Individuelles Verhalten im sozialen Kontext - Stiftung Risiko

Werbung
Notizen aus dem Risiko-Dialog
Nr. 3 | Dezember 2011
Adäquater Umgang mit Risiken
Wie bewegt man Menschen dazu,
Risiken aktiv zu minimieren?
Seite 1
Klimadialoge
Regionale Dialogformen zur Förderung
klimafreundlichen Handelns.
Seite 3
Umfrage zum Umgang mit Risiken
Nehmen Sie an der Online-Umfrage der
Stiftung Risiko-Dialog teil.
Seite 4
Zielgruppengerechte Risikokommunikation
clear+brief
Gamification – gewünschtes
Verhalten spielerisch
belohnen
Gamification beschreibt die Idee, Prinzipien des Spieledesigns zu nutzen, um
Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu motivieren. Dabei wird die
menschliche Prädisposition ausgenutzt,
sich gerne spielerisch zu betätigen. Ziel
ist es, langweilige oder mühsame Tätigkeiten attraktiv zu gestalten, indem man
sie mit einem «Gamelayer» (einer «Spieleschicht») überzieht. Oft verwendet
man dazu heute Punktesammelsysteme
(zum Beispiel bei Flugmeilen oder Kundenbindungskarten in Supermärkten).
Durch die immer stärkere Verbreitung
von Sensoren und tragbaren Computern wird menschliches Verhalten auch
immer besser messbar. So kann grundsätzlich jeder Bereich des menschlichen
Lebens mit spielerischen Elementen erweitert werden. Von der Zahnbürste, die
erfasst, wie lange man die Zähne geputzt hat und entsprechendes Lob ausspricht, bis hin zum Schuh, der Sportaktivitäten protokolliert und mit den
Leistungen der Freunde vergleichbar
macht. Es muss sich weisen, ob sich daraus eine Welt sinnvoller und doch unterhaltsamer Spielelemente entwickelt,
oder ob es zu einer vom Marketing getriebenen «Gamepocalypse» kommt.
Mehr Informationen zu möglichen Zukunftsszenarien finden Sie online unter www.risiko-dialog.ch/riskbrief0311
Individuelles Verhalten
im sozialen Kontext
Bei einer Vielzahl von Risiken herrscht weitgehend
Konsens darüber, dass sie zu vermeiden sind und welche
Massnahmen dazu nötig sind. Dabei stellt sich die Frage:
Wie können Menschen motiviert werden, sich adäquat zu
verhalten?
Das Verhalten Einzelner steht im Kontext gesellschaftlicher Normen.
In den Projekten der Stiftung RisikoDialog – etwa zum Klimawandel oder
dem Schutz vor Naturgefahren – stellt
sich zunehmend die Frage, wie Menschen für ein bestimmtes Verhalten
motiviert werden können, um Prävention zu betreiben oder sich während
eines Ereignisses adäquat zu verhalten.
Bei Hochwasser zum Beispiel können
Schäden durch bauliche Massnahmen
vermieden werden. Ähnliche Fragestellungen finden sich auch im Bereich
der IT-Sicherheit. In Organisationen
werden Mitarbeitende von der IT-Si-
cherheitsabteilung oft zu zwar fachlich
richtigen Massnahmen aufgefordert,
die sie in ihrer täglichen Arbeit aber
behindern (zum Beispiel häufige Passwortwechsel).
Die Praxis zeigt, dass es durchaus möglich ist, Menschen zu aktivem Handeln
zu bewegen. So existieren lokale Initiativen, die Aussenstehende erfolgreich
zum Mitmachen motivieren. In der Ostschweiz engagiert sich beispielsweise
der Verein «energietal toggenburg».
Fortsetzung Seite 2
Nr. 3 | Dezember 2011
Sein Ziel ist es, die gesamte Region
Toggenburg in eine energieautarke
Region zu verwandeln. Dieses kann der
Verein nicht alleine erreichen, sondern
ist darauf angewiesen, dass die Bewohner, die lokale Politik und im Tal ansässige Unternehmen mitmachen.
Menschen intuitiv ansprechen
Aus der Risikoforschung ist bekannt,
dass subjektives Wissen und Emotionen einen starken Einfluss auf die
Risikowahrnehmung und damit auch
auf das Verhalten haben. Nicht ganz
einfach zu beantworten ist die Frage,
wie man Risiken in der Praxis zielgruppengerecht und wirkungsvoll kommuniziert. Es zeigt sich, dass rein abstrakte
Information (in Form von Zahlen oder
Diagrammen) weniger dazu geeignet
ist, als Massnahmen, die Menschen
zusätzlich auf intuitiv-affektive Weise
ansprechen.
Die Wirkung von derartig ausgerichteten Botschaften ist unter anderem
damit zu erklären, dass sie Aufmerksamkeit erregen, Emotionen auslösen,
stärker in Erinnerung bleiben und als
Folge längerfristig in Entscheidungsprozesse einfliessen. Wichtige Elemente dabei sind die Visualisierung (zum
Beispiel Fotos, Filme, Analogien, Metaphern etc.), «stellvertretende Erfahrungen» (zum Beispiel Erzählungen
anderer Personen) und vor allem auch
Gruppendiskussionen. Sie stärken Beziehungen, beziehen Individuen in
briefcase
Gruppen ein und dienen dem Erfahrungsaustausch.
Information zur richtigen Zeit
Kenntnisse von Wissenslücken und
Wahrnehmungskonzepten der Zielgruppen sind ein weiteres Element einer effizienten Kommunikation. Neue
Technologien (zum Beispiel Smartphones) erlauben neue Vorgehensweisen.
Sie können helfen, Informationsbedürfnisse zu erfassen und direkt Feedback zu geben (wie visuelle Hinweise
auf Bremswege, abhängig von Strassenverhältnissen). Zudem ermöglichen
sie es, personalisierte Informationen
genau zu dem Zeitpunkt zu liefern, zu
dem sie für die Nutzer relevant sind,
ohne dass diese mit Informationen
überflutet werden.
Wenn in verwandten Gebieten (zum
Beispiel im Gesundheitsbereich) versucht wird, die affektiv-intuitive Verarbeitung anzuregen, geschieht dies
oft in Form von Botschaften, die Angst
erzeugen. Diese können zwar erfolgreich sein, bergen aber eine Gefahr.
Bei übermässiger Angst kann es zu
Gefühlen der Machtlosigkeit und einer
Verneinung der Gefahr zu führen. Es
gilt also zu untersuchen, wie Menschen
die Wirksamkeit von Präventionsmassnahmen beurteilen und wie sie ihre
eigenen Fähigkeiten einschätzen, Personen und Sachwerte vor Gefahren zu
schützen (zum Beispiel: «Ich kann mit
der Kontrolle der Abflüsse auf meinem
Flachdach dazu beitragen, mein Haus
vor Wasserschäden zu schützen.»). Es
gilt, gezielt die Überzeugungen zur
Selbstwirksamkeit zu stärken. Dies fördert risikogerechtes Handeln. Klar ist,
dass bei der Kommunikation auch soziologische Aspekte zu beachten sind.
Menschen orientieren sich stark am
Verhalten der Personen in ihrem Umfeld. Es lohnt sich deshalb, nicht nur
auf individuelle Verhaltensänderungen hinzuwirken, sondern auch aktiv
auf eine Änderung der Kultur und der
sozialen Normen eines Umfelds. Individuelles Wahrnehmen und Handeln
geschieht immer im gesellschaftlichen
Kontext.
Informationen
Weitere Links und Informationen finden
Sie im Internet unter:
www.risiko-dialog.ch/riskbrief0311
Workshop: Warum machen meine Anwender
nicht, was sie sollen?
Mitarbeitende vieler Organisationen werden regelmässig aufgefordert ihr Passwort
zu ändern, Daten nicht über USB-Sticks
auszutauschen und vieles mehr. Solche
Regeln stossen oft auf geringe Akzeptanz.
Im Rahmen einer Kundenveranstaltung
der Firma BSG Unternehmensberatung
leiteten Dr. Roman Högg und Matthias
Holenstein von der Stiftung Risiko-Dialog
Ende September einen Workshop zu diesem Thema. Mit IT-Sicherheitsexperten beleuchteten sie die Bandbreite des menschlichen Verhaltens im Alltag. Rein sachlich
begründete Ge- und Verbote zeigen häufig
wenig Wirkung. Oft beinhalten diese nur
die Perspektive der Informatikabteilung
und nehmen kaum Rücksicht auf den Alltag
der Anwender. Die Workshopthemen reich-
ten vom Verhältnis zwischen Emotionen
und rationalen Entscheidungen, über
Technologieakzeptanz bis zu Lehren, die
aus dem Social Engineering gezogen werden können.
Informationen
www.risiko-dialog.ch
2
Nr. 3 | Dezember 2011
briefcase
Klimafreundliches Verhalten mit
innovativen Dialogformen fördern
Die Folgen der globalen Klimaerwärmung sind auch für die Schweiz eine Herausforderung. Die Entwicklung des Klimas ist abhängig vom Ausmass der Treibhausgasemissionen und damit von menschlichem Handeln und politischen Entscheidungen.
Regionale Zurich-Dialogveranstaltung in Emmenbrücke: Experten
diskutierten in Kleingruppen klimafreundliche Massnahmen.
Um Menschen für konkretes klimabewusstes Handeln zu sensibilisieren und
Anreize für nachhaltige Massnahmen
zu schaffen, existieren unterschiedliche Initiativen. Die Zurich Schweiz hat
in Kooperation mit der neutralen Stiftung Risiko-Dialog in verschiedenen
Regionen der Schweiz Klimainitiativen
lanciert. Mit regional durchgeführten
Dialogveranstaltungen wird vor Ort
auf die Klimathematik aufmerksam gemacht. Ein Klimapreis motiviert Menschen und Unternehmen, sich in ihrer
Umgebung aktiv mit der Thematik auseinanderzusetzen. Die Zurich Schweiz
engagiert sich damit mit ihren Kunden
im Klimathema – bewusst unabhängig
vom täglichen Versicherungsgeschäft.
Die Stiftung Risiko-Dialog garantiert
mit ihrer Unabhängigkeit, Neutralität
und Fachkompetenz die Glaubwürdigkeit der Veranstaltungen und der Vergabe des Klimapreises.
Praxisorientierter Dialog
Die Dialogveranstaltungen der letzten
drei Jahre thematisierten vielfältige
Möglichkeiten eines klimafreundlichen
Matthias Holenstein (rechts) von der Stiftung Risiko-Dialog im
Gespräch mit externen Referenten.
Verhaltens – sei es als Unternehmen
oder als Einzelperson. Die Veranstaltungen motivierten die Gäste, gemeinsam über klimabewusstes Verhalten
nachzudenken und sich, zum Beispiel
im Bereich des lokalen Gewerbes,
über den Schutz vor Naturgefahren
auszutauschen. Erfahrene Experten
referierten über klimafreundliche Architektur, diskutierten den Einfluss des
Klimawandels auf Naturgefahren oder
gaben Hilfestellungen, um die eigene
Unternehmensstrategie in Bezug auf
den Klimaschutz zu reflektieren. Zentral war, dass in Kleingruppen ein praxisorientierter Dialog geführt wurde.
Die konkreten Fragen der Teilnehmenden standen im Zentrum und konnten
direkt mit den Experten an Dialogstationen diskutiert werden, was die
Teilnehmenden sehr begrüssten. Die
Veranstaltungen boten Interessierten
einen spannenden und gleichzeitig unterhaltsamen Abend. So wurden Emotionen und wissenschaftliche Fakten
angesprochen.
Der Zurich-Klimapreis prämiert klimafreundliche Projekte. Die Stiftung
Risiko-Dialog formulierte zusammen
mit Fachleuten die Kriterien für drei
Haupt- sowie zwei Sonderpreise. Die
Senkung des CO2-Ausstosses, Verbesserung der Energieeffizienz, Förderung
des klimagerechten Verhaltens und
Realisierungschancen sind nur einige
davon.
Zurich-Klimapreis
Zusammen mit einer unabhängigen
Jury aus Bau-, Mobilitäts- und Energieexperten konnte die Stiftung RisikoDialog über 170 eingereichte Projekte
von Unternehmen, Institutionen, Vereinen wie auch Privatpersonen bearbeiten. Die Preise wurden jeweils im festlichen Rahmen in den Regionen Zürcher
Oberland, Fürstentum Liechtenstein,
Ostschweiz und Mitte sowie in der
Westschweiz vergeben. Die prämierten
Projekte können als Leuchtturmprojekte angesehen werden, denn sie zeigen
handfest und konkret vor Ort, wie wir
alle durch unser Handeln einen Beitrag
zum Klimaschutz leisten können.
Mirco Heidemann und Matthias Holenstein
3
Nr. 3 | Dezember 2011
Lernexpedition: Carbon Capture and Sequestration (CCS)
– Option für die Schweiz?
Mit der «Energiewende» der Schweizer
Politik werden die Karten in der Energie- und Klimadiskussion neu gemischt.
Gaskombikraftwerke
könnten
als
Brückentechnologie dienen und den
Übergang zu einer rein erneuerbaren
Energieversorgung vereinfachen. Doch
ein erheblicher Anteil der dadurch entstehenden CO2-Emissionen muss im
Inland kompensiert werden. Technologieansätze, dieses CO2 schon am Kamin
abzufangen und statt in die Atmosphäre in den tiefen Untergrund zu leiten,
sind vorhanden. Über den erfolgreichen Einsatz von Carbon Capture and
Sequestration (CCS) entscheiden jedoch Einschätzungen über Chancen
und Gefahren, die auch wirtschaftlicher
und gesellschaftlicher Natur sind. Die
Stiftung Risiko-Dialog erkundet mit der
Lernexpedition am 2. Februar 2012 dieses für viele noch unbekannte Feld. Die
Veranstaltung bietet einen Einblick in
den aktuellen Stand der Forschung von
CCS, beleuchtet Kostenaspekte und internationale Entwicklungen für die verschiedenen Applikationen. Zudem wird
die Frage der öffentlichen Einschätzung
und Wahrnehmung von Risiken im Zusammenhang mit der unterirdischen
Speicherung von CO2 diskutiert.
Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie demnächst auf:
www.risiko-dialog.ch
briefcase
Online-Umfrage
Die Stiftung Risiko-Dialog führt zurzeit eine Onlineumfrage zum Thema
«Gesellschaftlicher Umgang mit Risiken»
durch. Folgende Fragen stehen dabei im Zentrum: Wie werden aktuelle
Risikothemen und Trends eingeschätzt?
Was wird den zukünftigen Umgang
09
mit Risiken prägen? Schenken Sie uns
15 Minuten, um die Umfragen auszufüllen? Besten Dank!
Informationen
www.risiko-dialog.ch/umfrage
briefing
Ausstellung «Warnung:
Kommunizieren gefährdet»
Ausstellung «Berge versetzen. Eine Auslegeordnung»
4. November bis 15. Juli 2012
Museum für Kommunikation, Bern
Kommunikation ist grundsätzlich etwas
Positives. Sie ist sogar lebenswichtig.
Aber ist allzu viel ungesund? Und wie
kommuniziert man ausgewogen? Die
Wechselausstellung im Museum für Kommunikation in Bern widmet sich dem Themenfeld der Kommunikation und der Frage, wie viel Kommunikation on- und
offline gut für uns ist. Sie untersucht, wie
ein sinnvolles, zielorientiertes Kommunikationsverhalten entwickelt werden
kann, das den individuellen Bedürfnissen
entspricht. Zudem zeigt die Ausstellung
auf, wie verhindert werden kann, dass die
persönliche Kommunikation für andere
nicht zur unnötigen Belastung wird.
www.mfk.ch/warnung.html
9. März 2012 bis 26. August 2012
Schweizerisches Alpines Museum, Bern
Das Schweizerische Alpine Museum
(SAM) beschäftigt sich seit über hundert
Jahren mit dem Verhältnis zwischen
Mensch und Berg. Es setzte sich im Verlauf dieser Zeit auch immer wieder mit
Gefahren des Alpinismus oder den Auswirkungen des Klimawandels auf die
Bergwelt auseinander. Die Ausstellung
«Berge versetzen. Eine Auslegeordnung»
zeigt den Sammlungsbestand des SAM.
Präsentiert werden rund 1'000 Objekte:
Bergschuhe, Reliefs, Hüttenbücher, Rettungsschlitten und vieles mehr. Die Ausstellung ist eine spielerische Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe der
Alpen, die das Publikum miteinbezieht.
www.alpinesmuseum.ch
Impressum
riskBRIEF wird herausgegeben von:
Stiftung Risiko-Dialog
Zürcherstrasse 12
CH-8400 Winterthur
Tel. +41 (0) 52 262 76 11
Fax +41 (0) 52 262 76 29
[email protected]
www.risiko-dialog.ch
Redaktion: Dr. Roman Högg
Foto Seite 1: stockwerk23, Quelle: Photocase;
übrige Bilder, Quelle: Stiftung Risiko-Dialog
Produktion: panta rhei pr gmbh
Amriswil/Zürich
© 2011
personelles
Lasse Wallquist
Lasse Wallquist arbeitet seit Oktober
2011
als
Projektleiter
im
Bereich
Risikowahrnehmung
und -kommunikation von Energietechnologien bei
der Stiftung Risi-
ko-Dialog, wo er sich beispielsweise mit
tiefer Geothermie beschäftigt. Er studierte Umweltnaturwissenschaften an der
ETH Zürich. Im Anschluss daran arbeitete
er als wissenschaftlicher Assistent in
Reykjavik (Island) für das Geothermieunternehmen Reykjavik Energy. Später promovierte er am Institute for Environmental Decisisions (IED) an der ETH Zürich
zum Thema Risikowahrnehmung und
-kommunikation von Carbon Dioxide
Capture & Storage (CCS). Wir heissen ihn
herzlich willkommen und wünschen ihm
einen guten Start!
4
Herunterladen