CME Weiterbildung • Zertifizierte Fortbildung Orthopäde 2006 · 35:995–1012 DOI 10.1007/s00132-006-1004-0 Online publiziert: 26. August 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 Redaktion R. Gradinger, München R. Graf, Stolzalpe J. Grifka, Bad Abbach J. Löhr, Hamburg C. M. Kirsch Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar Positronenemissionstomographie und Szintigraphie Nuklearmedizinische Verfahren in der Orthopädie Zusammenfassung CME.springer.de – Zertifizierte Fortbildung für Kliniker und niedergelassene Ärzte Die CME-Teilnahme an diesem Fortbildungsbeitrag erfolgt online auf CME.springer.de und ist Bestandteil des Individualabonnements dieser Zeitschrift. Abonnenten können somit ohne zusätzliche Kosten teilnehmen. Unabhängig von einem Zeitschriftenabonnement ermöglichen Ihnen CME.Tickets die Teilnahme an allen CME-Beiträgen auf CME. springer.de. Weitere Informationen zu CME. Tickets finden Sie auf CME.springer.de. Registrierung/Anmeldung Haben Sie sich bereits mit Ihrer Abonnementnummer bei CME.springer.de registriert? Dann genügt zur Anmeldung und Teilnahme die Angabe Ihrer persönlichen Zugangsdaten. Zur erstmaligen Registrierung folgen Sie bitte den Hinweisen auf CME.springer.de. Online teilnehmen und 3 CME-Punkte sammeln Die CME-Teilnahme ist nur online möglich. Nach erfolgreicher Beantwortung von mindestens 7 der 10 CME-Fragen senden wir Ihnen umgehend eine Bestätigung der Teilnahme und der 3 CME-Punkte per E-Mail zu. Zertifizierte Qualität Diese Fortbildungseinheit ist zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und damit auch für andere Ärztekammern anerkennungsfähig. Folgende Maßnahmen dienen der Qualitätssicherung aller Fortbildungseinheiten auf CME.springer.de: Langfristige Themenplanung durch erfahrene Herausgeber, renommierte Autoren, unabhängiger Begutachtungsprozess, Erstellung der CME-Fragen nach Empfehlung des IMPP mit Vorabtestung durch ein ausgewähltes Board von Fachärzten. Die Nuklearmedizin bedient sich zur Diagnostik und Therapie von Krankheiten der Funktion der entsprechenden Organe bzw. Organsysteme. Die Strahlenquelle wird in Form eines radioaktiv markierten Arzneimittels in den Körper des Patienten gebracht und ihr Weg von außerhalb des Körpers mit entsprechenden Messgeräten aufgezeichnet. Von der Vielzahl der nuklearmedizinischen Verfahren werden die in der Orthopädie wichtigen wie die Skelettszintigraphie, die Szintigraphie entzündlicher Prozesse und die Tumorszintigraphie ausführlich erläutert und ihre diagnostischen und therapeutischen Einsatzgebiete dargestellt. Mit Hilfe von Beispielen aus der klinischen Praxis wird neben der sog. „konventionellen Nuklearmedizin“ auch die Positronenemissionstomographie (PET) mit ihren Einsatzgebieten erläutert. Schlüsselwörter Nuklearmedizin · Positronenemissionstomographie · Skelettszintigraphie · Entzündungsszintigraphie · Tumorszintigraphie Positron emission tomography and scintigraphy. Nuclear imaging in clinical orthopaedics Abstract Nuclear medicine uses the function of organs or organ systems to diagnose and treat disease. The source of radiation is brought into the patient’s body by means of a radioactive labelled pharmaceutical. Its way through the body is recorded by appropriate equipment on the outside. Of the many nuclear medical procedures, those primarily applicable to orthopaedic problems are explained here, such as bone scintigraphy, scintigraphy of inflammatory lesions, and tumour scintigraphy. Besides their use in diagnostics, therapeutic applications are covered as well. Using examples from clinical practice, “conventional” nuclear medicine and positron emission tomography are also covered. Keywords Nuclear medicine · Positron emission tomography · Skeletal scintigraphy · Inflammatory lesions · Tumour scintigraphy Für Fragen und Anmerkungen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung: Springer Medizin Verlag GmbH Fachzeitschriften Medizin/Psychologie CME-Helpdesk, Tiergartenstraße 17 69121 Heidelberg E-Mail: [email protected] CME.springer.de Der Orthopäde 9 · 2006 | 995 Ziel dieses Beitrages ist es, zu erläutern: „Was ist und was tut die Nuklearmedizin.“ Nach der Lektüre dieses Artikels sollte der Leser das Prinzip der nuklearmedizinischen Methoden verstanden haben und sie in der klinischen Praxis gezielt zur Lösung seiner diagnostischen und therapeutischen Probleme einsetzen können. Grundlagen der Nuklearmedizin Die Strahlenquelle wird in Form eines radioaktiven Medikaments in den Körper des Patienten gebracht Die Nuklearmedizin ist per se „molekular“. Sie bedient sich für Diagnostik und Therapie ausschließlich der Funktion eines Organs oder Organsystems im Sinne der In-vivo- (Patho-)Physiologie. Die Strahlenquelle wird in Form eines radioaktiven Medikaments in den Körper des Patienten gebracht. Im Gegensatz hierzu befindet sich bei den Röntgenmethoden die Strahlenquelle als Röhre außerhalb des Körpers des Patienten mit der Zielsetzung einer Abbildung der Anatomie bzw. ihrer Veränderungen als „Schattenwurf “. Abb. 1 9 Komponenten der Nuklearmedizin und ihr Zusammenwirken Abb. 2 9 Kombinationsgerät mit Patient während der Untersuchung. Die beiden γ-Kamera-Köpfe erzeugen die Emissionsbilder und die Röntgenröhre (Pfeil) die Transmissionsdaten Abb. 3 9 Positronenemissionstomograph (PET-Scanner) mit Patient während der Untersuchung 996 | Der Orthopäde 9 · 2006 CME Der Stammbaum der Nuklearmedizin ist in . Abb. 1 wiedergegeben. Basierend auf den klassischen Naturwissenschaften Biologie, Chemie, Physik entwickelt sich aus Biologie und Chemie die Pharmakologie und aus der Physik zum einen die Kernphysik, durch welche die radioaktiven Isotope zur Verfügung gestellt werden, und zum anderen die Messtechnik und Bilderzeugung („Szintigraphie“). Ein organspezifisches Pharmazeutikum wird mit einem radioaktiven Isotop markiert und solcherart zum 7 Radiopharmazeutikum („Tracer“), wodurch die Strahlenquelle in den Körper des Patienten gebracht wird. Diese Organspezifität ist der Schlüssel zum gezielten Einsatz nuklearmedizinischer Methoden in Diagnostik und Therapie. So gibt es eine Vielzahl von Radiopharmazeutika, die eine Fülle von Organ- und Systemfunktionen zu messen gestatten wie z. B. die Funktion von Neurotransmittertransportersystemen im ZNS, die Gehirndurchblutung, die Schilddrüsenfunktion, die Myokardperfusion und die Nierenfunktion. Bei orthopädischen Fragestellungen werden spezifische Radiopharmazeutika zur Messung des Knochenstoffwechsels, zur Darstellung entzündlicher Prozesse, der Erfassung des Tumorstoffwechsels und zur Therapie eingesetzt. Die beiden Komponenten Radiopharmakologie und Messtechnik sind die Fundamente nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie und werden im Folgenden getrennt erläutert. 7 Radiopharmazeutikum Die Organspezifität ist der Schlüssel zum gezielten Einsatz nuklearmedizinischer Methoden in Diagnostik und Therapie Prinzipien der nuklearmedizinischen Bilderzeugung Da die nuklearmedizinische Bildgebung, die 7 Szintigraphie, für alle eingesetzten Radiopharmazeutika gleich bzw. ähnlich ist, soll diese zuvor behandelt werden. Die 7 γ-Quanten, elektromagnetische Wellen, die beim radioaktiven Zerfall im Körper des Patienten von sog. „single photon emittern“ wie Tc-99m, Jod-123 oder Indium-111 entstehen, treten ungerichtet aus dem Körper des Patienten aus und werden mit einem großen Szintillationsdetektor, der γ-Kamera, gemessen. Die genaue Funktionsweise einer γ-Kamera kann z. B. in [1] nachgelesen werden. Die γ-Kamera ist das Standardinstrument der Nuklearmedizin und dient zur bildlichen, szintigraphischen Darstellung von Verteilungen eines Radiopharmazeutikums in Teilen des Körpers oder mit entsprechenden Zusätzen im Gesamtkörper (räumliche Auflösung ca. 9–12 mm). In den modernen γ-Kamera-Systemen kommen 1, 2 oder 3 solcher γ-Kamera-Messköpfe zum Einsatz, wobei Mehrkopfsysteme, heute bevorzugt als 2-Kopf-Systeme, die simultane Aufnahme von anterioren und posterioren Ganzkörperaufnahmen problemlos gestatten. Diese beide γ-Kamera-Köpfe können auch um den Patienten rotiert werden, wobei aus unterschiedlichen Winkelpositionen Projektionsbilder aufgenommen werden, aus denen dann tomographische Schnittbilder, wie sich auch aus der RöntgenComputertomographie bekannt sind, errechnet werden können. Diese überlagerungsfreie tomographische Darstellung wird als „Single-photon-emissions-computed-Tomographie“ (SPECT) bezeichnet. Hierbei liegt die räumliche Auflösung im Bereich von 12–15 mm. Neuerdings sind auch γ-Kamera-Systeme kommerziell verfügbar, die zusätzlich zur funktionellen nuklearmedizinischen Untersuchungen eine Darstellung der anatomischen Gegebenheiten mit einem Röntgencomputertomographen (CT) gestatten, sog. Hybridsysteme als SPECT-CT, wie in . Abb. 2 dargestellt. Mit dem Positronenemissionstomograph (PET-Scanner, . Abb. 3) werden die in der Folge eines radioaktiven Zerfalls mit Positronenemission (Positronen sind die Antimaterieteilchen des Elektrons; sie entstehen bei der Umwandlung eines Protons in ein Neutron und tragen daher die positive Ladung des Protons) entstehenden Photonen gemessen. Er besteht üblicherweise aus einem Ring von Detektoren, die solcherart miteinander verschaltet sind, dass die Gleichzeitigkeit des Auftretens zweier Photonen gemessen wird (7 Koinzidenzdetektion). Aus den Verbindungslinien der aktivierten Detektorpositionen werden Projektionsdaten gewonnen, die eine Berechnung tomographischer Schnittbilder gestatten. Diese spezielle Art der Szintigraphie wird allgemein als „Positronenemissionstomographie (PET)“ [2] bezeichnet. Der Vorteil dieser Methode ist die deutlich bessere räumliche Auflösung im Bereich von 4–6 mm und die höhere Nachweisempfindlichkeit für Strahlung. Auch hier sind Hybridsysteme als PET-CT-Scanner verfügbar. 7 Szintigraphie 7 γ-Quanten Die γ-Kamera ist das Standardinstrument der Nuklearmedizin Die überlagerungsfreie tomographische Darstellung wird als „Singlephoton-emissions-computed-Tomographie“ (SPECT) bezeichnet Mit dem Positronenemissionstomograph werden die in der Folge eines radioaktiven Zerfalls entstehenden Photonen gemessen 7 Koinzidenzdetektion Der Vorteil der PET ist die bessere räumliche Auflösung und die höhere Nachweisempfindlichkeit für Strahlung Prinzipien der Radiopharmakologie Organspezifische Tracer können mit unterschiedlichen Radioisotopen markiert werden. Dies sind in der sog. „konventionellen Nuklearmedizin“ Radioisotope, die bei ihrem radioaktiven Zerfall ein γDer Orthopäde 9 · 2006 | 997 7 „Positronenstrahler“ Bei der radioaktiven Umwandlung des Protons in ein Neutron wird ein „Positron“ aus dem Kern ausgestoßen 7 Entzündungsszintigraphie Für therapeutische Anwendungen werden β-Strahler eingesetzt Quant aus dem Kern aussenden, sog. „single photon emitter“, das dann als elektromagnetische Welle außerhalb des menschlichen Körpers gemessen werden kann. Bei der Positronenemissionstomographie (PET) werden sog. 7 „Positronenstrahler“ eingesetzt. Diese Radioisotope, vorzugsweise Isotope der Elemente der Biosphäre wie C-11, N-13, O-15 und F-18, besitzen ein Proton im Überschuss. Bei der radioaktiven Umwandlung dieses Protons in ein Neutron wird ein „Positron“ (Antimaterieteilchen des Elektrons) als Träger der positiven Ladung aus dem Kern ausgestoßen. Nach einer kurzen freien Wegstrecke (<1 mm bei F-18) vereint es sich mit einem Elektron der Umgebung zu einem „Positronium“, welches dann in einer Materie-Antimaterie-Reaktion seine Masse in Strahlung, in Form von 2 entgegengesetzt (~180°) auseinanderstrebenden Photonen mit je 511 keV, umwandelt. Diese beiden Photonen werden in einem Positronenemissionstomograph (PET-Scanner) gemessen (s. oben). In beiden Fällen liegt die dem Patienten verabreichte Substanzmenge im nano- bis pikomolaren Bereich, d. h. die Methoden sind trägerfrei, womit pharmakodynamische Reaktionen ausgeschlossen sind. Eine Einschränkung hierzu stellt die 7 Entzündungsszintigraphie dar. Bei dieser Untersuchung werden dem Patienten Proteine, in der Regel monoklonale Antikörper, mit einer Trägermenge im Mikro- bis Milligrammbereich verabreicht, womit unter Umständen allergische Reaktionen ausgelöst werden können. Für therapeutische Anwendungen werden Korpuskularstrahler, hier β-Strahler, gebunden an geeignete Tracer (s. oben), eingesetzt. Die emittierten Elektronen geben ihre Energie innerhalb weniger Millimeter an das umliegende Gewebe ab und liefern so eine therapeutische wirksame Strahlendosis. Die untersuchungsspezifischen Radiopharmazeutika werden im Folgenden bei der Beschreibung der Verfahren vorgestellt. Diagnostik Abhängig von der klinischen Fragestellung muss die nuklearmedizinische Untersuchung mit der höchsten Aussagekraft gewählt werden. Dies sind F die Skelettszintigraphie, die mit knochenaffinen Radiopharmazeutika die Osteoblastenaktivität darstellt, F die Entzündungsszintigraphie, die über verschiedene Mechanismen entzündliche Prozesse erfasst und F die Tumorszintigraphie, die spezifische Eigenschaften eines Tumors für die Bildgebung ausnutzt. Skelettszintigraphie Radiopharmazeutika zur Abbildung der Osteoblastenaktivität 7 Strontium 7 Diphosphonate 7 Tc-99m Als Positronenstrahler wird Natriumfluorid (F-18-NaF) eingesetzt Mit dem Einsatz osteotroper Radiopharmazeutika wird die Osteoblastenaktivität szintigraphisch dargestellt 998 | Der Orthopäde 9 · 2006 In der Frühzeit der Nuklearmedizin wurden Isotope von Elementen eingesetzt, die vom Körper ähnlich wie Kalzium metabolisiert werden. Dies sind vorzugsweise Isotope des Elements 7 Strontium, wobei heute nurmehr Sr-89 bei der Schmerztherapie eine gewisse Rolle spielt (s. Therapie). Seit ca. Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts sind 7 Diphosphonate verfügbar, die mit 7 Tc-99m markiert werden. Diese Komplexe werden in den Osteoblasten in das naszierende Hydroxyapatit ({Ca[Ca3(PO4)2]3}2+·2OH-) eingebaut und liefern solcherart eine Abbildung des Osteoblastenstoffwechsels [10]. Als Positronenstrahler wird Natriumfluorid (F-18-NaF) eingesetzt, wobei das Fluorid im Rahmen einer Austauschreaktion bei der Entstehung des Hydroxyapatit gegen OH-ausgetauscht wird. All diesen Radiopharmazeutika ist gemeinsam, dass ihre ossäre Anreicherung von den folgenden 4 Determinanten bestimmt wird: F dem regionalen Blutfluss, F der Kapillarpermeabilität, F der regionalen Kollagenmatrix und der in ihr stattfindenden F Mineralisation. Untersuchungen des Knochenstoffwechsels Mit dem Einsatz osteotroper Radiopharmezeutika wird die Osteoblastenaktivität szintigraphisch dargestellt. Physiologisch ist die Osteoneogenese im Wachstum erhöht, hier insbesondere im Bereich CME der Epiphysen. Klinisch relevant tritt die 7 Osteoneogenese auf als (patho-)physiologische Reaktion des Körpers auf Mehr- bzw. Fehlbelastungen bei z. B. degenerativen Veränderungen und als Reaktion des Knochens auf F mechanische Einwirkung, z. B. Prellungen, Frakturen und Prothesenlockerungen, F entzündliche Prozesse, z. B. Osteomyelitis oder F Destruktion durch Tumor- bzw. Metastasenwachstum. Knochenläsionen können szintigraphisch im Vergleich zu Röntgenmethoden bis zu einem 3/4 Jahr früher nachgewiesen werden. In der eigenen Institution stellt die Skelettszintigraphie nach der Schilddrüsenszintigraphie die zweihäufigste Untersuchung dar. Etwa 60% der Untersuchungen erfolgen im Rahmen 7 onkologischer Fragestellungen wie im Staging: F zum Ausschluss oder Nachweis ossärer Metastasen, F zur Verlaufskontrolle unter Therapie sowie F risikoadaptiert bzw. bei Beschwerden im Rahmen der Nachsorge. 7 Osteoneogenese 7 Onkologische Fragestellungen Die verbleibenden 40% der Untersuchungen erfolgen bei weiteren orthopädischen Fragestellungen und hier so gut wie ausschließlich als 3-Phasen-Skelettszintigraphie. Hierbei wird neben der arteriellen Anflutung und Weichteilphase die Osteoblastenreaktion auf chronische Fehlbelastung wie z. B. degenerative Veränderungen, mechanische Reize wie z. B. Frakturen oder Prothesenlockerungen und entzündliche Prozesse erfasst. Ablauf der Untersuchung Bei Fragestellungen in der Orthopädie wird die Untersuchung in den meisten Fällen als 3-PhasenSkelett-Szintigraphie durchgeführt [7,8]. Der zeitliche Ablauf der Untersuchung ist dann folgender: 1. Injektion des Radiopharmazeutikums mit Erfassung des regionalen Blutflusses (arterielle Phase 1 der 3-Phasen-Szintigraphie), 2. Darstellung der Kapillarpermeabilität in der sog. Blutpool- oder Weichteilphase 2 der 3-PhasenSkelettszintigraphie ca. 3–5 min p.i., und 3. Darstellung der Mineralisation 2–3 h p.i. Bei orthopädischen Fragestellungen wird die Untersuchung als 3-PhasenSkelettszintigraphie durchgeführt Bei dem Einsatz von Natriumfluorid und PET zur Skelettszintigraphie wird nach Injektion des Radiopharmazeutikums und einer Wartezeit von ca. 40 min nur die 3. Phase, die Mineralisationsphase, erfasst. Patientenvorbereitung. Es ist keine besondere Vorbereitung notwendig. Nach der Injektion sollte eine gute Hydrierung angestrebt werden, ca. 1 h p.i. Trinken einer Flasche Mineralwasser, um die nicht gebundene Substanz über die Nieren auszuscheiden. Nach der Injektion sollte eine gute Hydrierung angestrebt werden Nebenwirkungen. Keine bekannt, bei paravenöser Injektion Brennen an der Injektionsstelle. Strahlenexposition. Die effektive Äquivalentdosis beträgt 4 mSv/Untersuchung mit 550 MBq 99mTc MDP bzw. 10 mSv/Untersuchung mit 370 MBq F-18-NaF. Indikationen der Skelettszintigraphie Die Skelettszintigraphie kann zum Nachweis osteoblastischer Reaktionen bei unterschiedlichen klinischen Fragestellungen eingesetzt werden (Fallbeispiele 1 und 2, . Abb. 4, 5): F als nur statische Szintigraphie bei der Metastasensuche bei malignen Erkrankungen mit Metastasierungstendenz in den Knochen wie Prostata-, Mamma-, Bronchial-, Nieren-, Schilddrüsen-, Magenkarzinom sowie Morbus Hodgkin) und F als dynamische und statische (3-Phasen-Szintigraphie) bei orthopädischen, rheumatologischen und traumatologischen Fragestellungen wie 1Prothesenlockerungen auch unter der Fragestellung septisch/aseptisch, 1bei Z.n. septischer Implantatentfernung zum möglichst frühzeitigen Ausschluss weiterer entzündlicher Reaktionen vor Reimplantation, 1Ausschluss bzw. Nachweis einer Osteomyelitis im Fußskelett des Diabetikers, Eine statische Szintigraphie erfolgt bei Suche nach Metastasen Zur Abklärung von rheumatologischen Beschwerden wird die Szintigraphie dynamisch und statisch durchgeführt Der Orthopäde 9 · 2006 | 999 1Identifikation von degenerativen, entzündlichen und neoplastischen Prozessen im Achsenskelett, hier insbesondere der Wirbelsäule, 1Nachweis bzw. Ausschluss von Komplikationen nach rekonstruktiven Eingriffen am Kapselund Bandapparat, 1 Bestimmung des Alters einer bzw. mehrerer Frakturen, 1 in der Differenzialdiagnose von infizierten Hämatomen, 1 Morbus Paget (uni-/multilokulär), 1 Morbus Sudeck (Aktivität), 1 Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, 1 Z.n. Traumata. Ein unauffälliges Szintigramm schließt eine Fraktur aus Die Unterscheidung zwischen einer frischen und alten Fraktur erfordert Folgeuntersuchungen in einem zeitlichen Abstand von ca. 6 Wochen Eine Indikationen für den Einsatz der Skelettszintigraphie in 2-Phasen-Technik (Weichteil- und Mineralisationsphase) ist in der Traumatologie gegeben [13]: F Frakturverdacht: bei röntgenologisch unklarem Befund bzw. schwer beurteilbaren Skelettanteilen in ausreichendem zeitlichen Abstand vom Trauma (Extremitäten >3 Tage, Stamm/Wirbelsäule >6 Tage, Schädel >12 Tage). Ein unauffälliges Szintigramm schließt eine Fraktur aus. Ein positives Szintigramm ist mehrdeutig: Das Spektrum reicht vom Bagatelltrauma bis zur Fraktur. Eine abschließende Beurteilung ist nur im Zusammenhang mit der Klinik und einem erneuten Röntgenbild möglich. Die Unterscheidung zwischen einer frischen und alten Fraktur erfordert Folgeuntersuchungen in einem zeitlichen Abstand von ca. 6 Wochen. Neben der positiven Poolphase, nachweisbar bis ca. 3 Monate nach der Fraktur, weist eine zunehmende Anreicherung auf eine frische Fraktur. Bei abgeheilten Frakturen sollte nach ca. 9–12 Monaten keine Anreicherung mehr nachweisbar sein, ansonsten muss an eine Instabilität gedacht werden. F Stessfrakturen: auch Mikrotraumata (röntgenologisch nicht erkennbar) werden nachweisbar. F Kindesmisshandlung: Nachweis von multiplen Anreicherungen im gesamten Skelettsystem unterschiedlicher Anreicherung entsprechend kürzer oder länger zurückliegender Gewalteinwirkung. Fallbeispiel 1. 3-Phasen-Skelettszintigraphie – Indikationsstellung und Verlauf bei einer Knietotalendoprothese. Unter der Fragestellung „belastungsabhängige Schmerzen im rechten Knie“ wird bei einem 56-jährigen Patienten im Januar 2005 eine 3-Phasen-Skelettszintigraphie durchgeführt: In der arteriellen Anflutungsphase (. Abb. 4a), Phase 1, vermehrte Perfusion im Bereich des rechten Knies (im Bild als „Perfusion“ bezeichnet) verbunden mit einer vermehrten Blutfülle (im Bild als „Pool“ bezeichnet); Ganzkörperskelettszintigramm dieses Patienten aufgenommen aus 3 Projektionsrichtungen mit Nachweis von vermehrtem Osteoblastenstoffwechsel im Bereich des rechten medialen Femurkondylus (. Abb. 4b); tomographische Aufnahmen dieses Bereichs (. Abb. 4c), hier Darstellung der koronalen Schnittebene (Mitte) zusammen mit den Transmissionsaufnahmen (links) zur exakten Lokalisation im Fusionsbild (rechts). Diagnose aus der 3-Phasen-Skeletszintigraphie: Befund vereinbar mit malignem Prozess. Im November 2005 erfolgt eine erneute 3-Phasen-Skelettszintigraphie nach Identifikation der Läsion als Metastase eines Nierenzellkarzinoms mit nachfolgender Tumornephrektomie und Implantation einer Knie-TEP (. Abb. 4d). In der arteriellen Anflutungsphase, Phase 1, vermehrte Perfusion im Bereich des rechten Oberschenkels (im Bild als „Perfusion“ bezeichnet) verbunden mit einer vermehrten Blutfülle (im Bild als „Pool“ bezeichnet). Ganzkörper Skelettszintigramm dieses Patienten aufgenommen aus 3 Projektionsrichtungen mit Nachweis von vermehrtem Osteoblastenstoffwechsel im Bereich des rechten Femurs, der Patella, des Tibiakopfes und der proximalen Tibia (. Abb. 4e). In . Abb. 4f ist dieser Befund zusätzlich in Teilaufnahmen abgebildet. Diagnose: In Zusammenschau mit dem Röntgenbild ist der Befund vereinbar mit einer, möglicherweise septischen, Prothesenlockerung. Eine Entzündungsszintigraphie wird zur weiteren Abklärung empfohlen. Entzündungsdiagnostik Entzündungen können sehr spezifisch szintigraphisch nachgewiesen oder auch ausgeschlossen werden 1000 | Der Orthopäde 9 · 2006 Falls sich in der Skelettszintigraphie der Verdacht auf ein entzündliches Geschehen ergeben sollte, kann eine Entzündung sehr spezifisch szintigraphisch nachgewiesen oder auch ausgeschlossen werden. CME Abb. 4 9 Fallbeispiel 1: 3-Phasen-Skelettszintigraphie – Indikationsstellung und Verlauf bei einer Knietotalendoprothese (Erläuterung s. Text) Der Orthopäde 9 · 2006 | 1001 Abb. 5 8 Fallbeispiel 2: Einsatz von F-18-Fluorid in der Skelettszintigraphie. Bei einem 41-jährigen Patienten mit Hüftkopfnekrose beidseits wird eine PET-CT-Untersuchung durchgeführt. Die Untersuchung zeigt minderspeichernde Gebiete als Folge der Nekrose umgeben von einer kräftigen Speicherung. Diese Anreicherung von F-18Fluorid erfolgt im Rahmen reparativer Vorgänge. Diese Abbildung wurde freundlicherweise von Herrn Prof. Reske, Nuklearmedizin Universitätsklinikum Ulm zur Verfügung gestellt Radiopharmazeutika für die Szintigraphie entzündlicher Prozesse 7 Erhöhte Gefäßpermeabilität Der Prozess der Diapedese ist unspezifisch Die spezifische Methode zur Darstellung von entzündlichen Prozessen ist die Markierung von Entzündungszellen Der NCA-95-Antikörper ist murinen Ursprungs 1002 | Der Orthopäde 9 · 2006 Entzündliche Prozesse können szintigraphisch entweder durch Markierung von Entzündungszellen oder über die Erfassung der entzündungsbedingten 7 erhöhten Gefäßpermeabilität (Diapedese) erfasst werden. Letztere erfolgt mit nanokolloidalem Albumin, das mit Tc-99m markiert wird. Die Anwendung dieses Radiopharmazeutikums ist auf die Körperperipherie begrenzt, da es im Körperstammbereich von Leber, Milz und Knochenmark aufgenommen und phagozytiert wird. Da der zugrunde liegende, pathophysiologische Prozess der Diapedese relativ unspezifisch ist, wird diese Methode bei differenzierten Fragestellungen höchst eingeschränkt eingesetzt. Die spezifische Methode zur Darstellung von entzündlichen Prozessen ist die Markierung von Entzündungszellen. Die geschieht entweder direkt über entsprechende lipophile Tracersubstanzen wie Tc-99m-HMPAO oder In-111-Oxine, die das Radioisotop Tc-99m bzw. Indium-111 direkt in die Entzündungszelle bringen, womit der Wanderungs- und Anlagerungsprozess der Entzündungszelle im entzündlichen Herd szintigraphisch erfasst wird. Diese Methode wird jedoch wegen des nicht unbeträchtlichen Arbeitsaufwandes bei der Markierung der Entzündungszellen selten eingesetzt. Weniger aufwändig und daher die Methode aktueller Diagnostik ist der indirekte Nachweis von Entzündungszellen durch radioaktiv markierte monoklonale Antikörper bzw. deren Fragmente, die gegen Antigene auf der Entzündungszelle gerichtet sind. Diese Antigene sind das (non-specific crossreacting antigen) NCA-90 und NCA-95, welche auf der Zelloberfläche von Leukozyten, hier Granulozyten, vorhanden sind. Derzeit sind auf dem deutschen Markt zwei Präparate erhältlich, gegen das NCA-95-Antigen, Scintimun® GRANULOSCINT, von der Firma CIS-Bio Intl., ein kompletter Antikörper, und gegen NCA-90, Leucoscan®, von der Firma Immunomedics Inc., ein Fab-Fragment. Der NCA-95-Antikörper ist ein kompletter Antikörper murinen Ursprungs, welcher u. U. bei Patienten mit humanen Anti-Maus-Antikörpern, sog. HAMAs, nicht verwertbare Untersuchungen er- CME Abb. 6 8 Fortsetzung Fallbeispiel 1: Entzündungsszintigraphie (Erläuterung s. Text) geben kann. Wegen der 7 HAMA-Problematik sollten nicht mehr als 0,5 mg Protein injiziert werden. Klinisch relevante Reaktionen sind bislang nicht bekannt geworden. Weniger problematisch ist der Einsatz des NCA-90-Antiköpers, da dieser aus humanisierten Fab-Fragmenten besteht und nur deren reaktive Regionen murinen Ursprungs sind [4, 9, 12]. Nach der i.v. Injektion dieser Antikörper kann in einer frühen Aufnahme die Diapedese szintigraphisch dargestellt werden. In weiteren Aufnahmen, üblicherweise 6 h und 24 h später, wird nach entsprechender Klärung des umgebenden Gewebes die spezifische Bindung an die Entzündungszellen verbunden mit der Residenz bzw. Einwanderung am Ort der Entzündung erfasst. 7 HAMA-Problematik Der NCA-90-Antiköpers besteht aus humanisierten Fab-Fragmenten Strahlenexposition. Die effektive Äquivalentdosis beträgt ca. 8 mSv (kompl. AK) bzw. 4 mSv (FabFragmente) pro Untersuchung mit 750 MBq Tc-99m. Fortsetzung Fallbeispiel 1. Im Dezember 2005 wurde bei dem 56-jährigen Patienten eine Entzündungsszintigraphie mit Tc-99m-markierten monoklonalen Antikörpern gegen NCA-95 (Granuloscint R) durchgeführt (. Abb. 6). Die Aufnahmen entstanden unmittelbar nach Injektion (. Abb. 6a) mit Darstellung des venösen Blutpools und beginnender Anreicherung; Aufnahme 6 h nach Injektion (. Abb. 6b, oben) mit spezifischer Anreicherung im Femurschaftbereich der Prothese und im Knie; Aufnahme 24 h nach Injektion (. Abb. 6b, unten) mit weiter fortschreitender spezifischer Anreicherung im Femurschaftbereich der Prothese und Knie. Diagnose: Entzündlicher Prozess im Bereich der TEP, in Zusammenschau mit dem Skelettszintigramm vereinbar mit septischer Lockerung der Prothese, nachfolgend wurde dies bestätigt. Durchführung der Untersuchung mit monoklonalen Antikörpern Vor dieser teuren und aufwändigen Untersuchung sollte auf jeden Fall ein aktuelles 3-Phasen-Skelettszintigramm durchgeführt worden sein. Patientenvorbereitung. Falls klinisch vertretbar sollten Antibiotika ca. 3 Tage vorher abgesetzt werden. Bei Mehrfachuntersuchungen mit dem NCA-95-Antikörper kann eine Blutabnahme zur HAMA-Kontrolle sinnvoll sein. Antibiotika sollten möglichst ca. 3 Tage vorher abgesetzt werden Durchführung der Entzündungsszintigraphie mit F-18-FDG Da Monozyten bzw. Makrophagen auch einen ausgeprägten Glukosestoffwechsel besitzen, kann F18-FDG auch zur Szintigraphie entzündlicher Prozesse eingesetzt werden (Fallbeispiel 3, . Abb. 7). Der zugrunde liegende Mechanismus ist ähnlich dem in „Radiopharmazeutika für die Tumorszintigraphie“ (s. unten) geschilderten, nur dass hier ein physiologischer Prozess, vermehrter Glukosestoffwechsel der Entzündungszellen, erfasst wird und der Nachweis über die vermehrte Akkumulation von Monozyten und Makrophagen im entzündlichen Gewebe geführt wird [3,6,14]. Die effektive Äquivalentdosis beträgt wie bei der Tumorszintigraphie mit F-18-FDG ca. 7,5 mSv bei der Applikation von 200 MBq Da Monozyten/Makrophagen einen ausgeprägten Glukosestoffwechsel besitzen, kann F-18-FDG auch zur Szintigraphie entzündlicher Prozesse eingesetzt werden Der Orthopäde 9 · 2006 | 1003 Abb. 7 8 Fallbeispiel 3: Entzündlicher Streuherd in der unteren LWS bei Z.n. offenem Trauma am linken Oberschenkel. Entzündungsszintigraphie mit FDG-PET zum Nachweis einer septischen Metastase in der LWS. Darstellung den PET-Befundes in koronaler und sagittaler Ebene in Referenz zur MRT-Untersuchung (obere Pfeile) und Darstellung des Primärherdes am linken Oberschenkel (unterer Pfeil) Tumordiagnostik Maligne Tumore können über spezifische Eigenschaften der Tumorzellen oder unspezifisch über den erhöhten Energiestoffwechsel nachgewiesen werden. Radiopharmazeutika für die Tumorszintigraphie Tumoren nichtossären Ursprungs werden über ihren Energiestoffwechsel nachgewiesen 7 Fluor-18-Desoxyglukose 7 Tumorspezifische Hexokinase II Eine Abbildung der Phosphatakkumulation erfolgt mit der PET Während die spezifischen Eigenschaften eines Knochentumors, z. B. des Osteosarkoms über die Bildung von Hydroxyapatit, durch die Skelettszintigraphie erfasst werden können, müssen Tumoren nichtossären Ursprungs über ihren Energiestoffwechsel nachgewiesen werden. Dies erfolgt über das Radiopharmazeutikum 7 Fluor-18-Desoxyglukose (FDG), welches als Glukoseanalogon in die Zelle aufgenommen wird, dort in der Hexokinase-Reaktion phosphoriliert und dann nicht weiter verstoffwechselt wird. Da sich eine Tumorzelle in einem ständig hypoxischen Zustand befindet, werden die transmembranösen Glukosetransporter, insbesondere der Glut-1-Transporter, vermehrt exprimiert und eine 7 tumorspezifische Hexokinase II gebildet, die den anaeroben Energiegewinn befördern. Durch die vermehrte Aufnahme von Glukose wird parallel hierzu die Fluor-Deoxyglukose aufgenommen und als Phosphat in der Zelle akkumuliert („metabolic trapping“). Eine Abbildung dieser Akkumulation erfolgt mit der Positronenemissionstomographie (PET). Durchführung der Untersuchung Für die Untersuchung muss der Patient nüchtern sein 1004 | Der Orthopäde 9 · 2006 Erfolgt die Untersuchung als 3-Phasen-Skelett-Szintigraphie unter Einsatz von Phosphonaten, wird in der arteriellen Anflutungsphase die vermehrte Perfusion des Tumors erfasst, in der venösen Phase die lokale Blutfülle und in der Mineralisationsphase die Osteoneogenese. Indikationen sind bei der Diagnostik und Therapiekontrolle des Osteosarkoms (Fallbeispiele 4 und 5, . Abb. 8, 9) und mit Einschränkung des Chondrosarkoms gegeben. Tumoren nichtossären Ursprungs können mit F-18-FDG und der PET erfasst werden. Für die Untersuchung muss der Patient nüchtern sein, d. h. er sollte wenigstens 6 h lang keine kalorienhaltigen Speisen und Getränke zu sich genommen haben. Die Aufnahmen mit dem PET-Scanner beginnen 60 besser 90 min nach Injektion des FDG. Indikationen sind die Tumordiagnostik generell z. B. bei Knochenmetastasen eines unbekannten Primärtumors oder Staging und Verlaufskontrolle eines bekannten Tumorleidens. Die Indikationsstellung sollte im Rahmen einer interdisziplinären Diskussion erfolgen. CME Abb. 8 8 Fallbeispiel 4: Osteosarkom, Erfassung von Lungenmetastasen mit Tc-99m-Phosphonat. a Ganzkörperskelettszintigramm in unterschiedlicher Exposition eines 13-jährigen Jungen mit Z.n. Amputation des linken Beines wegen eines Osteosarkoms mit Darstellung einer spezifischen Speicherung des Tc-99m-Phosphonates im Thoraxbereich im Sinne einer Lungenmetastasierung. b Tomographische Aufnahmen des Thoraxes hier Darstellung aller 3 Ebenen der Transmissionsaufnahme (links), der Emissionsaufnahme (Mitte) und der Bildfusion (rechts) mit exakter Lokalisation der Metastasen Der Orthopäde 9 · 2006 | 1005 Abb. 9 9 Fallbeispiel 5: Tumorszintigraphie eines Osteosarkoms mit F-18-FDG-PET. Ganzkörperuntersuchung mit F-18-FDG und PET-Scanner bei einem Patienten mit einem Osteosarkom und proximaler Metastase am linken Femur. Physiologische Aufnahme des FDG in das Gehirn (oberer Bildrand), das Herz und Ausscheidung über die Nieren in die Blase. Das Sarkom stellt sich massiv speichernd dar Therapie Der therapeutische Einsatz nuklearmedizinischer Methoden umfasst 2 Gebiete: F die lokale Therapie mit Instillation des Radiopharmazeutikums in die Gelenkhöhle [5] und F die systemische Therapie osteogener Schmerzen infolge multipler Metastasierung und osteogener Tumore [11]. Kolloide mit β-strahlenden Isotopen können zur Behandlung entzündlicher Gelenkerkrankungen eingesetzt werden 7 Radiosynoviorthese 7 Yttrium-90-Kolloid 7 Rhenium-186-Kolloid 7 Erbium-169-Kolloid Radiopharmazeutika für den therapeutischen Einsatz Lokale Anwendung Kolloide mit β-strahlenden Isotopen können zur Behandlung entzündlicher Gelenkerkrankungen im Rahmen der 7 Radiosynoviorthese eingesetzt werden. Hierbei wird das Radiopharmazeutikum in das Gelenk injiziert, bestrahlt mittels seiner Korpuskularstrahlung, Elektronen, die entzündlich veränderte Synovia und erreicht solcherart eine Rückbildung des entzündlichen Prozesses und Fibrosierung der Synovia. Für die Therapie großer Gelenke wie des Kniegelenks wird wegen der hohen Reichweite der βStrahlung (Emax 2,28 MeV, max./mittl. Reichweite 11/3,6 mm) 7 Yttrium-90-Kolloid eingesetzt. Bei mittelgroßen Gelenken wie Schulter-, Ellbogen-, Hand-, Sprung- und Fußgelenk wird 7 Rhenium186-Kolloid (Emax 1,07 MeV, max./mittl. Reichweite 3,7/1,2 mm und γ-Komponente bei 137 keV zur Bildgebung) zur Anwendung gebracht. Kleine Gelenke wie Finger- und Zehengelenke werden mit 7 Erbium-169-Kolloid (Emax 0,34 MeV, max./mittl. Reichweite 1,0/0,3 mm) behandelt. Systemische Anwendung Kalziumanaloga wie Strontium-89 oder Biphosphonate können bei entsprechender Markierung therapeutisch eingesetzt werden Gelenkerkrankungen des rheumatischen Formenkreises stellen die primäre Indikation zur Radiosynoviorthese dar 1006 | Der Orthopäde 9 · 2006 Die bereits erwähnten Kalziumanaloga wie Strontium-89 oder die Biphosphonate können bei entsprechender Markierung mit Korpuskularstrahlern wie Rhenium-186 oder Samarium-153 auch therapeutisch eingesetzt werden. Bedingt durch die Korpuskularstrahlung, hier β-Strahlung mit kleiner Reichweite im Gewebe (üblicherweise <4 mm), wird eine hohe Strahlenexposition an dem Speicherort erreicht, die es gestattet, gezielt osteoblastische Prozesse z. B. Knochenmetastasen oder Osteosarkome zu behandeln. Indikationen zur Radiosynoviorthese Gelenkerkrankungen des rheumatischen Formenkreises stellen die primäre Indikation dar. Voraussetzung für einen Erfolg der Behandlung ist ein noch aktives entzündliches Geschehen wie es in der CME Abb. 10 8 Fallbeispiel 6: Behandlung einer rheumatoiden Arthritis. a Teilkörperaufnahmen der Hände und Füße eines Patienten mit rheumatoider Arthritis zur Indikationsstellung einer Radiosynoviorthese. In den Aufnahmen der Blutpoolphase (oben) ist eine vermehrte Blutfülle in den Fingergrund- und Handwurzelgelenken beidseits nachzuweisen. In den Aufnahmen der Mineralisationsphase (unten) zeigt sich eine korrespondierende Reaktion der Osteoblasten im Sinne entzündlicher Veränderungen. b Durchführung der Radiosynoviorthese des Handgelenkes mit Re186 Kolloid: links Arthrographie zur Kontrolle der Verteilung und Lage der Injektionsnadel vor Injektion des Radiopharmazeutikums, rechts Szintigraphie zur Dokumentation der Verteilung nach Applikation 2. Phase der 3-Phasen-Skelettszintigraphie nachgewiesen werden kann. Auch bei degenerativen Gelenkerkrankungen, im Falle der aktivierten Arthrose kann eine Radiosynoviorthese hilfreich sein (Fallbeispiel 6, . Abb. 10). Mit der Radiosynoviorthese wird auf die Länge der Zeit eine Schmerzminderung bis Beschwerdefreiheit des Patienten erreicht, verbunden mit einer verbesserten Brauchbarkeit des Gelenkes. Der Orthopäde 9 · 2006 | 1007 Abb. 11 8 Fallbeispiel 7: Schmerztherapie bei metastasiertem Prostatakarzinom. Ganzkörper Skelettszintigramme eines Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom, a (obere Reihe) diagnostisches Szintigramm mit Tc-99mPhosphonat zur Indikationsstellung und b (untere Reihe) Verteilungsszintigramm nach Schmerztherapie mit Re186-Phosphonat 1008 | Der Orthopäde 9 · 2006 CME Indikationen zur systemischen Therapie Therapierefraktäre Schmerzen bei multipler ossärer Metastasierung mit Osteoblastenreaktion wie insbesondere beim Prostata- oder auch Mamma-Ca können mit der systemischen Gabe von Radiopharmazeutika behandelt werden. Auch stellen massive Nebenwirkungen einer Opiattherapie in dieser Situation eine Indikation dar. Voraussetzung für eine solche Therapie ist eine ausreichende Knochenmarksfunktion (Thrombozyten >100.000 /nl) und eine noch mehrere Wochen lange Lebenserwartung des Patienten. Die Wirkung der Behandlung stellt sich üblicherweise nach wenigen Tagen ein und kann bis zu mehreren Wochen und Monaten anhalten. Wegen der Aufnahme der Biphosphonate in die Osteoblasten, insbesondere auch maligne entartete, kann auch eine gezielte, spezifische Therapie bei metastasiertem Osteosarkom durchgeführt werden (Fallbeispiel 7, . Abb. 11). Therapierefraktäre Schmerzen bei multipler ossärer Metastasierung können mit der systemischen Gabe von Radiopharmazeutika behandelt werden Fazit für die Praxis Wegen der Komplexität und Kosten einiger der hier vorgestellten Untersuchungen und Therapien ist es notwendig, die Verfügbarkeit, die klinische Fragestellung und dann die Indikation mit dem durchführenden Nuklearmediziner zu besprechen. Auch ist eine gemeinsame Diskussion der Untersuchungsergebnisse empfehlenswert. Korrespondierender Autor Prof. Dr. Dr. med. habil. Dipl. Ing C. M. Kirsch Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes 66421 Homburg/Saar [email protected] Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral. Literatur 1. 4.6 Szintillationskamera (2003) In: Schicha H, Schober O (Hrsg) Nuklearmedizin – Basiswissen und klinische Anwendung. Schattauer, Stuttgart New York 2. 4.8 Emissionstomographie mit Positronenstrahlern (PET) (2003) In: Schicha H, Schober O (Hrsg) Nuklearmedizin – Basiswissen und klinische Anwendung. Schattauer, Stuttgart New York 3. Bleeker-Rovers CP, VOs FJ, Wanten GJA et al. (2005) 18-F-FDG PET in detecting metastatic infectious disease. J Nucl Med 46: 2014–2019 4. Boerman OC, Rennen H, Oyen WJ, Costens FH (2001) Radiopharmazeuticals to image infection and inflammation., Semin Nucl Med 31: 286– 295 5. Brenner W (2006) Grundlagen und Technik der Radiosynoviorthese. Nuklearmediziner 29: 5–14 6. El-Haddad G, Zhuang H, Gupta N, Alavi A (2004) Evolving role of positron emission tomography in the management of patients with inflammatory and other benign disorders. Semin Nucl Med 34: 313–329 7. Hahn K (1990) Skelettdiagnostik in der Orthopädie. Nuklearmediziner 13: 3–16 8. Hahn K, Fischer S (2002) Zum Stellenwert der Knochenszintigraphie in der Pädiatrie. Nuklearmediziner 25: 214–224 9. Meller J,Siefker U,Becker W (2002) Nuklearmedizinische Diagnostik erregerbedingter Skeletterkrankungen. Nuklearmediziner 25: 238– 249 10. Mundy GR (2002) Metastasis to bone: Causes, consequences and therapeutic opportunities. Nat Med 2: 584–593 11. Palmedo H (2001): Radionuklidtherapie von Knochenmetastasen. Der Nuklearmediziner 24:59–66 12. Schümichen C (1997) Szintigraphische Diagnostik entzündlicher Knochen- und Gelenkerkrankungen. Nuklearmediziner 20: 231–243 13. Spitz J (2002) Nuklearmedizin in der Traumatologie. Nuklearmediziner 25: 250–255 14. Termaat MF, Raijmakers PG, Scholten HJ et al. (2005) The accuracy of diagnostic imaging for the assessment of chronic osteomyelitis: A systematic review and meta-analysis. J Bone Joint Surg 87A: 2464–2471 Der Orthopäde 9 · 2006 | 1009 Fragen zur Zertifizierung Ziel nuklearmedizinischer Methoden ist: o Eine möglichst präzise Darstellung anatomischer Strukturen. o Der Ersatz von Röntgenuntersuchungen. o Die Erfassung krankhafter Prozesse durch den Nachweis einer geänderten Funktion. o Die Erzeugung hochauflösender, kontrastreicher Bilder. o Der Ersatz operativer Behandlungen. Was ist nicht Bestandteil einer nuklearmedizinischen Untersuchung? o Die Strahlenquelle befindet sich außerhalb des Körpers des Patienten. o Die Strahlenquelle befindet sich innerhalb des Körpers des Patienten. o Die Messung der Strahlung erfolgt mit einer Gammakamera. o Die Bilderzeugung erfolgt mit einem PET-Scanner. o Es werden hauptsächlich kurzlebige Radioisotope eingesetzt (physikalische Halbwertszeit ca. einige Stunden). Welche der folgenden Indikationen zur Skelettszintigraphie ist falsch? o Metastasensuche bei bekanntem Malignom. o Abklärung bei Verdacht auf Osteomyelitis. o Abklärung bei Verdacht auf Kindsmisshandlung. o Routinemäßige Verlaufskontrolle nach Fraktur. o Abklärung bei Verdacht auf primären Knochentumor. Welche Aussage zur Skelettszintigraphie ist falsch ? o Zur Diagnostik von entzündlichen Knochenprozessen wird die Skelettszintigraphie in 3Phasen-Technik durchgeführt. o Technetium-99m-markierte Aminosäuren reichern sich bevorzugt in Zonen erhöhten Knochenumbaus an. o Osteoblastische Metastasen können im Skelettszintigramm früher nachgewiesen werden als im Röntgenbild. o Die Skelettszintigraphie wird mit Technetium-99m-markierten Phosphonatkomplexen durchgeführt. o Die Skelettszintigraphie erfasst selektiv den Stoffwechsel der Osteoblasten. Welches der nachfolgend aufgeführten Radiopharmazeutika wird nicht für die Entzündungsszintigraphie verwendet? o Tc-99m-markierte Nanokolloide. o Radioaktiv markierte Leukozyten. o Radioaktiv markierte monoklonale Antikörper gegen NCA90/95. o Re-186-Phosphonate. o F-18-Fluor-Desoxyglukose (F18-FDG). Indikation für eine Radiosynoviorthese ist: o Eine fortgeschrittene Arthrose mit chondraler Destruktion. o Ein M. Bechterew. o Eine ossäre Metastasierung. o Ein Osteosarkom. Bitte beachten Sie: Antwortmöglichkeit nur online unter: CME.springer.de Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. Es ist immer nur eine Antwort möglich. Eine aktive rheumatoide Athritis. o Eine nuklearmedizinische Therapie ist bei folgenden Erkrankungen nicht sinnvoll: o Bei Schmerzen infolge ossär metastasierter Karzinome z. B. Prostata-Ca, Mamma-Ca. o Bei einem metastasierten Osteosarkom. o Bei aktivierten Arthrosen. o Bei osteolytischen Metastasen eines Nierenzellkarzinoms. o Bei der rheumatoiden Athritis. o o Welches der folgenden Radiopharmazeutika wird bei der Skelettszintigraphie mit PET eingesetzt? o F-18-NaF. o Sr-89 Chlorid. o J-123-markierte Antikörper. o Er-153 Kolloid. o Sm-153 Phosphonat o o Die Energiegewinnung der Tumorzelle durch die anaerobe Glykolyse. Der Nachweis von tumorspezifischen Rezeptoren auf der Zellmembran der Tumorzelle. Die Einwanderung von Entzündungszellen in die Umgebung des Tumors. Der Nachweis einer Minderspeicherung bzw. Raumforderung. Diese Fortbildungseinheit ist 12 Monate auf CME.springer. de verfügbar. Den genauen Einsendeschluss erfahren Sie unter CME.springer.de Was ist keine Indikation für die Entzündungsszintigraphie? o V.a. Prothesenlockerung mit erhöhten Entzündungsparametern. o Ein unauffälliges 3-PhasenSkelettszintigramm. o V.a. Weichteilinfekt. o Z.n. operativer Prozedur mit erhöhten Entzündungsparametern. o V.a. infiziertes Hämatom. Welche Mechanismen werden nicht für die Tumorszintigraphie genutzt? o Die spezifische Aufnahme eines Substrats des Stoffwechsels in den Tumor. D Mitmachen, weiterbilden und CME-Punkte sichern durch die Beantwortung der Fragen im Internet unter CME.springer.de 1010 | Der Orthopäde 9 · 2006