und Fakten: Bei fertilen geschlechtsgesunden, nicht überalterten Stuten beträgt die Embryonengewinnungsrate aktuell zwischen 75% und 87%, bei subfertilen und/oder alten Stuten dagegen nur bei 28% bis 40% (5) . Die Trächtigkeitsraten nach dem Transfer betragen etwa 65% bis 75 % (7). Die Mehrkosten für den ET (im Vergleich zur Bedeckung oder zur KB) belaufen sich auf ca. 1.500 EUR zuzüglich Kosten für den Unterhalt der Empfängerstute/n (Leihgebühr, Futterkosten etc.). (7) Suche nach der Blastozyste unter dem Stereomikroskop Literaturangaben: 1 Aurich C. Reproduktionsmedizin beim Pferd. 1. Aufl. Parey-Verlag. 2005. Kapitel 7. Kanitz W. 105-112 2 Aurich C., Koblischke P., Budik S. Ansätze zur Verbesserung der Trächtigkeitsrate bei Empfängerstuten in Embryotransferprogrammen. In: Gauly M, von Borstel U (Hrsg.). Göttinger Pferdetage 2009, Zucht und Haltung von Sportpferden, FN-Verlag der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, Warendorf, 264-269. http://www.pferdewissenschaften.at/Goettingen_Koblischke.pdf 3 Baakmann C. Untersuchungen zur Superovulation bei der Stute. [Dissertation med. vet]. Hannover. Tierärztliche Hochschule Hannover. 2008 4 Klewitz J, Heer P, Behrendt D, Probst J, Martinsson G, Sieme H. Embryotransfer beim Pferd. Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. 2010. Ausgabe 7(3). 184-189 5 Kölle N. Assistierte Reproduktion beim Pferd. [Dissertation med. vet]. München. Tierärztliche Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2003 6 P.Koblischke et al./Theriogenology 70. Embryo transfer induces a subclinical endometritis in recipient mares which can be prevented by treatment with non-steroid anti-inflammatory drugs. Elsevier. 2008. 1147-1158 7 Ziegler HJ. ET beim Pferd – derzeitiger Nutzungsumfang und Zukunftsperspektiven in Deutschland und ausgewählten europäischen Ländern. [Diplomarbeit]. Nürtingen-Geislingen. Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. 2009 Bildnachweis: Oben links: http://stages-pregnancy.com/wp-content/uploads/2011/08/EmbryoTransfer3.jpg (2011) Oben rechts: http://www.tierklinikkaufungen.de/html/trachtigkeitsfeststellung1.html (2011) Mitte rechts: Brinsko S. et al. Manual of Equine Reproduction. 3rd Edition. Mosby Elsevier. 2011. Chapter 17. Embryo Transfer. 281. Figure 17-3 Unten rechts: privat