„Diabetes im Kindes- und Jugendalter“ Informationen für Übungsleiter/innen im Sport Herausgeber: LandesSportBund Nordrhein-Westfalen e.V. Friedrich-Alfred-Straße 25 47055 Duisburg Verantwortlich: Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in der Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum Univ.-Prof. Dr. med. D. Tschöpe Text: Kathrin Hertrampf Gesamtredaktion: Kiyo Kuhlbach unter Mitarbeit von Burghard von Enckevort, Dr. Klaus Balster und Birgitt Alefelder Auflage: Duisburg, Januar 2005 Inhalt Vorwort ...................................................................................................................................... 4 Diabetes - Was ist das?............................................................................................................... 5 Behandlung des Diabetes mellitus ............................................................................................. 5 Insulin spritzen und Blutzucker messen ..................................................................................... 6 Wenn der Blutzucker niedrig ist ................................................................................................. 7 Wenn der Blutzucker hoch ist .................................................................................................... 7 Auf gesunde Ernährung achten .................................................................................................. 8 Diabetes ist beim Sport kein Hindernis ...................................................................................... 9 Genauso sein wie andere .......................................................................................................... 10 Die Rolle der Übungsleitung .................................................................................................... 12 Kopiervorlagen Therapieabsprache mit den Eltern ..................................................................................... 13 Empfehlungen für den Sport ............................................................................................. 15 Merkzettel für den Notfall ................................................................................................. 17 Literaturangaben....................................................................................................................... 19 Adressen ................................................................................................................................... 19 Vorwort Bundesweit leben etwa 25 000 Kinder und Jugendliche mit der chronischen StoffwechselErkrankung „Diabetes mellitus“. Die meisten unter ihnen führen ein genauso normales Leben, wie gesunde Gleichaltrige auch. Ein Kind mit Diabetes kann keiner auf den ersten Blick erkennen. Der Alltag unterscheidet sich nur wenig von dem der gesunden Altersgenossen - bis auf die Therapieerfordernisse. Trotz der alltäglichen Reglementierung durch die Behandlung sind Kinder und Jugendliche mit Diabetes leistungsfähig und belastbar. Sie können, genau wie Gleichaltrige, Spaß haben, sportlich sein und aktiv am Leben teilnehmen. Diabetes im Kindes- und Jugendalter ist sehr gut zu behandeln. Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Therapiemethoden zählt die Stoffwechselstörung heute sogar zu den bestbehandelbaren chronischen Erkrankungen. Diabetesbetroffene Kinder und Jugendliche können die gleichen Leistungen erbringen wie stoffwechselgesunde Kinder, sie sind genauso intelligent, lebenslustig und aktiv. Vor diesem Hintergrund dürfen Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus keine Sonderrolle einnehmen – ob im Kindergarten, in Schule oder Freizeit. Integration ist wichtig für die Entwicklung Heranwachsender. Das gilt für gesunde Kinder genauso wie für chronisch kranke Kinder, für die die lebenslangen Anforderungen der Therapie eine besondere Herausforderung sind. Für Kinder und Jugendliche mit Diabetes ist es deshalb wichtig, dass ihnen Verständnis für ihre gesundheitliche Situation entgegengebracht wird. Sie als Übungsleiter/in oder Betreuer/in können die Kinder unterstützen, indem sie für die jungen Menschen und ihre gesundheitlichen Belange ein offenes Ohr haben. Dabei sind nicht übertriebene Fürsorge oder Schonung der Betroffenen gemeint. Kinder und Jugendliche mit Diabetes sollen genauso gefordert und gefördert werden wie ihre Alterskameraden. Diabetesbetroffene Kinder können Sport treiben und an allen, ihrem Alter entsprechenden Aktivitäten teilnehmen. Der Diabetes ist dabei sicher kein Hindernis. Nur in den seltensten Fällen kann es aufgrund der chronischen Erkrankung zu besonderen Problemen kommen, bei denen die Hilfe von außen (Fremdhilfe) notwendig wird. Auf den folgenden Seiten finden Sie wichtige Informationen zur Erkrankung sowie Hinweise und Tipps, wie Sie bei diabetesbedingten Ereignissen angemessen reagieren und den Betroffenen helfen können. Diabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 4 Diabetes - Was ist das? Der Diabetes mellitus („honigsüßer Durchfluss“) ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die in der Gesellschaft stetig zunimmt. Mehr als 7 Mio. Menschen in Deutschland sind vom Diabetes betroffen, und die Dunkelziffer nicht entdeckter „Fälle“ wird auf etwa 3 Millionen geschätzt.. Der überwiegende Anteil der Kinder und Jugendlichen ist betroffen vom Typ 1 Diabetes, dem Insulin-Mangel-Diabetes. Tendenziell steigt aber auch die Häufigkeit des Typ 2 Diabetes im Kindes- und Jugendalter. Ursache dafür ist der deutliche Anstieg von Übergewicht und Fettleibigkeit in dieser Altersgruppe. Infolge dessen kann es manchmal schon in jungen Jahren zum Krankheitsbild des „metabolischen Syndroms“ kommen. Neben dem Typ 1 und Typ 2 Diabetes können im Kindes- und Jugendalter noch Sonderformen auftreten, die aber selten sind. Beim Typ 2 Diabetes kann das eigene Insulin durch Resistenz des Körpers nicht genutzt werden, die Wirksamkeit des Insulins ist vermindert. Beim Typ 1 Diabetes fehlt dem Körper das Insulin ganz, es muss von außen ersetzt werden. Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse produziert wird. Ohne Insulin kann die Nahrung nicht in nutzbare Energie umgewandelt werden. Fehlt dem Körper Insulin, kommt es zu Symptomen wie starkem Durst, vermehrtem Harndrang, Gewichtsabnahme und Antriebslosigkeit. Der Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselstörung. Beim Typ 1 Diabetes fehlt dem Körper das lebensnotwendige Hormon Insulin. Es muss von außen ersetzt werden. Behandlung des Diabetes mellitus Bei der Behandlung des Typ 1 Diabetes muss das fehlende körpereigene Insulin ersetzt werden. Regelmäßig und mehrmals am Tag spritzen die Kinder und Jugendlichen deshalb das lebensnotwendige Hormon. Die meisten der Kinder und Jugendlichen haben eine Therapie mit vier oder mehr Injektionen täglich oder eine Insulinpumpentherapie, bei der über eine Art Minicomputer das Insulin in entsprechenden Intervallen abgerufen wird. Ziel der Diabetestherapie ist, den Insulinmangel möglichst gut auszugleichen. Dabei müssen Ernährung und körperliche Aktivität in der Berechnung des Insulins berücksichtigt werden. Eine intakte Bauchspeicheldrüse schüttet im Normalfall die passende Menge Insulin zur Nahrungsverwertung aus. Je nach Größe der Mahlzeit wird entsprechend weniger oder mehr Insulin freigesetzt. Bei körperlicher Aktivität und Sport wird dagegen Insulin eingespart. Anders als beim Typ 2 Diabetes, der in der Regel mit Gewichtsabnahme durch gesunde Ernährung, Bewegung und mit Tabletten behandelt wird, gibt es für Kinder und Jugendliche mit Typ 1 Diabetes keine andere Option, als regelmäßig Insulin zu spritzen. Unabhängig von Ernährung und Bewegung brauchen wir Menschen das Hormon, um zu überleben. In Tablettenform ist Insulin bislang nicht nutzbar, es würde vom Körper verdaut werden, anstatt ins Blut zu gelangen. Zur Insulininjektion fehlt bislang die passende Alternative. Für die meisten Kinder und Jugendlichen ist die Diabetesbehandlung mit regelmäßigen Insulingaben, Blutzuckerbestimmungen und Berechnung der Kohlenhydrate in der Nahrung mittlerweile zur Routine geworden. Es gehört zum Alltag der Heranwachsenden, den Blut- Diabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 5 zucker zu bestimmen, bevor gegessen und Insulin gespritzt wird. Den Blutzucker zu messen, das ist auch notwendig vor sportlichen Aktivitäten, oder wenn man sich schlecht fühlt. Viele der betroffenen Kinder und Jugendlichen haben schon ein richtiges Gefühl für ihren Diabetes entwickelt und mit Hilfe der Erwachsenen gelernt, was in der Therapie wichtig ist. Die Heranwachsenden wissen, worauf es bei der Diabetesbehandlung ankommt. Kinder und Jugendliche mit Typ 1 Diabetes müssen mehrmals am Tag Insulin spritzen und regelmäßig den Blutzucker messen. Fast alle Kinder kennen sich damit gut aus. Insulin spritzen und Blutzucker messen Zur Diabetesbehandlung gehört das mehrmalige Insulinspritzen am Tag. Die meisten Kinder und Jugendlichen nutzen dafür als Injektionshilfe eine Spritze oder einen „Pen“. Der „Pen“ sieht aus wie ein Füller und hat die Funktion einer flexiblen Insulinspritze. Die Heranwachsenden spritzen täglich 3- bis 4-mal oder häufiger Insulin: vor allen Hauptmahlzeiten und dem Zubettgehen, manchmal auch zu den Zwischenmahlzeiten. Nur wenige Kinder haben eine Diabetestherapie mit weniger Injektionen. Diese Kinder sind besonders festgelegt, was den Ablauf des Alltags und die Nahrungsgestaltung betrifft. Sie müssen zu festen Zeiten den Blutzucker testen und ihre Mahlzeiten einnehmen. Einige der Heranwachsenden haben eine Pumpentherapie, bei der mittels eines elektronischen Geräts im „Handyformat“ das Insulin über eine Katheter-Kanülen-Verbindung in den Bauch abgegeben wird. Egal ob Insulin mit dem Pen, der Spritze oder über die Pumpe injiziert wird, bei jeder Therapie muss die entsprechende Insulinmenge auf Ernährung, Bewegung und aktuellen Blutzucker abgestimmt werden. Viele der Kinder und Jugendlichen können das schon sehr selbständig. Andere, vor allem jüngere Kinder brauchen dafür noch die Unterstützung der Eltern. Zur Bestimmung des Blutzuckers gibt es heute moderne Testgeräte und Stechhilfen. Eine geringe Menge Blut aus dem Finger oder dem Ohrläppchen wird auf einen kleinen Teststreifen gegeben, innerhalb kürzester Zeit ermittelt das Blutzucker-Messgerät den aktuellen Wert. Optimal ist der Blutzucker bei Werten zwischen 70 und 130 mg/dl. Das lässt sich aber nicht immer erreichen. Bei Kindern und Jugendlichen wird eine Blutzuckereinstellung mit normnahen Werten angestrebt. Je nach Therapie und Alter können die Zielbereiche minimal variieren. So gelten Kinder, deren Bewegungsdrang schlecht einzuschätzen ist, mit Blutzuckerwerten über 100 mg/dl als „sicher eingestellt“. Im Vergleich zu Stoffwechselgesunden kann bei Menschen mit Diabetes der Blutzuckerwert auch deutlich absinken oder ansteigen, was derjenige selbst spürt. Bei einem niedrigen Blutzuckerwert müssen die Betroffenen dann schnelle Kohlenhydrate zu sich nehmen, bei einem hohen Wert kann die Korrektur des Blutzuckers erforderlich sein. So können akute Komplikationen vermieden werden. Bei Kindern und Jugendlichen mit Typ 1 Diabetes kann der Blutzucker absinken oder ansteigen. Sie müssen deshalb manchmal zusätzlich essen oder Insulin spritzen, damit es ihnen körperlich wieder besser geht. Diabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 6 Wenn der Blutzucker niedrig ist Im Normalfall kennen die Kinder und Jugendlichen das Gefühl, wenn der Blutzucker sehr niedrig ist. Sie wissen ganz genau, was sie tun müssen, um den Blutzucker in den optimalen Bereich zu bringen. Bei einer Unterzuckerung, auch Hypoglykämie genannt, fühlen sich die Kinder schlapp. Die Anzeichen der Unterzuckerung sind sehr verschieden, sie werden individuell erlebt. Unbeteiligte Personen können eine Hypoglykämie daran erkennen, dass der Betroffene blass wird, schwitzt oder im Bewegungsablauf gestört ist. Aufmerksam sollte man werden, wenn das Verhalten des Kindes oder Jugendlichen auffällig ist und von sonstigen Verhaltensweisen abweicht. Mögliche Symptome einer Unterzuckerung: Schwitzen Blässe Zittern Müdigkeit Kopfschmerzen Schwindelgefühl Schwäche Heißhunger Kribbeln um den Mund Unaufmerksamkeit Plötzliche Wesensänderung (ungewohnte Aggressivität, Weinerlichkeit, Albernheit, Anhänglichkeit) Grundsätzlich ist wichtig: Bei den ersten Anzeichen einer Hypoglykämie müssen schnellwirksame Kohlenhydrate in Form von Traubenzucker oder Saft eingenommen werden, damit der Blutzucker wieder in den Normalbereich kommt. Hier gilt die Faustregel: „Besser klotzen als kleckern“! Eine Hypoglykämie beginnt laut Definition bei Blutzuckerwerten unter 50 mg/dl. Der/die Betroffene merkt erste Anzeichen einer Unterzuckerung aber schon bei Werten um 70 bis 80 mg/dl. Der Körper meldet sich und gibt Warnsignale. Sind die Symptome eindeutig, sollten sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Eine Kontrolle des Blutzuckers kann auch noch im Nachhinein erfolgen. Bei Unterzuckerungen während des Sports und der Bewegung müssen Ruhepausen eingelegt werden, bis die Symptome vergangen sind. Vor sportlicher Aktivität sollte aus Sicherheitsgründen eine Blutzuckermessung erfolgen, um im Vorfeld reagieren zu können. Bei den ersten Anzeichen einer Unterzuckerung ist die Einnahme von schnellen Kohlenhydraten erforderlich. Meist reichen 2 -3 Plättchen Traubenzucker oder ein Glas Saft. Wenn der Blutzucker hoch ist Ist der Blutzucker zu hoch, machen sich die Symptome nicht sofort bemerkbar. Erst wenn der Blutzucker über einen längeren Zeitraum höher liegt, merken die Betroffenen, dass etwas nicht stimmt. Sie fühlen sich träge, müde und lustlos, haben Durst und müssen ständig zur Diabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 7 Toilette. Das alles sind Anzeichen dafür, dass dem Körper das lebensnotwendige Insulin fehlt. Besteht ein Insulinmangel greift der Körper auf die Fettreserven als Energiequelle zurück. Dabei entsteht als Abbauprodukt Aceton. Der Nachweis von Aceton im Urin ist ein deutlicher Hinweis dafür, dass der Körper unter Insulinmangel leidet. Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein. Manchmal ist in der Routine des Alltags einfach nur vergessen worden, Insulin zu spritzen. Hier ist wichtig, dem Körper das fehlende Insulin wieder zuzuführen. Bei hohen Blutzuckerwerten wird von Überzuckerung, der Hyperglykämie, gesprochen. Per Definition tritt die Hyperglykämie ab Überschreitung des Nierenschwellenwertes bei etwa 160 mg/dl ein. Solche Blutzuckerwerte sind allerdings noch kein Grund zur Beunruhigung. Kurzfristig erhöhte Werte sind meist unbedenklich und mit der Therapie gut in den Griff zu bekommen. Erst wenn das Kind oder der Jugendliche mit Diabetes dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte hat, Aceton im Urin nachweisbar ist und Symptome wie Antriebslosigkeit, Mattigkeit, Durst, vermehrter Harndrang auftreten, besteht ein Grund zum sofortigen Handeln. Bei Werten über 250 mg/dl muss deshalb Aceton im Urin nachgewiesen werden. Ist der Acetonnachweis positiv, sollten die Betroffenen keinen Sport treiben, Blutzucker und Aceton können bei Bewegung weiter ansteigen. Kinder und Jugendliche mit Diabetes müssen manchmal an den Acetonnachweis im Urin erinnert werden. Bei deutlich hohen Blutzuckerwerten und Acetonnachweis im Urin muss der Insulinmangel ausgeglichen werden. Die Betroffenen spritzen außer der Reihe Insulin. Bei positivem Acetonnachweis darf kein Sport getrieben werden. Auf gesunde Ernährung achten Neben der regelmäßigen Blutzuckerkontrolle und den Insulingaben mehrmals täglich beinhaltet die Therapie beim Diabetes auch die Anrechnung von Kohlenhydraten in den Lebensmitteln. Die Insulinmenge wird abgestimmt auf die aufgenommene Nahrung und den aktuellen Blutzucker. Bei der Ernährung müssen Kinder und Jugendliche mit Typ 1 Diabetes den Kohlenhydratgehalt in der Nahrung abschätzen und das Insulin dafür berechnen. 10 bis 12 g Kohlenhydrate sind 1 BE (Broteinheit), weiterhin werden Bezeichnungen wie KE oder KHE (Kohlenhydrateinheit) als Maß verwendet. Vom Typ 2 Diabetes betroffene Kinder und Jugendliche müssen insbesondere auf die Fett- und Eiweißzufuhr und den Kaloriengehalt achten. Je nach Alter, Diabetestyp und Energiebedarf gibt es individuelle Ernährungsempfehlungen. Die Eltern wissen um die Ernährung ihrer Kinder Bescheid. Viele der Betroffenen kennen sich mit Nahrungszusammensetzung und BE-Mengen selbst gut aus. Sie haben durch Training im Alltag gelernt, Kohlenhydrate per Augenmaß einzuschätzen. Kinder und Jugendliche mit Typ 1 Diabetes müssen für die Berechnung der Insulinmengeauf Kohlenhydrate achten. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist für alle Heranwachsenden wichtig. Für Kinder und Jugendliche mit Diabetes gelten insgesamt keine anderen Ernährungsregeln als für Gleichaltrige. Allgemein ernähren wir Menschen uns zu fett- und zu eiweißreich. Das belegt auch die Zunahme der gesundheitlichen Probleme, die mit Ernährung in Zusammen- Diabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 8 hang stehen. Ganz unabhängig vom Diabetes ist eine gesunde Ernährung heute für jeden wichtig. Unter einer gesunden Ernährung wird eine ausgewogene, kohlenhydrat-, vitaminund ballaststoffreiche Kost verstanden, die schmeckt und das Wohlbefinden steigert. Körperlich fit bleiben Neben gesunder Ernährung ist ausreichend Bewegung für die Entwicklung Heranwachsender wichtig. Sport und Bewegung fördern nicht nur die Lebensqualität und das körperliche Wohlbefinden, sie machen auch Spaß und tragen zum positiven Selbstwertgefühl bei. Kinder und Jugendliche, die bei sportlichen Aktivitäten mitmachen, werden stolz sein, körperliche Leistungen vollbracht zu haben oder manchmal bis an die Grenzen des Machbaren gegangen zu sein. Dabei soll nicht Leistungsorientierung im Vordergrund stehen, sondern die Freude an der Sache. Das gilt ebenso für Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus. Ob beim Fußball spielen, Schwimmen, Reiten oder Laufen, dabei sein ist alles! Kinder und Jugendliche mit Diabetes sollen und können genauso aktiv und sportlich sein wie gesunde Gleichaltrige. Sport mit Diabetes ist kein Problem. Trotz chronischer Erkrankung lässt sich fast jede Sportart durchführen. Dank moderner Therapien lassen sich Sport und Diabetes gut miteinander vereinbaren. Bereits im Kindes- und Jugendalter gibt es vereinzelt Betroffene, die schon im Profibereich sportlich aktiv sind. Ganz „normal“ ist für viele der Kinder und Jugendlichen heute die regelmäßige Teilnahme an Freizeitsportaktivitäten, in Sportvereinen und bei sportlichen Wettkämpfen. Sportlich aktiv sein in der Gruppe fördert die soziale Integration. Sich bewegen und am Sport beteiligen heißt auch, aktiv am Leben teilzunehmen. Körperliche Fitness und Aktivität sind wichtig, um „gesund alt zu werden“. Das trifft für Kinder und Jugendliche mit einer chronischen Erkrankung wie dem Diabetes und für stoffwechselgesunde Heranwachsende gleichermaßen zu. Sport mit Diabetes ist heute kein Problem. Bewegung und Sport fördern Lebensqualität und individuelles Wohlbefinden. Körperliche Fitness ist für alle Heranwachsenden wichtig, um „gesund alt zu werden“. Diabetes ist beim Sport kein Hindernis Ein Diabetes ist beim Sport kein Handicap, ganz im Gegenteil. Regelmäßige Bewegung und körperliche Aktivität sind gut für den Stoffwechsel und wirken sich günstig auf den Blutzuckerverlauf aus. Der Körper braucht weniger Insulin, was physiologisch und für die Therapie von Bedeutung ist. Beim Typ 2 Diabetes ist das körpereigene Insulin nicht mehr richtig wirksam. Die Betroffenen sind übergewichtig und haben in vielen Fällen begleitend Blutdruckprobleme. Schon um „Kreislauf und Körper in Schwung zu halten“, sollte regelmäßige Bewegung auf dem Tagesplan stehen. Nicht selten neigen junge Menschen heute zur Adipositas, der Fettsucht, die eine Reihe von gesundheitlichen Problemen mit sich bringt. In diesem Kontext trifft man schon auf Kinder und Jugendliche mit einem metabolischen Syndrom. Darunter wird ein komplexes Krankheitsbild mit Übergewicht, Störungen im Fett-, Eiweiß- und Glukosestoffwechsel, BlutDiabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 9 hochdruck usw. verstanden. Kinder und Jugendliche mit Typ 2 Diabetes müssen allein wegen der Reduktion des Körpergewichts regelmäßig Sport treiben und sich körperlich betätigen. Nur so kann sichergestellt werden, dass in der Folge keine Komplikationen auftreten. Für Kinder und Jugendliche, die vom Typ 2 Diabetes betroffenen sind, ist Bewegung therapeutisch relevant. Körperliche Aktivität und Gewichtsabnahme führen zu einer höheren Insulinempfindlichkeit im Körper. Das eigene Insulin kann wieder besser wirken. Aufgrund des Insulinmangels besteht beim Typ 1 Diabetes die Notwendigkeit, mehrmals am Tag Insulin zu spritzen. Sport ist trotzdem jederzeit und spontan machbar. Insulinpflichtige Kinder und Jugendliche müssen bei der Planung sportlicher Aktivitäten den geringeren Insulinbedarf in der Therapie berücksichtigen. Während der körperlichen Aktivität wird mehr Energie verbrannt, die Glukosespeicher von Leber und Muskulatur werden aufgebraucht und der Körper braucht weniger Insulin. Der Blutzucker droht zu sinken. Da durch Sport dem Blut verstärkt Glukose entzogen wird, müssen die Speicherdepots im Anschluss an die zusätzliche Aktivität wieder aufgefüllt werden, um in erster Linie eine Unterzuckerung zu vermeiden. Im Falle des Auftretens einer Hypoglykämie muss sofort reagiert, die Bewegung eingestellt und schnell wirkende Kohlenhydrate zugeführt werden. Ist der Blutzucker im optimalen Bereich, kann mit der sportlichen Aktivität fortgefahren werden. Die meisten Heranwachsenden wissen, wie sie sich beim Sport vor einer Hypoglykämie schützen können. Sie reduzieren die Insulinmenge im Vorfeld oder sorgen mit zusätzlichen Kohlenhydraten für den Ausgleich des Blutzuckerspiegels. Idealerweise testen die Kinder und Jugendlichen vor jeder sportlichen Aktivität ihren Blutzucker, um einer Unterzuckerung vorzubeugen. Bei Heranwachsenden mit Typ 1 Diabetes kann es während und nach dem Sport zu einer Unterzuckerung kommen. Die Kinder und Jugendlichen kontrollieren deshalb vor dem Sport ihren Blutzucker. Genauso sein wie andere Kinder und Jugendliche mit Diabetes wollen genauso sein wie andere, möchten das Gleiche tun und erleben. Anders als gesunde Kinder müssen sie sich täglich mit ihrer chronischen Erkrankung auseinandersetzen. Sie haben durch die Diabetesbehandlung einen strukturierten Tagesablauf mit regelmäßigen Blutzuckerkontrollen und Insulingaben. Im Gegensatz zu Gleichaltrigen müssen die Heranwachsenden mit Diabetes auch mehr überlegen, was sie als nächstes tun. Faktoren wie Bewegung und Ernährung müssen auf Grund des Diabetes mit einkalkuliert werden. Das verlangt neben einem hohen Wissen um die Erkrankung sehr viel Selbstdisziplin von den Betroffenen. Die meisten Kinder und Jugendlichen sind gut über den Diabetes informiert und „managen“ ihre Therapie weitgehend selbständig. Das alles ist natürlich auch abhängig vom Alter des betroffenen Kindes. Jüngere Kinder brauchen mehr Unterstützung als Jugendliche. Im Diabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 10 Kleinkind- und Grundschulalter wird die Fürsorge und Hilfe von Eltern und Erwachsenen besonders benötigt. Etwas ältere Kinder sind in der Lage, einfache Regeln und Handlungsanweisungen zu befolgen. Sie wissen schon, was ein optimaler Blutzucker ist, dass Insulin spritzen und Ernährung wichtig sind und was bei einer Unterzuckerung zu tun ist. Im Regelfall haben hier die Eltern bereits die notwendige Vorleistung erbracht und den Kindern entsprechende Therapieinstruktionen an die Hand gegeben. Im Einzelfall kann aber die zusätzliche Absprache mit den Eltern erforderlich sein. Kinder brauchen mehr Unterstützung bei der Therapie als Jugendliche. Für Grundschulkinder sind klare Therapieregeln und Handlungsanweisungen wichtig. Genau wie bei Erwachsenen gibt es bei Kindern und Jugendlichen Betroffene, die im Alltag mit ihrer Erkrankung ganz selbstverständlich umgehen und andere, die befangener sind. Manche der Kinder und Jugendlichen spritzen und testen nur ungern in der Öffentlichkeit. Vom Lebensalter unabhängig gilt einerseits, die Intimsphäre des Betroffenen zu wahren und andererseits, die Selbständigkeit in der Diabetestherapie zu fördern. Trotz aller Selbständigkeit von Heranwachsenden sollten wir beobachten, ob das Kind beim Umgang mit dem Diabetes noch Hilfestellung benötigt. Gründe für mehr Kontrolle können gegeben sein, wenn gehäuft Fehler in der Therapie oder vermehrt Komplikationen auftauchen. Hier ist mit den Eltern zu klären, wie viel Selbstständigkeit in der Therapie dem Kind zugemutet werden kann und worauf zu achten ist. Kinder sollen hinsichtlich ihrer Autonomie gefördert, aber nicht überfordert werden. Kinder und Jugendliche mit Diabetes müssen heute wie Gleichaltrige ohne Diabetes gefordert, gefördert und integriert werden. Dazu zählt im Schulalltag, dass die Heranwachsenden ganz selbstverständlich beim Sport, an Tagesausflügen und Klassenfahrten teilnehmen. Gleiches gilt für den Sportverein. Nach vorheriger Planung mit den Eltern sind Vereinsfahrten über längere Zeit auch für jüngere Kinder mit Diabetes möglich. Eltern können die Therapie mit ihren Kindern und den Betreuungspersonen telefonisch abstimmen. In einzelnen Fällen kann die Begleitung durch ein Elternteil sinnvoll sein. Die Teilnahme an einer Vereinsfahrt muss in jedem Fall mit den Eltern und dem betroffenen Kind gemeinsam abgesprochen werden. Nur so können entsprechende Reisevorkehrungen getroffen werden. Damit wird auch die notwendige Voraussetzung geschaffen, dass es keine gesundheitlichen Probleme gibt, und die Kinder und Jugendlichen sich auf der Reise wohl fühlen. Diabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 11 Die Rolle der Übungsleitung Sie als pädagogisch Handelnde können Kindern und Jugendlichen mit oder ohne Diabetes die notwendigen Anstöße geben, sich gesundheitsbewusst zu verhalten. Sie können Anreize und Räume für Heranwachsende schaffen, in denen Gesundheitsförderung und Prävention möglich wird. Grundsätzlich ist die Familie der Ort, wo der Grundstein für gesundheitsbewusstes Verhalten gelegt wird. So ist die Familie auch bei allen die Gesundheit des diabetischen Kindes betreffenden außersportlichen Aktivitäten mit einzubinden. Lebensstilmodifikation findet im sozialen Umfeld der Familie die notwendige Basis. Von präventiven Maßnahmen wie Bewegungs- und Ernährungsprogrammen profitieren nicht nur Kinder und Jugendliche mit Diabetes, sondern auch stoffwechselgesunde Kinder. Mit Bewegung und gesunder Ernährung kann dem Typ 2 Diabetes sogar vorgebeugt werden. Sie als Übungsleiter/in haben die Chance mit Engagement und Offenheit die Lebensqualität und das körperliche Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen zu verbessern! Diabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 12 Therapieabsprache mit den Eltern Name des Kindes: Unser Kind misst selbständig den Blutzucker und spritzt eigenverantwortlich Insulin. Unser Kind testet selbständig den Blutzucker, kann den gemessenen Wert aber nicht einordnen. Ihre Hilfe ist erforderlich! Unser Kind soll den Blutzucker vor den Hauptmahlzeiten kontrollieren um ca. Uhr und vor den Zwischenmahlzeiten um ca. Uhr Wenn der Blutzucker... dann... unter: …………* ………… Plättchen Traubenzucker zusätzlich essen zwischen: …………* ………… Plättchen Traubenzucker zusätzlich essen zwischen: …………* normal essen über: …………* weniger essen über: …………* ………… Einheiten Insulin spritzen über: …………* und Acetonnachweis im Urin positiv Eltern informieren! Telefonnr.: …………………… Bitte relevante Maßeinheiten eintragen (mg/dl oder mmol/l)! Empfehlungen für den Sport Bei Sport/körperlicher Anstrengung benötigt der Körper weniger Insulin mehr Kohlenhydrate Deshalb: Insulinmenge verringern/zusätzlich essen! Gefahr einer Unterzuckerung Vor dem Sport ist zu beachten: Art, Dauer und Intensität der Aktivität Trainingszustand der Person Tageszeit und aktueller Blutzucker Art/Menge zugeführter Kohlenhydrate Insulinmenge im Körper Vor Sport und intensiver körperlicher Aktivität soll der Blutzucker gemessen werden. Bei einem Blutzucker... dann... unter: …………* ………… Plättchen Traubenzucker zusätzlich und andere Kohlenhydrate essen von: …………* ………… Plättchen Traubenzucker zusätzlich und andere Kohlenhydrate essen über: …………* nichts zusätzlich essen über: …………* und Acetonnachweis im Urin positiv Keinen Sport treiben! Während und nach dem Sport ist wichtig: der Blutzucker kann abfallen es kann zu einer Hypoglykämie kommen der Blutzucker muss häufiger kontrolliert werden Merkzettel für den Notfall Nur in den seltensten Fällen kann es beim Diabetes zu akuten Komplikationen wie einer schweren Unterzuckerung kommen. Diese geht einher mit Bewusstlosigkeit und Krampfanfall. Der Betroffene ist nicht mehr ansprechbar. Bei sehr niedrigen Blutzuckerwerten wurde verpasst, entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Das Auftreten einer schweren Hypoglykämie ist kein Grund zur Panik, aber ein Grund zum entschlossenen Handeln. Die Unterversorgung des Körpers muss schnell behoben werden. Bei einer schweren Unterzuckerung mit Bewusstlosigkeit: 1. stabile Seitenlage (wie bei einem Unfall) 2. Keine feste oder flüssige Nahrung zuführen (Gefahr des Verschluckens). 3. Notarzt oder Rettungswagen rufen Diagnose: Diabetes Anlass: schwere Unterzuckerung 4. Ruhe bewahren und beim Kind bleiben bis der Notarzt kommt. 5. Eltern benachrichtigen. Wichtige Telefonnummern der Eltern: Privat: Beruflich: Mobil: Besondere Hilfemaßnahmen, die mit den Eltern besprochen wurden: Literaturangaben Hürter P, Lange K (2001) Kinder und Jugendliche mit Diabetes. Medizinischer und psychologischer Ratgeber für Eltern. Springer-Verlag Hecker W, Bartus B (2002) Diabetes bei Kindern. Trias-Verlag Für Kinder: Hürter P, Jastram HU, Regling B, Toeller M, Lange K, Weber B, Burger W, Haller R (1998) Diabetes bei Kindern: Ein Behandlungs- und Schulungsprogramm. 2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag Kirchheim Adressen Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum Diabeteszentrum/Medkinizinpädagogik/Pädiatrische Diabetologie Univ.-Prof. Dr. med. D. Tschöpe (Direktor des Diabeteszentrums) Georgstr. 11 32545 Bad Oeynhausen Internet: www.hdz-nrw.de Kontakt Telefon: 05731/ 97-0 Telefax: 05731/ 972122 E-Mail: [email protected] Diabetes im Kindes- und Jugendalter Seite 19