KUKA - Tomorrow Servicerobotik vom Weltraum

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"Tomorrow+" Servicerobotik vom Weltraum bis zur Chirurgie
Prof. Dr.-Ing. Gerd Hirzinger (15.11.2007) - Die Servicerobotik, also die
Zusammenarbeit von Mensch und Robotern für Dienstleistungen aller Art, ist ein
komplexes neues Forschungsfeld, das für Deutschland angesichts einer alternden
Gesellschaft und einer vielfach in Drittländer abgewanderten Produktion große Bedeutung
erlangen wird.
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Japan und Korea haben sich längst zum Ziel gesetzt, dieses Feld wegen seines enormen
Markt- und Arbeitsplatzpotenzials zu beherrschen, und Microsoft-Gründer Bill Gates geht
inzwischen davon aus, dass die Servicerobotik in den nächsten zwanzig Jahren denselben
Aufstieg erlebt wie die PC-Technik in den letzten zwanzig Jahren.
Die deutsche Forschung ist auf Teilgebieten dieser Zukunftstechnologie
international führend
Herausragendes Beispiel ist die vom DLR-Institut für Robotik und Mechatronik (Leitung:
Prof. Gerd Hirzinger) vorangetriebene Entwicklung einer neuartigen,
"vertrauenserweckenden" Leichtbau-Arm-Hand-Generation, die sich konsequent am
menschlichen Vorbild orientiert und eine neue Dimension in der Service-Robotik eröffnet.
Sämtliche Entwicklungsschritte der neuen Leichtbauroboter (LBR), von der kinematischen
und dynamischen Auslegung über die Finite-Elemente-Berechnung der Struktur- und
Sensorbauteile bis hin zur Berechnung der Koordinatentransformationen und der
Auslegung der Regelkreise, erfolgten nach modernsten Methoden des Concurrent
Engineering und der Mechatronik (Integration von Maschinenbau, Elektro- und
Informationstechnik). Dabei gelang ein entscheidender Innovationssprung mit der
Entwicklung eines neuen Gelenkmotors (ROBODRIVE), der sich gegenüber bisherigen
Antrieben durch ein um 50% reduziertes Gewicht und eine beispiellos niedrige
Verlustleistung auszeichnet.
Der 1 m lange, aus ultraleichten Kohlefaserstrukturen aufgebaute LBR (Abb. 1) hat wie
der menschliche Arm 7 Freiheitsgrade (ein typischer Industrieroboter nur 6) und liegt mit
einem Gewicht von 13 kg, einer Traglast von über 15 kg und einer typischen
Leistungsaufnahme von nur 150 Watt an der Grenze des heute technisch Machbaren.
Dank des konsequenten mechatronischen Ansatzes ist es gelungen, die komplette
Steuer-, Leistungs- und Signalelektronik in den Arm zu integrieren. Die
Drehmomentregelung in allen Gelenken erlaubt erstmalig die Realisierung "gefühlvoller"
Arme und Hände, die (beliebig programmierbar) nachgiebig reagieren. Zwei solcher
Gelenke tun seit Anfang 2005 Dienst auf der Außenhaut der Internationalen Raumstation
ISS, sind feinfühlig mit Kraftrückkopplung von der Erde aus steuerbar und haben die
Weltraumtauglichkeit dieser Technologie überzeugend nachgewiesen. Deshalb sind sie
inzwischen sogar zur Grundlage der Antriebstechnik für den Mars-Rover der ESA-Mission
ExoMars geworden (geplante Landung auf dem Mars 2013).
Auch mit der künstlichen Vier-Finger-Hand des DLR (Abb. 1 und Abb. 2) mit ihren 13
aktuierten Bewegungsfreiheitsgraden wurde ein Meilenstein mechatronischer
Höchstintegration erreicht. Mit über 1000 mechanischen und elektronischen
Komponenten, den 13 integrierten Antrieben und ca. 100 Sensoren stellt sie die weltweit
komplexeste Roboterhand-Entwicklung dar. Das Konzept der miniaturisierten
drehmomentgeregelten Antriebe erlaubt auch hier eine feinfühlige Greif-Kraft- Regelung
bei ausgezeichneter
Fingerbeweglichkeit und hohen Kräften und Geschwindigkeiten.
Der LBR mit Hand konnte in vielen Demonstrationen seine herausragenden Fähigkeiten
unter Beweis stellen, z.B. beim Ballfangen, dem Greifen und Heben schwerer
Gegenstände, insbesondere aber bei der feinfühligen Manipulation unterschiedlichster
Objekte zwischen den Fingerspitzen. Das zweiarmige und zweihändige System JUSTIN
mit multisensoriellem Kopf und Drei-Gelenk-Torso (Abb. 2) gilt heute als komplexester
aller bisher gebauten antropomorphen Robot-Oberkörper, mit dem vor allem das
beidhändige Manipulieren von Objekten geübt werden kann. (Hierfür wurde auf der
wichtigsten internationalen Robotik-Konferenz ICRA 2007 in Rom der Best Video Award
verliehen.)
Die Industrie hat das Anwendungs- und Vermarktungspotential dieser Entwicklungen
längst erkannt. Die Leichtbauarme werden derzeit vom europäischen Robotik-Marktführer
KUKA in Lizenz nachgebaut (Abb. 3), die Vier-Finger-Hände vom Greiferspezialisten
SCHUNK (Abb. 4). Kleinere fünffingrige Versionen kommen 2008 auf den Markt. Eine
Chirurgie-Version des LBR, der KINEMEDIC (Abb. 5), wird künftig von der
Medizintechnik-Firma BRAINLAB vertrieben, und ein neues, dreiarmiges Chirurgiesystem
MIROSURGE für ferngesteuerte minimal-invasive Eingriffe wird noch im Jahr 2007
vorgestellt werden.
Die innovativen Antriebskomponenten der DLR-Arme werden aber auch schon in ganz
anderen Bereichen eingesetzt, etwa in der von Siemens VDO (jetzt CONTI) zur Marktreife
entwickelten mechatronischen Keilbremse aus dem DLR-Institut oder in dem mehrfach
ausgezeichneten DLR-Kunstherz.
Das DLR-Institut hatte während der Spacelab-2-Mission 1993 die technische Führung des
ROTEX-Experimentes inne, bei dem zum
ersten Mal von der Erde aus ein Roboter im Weltraum gesteuert wurde. Originäres Ziel
seiner Arbeiten ist die Entwicklung von Robonauten, die künftig Astronauten im Weltraum
entlasten oder auch ersetzten können. Es hat mit der Entwicklung der angesprochenen
Roboterarme das Potenzial der Raumfahrt als Technologietreiber (Leichtbau, minimaler
Energieverbrauch) eindrucksvoll herausgestellt. Das Institut ist heute zu einer
international renommierten und vielfach ausgezeichneten Technologieschmiede
ausgebaut, in der heute über 100 Wissenschaftler und Ingenieure aus nahezu allen
technisch-wissenschaftlichen Disziplinen an der Entwicklung neuer Robotersysteme,
Flugzeugsteuerungen und Fahrzeugtechnologien arbeiten und dabei durch
Technologietransfer bisher rund 1000 industrielle High-Tech-Arbeitsplätze geschaffen
haben.
Kommentar
Schon beim vorbereitenden Pressegespräch zum Kongress "Tomorrow+" liess Prof. Dr.Ing. Gerd Hirzinger aufhorchen, als er auf bisher kaum vorstellbare Möglichkeiten durch
die Servicerobotik hinwies, die sich zum Thema "Service für Ältere" ergeben können.
Egon Stengl, Herausgeber
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